Guten Morgen, Liebling - Astrid Korten - E-Book
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Astrid Korten

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Beschreibung

Die Ausbreitung des Coronavirus beherrscht seit Wochen weltweit unser Leben. In solch schweren Zeiten möchte ich Sie, liebe Leser, ein wenig mit meinen Geschichten aufmuntern. Vielleicht zaubert mein Büchlein ein Lächeln in Ihr Gesicht. In Guten Morgen, Liebling schmunzeln wir über Männer, von denen wir träumen, bekommen Fanpost am Tag der Liebe! Grübeln über eine Affäre à trois. Wir begleiten eine Diebin der Liebe durch Paris und fragen uns, was zum Teufel Mommy Refresh ist? Bei dieser Lektüre dürfen Sie in schweren Zeiten lächeln. Guten Morgen, Liebling ein Sammelband, in dem die Liebe in schweren Zeiten mit Kurztexten zu Wort kommt. Viel Vergnügen. Bleiben Sie bitte gesund!

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Veröffentlichungsjahr: 2020

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Guten Morgen, Liebling

In Guten Morgen, Liebling schmunzeln wir über Männer, von denen wir träumen, bekommen Fanpost am Tag der Liebe! Grübeln über eine Affäre à trois. Wir begleiten eine Diebin der Liebe  durch Paris und fragen uns, was zum Teufel Mommy Refresh ist?

Bei dieser Lektüre dürfen Sie in schweren Zeiten lächeln.

 

Guten Morgen, Liebling ein Sammelband, in dem die Liebe in schweren Zeiten mit Kurztexten zu Wort kommt.

Vielleicht zaubert mein Büchlein ein Lächeln in Ihr Gesicht.

Viel Vergnügen. Bleiben Sie bitte gesund!

 

Liebe Grüße mitten ins Herz.

Ihre

Astrid Korten

 

Liebe sucht Diebe

 

Louna

 

Es war eine Schnapsidee so kurz vor der Schließung ins Pariser Musée dʼOrsay zu gehen, aber Louna musste die Kostbarkeit spätestens am Ende eines arbeitsreichen Tages noch einmal sehen. Allerdings befürchtete sie, dass Pierre und Jeanne Delalande nie gehen würden.

Kunden – vor allem neue – neigten dazu, keine Ruhe zu geben, den Abschied von ihren Schmuckstücken hinauszuzögern und in einer Endlosschleife immer wieder dieselben Hinweise zu wiederholen, bis sie irgendwann endlich die Eingangstür des Ateliers hinter sich schlossen.

Louna konnte sie aber gut verstehen. Wenn sie gingen, ließen sie schließlich ihre wertvollen Stücke aus den verschiedensten Gründen in den Händen der prominentesten Schmuckdesignerin von Paris zurück: in ihre. Louna gab immer ihr Bestes, damit ihre Kunden entspannt das Atelier verließen.

Während Jeanne und Pierre sich in den kommenden drei Wochen in der Provence aufhielten, würde sie das Diamantcollier aufarbeiten.

In der Regel überprüfte Louna sofort die Lupenreinheit der Diamanten. Nur heute nicht, denn sie war in Eile. Sie wollte ins Musée dʼOrsay am Quai Anatole France, das seit Wochen mit seiner antiken Schmuckausstellung Schlagzeilen machte. Neben den wertvollen Artefakten wurden dort auch die Kronjuwelen von Napoleon gezeigt. Ihnen galt jedoch nicht ihr Interesse. Das galt der Gonzaga-Kamee.

Louna war nicht nur eine erfolgreiche Schmuckdesignerin, sondern auch eine ebenso leidenschaftliche Diebin. Die Nacht war dabei ihr Freund. Manchmal ging sie auf Beutezug, oder bereitete einen Coup vor und plante das Objekt ihrer Begierde zu stehlen. Das taten Diebe in der Regel. Dieses Mal war es ihre unbändige Sehnsucht nach der makellosen Gonzaga-Kamee, die sie seit der Eröffnung der Ausstellung ins Museum trieb. Die Sehnsucht einer Diebin, die schlichtweg eine antike Kamee ihr Eigen nennen wollte.

Sie war eine erfolgreiche Diebin. Vielleicht war das mal anders – vor vielen Jahren als sie noch ein Teenager war, aber mittlerweile war sie selbst daran gewohnt, bei ihren nächtlichen Streifzügen entlang der Seine von den vielen kleinen Lämpchen der Pariser Wahrzeichen oder den Laternen angestrahlt zu werden und dabei wachsam zu bleiben. Als pubertierender Teenager hatte sie es jedoch oft vermasselt. In belebten Läden oder am Strand von Étretat glitten ihr die heimlich geschnappten Dinge von den Touristen gern aus den Fingern. Sie fühlten sich an wie Fremdkörper, die nicht in ihre kleine Hand passen wollten. Dann rannte sie zum Strand, weil die Gegenstände leicht zitterten, sich selbstständig machten. Und sobald sie das spürte, fielen sie auch schon zu Boden oder in den Sand. Sie sah dann traurig auf und erblickte in der Ferne ihren Leuchtturm. Nur eine Silhouette, im Atlantiknebel schwebend, wie ein Tagtraum.

Aber heute passierten ihr solche Fehler nicht mehr. Und natürlich sah sie auch den Leuchtturm nicht mehr, denn sie lebte in Paris und nicht in ihrem Geburtsort Étretat, hoch über der Alabasterküste der Normandie, mit den steilen Klippen und außergewöhnlichen Felsformationen, die den malerischen Ort auf beiden Seiten umrahmten.

Nachdem die Delalandes endlich ihr Atelier verlassen hatten, legte sie das Schmuckstück in den Safe und ging in ihr Büro. Auf dem Schreibtisch lag ein Zeitungsartikel, in dem von neuen Sicherheitsvorkehrungen im Musée dʼOrsay die Rede war.

Die Vorstellung, sich wieder der Sinnlichkeit eines diebischen Abenteuers hinzugeben, war ein verlockender Gedanke. Warum nicht? Sie brauchte mal wieder eine neue Erfahrung und ein wenig Abwechslung. Aber die Gonzaga-Kamee zu stehlen, stellte – nach dem heutigen Zeitungsartikel zu urteilen – ein hohes Risiko dar. Die Alarmanlage aufzurüsten war eine kluge Entscheidung des Kuratoriums, dem sie sich beugen musste. Schließlich kannte sie die Grenzen ihres Könnens, aber es gab immer Möglichkeiten Sicherheitsvorkehrungen zu umgehen. Ihre Überlegung war deshalb ein perfekter Abschluss für den heutigen Tag. Sie musste das Schmuckstück nur gegen eine von ihr angefertigte Kopie austauschen. Das konnte nicht so schwer sein. Vielleicht fängt die Liebe dann auch mich eines Tages ein, dachte sie und verließ das Haus.

Sie würde heute Abend einen Spaziergang machen und zu Fuß ins Musée dʼOrsay gehen. Ihr Atelier und Appartement lagen nicht sonderlich weit entfernt von dem Museum, sozusagen ein Katzensprung, und die abendlichen Spaziergänge und die frische Luft halfen ihr stets, einen klaren Gedanken zu fassen, den Tag hinter sich zu lassen und in ihrem Bett den Schlaf zu finden.

Paris am Abend oder bei Nacht: ein Traum vieler Touristen. Einmal den Eiffelturm vor nachtblauem Himmel bewundern, mit all seinen funkelnden Lichtern, Arm in Arm mit dem Liebsten, umhüllt von einem lauen Sommerlüftchen – ein Wunsch, den Louna sich gerne selbst erfüllen würde. Vielleicht, sobald sich die Gonzaga-Kamee in ihrem Besitz befand und ihr dann nach einem Hauch Romantik zumute war.

Nachdem sie die Brücke Pont Royal hinter sich gelassen hatte, bog sie rechts in den Quai Voltaire in Richtung Musée dʼOrsay, das heute bis 23.00 Uhr geöffnet hatte. Auf den Brücken der Seine gingen die Straßenlaternen eine nach der anderen an, als wollten sie Louna begrüßen. Bei dieser Vorstellung musste sie lächeln. Wenig später betrat Louna das Musée dʼOrsay.

 

Pierce

Pierce Brosano trank seinen Wodka aus und wartete auf die Wirkung. Nichts. Heute Abend würde er noch mehr Alkohol brauchen. Um Spaß zu haben. Um etwas zu fühlen.

Er wünschte sich jetzt die Wärme einer Frau. Dann sollte er aber mit dem Alkohol besser aufhören. Er verließ die Bar und schob sich durch das Menschengewühl auf der Tanzfläche. Dort war die Musik besonders laut, der Bass so dröhnend, dass er durch Mark und Bein ging. Hier drinnen war es unmöglich, mit jemandem ins Gespräch zu kommen. Was ihm nur recht sein konnte. Ihm war nicht nach reden zumute.

Ihm fiel eine Blondine auf, die an der Tanzfläche vorbeischlenderte. Auch sie schien keine Lust zum Reden zu haben. Lässig ging er auf sie zu. Sie lächelte ihn an. Dieser Blick. Kein Zweifel. Der Abend war gerettet.

Als Pierce vor ihr stehen blieb, strich sie ihm aufreizend über die Brust. Diese direkte Art. Das mochte er. Vielleicht gehörte sie zu den Frauen, die es kaum erwarten konnten, mit einem der begehrtesten Unternehmer des Landes im Hotelbett zu landen.

Sein Handy summte, er griff in die Hosentasche. Ablenkende Anrufe schätzten Frauen nicht. Aber falls es der Blondine nicht passte, ergab sich vielleicht etwas anderes, um seine innere Leere zu betäuben. Heute Nacht würde er jedenfalls nicht allein schlafen.

Das Display zeigte den Namen seiner Schwester Emma, die mit ihrer Familie in der Provence den Sommerurlaub verbrachte. Wenn Emma anrief, musste es etwas Wichtiges sein.

Pierce hob den Finger und bedeutete der Blondine zu warten. Vielleicht tat sie es. Vielleicht auch nicht. Letztlich war es ihm egal. Er presste das Handy ans Ohr, ehe er die Bar verließ und trat auf die belebte Straße hinaus. Eine Gruppe Frauen ging vorbei, sie warfen ihm einladende Blicke zu. Vielleicht sollte er sich merken, in welchem Klub sie verschwanden, statt zu der Blonden zurückzukehren, die drinnen vielleicht auf ihn wartete.

„Emma?“, meldete er sich. „Was gibt es denn so Dringendes?“

„Hallo Bruderherz. Wo bist du gerade?“

Verdammt, dachte Pierce. Wie er solche Fragen hasste. Sie wusste genau, dass er sich seit Monaten die Nächte um die Ohren schlug. „Ich betrinke mich gerade auf dem Broadway und plane eine Blondine flachzulegen. Wenn du es so genau wissen willst: Es wird endlich Zeit, mal wieder die Fronten zu wechseln“, schnaubte er ins Handy.

Das überraschte Auflachen seiner Schwester am anderen Ende der Leitung zerrte an seine Nerven. Emma konnte es einfach nicht lassen, sich in sein Leben einzumischen.

„Na ja, in Paris hast ja auch eine große Auswahl. Nimm dir doch eine Schlampe aus dem La Rotonde und schlepp sie in deine Beischlafhöhle.“

Emmas flapsiger Ratschlag wäre vielleicht ganz nützlich gewesen, wenn er den Frauen in seinem Leben hätte trauen können. Aber leider war dem nicht so, wie die Vergangenheit nur allzu oft gezeigt hatte. Deshalb sollte sein Zuhause ein Ruhepol bleiben, den er für den Rückzug von einem anstrengenden Arbeitstag brauchte. Er zeigte sich ständig in Begleitung anderer Frauen, doch beim Abendessen erschauderte er manchmal. Obwohl er in Begleitung war, kam es ihm vor, als säße er allein an einem Tisch. Dann träumte er von einer Frau, mit der er sein Leben verbringen wollte. Er hatte es mit der Liebe versaut. Oder? Den Gedanken verwarf er immer ebenso schnell, wie er gekommen war. Hier in Paris gehörte er zu der Sorte Mann, die im Leben aber und abermals die Blüten der Lust pflückte und kaum einer schönen Frau widerstehen konnte. Aber nur … Eben, dachte er. Nur eine Fassade.

„Vielleicht investierst du zur Abwechslung mal wieder ein wenig Gefühl“, fuhr seine Schwester fort. „Ich …“

„Und riskieren, dass alles wieder den Bach runter geht?“, fiel er Emma ins Wort. „Was ist der Grund deines Anrufs? Um mit mir über mein Liebesleben zu sprechen?“

„Quatsch. Ich weiß nur nicht genau, wie ich es dir sagen soll. Ich wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen. Ich habe Briefe von Mama an Papa gefunden.“

Verdammt. Wie er solche Gespräche hasste! „Soll ich mich irgendwo hinsetzen?“

„Besser wohl!“, antwortete sie.

„Schieß los!“

„Als wir noch klein waren …“ Er hörte Emma zu und plötzlich schien der Boden unter ihm zu wanken. War ihm der Wodka zu Kopf gestiegen? Eine seltsame Leichtigkeit legte sich um seine Brust. Hatte er sich verhört? Bildete er sich nur ein, was seine Schwester da gerade am anderen Ende gesagt hatte?

„Bist du dir sicher?“

Er hörte, wie Emma seine Frage bejahte und die Worte wiederholte. Einen Moment lang stand Pierce ganz still und wartete, dass das Gefühl sich legte.

Die Worte sprudelten förmlich aus Emma heraus. Er hörte zu, war wie elektrisiert und mit einem Schlag nüchtern. Emmas Nachricht berührte ihn zutiefst. Alles verschwamm vor seinen Augen. Die Klubs. Die Frauen. Was tat er hier, im La Rotonde am Place de la Bataille? Er beendete das Gespräche und schob das Smartphone in die Tasche. Mit raschen Schritten ließ er den Klub hinter sich und pfiff seinen Fahrer herbei. Im Wagen las er die Liebesbriefe seiner Mutter, die Emma in einem Geheimfach gefunden, eingescannt und ihn per WhatsApp übermittelt hatte.

Seine Hände zitterten vor Freude und eine Zeitlang schmunzelte er ins Leere. Emma hatte ihn auf etwas völlig Unerwartetes aufmerksam gemacht, etwas, das er fast vergessen hatte: die Liebe. Wunderschöne Erinnerungen flackerten auf, Bilder der Vergangenheit. Plötzlich war er wieder ein Kind auf dem Schoß seiner Mutter, das auf einer Bank zwischen den Weinstöcken von Le Vincent saß und herrliche blaue Trauben naschte. Während sie ihn an ihren warmen, weichen Körper drückte, erzählte sie ihm Geschichten von der Liebe und dem Weg ins Glück, von den großen Gefühlen. Dabei zeigte sie immer auf die Brosche an ihrer Bluse.

„Diese Brosche hat mir dein Vater zur Hochzeit geschenkt, mein Junge. Es ist eine Kopie der Gonzaga-Kamee, das Symbol der Liebe. Jede Frau sollte sie besitzen. Dann wird ihr die Liebe niemals abhandenkommen. Irgendwann musst du sie dir mal im Museum ansehen.“

Wie hatte er die Geschichte um die glücksbringende Anstecknadel nur vergessen können? Die Liebe, die seine Mutter für seinen Vater empfunden hatte, hielt bis zum Tod des Vaters und darüber hinaus.

Emma hatte sich auch daran erinnert und ihn gebeten, sich die Ausstellung im Musee d’orsay doch einmal anzusehen. „Vielleicht fängt die Liebe dich dann auch ein, Bruderherz, und erwärmt dein erkaltetes Herz.“

Pierce nahm seinen Laptop und gab den Namen der Kamee ein: Gonzaga – das wohl berühmteste Objekt der Liebe.

Er gab seinem Fahrer die Anweisung ihn zum Musée dʼOrsay zu fahren. Verdammt, er war noch immer nicht ganz nüchtern.

 

Louna & Pierce

Vor ihr ging ein attraktiver Mann mittleren Alters, mit Cashmere-Mantel und Aktenkoffer aus braunem Rindsleder in der rechten Hand. Unter den Besuchern des Museums Quai dʼOrsay fiel er ihr in der Eingangshalle sofort auf. Der maßgeschneiderte Mantel, den er lässig über seinen rechten Arm gelegt hatte, ebenso sein Anzug. Die vermutlich maßgefertigten Schuhe aus feinstem Leder zeigten nicht den kleinsten Kratzer. Ungeniert stellte er seinen Wohlstand zur Schau. Die goldene, am linken Handgelenk unter der Manschette hervorblitzende Uhr, war eine Patek Philippe Grand Complication.

Hm … Einhundertzweiundzwanzigtausend Euro am Handgelenk!

Er stand jetzt am Schalter und sah sich um. Louna fragte sich, ob er es nicht gewohnt war, eine Eintrittskarte bar zu bezahlen. Der Kauf bereitete ihm sichtlich Mühe. Was für ein attraktiver Trottel. Der Mann beugte sich vor, seine schlanken langen Finger glitten suchend über den Automaten. Dabei fiel ihr die Brieftasche in seiner linken Manteltasche auf. Ihr Adrenalinspiegel schoss in die Höhe, die Röte in ihre Wangen. Ihre Fingerkuppen kribbelten.

Wer eine solche Uhr trägt, kann sich eine neue Brieftasche leisten, dachte sie.

Der Mann gab auf. In sicherem Abstand zu ihm fuhr sie die Rolltreppe hoch, ging gemächlich zu der Besucherreihe, in der der Mann wartete und stellte sich mit einer Zeitung hinter ihn.

Was macht dieser Typ bloß hier?, fragte sie sich.

Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Sie wusste, wo die Überwachungskameras installiert waren. Flüchtig nahm Louna den Reflex von Neonlicht auf ihrem Brillantring wahr, streifte ihn rasch ab und steckte ihn in ihre Handtasche. Er störte bei ihrem Vorhaben und es musste vollbracht sein, bevor der Mann das Museum betrat.

Wenn das menschliche Nervensystem große und kleine Reize zugleich wahrnahm, vernachlässigte es die kleineren, wusste Louna. Eine junge Frau neben ihr las eine kleingefaltete Abendzeitung, zwei älteren Frauen rechts von ihr, tratschten über die Ausstellung. Beim Lachen konnte Louna das Zahnfleisch der Korpulenteren sehen.

Sie war hier wohl die Einzige, die etwas anderes im Sinn hatte, als eine Eintrittskarte am Schalter für die Ausstellung zu lösen. Um mit ihrem Rücken die Sicht von rechts zu verdecken, faltete sie ihre Zeitung, nahm sie in die linke Hand, senkte sie langsam, um das Geschehen abzuschirmen. Den Handrücken nach innen gerichtet, schob sie nun ihren Arm vor und ließ Zeige- und Mittelfinger ihrer rechten Hand in die Manteltasche des Mannes vor ihr gleiten.

Sie holte langsam Luft, hielt den Atem an. Klemmte den Rand der Brieftasche zwischen die Finger, und zog. Ein Schauer durchfuhr sie von den Fingerspitzen bis zur Schulter. Dann breitete sich eine angenehme Wärme in ihrem Körper aus. Obwohl viele Menschen um sie herum standen, waren im Wirrwarr der sich kreuzenden Blicke kein Auge auf sie gerichtet. Louna schien wie Luft für sie zu sein.

Die Spannung in den Fingern durfte jetzt nicht nachlassen. Sie barg die Brieftasche in die Falte der Zeitung, nahm diese in die rechte Hand und steckte sie in die Innentasche ihrer Lederjacke. Kunstvolle, fließende Bewegungen.

Langsam atmete sie aus. Während sie spürte, wie ihre Körpertemperatur weiter anstieg, beobachtete sie aus den Augenwinkeln die Umgebung. Das elektrisierende Gefühl beim Stehlen eines verbotenen Objekts, die Benommenheit nach dem Eindringen in die Privatsphäre einer fremden Person, war noch immer da. Kleine Schweißperlen rannen ihr den Nacken hinunter.

---ENDE DER LESEPROBE---