Heißes Blei für Waco - Rocky G. Hollister - E-Book

Heißes Blei für Waco E-Book

Rocky G. Hollister

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Beschreibung

Rauchende Colts und echte Männer! Entdecken Sie jetzt die historische Western-Reihe „Das Gesetz des Westens“

Klappentext: Arizona, 1883: Ein brutaler Überfall auf einen Laden endet in einem Blutbad – das berüchtigte „Bisbee-Massaker“ ist geschehen. Fünf Banditen fliehen in die Wildnis, doch Everett Waco und ein Aufgebot aus Tombstone nehmen die Verfolgung auf. Während sie durch die gefährlichen Chiricahua Mountains jagen, geraten sie zwischen Apachen, mexikanische Gesetzlose und einen Verräter in den eigenen Reihen. Als die ehrenwerte Nellie Cashman entführt wird, wird die Jagd zu einem Wettlauf gegen die Zeit. In einem dramatischen Showdown stellt sich Waco den Banditen – und nur einer wird das Duell überleben!

Über die Reihe Das Gesetz des Westens Freuen Sie sich regelmäßig auf die spannendsten Western-Abenteuer diesseits des Mississippi! EK-2 Publishing hat für „Das Gesetz des Westens“ die ganz großen Koryphäen des Western-Genres versammelt. Alfred Wallon, Peter Dubina und viele weitere Autoren katapultieren sie direkt ins Geschehen und bescheren Ihnen ein unvergessliches Leseerlebnis.

Laden Sie Ihren Revolver und satteln Sie Ihren Hengst, denn es geht auf eine spannende Reise in den rauen Wilden Westen!

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Heißes Blei für Waco – Der Unzähmbare Band 3

Historische Western-Reihe „Das Gesetz des Westens“

 

EK-2 Militär

 

 

Ihre Zufriedenheit ist unser Ziel!

 

Liebe Leser, liebe Leserinnen,

 

zunächst möchten wir uns herzlich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie dieses Buch erworben haben. Wir sind ein Familienunternehmen aus Duisburg und jeder einzelne unserer Leser liegt uns am Herzen!

 

Mit unserem Verlag EK-2 Publishing möchten wir militärgeschichtliche und historische Themen sichtbarer machen und Leserinnen und Leser begeistern.

 

Vor allem aber möchten wir, dass jedes unserer Bücher Ihnen ein einzigartiges und erfreuliches Leseerlebnis bietet. Haben Sie Anmerkungen oder Kritik? Lassen Sie uns gerne wissen, was Ihnen besonders gefallen hat oder wo Sie sich Verbesserungen wünschen. Welche Bücher würden Sie gerne in unserem Katalog entdecken? Ihre Rückmeldung ist wertvoll für uns und unsere Autoren.

 

 

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Ihr Team von EK-2 Publishing,

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Heißes Blei für Waco – Der Unzähmbare Band 3

von Rocky G. Hollister

 

Vorrede

 

Nellie Cashman, der „Engel von Tombstone“ ist nicht nur eine historische Persönlichkeit, sondern geradezu eine Legende. Aufgrund ihrer karitativen Arbeiten wurde sie weit über die Grenzen Arizonas hinaus bekannt. Das sogenannte „Bisbee-Massaker“ spielte sich weitgehend so ab, wie in dem vorliegenden Roman geschildert. Lücken, die es bei der Überlieferung gab, wurden dementsprechend ausgefüllt, wie es der Autor am sinnvollsten hielt. Ebenso wurden dahin gehende Widersprüche nach seinem Gutdünken bereinigt. Sämtliche Begebenheiten danach sind fiktiv. Auch die Personenbeschreibungen der historisch verbürgten Protagonisten entspringen der Fantasie des Autors.

 

8. Dezember 1883, Bisbee, Cochise County (Arizona).

Der grau verhangene Himmel weinte dicke Regentropfen. Gerade so, als hätte er eine Vorahnung von dem bevorstehenden Massaker, das in die amerikanischen Geschichtsbücher eingehen sollte. Ein steifer Wind, kühl wie ein Lufthauch aus einem Grab, blies aus Norden. Er begleitete die fünf Reiter, die auf ihren knochigen Gäulen in die kleine Minenstadt Bisbee galoppierten, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her. Es waren harte Männer, mit stoppelbärtigen, verkniffenen Visagen und eisig funkelnden Augen, die schon viel Leid gesehen und noch mehr verursacht hatten. Auch jetzt brachten sie den Tod mit und würden in Kürze die Straßen mit Blut überschwemmen. Ihre Namen: James „Tex“ Howard, Dan „Big“ Dowd, Omer W. Sample, Daniel Kelly und William DeLaney.

Trotz ihrer schändlichen Absichten hielten es die Reiter nicht für nötig, ihre Gesichter hinter den staubigen Halstüchern zu verbergen. Als die Cooper Queen Mine vor ihnen auftauchte, ließen sie diese links liegen. In ihr waren vor drei Jahren reiche Kupfer-, Gold- und Silbervorkommen entdeckt worden. Richter DeWitt Bisbee finanzierte die Mine. Seitdem trug die Stadt seinen Namen. Stattdessen bogen die Männer in die Mainstreet ein. Die viktorianischen Häuser klebten fast malerisch an den Hängen der Mule Mountains, die hier über 5.300 Fuß hoch waren.

Gleich darauf stiegen die Fünf aus den Sätteln und gingen zielgerichtet zum Goldwater-Castaneda Mercantile Store hinüber. Natürlich wussten sie, dass es in Bisbee keine Bank gab und daher die Lohnzahlungen für die Mine ein oder zwei Tage im Voraus in den Store geliefert wurden. In aller Regel 7.000 US-Dollar. Und genau darauf hatten es die Banditen abgesehen.

James Howard und Daniel Kelly betraten den Laden, während Dan Dowd, Omer W. Sample und William DeLaney draußen Schmiere standen. Als der grauhaarige Storebesitzer und die drei anwesenden Kunden die Bewaffneten sahen, erkannten sie sofort ihre Absicht. Furcht zeichnete ihre Gesichter. Es waren allesamt keine mutigen Männer, sondern ganz im Gegenteil, einfache Minenarbeiter, die jeden Tag die hungrigen Mäuler ihrer Frauen und Kinder stopfen mussten.

„Her mit den Lohngeldern!“, forderte Howard barsch, ein großer, sehniger Kerl mit dunklem Haar, der von seinen Komplizen nur „Tex“ genannt wurde. Kelly, lang und hager von Statur, wedelte mit seinem Colt herum. Schon bei der geringsten falschen Bewegung würde er abdrücken.

„Die Lohngelder … sind noch nicht da …“, stammelte der Storemann.

„Willst du uns für dumm verkaufen, Alter?“ Mit einem metallischen Klicken spannte Howard den Hahn seiner Waffe, um seinen Worten den nötigen Nachdruck zu verleihen. „Her mit den Bucks oder ich blase dir dein verdammtes Hirn raus!“

„Ich schwöre es, Mister!“ Der Storebesitzer deutete auf den offenstehenden Tresor hinter sich, in dem nur ein paar Dollarnoten lagen. „Die Lohngelder haben Verspätung.“

Howard zerbiss einen Fluch zwischen den Zähnen. Einen Moment lang wallte roter Nebel vor seinem Blick auf. Sein Zeigefinger zitterte um den Abzug, ohne ihn jedoch ganz durchzuziehen. Der Grauhaarige schwitzte Blut und Wasser, fest davon überzeugt, in den nächsten Sekunden zu sterben.

Nur mühsam bekam Howard seine Wut und Enttäuschung wieder in den Griff. Daniel Kelly bleckte neben ihm sein unregelmäßiges Gebiss. Auch er musste sich beherrschen.

„Gib mir alles, was da ist, Alter!“ Howards Stimme klang rau wie ein Reibeisen. Hastig kam der Store-Besitzer der Aufforderung nach, packte die wenigen Dollarbündel aus dem Tresor in einen Leinensack. Dann öffnete seine Ladenkasse, holte ein paar Scheine und Münzen heraus, stopfte sie ebenfalls hinein und übergab den Sack den Banditen. Es waren kaum mehr als 1.000 Dollar. Kelly hatte zwischenzeitlich die bescheidenen Wertgegenstände der Kunden, die sie bei sich trugen, an sich gebracht. Darunter Schmuck, eine vergoldete Uhr und etwas Bargeld.

„Dreht euch um und tretet mit euren hässlichen Visagen voran an die Wand!“, herrschte er sie nun an. Unverzüglich kamen die drei ängstlichen Männer sowie der Storebesitzer dem Befehl nach.

Im selben Moment brach draußen die Hölle los!

 

*

 

Es ist beinahe so, als lehne sich dieses verdammte Minenkaff gegen unsere Anwesenheit auf! Diese Gedanken schossen Dan Dowd durch den kahlen Kopf, als er aus den Augenwinkeln heraus sah, wie sich immer mehr Menschen auf der Mainstreet versammelten. Und nicht nur das: Wutentbrannt, geradezu feindselig, starrten sie von der gegenüberliegenden Straßenseite zu ihm und seinen beiden Komplizen hinüber.

„Was haben diese lausigen Bastarde vor?“, fragte William DeLaney halblaut. Er war einen halben Kopf kleiner als der bullige Dowd, schmal, fast zierlich und trug seine rote Mähne schulterlang.

„Sie wollen unsere Ärsche!“, gab Omer W. Sample trocken zurück. Er war ein gut aussehender Mann, blond und mit stechend blauen Augen. Tatsächlich rotteten sich weitere Bürger zusammen. Die Nachricht, dass der Goldwater-Castaneda Mercantile Store überfallen wurde, hatte sich wohl in Windeseile verbreitet. Wahrscheinlich fürchteten die Anwohner und Minenarbeiter nun um ihren Monatslohn, den sie sich bei ihrer harten Schufterei in der Kupfermine redlich verdient hatten.

Die drei Banditen, die vor dem Store standen, hielten längst ihre Colts in den Fäusten. Wenn ihre beiden Komplizen nicht bald wieder mit der Beute herauskamen, würde die Lage eskalieren.

Plötzlich wurde die Schwingtür des Bon Ton Saloons, der schräg gegenüberlag, aufgestoßen. Heraus trat ein mit einem schwarzen Zylinder und einem dunklen Gehrock bekleideter Mann, der aussah wie ein Prediger. Doch John C. „Johnny” Tappeiner Jr., so sein Name, war alles andere als das. Er war ein Gambler, der mit den Karten besser umgehen konnte, als mit seinem Schießeisen. Überrascht blickte er auf die Menschen, die sich an der Straßenecke zusammengefunden hatten sowie die Banditen am Store. Bevor er jedoch begriff, was sich da abspielte, brüllte Dan Dowd zu ihm hinüber: „Verzieh dich wieder in den Saloon!“

Tappeiner rückte seinen Zylinder zurecht, als würde er nicht verstehen, während der bullige Kahlkopf drüben die Mündung seines Revolvers auf ihn richtete. „Ich sagte, du sollst deinen Arsch in Bewegung setzen!“

Der Mann mit dem Gehrock verharrte noch immer auf der Stelle. Seine Rechte verschwand blitzschnell in seiner Rocktasche. Was sich darin befand, wusste Dowd nicht, deshalb drückte er ohne zu zögern ab. Die Schussdetonation grollte wie Donner durch die Häusergasse. Das Blei klatschte J.C. Tappeiner mitten in die Stirn. Die Wucht des Einschlags warf ihn nach hinten durch die Schwingtür.

Jetzt ging ein Aufschrei durch die Menge. Im selben Augenblick stürmte ein Bursche mit einer Waffe in der Hand und einem Blechstern am Hemd aus dem Bisbee House Restaurant. Es handelte sich um Tom Smith, den Deputy Sheriff des Cochise County, der dort mit seiner Frau zu Abend aß. Unsicher blieb er mitten auf der Straße stehen.

„Dasselbe gilt für dich, Sternträger!“, rief ihm Dan Dowd zu. „Geh dahin zurück, wo du hergekommen bist, bevor dich dasselbe Schicksal wie diesem Bastard aus dem Saloon ereilt!“

Doch Smith dachte nicht daran. „Im Namen des Gesetzes fordere ich euch auf …“

Erneut peitschte ein Schuss auf. Dieses Mal war es William DeLaney, der abgedrückt hatte. Er erwischte den Deputy eine Handbreit über dem Herzen, der mausetot in den Staub sackte.

„Damned, wir müssen schnellstens von hier verschwinden“, stieß Sample hervor, als er sah, wie einige der Bürger zu ihren Waffen griffen. Eine wächserne Blässe überzog sein unrasiertes Gesicht.

Im selben Moment wurde hinter ihm die Tür aufgestoßen und Tex Howard und Daniel Kelly kamen aus dem Store. Kelly trug einen Leinensack bei sich, der allerdings nichts besonders ausgefüllt aussah. Die beiden Männer erfassten die Lage mit einem Blick und nahmen die Anwohner auf der anderen Straßenseite sofort unter Feuer. Dabei zerschmetterte eine Kugel die Wirbelsäule von Annie Roberts, die soeben mit ihrem Ehegatten aus dem Bisbee House Restaurant kam. Der Frachtunternehmer John A. Nolly, wurde in den Oberkörper getroffen. Und „Indian Joe“, der so hieß, seit es Bisbee gab, wurde am rechten Bein verwundet.

Wild um sich feuernd rannten die fünf Banditen zu ihren knochigen Pferden hinüber, schwangen sich in die Sättel und jagten die Mainstreet entlang.

Aus der Schwingtür des Bon Ton Saloons stürmte William Daniels, der zweite Deputy Sheriff. Während der letzten Minuten hatte er in der Latrine hinter dem Haus verweilt, um seinem natürlichen Bedürfnis nachzugehen. Deshalb konnte er erst jetzt in das Geschehen eingreifen. Er zog seinen Colt und gab so lange Schüsse auf die Fliehenden ab, bis seine Waffe leer geschossen war. Allerdings trafen weder er noch andere Bürger die Raubmörder, die über den Mule Pass aus der Stadt hinaus preschten.

Das Massaker von Bisbee hatte weniger als fünf Minuten gedauert. Und doch blieb es im kollektiven Gedächtnis des Wilden Westens haften, wie ein blutsaugender Moskito auf der Hinterbacke eines Pferdes.

 

*

 

Am selben Tag in Tombstone.

Sie war eine Frau, für die viele Männer gemordet hätten. Allein schon von ihrem Anblick konnte man einfach nicht genug bekommen, besaß sie doch die Ausstrahlung einer Wildkatze und das Aussehen einer griechischen Göttin. Groß, schlank und feingliedrig. Das weizenblonde Haar reichte weit über ihre schmale Hüfte bis zu ihren strammen Pobacken hinab. Die Augen so blau wie ein klarer Sommerhimmel, der kirschrote Mund voll und perfekt geschwungen. Und dann erst ihre Figur! Die hoch angesetzten Brüste waren üppig und fest, der Bauch flach. Die unendlich langen Beine schienen nur dafür geschaffen, um atemlos darauf starren zu können. Mit makellosen Waden und Fesseln, die für jeden Stiefel zu schade waren.

Pamela Clark, so hieß dieses himmlische Geschöpf, rekelte sich im Bett, in dem ein großer, drahtiger Mann, kaum älter als dreißig, nackt ausgestreckt lag. Sein Haar war dunkel, die Augen pulvergrau, das braungebrannte, unrasierte Gesicht mit einer geraden Nase, einem harten, männlichen Mund und einem markanten Kinn.

„Wie lange bleibst du noch in der Stadt?“, fragte die Schöne mit sinnlicher, rauchiger Stimme, die Everett Waco, genannt der „Unzähmbare“, neben ihr, einen neuerlichen Schauer über den Rücken jagte.

Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht“, gab er einsilbig zurück.

Tatsächlich hatte Waco keine Ahnung, was er als Nächstes tun würde. Eigentlich war er mit seinem alten Freund Jack Stapp Dunlay verabredet, den er einst im texanischen Deanville kennengelernt hatte. Doch zwischenzeitlich hatte ihm der Kopfgeldjäger eine Nachricht zukommen lassen, dass er es nicht nach Tombstone schaffte. Denn der Postkutschenräuber, dem er auf der Spur war, hatte ihm ein Schnippchen geschlagen und war nun nach New Mexico unterwegs. Jeder, der Dunlay kannte, wusste, dass er sich nicht abhängen ließ und den Bastard so lange jagen würde, bis er ihm habhaft wurde. Tot oder lebendig. Schließlich brauchte der Menschenjäger die ausgesetzte Kopfgeldprämie, um seine Frau Ireen und seine Tochter Eliza durchzubringen.

So kam es, dass Waco noch immer im The Nellie Cashman Hotel und Restaurant weilte. Bei der Besitzerin handelte es sich um eine liebenswerte Frau Mitte dreißig, die als der „Engel von Tombstone“ weit über die Staatsgrenze von Arizona hinaus bekannt worden war. Diesen Beinamen hatte Nellie Cashman der Tatsache zu verdanken, dass sie den Bau des Krankenhauses im Ort, sowie der Schule und der katholischen Kirche organisierte. Aber auch, weil sie sich vor Jahren, als in den wildesten Goldminenstädten British Columbias Skorbut ausbrach, für die Erkrankten einsetzte. Und das alles auf eigene Kosten. Mit angeheuerten Helfern sammelte sie Lebensmittel und Medikamente. Später lockten sie Silberfunde nach Tucson und dann nach Tombstone. Doch vor Kurzem war sie von einem schweren Schicksalsschlag getroffen worden. Völlig unerwartet war ihre Schwester Fanny an Tuberkulose gestorben, die fünf Kinder hinterließ, die Nellie nun großzog. Waco hatte großen Respekt vor dieser Frau, die trotz persönlicher Belastungen ihre gesamte Energie in ihre soziale Arbeit steckte. Beruflich und privat. Davon konnten sich selbst die meisten Männer eine Scheibe abschneiden.

Als Pam das Zimmer verlassen wollte, klang draußen lauter Hufschlag auf. Sie wandte sich von der Tür um, trat ans Fenster und sah hinaus. Waco, der sich ebenfalls angezogen hatte, stand neben ihr. Seine große, drahtige Gestalt steckte in Wildlederkleidung, mit Fransen an Hemd und Hose, unter der sich feste Muskeln abzeichneten. In seinem eingefetteten Gürtelholster baumelte ein großkalibriger, sechsschüssiger Colt Single Action Army. Die hölzernen Griffschalen des Peacemakers waren vom häufigen Gebrauch abgewetzt.

Über den Dächern der Häuser hingen Regenvorhänge, so dunkel wie Ruß herab, die mit der hereinbrechenden Nacht verschmolzen. Auf der Mainstreet donnerte ein Reiter heran, der sein schweißtriefendes Pferd unversehens vor dem Sheriffs Office zügelte und sich aus dem Sattel schwang. Waco erkannte ihn. Es war William „Bill“ Daniels, der zweite Deputy des Cochise County. Der Unzähmbare hatte ihn und seinen Boss, Sheriff Jerome L. Ward bereits bei einem Abendessen im Restaurant kennengelernt. Wenn auch eher zufällig.

„Es muss etwas Schlimmes geschehen sein“, meinte Pam besorgt an seiner Seite.

Waco nickte wortlos. Der Deputy hatte heute Morgen Tombstone verlassen, um sich mit seinem Kollegen Tom Smith in der etwa zwanzig Meilen entfernten Minenstadt Bisbee zu treffen. Das hatte Waco gestern Abend beim Essen mitbekommen. Dass er nun Hals über Kopf in die Stadt zurückpreschte, verhieß wahrlich nichts Gutes.

Der Unzähmbare begleitete Pam nach unten. Sie war die rechte Hand von Nellie Cashmann und wohnte wie diese selbst im Hotel. Waco ging schnurstracks zum Sheriffs Office hinüber. Neben seiner Tür war das County-Zeichen angebracht. Er trat ein, ohne zu klopfen. Die Sternträger, die vor dem Schreibtisch standen und sich miteinander unterhielten, wandten sich zu ihm um.

Sheriff Jerome L. Ward war ein in seinem Amt ergrauter Mann von etwa sechzig Jahren. Trotz seines fortgeschrittenen Alters strahlte er nicht nur Erfahrung, sondern auch Tatendrang aus. Die sandsteinfarbenen Augen glänzten wie feuchte Steine in dem verwitterten Gesicht. Unter der knorrigen Nase saß ein mächtiger Schnauzer, der seine Lippen noch dünner erscheinen ließ, als sie ohnehin schon waren. Ward war ein Bär von Statur. Seine muskulösen Arme sprengten beinahe das karierte Baumwollhemd. Neben ihm wirkte sein erster Deputy wie eine graue Maus. Groß und schlaksig, mit langen Gliedmaßen. Das schwarze buschige Haar rahmte ein bleiches Antlitz mit ebenso dunklen Augen und einer schmalen Nase ein. Sein Mund war ungewöhnlich breit, der, wenn er sprach, fast von einem Ohr zum anderen reichte.

„Was gibt's, Waco?“ In der Stimme des Sheriffs schwang Ungeduld mit, als ob er jetzt weitaus Wichtigeres zu tun zu hätte, als sich um die Belange des Besuchers zu kümmern.

„Ich dachte, Sie brauchen vielleicht meine Hilfe, Gentlemen!“

Die Gesetzeshüter wechselten einen schnellen Blick miteinander. Dann sagte Ward: „Normalerweise gehen County-Amtsangelegenheiten Außenstehende nichts an. Aber in diesem Fall schon, denn wir müssen eine Posse zusammenstellen.“

Der Sheriff nickte seinem Stellvertreter zu, der daraufhin das Wort ergriff. Er berichtete Waco vom Überfall der fünf Banditen auf den Goldwater-Castaneda Mercantile Store in Bisbee und dem anschließenden Massaker. Nicht nur der zweite Deputy des Countys, Tom Smith, sondern noch weitere Menschen waren dabei getötet oder verletzt worden. „Wir müssen sofort die Spur der Raubmörder verfolgen! Sie gehören vor das County-Gericht, damit sie für ihre brutale Tat zur Verantwortung gezogen werden können! Aus diesem Grund stellen wir ein Aufgebot zusammen.“

„Sie können auf mich zählen“, entgegnete Waco knapp. „Weiß man, wer die Mörder sind?“

Ward nickte bedächtig. „Die Mörder haben es nicht einmal für nötig gehalten, sich zu maskieren! So sicher waren sie ihrer Sache. Ihre Namen sind James Howard, Dan Dowd, Omer W. Sample, Daniel Kelly und William DeLaney. Gesindel, das in verschiedenen Bundesstaaten gesucht wird. Hier sind ihre Steckbriefe.“

Waco studierte die Fahndungsblätter genau, um sich die Visagen der fünf Outlaws einzuprägen. Eine Stunde später versammelten sich vor dem Sheriffs Office neun weitere Männer, die die Posse bildeten. Deputy Bill Daniels führte sie an, während sein Boss in der Stadt blieb.

Gleich darauf preschten die Reiter aus Tombstone hinaus. Die Jagd auf die eiskalten Killer hatte begonnen.

 

*

 

„Wenn wir nicht bald Rast machen, dann brechen uns die Gäule unter den Ärschen zusammen!“ Omer W. Sample brüllte die Worte gegen das monotone Geräusch des Regens und des Hufschlags an. An seiner Seite ritt James „Tex“ Howard. Hinter ihnen kamen William DeLaney, Dan Dowd und Daniel Kelly.

Der Angesprochene nickte grimmig. Sample hatte recht. Tatsächlich mussten sie ihren Pferden eine Pause gönnen. Seit dem Überfall in Bisbee jagten sie die Klepper im Galopp auf einem schmalen Pass durch die Mule Mountains und durch das Springs Valley. Bestimmt war ihnen schon der County-Sheriff mit einem Aufgebot auf den Fersen. Durchschauten sie die falsche Fährte, die sie flüchtig gelegt hatten, würde ihre Endstation der Galgen sein. Immerhin hatten sie neben den anderen Schwachköpfen auch einen Deputy Sheriff abgeknallt. Und das alles wegen gerade mal etwas über tausend Dollar und ein paar Schmuckstücken. Die Beute war gemessen an dem Risiko, das sie bei ihrem Überfall eingegangen waren, nicht mehr als ein übler Scherz. Dementsprechend schlecht war ihre Laune.

Bisbee lag etwa fünfundzwanzig Meilen hinter ihnen. Nun befanden sie sich am Fuße der Chiricahua Mountains, einem Gebirgszug im äußersten Osten Arizonas, im Grenzgebiet zu New Mexico und dem mexikanischen Bundesstaat Sonora. In der trockenen, wüstenartigen Ebene herrschte ein kühles Klima. Vor sich in der Dunkelheit konnten sie die baumbewachsenen Bergketten mehr erahnen, als sehen.

Die Banditen ritten vorbei an bizarren, aufeinandergeschichteten grauen Vulkan-Gesteinsblöcken, sogenannten „Hoodoos“, die durch Erosion entstanden waren. Zu Tausenden erhoben sie sich vom nackten Boden. Aus diesem Grund nannten die Chiricahua-Apachen diese Gegend das „Land der stehenden Felsen“. Doch die Männer ignorierten dieses außergewöhnliche Naturphänomen. Vielmehr interessierten sie sich für das Ranchgebäude, dessen Umrisse sich vor ihnen aus der Finsternis schälten. Zu der Blockhütte gehörten ein Schuppen, ein paar Corrals und ein halb offenes Schutzdach.

Die Banditen zügelten ihre regennassen Gäule. Fast magisch wurde ihr Blick von den Pferden angezogen, die friedlich auf den Weidekoppeln grasten. Dann trieben sie ihre Klepper wieder an. Die Sporen der Reiter klirrten durch die Nacht. Was sie wollten, war klar. Als sie den ersten Corral passierten, wurde drüben im Blockhaus eine Laterne angezündet. Gleich darauf erschien eine Gestalt auf der Veranda. Ein untersetzter Mann mit weißem Haar, das an Baumwolle erinnerte. In seinen Händen hielt er ein Gewehr.

„Ho!“, rief er den Fremden entgegen. „Wer kommt um diese Zeit zur High Low-Ranch von Sam Carthy?“

James „Tex“ Howard löste sich aus seinem Wolfsrudel und trabte langsam, am Weidezaun vorbei auf den Alten zu. Vor der Veranda verhielt er sein Pferd und tippte sich an den Stetson. „Ich bin Billy Sanders“, stellte er sich unter falschem Namen vor. Meine Männer und ich kommen aus Tombstone …“

„Das glaube ich nicht!“ Die Stimme von Sam Carthy tönte so laut wie Kojotengebell durch die Nacht, während die Mündung seiner Winchester auf die Brust des Reiters gerichtet war. „Ihr seid bestimmt die Mörder, die in Bisbee ein Massaker angerichtet habt!“

Howards Gesicht verzog sich unwillig. Er fragte sich im Stillen, woher der Alte das schon wusste.

Dieser schien seine Gedanken zu erraten, denn er knurrte: „Der Überfall hat sich wie ein Lauffeuer in der Gegend herumgesprochen. Mein Vormann Nick hat mir davon erzählt. Er war vor Kurzem noch in Bisbee und ist soeben zurückgekehrt.“

Wie zur Bestätigung seiner Worte trat ein riesiger Kerl aus der Tür des Ranchgebäudes. Auch er hielt ein Gewehr in den Fäusten. „Genauso ist es, wie Mister Carthy gesagt hat“, bestätigte er. „Unsere Männer sind bereits von der Nordweide auf dem Weg hierher …“ Nick verstummte abrupt. Im selben Moment wurde ihm bewusst, dass er einen Fehler gemacht hatte. Einen schwerwiegenden Fehler! Denn nun wussten die Banditen, dass zurzeit nur er und sein Boss auf der Ranch weilten.

„Wir sind nicht die, für die ihr uns haltet“, versuchte es Tex Howard noch einmal.

„Bullshit!“, blaffte der Vormann. „Ich habe euch genau gesehen! Eure gottlosen Visagen werde ich nie mehr in meinem Leben vergessen …“

Schlagartig hörte der Regen auf. Als ob dies ein Zeichen wäre, eröffneten die Outlaws hinter Howard, die vom Ranchgebäude aus in der Dunkelheit nur als Schemen wahrgenommen werden konnten, das Feuer. Wie ein bleierner Moskitoschwarm surrten die Kugeln durch die Luft. Der riesige Vormann wurde wie ein Sieb durchlöchert und sackte leblos auf der hölzernen Veranda zusammen.

Nur dem alten Sam Carthy war es noch rechtzeitig gelungen, sich hinter eine wuchtige Holzkommode in Deckung zu bringen. Diese stand, aus welchen Gründen auch immer, direkt neben der Tür zum Haupthaus. Seine Winchester spuckte heißes Blei, zwang die Gesetzlosen notgedrungen dazu, sich von ihren Gäulen auf die regennasse Erde zu werfen.

Tex Howard fluchte wild, als er den Stecher durchzog. Zwar bedeutete die Finsternis einen gewissen Schutz für sie. Wiederum aber verrieten die gleißenden Mündungsflammen ihre Position. Hinzu kam, dass der Rancher ein guter Schießer war. Nur maßlosem Glück und den schlechten Lichtverhältnissen war es zuzuschreiben, dass es bei der ersten Salve keinen von ihnen erwischt hatte.

Neben Howard kroch Dan Dowd. Er bewegte sich flink wie eine Spinne, schnell und flach am Boden. Der Kahlköpfige pirschte sich von der anderen Seite an den Alten heran, der ihn noch nicht entdeckt hatte.

Der Schusswechsel dauerte Minuten, nur unterbrochen vom Nachladen des Verteidigers und der Angreifer. Dowd gelang es, unbemerkt seitlich an die Veranda heranzukommen.

Der Rancher selbst war zu sehr mit den restlichen Outlaws beschäftigt, die ihm weiter kräftig einheizten. Er wehrte sich seiner Haut so gut wie möglich. Als er schließlich des Glatzkopfs gewahr wurde, der unvermittelt schräg von ihm auftauchte, war es zu spät. Ohne mit der Wimper zu zucken, drückte Dowd ab, ließ Sam Carthy keine Chance. Seine aufgerissenen Augen starrten glanzlos in die ewige Schwärze über sich.

Die Banditen erhoben sich.

„Schnappt euch die frischen Gäule auf der Weidekoppel. Und dann machen wir, dass wir von hier wegkommen!“, mahnte Tex Howard zur Eile. Sollten sie tatsächlich von einem Aufgebot des Sheriffs verfolgt werden, war der Schusswechsel garantiert nicht unbemerkt geblieben.

 

*

 

John Heath war ein unsympathischer Bursche. Das hatte nur an zweiter Stelle mit seinem Aussehen, das an eine Vogelscheuche erinnerte, zu tun. Vor allem lag es an seinem unerträglichen Verhalten, das er an den Tag legte, seit sie Tombstone verlassen hatten. Unablässig redete er auf Deputy Bill Daniels ein, dass die Raubmörder, die sie verfolgten, nach Süden über die Grenze geflohen seien. Ins nahe gelegene Nahua in Mexiko.

Davon wollte der Sternträger jedoch nichts wissen. Stattdessen folgten die Männer einer Fährte, die auf eine Flucht in die westlichen Huachuca Mountains hindeutete.

Everett Waco, selbst ein ausgezeichneter Spurenleser, war allerdings überzeugt, dass die Mörder sich nach Osten abgesetzt und absichtlich eine falsche Fährte gelegt hatten. Daniels hielt auch davon nichts.

„Wir müssen nach Süden, Deputy!“, drängte Heath weiter.

Waco, der neben dem Lawman ritt, wollte sich dieses Gerede nicht länger anhören und schaltete sich nun ein. „Kannst du keine Spuren lesen, Heath?“, fragte er. „Sogar ein Blinder kann sehen, dass die Bastarde nicht nach Nahua geritten sind.“

Die eingefallene, mit Bartstoppeln übersäte Visage der Vogelscheuche, die neben ihm ritt, verzog sich unwillig. „Halt dein verdammtes Maul, Stranger!“, herrschte er den Unzähmbaren an. Seine bernsteinfarbenen Augen funkelten voller Hass. „Du hast hier nichts zu melden …“

Wacos Faustschlag traf ihn völlig unvorbereitet und so hart am Kinn, dass Heath wie ein nasser Sack aus dem Sattel kippte. Die anderen Männer zügelten ihre Pferde und schauten zu, wie er sich mühsam wieder aufrappelte.

Waco schwang sich von seinem Schwarzen.

Daniels ließ sie gewähren. Es war offensichtlich, dass er Heath eine Abreibung und Lektion gönnte, die er ihm von Amtswegen selbst nicht austeilen konnte.

„Du nervst schon seit über einer Stunde mit deinem Geschwätz!“, sagte Waco. „Es kommt mir fast so vor, als ob du uns absichtlich in die falsche Richtung locken willst.“

„Was sagst du da? Bist du nicht ganz bei Sinnen, verfluchter fremder Hund …“

Der nächste Hieb Wacos riss seinem Gegner die Haut über den Wangen auf. Erneut schluckte er Staub.

„Du beleidigst mich nicht noch einmal, Heath!“ Drohend stand der Unzähmbare über der Vogelscheuche. Im Mondschein, der seine große, drahtige Gestalt einhüllte, sah er wie ein Racheengel aus. „Aber wenn du deine hässliche Visage morgen nicht mehr im Spiegel erkennst, dann mach nur weiter so!“

Heath leckte mit der Zunge über seine spröden Lippen. Sein flackernder Blick fiel auf die Reiter, die teilnahmslos auf ihren Gäulen saßen, ohne sich zu rühren. Er verstand, dass er von ihnen keine Hilfe zu erwarten hatte. Genauso wenig vom Deputy.

„Nun gut“, knirschte Heath. „Vergessen wir das Ganze.“ Unsicher kam er wieder auf die Beine, doch seine Rechte schwebte über dem Revolver, den er tief an seiner Hüfte trug.

„Mach bloß keinen Unsinn!“, warnte Daniels. „Wenn Du zu deinem Schießeisen greifst, lege ich dich in Handschellen, kapiert!“

Die Reiter murmelten Zustimmung. Schließlich verfolgten sie ein Rudel von Raubmördern und konnten es sich nicht leisten, sich dabei selbst zu zerfleischen.

John Heath sah ein, dass er den Kürzeren gezogen hatte. Keuchend setzte er sich auf seinen Gaul. Abfällig sah er die Männer der Reihe nach an. Dann hieb er dem Pferd die Sporen in die Flanken und ritt wortlos in die Nacht hinein.

„Es ist nicht schade um diesen Mistkerl“, bemerkte Waco. „Ich weiß zwar nicht, was für ein falsches Spiel er treibt, aber ich habe ihm von Anfang an nicht getraut!“

Bill Daniels schwieg und trieb sein Pferd an. Der Unzähmbare und der Rest der Posse folgten ihm. Doch irgendwann verlief die Fährte der Banditen im sprichwörtlichen Nichts.

„Kannst du dir einen Reim darauf machen, Waco?“, fragte der Deputy schließlich.

Der Angesprochene sah sich lange um. „Es ist so, wie ich vermutete“, sagte er dann. „Die Outlaws haben uns im Kreis herumgeführt. Sie sind weder nach Westen, noch nach Norden, sondern vermutlich nach Osten geritten.“

Der Sternträger schüttelte heftig den Kopf. „Ausgeschlossen, Waco! Dort liegen die Chiricahua Mountains, in denen es vor Apachen und mexikanischen Rurales nur so wimmelt. Dieses Risiko würden sie niemals eingehen.“

„Genau damit rechnen sie, dass wir das annehmen. Deshalb haben sie eine falsche Fährte gelegt.“

Daniels atmete tief durch. Inzwischen graute der Morgen und warf sein erstes schwaches Licht über die Ebene.

„Deputy!“, rief Jeb Clove, einer der Reiter plötzlich. „Schau dir das Mal an!“

Der Lawman lenkte sein Pferd hinüber und blickte zu Boden. Zwischen dem Geröll waren Hufspuren zu erkennen.

„Die Bastarde sind nach Norden geritten – nach Tombstone!“, behauptete Clove bitter.

Waco, der neben ihn getrabt war, verneinte. „Das sind andere Hufabdrücke.“

„Vielleicht haben sie die Gäule gewechselt“, blieb Jeb Clove bei seiner Vermutung. „Unsere Familien wohnen in Tombstone. Jetzt ist nur Sheriff Ward dort, der es alleine nicht mit fünf Männern aufnehmen kann.“

„Was, wenn sich die Hurensöhne unsere Frauen und Kinder vornehmen?“, meinte ein anderer Reiter.

„Ich sage euch, dass sie nach Osten geritten sind“, versuchte es Everett Waco noch einmal. Aber er wurde überstimmt. Schließlich entschied Deputy Bill Daniels, dass sie nach Tombstone zurückritten.

Ein Fehler, den sie bitter bereuen sollten.

 

*

 

Menschen, die tagtäglich in einem wilden, rauen Land um ihr Überleben kämpfen, ihre Familien ernähren und Naturgewalten trotzen müssen, suchen sich Plätze, an denen sie zur Ruhe kommen. An denen sie Hoffnung schöpfen und, wenn sie religiös sind, vielleicht auch Barmherzigkeit erfahren. Ein solcher Ort war die Herz-Jesu-Kapelle mitten in Tombstone. Einer Stadt, die erst 1879 gegründet worden war, weil hier eine reiche Silberlagerstätte entdeckt wurde. Bereits ein Jahr später war sie Schauplatz verschiedener Schießereien, wobei die berühmteste der Revolverkampf am 26. Oktober 1881 hinter dem Mietstall am O.K. Corral war. Die Brüder Wyatt, Morgan und Virgil Earp kämpften zusammen mit Doc Holiday gegen Frank und Tom McLaury sowie Ike und Billy Clanton. Dabei geriet ein Unbeteiligter, Billy Claiborne, zufällig in die Auseinandersetzung. In nur einer halben Minute fielen dreißig Schüsse. Drei Menschen wurden getötet: Die McLaurys und Bill Clanton. Doc Holliday, Morgan und Virgil Earp wurden verwundet. Billy Claiborne und Ike Clanton flohen unverletzt. Die Toten dieses historischen Gunfights lagen auf dem Boot Hill-Friedhof.

Das alles schoss Nellie Cashman durch den Kopf, während sie vor dem Altar der Kapelle kniete, und versuchte, ihre Gedanken auf ein Gebet für die Kranken und Bedürftigen zu lenken. Neben ihr befand sich Pamela Clark, eine treue Freundin, die ihr bei der Arbeit und bei privaten Problemen zur Seite stand. Auch bei der Versorgung des Nachwuchses ihrer verstorbenen Schwester half sie mit.

An diesem Morgen suchten die beiden Frauen Ruhe im Andachtsraum des kleinen Gotteshauses. Lisa, eine Hotelangestellte, passte auf die Kinder auf. Außer ihnen war niemand in dem kühlen Raum anwesend.

Trotz ihrer zierlichen Statur war Nellie Cashman eine beeindruckende Person. Ihr dunkel gewelltes, streng zurückgekämmtes Haar rahmte ein bleiches Gesicht ein. Ihre Nase, die über einem schön geschwungenen Mund saß, war etwas zu breit. Das Hervorstechendste an ihr waren allerdings die großen, kohlefarbenen Augen. Sie strahlten Güte und Herzlichkeit aus, sodass jedem, der in ihrem Blick versank, unwillkürlich warm ums Herz wurde.

Das knarrende Geräusch der schweren Holztür zerriss die andachtsvolle Stille, als jemand in die Kapelle eintrat. Gleich darauf hallten klirrende Stiefelschritte auf, die erst verstummten, als der Besucher neben den beiden Frauen zum Stehen kam.

Nellie und Pam schauten zu ihm hoch. Sie kannten ihn. Es war John Heath. Der Mann, der ursprünglich aus Texas kam, hatte einen schlechten Leumund. Einst war er wegen Viehdiebstahls, Raub, Einbruch und Zuhälterei angeklagt worden, kam jedoch jedes Mal davon. In Bisbee hatte er mit einem Kompagnon einen Tanzsaal eröffnet, wohnte selbst aber in Tombstone. Die Frauen wussten, dass er zur Posse des Sheriffs gehörte, die die Raubmörder verfolgten. Wahrscheinlich hatte dieser ihn nur mitreiten lassen, um genügend Männer zusammenzubekommen. Und nun stand er hier, alleine, noch bevor die anderen zurückkehrten. Irgendetwas stimmte nicht …

„Schwingt eure hübschen Hintern hoch, Ladys“, knurrte die Vogelscheuche. Dabei lag seine rechte Hand auf dem Kolben seines Revolvers. „Ich habe nicht viel Zeit.“

Nellie und Pam erhoben sich unsicher. In seinem harten Blick fühlten sie sich geradezu gefangen.

„Was wollen Sie, Mister Heath?“ Nellie sah ihn mit ihren wunderbaren Augen gnädig an, obwohl ihr Herz wild in ihrer Brust trommelte. Sie spürte, dass Pam neben ihr nur mühsam ihr Temperament zügeln konnte.

„Sie werden mich jetzt begleiten, Miss Cashman“, entgegnete Heath ungerührt. „Sobald wir genügend Abstand zur Stadt haben, wird Ihre Freundin eine Nachricht an Sheriff Ward überbringen.“

„Einen Teufel werde ich tun!“, platzte es aus Pam heraus. Sie machte einen schnellen Schritt auf den Mann zu, der instinktiv zurückwich und sein Schießeisen zog.

„Nur die Ruhe, Pam. Es wäre zu schade deinen Prachtkörper mit Blei zu spicken.“ Bei diesen Worten glitt Heath wollüstiger Blick über die Kurven der Blondine. Unbewusst leckte er sich die Lippen.

Pam atmete tief ein, wobei sich ihr praller Busen noch mehr unter ihrer Bluse ausdehnte. Erneut setzte sie zu einer Erwiderung an, unterließ es aber angesichts der Waffenmündung, die abwechselnd auf sie und Nellie gerichtet war.

„Hinter der Kapelle steht mein Pferd und eines für Sie, Miss Cashman.“ Heath hielt kurz inne, bevor er fortfuhr. „Wir werden jetzt rausgehen, auf die Gäule steigen und auf einer Seitenstraße aus der Stadt reiten. Ohne jegliches Aufsehen.“

Nellie nickte betroffen. Sie schien die Welt nicht mehr zu verstehen. Ausgerechnet im Gotteshaus wurde sie mit Gewalt konfrontiert.

„Was hast du vor?“, wollte Pam von ihrem Gegenüber wissen.

Heath eingefallene, stoppelbärtige Visage verzog sich zu einem hässlichen Grinsen. Er antwortete, ohne genau auf die Frage einzugehen. „Du wartest zwei Stunden. Dann gehst du zu Sheriff Ward und teilst ihm mit, dass er dem Aufgebot einen Boten nachschicken soll, die Verfolgung der Bisbee-Banditen einzustellen. Wenn nicht …“ Die Vogelscheuche spannte den Hahn seines Revolvers. „… wird er Miss Cashman lebend nicht mehr wiedersehen. Kapiert!“

Pam nickte kaum merklich, während Nellie sich in die Fingerknöchel ihrer zierlichen Fäuste biss, um nicht laut aufzuschreien.

„Wenn du meiner Freundin nur ein Haar krümmst …“ In Pams Blick flackerte unbändiger Hass.

Heath setzte sein Kojotengrinsen auf und entgegnete eisig: „Du weißt, was du zu tun hast! Und wehe du informierst den Sheriff nur eine Minute früher, wie ich es dir aufgetragen habe!“ Mit diesen Worten trieb er Nellie durch die Kapellentür.

---ENDE DER LESEPROBE---