Große Griechen und Römer - Plutarch - E-Book

Große Griechen und Römer E-Book

Plutarch

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Beschreibung

Der große griechische Geschichtsschreiber Plutarch hat mit seinen »Parallelbiographien«, entstanden Anfang des 2. Jahrhunderts n. Chr., eines der meistgelesenen Werke der Antike geschaffen. In den 22 überlieferten Paaren von Lebensbeschreibungen stellte er einem griechischen jeweils einen römischen Staatsmann oder Feldherrn gegenüber. Diese Auswahl präsentiert die eindrucksvollsten seiner Porträts: Sie enthält die Lebensbilder der Griechen Themistokles, Perikles, Alkibiades und Alexander sowie der Römer Tiberius und Gaius Gracchus, Julius Cäsar und Marcus Antonius.

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Seitenzahl: 596

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Plutarch

Große Griechen und Römer

Ausgewählte Lebensbilder

Herausgegeben und übersetzt von Dagobert von Mikusch

Anaconda

Plutarchs Parallelbiographien (überliefert sind 22 Paare von Lebensbeschreibungen) sind zwischen 105 und 115 n. Chr. entstanden. Der vorliegende Text folgt der Ausgabe Große Griechen und Römer. Ausgewählte Lebensbilder. Neu bearbeitet von Dagobert von Mikusch. Berlin: Propyläen Verlag [1935].

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. © 2020 by Anaconda Verlag, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagmotiv nach: »Themistokles«, Holzschnitt,

koloriert, 19. Jh., Photo: akg / North Wind Picture Archives

Umschlaggestaltung: Druckfrei. Dagmar Herrmann, Bad Honnef

E-Book-Produktion: E.M.

ISBN 978-3-641-28700-9V002

www.anacondaverlag.de

Inhalt

Themistokles

Perikles

Alkibiades

Alexander

Tiberius und Gaius Gracchus

1. Tiberius Gracchus

2. Gaius Gracchus

Gaius Julius Caesar

Marcus Antonius

Themistokles

Themistokles hatte weder durch Geburt noch Besitz Anspruch auf Ansehen und Würden. Sein Vater Neokles lebte in ärmlichen Verhältnissen in Athen, und von seiner Mutter her war er nicht einmal vollbürtig, wie das Epigramm besagt:

Ich, Abrotonon, bin ein trakisches Weib, doch gebar ich Euch, ihr Griechen, den Helden Themistokles.

Zu jener Zeit war den Halbbürgern zu ihren Übungen das Kynosarges angewiesen, ein Gymnasium vor den Toren der Stadt, das dem Herakles geweiht war, weil auch dieser, seiner sterblichen Mutter wegen, nur unter die Halbgötter rechnete. Themistokles wußte nun einige seiner Altersgenossen von edler Geburt zu bereden, mit ihm zum Kynosarges zu gehen und dort ihre Übungen abzuhalten, wodurch er auf schlaue Art die sozialen Unterschiede zu verwischen suchte. Indessen steht fest, daß er zu dem Geschlecht der Lykomiden gehörte; denn er ließ, wie Simonides meldet, das den Lykomiden gehörige Mysterien-Heiligtum in Phlyä nach der Niederbrennung durch die Perser auf seine Kosten wiederherstellen und mit Wandgemälden schmücken.

Nach einstimmigem Zeugnis zeigte er sich schon in seiner Kindheit als ein rechter Feuerkopf, voller Verstand, auf große Ziele ausgehend und mit ausgesprochener Neigung zur politischen Laufbahn. Alles, was auf äußere Formung des Menschen abzielte, auf gute Sitten, feine Lebensart oder Schmuck des Daseins, eignete er sich nur lässig und widerwillig an. Wo es dagegen auf Schulung des Verstandes und Erwerb praktischer Kenntnisse ankam, da zeigte er, gleichsam seinem inneren Stern folgend, einen Ernst und Eifer, die weit über seine Jahre hinausgingen. Er sah sich denn auch in der Folge genötigt, sich gegen die Spötteleien der Vornehmen zu wehren, die sich ihm an feiner Bildung und Anstand überlegen glaubten, und fertigte sie mit der stolzen Antwort ab: Zwar weiß ich nicht die Leier zu stimmen oder die Harfe zu schlagen, aber ich verstehe, einen kleinen unansehnlichen Staat, dessen Führung ich bekomme, groß und berühmt zu machen.

Themistokles war, wie die zuverlässigsten Quellen angeben, ein Schüler des Mnesiphilos, des Phrearrhiers. Dieser Mnesiphilos betrieb eine Art Schule der Weisheit, die sich in Wirklichkeit aber mit der Staatskunde, der Kunst der Politik und der Schulung des Verstandes zu praktischem Wirken beschäftigte und in gewisser Weise die Überlieferung Solons fortsetzte. Die Späteren machten diese »Weisheit« zu Verstandesspielereien; aus den praktischen Lehren wurden lediglich spitzfindige Redekünste mit kniffliger Beweisführung, brauchbar für Advokaten, weshalb sie dann auch Sophisten genannt wurden. Themistokles blieb noch Schüler des Mnesiphilos, als er bereits im Staat eine Rolle spielte.

In der Gärung seiner Jugendjahre zeigte Themistokles ein schwankendes und oft unberechenbares Wesen. Er war hitzig, unüberlegt, überließ sich ganz den Antrieben seiner ungezügelten Natur, fiel aus einem Extrem ins andere und geriet dabei nicht selten auf schlimme Abwege. Das gab er später auch selbst zu, als er sagte, die wildesten Füllen würden noch die besten Pferde, wenn man sie nur gehörig bändige und abrichte. Die Erzählungen aber, die manche noch zu berichten wissen, daß sein Vater ihn enterbt und seine Mutter aus Betrübnis über die schändliche Aufführung ihres Sohnes sich das Leben genommen habe, sind ohne Zweifel erdichtet. Im Gegenteil versichern andere, sein Vater habe ihn, um ihn von der Beschäftigung mit der Politik abzubringen, an den Strand geführt und ihm dort die alten verlassenen und dem Verfall preisgegebenen Galeeren gezeigt mit dem Bemerken, daß das Volk es genau ebenso mache mit Staatsmännern, die sich seinem Dienst widmen.

Bald jedoch schien die Politik ihn gänzlich in Bann geschlagen zu haben, die seinem ungestümen Tatendrang das beste Betätigungsfeld bot. Von vornherein strebte er danach, an die Spitze zu gelangen. Dazu begann er mit jugendlichem Draufgängertum, sich gerade die angesehensten und mächtigsten Persönlichkeiten zu Feinden zu machen. Besonders Aristides wurde sein heftigster Gegner. Doch scheint der Grund zu dieser Feindschaft aus der Jugendzeit zu stammen, da, wie der Philosoph Ariston berichtet, beide für den schönen Stesileos von Kejos in Leidenschaft entbrannt waren. Später übertrug sich der Gegensatz auf die Politik, aber der tiefere Grund lag wohl in der Verschiedenheit ihres Wesens und ihrer Anschauungen. Aristides war ein grundehrlicher und maßvoller Mann; er griff in die öffentlichen Angelegenheiten nicht um des Ruhms und der Volksgunst willen ein, sondern war treu und gewissenhaft nur auf das Wohl des Staates und die Erhaltung des Bestehenden bedacht. Daher sah er sich oft genötigt, dem draufgängerischen Themistokles, der das Volk zu gewagten Unternehmungen und umwälzenden Neuerungen verleitete, entgegenzutreten und dessen wachsenden Einfluß beizeiten einzudämmen.

So groß waren, wie berichtet wird, Ehrgeiz und Tatendrang des damals noch jungen Themistokles, daß er nach dem Sieg bei Marathon über die Perser, der Miltiades, den Oberbefehlshaber, zum berühmtesten Mann des Tages machte, immer tief in Gedanken versunken umherging, die Gesellschaft der Freunde mied und auf ihre verwunderten Fragen nach dem Grund seines veränderten Benehmens die Antwort gab, das Siegeszeichen des Miltiades ließe ihn nicht schlafen. Allgemein war man damals der Überzeugung, daß die Niederlage der Perser bei Marathon auch das Ende des Krieges bedeutete. Nur Themistokles blickte weiter in die Zukunft und sah in jener Schlacht nur das Vorspiel weit größerer Kämpfe, auf die sich Athen zur Verteidigung ganz Griechenlands beizeiten vorbereiten müßte.

Sein erster Schritt nun war, daß er allein wagte, in der Volksversammlung den Vorschlag zu machen, die Einkünfte aus den Silberbergwerken des Laurion nicht mehr, wie bisher, unter die Bürger zu verteilen, sondern sie zum Bau von Schiffen zu verwenden, und zwar für den Krieg gegen die Aegineter. Athen lag nämlich damals in einem erbitterten Kampf gegen diese, die dank ihrer Flotte die Herrschaft zur See zu behaupten vermochten. Mit dieser kleinen List fiel es Themistokles nicht schwer, seinen Vorschlag den Athenern annehmbar zu machen, da er ihnen nicht mit Darins und den Persern drohte – denn diese waren weit weg und man besorgte keinen neuen Angriff von jener Seite –, sondern sich im rechten Augenblick des Hasses und der Eifersucht seiner Mitbürger gegen die Aegineter bediente, um die notwendigen Rüstungen gegen die Perser zustande zu bringen. So wurden von jenen Geldern hundert Schiffe erbaut, die man später im Kampf gegen Xerxes verwendete.

Auf diese Weise suchte er unterderhand den Blick der Athener dauernd auf die See zu richten, in der Erwägung, daß Athen zu Lande nicht einmal seinen Nachbarn gewachsen war, als starke Seemacht dagegen nicht nur die Vorstöße der Perser zurückzuweisen, sondern auch die Herrschaft über Griechenland gewinnen konnte. Wie Pluto sagt, machte er aus tapferen Landsoldaten Matrosen und Seeleute und zog sich dadurch den Vorwurf zu, er habe seinen Mitbürgern Schild und Speer aus den Händen gewunden und sie an die Ruderbank gefesselt. Bei jenem Vorschlag fand er an Miltiades einen heftigen Gegner, setzte ihn aber dennoch durch, wie es Stesimbrotos erzählt. Ob er dadurch der Eigenart und der bewährten Tradition des Staates Abbruch tat, muß einer genaueren Untersuchung vorbehalten bleiben. Daß aber die Griechen ihre Rettung dem Meer zu verdanken hatten und jene Schiffe Athens Macht wieder aufrichteten, dafür ist Xerxes selbst Zeuge. Denn nach der Niederlage seiner Flotte bei Salamis gab Xerxes seine Sache verloren und trat den Rückzug an, obgleich seine Landmacht noch völlig intakt war. Mardonius hat er, wie mir scheint, nur in der Absicht zurückgelassen, die Griechen an der Verfolgung zu hindern, nicht aber, um sie ernstlich anzugreifen.

Themistokles

Rom, Vatikan

Viele behaupten, Themistokles sei sehr auf Gelderwerb bedacht gewesen, da er freigebig war, gern prächtige Opferschmäuse veranstaltete, seine Freunde üppig bewirtete und großen Aufwand trieb, was alles viel Mittel beanspruchte. Andere wieder nennen ihn einen Geizkragen und Pfennigfuchser, der die Knickrigkeit so weit trieb, sogar seinen Anteil am Opfermahl, den man ihm ins Haus schickte, zu verkaufen. Als der Pferdehändler Philides ihm ein Füllen, das er verlangte, nicht geben wollte, drohte er, er werde dessen Haus binnen kurzem »zum hölzernen Pferde machen«, was bedeuten sollte, daß er dem Mann Familienzwiste und Verwandtenprozesse auf den Hals hetzen werde.

Überaus groß war sein Geltungsbedürfnis. So lebte damals in Athen der Zitherspieler Epikles, der ob seiner Kunst eine Berühmtheit war. Themistokles, zu jener Zeit noch jung und unbekannt, ruhte nicht eher, bis er, um Aufsehen zu erregen, Epikles bewogen hatte, in seinem Haus vor den Gästen zu spielen. Auch bei den Olympischen Spielen fand er sich ein und suchte Kimon an Üppigkeit der Tafel, Ausstattung des Zeltes wie Pracht und Glanz des Auftretens zu übertrumpfen. Aber bei den Griechen hatte er damit kein Glück. Kimon, meinten sie, konnte man ein solches Auftreten zugute halten, da er ein junger Mann aus vornehmem und reichem Hause war. Der andere aber war von niedriger Herkunft, ohne Namen oder Verdienst, der sich nur aufspielen und protzen wollte, und von dem man nicht einmal wußte, woher eigentlich das Geld stammte, das er mit vollen Händen um sich warf.

Bei alledem aber war er beim einfachen Volk sehr beliebt. Er wußte jeden ohne Zögern beim Namen zu nennen und zeigte sich bei Streitfällen als unparteiischer Richter, der sich streng ans Gesetz hielt. Als Feldherr fertigte er einmal Simonides von Keos, der von ihm etwas Unbilliges verlangte, mit den Worten ab: Sowenig du ein guter Dichter wärest, wenn du gegen das Versmaß verstießest, sowenig wäre ich ein guter Führer, wenn ich dir dem Gesetz zuwider einen Gefallen tun wollte. Allmählich wurde sein Einfluß größer, und er hatte schließlich einen so starken Rückhalt im Volk, daß er es wagen konnte, gegen Aristides vorzugehen und ihn durch das Scherbengericht in die Verbannung zu schicken.

Als nun die Perser anrückten und die Athener über die Wahl eines Feldherrn berieten, sollen sich alle aus Scheu vor der allzu großen Verantwortung geweigert haben, das Amt zu übernehmen. Nur Epikydes, ein großer Redner von beträchtlichem Einfluß, aber feige und bestechlich, bewarb sich um das Kommando und hatte alle Aussicht, die meisten Stimmen zu bekommen. Themistokles befürchtete, daß bei einer Wahl des Epikydes die Sache der Griechen verloren wäre, und es gelang ihm, dessen Bewerbung durch Geld abzukaufen.

Gerühmt wird auch sein Verfahren gegen den Dolmetscher, der als Sprecher der Gesandten des Perserkönigs Erde und Wasser (das Zeichen der Unterwerfung) von den Athenern forderte. Er ließ ihn auf Grund eines Volksbeschlusses verhaften und hinrichten, weil er sich erdreistet hatte, die griechische Sprache durch Übermittlung der Botschaft eines Barbaren zu mißbrauchen. Nicht weniger Beifall fand die Bestrafung des Arthmios von Zela, der auf Themistokles’ Vorschlag mit allen Kindern und Nachkommen geächtet wurde, weil er persisches Gold nach Griechenland eingeführt hatte. Themistokles’ größtes Verdienst aber war, daß er die Zwistigkeiten unter den Griechen beilegte, die Staaten miteinander versöhnte und sie bestimmte, ihre Feindschaften angesichts der äußeren Gefahr ruhen zu lassen.

Nach seiner Ernennung zum Feldherrn versuchte er, die Athener zu bestimmen, die Stadt zu verlassen, an Bord der Schiffe zu gehen und möglichst fern von der griechischen Küste den Persern auf hoher See entgegenzutreten. Aber das Volk widersetzte sich zunächst diesem Vorschlag. Daher rückte er im Verein mit den Spartanern mit einem ansehnlichen Landheer nordwärts zum Tempetal, um Thessalien zu decken, das damals noch nicht auf persischer Seite zu stehen schien. Als dann dieses Heer unverrichteter Sache umkehren mußte und mit dem nunmehr offenen Abfall Thessaliens das ganze Land bis Böotien auf seiten der Perser stand, zeigten sich die Athener eher dem Vorschlag des Themistokles geneigt, die Entscheidung zur See zu suchen, und schickten ihn mit einer Flotte nach Artemision (an der Nordküste von Euböa), um die Meerenge zu halten. Die dort vereinigten Griechen verlangten nun, daß Eurybiades und die Spartaner das Oberkommando führen sollten. Die Athener hingegen weigerten sich, von anderen Befehle anzunehmen, weil sie allein mehr Schiffe hätten als die übrigen zusammengenommen. Themistokles, die schlimmen Folgen dieses Zwistes erkennend, überließ Eurybiades freiwillig den Oberbefehl und beruhigte die Athener durch den Hinweis, wenn sie sich in diesem Kampf bewährten, wollte er es schon dahin bringen, daß die Griechen sich ihm freiwillig unterordneten. So verdankte offenkundig Griechenland dem Führer Themistokles seine Rettung, Athen aber den zweifachen Ruhm, die Feinde durch Tapferkeit, die Bundesgenossen aber durch Nachgiebigkeit überwunden zu haben.

Als nun die persische Flotte bei Aphetai vor Anker ging, geriet der griechische Befehlshaber Eurybiades über die große Zahl der ihm gegenüberliegenden Schiffe in Bestürzung, um so mehr, als gemeldet wurde, daß noch weitere zweihundert feindliche Schiffe, jenseits von Skiathos herumfahrend, die Griechen zu umgehen drohten. Er wollte unverzüglich an die Küsten des Peloponnes zurückkehren und die Landmacht zur Unterstützung der Flotte heranziehen, da er die Seemacht des Großkönigs für unüberwindlich hielt. Die Euböer befürchteten, dadurch von den Griechen völlig im Stich gelassen zu werden, und schickten insgeheim Pelagon mit einer großen Geldsumme an Themislokles, um mit ihm Verhandlungen anzuknüpfen. Themistokles nahm das Geld, wie Herodot sagt, und gab es Eurybiades. Unter den Athenern machte ihm Architeles, der Kommandant des heiligen Schiffes, die meisten Schwierigkeiten. Da er seiner Mannschaft den Sold nicht mehr bezahlen konnte, wollte er unverzüglich wieder nach Hause fahren. Themistokles hetzte die Matrosen noch mehr gegen ihn auf, so daß sie sich zusammenrotteten und ihm das Abendessen wegnahmen. Architeles war darüber natürlich sehr ärgerlich und betreten; Themistokles aber schickte ihm in einer Kiste ein Abendessen von Brot und Fleisch und verbarg darunter ein Talent Silber mit der Aufforderung, er solle für diesen Abend seine Mahlzeit halten und am folgenden Morgen für seine Mannschaft sorgen, andernfalls würde er ihn öffentlich beschuldigen, vom Feind Geld empfangen zu haben.

Die verschiedenen Gefechte gegen die Perser in der Meerenge von Artemision brachten zwar keine volle Entscheidung. Aber sie waren für die Griechen sehr nützlich und belehrten sie durch praktische Erfahrung und kühne Tat, daß nicht die Menge der Schiffe noch die stolzen Verzierungen an den Schiffsschnäbeln, nicht das prahlerische Geschrei und die Gesänge der Perser auf beherzte und wagemutige Männer Eindruck zu machen vermögen, wenn sie nur draufzugehen verstehen und mit dem Schwert in der Hand dem Feind zu Leibe rücken. Das hat auch wohl Pindar erkannt, wenn er über die Schlacht bei Artemision sagt: Hier legten die Söhne Athens den leuchtenden Grund zur Freiheit. – Denn in der Tat ist kühner Mut der erste Schritt zum Sieg.

Artemision heißt die Küste von Euböa, die sich über die Stadt Hestiäa gegen Norden hin erstreckt. Gerade gegenüber liegt das ehemals zum Reich des Philoktetes gehörige Gebiet von Olizon. Oberhalb der Küste erhebt sich ein kleiner Tempel der Artemis, mit dem Beinamen Proseoa (die nach Osten Blickende), umgeben von Bäumen, und eine Reihe von Säulen aus einem weißen Stein, der, wenn man ihn in der Hand reibt, sowohl Farbe wie Geruch des Safrans annimmt. Auf einer der Säulen steht die Inschrift:

Über die zahlreichen Scharen des asischen Landes gewannen

Einst die Kinder Athens einen herrlichen Sieg.

Hier in diesen Gewässern zerstörten sie Persiens Flotte;

Dankbar weihten sie dir, Artemis, dieses Denkmal.

An der Küste zeigt man noch heute inmitten der Sanddünen eine Stelle, wo man in der Tiefe schwarzen, aschenartigen Staub, wie von Verbrennungsresten herrührend, findet, und man glaubt, daß hier die Toten auf den Schiffstrümmern verbrannt worden sind.

Als aber die Nachricht vom Unglück bei Thermopylä eintraf und bekannt wurde, daß Leonidas gefallen war, Xerxes aber den Paß besetzt hatte und damit den Zugang nach Griechenland beherrschte, wich die Flotte der Verbündeten nach Süden aus, wobei die Athener, die sich am meisten ausgezeichnet hatten, als letzte den Rückzug deckten. Themistokles fuhr längs der Küsten hin, und überall da, wo der Feind geeignete Stellen zum Ankern und Wassernehmen finden konnte, ließ er an Felswänden oder ausgerichteten Steinen weithin sichtbare Inschriften anbringen. Durch diese ermahnte er die Ionier, noch jetzt, wenn irgend möglich, zu den Griechen, ihren Stammvätern und den Vorkämpfern ihrer Freiheit, zurückzukehren, oder wenigstens sollten sie den barbarischen Eindringling auf jede Weise zu schädigen oder in seinen Reihen Verwirrung zu stiften suchen. Er hoffte damit, entweder die Ionier zum Abfall zu bestimmen oder zumindest bei den Persern Mißtrauen und damit Unsicherheit zu erwecken.

Inzwischen rückte Xerxes vom Gebirge her durch Doris in Phokis ein und verheerte unterwegs alle Städte mit Feuer und Schwert, ohne daß die Griechen auch nur einen Finger zur Gegenwehr rührten. Die Athener baten verzweifelt, zur Deckung von Attika dem Feind nach Böotien entgegenzurücken, so wie sie selbst mit ihrer Flotte bis nach Artemision vorgestoßen wären. Die Bundesgenossen aber dachten nur an die Sicherheit des Peloponnes, wollten ihre gesamten Streitkräfte jenseits des Isthmus zusammenziehen und begannen bereits, die Landenge durch Verschanzungen zu sperren. Über diesen Verrat waren die Athener aufs äußerste erbittert, aber zugleich ergriff sie Mutlosigkeit und Verzagen, da sie sich von allen im Stich gelassen sahen. Sie konnten nicht daran denken, allein der gewaltigen Übermacht der Perser entgegenzutreten; aber auch das einzige noch bleibende Rettungsmittel, die Stadt zu räumen und sich den Schiffen anzuvertrauen, lehnten die meisten mit Unwillen ab, denn an einem Sieg lag ihnen nichts, und sie wollten keine Rettung, die sie mit der Preisgabe der Göttertempel und der Grabstätten ihren Ahnen erkaufen mußten.

Themistokles gab es auf, die Menge durch Vernunftgründe zu überzeugen; wie die Dichter in den Tragödien, setzte er nun die Götter in Bewegung und nahm seine Zuflucht zu Vorbedeutungen und Orakelsprüchen. So deutete er es als böses Vorzeichen, daß in eben jenen Tagen die heilige Schlange aus dem Tempel der Athene verschwunden war. Die Priester fanden die Speise, die sie ihr täglich vorsetzten, unberührt und verkündeten nun auf den Rat des Themistokles der Menge, die Göttin habe die Stadt verlassen, um den Athenern den Weg zum Meer zu weisen. Auch den alten Orakelspruch brachte Themistokles wieder in Erinnerung und erklärte, unter den »hölzernen Mauern« wären nichts anderes als die Schiffe zu verstehen. Und Apollo hätte die Insel Salamis »göttlich« und nicht etwa »elend« oder »unglücklich« genannt, weil ein großes und glückliches Ereignis von ihr den Namen erhalten würde. Endlich drang er mit seiner Meinung durch und stellte nun den Antrag in der Volksversammlung: Die Stadt solle der Obhut der Schutzgöttin Athene anvertraut werden; alle streitbare Mannschaft solle sich auf die Schiffe begeben, und die Frauen, Kinder und Sklaven solle jeder, so gut er könne, in Sicherheit bringen. Dieser Antrag wurde zum Beschluß erhoben, und die Athener brachten nun ihre Angehörigen nach Troizen, wo sie herzliche Aufnahme fanden. Die Troizenier beschlossen, die Flüchtlinge auf öffentliche Kosten zu unterhalten, und bestimmten für jeden täglich zwei Obolen. Überdies erlaubten sie den Kindern, sich überall Früchte zu pflükken, und sorgten auch für deren Unterricht.

Aristoteles erzählt, der Areopag habe, da der athenische Staatsschatz damals leer war, jedem Soldaten acht Drachmen überweisen lassen und dadurch in erster Linie dazu beigetragen, daß die Kriegsschiffe vollzählig bemannt wurden. Kleidemos aber schreibt auch diesen Erfolg einer List des Themistokles zu. Als die Athener, sagt er, nach Piräus aufbrachen, vermißte man den Medusenkopf an der Bildsäule der Athene. Da habe Themistokles so getan, als ob er danach suche, und beim Umherstöbern unter altem Gerümpel eine große Geldsumme gefunden. Diese wurde dann unter die Mannschaft der Schiffe verteilt, und so bekam jeder die nötige Zehrung.

Der Anblick nun, wie fast eine ganze Stadt auf das Meer hinausfuhr, erregte bei vielen Mitleid, bei vielen aber auch Bewunderung über den unerschrockenen Mut der Athener, die erst ihre Familien in Sicherheit brachten und dann, ohne sich von den Klagen und Tränen der Ihrigen rühren zu lassen, zur Insel Salamis übersetzten. Mit Trauern gedachte man auch der Bürger, die ihres hohen Alters wegen in der Stadt zurückgelassen werden mußten. Nicht geringere Rührung verursachten die zahmen Haustiere, die heulend und winselnd bis an die Schiffe neben ihren Herren herliefen. Unter anderem erzählt man, daß der Hund des Tanthippos, Vaters des Perikles, seinen Herrn durchaus nicht habe verlassen wollen, sondern ins Meer gesprungen, neben dem Schiff hergeschwommen und, nachdem er die Insel Salamis erreicht hatte, vor Entkräftung eingegangen sei. Man zeigt dort noch heute einen Ort, Kynos Sema genannt, wo das Grabmal dieses Hundes gewesen sein soll.

Unter den großen und rühmlichen Taten des Themistokles ist auch noch diese zu nennen: Als er bemerkte, daß die Athener Aristides, der durch seine Kabalen kurz vor dem Krieg vom Scherbengericht verbannt worden war, gern zurück gehabt hätten und besorgten, er möchte sich aus Erbitterung mit dem Feind verbinden und der Sache Griechenlands Abbruch tun, setzte er den Volksbeschluß durch, daß es allen noch bestimmte Zeit Verbannten freistehen sollte, zurückzukehren und mit den übrigen Bürgern durch Wort und Tat für die Sache des Vaterlandes einzutreten.

Eurybiades, der infolge Spartas Vorrang das Kommando über die gesamte Flotte führte, verlor bei Annäherung des Feindes den Mut und wollte sich zum Isthmus zurückziehen, wo die peloponnesische Landmacht versammelt war. Themistokles widersetzte sich dem mit allen Kräften, und bei dieser Gelegenheit sollen jene denkwürdigen Worte gewechselt worden sein: Du weißt, Themistokles, sagte Eurybiades, bei Wettkämpfen wird der bestraft, der vor dem Startzeichen über die Grenzlinie tritt. Darauf antwortete Themistokles: Gewiß, aber man krönt auch den nicht, der zurückbleibt. Da hob Eurybiades im Zorn den Stock, um Themistokles zu schlagen. – Schlag zu, rief Themistokles, aber höre mich dann auch an. Erstaunt über die kaltblütige Ruhe, hieß ihn Eurybiades reden, und Themistokles fuhr fort, seine Ansicht darzulegen. Als bei dieser Unterredung sich ein Dritter einmischte und sagte, ein Mann ohne Vaterland habe kein Recht, denen, die noch ein Vaterland besäßen, zum Verlassen und zur Preisgabe ihrer Heimat zu raten, antwortete ihm Themistokles: Freilich, du Nichtswürdiger, wir haben Haus und Hof verlassen, weil wir nicht um lebloser Dinge willen Sklaven werden wollten. Aber wir besitzen noch ein Vaterland, mächtiger als alle Städte Griechenlands, nämlich diese zweihundert Schiffe, die euch beizustehen bereit sind, wenn ihr die Rettung wollt. Wenn ihr uns aber zum zweitenmal verräterischerweise im Stich laßt, so soll mancher Grieche bald erfahren, daß die Athener sich eine freie Stadt und ein Land, das dem verlorenen nicht nachsteht, verschafft haben. – Diese versteckte Drohung machte Eurybiades nachdenklich, und er besorgte, daß die Athener die Bundesgenossen im Stich lassen und gänzlich abziehen würden. Als sich auch ein Eretrier einmischte und sich gegen Themistokles wandte, sagte dieser: Ja, euch kommt es zu, über den Krieg zu reden, die ihr wie die Tintenfische zwar ein Schwert, aber kein Herz habt.

Während Themistokles auf dem Verdeck des Schiffes noch seine Meinung sagte, soll, so heißt es, eine Eule von der rechten Seite her angeflogen gekommen sein und sich im Tauwerk niedergelassen haben. Das soll den Ausschlag bei allen Griechen gegeben haben, die nun entschlossen waren, die Schlacht zu wagen, und nun sofort alle nötigen Vorbereitungen trafen. Doch als die feindliche Flotte an der attischen Küste auf der Höhe von Phalerom erschien und ihre Zahl alle umliegenden Gestade bedeckte, zugleich aber der Großkönig mit der Landarmee zur Uferebene herabzog und die ungeheure Streitmacht der Perser sich allen Augen offenbarte, da vergaßen die Griechen über diesem Anblick alle Gründe und Vorstellungen des Themistokles. Wieder sahen sich die Peloponnesier zur Landenge um und wandten sich unwillig gegen jeden, der zum Abstandhalten riet. Man beschloß auch, in der folgenden Nacht abzufahren, und gab den Schiffskommandanten die nötigen Befehle.

Themistokles konnte es auf keinen Fall zulassen, daß die Griechen ihre vorteilhafte Stellung auf dem schmalen Raum der Meerenge aufgaben und sich zur Rettung ihrer Städte in alle Winde zerstreuten. Um das zu verhindern, griff er zu einer List und bediente sich dazu eines gewissen Sikinnos, eines alten persischen Kriegsgefangenen, der ihm sehr ergeben und der Hofmeister seiner Kinder war. Diesen schickte er insgeheim zu Xerxes und ließ ihm sagen, Themistokles, der Feldherr der Athener, habe sich der Partei des Perserkönigs angeschlossen und gäbe ihm fürs erste die Nachricht, daß die Griechen im Begriff wären, die Flucht zu ergreifen; er rate ihm also, sie nicht entwischen zu lassen, sondern sie eben jetzt, da sie wegen der Trennung von ihrem Landheer schwach waren, anzugreifen und ihre gesamte Seemacht zu vernichten. Xerxes nahm diesen Rat, der ehrlich gemeint schien, mit Freuden an und gab sogleich den Kommandanten der Flotte Befehl, sämtliche Schiffe in aller Stille gefechtsbereit zu machen, zweihundert aber sofort vorzuschicken, mit ihnen die Durchfahrt auf allen Seiten zu sperren und die Inseln zu blockieren, damit kein Feind entkommen könnte.

Aristides bemerkte zuerst, was vorging. Er eilte zum Zelt des Themistokles, obgleich er gewiß nicht sein Freund, sondern, wie bereits erwähnt, durch ihn verbannt worden war, und meldete ihm, daß sie von den Persern eingeschlossen würden. Da Themistokles von der Ehrenhaftigkeit des Mannes völlig überzeugt und über dessen Erscheinen sehr erfreut war, verriet er ihm die List mit Sikinnos und bat ihn, den Griechen, bei denen Aristides mehr Vertrauen genoß als er selbst, mit zuzureden und sie zu ermuntern, den Kampf in der Meerenge anzunehmen. Aristides billigte das Verfahren des Themistokles und ging sogleich zu den übrigen Befehlshabern, um ihnen zur Schlacht Mut zu machen. Aber diese bezweifelten noch immer die Nachricht, bis endlich ein tenisches Schiff unter dem Kommando des Panaitios, das zu ihnen überging, die von Xerxes eingeleitete Einkreisungsbewegung bestätigte. Nun erkannten die Griechen, daß ihnen kein Ausweg blieb, und bereiteten sich mit dem Mut der Verzweiflung zum Kampf vor.

Mit Anbruch des Tages nahm Xerxes, um die Flotte und Schlachtordnung überschauen zu können, seinen Standort oberhalb des Herakles-Tempels, da, wo die attische Küste von der Insel Salamis durch einen schmalen Meeresarm getrennt ist. Dort ließ er sich auf einem goldenen Thron nieder, umgeben von zahlreichen Sekretären, die den ganzen Verlauf der Schlacht aufzeichnen sollten.

Themistokles war eben auf dem Admiralsschiff mit dem Opfer beschäftigt, als drei Gefangene von sehr schöner Gestalt, mit Gold und prächtigen Kleidern geschmückt, zu ihm geführt wurden. Es hieß, sie seien die Söhne Sandaukes, einer Schwester des Königs. Als der Priester Euphrantides ihrer ansichtig wurde, schlug aus dem Opferfeuer eine helle Flamme empor, und zugleich nieste jemand zur rechten Seite; er faßte daher Themistokles bei der Hand und hieß ihn, diese Jünglinge dem Dionysos Omestes unter Gebeten zum Opfer zu bringen, denn nur so würde den Griechen Rettung und Sieg zuteil werden. Themistokles war über diese Weissagung nicht wenig betroffen; allein das Volk, das immer in großen Gefahren und mißlicher Lage mehr von abergläubischen als vernünftigen Mitteln Hilfe erwartet, rief mit vereinigter Stimme jenen Gott an, führte die Gefangenen zum Altar und zwang Themistokles, das Opfer nach Weisung des Wahrsagers zu vollziehen. So berichtet der Lesbier Phanias, ein in der Geschichte sehr bewanderter Philosoph.

Über die Zahl der persischen Schiffe gibt der Dichter Aeschylos einigermaßen überraschend genaue Angaben. In seiner Tragödie »Die Perser« heißt es:

Dagegen dienten dort dem Xerxes tausend Schiffe – Ich weiß es ganz gewiß – und noch zweihundertsieben Von größter Schnelligkeit. Das ist die wahre Zahl.

Athen hatte hundertachtzig Schiffe; jedes führte achtzehn Mann, die vom Verdeck aus kämpften, vier Bogenschützen, die übrigen Schwerbewaffnete.

Themistokles scheint den Zeitpunkt nicht weniger klug als den Ort der Schlacht gewählt zu haben. Er ließ nämlich seine Galeeren nicht eher gegen den Feind vorgehen, bis zur gewohnten Stunde eine frische Brise von offener See her die Wellen zur Meerenge trieb. Dieser Wind brachte den flachen und niedrigen Schiffen der Griechen keinen Nachteil; die feindlichen hingegen, die wegen ihres hohen Aufbaus schwer zu steuern waren, wurden von den Stößen des Windes seitlich gedreht, so daß sie ihre Flanken den Griechen darboten, die mit voller Wucht angriffen und in allem auf Themistokles, als den erfahrensten und gewandtesten der Führer, hörten. Gegen ihn wandte sich Ariamenes, der Admiral des Xerxes, ein tapferer Mann, der beste und befähigtste unter den Brüdern des Königs, von seinem riesigen Schiff wie von einer Festungsmauer Pfeile und Wurfspieße schleudernd. Aber Ameinias von Dekeleia und Sosikles von Pedieia, die auf dem gleichen Schiff befehligten, rannten mit solcher Gewalt gegen ihn los, daß sich beide Schiffe mit den eisernen Schnäbeln fest verhakten. Ariamenes sprang darauf auf das feindliche Verdeck, wurde aber nach erbittertem Kampf ins Meer gestürzt. Königin Artemisia entdeckte seinen treibenden Leichnam zwischen den Schiffstrümmern und brachte ihn zu Xerxes.

Während der Schlacht leuchtete, wie es heißt, ein helles Licht von Eleusis herüber; auch ließ sich in der thriasischen Ebene bis ans Meer hin lautes Geschrei und Jauchzen hören, wie wenn eine große Menschenmenge den mystischen Jakchoszug feiere. Aus den Jubelnden soll auch eine Wolke aufgestiegen sein, die zum Meer hin zog und sich über die Schiffe niederließ. Andere glaubten auch, Erscheinungen und Gestalten bewaffneter Männer zu sehen, die von der Insel Aegina her die Hände nach den Kriegsschiffen der Griechen ausstreckten; man vermutete, daß dies die Änakiden wären, die man vor der Schlacht um Hilfe gebeten hatte.

Als erster eroberte der Athener Lykomedes, Kommandant einer Galeere, ein feindliches Schiff. Die anderen schlugen sich weiter mit den Persern herum, die im engen Raum der Meerenge ihre Macht nicht voll zur Entfaltung bringen und immer nur Teile ihrer Flotte einsetzen konnten. Gegen Abend dann hatten die Griechen die Oberhand gewonnen, brachten die Perser zum Weichen und erfochten damit, wie Simonides sagt, jenen glänzenden, vielgepriesenen Sieg bei Salamis, eine Tat zur See, wie sie herrlicher nie von Persern oder Griechen vollführt wurde, und zwar dank ihrer Einigkeit und Tapferkeit, dank aber auch der genialen Führung des Themistokles.

Nach der Schlacht versuchte der über die Niederlage ergrimmte Xerxes durch rasch aufgeworfene Dämme sein Landheer nach Salamis überzusetzen, um den Griechen den Weg durch die Meerenge zu versperren. Indes machte Themistokles, um Aristides auf die Probe zu stellen, zum Schein den Vorschlag, man sollte schleunigst zum Hellespont segeln und dort die von den Persern geschlagene Schiffsbrücke zerstören, um, wie er sagte, Asien in Europa gefangenzunehmen. Aristides aber wandte sich entschieden dagegen und erklärte: Bisher haben wir es nur mit einem Gegner zu tun gehabt, der durch Üppigkeit verweichlicht ist. Wenn wir aber diesen Mann, dem noch eine gewaltige Macht zu Gebote steht, in Griechenland einschließen und ihn so zum Äußersten treiben, so wird er sich nicht mehr unter einen goldenen Sonnenschirm setzen, um dem Schlachtgetümmel gemächlich zuzuschauen. Er wird vielmehr alles wagen, in der Gefahr überall sein, die begangenen Fehler wieder gutmachen und, da für ihn alles auf dem Spiel steht, das Letzte wagen. Anstatt also, mein lieber Themistokles, die vorhandene Brücke abzubrechen, müssen wir womöglich noch eine dazu erbauen und den Mann je eher, je lieber aus Europa hinaustreiben. – Nun gut, versetzte Themistokles, wenn man deinen Vorschlag für ratsamer hält, müssen wir sogleich überlegen, wie wir den Mann am schnellsten dahin bringen, Griechenland zu verlassen. Als der Vorschlag des Aristides angenommen war, schickte Themistokles einen Eunuchen des Großkönigs, der sich unter den Gefangenen befand, an Xerxes und ließ ihm sagen, die Griechen hätten nach der gewonnenen Seeschlacht beschlossen, zum Hellespont zu segeln und die dortige Brücke abzubrechen; Themistokles rate ihm also aus Sorge für sein Wohl, schleunigst nach Asien überzusetzen; er wolle indes die Verbündeten durch allerhand Vorwände von der Verfolgung abzuhalten versuchen. Über diese Nachricht war der König äußerst bestürzt und trat mit größter Eile den Rückzug an. Wie richtig Themistokles und Aristides gehandelt hatten, zeigte sich nachher in der Schlacht bei Platää gegen Mardonius, bei der die Griechen nur einen Teil der persischen Streitkräfte sich gegenüber hatten und trotzdem um Sein oder Nichtsein kämpfen mußten.

Unter den griechischen Städten soll sich nach dem Zeugnis Herodots Ägina bei dieser Gelegenheit am meisten ausgezeichnet haben; das Hauptverdienst aber erkannten alle Griechen Themistokles zu, wiewohl ihrer Eifersucht auf seinen Ruhm diese Anerkenntnis schwerfiel. Als nämlich die Flotte zum Isthmus zurückgekehrt war und die Führer am Altar des Poseidon über die Verdienste in der Schlacht feierlich abstimmen sollten, erklärte sich jeder selbst als den ersten der Tapfersten, als zweiten aber bezeichneten sie einstimmig Themistokles. Die Spartaner luden ihn sogar nach ihrer Hauptstadt ein, und dort überreichten sie Eurybiades als Preis für Tapferkeit, Themistokles aber als Preis für Feldherrnbegabung den Olivenkranz. Überdies machten sie ihm den schönsten Wagen zum Geschenk, der in der Stadt zu finden war, und gaben ihm bis zur Grenze ein Geleit von dreihundert Jünglingen. Als ferner bei den nächsten Olympischen Spielen, so erzählt man, Themistokles im Stadion erschien, wurde er mit Zurufen und Händeklatschen begrüßt, man zeigte ihn den Fremden, und den ganzen Tag über blieb er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Er selbst soll freudig erregt zu seinen Freunden gesagt haben, nun ernte er den Lohn für alle seine Mühen um Griechenland.

Gewiß besaß Themistokles ein gehöriges Maß von Eitelkeit, wenn man den vielen über ihn umlaufenden Anekdoten Glauben schenken darf. Als er von Athen zum Flottenbefehlshaber ernannt worden war, erledigte er seine privaten und amtlichen Angelegenheiten nicht etwa laufend weiter, sondern verschob sie sämtlich auf den Tag der Abfahrt, damit man ihn angesichts des Übermaßes von Geschäften und der vielen sich zu ihm Drängenden als mächtigen und einflußreichen Mann bewundern sollte.

Als er nach einem Gefecht die ans Ufer geschwemmten Leichen der Gefallenen betrachtete, machte er den ihn begleitenden Freund auf die goldenen Spangen und Ketten aufmerksam und sagte: Nimm das für dich, denn du bist ja kein Themistokles.

Zu einem gewissen Antiphates, der vormals sehr schön gewesen war und sich gegen ihn spröde gezeigt hatte, nun aber sich eifrig um die Gunst des mächtig gewordenen Mannes bewarb, sagte er: Mein guter Junge, etwas spät freilich, aber schließlich sind wir doch beide zur Vernunft gekommen.

Auch beklagte er sich, daß die Athener ihn nicht genug ehrten und bewunderten, sondern es mit ihm machten wie mit einem Platanenbaum: bei Unwetter sucht man unter ihm Schutz, bei Sonnenschein aber beraubt man ihn der Blätter und Blüten.

Einem Seriphier, der ihm vorhielt, er habe seinen Ruhm nicht sich selbst, sondern seiner Vaterstadt zu verdanken, gab er zur Antwort: Du hast ganz recht, aber so wenig ich berühmt sein würde, wenn ich ein Seriphier wäre, so wenig würdest du es sein, wenn du Athener wärst.

Als ein Kollege im Kommando, der große Verdienste um den Staat zu haben glaubte, sich Themistokles gegenüber aufspielte und seine Taten mit denen des Themistokles gleichsetzte, erzählte ihm dieser ein Gleichnis: »Mit dem Festtag fing einst der nachfolgende Tag Streit an und warf ihm vor, er selbst wäre immer erfüllt von Mühen und Beschwerden, während an ihm, dem Festtag, jedermann das Vorbereitete in Behagen und Freude genießen könne. Darauf antwortete der Festtag: Richtig, aber wenn ich nicht gewesen wäre, so würdest du auch nicht sein. Und wenn ich – setzte Themistokles hinzu – damals nicht gewesen wäre, wo würdet ihr heute sein?

Von seinem Sohn, der seine Mutter und durch sie auch Themistokles gern tyrannisierte, sagte er scherzhaft, sein Sohn sei der Mächtigste aller Griechen; denn die Athener hätten über die Griechen, er über die Athener, über ihn seine Frau und über diese sein Sohn zu gebieten.

Als sich zwei Athener gleichzeitig um die Hand seiner Tochter bewarben, zog er den Tüchtigen dem Wohlhabenden vor und sagte, er suche mehr einen Mann, der des Geldes, als Geld, das eines Mannes bedürfe. So etwa waren die Reden, die seinen Charakter kennzeichnen.

Nach der glücklichen Abwehr der Perser begann er Athen wieder aufzubauen und auch neu zu befestigen. Theopompos erzählt, Themistokles habe die Ephoren (Staatsaufseher) in Sparta bestochen, damit sie ihm keine Schwierigkeiten machten. Aber die meisten Quellen geben an, er habe die Spartaner getäuscht. Er ließ sich nämlich in der Eigenschaft eines Gesandten in dieser Sache nach Sparta schicken. Als die Spartaner sich beschwerten, daß die Athener ihre Stadt doch wieder befestigten und der eigens zu diesem Zweck von Ägina abgeschickte Poliarchos öffentlich gegen Athen Klage führte, leugnete Themistokles alles ab und forderte Sparta auf, Abgesandte nach Athen zu schicken, die sich von der Wahrheit seiner Worte überzeugen könnten. Seine Absicht dabei war, für die Vollendung der Mauern Zeit zu gewinnen, zugleich aber auch, die spartanischen Gesandten den Athenern als Geiseln in die Hände zu spielen, als Bürgen für seine eigene Sicherheit. Das glückte dann auch. Denn als die Spartaner die Wahrheit erfuhren, ließen sie ihn dennoch unbehelligt heimkehren, wenn auch mit geheimem Groll im Herzen.

Vor allem ließ es sich Themistokles angelegen sein, den Hafen Piräus auszubauen, dessen günstige Lage sich in den kritischen Jahren deutlich erwiesen hatte. Dadurch gab er Athen den Charakter einer ausgesprochenen Seestadt, was allerdings den politischen Grundsätzen der alten Könige von Attika widersprach. Denn diese hatten alles getan, um die Athener vom Meer abzulenken und sie zu Bauern zu machen, zu diesem Zweck auch jene bekannte Sage erfunden, Athene habe im Streit mit Poseidon um den Besitz des attischen Landes dadurch den Sieg errungen, daß sie vor den Richtern einen Ölbaum hervorsprießen ließ. Aber Themistokles hat nicht, wie der Komödiendichter Aristophanes sagt, den Piräus an die Stadt »angebacken«, sondern vielmehr die Stadt an ihren natürlichen Hafen geführt und das Land an das Meer geknüpft. Diese Umstellung hatte zur Folge, daß die Macht des alten Landadels sank, hingegen der Einfluß und damit der Übermut des Volkes bedeutend stieg, da nun die zahlreichen Matrosen, Maate, Steuerleute und Schiffsarbeiter zum ausschlaggebenden Element im Staate wurden. Deshalb wurde später auch von den dreißig Tyrannen die Rednerbühne auf der Pnyx, die so aufgestellt war, daß die Redner auf das Meer hinaussahen, wieder zum Land hin umgedreht, denn man war der Meinung, ein seefahrendes Volk fördere die Demokratie, während der Bauer sich leichter einer Oligarchie füge.

Zur Sicherung der maritimen Überlegenheit Athens hatte Themistokles noch einen weiteren Plan. Als nach Xerxes’ Abzug die griechische Flotte nach Pagasai segelte und dort überwinterte, erklärte Themistokles in öffentlicher Versammlung, er wisse eine Maßnahme, die für Athen außerordentlich nützlich und heilsam wäre, die man aber nicht gut in der Öffentlichkeit aussprechen könnte. Die Athener forderten ihn auf, die Sache Aristides leise mitzuteilen, und wenn dieser sie guthieße, sollte sie ausgeführt werden. Themistokles eröffnete darauf Aristides, er habe vor, die griechische Flotte in Pagasai zu verbrennen. Aristides erklärte nun dem versammelten Volk, es gäbe nichts Vorteilhafteres, aber auch kein größeres Unrecht, als das Vorhaben des Themistokles. Darauf forderten die Athener, Themistokles sollte seinen Plan fallen lassen.

Im Rat der Amphiktyonen hatte Sparta den Vorschlag gemacht, alle Staaten, die dem Bundeskrieg gegen Persien ferngeblieben waren, von der Teilnahme an diesem Kongreß auszuschließen. Themistokles befürchtete, daß beim Ausschluß der Thessalier, der Argeier und selbst der Thebaner vom Kongreß, Sparta dann die Mehrheit bekommen würde und sich alle anderen seinen Wünschen hätten fügen müssen. Er setzte sich daher für diese Staaten ein, und es gelang ihm auch, den größten Teil der Bundesgenossen auf seine Seite zu ziehen. Er gab ihnen zu erwägen, daß im ganzen nur einunddreißig Staaten am Krieg teilgenommen hätten, von denen die meisten nur klein und unbedeutend wären. Wenn nun das übrige Griechenland vom Bund ausgeschlossen bliebe, so bestände die große Gefahr, daß der Kongreß künftig von den zwei oder drei mächtigsten Staaten vollständig beherrscht würde. Das war einer der Hauptgründe für den unversöhnlichen Haß der Spartaner gegen Themistokles. Fortan suchten sie auf jede Weise das Emporkommen Kimons zu begünstigen, um der Macht des Themistokles ein Gegengewicht zu geben. Aber auch bei den übrigen Bundesgenossen machte sich Themistokles unbeliebt, da er von Insel zu Insel fuhr und von den Kleinstaaten Geld eintrieb. Herodot erzählt, daß er dabei auch von den Andriern eine erhebliche Summe gefordert habe mit dem Bemerken, er komme zu ihnen und bringe zwei mächtige Gottheiten mit: die Überredung und die Gewalt. Aber darauf habe er die Antwort bekommen: Auch wir haben zwei große Götter, die Armut und den Mangel; diese untersagen es uns, dir Geld zu geben. Der Dichter Timokreon von Rhodos klagt Themistokles in einem seiner Lieder mit bitteren Worten an, er habe anderen Verbannten für Geld die Rückkehr ins Vaterland verweigert, ihn aber, seinen vertrauten Freund, um schnöden Gewinns willen verraten. Timokreon soll wegen seiner perserfreundlichen Gesinnung verbannt worden sein und Themistokles selbst für die Verbannung gestimmt haben.

Bereits aber war die Mißgunst gegen Themistokles unter seinen Mitbürgern so gewachsen, daß sie solchen Verleumdungen willig Gehör schenkten. Um seine Stellung zu behaupten, sah er sich genötigt, immer und immer wieder den Athenern seine Verdienste vor Augen zu halten. Das fiel ihnen schließlich lästig, und sie gaben ihrer Mißstimmung unverhohlen Ausdruck, worauf er ihnen vorhielt: Wie denn, wird es euch schon zuviel, wenn euch von dem gleichen Mann oftmals Gutes erwiesen wird? Den Unwillen des Volkes erregte er auch dadurch, daß er der Artemis einen Tempel baute und ihr den Beinamen Aristobule gab, so als ob er den Ruhm für sich in Anspruch nähme, der beste Ratgeber aller Griechen zu sein. Der Tempel stand in der Nähe seines Hauses, in Melite, wohin die Henker heutzutage die Leichen der Hingerichteten, sowie die Kleider und Stricke derer werfen, die sich erhängt oder anderswie ums Leben gebracht haben. Noch zu meiner Zeit war im Tempel der Aristobule ein kleines Standbild des Themistokles vorhanden, aus dem man ersehen konnte, daß sich auch in seinen Zügen das Herrische seines Wesens ausprägte.

Zuletzt machten die Athener auch gegen Themistokles vom Scherbengericht Gebrauch und stürzten ihn, wie sie es stets mit Männern machten, deren Machtfülle ihnen zu groß geworden war und nicht mehr im Einklang mit dem demokratischen Gleichheitsprinzip zu stehen schien. Das Scherbengericht war nicht eigentlich eine Strafe, sondern mehr eine Art Ventil, um der im Volk angestauten Mißgunst und Neidhammelei Luft zu schaffen, denn die Menge vermag Größe nur schwer zu ertragen und empfindet lustvolle Befriedigung darin, sie zu demütigen und zu sich herabzuziehen.

Während Themistokles in Argos nun in der Verbannung lebte, ereignete sich der Fall Pausanias, der seinen Feinden willkommene Handhabe bot, auch gegen ihn vorzugehen. Pausanias hatte mit den Persern geheime Verbindungen angeknüpft, diese verräterischen Umtriebe aber vor Themistokles, mit dem er eng befreundet war, natürlich geheimgehalten. Als nun Themistokles verbannt wurde und Pausanias erfuhr, wie schwer jener an dem ihm angetanen Unrecht trug, wagte er es, Themistokles in das Geheimnis einzuweihen. Er wies ihm Briefe des Perserkönigs vor und suchte ihn zu bestimmen, an den Machenschaften teilzunehmen, um sich an dem undankbaren und unwürdigen Griechenvolk zu rächen. Themistokles lehnte jede Teilnahme rundweg ab, verschwieg aber, daß er von den verräterischen Umtrieben Kenntnis erhalten hatte und sprach auch mit niemandem darüber, da er meinte, Pausanias werde schon von selbst von seinem Vorhaben abstehen oder die unsinnigen und gefährlichen Pläne würden früher oder später doch ans Tageslicht kommen. Nach der Hinrichtung des Pausanias fanden sich einige Briefe und Schriftstücke, die Themistokles in den Verdacht der Mitwisserschaft brachten. Die Spartaner schlugen darüber gewaltigen Lärm, und seine Gegner in Athen erhoben nun gegen ihn die förmliche Anklage auf Hochverrat. Fern von Athen, konnte Themistokles sich nur schriftlich verteidigen. Zur Widerlegung der Anklage benutzte er die früher gegen ihn erhobenen Beschuldigungen: Seine Gegner, so schrieb er, hätten ihn fälschlicherweise als einen Mann dargestellt, der immer nur herrschen wollte und sich anderen unterzuordnen weder die Fähigkeit noch den Willen habe; wie könnte man ihn da beschuldigen, daß er sich und Griechenland nun der Herrschaft der Perser, also obendrein noch des Landesfeindes, unterstellen wollte. Aber er hatte keinen Erfolg damit. Das Volk gab der Anklage statt, und darauf wurden Häscher ausgesandt, die ihn verhaften und nach Athen bringen sollten, um ihn dort vor Gericht zu stellen.

Themistokles aber wurde von der ihm drohenden Gefahr noch rechtzeitig unterrichtet und setzte nach Kerkyra über, dem er einstmals einen Dienst erwiesen hatte. Von dort floh er weiter nach Epiros. Da die Athener und Spartaner ständig hinter ihm herhetzten, begab er sich in seiner äußersten Not zu Admetos, dem König der Molosser, wenn er auch kaum hoffen konnte, dort Zuflucht zu finden. Der König hatte sich nämlich einst mit einer Bitte an Athen gewandt, war aber von Themistokles, damals noch auf der Höhe der Macht, höhnisch abgewiesen worden. Diesen Schimpf trug ihm Admetos noch immer nach und hatte keinen Zweifel gelassen, daß er sich bei erster Gelegenheit an ihm rächen würde. Allein Themistokles fürchtete jetzt mehr den frischen Haß seiner Landsleute als den alten Groll eines Königs. Seltsam und ungewöhnlich war es auch, wie er bei Admetos Schutz suchte. Er nahm den kleinen Sohn des Königs auf den Arm und ließ sich mit ihm auf dem Herd nieder. Bei den Molossern galt das als die feierlichste und heiligste Art der Bitte um Schutz, die man kaum abweisen konnte. Einige erzählen, Phthia, die Gattin des Königs, habe Themistokles diese Art des Schutzflehens angeraten und ihren Sohn zu ihm auf den Herd gesetzt. Nach anderen aber soll Admetos selbst die ganze Szene mit ihm verabredet haben, um sich bei den Verfolgern mit der Notwendigkeit zu entschuldigen, ihnen den Mann aus Gewissensgründen nicht ausliefern zu können.

Dorthin brachte auch der Athener Epikrates Frau und Kinder des Themistokles, die er heimlich aus Athen fortgebracht hatte; doch wurde er deswegen von Kimon vor Gericht gestellt und zum Tod verurteilt, wie Stesimbrotos berichtet. Was Stesimbrotos aber späterhin erzählt, stimmt damit nicht überein. Entweder ist ihm das Frühere aus dem Gedächtnis geschwunden, oder Themistokles hat seine Familie vergessen. Denn bei Stesimbrotos heißt es dann, Themistokles sei nach Sizilien gefahren und habe den Tyrannen Hiero um die Hand seiner Tochter gebeten gegen das Versprechen, Hiero zum Oberherrn von Griechenland zu machen. Dies ist jedoch unwahrscheinlich. Denn Theophrastos weiß in seinem Buch »Vom Königtum« etwas anderes zu erzählen: Als Hiero einstmals Rennpferde nach Olympia schickte und dort ein sehr prächtiges Zelt errichten ließ, soll Themistokles die Griechen aufgereizt haben, das Zelt des Tyrannen niederzureißen und dessen Pferde vom Wettkampf auszuschließen.

Thukydides wiederum berichtet, Themistokles habe sich damals zu Lande zur Küste des Agäischen Meeres begeben und in Pydna ein Schiff bestiegen, ohne daß die Mannschaft wußte, wen sie an Bord hatte. Als dann das Schiff durch einen Sturm nach Naxos verschlagen war, das gerade von den Athenern belagert wurde, gab sich Themistokles aus Furcht vor der drohenden Verhaftung dem Schiffspatron und dem Kapitän zu erkennen. Teils durch Bitten, teils durch die Drohung, er werde sie bei den Athenern fälschlicherweise verklagen, daß sie genau gewußt hätten, wer er wäre und sich durch Geld hätten bestechen lassen, ihn aufzunehmen, erreichte er es, daß sie, ohne bei Naxos anzulegen, direkten Kurs auf die Küste Asiens nahmen.

Ein großer Teil seines beweglichen Vermögens wurde von seinen Freunden beiseitegeschafft und ihm heimlich nach Asien zugeschickt. Sein übriger Besitz, soweit man ihn auffand und beschlagnahmte, soll sich auf achtzig bis hundert Talente belaufen haben, eine ganz ansehnliche Summe, wenn man bedenkt, daß er im Anfang seiner Laufbahn kaum drei Talente besessen hat. Bei seiner Ankunft in Kyme erfuhr er, daß ihm viele dort an der Küste auflauerten, um sich seiner zu bemächtigen. Denn da der König zweihundert Talente auf seinen Kopf gesetzt hatte, so bedeutete sein Fang ein ganz einträgliches Geschäft für alle jene, die das Unglück anderer sich gern zunutze machen. Er wandte sich daher zum äolischen Städtchen Aigai, wo ihn niemand kannte, außer seinem Gastfreund Nikogenes, dem reichsten Mann unter den Äoliern, der enge Beziehungen zu persischen Großen hatte. Bei diesem hielt sich Themistokles einige Tage verborgen, und hier geschah es, daß eines Abends nach dem Opfermahl der Hofmeister von Nikogenes’ Kindern, namens Olbios, in einer Art Entrückung die Worte sprach:

Überlaß der Nacht die Stimme, überlaß ihr Rat und Heil. Bald darauf legte sich Themistokles schlafen. Da träumte ihm, daß eine Schlange sich um seinen Leib ringele und langsam zu seinem Hals hinaufkröche. Als sie sein Gesicht berührte, verwandelte sie sich in einen Adler, der seine Fittiche ausbreitete, ihn emporhob und ihn eine weite Strecke davontrug. Plötzlich zeigte sich ein goldener Heroldstab, auf dem ihn der Adler so fest und sicher niederstellte, daß er sich von dem Druck aller Angst und Sorge sofort völlig befreit fühlte.

Nikogenes half ihm nun weiter und bediente sich dazu einer kleinen List. Die meisten Barbaren, besonders die Perser, sind nämlich außerordentlich eifersüchtig auf ihre Frauen. Sie bewachen alles, was zum weiblichen Geschlecht gehört, mit großer Strenge, lassen nie einen Fremden ihrer ansichtig werden, halten sie im Hause verborgen und lassen sie auf Reisen in einem von allen Seiten dicht verhängten Wagen befördern. Ein solcher Wagen wurde nun auch für Themistokles hergerichtet. In diesem Versteck begab er sich auf die Reise und wies seine Begleiter an, unterwegs auf etwaige Fragen Neugieriger die Antwort zu geben, sie führten ein griechisches Mädchen aus Ionien zu einem Großen am Hof des Königs.

Thukydides und Charon von Lampsakos geben an, Themistokles habe erst nach Xerxes’ Tod die Unterredung mit dessen Sohn (Artarerres) gehabt. Dagegen lassen andere Geschichtsschreiber ihn noch zu Xerxes selbst kommen. Der Bericht des Thukydides scheint mit der Zeitrechnung noch am besten übereinzustimmen, wiewohl auch diese nicht genau feststeht.

Da Themistokles jetzt vor einer bedeutsamen Entscheidung seines Schicksals stand, wandte er sich zuerst an den Obersten der Leibwache, Artabanos, und erklärte ihm, er sei ein Grieche und habe den Wunsch, mit dem König über äußerst wichtige Angelegenheiten zu sprechen, die auch für den König von Bedeutung wären. Darauf erwiderte Artabanos: Die Sitten und Bräuche der Völker sind verschieden, mein Fremdling; bei dem einen gilt dieses, bei anderen jenes für schicklich. Aber für jeden ziemt es sich, die Bräuche seines eigenen Landes sorgfältig zu achten. Von euch Griechen nun wird gesagt, daß ihr Freiheit und Gleichheit über alles schätzt. Bei uns aber ist unter vielen trefflichen Gesetzen das vornehmste, den König zu verehren und ihm zu huldigen als dem Abbild der alles erhaltenden Gottheit. Willst du dich also nach unseren Sitten richten und vor dem König niederfallen, so ist dir vergönnt, den König zu sehen und zu sprechen. Scheint dir das aber nicht möglich, so kannst du deine Sache bei ihm nur durch Mittelspersonen anbringen. Denn nach der Sitte der Perser darf der König keinem, der nicht vor ihm niederfällt, Gehör geben.

Auf diese Erklärung erwiderte Themistokles: Ich bin ja gerade gekommen, um Ansehen und Macht des Königs zu erhöhen. Ich werde daher nicht nur mich selbst nach euren Gebräuchen richten, da es der Gottheit, deren Segen auf den Persern ruht, nun einmal so gefällt, sondern in Zukunft sollen, soviel an mir liegt, noch mehr Völker den König verehren. So soll also dieser Umstand den Eröffnungen, die ich dem Könige zu machen habe, weiter kein Hindernis sein. – Aber, versetzte Artabanos, wer bist du denn und wie heißt der Grieche, dessen Ankunft ich dem König melden soll? Deine Äußerungen verraten keinen geringen Mann. Darauf sagte Themistokles: Niemand darf meinen Namen eher erfahren als der König.

Als er nun zum König geführt wurde und ihm nach dem hergebrachten Fußfall schweigend gegenüberstand, ließ ihn der König durch den Dolmetscher fragen, wer er wäre, worauf Themistokles seine Erzählung begann: Ich bin, großer König, der Athener Themistokles und komme zu dir als ein von den Griechen verfolgter Flüchtling, der den Persern zwar manches Böse angetan hat, dem sie aber noch weit mehr Gutes zu verdanken haben. Denn ich war es, der die Verfolgung der Perser verhinderte, da die Rettung Griechenlands und unsere völlige Sicherheit mir erlaubte, euch diesen Dienst zu erweisen. Ich habe mich ganz in mein Schicksal ergeben und bin gekommen, um die Huld eines gnädigen, versöhnten Königs zu empfangen oder seinen Groll durch demütige Bitten zu besänftigen. Nimm aber selbst meine Feinde zu Zeugen, wie sehr ich mich um die Perser verdient gemacht habe, und benutze mein Unglück, um deine hohe Gesinnung zu zeigen, nicht um deinen Zorn zu befriedigen. Läßt du mich am Leben, hast du einen Unglücklichen gerettet, der an deinem Hofe Schutz sucht, läßt du mich aber umbringen, so stirbt nur ein Feind der Griechen. Um seiner Erzählung noch mehr Nachdruck zu geben, erwähnte er noch sein Traumgesicht im Hause des Nikogenes und das Orakel des Zeus von Dodona. Dieser hätte ihm befohlen, zu dem zu gehen, der mit dem Gott den gleichen Namen führte, und er habe das so ausgelegt, daß er sich zu dem Perserkönig begeben solle; denn nur dieser besitze wie der Gott Name und Würde eines Großkönigs.

Der König gab ihm bei dieser ersten Audienz keine Antwort, aber im stillen bewunderte er die Kühnheit und Klugheit des Mannes. Zu seiner Umgebung aber äußerte er, dieses Ereignis betrachte er als das größte Glück, denn schon immer habe er zu dem bösen Geist Ahriman gebetet, er möge seinen Feinden die Gesinnung eingeben, daß sie die besten und tapfersten ihrer Männer aus dem Land jagten. Auch soll er den Göttern Dankopfer dargebracht und ein Festmahl veranstaltet haben. Des Nachts im Schlaf habe er dreimal gerufen: Jetzt habe ich den Athener Themistokles. Am nächsten Morgen versammelte der König seine Räte und ließ Themistokles hereinführen. Dieser aber versah sich nichts Gutes, da die Höflinge, sobald sie seinen Namen erfahren hatten, ihrem Unwillen deutlich Ausdruck gaben. Ja, als er am General Roxanes vorbeiging und rings um den Thron tiefe Stille herrschte, hörte er ihn zornig sagen: O du gleißende griechische Schlange, dich hat der Unstern des Königs hergeführt. Der König aber hob den vor ihm Niedergefallenen gnädig auf und redete ihn huldreich an. Scherzend meinte er, er wäre ihm zweihundert Talente schuldig; denn da er sich selbst gestellt hätte, so wäre es nur billig, daß er die dem Überbringer versprochene Belohnung empfinge. Er eröffnete ihm noch weitere freundliche Aussichten und hieß ihn, sich freimütig und rückhaltlos über Griechenland zu äußern. Themistokles aber wich aus und sagte: Die Rede des Menschen gleicht dem buntgewirkten Teppich, auseinandergelegt stellen sich die Muster und Bilder klar und deutlich dar, zusammengerollt aber erscheint alles entstellt und verzerrt. Darum laß mir Zeit, meine Rede zu bedenken.

Dem König gefiel das Gleichnis und er bewilligte ihm auf seine Bitten die Frist von einem Jahr. Nachdem Themistokles die persische Sprache hinlänglich erlernt hatte, wurde er oft ganz allein zu einer Unterredung mit dem Könige befohlen. Dabei ließ er die Höflinge in dem Glauben, daß er sich mit dem König nur über griechische Angelegenheiten bespräche. Da aber der König gerade damals mancherlei Neuerungen am Hof einführte und seine Rede verschiedentlich wechselte, glaubten die Großen, daß sich Themistokles auch in die persischen Angelegenheiten einmischte, und waren darüber nicht wenig aufgebracht. Auch grollten sie, daß Themistokles weit größeres Ansehen und größere Ehren genoß als jeder andere am persischen Hofe sich aufhaltende Ausländer. Er nahm an den Jagden und Hoffestlichkeiten teil, wurde sogar der Königin-Mutter zugeführt und hatte bei ihr freien Zutritt. Auch soll er auf Befehl des Königs in den Geheimnissen der Magier unterrichtet worden sein. So ungewöhnlich war die Stellung des Themistokles am Hofe des Königs, daß, wie erzählt wird, noch die späteren persischen Könige, unter denen der alte Zwist zwischen Griechenland und Persien neu aufflammte, jedem Griechen, den sie in ihren Dienst zu ziehen suchten, die Zusicherung gaben, er werde bei ihnen noch höheres Ansehen genießen als Themistokles. Man erzählt aber auch folgendes: Als er schon eine bedeutende Rolle spielte und viele ihm huldigten, sagte er einst zu seinen Kindern angesichts eines prächtigen Mahls, das man ihnen aufgetischt hatte: Wahrlich, Kinder, wir wären verloren, wenn ich mich nicht verloren hätte.

Wie die meisten Quellen berichten, wurden ihm zu seinem Unterhalt drei Städte überwiesen, Magnesia für das Brot, Lampsakos für den Wein und Myus für die Zukost; andere fügen noch zwei weitere Städte hinzu: Perkote für das Lager und Palaiskepsis für Bekleidung.

Zur Regelung griechischer Angelegenheiten hatte Themistokles zum Küstengebiet zu reisen. Unterwegs trachtete ihm der Perser Epiryes, Statthalter von Oberphrygien, nach dem Leben und hatte dazu einige Pisidier gedungen, die Themistokles in seinem Nachtquartier zu Leontokephalon (Löwenhaupt) umbringen sollten. Allein bei einem Mittagsschlaf, so erzählt man, erschien ihm im Traum die Göttermutter und sagte: Themistokles! Meide das Haupt des Löwen, damit du nicht einem Löwen in die Klauen fällst. Zum Dank für den guten Rat verlange ich deine Tochter Mnesiptolema zur Dienerin. Erschrocken über dieses Gesicht betete Themistokles zu der Göttin, verließ alsbald die Landstraße, umging den Ort und übernachtete auf freiem Feld. Eins von den Lasttieren, die das Zeltgerät trugen, war ins Wasser gefallen, und Themistokles’ Diener spannten die naß gewordenen Zeltbahnen zum Trocknen aus. Indes kamen die Pisidier mit gezückten Schwertern herangeschlichen, und weil sie beim Mondschein die zum Trocknen aufgehängten Sachen nicht genau unterscheiden konnten, glaubten sie hier das Zelt des Themistokles und ihn selbst darin schlafend zu finden. Als sie aber die Zeltleinwand hochheben wollten, drangen die Wachen auf sie ein und nahmen sie gefangen. Themistokles erbaute später aus Dankbarkeit für die hilfreiche Erscheinung in Magnesia der Göttin einen Tempel und machte seine Tochter Mnesiptolema zu ihrer Priesterin.

Als er sich in Sardes aufhielt und in einer Stunde der Muße die prächtigen Tempel der Stadt mit ihren vielen Weihgeschenken besichtigte, entdeckte er im Tempel der Göttermutter die sogenannte Wasserträgerin, eine Mädchenfigur aus Bronze, die er einst selbst gestiftet hatte. Als Aufseher über die Wasserleitung Athens hatte er von den Strafgeldern für heimliches und unberechtigtes Entnehmen von Wasser das Bildwerk anfertigen und in einem Tempel aufstellen lassen. Ob es ihm nun schmerzlich war, das Weihgeschenk im Besitz Fremder zu sehen, oder ob er den Athenern zeigen wollte, wie groß sein Einfluß beim Perserkönig war – genug, er wandte sich an den Statthalter von Lydien mit der Bitte, die Bildsäule nach Athen zurückzuschicken. Allein der Perser empfand dieses Ansinnen als Beleidigung und drohte, die Sache dem König zu melden, so daß Themistokles in der Angst seine Zuflucht zu den Frauen des Serails nahm, sie mit Geld gewann und auf diese Weise den Zorn des Satrapen besänftigte. Der Vorfall aber machte ihn für die Zukunft vorsichtiger, da er sah, wie sehr ihn auch bei den Barbaren der Neid verfolgte.

Wenn Theopompos angibt, daß Themistokles ständig in Asien umherreiste, so stimmt das nicht. Er hatte vielmehr einen festen Wohnsitz in Magnesia, wo er große Einkünfte bezog und mit den vornehmsten Persern gleiche Ehren genoß. Längere Zeit lebte er dort in sicherer Ruhe, da der König in den inneren Provinzen seines Reiches so viel zu tun fand, daß er sich wenig um die griechischen Angelegenheiten bekümmern konnte.

Als dann aber Ägypten auf Betreiben Athens von Persien abfiel, griechische Schiffe bis nach Kypros und Kilikien vorstießen und unter der tatkräftigen Führung Kimons Griechenland Herr der Meere wurde, erkannte der Perserkönig die Notwendigkeit, gegen die Griechen einzuschreiten und ihrer wachsenden, Persien bedrohlich werdenden Macht Einhalt zu tun. Er traf alle Vorbereitungen zum Krieg, zog die Truppen zusammen, bestimmte die Führer und entsandte auch einen Boten an Themistokles mit der Weisung, bei dem Krieg gegen Griechenland mitzuwirken und so seine Versprechungen zu erfüllen.

Aber Themistokles fühlte keinerlei Erbitterung mehr gegen seine Landsleute, und alle Ehrung und Machtfülle konnten ihn nicht verleiten, sich gegen sein eigenes Vaterland zu wenden. Auch hielt er das Unternehmen für wenig aussichtsreich, da Athen jetzt sehr tüchtige Heerführer gewählt hatte und Kimon stets das Glück zur Seite stand. Vor allem dachte er an die strahlende Fülle seiner Siegeszeichen, an den Glanz seiner Taten, der keine Trübung erfahren sollte, und er beschloß, seinem ruhmvollen Leben ein würdiges Ende zu setzen. Er opferte der Gottheit, nahm Abschied von den Freunden, die er zu sich geladen hatte, und nahm ein schnell wirkendes Gift. So starb Themistokles zu Magnesia im Alter von fünfundsechzig Jahren nach einem reichbewegten Leben als Staatsmann und Feldherr. Der König soll, als er Grund und Art dieses Todes erfuhr, den Mann nur noch mehr bewundert und für dessen Freunde und Verwandte in gütiger Weise gesorgt haben.

Die Einwohner von Magnesia haben noch jetzt auf ihrem Markt das prächtige Grabmal des Themistokles. Wenn aber Andokides in seiner Rede »An die Freunde« behauptet, die Athener hätten seine Gebeine heimlich entführt und in alle Winde zerstreut, so ist dem kein Glauben beizumessen. Er wollte mit dieser Unwahrheit nur die Oligarchen gegen das Volk aufhetzen.

Der Geschichtsschreiber Diodoros sagt in seinem Werk über berühmte Grabstätten – doch beruht das mehr auf Vermutung als auf Gewißheit –, in der inneren Bucht der den Hafen Piräus bildenden Landzunge erhebe sich an der Küste eine hohe Plattform, und der altarförmige Aufbau darauf sei das Grabmal des Themistokles. Er glaubt auch, daß der Komödiendichter Plato dies in folgender Stelle bestätigt: