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Die beiden Völker der Tatshura und Nutsharu stehen sich seit langer Zeit feindlich gegenüber. Ihre Feindschaft verstärkte sich durch den Mord an Jiraya`s Mutter. Jiraya`s einziger Wunsch besteht darin, den Mörder ausfindig zu machen. Sie begibt sich auf eine Reise, bei der sie der Gefahr mehr als einmal ins Auge blickt. Um die Antwort zu finden, wandelt sie durch ihre Heimat, die Wüste, ob Tag oder Nacht. Auf der Suche nach der Wahrheit stellt sie sich mehrmals die Frage: Wem kann sie noch trauen? Mein zweites Buch, aber das erste, was ich veröffentlicht habe. Es ist von 2015, ich war 17. Ich schrieb es nicht nur, ich malte auch die Illustrationen sowie das Cover. Im Nachwort gehe ich auf die Entstehung des Buches ein, zeige alte Zeichnungen und Skizzen. Ich kommentiere und kritisiere mein eigenes Buch auf humorvolle Weise. Auf den letzten Seiten findet man selbstverständlich die Gemälde der Charaktere.
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Seitenzahl: 339
Veröffentlichungsjahr: 2015
Josi Saefkow
Herrscher der Wüste
© 2015 Josi Saefkow
Update (Neuauflage): 2023
Umschlag, Illustrationen: Josi Saefkow
Email: [email protected]
Web: linktr.ee/josi.saefkow
ISBN Softcover:
978-3-7323-4641-7
ISBN Hardcover:
978-3-7323-4642-4
ISBN E-Book:
978-3-7323-4643-1
Druck und Distribution im Auftrag des Autors: tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
Ein Meer aus Sand und Steinen
Bewohnte Höhlen
Kinder der Dünen
Überleben im brennenden Sand
Götter der Lüfte
Augen der Nacht
Eine Freundschaft mit dem Mond und den Sternen
Ein lauernder Schatten
Verwandlung
Blutroter Sand
Eine brennende Wüste
Ein wandelnder Wald auf weißem Sand
Sterne des Lebens
Pechschwarze Dunkelheit der Verwüstung
Licht
Das Nachwort
Meine anderen Bücher
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Cover
Titelblatt
Urheberrechte
Ein Meer aus Sand und Steinen
Illustrationen
Cover
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Ein Meer aus Sand und Steinen
Ich flog über den weißen Sand der Wüste hinweg. Er strahlte durch die blendende Helligkeit des Sonnenlichtes. Es wirkte, als bestände das Land aus braunen, versteinerten Wellen. Hier wuchs keine einzige Pflanze. Man sah nur Staub. Breite Schatten bildeten sich an den sandigen Hügeln. Der tanzende Sand schwebte bei jedem Windhauch durch die Gegend. Am leuchtend blauen Himmel kreisten einige Wolken. Der Horizont war kaum sichtbar. Er war nur verschwommen und blass zu erkennen. Die Luft war trocken. Am ganzen Leib spürte ich die brennende Hitze. Wie ein Pfeil stürmte ich durch die glühende Landschaft. Der Druck des Windes an allen Seiten meines Körpers kühlte mich.
Während des langen, beschwerlichen Fluges wurde es kaum langweilig. Die Ödnis war interessanter als manch einer glaubte. An einigen Tagen war sie überfüllt von Lebewesen, die ihren Weg suchten. Nicht selten konnte man fischartige Kreaturen beobachten, die in dem wasserlosen, trockenen See umher schwammen. Am Himmel zogen Drachen ihre Kreise. Eine Herde von Pflanzenfressern durchwanderte das Ödland nach Essbarem. Sie suchten Oasen auf und fraßen die wenigen Pflanzen, die dort wuchsen. Durch ihre riesenhafte Gefräßigkeit könne man sogar behaupten, sie wären jene gewesen, welche die Wüste kahlfraßen, wodurch diese tote Natur entstand. Wovon sie sich allerdings ernährten, wenn nichts zu finden war, wusste niemand. Es verwirrte, dass Pflanzenfresser in dieser Wüste überhaupt lebten. Wenn sie umherstreiften, griffen Raubtiere sie an und jagten sie. Die hungrigen Fische sprangen hervor und zogen sie hinein in den Sand. Bevor sie bemerkt wurden, lockten einige von ihnen die Tiere mit einer Art Angel an, wonach sie zuschnappten und sie mit einem Bissen verschlangen. Riesige Schlangen schlängelten sich zu der Herde und erwürgten die Tiere oder töteten sie mit ihrem Gift. Auch Wyvern und große Raubvögel stürzten sich auf sie. Sie schleppten sie fort. Nachdem viel Totes am Boden lag und der Geruch von Verwesung und Blut bis in die Ferne wahrzunehmen war, kamen Aasfresser herbei und verspeisten die Reste, die übrig blieben. Sie aßen das, was kein anderer essen wollte. Die Fleischfresser erfreuten sich an der Jagd. Es war für sie ein Festmahl, welches sie nur selten erleben konnten. Jegliche Gestalten trafen hier aufeinander, um ihren großen Hunger zu lindern.
Die Zeit verging und ich erblickte in der Ferne seltsam geformte, schwarze Felsen. Zwischen den großen Steinen fand ich einen hohen Insektenhügel. Hungrig sauste ich dorthin und krallte mich an das Gestein. Die Krabbeltiere liefen über meine Füße hinweg. Vor Angst flüchteten sie in die Eingänge ihres Baus. Ich griff mit meinem spitzen Schnabel nach ihnen und verschlang sie. Nach einigen Momenten waren sie jedoch alle in der kleinen Höhle verschwunden, wodurch ich ihre Nähe verließ. Ich flog hinauf zu einem der Gebirge und machte es mir auf den Steinen gemütlich. Die Herde der Pflanzenfresser wanderte an den Felsen vorbei und unter einem Abhang hindurch, auf dem ich hockte. Die riesenhafte Menge der Tiere verringerte sich kaum durch die Angriffe der Raubtiere. Nur wenige Geschöpfe machten noch Jagd auf sie.
Ich beobachtete den Sonnenuntergang. Der Himmel färbte sich dunkelrot. Die weiß strahlende Sonne sank hinunter. Das letzte Licht des Tages schimmerte auf den Sand und die Berge und ließ sie verfärben. Doch das Farbenspiel ging bald vorbei. Die Sonne und die Helligkeit verschwanden. Die Nacht brach herein. Somit auch die Dunkelheit. Zunächst war alles finster. Man sah nichts mehr. Es waren nur helle Augen, die erkennbar waren. Nicht einmal die Umrisse derjenigen Tiere konnte man erkennen. Es verging ein langer Moment bis man wieder den Boden unter den Füßen erblicken konnte. Kleine Flecken am Himmel glühten auf. Unzählbare Sterne wurden sichtbar. Sie wurden stets mehr. Langsam schob sich der gigantische Mond am Horizont hervor. Mit seinen blau strahlenden Ringen erleuchtete er die Nacht. Sternschnuppen sausten durch die Finsternis. Der Sand war weiß und wirkte wie Schnee. Ich grub mich in ihm ein, als die unerträgliche Kälte sich näherte.
Nachdem ich die Hitze der Sonnenstrahlen spürte, wachte ich auf. Ich buddelte mich aus der Erde und schüttelte den Sand von mir ab. Während ich mich umschaute, erschrak ich und öffnete vor Staunen meinen Schnabel. Über meinem Kopf wanderten riesige Geschöpfe hinweg, welche über die Felsen stiegen. Die Tiere durchquerten die Landschaft mit ihren stelzenartigen Beinen. Auch Jungtiere folgten der Herde und kamen ihren Müttern hinterher. Ihre Beine waren noch kurz und stämmig. Die Pflanzenfresser waren vermutlich auf der Suche nach Nahrung. Ihre Reise würde an einem Gewässer enden, an dem sie ihren Durst stillen, denn das Wasser in den Stacheln ihres Rückens war bereits verbraucht. Solche durchsichtigen Dornen hatten alle Lebewesen der Wüste, um nicht zu verdursten und über einen langen Zeitraum ohne Wasser zu überleben. Allerdings hatten dies meist nur tagaktive Tiere. Auch ich bekam wieder Durst, auch meine Stacheln waren beinahe leer. Nur kleine Tropfen erkannte man noch in ihnen. Eine große Luftblase war bei mir das Einzige, was man darin deutlich sehen konnte.
Ich genoss ihre Nähe, doch plötzlich blieben sie stehen. Ihre Ruhe ging verloren. Sie gerieten in eine wahre Schockstarre. Wie gelähmt starrten sie alle in dieselbe Richtung. Der Wind brauste umher. Ich drehte mich zögernd um. In der Ferne bildete sich ein gewaltiger Sandsturm. Er ragte empor und wurde immer mächtiger. Er sog den Sand um sich herum ein. Darunter war ein Strudel sichtbar. Am Himmel zogen dunkle Wolken auf. Sie verdeckten die Sonne. Die Tiere kehrten um. Eine Flucht war ihnen jedoch unmöglich. Sie konnten sich durch den kräftigen Wind nicht mehr halten. Er brachte sie zu Fall. Verzweifelt versuchten sie aufzustehen, doch der Sturm war zu stark. Ich krallte mich in das Gestein und hielt mich mit aller Kraft fest. Panisch biss ich mich darin fest. Ein furchtbares Dröhnen war vernehmbar. Es war nicht zu überhören und schmerzte in den Ohren. Der Boden bebte. Der Sand bewegte sich. Ein immer größer werdender Hügel bildete sich unter dem Orkan. Der Sand färbte sich pechschwarz. Die Wolken wurden dunkel. Sie ließen Ruß regnen. Augenblicklich stürzte eine Kreatur von unerklärlicher Größe aus dem Loch. Der Hügel verkleinerte sich. Der Sandsturm wurde stärker. Die Macht des Windes ließ Felsen zertrümmern. Die schwarze Schlange kreischte und schlug mit ihren ledernen Schwingen. Sie stürmte in unsere Nähe. Mit ihrem gigantischen Maul verschlang sie mehrere der Tiere zugleich. Die Bestie schwebte über mich hinweg und nahm den Sturm mit sich. Die Stärke der Flügelschläge bohrte mich tief in den Sand. Erst nachdem das lautstarke Brüllen der Kreatur zu Ende ging und der Sturm vorbei war, kam ich wieder hervor. Durch den Anblick wurden meine Schuppen leichenblass. Mein Fell stellte sich auf. Ich riss meine Augen auf, denn ich konnte dem Anblick kaum Glauben schenken. Die Landschaft war verwüstet, die Felsen zerstört. Am Boden waren Knochen zu sehen. Unzählbare Leichen von Tieren lagen auf dem blutigen Boden. Egal wohin ich schaute, alles war schwarz. Bis zum Horizont hatte der Sand seine ursprüngliche Farbe verloren. Meine einst hellen Schuppen waren dunkel gefärbt. Ich schüttelte den Staub von mir, doch der Schmutz löste sich nur gering. Die Wolken verzogen sich nach einer Weile und das leuchtende Blau des Himmels wurde sichtbar. Das Licht der Sonne schien auf die leblose Natur. Man hörte das keuchende Atmen der Wüste.
Nur langsam löste ich mich aus der Erstarrung. Ich flog fort von diesem Gebiet. Erst lange Zeit später kam ich dort an, wo das sandige Meer wieder hellbraun war. Doch der Wind wehte Sandkörner umher, sodass der Ruß sich auch hier befand. Ohne an etwas anderes als an den Vorfall zu denken, schwebte ich mit gesenktem Kopf durch den sandigen Nebel. Dabei nahm ich meine Umgebung kaum wahr. Bloß ein kleines Insekt konnte mich aus meinen verzweifelten Gedanken befreien. Es flog vor mir und schaute mich mit großen Augen an. Summend kam es näher. Zunächst tat ich nichts und blieb an meinem Fleck. Auf einmal aber versuchte die Bestie mit dem giftgefüllten Stachel ihres langen Schweifes zuzustechen. Sofort flüchtete ich vor ihr. Sie hastete mir hinterher. Keinesfalls ließ sie mich aus dem Blick. Es war mir schier unmöglich, mich aus ihrer Nähe zu befreien. Auch wenn sie winzig war, musste ich fliehen, denn sie hätte mich mit ihrem Gift töten können. Das Insekt holte mich bald ein. Ich drehte um, denn es befand sich vor mir. Eilig flüchtete ich hinein in den Sand, in dem ich mich versteckte. Doch die Bestie folgte mir. Als ich ihre Laute hörte, tauchte ich wieder hinauf an die Oberfläche des weißen Sees. Mein Feind stürzte sich auf mich. Sein Stachel schnellte zu mir hervor. In demselben Moment drehte ich meinen Kopf zur Seite. Augenblicklich öffnete ich meinen Schnabel. Ich ergriff ihren Schweif. Panisch schlug die Bestie mit ihren Flügeln. Wir fielen hinab und landeten auf dem Sand. Ich lag auf dem Rücken, dabei hielt ich das Insekt mit meinen Krallen fest. Ein kraftvoller Biss folgte und ich warf es von mir weg. Ich stellte mich auf meine Hinterbeine, sprang auf und flog davon.
Bewohnte Höhlen
Das staubige Wasser des weißen Meeres schwebte durch die Luft. Die Sonne strahlte. Ihr blendend helles Licht schien auf die sandigen Wellen. Viele der Sanddünen wirkten wie Berge. Der Himmel war blau wie ein Ozean. Keine einzige Wolke streifte umher.
Ich bemerkte nach einiger Zeit eine Gruppe von kleinen Eidechsen, die sich auf dunklen Felsen ausruhten. Hungrig raste ich hinab. Mehrere der Echsen bemerkten mich bereits und gruben sich ein in die weiße Erde. Wie ein Blitz raste ich auf sie zu. Im Sturz winkelte ich meine ledernen Schwingen an meinen Körper. Das Fell an meinem Schweif spitzte sich zu. Ich riss meinen Schnabel auf und schnellte meine Hinterbeine nach vorne. Die Echsen spürten die Gefahr. Sie weiteten ihre langen, durchsichtigen Flügel aus, sprangen auf und flogen davon. Ich eilte ihnen hinterher. Sie versuchten mich abzuschütteln, denn die Gruppe teilte sich auf. Sie schlugen verschiedene Richtungen ein, daher folgte ich nur noch einem der Tiere durch die staubige Landschaft. Nach einer Weile bemerkte ich in der Ferne riesige Gebirge. Sie stachen in die Höhe und waren nicht zu übersehen. Das braune Gestein glänzte. Die Umgebung war besät mit Felsen. Ich verfolgte meine Beute bis dorthin. Das Tier flog in der Nähe des Bodens entlang. Es schleuderte den Sand nach mir und hüllte sich selbst darin ein. Die Echse war nicht mehr sichtbar. Sie war verschwunden. Ich schaute mich suchend nach ihr um, doch ihr kleiner, sandfarbiger Körper war nicht mehr zu finden. Erschöpft und zugleich genervt gab ich die Suche auf.
In meiner Nähe schwammen fischähnliche Kreaturen durch das wasserlose Meer. Sie wurden verfolgt, denn andere, größere Lebewesen waren hinter ihnen her. Die Geschöpfe sprangen heraus und tauchten wieder hinab in den Sand, in dem sie verschwanden. Sie taten dies ständig, um nicht den Überblick über ihre Umgebung zu verlieren. Mit dieser Methode holten sie ihre Beute bald ein. Die zweibeinigen Wesen stürzten sich auf sie, wobei sie ihr Fleisch mit ihren spitzen Zähnen durchbohrten und ihre Haut mit den Krallen zerkratzten. Ihre Beute ließen sie nicht los. Der lange, dünne Schwanz der Raubtiere kam hervor. Sie töteten die Fische mit dem Gift des Stachels. Das Tier bewegte sich daraufhin nicht mehr. Der lange Schweif der Jäger verkürzte sich und war daraufhin wieder versteckt unter ihrem Fell.
Diese Wesen lebten in Höhlen eines großen Gebirges. Sie waren die ranghöchsten Raubtiere der Wüste und nannten sich Tatshúra [Ta-tschù-ra]. Diese Gattung war eine Mischung aus Säugetier und Reptil. Sie säugten ihre Jungen und trugen Fell an ihrem Kopf, an den Armen, Schultern und als eine Art Schweif, der dem der Vögel glich und ihr Gesäß verdeckte. Ihre raue, panzerartige Haut war bestückt mit Schuppen, Stacheln und Hörnern. Diese Lebewesen konnten besser miteinander kommunizieren, denn sie besaßen eine eigene Sprache und Schrift. Sie waren hohe Temperaturen gewohnt und vollkommen an das Leben in der Trockenheit angepasst. An ihrem Rücken trugen sie durchsichtige Stacheln, welche mit Wasser gefüllt waren, um eine Austrocknung zu verhindern und den seltenen Durst zu stillen. Unter ihren Füßen besaßen sie eine polsterartige Haut, um keine Verbrennungen zu erleiden. Doch ihre auffälligste Fähigkeit war, Sand zu kontrollieren. Allein mit ihrer Vorstellungskraft konnten sie ihn bewegen, ohne ihn auch nur einmal zu berühren. Vermutlich trugen sie einen magnetähnlichen Stoff in sich, wodurch es ihnen möglich war. Daher, dass diese Lebewesen den höchsten Rang in dieser Ödnis hatten, mussten sie vor kaum etwas Angst haben. Sie führten ein bescheidenes Leben. Die Tatshura kamen nur tagsüber aus ihren Behausungen und blieben dabei stets in der Nähe des Gebirges. Nachts verließen sie es nie. Doch auch wenn die Sonne schien, waren nicht alle von ihnen zu sehen. Morgens waren sie träge und ruhten sich noch lange an ihrem Schlafplatz aus. Eigentlich waren diese Wesen nicht wirklich interessant. Sie zu beobachten war langweilig, denn den meisten Tag über lagen sie nur faul herum und taten nichts. Ab und zu gingen sie auf Jagd, wonach sie sich wieder bloß ausruhen mussten. Miteinander kommunizieren, zu fressen, zu schlafen und sich zu paaren, waren meist ihre einzigen Beschäftigungen. Neugierig machte mich nur, dass die Männchen sich mit den Weibchen zu Pärchen zusammenfanden, was in der Tierwelt eher ungewöhnlich war. Selten prügelten sie sich auch, wobei ich gerne zuschaute, denn es gab kaum unterhaltsamere Tätigkeiten, die sie ausführten. Sie taten immer nur dasselbe. Ich wunderte mich schon lange, weshalb ich noch immer in ihrer Nähe war. Wahrscheinlich deswegen, weil alle meiner Art mit den Tatshura in dem Berg lebten.
Augenblicklich riss mich etwas aus den Gedanken. Die Tatshura blieben wie erstarrt auf ihrer Stelle und regten sich nicht. Sie schauten alle in dieselbe Richtung, hinauf in den Himmel. Ich drehte mich um und erschrak. Der Sand leuchtete heller. Ein gleißender Lichtstrahl durchzog das Gebiet. Mein Körper war durchtränkt mit Schweiß, denn es wurde immer heißer. In der Ferne war Feuer zu sehen. Grauer Rauch stieg in die Höhe. Die Wärme war nahezu unerträglich. Die Luft glühte. Die Flammen flogen über die Gebirge hinweg und näherten sich uns. Eine Gestalt wurde sichtbar. Es war eine lebende Kreatur, groß wie ein Berg und bestehend aus Feuer. Das Wesen schlug mit seinen brennenden Schwingen und schwebte über uns fort. Die Glut ging langsam verloren, als der Riese hinter dem Horizont verschwand. Die Jäger lösten sich nach einer Weile aus der Starre. Sie ernährten sich von dem Erjagten. Ich hingegen flog davon.
Zielbewusst bewegte ich mich zu den riesenhaften Gebirgen. Sie waren hellbraun und besaßen an vielen Stellen rundliche Formen. Die Berge waren bedeckt mit Sand. Flügelschlagend raste ich hinauf. Eilig flog ich an dem Gestein nach oben. Ein breites Loch war zu sehen, der Eingang einer Höhle. Ich raste dorthin und stürmte hindurch. Der Durchgang wurde schmaler. Ich musste den eckigen Steinen ausweichen. Licht schimmerte durch das enge Ende des Tunnels. Ich stürmte an dem geschliffenen Sandstein vorbei, winkelte meine Flügel an, drehte mich zur Seite und schwebte durch die winzige Öffnung hindurch. Lebewesen fielen mir in den Blick, die Tatshura. Sie saßen auf dem Boden, kletterten an den Wänden entlang und durchwanderten die Tunnel. Die Raubtiere befanden sich nahezu überall in den Innenräumen des Gebirges. Kleine Wyvern flogen umher. Auch sie hatten sich hier angesiedelt. Viele der Drachen saßen auf den Schultern der Tatshura. Unsere Art lebte mit ihnen zusammen. Die Mehrzahl von uns freundete sich mit ihnen an und blieb ihr Leben lang bei ihrem jeweiligen Gefährten. Doch ich war einer der Wenigen, die sich dagegen entschieden hatten. Ich besaß nicht das Verlangen, mich an jemanden zu binden.
Der Sandstein besaß meist eine beige Farbe, welche sich durch das schimmernde Sonnenlicht stets änderte. Er glänzte an manchen Orten rötlich bis violett. Seine Formen waren wunderschön anzusehen. Sie wirkten wie Wellen. Das Gestein war verschiedenartig geformt. Es war an vielen Stellen kantig und spitz, an anderen dagegen abgerundet und glatt. Von oben schienen einzelne Lichtstrahlen hinein und brachten Helligkeit in die Höhlen. Bräunlicher Staub fiel von den Felsen herab. Es bildeten sich Wasserfälle aus Sand. Der Boden war flach. Kein einziger Windhauch war zu spüren.
Ich schwebte über die Köpfe der Tatshura hinweg und zwischen den Wänden aus sandigem Stein hindurch. Ich musste vorsichtig sein, um nicht gegen das Gestein zu prallen. Meine Fluggeschwindigkeit war enorm, ich wollte sie nicht verringern. Ich kannte die Höhle und wusste genau, wo mein Ziel lag. Hastig raste ich hinunter zu einem kleinen Durchschlupf. Der winzige Tunnel wurde immer niedriger. Ich sah nur noch dunkles Gestein vor mir. Schleunigst tauchte ich hinab in den Sand und schwamm durch ihn hindurch. Kurz darauf kehrte ich wieder zur Oberfläche zurück. Das helle Licht der Sonne blendete mich. Es schien durch mehrere Öffnungen der Felswände hindurch. Ein breiter, großer Höhlenausgang befand sich in meiner Nähe. Ich flog über Klippen hinweg, die sich dort befanden. Viele der Tatshura ruhten sich gerne an diesem Ort aus, denn er war einzigartig. Das Gebiet war umrandet von Gebirgen und Felsen. Ein Bach schlängelte sich durch die Landschaft und mündete in einem kleinen See, der sich hier ausbreitete. Um ihn herum wuchsen grüne Pflanzen. Hohe Palmen stachen hervor. Sie bildeten unendlich lange Schatten. An einigen Bäumen hingen Früchte, von denen sich die Tatshura teilweise ernährten.
Ich flog zu dem See. Das Wasser war rein und klar. Es spiegelte seine Umgebung deutlich wider. Dadurch wirkte es, als besäßen die Pflanzen farbige Schatten. Ich setzte mich neben das Wasser und stillte meinen Durst. Nach wenigen Schlucken erblickte ich eine weibliche Person, die sich in dem See befand. Sie tauchte nach einigen Momenten hinauf an die Wasseroberfläche. Es kam mir seltsam vor, da erwachsene Tatshura keinesfalls lange in dem Gewässer blieben. Die mir fremde Gestalt bewegte sich kaum und blickte in den blauen Himmel. Ich wusste nicht, weshalb ich sie beobachtete. Wie versteinert saß ich da und schaute ihr beim Nachdenken zu. Durch ihre Tätigkeit war ich verwirrt. In Gedanken vertieft sprang ich auf und flog über die Klippen hinweg. Ich nahm keinen bestimmten Weg. Ohne ein Ziel vor Augen durchquerte ich die Höhlen. Nach einer Weile bemerkte ich zwischen enganliegenden Felsen versteckt, ein breites Loch im Boden. Der weiße Sand fiel dort hinunter. Schleunigst stürzte ich in die Tiefe. Ich erblickte Kratzer an den Gesteinswänden. Es war ein Pfad der Tatshura. Das Licht verringerte sich. Bald sah ich nur noch Dunkelheit. Ich schwebte durch einen breiten Eingang hindurch. Zögernd begab ich mich hinein. Mehrere Atemzüge danach prallte ich gegen einen Felsen. Ich zuckte zusammen, doch beruhigte mich wieder. Mein Atem erhitzte sich. Ich öffnete meinen Schnabel und stieß eine Flamme durch die Luft. Das Gestein vor mir loderte hell auf. Das Feuer erleuchtete die Höhle. Sofort sprangen mir die Felswände in den Blick. Dort waren Malereien der Tatshura. Jeder einzelne Stein war bemalt. Handabdrücke, aber auch Zeichnungen von Tieren, Pflanzen, Jagden und ganzen Lebensgeschichten waren zu sehen. Ich drehte mich um und erkannte zwischen zwei hohen, schwarzen Felsen ein großes, auffälliges Gemälde. Neugierig flog ich näher und schaute es mir genauer an. Eine Gestalt war dargestellt in der Form eines Vogels. Das Tier hatte seine Flügel weit geöffnet und schaute mich mit seinen gläsernen Augen ehrenvoll an. Sein Bauch und seine Füße waren pechschwarz. Seine Schwingen brannten. Sie bestanden aus Feuer. Der schmale Körper des flammenden Vogels war umhüllt von Rauch. Er trug eine lodernde Mähne, dunkel gefärbte Hörner und einen schneeweißen Kopf. Sein schwarzer Schweif war nahezu unendlich lang. Das Abbild der Majestät war umrandet von Mustern. Sie machten die Würde und die Größe des Wesens deutlich. Hinter dem Bildnis war die Sonne zu sehen. Sie wirkte ziemlich klein und verschmolz mit dem Gefieder des Tieres. Nahe der Zeichnung war ein Wort notiert. Es war ein Name: Ta`juréres. [Ta-ju-re-res]
Kinder der Dünen
Ich verließ die Höhle und kehrte durch den Tunnel an die Oberfläche zurück. Durch die Gänge des Gebirges flog ich hindurch. Nach einer Weile schimmerte ein breiter Lichtstrahl von oben hinunter. Ich stieg hinauf und schaute mich dort um. Das helle Licht der Sonne schien auf die Felsen. Der blaue Himmel war wolkenlos. Um mich herum war Gestein, unter mir leuchtender Sand. Ich witterte etwas, welches Esslust in mir entstehen ließ. Hungrig flatterte ich zwischen den Steinen entlang. Ich folgte dem stechenden Geruch. Nur wenig Zeit später entdeckte ich ein totes Tier auf dem Boden liegen. Ohne zu überlegen, nahm ich den Weg dorthin. Mit meinen Füßen krallte ich mich in das Fleisch. Sabbernd schaute ich herab. Ich öffnete meinen Schnabel und biss zu. Das Fleisch war herrlich saftig und noch ganz frisch, sodass ich durch den herzhaften Geschmack nicht loslassen mochte. Doch plötzlich zuckte ich vor Schreck zusammen. Ein bösartiges Knurren war zu hören. Der leblose Körper bewegte sich. Er drehte sich zur Seite. Ich fiel hinunter und prallte auf dem Sand auf. Wie erstarrt lag ich auf meinem Rücken. Eine Gestalt krabbelte aus dem bauchleeren Leib. Sie stellte sich mit ihren Flügeln auf dem Sand ab. Der Wyvern war riesig im Gegensatz zu mir. Wir gehörten beide derselben Art an, doch er war ein Gigant. Seine braune Mähne und sein Fell wehten im Wind. Seine purpurroten Flecken leuchteten. Die nach vorne gerichteten, schwarzen Hörner waren gewaltig. Durch das Blut, das an seinem Leib klebte, waren seine hellen und dunklen Schuppen rot gefärbt. Sein starker Panzer war durch zahlreiche Kratzer und Bisswunden vernarbt. Zornig knurrend drehte er sich um. Seine strahlend blutroten Augen starrten mich wutverzerrt an. Er stellte sich auf seine Beute. Mit einem kräftigen Brüllen ließ er mich erschüttern. Schleunigst stand ich auf. Panisch schlug ich mit den Flügeln. Der Wyvern sprang auf. Er verfolgte mich. Ich raste angsterfüllt an den Gesteinswänden vorbei und über die Köpfe der verwirrten Tatshura hinweg. Der Drache kreischte vor Wut. Ich flog nahe am Boden. Die Bestie stürmte in meine Richtung. So schnell wie möglich flog ich fort. Doch egal, was ich versuchte, sie ließ sich keinesfalls abschütteln. Der Wyvern spie seine riesenhaften Flammen durch die Luft. Ich spürte die nahende Hitze, doch entkam dem Angriff. Auf einmal erkannte ich in der Ferne einen kleinen Riss in dem Gestein des Berges. Ohne zu zögern eilte ich dorthin. Der Drache schnappte nach mir. In demselben Moment neigte ich mich zur Seite. Ich steuerte auf die Felsen zu. Die Bestie fauchte. Aus ihrem Maul stieg Rauch und Feuer. Ihr Gesicht war verzerrt, ihre Augen weit aufgerissen. Sie griff mit ihren Pranken nach mir. Ich schwebte an den Steinen vorbei. Nur wenige Flügelschläge trennten mich von der Sicherheit. Ich winkelte meine ledernen Schwingen an meinen Körper und stürzte in die Felsspalte hinein. Sofort verkroch ich mich in ihr. Der Wyvern krallte sich in das Gestein. Er schaute in die kleine Höhle. Die großen Hörner der Kreatur hinderten sie daran, sie betreten zu können. Der Drache brüllte laut und zerkratzte die Felswand. Ich zitterte am ganzen Leib. Meine Todesangst wurde immer stärker. Der Wyvern wirbelte den Sand umher und beschädigte durch kraftvolle Bisse den Eingang. Er versuchte ihn zu vergrößern und begehbar für ihn zu machen, doch dies gelang ihm kaum. Der Zorn des Untieres steigerte sich mit jedem Moment. Es brachte einen Sturm hervor. Ich hielt mich an den Felsen fest. Durch den Wind war ich nicht in der Lage zu atmen. Vor Angst gelähmt, schaute ich zu dem Monster. Aus seinen Nüstern stieg pechschwarzer Rauch. Der Drache riss seinen Schnabel auf. In seinem Rachen bildete sich Feuer. Seine Augen glühten.
Ich war mir bewusst, ich würde nun meinen letzten Atemzug nehmen, doch plötzlich geschah etwas für uns beide Unerwartetes. Eine tiefe Stimme war zu hören. Das Licht der Flammen erlosch. Das Ungeheuer wurde ruhiger. Es wirkte verwirrt und unsicher. Die Bestie wandte sich von mir ab. Sie erblickte eine Person in ihrer Nähe, die zu ihr sprach. Es war ein überaus kräftiger, männlicher Tatshura mit dunkelbraunem, stacheligem Panzer, der vom Gesicht bis zum Bauch eine beige bis weiße Farbe besaß. Seine Haut war an vielen Stellen vernarbt und mit einigen getrockneten und teilweise noch frischen Blutflecken beschmiert. Durch sein Gesicht verlief ein längerer Kratzer. Sein Fell und seine kurzen Haare waren golden, seine Augenfarbe und die Muster seines Panzers blutrot. An seinem Kopf trug er große, nach vorne gerichtete Hörner. Eines von ihnen war zur Hälfte abgebrochen. Das Andere war an der Spitze rot gefärbt. Um seinen Mund herum besaß er einen braunen Vollbart. Grinsend schaute er zu dem Wyvern. Der Drache schielte in meine Richtung und gab ein zorniges Knurren von sich. Seinen grundlosen, mächtigen Zorn spürte ich deutlich. Er sprang widerwillig von dem zerkratzten Gestein, flog zu dem Mann und setzte sich auf seine breiten Schultern. Der Tatshura drehte um. Er ging mit ihm fort. Gedankenversunken sah ich ihnen nach. Der Drache starrte mich an und fauchte. Ich kannte den Wyvern bereits. Mehrmals in meinem Leben stand ich mit ihm in einem Konflikt. Er konkurrierte sich mit jedem. Die Bestie besaß den höchsten Rang in unserer Gruppe. Jeder von uns Wyvern fürchtete ihn. Sein Name war bei allen bekannt. Er hieß Cylok [SSei-lock].
Nur langsam ging meine Angst vorbei. Das Zittern wurde schwächer. Nachdem der Wyvern nicht mehr zu sehen war, beruhigte ich mich. Ich hüpfte von dem Felsen. Dabei nahm ich keinen bestimmten Weg und überließ es dem Schicksal, wo der Flug endet. Es trug mich durch die Höhlen des Gebirges, ohne dass ich selbst wusste, wohin ich mich begab. Ich schaute auf den bräunlichen Staub unter mir. Ein leichter Windhauch ließ einige Sandkörner umher wehen. Sie schwebten zu einem der Tunnel. Unbewusst folgte ich dem Durchgang. Die Gesteinswände besaßen eine rötliche Färbung. Durch das Licht, das auf sie schien, änderten sie ihre Farbe ständig. Ich bog nach links ab, als sich der Tunnel verzweigte. In der Ferne schimmerte ein einziger Sonnenstrahl auf den hellen Sand. Nach kurzer Zeit erreichte ich den Ort und bemerkte dabei mehrere Abzweigungen. Ich überlegte, welchen der Wege ich nehmen sollte und krallte mich demnach in die Felswände, um nachzudenken und um mich auszuruhen. Mein Blick wandte sich ständig zu einem der Gänge. Ich war mir nicht bewusst, weshalb ich die Richtung einschlug. Ein seltsames Gefühl zog mich dorthin. Ich flog zwischen den Gesteinen hindurch und gelangte in eine kleine Höhle. An einer Stelle war ein eine Öffnung, durch welche die Weite der Wüste zu sehen war. Ein tiefer Abgrund verhinderte, das Gebirge von dort aus zu verlassen. Das helle Licht schien hindurch. Ich fühlte die Stille. Nur der Sand, der von oben herabfiel, war zu hören. Ich begab mich weiter hinein in den Bau. Auf einmal schreckte ich auf, als ich eine weibliche Gestalt auf dem rundlichen Sandstein sitzen sah. Es war dieselbe Tatshura, die ich am See das erste Mal erblickte. Ihre langen Haare und ihr Panzer waren strahlend weiß. An ihrem Kopf trug sie mehrere, kleine, spitze Hörner. Ihre Augen leuchteten in einer glühend roten Farbe. Ihre Lippen waren pechschwarz. Das Fell ihres Schweifes hing ihr bis zu den Füßen. Das Mädchen war die hübscheste Tatshura, der ich jemals in meinem Leben begegnet bin. Sie schaute auf die Felswand vor ihr. Dort waren Malereien zu sehen. Es waren Handabdrücke. Zwei von ihnen waren winzig, die anderen beiden waren die von Erwachsenen. Die junge Frau strich über einen der größeren Abdrücke. Zitternd ließ sie wieder los. Sie schaute auf den Boden und schloss ihre Augen. Über ihre Wangen rollten Tränen.
Ich hockte auf den sandigen Steinen und ging näher an sie heran, bis ich die Gegenwart einer anderen Person wahrnahm und daher stehenblieb. Ein erwachsener Tatshura stand vor dem Eingang der Höhle und schaute mit einem mitfühlenden Blick zu ihr. Sein brauner Panzer erinnerte mich an den Gefährten von Cylok. Beide sahen sich ähnlich, jedoch erschien mir derjenige hier freundlicher. Er atmete tief durch und ging zu dem Mädchen. Es beachtete ihn zunächst nicht. Der Mann hockte sich daneben. Die Tatshura fiel weinend in seine Arme.
Es verging viel Zeit, bis sie ruhiger wurde. Der Mann sprach daraufhin zu ihr. „Ich denke auch ständig an sie.“ Das Mädchen ließ ihn los und blickte auf das gefärbte Gestein.
„Es ist nicht einfach, wieder glücklich zu sein“, sagte er. Die Tatshura drehte ihren Kopf zur Seite.
„Aber unser Leben geht weiter. Wir müssen loslassen.“
Sie ließ ihn los, öffnete den Mund und entgegnete: „Ich weiß, dass du mich nur beruhigen willst, aber das kannst du nicht. Ich kann sie nicht vergessen. Ich denke nur noch an sie und daran kann ich nichts ändern.“ Sie stand auf. „Ich weiß nicht, wie es bei dir ist, aber ich kann nicht von ihr loslassen.“
Er sah ihr aussichtslos hinterher, als sie die Höhle verließ. Der Tatshura schaute auf den Handabdruck. Seine Augen waren nass.
Ich flog dem Mädchen nach und folgte ihr. Sie begab sich durch die Tunnel. Bald blieb sie vor einer dunklen Höhle stehen. Nur ein winziger Lichtstrahl brachte Helligkeit in die Finsternis. Die Tatshura betrat den stillen Ort, ging zu einer bestimmten Stelle und kniete sich dort nieder. Ein breiter, schwarzer Stein lag vor ihr auf dem grauen Sand. Die Tatshura wischte den Staub mit den Händen ab, wodurch ein Name erkennbar wurde. Er lautete Zhúra [Sùh-ra]. Die Höhle war riesig. Überall lagen große, flache Steine. An jedem von ihnen war ein Name gekennzeichnet. Es waren Gräber. Das Mädchen kauerte mit gesenktem Kopf auf der Erde. Die Tränen, die über ihre Wangen flossen, vermehrten sich. Sie landeten auf dem trockenen Boden. Ohne nachzudenken, begab ich mich näher an sie heran. Schweigend setzte ich mich neben ihr. Die junge Tatshura erblickte mich, wobei sie leicht zusammenzuckte. Ihr Weinen ging vorbei. Ruhe trat ein. Ihre roten Augen glänzten. Zahlreiche Flecken auf ihrer Haut strahlten in einem kräftigen Weiß. Das Licht erhellte die Dunkelheit. Die Dame schreckte heftig auf. Ihre Schuppen leuchteten an hunderten, winzigen Stellen. Sie schien wie ein einziger Sternenhimmel. Ich hatte so etwas noch nie zuvor bei einem Tatshura gesehen. Es war unmöglich. Das Mädchen sah sich an. Es war nur ein einziger Augenblick und die Punkte auf ihrem Panzer verblichen. Das Funkeln erlosch. Die Tatshura schaute erblassend zu mir. Ein Lächeln formte sich in ihrem Gesicht.
Eilig stand sie auf, sah zu mir und sagte dabei: „Komm mit!“
Ich folgte ihr, als sie den Weg zurück nahm. Sie rannte durch die Tunnel, kletterte auf Felsen und gelangte somit auf die obere Ebene, worauf sie in einer schnellen Geschwindigkeit weiterlief. Ich holte sie ein und krallte mich an ihre Schulter. Sie freute sich, als sie meine Schuppen auf ihrer Haut spürte. Durch ihre Schnelligkeit dauerte es nicht lange, bis wir ankamen. Das Mädchen stand aufgeregt vor dem Eingang.
Die Tatshura betrat die Höhle. Während sie sich umschaute, rief sie begeistert: „Papa! Du glaubst nicht, was mir eben passiert ist.“ Sie erblickte ihn an der Klippe sitzend. „Du kannst es dir nicht vorstellen, aber ich hab geleuchtet, so wie…“
Sie beendete den Satz und verstummte, als sie eine Person neben ihrem Vater sitzen sah. Derjenige war erst in diesem Moment für sie sichtbar, denn sein Körper war aus ihrem Blickwinkel zuvor verdeckt hinter einem Felsen. Er und ihr Vater drehten sich zu ihr und schauten sie verdutzt an. Meine Schuppen wurden bleich. Auf der Schulter des Mannes saß Cylok. Er bemerkte mich sofort. Sein Gesicht verzog sich. Er fletschte mit den Zähnen. Zornig sprang er auf, raste auf mich zu. Panisch entfernte ich mich von dem Mädchen. Ich flog verzweifelt durch die Höhle. Der Wyvern kam mir immer näher. Er spie seine Flammen umher. Angsterfüllt wich ich aus, doch in demselben Augenblick griff er mit seinen Pranken nach mir. Wir stürzten beide zu Boden. Cylok weitete seine Kiefer aus. Er war kurz davor, mich mit seinem Schnabel zu zerfleischen, doch bevor er in der Lage dazu war, hörte er die Stimme seines Gefährten. Seine Vernunft trat wieder ein. Der Zorn in seinen Augen verschwand. Der Tatshura holte ihn durch seine Worte zu sich. Cylok krallte sich an ihm fest und starrte mich an. Der Mann lachte, während er mit seiner Hand über den Panzer des Drachens strich. Ich dagegen suchte Schutz bei dem Mädchen.
Cylok`s Begleiter grinste, doch sein Gesichtsausdruck wirkte keinesfalls freundlich. Er blickte zu der jungen Tatshura und sprach zu ihr: „Geleuchtet, sagst du?“
Sie ging Schritte rückwärts und entgegnete stockend: „Nein… Nein, das meinte ich nicht. Das ist nicht so wichtig… Da war nichts.“
Cylok beobachtete sie, knurrte verächtlich und fauchte. Sein Fell stellte sich auf. Seine Mundwinkel zogen sich nach oben. Sein Gefährte sah mit stechendem Blick in die Augen der jungen Frau. Ich konnte ihr ängstliches Zittern am ganzen Leib spüren. Ihre Atmung wurde kräftiger. Ihr Herz raste. Sie sah zu ihrem verwirrten Vater und verließ die Höhle daraufhin in einem schnellen Schritttempo. Tief durchatmend lehnte sie sich hinterher an einer Felswand an. Angespannt blickte sie zu mir. Um sich zu beruhigen, unternahm sie mit mir einen Spaziergang durch die Tunnel des Berges. Wir durchwanderten die Höhlen und kletterten an den Wänden und Felsen hinauf, bis die Strahlen der Sonne in unser Gesicht schienen. Unter uns war Sand, über uns der Himmel. In dem wolkenlosen Ozean flogen Raubvögel umher. Man hörte ihr lautes Kreischen. Die junge Tatshura ging mit mir zu einem Hügel. Sie krallte sich in das Gestein, kletterte hinauf und gelangte immer höher. Nur wenig später erreichten wir den höchsten Standort dieses Gebirges. Von dort aus hatte man den besten Überblick über unsere Umgebung. Die Tatshura setzte sich. Ich hockte neben ihr. Wir beobachteten den Sonnenuntergang. Die Helligkeit ging langsam fort. Die Sonne sank hinunter.
„Durìmo? So heißt du doch, oder?“
Ich war sprachlos und konnte ihr keine Antwort geben. Es war mir ein Rätsel, weshalb sie ihn kannte, doch dann fiel es mir wieder ein. Seit der Geburt trugen Tatshura den Namen ihres späteren Gefährten in ihrem Herzen. Nicht jeder von ihnen hatte das Glück, in ihrem Leben solch einen Freund zu besitzen. Früher dachte ich ständig, ich würde niemals eine Freundschaft mit einem der Zweibeiner schließen, jedoch hatte ich mich geirrt. Ich schaute zu dem Mädchen empor. Ich gehörte zu ihr.
Sie hieß Jiráya [Dschi-ra-ja]. Ihren wunderschönen Namen konnte ich nie vergessen.
Überleben im brennenden Sand
Die Sonne war nicht mehr zu sehen. Die Kälte brach herein und ließ uns frieren. Jiraya stieg von den Felsen und nahm den Rückweg. Jeder der Tatshura suchte bereits seinen Schlafplatz auf. Müde verkrochen sie sich in ihren Behausungen. Das Licht der Sterne schien durch die Öffnungen der Tunnel. Der Sandstein verfärbte sich durch die Leuchtkraft. Er schimmerte in einem leichten Violett, an einigen Stellen glänzte er sogar in einer blutroten, hellblauen oder silbernen Farbe.
Jiraya betrat die Höhle, in der sie wohnte. Sie setzte sich an die Klippe. Nachdenklich schaute sie in die Ferne. Es war wie ein gemaltes Bild. Der pechschwarze Himmel war übersät mit Lichtern. Der riesenhafte Mond machte die Nacht durch sein violettes und blaues Licht zum Paradies. Zahlreiche Sternschnuppen sausten blitzartig durch die Finsternis. Der Sand glänzte. Er war strahlend weiß. Es wirkte, als beständen die Dünen aus Schnee. Sie bildeten breite, dunkle Schatten.
Es dauerte nicht lange, bis Jiraya`s Vater zu uns kam. Er setzte sich neben seine Tochter und versuchte sie in ein Gespräch zu verwickeln. Seine Neugier war zu groß, als dass er sie nicht angesprochen hätte. „Du wolltest mir doch heute etwas sagen.“
Das Mädchen schwieg.
„Jetzt kannst du es mir doch sagen, jetzt hört es niemand.“
Jiraya schaute auf den Sand und ließ ihn durch Bewegungen ihrer Finger umher schweben. Es bildeten sich Formen. Mit gesenktem Blick sagte sie leise: „Ach, das war nichts Besonderes… Das musst du nicht wissen.“
Ein kalter Windhauch durchzog die Höhle. Der Tatshura fuhr auf. Er begann zu zittern, doch blieb bei seiner Tochter, denn er erwartete eine Antwort, die er nicht bekam.
Ungeduldig fragte er: „War es wegen Khórux [Kòh-rux], weshalb du es nicht sagen wolltest?“
Jiraya unterbrach ihn nervös: „Nein. Es war nur… Du hättest es sowieso nicht verstanden. Das hab nicht einmal ich“, flüsterte sie zu sich selbst. Der Staub gelangte immer höher. Durch kleine Handbewegungen drehte er sich um sich selbst.
„Du brauchst keine Angst haben. Er wird es nicht wissen“, sagte er.
Aufgebracht entgegnete sie: „Es ist nicht von Bedeutung, Papa, was da passiert ist.“