Heiße Verführung, kalte Rache? - Diana Hamilton - E-Book

Heiße Verführung, kalte Rache? E-Book

Diana Hamilton

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Beschreibung

Auf einer malerischen griechischen Insel entdeckt die hübsche junge Bonnie die Liebe. Sie schwebt im siebten Himmel – bis sie sich plötzlich fragen muss: Hat der attraktive Milliardär Dimitri Kyriakis sie etwa aus Rache verführt?

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IMPRESSUM

Heiße Verführung, kalte Rache? erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2009 by Diana Hamilton Originaltitel: „Kyriakis’s Innocent Mistress“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA ExtraBand 310 - 2010 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: SAS

Umschlagsmotive: NotarYES / Shutterstock

Veröffentlicht im ePub Format in 12/2021.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751512749

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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PROLOG

Dimitri Kyriakis starrte auf das Anwesen seines Vaters. Auf keinen Fall würde er sich gestatten, beeindruckt zu sein. Doch es gelang ihm nicht. Die Villa – zumindest das, was er am Ende der von Bäumen gesäumten Auffahrt sehen konnte, war riesig, ein strahlend weißes Monument für Reichtum und Macht. Er würde keinen Schritt auf diese Auffahrt machen können, ohne nicht vorher den korrekten Zahlencode einzugeben, der den Mechanismus zum Öffnen des großen schmiedeeisernen Tores in Gang setzte. Und bei einem Versuch, über das Tor zu klettern, würden mit Sicherheit sofort die Wachleute zur Stelle sein.

Aber er musste eine Möglichkeit finden. Um seiner Mutter willen.

Darauf hatte sie ein Recht.

Er war vierzehn Jahre alt. Ein Mann. Nun, fast. Und er war gekommen, um sich zu holen, worauf er ein Anrecht hatte. Keine Macht der Welt würde ihn abhalten können zu tun, was nötig war.

Die knochigen Schultern hochgezogen, setzte er sich in Bewegung und lief unter der heißen griechischen Sonne an der hohen Mauer entlang, die das Grundstück umgab. Er trug sein bestes Hemd. Billig, aber makellos weiß. Wüsste seine Mutter, dass er hier war, würde sie einen Anfall bekommen. Wahrscheinlich gleich mehrere.

Er wollte über die Vorstellung lächeln, wie die sanfte Eleni Kyriakis einen Wutanfall bekam, doch der brennende Kloß in seiner Kehle verhinderte es.

Gestern Abend hatte sie es ihm gesagt. Als er von seinem Aushilfsjob, den er nach der Schule in der hektischen heißen Küche eines der besten Hotels in Athen wahrnahm, in die drückende kleine Mietwohnung zurückgekehrt war. Er fand seine Mutter über das Bügelbrett gebeugt, Bügeln gehörte zum Service der Ein-Personen-Wäscherei, die seine Mutter betrieb, um noch etwas hinzuzuverdienen, nachdem sie ihre Putzstellen erledigt hatte.

Sie hatte sich eine graue Strähne aus der Stirn gestrichen, und ihr Lächeln war sanftmütig wie immer gewesen, verriet nichts von dem, was nun folgen sollte.

„Setz dich zu mir, mein Sohn, ich möchte dir etwas erzählen.“ Sie hatte leise geseufzt. „Du hast oft gefragt, wer dein Vater ist, und jedes Mal habe ich dir geantwortet, dass ich es dir eines Tages sagen werde, wenn du älter und reifer bist und es verstehen kannst. Doch die Umstände haben sich geändert.“

Tränen hatten in ihren Augen geschimmert, was selten vorkam, und ihm gezeigt, dass etwas nicht stimmte. Er erinnerte sich genau an das ungute Ziehen in seinem Magen, als sie ihm berichtete, dass sie ärztliche Untersuchungen hinter sich hatte. Ihr Herz machte nicht mehr richtig mit, es konnte jederzeit aufhören zu schlagen. Und sie hatte tapfer gelächelt, ein Lächeln, das er sein Lebtag nicht vergessen würde.

Sie hatte seine Hände genommen. „Doch was wissen die Ärzte schon, nicht wahr? Ich werde ihnen zeigen, dass sie sich irren, du wirst schon sehen. Doch nur für den Fall … Ich werde dir von deinem Vater erzählen. Er sah so gut aus, besaß so eine magnetische Ausstrahlung, und ich habe ihn so sehr geliebt.“

Dann nannte sie ihm den Namen des Mannes, und er sah seine geliebte Mutter plötzlich mit ganz anderen Augen. Er betrachtete das einst schöne Gesicht, dessen Wangen jetzt eingefallen waren, und die verräterisch blauen Lippen. Ab diesem Moment wusste er genau, was er zu tun hatte.

Jetzt kletterte er an der hohen Mauer empor, suchte nach Ritzen und Einbuchtungen, in denen er mit Händen und Füßen Halt finden konnte. Er entspannte sich ein wenig, als er auf der anderen Seite leise auf dem makellos gepflegten Rasen landete. Der schwere Duft von Jasmin hing in der Luft, weiter vorn beim Haus konnte er Stimmen hören. Eine männliche, scharf und kurz angebunden, und eine weibliche, flehend und klagend.

Als er in die volle Sonne trat, konnte Dimitri sie sehen. Der Mann in dem hellen Leinenanzug war sein Vater. Sein Foto war oft genug in den Wirtschaftsmagazinen erschienen, sodass Dimitri ihn sofort erkannte. Die Frau, jung und feminin, trug ein Kleid, das weich ihren Körper umschmeichelte. Sie schützte sich mit einem Sonnenschirm, das Gesicht leicht von seinem Vater abgewandt. Diamanten blitzten in ihren Ohren auf. Allein für den Preis der Juwelen hätte seine Mutter die letzten beiden Jahre nicht arbeiten müssen.

Das musste die zweite Frau sein, die seine Mutter erwähnt hatte.

Entschlossen lief Dimitri auf die beiden zu, seine langen schlaksigen Beine trugen ihn über das Gras, sodass er schnell in Sichtweite kam. Dieser skrupellose Mann, verheiratet, Vater eines kleinen Sohnes, hatte eine seiner Angestellten verführt und sie dann prompt hinausgeworfen, als sie ihm sagte, dass sie schwanger war.

Mit ihm, Dimitri!

Dafür würde der Mann bezahlen!

Sein Eindringen war registriert worden. Jeder Muskel in Dimitris Körper war angespannt, sein Mund staubtrocken. Er hob das Kinn, als der Mann, der sein Vater war, auf ihn zukam und seine Ehefrau zurückließ.

„Wer bist du? Was willst du hier?“ Die Stimme verriet den Despoten, der sich in seinem Königreich sicher fühlte, sich in dem Reichtum seiner Reedereien und noblen Hotels sonnte. Eine Hand glitt in die Hosentasche, wie Dimitri beobachtete. Trug er etwa eine Waffe bei sich? Wollte er den ärmlichen Bauern erschießen und auf Notwehr plädieren? Oder alarmierte er per Funk seine Sicherheitsleute, damit sie den Eindringling so unspektakulär vom Grundstück warfen wie nutzlosen Müll?

Dimitri weigerte sich, seine Nervosität die Oberhand gewinnen zu lassen. Er hob zu sprechen an und schickte ein stilles Stoßgebet zum Himmel, dass ihn der Stimmbruch, den er noch durchmachte, nicht in Verlegenheit führen würde. „Ich bin Dimitri Kyriakis, Eleni Kyriakis’ Sohn. Dein Sohn.“

Das Schweigen schien in der Sonne zu gerinnen. Die Hand wurde aus der Hosentasche genommen und an die Seite geführt. Sie war leer.

„Das lässt sich leicht behaupten. Und noch leichter bestreiten.“ Ein ungeduldiger Wink mit der Hand, und die schwarz gekleidete, breitschultrige Gestalt, die den Weg hinuntergeeilt kam, blieb stehen. „Was willst du von mir?“

Ein herablassendes Lächeln erschien auf dem attraktiven Gesicht. Dimitri wurde rot. Er ließ sich von niemandem beleidigen, aber wenn es um das Wohlergehen seiner Mutter ging, kannte er keinen Stolz. Sie hatte sich krumm geschuftet, um sie beide durchzubringen, hatte auf Essen verzichtet, damit ihr Sohn keinen Hunger leiden sollte. Hatte sich nie beklagt.

Stolz reckte Dimitri die Schultern. Er war fast so groß wie der ältere Mann. Während er sprach, zwang er seine Stimme, ruhig zu bleiben. „Du bist Andreas Papadiamantis. Jeder weiß, wie reich und mächtig du bist. All die schicken Hotels und die Kreuzfahrtschiffe. Du hast alles, meine Mutter hat nichts. Vor fünfzehn Jahren hat Eleni Kyriakis als Hausmädchen für dich gearbeitet. Du hast ihr gesagt, dass deine Ehe zu Ende sei. Du hast sie verführt. Sie war schön und hat dich geliebt.“ Sein Herz stockte kurz, als er das Erkennen im Blick des Mannes sah. Er erinnerte sich also. Das machte es Dimitri leichter, sein Anliegen vorzubringen, und er hielt dem verächtlichen Blick aus den zusammengekniffenen Augen seines Vaters stand. „Sie weiß nicht, dass ich hier bin. Sie würde nie um etwas bitten. Aber ich tue es. Sie ist krank. Sie hat ein schwaches Herz und braucht Ruhe und genug zu essen. Ich tue, was ich kann. An den Wochenenden und nach der Schule arbeitete ich in der Küche eines deiner Hotels in Athen, aber es reicht nicht.“ Dimitri holte tief Luft. „Alles, worum ich bitte, ist, dass du ihr monatlich eine kleine Unterstützung zahlst, damit sie für die Miete und das Essen nicht mehr so hart arbeiten muss. Und nur so lange, bis ich mich um sie kümmern kann. Sie muss ausruhen, sie soll sich keine so großen Sorgen mehr machen müssen.“ Jetzt brach seine Stimme doch.

Es hieß, Andreas Papadiamantis sei einer der reichsten Männer Griechenlands. Eine bescheidene monatliche Unterhaltszahlung würde er kaum bemerken. Wahrscheinlich gab er an einem Abend mit seiner schönen zweiten Frau sogar mehr aus.

„Ich will nichts für mich selbst“, sprudelte es aus Dimitri unter dem harten Blick schwarzer Augen hervor, „und ich verlange auch nicht mehr als das. Eine kleine monatliche Summe bedeutet nichts für dich, aber für meine Mutter macht es den Unterschied zwischen Leben und einem viel zu frühen Tod. Frag ihren Arzt, wenn du mir nicht glaubst!“

Der Mann, der sein Vater war, lächelte. Es war ein kaltes Lächeln, eigentlich nur ein Zucken der Mundwinkel, und sein Stimme klirrte vor Kälte, als er anhob: „Ich habe mich noch nie erpressen lassen. Die Erfahrung mussten schon andere machen, die sehr viel cleverer waren als du. Lasse auch nur ein Wort davon verlauten, und ich werde dich und deine Mutter wie Käfer zertreten. Selbst wenn deine Geschichte wahr ist … Eleni Kyriakis wusste genau, was sie tat, als sie zu mir ins Bett kroch. Lerne diese Lektion, und vergesse sie nie: Das da draußen ist eine mitleidlose Welt. Für Schwache gibt es keinen Platz in ihr, sie gehen darin unter.“

Ein unwirscher Wink mit der Hand orderte den Sicherheitsmann herbei. „Spiro, entferne den Jungen von meinem Grundstück.“ Damit drehte Andreas Papadiamantis sich um und ging zu der wartenden Frau zurück, und Dimitri wurde am Kragen zum Haupttor gezerrt und auf die staubige Straße gestoßen.

Die Flügel des Tors schlossen sich mit einem lauten metallenen Klirren. Mit zusammengebissenen Zähnen rappelte Dimitri sich auf und schlug sich den Staub aus der Kleidung.

Seine Mutter war beleidigt worden. Er war beleidigt worden. Und er hasste den Mann, der sein Vater war. Aber er würde sich dafür rächen. Mit hoch erhobenem Kopf verfiel er in einen leichten Trab für den langen Weg zurück zur Stadt.

Er würde einen Weg finden, um seinen Vater für die Beleidigungen zahlen zu lassen. Irgendwie würde er einen Weg finden.

Sein Vorsatz wurde nur gefestigt, als er am nächsten Tag herausfinden musste, dass es in der Hotelküche keine Arbeit mehr für ihn gab. In keiner Hotelküche mehr. Den Verlust des mageren Entgelts hatte er der Boshaftigkeit seines Vaters zu verdanken.

Der Tod seiner Mutter zehn Monate später meißelte seinen Schwur auf ewig in Stein.

1. KAPITEL

Dimitri Kyriakis legte den unscheinbaren braunen Umschlag vor sich auf die schimmernde Schreibtischplatte und bemühte sich, seine Gefühle so lange zu verbergen, bis er den Privatdetektiv verabschiedet hatte.

Die Fingerspitzen auf dem Umschlag, starrte er zu der deckenhohen Glasfront hinaus, ohne etwas zu sehen.

Sechsunddreißig Jahre war er jetzt alt. Die letzten zweiundzwanzig Jahre seines Lebens hatte er damit zugebracht, Rache an dem Mann zu üben, der sein Vater war. Der Mann, der sich eiskalt geweigert hatte, seiner sanftmütigen Mutter finanziell unter die Arme zu greifen, als sie diese Hilfe benötigt hatte wie die Luft zum Atmen und er mit seinen vierzehn Jahren nicht in der Lage gewesen war, ihr zu helfen.

Zweiundzwanzig Jahre Arbeit, Lernen, Planen. Zuerst hatte er vorsichtige Schritte gemacht, dann immer größere, um sein Ziel zu erreichen – den arroganten, skrupellosen Andreas Papadiamantis zu Fall zu bringen.

Die atemberaubend luxuriösen Kreuzfahrtschiffe der Kyriakis-Flotte hatten die konstant schwindende Anzahl der Schiffe seines Vaters zu einer Billiglinie für Pauschalreisen und Rucksacktouristen degradiert. Gerüchte kursierten bereits, dass Papadiamantis das Geschäft bald ganz aufgeben würde.

Dimitris Leute arbeiteten an der Übernahme der letzten beiden Hotels seines Vaters, eines in London, das andere in Paris. Die anderen waren schon im Schatten der Kyriakis-Hotelkette zur Bedeutungslosigkeit verkümmert und schließlich mit Verlust abgestoßen worden.

Doch etwas hatte sich geändert. Vor sechs Monaten war sein Vater spurlos aus dem Licht der Öffentlichkeit verschwunden. Niemand sah ihn mehr, es erschienen keine Berichte mehr in der Presse, im Firmensitz in Athen tauchte er nicht mehr auf. Die Vorstellung, dass der alte Löwe sich zurückgezogen hatte, um seine Wunden zu lecken, störte Dimitri seltsamerweise. Er brauchte einen Feind, der im Ring stand, der kämpfte.

Im vierten Monat nach Papadiamantis’ Verschwinden heuerte Dimitri jemanden an, um die weiße Villa, die er nur ein Mal in seinem Leben gesehen hatte, beobachten zu lassen. Er brauchte einen Anhaltspunkt, wollte wissen, was los war. Ihm war dieses heimliche Spionieren zuwider. Er mochte skrupellos bei der Verwirklichung seiner Vorhaben sein, aber er machte seine Absichten immer für jeden deutlich sichtbar. Anders war er nie vorgegangen.

Sein Blick erfasste jetzt das Panorama vor dem Fenster – der weite blaue Ozean, die von hohen Kiefern gesäumte Bucht, der weiße Sandstrand. Ein hypnotisches Bild, ein erholsames Bild. War es immer gewesen. Bis heute.

Zweimal im Jahr kam er auf seine Insel. Um sich zu entspannen, um seinen Kopf frei zu bekommen. Kein Telefon, kein Fax, kein Computer weit und breit in Sicht. Doch nun fraß eine höchst untypische und unwillkommene Unentschiedenheit an ihm.

Reichte es mit der Vendetta? War es an der Zeit, seinen Vater zu vergessen, ebenso wie die geplante Übernahme? Zeit, dem Mann, der ihn gezeugt hatte, die ultimative Erniedrigung zu ersparen? Zeit für Dimitri, mit seinem Leben weiterzumachen und eine neue Richtung einzuschlagen? Mit den diskreten Affären aufzuhören und zu heiraten, um Söhne und Töchter auf die Welt zu bringen, die ihm einen leichteren und heitereren Lebenssinn schenkten?

Er zog die dunklen Brauen zusammen, als er sich daran erinnerte, was da unter seinen Fingerspitzen lag. Mit gerunzelter Stirn zog er die Fotos aus dem Umschlag.

Sein Vater. Auf der Terrasse vor einem riesigen Swimmingpool, in einem von den hellen Leinenanzügen, die sein Markenzeichen waren, einen Strohhut auf dem Kopf. Die Telelinse der Kamera ließ sein Gesicht seltsam eingefallen und hager wirken. An der Blondine, deren bloße Schulter er berührte, war jedoch nichts Eingefallenes. Sie musste die kurvenreichste Frau sein, die je einen Bikini getragen hatte. Das Foto hatte sie eingefangen, als sie sich umdrehte, um den Mann neben sich anzulächeln. Der Wind wehte das silberblonde Haar aus ihrem schönen Gesicht, die üppigen Brüste schienen aus dem winzigen dunkelblauen Gefängnis des Bikinioberteils ausbrechen zu wollen. Diese Frau war die wandelnde Versuchung.

Eine, die auf umwerfenden Beinen wandelte! Endlos lang, wunderbar geformt, schlank, gebräunt.

Abrupt schob er das Foto in den Umschlag zurück. Die anderen Bilder brauchte er sich nicht anzusehen, um zu wissen, dass der alte Löwe auf der Jagd nach einer neuen Frau war, die seine alternde Libido beleben sollte.

Seine Lippen pressten sich zu einer schmalen Linie zusammen, als seine Erinnerung ihn in eine andere Zeit zurückführte, zu einer anderen Blondine. Zu der zweiten Ehefrau seines Vaters, mit Diamanten in den Ohren und einem Designerkleid, das eine Welt entfernt von den billigen Secondhand-Sachen gewesen war, die seine Mutter hatte tragen müssen. Die Erinnerung, wie er von dem Grundstück geworfen worden war, wie sein Vater die Unterstützung verweigert hatte, die seiner Mutter noch ein paar weitere wertvolle Jahre geschenkt hätte.

Und daher … nein, solange diese bitteren Erinnerungen so frisch existierten, war es nicht vorbei.

Andreas Papadiamantis war noch lange nicht vergeben.

„Man könnte sich wirklich daran gewönnen, Schwesterherz!“

Bonnie Wade lächelte ihrer Schwester nachdenklich zu. Lisa hatte sich auf der Sonnenliege ausgestreckt, Wassertropfen vom Schwimmen im Pool glitzerten noch auf ihrer gebräunten Haut, das kurze rotblonde Haar lag nass an den Kopf gepresst.

„Meine beiden blonden Babys“ nannte ihr Vater sie immer. „Die eine Erdbeer, die andere Champagner.“

„Hier …“ Bonnie griff nach der Sonnencreme und warf Lisa die Tube zu. „Du willst dir bestimmt keinen Sonnenbrand holen.“

Lisa war siebenundzwanzig, zwei Jahre älter als Bonnie und schon immer deren beste Freundin gewesen. Von Aussehen und Wesen her hätten die beiden nicht unterschiedlicher sein können. Lisa war zäh wie Leder und schlank bis an die Grenzen zur Magerkeit, während Bonnie weich wie ein Marshmallow war und ihre Figur – zu ihrem Unmut – vor üppigen Kurven strotzte. Aber sie ergänzten und verstanden einander perfekt.

Ihre Mutter, Frau eines überarbeiteten Arztes, sollte einmal zu einer Freundin mit drei lebhaften Jungen, die es ständig darauf anlegten, sich gegenseitig zu ärgern, gesagt haben: „Das Problem kenne ich Gott sei Dank nicht. Seit meine kleine Bonnie laufen kann, sind die beiden praktisch an der Hüfte zusammengewachsen. Zwischen den beiden fällt kein einziges böses Wort.“

Und so war Bonnie natürlich begeistert gewesen, um sieben Uhr morgens Lisas Anruf mit der Bitte zu erhalten, sie vom Flughafen abzuholen. Dennoch verstand sie nicht recht, wieso Lisa gekommen war.

„Ich erzähl’s dir später“, hatte Lisa auf der Fahrt zur Villa nur gesagt. „Und bevor du dir jetzt das Schlimmste ausmalst … unseren Eltern geht’s bestens. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.“

Inzwischen waren drei Stunden vergangen und Bonnie kein Stück schlauer. Als Fitnesstrainerin für die Schönen und Reichen nahm Lisa sich normalerweise über die Weihnachtszeit Urlaub und verbrachte drei Wochen am Stück in wärmeren Gefilden. Dieses Jahr schien sie sich entschlossen zu haben, mitten im Sommer eine Woche freizunehmen und auf dem Weg nach Kreta einen unerwarteten Abstecher bei ihrer Schwester zu machen.

„Bist du sicher, der alte Mann hat nichts dagegen, dass ich hier bin?“ Lisa verteilte großzügig Sonnencreme auf ihre Beine.

„Ganz sicher“, bestätigte Bonnie. „Als ich ihm sagte, dass ich mir den Vormittag freinehmen muss, um dich abzuholen, hat er darauf bestanden, dass Nico mich fährt. Er wollte nichts davon hören, dass du dir ein Hotel nimmst.“ Sie zupfte an dem weißen Rock ihrer Schwesterntracht. „Also, schieß schon los. Was gibt es zu erzählen?“

Lisa stützte sich auf einen Ellbogen. „Fein. Setz dich, entspann dich. Ich weiß nicht genau, wie du es auffassen wirst. Ich dachte, ich wüsste es, aber dann war ich mir doch nicht sicher und hielt es für besser, es persönlich mit dir zu besprechen.“

Bonnie scharrte leise mit den bequemen weißen Leinenschuhen, der Ungeduld näher, als sie überhaupt je bei ihrer Schwester gekommen war. „Ich bin im Dienst.“ Ein vielsagender Blick auf ihre Armbanduhr sollte ihre Worte betonen. „In zehn Minuten beginnt die nächste Therapiesitzung für Andreas.“

„Sicher. Also … Zuerst noch eine Frage: Wie lange läuft dieser Job hier noch für dich?“

„Bis Ende der Woche. Warum?“

Als Krankenschwester, die für einen renommierten privaten Pflegedienst arbeitete, hatte sie sich auf Heilkunde spezialisiert. Meist arbeitete sie in England, manchmal jedoch wurde sie auch im Ausland eingesetzt. Gut möglich, dass sie aber noch länger bleiben würde. Andreas Papadiamantis war ein angeschlagener Mann, sie hatte versprochen, ihm zu helfen. Im Moment blieb keine Zeit, um genauer darauf einzugehen. Doch die unerwartete Ankunft der Schwester bot eine willkommene Gelegenheit, später beim Lunch darüber zu reden.

„Warum?“ Lisa lächelte dünn. „Nun, weil Troy bei unseren Eltern war. Er will dich zurückhaben.“

Bonnie fühlte das Blut in ihre Wangen schießen. Wut, Empörung, Fassungslosigkeit … Sie ließ sich auf die nächste freie Liege sacken. Am Vorabend der Hochzeit hatte Troy seinen Trauzeugen geschickt, um ihr mitteilen zu lassen, dass die Hochzeit nicht stattfinden würde. Sorry. Ach, und ob sie die Geschenke wohl wieder an die Leute zurückschicken könne? Den Verlobungsring könne sie natürlich behalten.

Brett, der Bote, hatte ihr leidgetan. Er wäre vor Verlegenheit fast im Boden versunken. Erst rückblickend war ihr klar geworden, wie sehr sie sich selbst hätte leidtun müssen, wäre es tatsächlich zu einer Hochzeit mit Troy gekommen. Die Ehe mit ihm hätte ihr nur ein gebrochenes Herz eingebracht. Seltsamerweise war ihr Herz nicht gebrochen, stattdessen schwelte auch noch sechs Monate nach der perfiden Beleidigung die Wut in ihr.

Ebenfalls rückblickend erkannte sie, dass Troy ihr einen Gefallen getan hatte. Sie konnte ihn gar nicht geliebt haben. Er hatte ihren Stolz getroffen und ihr Selbstwertgefühl, aber als Optimistin, die sie war, erholte sie sich sehr rasch davon und führte ihr eigenes Leben weiter.