Großer Katechismus - Martin Luther - E-Book

Großer Katechismus E-Book

Martin Luther

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Beschreibung

Die Katechismen Martin Luthers gehören zu seinen prägendsten Texten. Während der Kleine Katechismus weite Verbreitung gefunden hat und bis heute vielerorts auch in der Konfirmandenarbeit eine wichtige Rolle spielt, stand der Große Katechismus in dessen Schatten. Um dies zu ändern, hat vor über 40 Jahren Detlef Lehmann diese Fassung des Großen Katechismus erarbeitet. In ihr ist der Text dieser lutherischen Bekenntnisschrift einerseits sprachlich an das heutige Deutsch angepasst worden, andererseits folgt er weiterhin dem Wortlaut des Reformators. Zusätzlich enthält diese Veröffentlichung eine Einführung von Werner Klän in den Großen Katechismus. Die vorliegende 5. Auflage bietet nun erstmals Verweise auf die Seitenzählung der neuen wissenschaftlichen Ausgabe der Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche (Göttingen 2014).

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Seitenzahl: 277

Veröffentlichungsjahr: 2025

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OBERURSELER HEFTE

Studien und Beiträge für Theologie und Gemeinde

Eine Schriftenreihe

herausgegeben von der Fakultät der Luth. Theol. Hochschule Oberursel in Verbindung mit dem Kreis der Freunde und Förderer der Luth. Theol. Hochschule

Heft 18/19

Vorwort

Der Große Katechismus Martin Luthers gehört zu den Schriften, die der Reformator selber zu den besten seines Schrifttums gerechnet hat. In knapper, allgemein verständlicher Weise hat er hier versucht, im Anschluss an die überlieferten Hauptstücke den christlichen Glauben im Zusammenhang darzulegen. Er tut dies ohne jene scharfe Polemik, die sonst viele seiner Schriften kennzeichnet. Zwar nimmt Luther auch im Großen Katechismus immer wieder Bezug auf die Missbräuche in der damaligen Christenheit, aber insgesamt tritt die polemische Abgrenzung hinter der positiven Darlegung des christlichen Glaubens zurück.

Wenn die lutherischen Kirchen auch den Großen Katechismus des Reformators zu ihren Bekenntnisschriften zählen, so in der Überzeugung, dass in ihm in zutreffender und unverfälschter Weise der christliche Glaube entfaltet und dargelegt worden ist. Auch der heutigen Christenheit kann darum der Große Katechismus Wegweisung und Hilfe zum Verstehen der christlichen Botschaft und zur Führung eines christlichen Lebens sein.

Die folgende ungekürzte Übertragung des Großen Katechismus in heutiges Deutsch will einen neuen Zugang zu dieser Schrift verschaffen. Der heutigen Gemeinde ist die Sprache Luthers nur noch schwer verständlich. Darum wird hier der Große Katechismus in einer Sprachgestalt vorgelegt, die zugunsten der Verständlichkeit darauf verzichtet hat, Luthers Sprache lediglich der heutigen Orthographie anzugleichen und unverständliche Worte und Wendungen auszuwechseln. Es ist vielmehr versucht worden, einen für jedermann gut lesbaren Text zu schaffen. Wo es irgend ging, wurde allerdings Luthers Sprachstil bewahrt.

[…]

Oberursel, im August 1982

Detlef Lehmann

Inhaltsverzeichnis

Vorrede Martin Luthers von 1530

Vorrede Martin Luthers von 1529

I. Die 10 Gebote

Das erste Gebot

Das zweite Gebot

Das dritte Gebot

Das vierte Gebot

Das fünfte Gebot

Das sechste Gebot

Das siebente Gebot

Das achte Gebot

Das neunte und das zehnte Gebot

Abschluss

II. Der Glaube

Der erste Artikel

Der zweite Artikel

Der dritte Artikel

III. Das Vaterunser

Eine Ermahnung zum Beten

Die erste Bitte

Die zweite Bitte

Die dritte Bitte

Die vierte Bitte

Die fünfte Bitte

Die sechste Bitte

Die siebente Bitte

IV. Die Taufe

1. Vom Wesen der Taufe

2. Vom Nutzen der Taufe

3. Vom rechten Empfang der Taufe

4. Von der Kindertaufe

5. Von der zeichenhaften Bedeutung der Taufhandlung

V. Das Sakrament des Altars

1. Vom Wesen des Sakramentes

2. Vom Nutzen des Sakramentes

3. Vom rechten Empfang des Sakramentes

4. Eine Ermahnung zum Gebrauch des Sakramentes

Eine kurze Ermahnung zur Beichte

Anhang:

Einführung in den Großen Katechismus

Nachwort zur 5. Auflage dieser Katechismusausgabe

VORREDE (von 1530)

[914] Dass wir den Katechismus immer wieder behandeln und wünschen und bitten, dass er behandelt werde, dafür haben wir allen Grund. Denn wir sehen, dass leider viele Prediger und Pfarrer hierin sehr nachlässig sind. Sie verachten sowohl ihr Amt als auch diese Katechismuslehre. Einige tun es wegen ihrer großen Gelehrsamkeit, andere aber aus lauter Faulheit und Sorge um ihren Bauch. Sie tun so, als wären sie um ihres Bauches willen Pfarrer und Prediger und als hätten sie nichts anderes zu tun als sich ein gutes Leben zu machen – so wie sie es unter dem Papsttum gewohnt waren. Sie haben jetzt alles, was sie lehren und predigen sollen, in so vielen, guten Büchern reichlich und klar vor sich und haben es auch bequem zur Hand; sie haben, wie man es früher nannte, die richtigen „Sermones per se loquentes“, d.h. gebrauchsfertige Predigten und ähnliche Predigthilfen, doch ihnen fehlt es an Frömmigkeit und Rechtschaffenheit, um sich solche Bücher zu kaufen; oder sie sehen sie gar nicht an und lesen sie nicht, auch wenn sie sie besitzen. Ach, es sind schändliche Fresser und „Bauchdiener“, die besser Schweinehirten oder Hundeknechte sein sollten als Seelsorger und Pfarrer.

Und wenn sie – nachdem sie das unnütze und beschwerliche Geplapper der sieben Gebetszeiten los sind – doch jedenfalls das tun würden, dass sie stattdessen morgens, mittags und abends eine oder zwei Seiten aus dem Katechismus lesen oder aus dem Gebetbüchlein, [916] dem Neuen Testament oder sonst aus der Bibel und ein Vaterunser für sich und ihre Gemeinde beten möchten. So würden sie dem Evangelium Ehre und Dank erweisen, durch das sie von so manchen Lasten und Beschwernissen frei geworden sind. Sie sollten sich etwas schämen, dass sie, wie die Säue und Hunde, nicht mehr vom Evangelium behalten als solch eine faule, schädliche, schändliche und fleischliche Freiheit! Denn das Volk achtet ohnehin das Evangelium gering, und wir richten bei ihm kaum etwas aus, auch wenn wir uns alle Mühe geben. Wie viel weniger aber werden wir ausrichten, wenn wir nachlässig und faul sind, wie wir es unter dem Papsttum gewesen sind?

Hinzu kommt noch jenes schändliche Laster und jene böse Krankheit, nämlich die Sicherheit und der Überdruss. Viele meinen, der Katechismus sei etwas gar zu Einfaches und Anspruchsloses; man brauche ihn nur einmal zu überfliegen und dann habe man alles verstanden; und sie werfen den Katechismus in den Winkel und schämen sich fast, mehr darin zu lesen. Ja, es gibt sogar etliche Grobiane und Geizhälse, auch unter dem Adel, die meinen, dass man in Zukunft weder Pfarrer noch Prediger brauche; denn man habe ja alles in den Büchern und könne es selber lernen; und sie lassen auch die Parochien einfach verfallen und verkommen, und so leiden Pfarrer und Prediger reichlich Not und Hunger. Das ist typisch für die tollen Deutschen! Denn wir Deutschen sind solch ein schändliches Volk und müssen es eben erleiden.

Was mich aber anbetrifft, so sage ich: Ich bin auch ein Doktor und Prediger, ebenso gelehrt und erfahren, wie jene sein mögen, die so vermessen und selbstsicher sind. Dennoch mache ich es wie ein Kind, das man den Katechismus lehrt. Auch ich lese und spreche – des Morgens und wenn ich sonst Zeit habe – das Vaterunser, die zehn Gebote, den Glauben, die Psalmen, Wort für Wort; und ich muss täglich weiterlesen und studieren und bin noch lange nicht so weit gekommen, wie ich möchte; ich muss ein Kind und Schüler des Katechismus bleiben und bleibe es auch gerne. Und jene feinen wählerischen Gesellen wollen nach einmaligem Überlesen gleich mehr als alle Doktoren sein, alles können [918] und es nicht mehr nötig haben, noch etwas dazuzulernen. Nun gut, das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass sie beides verachten, ihr Amt und die Seelen des Volkes, außerdem auch Gott und sein Wort verachten. Sie brauchen gar nicht mehr zu fallen, denn sie sind schon allzu tief gefallen. Sie sollten wieder Kinder werden und anfangen, das ABC zu lernen, von dem sie meinen, dass sie es sich längst an den Schuhsohlen abgelaufen haben.

Darum bitte ich jene Faulenzer und stolzen Heiligen, dass sie sich um Gottes willen dies sagen lassen und glauben, dass sie keineswegs so kluge Doktoren sind und dass sie nicht im Entferntesten so gelehrt sind, wie sie sich halten. Sie sollen nicht meinen, dass sie diese Stücke ausgelernt hätten oder dass sie in allen Dingen genug wüssten, auch wenn sie der Meinung sind, dass sie alles wissen. Denn auch wenn sie alles aufs Allerbeste wüssten und könnten (obgleich das in diesem Leben doch nicht möglich ist), so liegt doch mancher Nutzen und Gewinn darin, wenn man den Katechismus täglich liest und darüber nachdenkt und davon redet; denn der heilige Geist ist bei solchem Lesen, Nachdenken und Reden gegenwärtig und erschließt seinen Inhalt immer tiefer, so dass man einen immer größeren Geschmack daran findet. Christus verheißt dies auch Matthäus 18 (Vers 20): „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“

Außerdem hilft es außerordentlich gegen den Teufel, die Welt und das „Fleisch“ und alle bösen Gedanken, wenn man mit Gottes Wort umgeht, davon redet und darüber nachdenkt. So preist auch der erste Psalm diejenigen selig, die Tag und Nacht über Gottes Gesetz nachsinnen. Ohne Zweifel wirst du gegen den Teufel keinen stärkeren Weihrauch noch anderes Räucherwerk anzünden können als wenn du mit Gottes Gebot und Worten umgehst, davon redest, singst oder darüber nachdenkst. Das ist in Wahrheit das richtige Weihwasser und Zeichen. vor dem er flieht und womit er sich davonjagen lässt. Schon allein deswegen solltest du solche Katechismusstücke gern lesen, über sie reden und nachdenken und mit ihnen umgehen, um damit den Teufel und böse Gedanken verjagen zu können – auch wenn du sonst keinen andern Nutzen und Gewinn davon hättest. Denn der Teufel kann Gottes Wort nicht hören und leiden. Denn Gottes Wort ist nicht mit irgendwelchem Altweibergeschwätz zu vergleichen – wie etwa den Geschichten von Dietrich von Bern –, sondern es ist, wie St. Paulus Röm 1,16 sagt, „eine Kraft Gottes“, und allerdings eine Kraft Gottes, [920] die dem Teufel empfindlich weh tut, uns aber über die Maßen stärkt, tröstet und hilft.

Und was soll ich noch viel sagen? Wenn ich den ganzen Nutzen und Gewinn aufzählen sollte, den Gottes Wort wirkt, ich wüsste nicht, woher ich das Papier und die Zeit hernehmen sollte. Den Teufel nennt man einen Tausendkünstler; wie soll man aber Gottes Wort nennen, das solch einen Tausendkünstler mit all seiner Kunst und Macht verjagt und zunichte macht? Es muss in Wahrheit mehr als ein Tausendkünstler sein. Und wir sollten solche Macht und Kraft, solchen Nutzen und Gewinn des Wortes Gottes so leichtfertig verachten, insbesondere wir, die wir Pfarrer und Prediger sein wollen? Man sollte uns nicht allein nichts zu essen geben, sondern uns von Hunden hetzen lassen und uns schimpflich vertreiben; denn wir brauchen das Wort Gottes nicht nur jeden Tag wie das tägliche Brot, sondern wir müssen es auch gegen die täglichen und unaufhörlichen Anfechtungen und Hinterhalte des teuflischen Tausendkünstlers haben.

Und wenn dies zur Ermahnung, den Katechismus täglich zu lesen, nicht ausreicht, dann sollte uns allein schon Gottes Gebot zwingen. In Deuteronomium (5. Mose 6,7–9) gebietet er ernstlich, dass man sein Gebot immer bedenken und wie ein ständiges Malzeichen vor Augen und in den Händen haben solle – gleich ob beim Sitzen oder Gehen, Stehen oder Liegen oder Sicherheben. Zweifellos hat er dies nicht ohne Grund so ernstlich geboten und gefordert, sondern er kennt die Gefahren und Nöte, in denen wir uns befinden, und er kennt die ständigen und wütenden Anläufe und Anfechtungen des Teufels. Deswegen will er uns davor warnen und mit einem guten Harnisch und einer guten Arznei ausrüsten, damit wir vor den feurigen Pfeilen des Teufels und seiner giftigen Ansteckung und Verführung bewahrt werden. O was für törichte und unsinnige Narren sind wir, dass wir – obgleich wir mitten unter solch mächtigen Feinden, wie die Teufel es sind, wohnen und leben müssen – unsere Waffen und Rüstung verachten und zu faul sind, sie anzulegen oder überhaupt an sie zu denken.

Und was tun denn jene überdrüssigen und eingebildeten Heiligen, die den Katechismus nicht täglich lesen und lernen wollen, anderes als dass sie sich selber für viel gelehrter halten als Gott selbst mit allen seinen heiligen Engeln, Propheten, Aposteln und allen Christen? Denn Gott selbst [922] schämt sich nicht, ihn täglich zu lehren; weiß er doch nichts Besseres zu lehren. Darum lehrt er immer ein und dasselbe und nimmt sich nichts Neues oder anderes vor. Und auch alle Heiligen wissen nichts Besseres oder Anderes zu lernen und können daran nicht auslernen. Sind wir nicht darum feine Gesellen, wenn wir meinen: Wenn wir den Katechismus einmal gelesen oder gehört haben, dann können wir alles und wir haben es nicht mehr nötig, ihn zu lesen oder zu lernen? Und wenn wir meinen: Wir können innerhalb einer Stunde das auslernen, was Gott selbst nicht auslehren kann, woran er von Anfang der Welt bis zu ihrem Ende lehrt? Und alle Propheten und alle Heiligen haben daran zu lernen gehabt und sind doch immer Schüler geblieben und müssen es immer bleiben?

Denn das ist wahr: Wer die zehn Gebote wirklich verstanden hat, der hat auch die ganze Schrift verstanden; der kann in allen Dingen und Fällen raten, helfen, trösten, urteilen und entscheiden, sowohl in Fragen des Glaubens wie in weltlichen Fragen; der ist imstande, weltliches Recht und christliche Lehre, gesellschaftliche Ordnungen und geistige Bewegungen und was es sonst noch in der Welt geben mag, zu beurteilen. Ist doch der ganze Psalter nichts anderes als allein eine Betrachtung und Übung des ersten Gebotes! Nun weiß ich allerdings, dass jene Faulenzer und eingebildeten Heiligen nicht einen einzigen Psalm verstehen, geschweige denn die ganze Heilige Schrift. Und sie wollen den Katechismus kennen – und verachten ihn, der doch ein kurzer Auszug und eine Zusammenfassung der ganzen Heiligen Schrift ist!

Darum bitte ich nochmals alle Christen, insbesondere die Pfarrer und Prediger, dass sie sich nicht zu schnell für Doktoren halten und dass sie sich nicht einbilden sollen, sie wüssten schon alles. Sich etwas einbilden und können ist zweierlei. Sondern sie sollen sich täglich im Katechismus üben und mit ihm umgehen und sich mit aller Sorgfalt davor hüten, dass sie sich nicht von jener Selbstsicherheit anstecken lassen, von jenem Dünkel, der sich einbildet, schon alles zu wissen und zu können. Sie sollen stattdessen mit Lesen und Lehren fortfahren, mit Lernen, Nachdenken und Betrachten und sollen erst dann aufhören, bis sie erkennen und überzeugt sind, dass sie den Teufel totgelehrt und gelehrter geworden sind, als es Gott selber ist und alle seine Heiligen! Werden sie solch einen Fleiß aufbringen, dann will ich ihnen sagen – und sie sollen es auch erfahren –, welchen Gewinn sie davon haben werden und was für vorzügliche Leute Gott aus ihnen machen wird. Sie werden es mit der Zeit selbst bekennen, dass sie, je länger und mehr sie sich mit dem Katechismus beschäftigen, sie umso weniger von ihm verstehen und umso mehr an ihm zu lernen haben. Dann wird ihnen der Katechismus, den sie jetzt vor Sattheit und Überdruss nicht riechen mögen, erst richtig schmecken, weil sie Hunger [924] und Durst verspüren. Dazu gebe Gott seine Gnade. Amen.

VORREDE (von 1529)

[912] Die folgende Auslegung ist dazu bestimmt und geschrieben, um ein Unterricht für Kinder und Laien zu sein. Von alters her nennt man einen solchen Unterricht auf Griechisch „Katechismus“, d.h. eine Kinderlehre, die jeder Christ unbedingt kennen soll; wer sie nicht kennt, kann nicht zu den Christen gezählt und kann zu keinem Sakrament zugelassen werden – so wie man auch einen Handwerker, der sein Handwerk und dessen Regeln und Vorschriften nicht kennt, für unfähig hält und entlässt. Deswegen soll man die jungen Leute die Stücke, die in den Katechismus oder in die Kinderunterweisung gehören, gut und sorgfältig lernen lassen und sie fleißig mit ihnen üben und behandeln. Darum soll auch jeder Familienvater wenigstens einmal die Woche seine Kinder und Hausangestellten der Reihe nach fragen und abhören, um zu sehen, was sie davon wissen oder gelernt haben. Und wenn sie den Katechismus nicht können, soll er sie ernsthaft dazu anhalten. Denn ich erinnere mich noch an die Zeit – ja es kommt auch heute noch vor –, dass man unwissende alte, betagte Leute findet, die hiervon gar nichts gewusst haben bzw. wissen, die dennoch (als Pate) zur Taufe und die auch zum Sakrament gehen und nehmen alle Dienste der christlichen Kirche in Anspruch. Dabei sollten doch jene, die zum Sakrament gehen, mehr wissen und ein tieferes Verständnis der ganzen christlichen Lehre haben als die Kinder und Schüler. Für die Mehrzahl der Christen lassen wir's jedoch bei den drei Stücken bleiben, die sich von alters her bis heute in der Christenheit erhalten haben, allerdings selten recht gelehrt und unterrichtet worden sind. Man übe sich so lange in diesen Stücken, [914] bis man in ihnen bewandert ist. Das gilt für Jung und Alt, für alle, die Christen sind und sein wollen.

Es sind dies

[924] 1. DIE ZEHN GEBOTE

Das erste: Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.

Das zweite: Du sollst den Namen Gottes nicht vergeblich führen.

Das dritte: Du sollst den Feiertag heiligen.

Das vierte: Du sollst Vater und Mutter ehren.

Das fünfte: Du sollst nicht töten.

Das sechste: Du sollst nicht ehebrechen.

Das siebente: Du sollst nicht stehlen.

Das achte: Du sollst kein falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

Das neunte: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.

Das zehnte: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh oder alles, was sein ist.

2. DIE HAUPTARTIKEL UNSERES GLAUBENS

Ich glaube an Gott, den allmächtigen Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Und an Jesus Christus, seinen einzigen Sohn, unsern Herrn, der empfangen ist von dem Heiligen Geist, geboren aus Maria der Jungfrau, gelitten hat unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben ist, niedergefahren zur Hölle, am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten, aufgefahren gen Himmel, sitzend zur rechten Hand Gottes, des allmächtigen Vaters, von dannen er kommen wird, zu richten die Lebendigen und Toten. Ich glaube an den heiligen Geist, eine heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches und ein ewiges Leben, Amen.

[926] 3. DAS GEBET ODER VATERUNSER, DAS CHRISTUS GELEHRT HAT

Vater unser, der du bist im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden, unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldigern, und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns vom Übel, Amen.

Das sind die notwendigsten Stücke, die man als erstes lernen muss, und zwar so, dass man sie wortwörtlich aufsagen kann. Und man soll die Kinder daran gewöhnen, sie täglich aufsagen zu lassen, wenn sie morgens aufstehen, wenn sie zu Tisch gehen und wenn sie sich abends schlafen legen. Und man soll ihnen nicht zu essen und trinken geben, bevor sie sie nicht aufgesagt haben. Ebenso ist auch jeder Hausvater verpflichtet, bei seinen Hausangestellten, den Knechten und Mägden, darauf zu achten. Er soll sie nicht bei sich behalten, wenn sie diese Stücke nicht können oder lernen wollen. Denn es ist auf keinen Fall zu dulden, dass einer so roh und wild bleibt und dies nicht lernt. Denn in diesen drei Stücken ist in kurzer und leicht verständlicher Weise alles zusammengefasst, was wir in der Schrift haben. Denn die lieben Väter oder Apostel (oder wer immer jene gewesen sind) haben damit eine kurze Zusammenfassung all dessen gegeben, was Lehre und Leben, Weisheit und Gelehrsamkeit der Christen ausmacht und was Inhalt ihres Redens, Handelns und Tuns ist.

Wenn man nun diese drei Stücke verstanden hat, so ist es auch nötig, dass man etwas von unsern Sakramenten zu sagen wisse, die Christus selbst eingesetzt hat, von der Taufe und dem Sakrament des heiligen Leibes und Blutes Christi, und das heißt, dass man den Text kennt, den [928] Matthäus und Markus am Ende ihres Evangeliums schreiben, wo Christus von seinen Jüngern Abschied nimmt und sie aussendet.

VON DER TAUFE

„Geht hin und lehrt alle Völker und tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden, wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“

So viel aus der Schrift über die Taufe zu wissen, genügt für den einfachen Christen. Ebenso genügt es auch, wenn er über das zweite Sakrament in knappen einfachen Worten etwas sagen kann, wenn er nämlich den Text aus St. Paulus kennt.

VOM SAKRAMENT (des Altars)

„Unser Herr Jesus Christus in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach's und gab's seinen Jüngern und sprach: Nehmt hin und esst, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Solches tut zu meinem Gedächtnis.

Desgleichen auch den Kelch nach dem Abendmahl und sprach: Dieser Kelch ist ein neues Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Solches tut, so oft ihr's trinkt, zu meinem Gedächtnis.“

So hätte man insgesamt fünf Stücke der ganzen christlichen Lehre. Mit ihnen soll man sich fortwährend beschäftigen und soll ihre wortwörtliche Kenntnis fordern und abfragen. Denn verlasse dich nicht darauf, dass das junge Volk allein aus der Predigt lernt und behält. Wenn man nun diese Stücke gut kann, dann kann man sich danach noch zusätzlich einige Psalmen oder Lieder vornehmen, die zu den Katechismusstücken passen, um ihn weiter zu befestigen und auf diese Weise die Jugend in die Schrift einzuführen. So fahre man täglich weiter fort.

Man lasse es aber damit nicht genug sein, dass das junge Volk den Katechismus allein dem Wortlaut nach versteht und aufsagen kann, sondern man lasse sie auch zur Predigt gehen, [930] besonders zu den Zeiten, wenn der Katechismus behandelt wird. Sie sollen die Auslegung des Katechismus hören und sollen verstehen lernen, was mit jedem Hauptstück gemeint ist, so dass sie die Worte aufsagen können, wie sie sie gehört haben, und richtig antworten können, wenn man sie fragt. Auf diese Weise predigt man mit Nutzen und Gewinn. Denn darum sind wir so eifrig damit beschäftigt, oft über den Katechismus zu predigen, damit wir ihn der Jugend einprägen, und wir tun dies nicht mit schwer verständlichen und gelehrten Worten, sondern kurz und einfach, damit sie ihn gut aufnehmen und er in ihrem Gedächtnis haften bleibt. Darum wollen wir uns nun die genannten Stücke nacheinander vornehmen und aufs Deutlichste von ihnen reden, soweit es nötig ist.

I. DIE ZEHN GEBOTE

Das erste Gebot

Du sollst nicht andere Götter haben.

Das heißt: Du sollst mich allein als deinen Gott ansehen. Doch was bedeutet das und wie ist das zu verstehen? Was heißt es, einen „Gott haben“, oder was ist unter „Gott“ zu verstehen? Antwort: Einen „Gott“ nennt man dasjenige, von dem man alles Gute erhofft und zu dem man in aller Not Zuflucht nimmt. Einen „Gott haben“ bedeutet darum nichts anderes, als jemandem (oder einer Sache) von Herzen zu vertrauen und zu glauben; wie ich oft gesagt habe, dass es allein auf das Vertrauen und den Glauben ankommt, ob ich Gott habe oder einen Abgott. Ist der Glaube und das Vertrauen recht, so ist auch dein Gott recht, und umgekehrt: wo das Vertrauen [932] falsch und verkehrt ist, da ist auch dein Gott nicht recht. Denn dies beides gehört zusammen: Glaube und Gott. Woran du nun, so sage ich, dein Herz hängst und worauf du dich verlässt, das ist eigentlich dein Gott.

Darum ist der Sinn dieses Gebotes der, dass es rechten Glauben fordert und ein herzliches Vertrauen, das sich auf den rechten, einen Gott richtet und an ihm allein hängt. Mit andern Worten: Sieh zu und lass mich allein deinen Gott sein und suche ja nicht einen andern. Und das heißt: Was dir an Gutem fehlt, das erhoffe von mir und suche es bei mir; und wenn du Unglück und Not erleidest, halte dich an mich. ICH, ICH will dir genug geben und dir aus aller Not helfen. Lass nur dein Herz an keinem andern hängen und Ruhe finden.

Das muss ich noch ein wenig deutlicher erklären, auch durch gegenteilige Beispiele, damit man's versteht. Es ist mancher, der meint, er habe Gott und ihm fehle nichts, wenn er nur Geld und Gut hat; und er verlässt sich darauf so fest und sicher, dass er auf niemand etwas gibt. Sieh', dieser hat auch einen Gott, der heißt Mammon, nämlich Geld und Gut, auf das er sein ganzes Vertrauen setzt. Und das ist der allerhäufigste Abgott auf Erden. Wer Geld und Gut hat, fühlt sich sicher, ist fröhlich und unerschrocken, als sitze er mitten im Paradies. Und umgekehrt: Wer keins hat, der ist niedergeschlagen und verzagt und tut so, als wüsste er nichts von Gott. Denn man wird wenig Menschen finden, die guten Mutes sind, nicht jammern und klagen, auch wenn sie den Mammon nicht haben. So ist nun einmal die menschliche Natur bis ins hohe Alter hinein.

Ebenso auch, wer darauf vertraut und trotzt, dass er große Gelehrsamkeit, Klugheit, Macht, Einfluss, Freundschaft und Ansehen hat – auch der hat einen Gott, aber nicht den rechten, einen Gott. Daran kann man gleichfalls sehen, wie vermessen, sicher und stolz der Mensch ist, wenn er alles besitzt, und wie verzagt er ist, wenn er es nicht hat oder verliert. Darum sage ich noch einmal, dass dies die rechte [934] Auslegung des 1. Gebotes ist, dass „einen Gott haben“ bedeutet: etwas haben, auf das sich das Herz ganz und gar verlässt. Sieh doch, was wir bisher in der Blindheit unter dem Papsttum getrieben und getan haben. Wenn einem ein Zahn weh tat, der fastete und ehrte St. Appolonia; fürchtete er sich vor Feuersnot, so machte er St. Lorenz zum Nothelfer; fürchtete er sich vor der Pest, so gab er ein Gelübde ab zugunsten des St. Sebastian oder Rochus. Und der Gräuel waren noch unzählige mehr. Jeder wählte sich seinen Heiligen aus, betete zu ihm und rief ihn an, damit er in Not helfen sollte. Hierher gehören auch jene, die es gar zu grob treiben und mit dem Teufel einen Bund schließen, damit er ihnen genug Geld gibt, ihnen zum Glück in der Liebe verhilft, ihr Vieh bewahrt, verlorenes Gut wiederbeschafft usf., so wie es die Zauberer tun und jene, die sich der schwarzen Magie ergeben haben. Sie alle richten ihr Herz und Vertrauen nicht auf den wahrhaftigen Gott, sondern auf etwas anderes, sie versprechen sich von Gott nichts Gutes und suchen es auch nicht bei ihm.

So kannst du nun leicht verstehen, was und wie viel dieses Gebot fordert, nämlich das ganze Herz des Menschen und sein ganzes Vertrauen, das sich auf Gott allein und auf niemand anders richten soll. Denn dass man Gott nicht mit den Fingern ergreifen und fassen, in einen Beutel stecken oder in einen Kasten schließen kann – das ist leicht zu erkennen. Das aber bedeutet es, Gott zu fassen, wenn ihn das Herz ergreift und an ihm hängt. Mit dem Herzen aber an ihm hängen bedeutet nichts anderes, als sich ganz und gar auf ihn verlassen. Darum will er uns von allem andern abziehen, das außer ihm ist, und will uns zu sich ziehen, weil er das eine, ewige Gut ist. So als wollte er sagen: Was du bisher bei den Heiligen gesucht hast oder wo du auf den Mammon oder sonst etwas vertraut hast – erhoffe nun alles von mir und siehe mich als den an, der dir helfen und mit allem Guten reichlich überschütten will.

Da siehst du nun, wie Gott geehrt sein will und welches der Gottesdienst ist, der Gott gefällt, den er auch – unter Androhung ewigen Zornes – gebietet, nämlich, dass der Mensch sein Vertrauen ganz auf ihn richte und von ihm allein Hilfe erwarte [936] und darüber alles hintansetze, was auf Erden ist, und sich nicht von Gott abwende. Dagegen wirst du leicht sehen und erkennen, wie die Welt einen ganz und gar falschen Gottesdienst hält und Abgötterei treibt. Denn kein Volk ist jemals so gottlos gewesen, dass es nicht einen Gottesdienst aufgerichtet und gehalten habe. Jeder hat das zum Gott erhoben, von dem er Gutes, Hilfe und Trost erhofft hat.

Wie z.B. die Heiden: Jene, die ihr Vertrauen auf Macht und Herrschaft setzten, erhoben Jupiter zum höchsten Gott, andere, die nach Reichtum und Glück trachteten oder nach Vergnügen und guten Tagen, erhoben Merkur, Venus oder andere zu ihrem Gott, schwangere Frauen die Diana oder Lucina usf. Jeder machte den zum Gott, zu dem sein Herz ihn zog. So bedeutet auch nach der Überzeugung aller Heiden einen Gott haben eigentlich nichts anderes, als auf etwas zu vertrauen und seinen Glauben zu richten. Das aber ist ihr Fehler, dass ihr Vertrauen falsch und unrecht ist; denn es ist nicht auf den einen Gott gerichtet, außer dem es wahrhaftig keinen Gott im Himmel und auf Erden gibt. Darum haben die Heiden eigentlich ihre eigene Phantasie und erdichtete Vorstellung von Gott zum Abgott gemacht und sich auf ein Nichts verlassen. So ist es um alle Abgötterei bestellt; denn sie besteht nicht allein darin, dass man ein Bild aufrichtet und anbetet, sondern vor allem darin, dass das Herz des Menschen bei geschöpflichen Dingen, bei den Heiligen oder Teufeln Hilfe und Trost sucht und nicht bei Gott; auch nicht von ihm erhofft, dass er helfen wolle; auch nicht glaubt, dass das Gute, das einem widerfährt, von Gott komme. Außerdem ist auch das ein falscher Gottesdienst und höchste Abgötterei, was wir bisher getrieben haben und noch weiterhin in der Welt üblich ist (und worauf auch alle geistlichen Orden gegründet sind): Wenn wir unser Gewissen allein im eigenen Tun Hilfe, Trost und Seligkeit suchen lassen und wir so vermessen sind, Gott den Himmel abzuzwingen. Und wenn wir Gott vorrechnen, wie viel wir gestiftet, gefastet und wie oft wir die Messe [938] gehalten haben usf. Und wir uns darauf verlassen und darauf pochen, selber den Himmel zu erwerben oder durch überschüssige fromme Werke anderer ihn verdienen zu können – so als wollten wir nichts von Gott geschenkt nehmen. Und wenn wir so tun, als müsste Gott uns zu Diensten stehen und unser Schuldner sein, wir aber seine Lehnsherren wären! Das heißt doch nichts anderes als aus Gott einen Götzen machen und sich selber für Gott halten und zum Gott machen. Aber das ist schon ein wenig zu scharfsinnig und gehört nicht in die Unterweisung der jungen Schüler hinein.

Dies aber sei den Laien gesagt, dass sie den Sinn dieses Gebotes richtig verstehen und behalten, dass man Gott allein vertrauen und von ihm alles Gute erhoffen und erwarten soll. Er ist es ja, der uns Leib und Leben gibt, Essen und Trinken, Nahrung und Gesundheit, Schutz und Friede und alle notwendigen zeitlichen und ewigen Güter. Dazu bewahrt er uns vor Unglück und, wenn uns etwas widerfahrt, rettet und hilft er uns. So ist Gott allein der, von dem man alles Gute empfängt und alles Unglück loswird. Daher, so meine ich, benennen wir Deutschen von alters her den Namen Gottes nach dem Wörtlein „gut“ (so wie es keine andere Sprache treffender tut), weil er ein ewiger Quellbrunnen ist, der von Güte ganz und gar überfließt und von dem alles, was gut ist und gut heißt, herkommt.

Denn wenn wir auch sonst viel Gutes von Menschen erfahren, empfangen wir es doch letztlich alles von Gott – auf Grund seiner Ordnung und seines Befehles. Denn unsere Eltern und alle staatliche Ordnung haben den Auftrag von Gott, dass sie uns allerlei Gutes tun sollen – so wie auch jeder seinem Nächsten gegenüber –, sodass wir es nicht von ihnen, sondern durch sie von Gott empfangen. Denn die Menschen (als Geschöpfe Gottes) sind nur die Hand und das Mittel, durch die Gott alles gibt; so wie er der Mutter Brüste und Milch gibt, um die Kinder zu stillen, und er Getreide und allerlei Gewächs aus der Erde zur Nahrung wachsen lässt – alles Dinge, die niemand selber machen kann. Darum soll sich kein Mensch unterstehen, irgendetwas zu nehmen oder zu geben, es sei ihm denn von Gott befohlen, und dass man alles als [940] seine Gaben erkenne und ihm dafür danke, so wie es dies Gebot fordert. Darum sind auch jene Mittel, durch die wir Gutes empfangen, nicht auszuschlagen, noch sollen wir in Vermessenheit andere Mittel und Wege suchen als sie Gott geordnet hat; denn das hieße nicht von Gott empfangen, sondern bei sich selber suchen.

Darauf achte nun ein jeder bei sich selbst, dass man dieses Gebot ganz besonders hoch achte und ja nicht in den Wind schlage. Frage dein eigenes Herz und erforsche es gründlich, dann wirst du merken, ob es allein an Gott hängt oder nicht. Hast du ein solches Herz, das von ihm alles Gute erhofft, besonders in Not und Mangel, und das alles andere gehen und fahren lässt, was nicht Gott ist, dann hast du den einen, rechten Gott. Hängt dein Herz jedoch an etwas anderem, von dem es sich mehr Gutes und Hilfe verspricht als von Gott, und läuft es nicht zu ihm, sondern flieht vor ihm, wenn es schlecht geht – dann hast du einen Abgott.

Damit man sehe, dass Gott solches nicht in den Wind geschlagen haben will, sondern dass er darüber wachen will, hat er diesem Gebot zuerst eine schreckliche Drohung hinzugefügt, danach eine schöne tröstliche Zusage. Beides soll man gründlich bedenken und der Jugend einprägen, damit sie es verstehe und behalte.

„Denn ich bin der HERR, dein Gott, ein starker Eiferer, der die Missetat der Väter heimsucht an den Kindern, die mich hassen, bis in die dritte und vierte Generation, und erweise Barmherzigkeit an vielen Tausend, die mich lieb haben und meine Gebote halten.“

Obgleich sich diese Worte auf alle Gebote beziehen (wie wir weiter unten hören werden), so stehen sie doch bei diesem ersten und grundlegenden Gebot, und zwar deswegen, weil es darauf vor allem ankommt, dass der Mensch die rechte Grundeinstellung habe; denn wo diese richtig ist, da wird auch das ganze Leben richtig sein und umgekehrt. So lerne nun aus diesen Worten, wie zornig Gott über diejenigen ist, die sich auf irgendetwas außer ihm verlassen; und umgekehrt, wie gütig und gnädig er denen gegenüber ist, die ihm allein von ganzem Herzen vertrauen und glauben. So hört der Zorn nicht auf bis in die vierte Generation; dagegen kommen die Wohltaten und das Gute über viele Tausend. Darum soll man nicht so sicher dahinleben und [942] sich womöglich in Gefahr begeben, wie die rohen Menschen, die meinen, es komme nicht so sehr darauf an. Gott ist ein solcher Gott, der es nicht ungestraft lässt, dass man sich von ihm abwendet, und der nicht aufhört zu zürnen bis in die vierte Generation, so lange, bis sie ganz und gar ausgerottet sind. Darum will er gefürchtet und nicht verachtet sein.