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Haltet den Dieb! Gratis-Leseprobe E-Book

Olaf Lahayne

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Beschreibung

Kriminalgeschichten drehen sich bevorzugt um Mord und Totschlag - aber was könnte langweiliger sein als etwas so Endgültiges wie Mord? Was könnte destruktiver sein, als jemandem das Leben zu nehmen? Ihm dagegen sein Eigentum zu nehmen, das ist eine Herausforderung!

Diese Leseprobe enthält 3 von 12 Kurzgeschichten um Diebstähle: Diebstähle aus Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, spannend bis kurios, humorvoll bis satirisch, märchenhaft bis politisch. Geklaut werden Gut, Geld und Gold, aber auch Weihnachtsbäume, Fische - und eine ganze Welt!

(4. Auflage)

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Veröffentlichungsjahr: 2018

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Revanche für Wien

 

Kiew, 02.07.2012

 

„Nun? Wie hat Ihnen das Finale gefallen?“

Der Schnauzbartträger, der sich gegenüber von dem Pärchen auf der anderen Seite des Stahltisches niederlässt, lächelt süffisant. Die männliche Hälfte des Paares reagiert mit einer erleichterten Geste, die ohne Handschellen noch ausladender ausgefallen wäre: „Endlich wer, der Deutsch spricht. Sie sind von der österreichischen Botschaft, nicht wahr?“

„Falsch. Mein Name ist Lech Meyer; ich bin der zuständige oficer sledczy – der ermittelnde Beamte von der polnischen Polizei. Wir sind hier zwar in Kiew, aber in Sachen Sicherheit bei der Fußball-EM arbeiten Polen und die Ukraine eng zusammen. Ich bin hier, weil ich Deutsch spreche; mein Großvater floh seinerzeit aus Deutschland. Also: Wissen Sie, weswegen Sie hier sind? Herr Heider? Frau Heider?“

Der Mann gibt sich unbekümmert: „Tja, warum? Die falschen Trikots vielleicht? Wehe den Besiegten!“

Die Frau blickt verwundert auf den blau-weißen Nationaldress Italiens, den das Paar trägt; dann wendet sie sich an den Ermittler: „Scusi, Commissario! Was ... Sorry for my German! Ist unsere Shirts falsch? Shall we change them?“

Sie greift sich an die Unterseite ihres Trikots, um sich des eng anliegenden Shirts zu entledigen. Da auch sie Handschellen trägt, scheitert der Versuch schon im Ansatz. „Scusi; è un poco difficile.“

Aber schon die entblößte Nabelpartie bringt den Ermittler aus dem Konzept: „Was- Halt, nicht nötig; wir- Stalo sie cos !?“

Letzteres richtet sich an die beiden Posten an der Tür des Vernehmungszimmers, zu denen sich der Ermittler ruckartig umdreht; offenbar hörte er, wie diesen gerade die Augen aus dem Kopf fielen. Sofort wenden sie sich ab, und Lech Meyer widmet sich wieder seinen Gästen: „Scherz beiseite, Herrschaften: Wir wissen genau, wer Sie sind!“

Damit entnimmt er dem vor ihm liegenden Stapel mit Computer-Ausdrucken einige Blätter: „Sie sind Philipp Heider und Ippolita Heider, geborene Nievo, geboren 1978 in Wien beziehungsweise Padua. Verheiratet seit 2002, gelten sie seither als die notorischsten Diebe von Sport-Moma- Nein, Memaro-“

„Sport-Memorabilia.“ verbessert ihn der Mann namens Philipp mit einem nachsichtigen Lächeln. „Andenken. Erinnerungsstücke. Ja, wir handeln damit: Über eBay, in unserem Geschäft in Wien, gewiss. Alles völlig legal.“

„Da ist Interpol anderer Ansicht. Sie sollen eine erstaunliche Kollektion an Momi-, also, an Andenken zusammengestohlen haben: 2003, Wimbledon: Roger Federers Schläger und Kleidung. 2004, Spa: Die abgefahrenen Reifen von Michael Schumacher. 2006, Turin: Die Schlittschuhe von Ahn Hyun-Soo und je ein Medaillensatz vom Eishockey und vom Curling. 2008, Peking: Der Original-Staffelstab von Usain Bolt. 2009, Paris: Das Rennrad von Alberto Contador – um nur die krassesten Fälle zu erwähnen.“

Die geborene Italienerin zeigt sich entrüstet: „Ma, Commissario: Ist alles calunnia – alles Lüge!“

„Ich gebe zu, dass wir einen Satz Trikots vom FC Bayern weiterverkauft haben, der nach dem Champions League-Finale 2010 gestohlen worden war.“ räumt ihr Gatte ein. „In gutem Glauben unsererseits; das wurde auch gerichtlich bestätigt. Alles andere sind unhaltbare Vorwürfe. Wir sind als Fans hier, als zahlende Zuschauer.“

„Können Sie das beweisen?“

„Nun, eigentlich müssten Sie uns eine Schuld nachweisen; aber gut ... Sie haben doch unsere Sachen untersucht, als Sie uns gestern vor dem Stadion festnahmen – und unser Hotelzimmer, nicht wahr? Dann haben Sie ja auch die entwerteten Tickets gefunden: Die für die Viertelfinale Deutschland-Griechenland in Danzig vor zehn Tagen, und zwei Tage später England-Italien hier in Kiew; am 28. das Halbfinale Deutschland-Italien in Warschau-“

„Trugen Sie da auch den Nationaldress der Tifosi?“

„Im Hotel lag ja auch mein deutscher Dress. Größe 50; recht verschwitzt. Der österreichische Dress musste ja leider daheim bleiben ...“

„Ich habe nur Kleidung von Italia.“ ergänzt die Frau dies strahlend. „Viva la Squadra Azzurra!“

Der Ermittler blättert in seinen Unterlagen: „Stimmt; das fanden wir alles. Unter anderem ... Hm; sechs blau-weiße Damen-Sets, Größe 38. Und zwei hatten Sie bei der Festnahme dabei. Wozu?“

Nun lächelt die Frau verlegen: „Allora; Il problema è sempre questo: Ich ... Ich schwitze; ich schwitze schnell!“

„Verstehe ...“

 

Kiew, 24.06.2012

 

„Hey, come on, lassie: Do it again: Take it off!“

Philipp grinste, wurde aber dennoch recht laut, als er sich jenem Rufer drei Plätze neben ihm zuwandte: Denn obwohl gerade Pause war, herrschte auf den Zuschauerrängen permanenter Trubel: „Shut up! Das ist meine Frau!“

„Hey, you are german? Deutsch? Was machen ihr hier? It’s England versus Italy today!“

Dies kam vom Nebenmann des ersten Zwischenrufers. Sie beide strahlte auch Ippolita an, nachdem sie ihr frisches Shirt zurechtgezupft und das durchgeschwitzte Exemplar verstaut hatte: „Io sono italiana: Viva Italia!“

„Sei vorsichtig!“ mahnte Philipp: Zwar saß man nicht im englischen Fan-Block, doch war das Pärchen von zehn Männern im rot-weißen England-Dress umgeben. Der zweite Brite sah das aber gelassen: „Hey, it’s okay! Wir sind nicht von England; alle aus Scotland! But Scotland isn’t here, I’m afraid ...“

‚Ebensowenig Österreich.’ dachte Philipp. Trotzdem lächelte er wissend, denn den schottischen Dialekt hatte er längst bemerkt. Ippolita freilich wurde jetzt noch fröhlicher: „Scozia!? Magnifico! Ich liebe Scotland; war in Urlaub in Edinburgh letzte Jahr. Schön, sehr schön: Viva Scozia!“

„Scotland for ever!“ antworteten synchron zehn Kehlen – zur Verwunderung der einheimischen Zuschauer ringsum, die zumeist keinerlei Nationaldress trugen.

Dann freilich fiel Ippolita noch etwas auf: „Ma, scusi: Ihr ... Ihr schwitzt, wie ich. Ihr schwitzt mehr!“

Ippolitas Gestik war unmissverständlich; so schnüffelte darauf nicht nur der deutschsprachige Schotte an seinem Trikot: „Sorry about that! Well; ist heiß heute!“

„Und ein heißes Spiel!“ ergänzte Philipp. „Mal sehen, ob die Verlängerung endlich Tore bringt. Aber, hey, Ippa ... Wie wär’s, wenn wir das Problem unserer Freunde hier lösen? Und etwas Werbung machen?“

Die Frau begriff rasch: „Du meinst ... Die Trikots!?“

„Natürlich. Hey, eine EM ist nur alle 4 Jahre!“