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**Stell dir vor, du triffst den perfekten Mann.** Charmant, attraktiv, intelligent – ein Bestatter mit einem morbiden, aber faszinierenden Beruf. Er hört dir zu, lacht über deine Witze und verspricht dir einen unvergesslichen Abend. Doch was, wenn dieser Abend dein letzter ist? Er sucht seine Opfer im Netz, wählt sie mit Bedacht aus. Jede Frau ein neues Herz, ein weiteres Stück seiner dunklen Sammlung. Ihre Körper verschwinden spurlos – verbrannt in der Hitze des Krematoriums, ihre Herzen jedoch behält er. Denn er glaubt, dass sie ihn stärker machen, ihn zu einem besseren Menschen formen. Aber niemand bleibt für immer unentdeckt. Die Polizei rückt näher, ein Fehler bringt ihn in Bedrängnis, und plötzlich ist er nicht mehr der Jäger, sondern die Beute. Wird er entkommen? Oder ist seine Liste endgültig abgearbeitet? **Ein packender Thriller über einen Serienmörder mit einem grausamen Ritual, eine tödliche Jagd und das perfide Spiel eines Mannes, der glaubt, unantastbar zu sein. Doch jede List hat ihr Ende – und jede Tat fordert ihren Preis.**
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Vorwort
Stell dir vor, du triffst den perfekten Mann.Charmant, attraktiv, intelligent – ein Bestatter mit einem morbiden, aber faszinierenden Beruf. Er hört dir zu, lacht über deine Witze und verspricht dir einen unvergesslichen Abend. Doch was, wenn dieser Abend dein letzter ist?
Er sucht seine Opfer im Netz, wählt sie mit Bedacht aus. Jede Frau ein neues Herz, ein weiteres Stück seiner dunklen Sammlung. Ihre Körper verschwinden spurlos – verbrannt in der Hitze des Krematoriums, ihre Herzen jedoch behält er. Denn er glaubt, dass sie ihn stärker machen, ihn zu einem besseren Menschen formen.
Aber niemand bleibt für immer unentdeckt. Die Polizei rückt näher, ein Fehler bringt ihn in Bedrängnis, und plötzlich ist er nicht mehr der Jäger, sondern die Beute. Wird er entkommen? Oder ist seine Liste endgültig abgearbeitet?
Ein packender Thriller über einen Serienmörder mit einem grausamen Ritual, eine tödliche Jagd und das perfide Spiel eines Mannes, der glaubt, unantastbar zu sein. Doch jede List hat ihr Ende – und jede Tat fordert ihren Preis.
Über die Autorin / den Autor:
Kiran Ashford – Autor düsterer Geschichten
Kiran Ashford wuchs in einer Kleinstadt auf, in der die Stille der Nächte oft unheimlicher war als jeder Albtraum. Schon früh entwickelte er eine Faszination für die Schattenseiten der menschlichen Psyche und ließ sich von düsteren Geschichten, alten Legenden und dem morbiden Charme verlassener Orte inspirieren.
Seine Erzählungen sind geprägt von psychologischer Tiefe, unvorhersehbaren Wendungen und einer düsteren Ästhetik, die den Leser bis zur letzten Seite fesselt. Kiran liebt es, das Böse nicht als bloßen Schrecken, sondern als ein vielschichtiges Phänomen darzustellen – verstörend, aber oft auch faszinierend.
Heute lebt und schreibt er an einem Ort, der genauso geheimnisvoll ist wie seine Geschichten. Wenn er nicht gerade an neuen Werken arbeitet, streift er durch alte Friedhöfe, erforscht vergessene Orte oder verliert sich in der Dunkelheit, aus der seine Geschichten geboren werden.
Titel: "Herz für Herz – Die tödliche List des Bestatters"
Ein sauberer Schnitt
Sein Tag beginnt wie jeder andere – zumindest würde das jeder behaupten, der ihn morgens sieht. Da steht er in seinem dunklen Anzug, die Haare perfekt gestylt, ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Ein junger Mann, dessen Erscheinung so glatt wirkt wie poliertes Ebenholz. Würde man ihn im Bus treffen, wäre das Erste, was einem auffällt, sein angenehm zurückhaltendes Parfum. Eine leichte, kühle Note, die nicht aufdringlich ist, eher so, als wolle sie dem Umfeld mitteilen: „Hey, ich bin da, aber ich will nicht, dass du dich von mir belästigt fühlst.“ Genau diese Art von Charme funktioniert blendend, denn wer sich für einen Moment in seiner Nähe aufhält, bekommt den Eindruck, dass dieser Mann alles im Griff hat. Man vermutet vielleicht, er sei Banker, Anwalt oder in einer anderen Position, die Autorität ausstrahlt. Natürlich würde niemand darauf kommen, dass er Bestatter ist. Und vor allem würde niemand ahnen, dass sich unter dem teuren Stoff seines Anzugs ein krankes Hirn verbirgt, das daran glaubt, ein Stück weit erleuchteter zu werden, wenn es die Herzen fremder Frauen verspeist.
Dabei ist sein Alltag zunächst unspektakulär. Er wohnt in einer kleinen Wohnung mit makellosem Design. Alles in Schwarz-Weiß gehalten, als hätte er sich von einem minimalistischen Architekten beraten lassen. Er behauptet gern, dass er klare Linien und Struktur braucht, um in einer ansonsten chaotischen Welt das Gleichgewicht zu bewahren. Auf seinem Couchtisch liegt eine Ausgabe von Nietzsches „Also sprach Zarathustra“. Daneben einige andere anspruchsvolle Wälzer über Moralphilosophie und Psychologie. Wenn er Besuch hätte, würde das gewiss Eindruck schinden. Doch wer kommt schon vorbei? Er ist nicht der Typ für spontane Einladungen. Höchstens mal eine Chat-Bekanntschaft, die er mit seinem schrägen Humor becirct. Er nennt sich gern einen Nachtmenschen, einen Jäger, der am helllichten Tag tarnen muss, damit er in der Dämmerung sein wahres Gesicht zeigen kann.
Sein Job im Bestattungsinstitut ist das perfekte Alibi für jede Morbidität, die sein Inneres ausmacht. Er muss jeden Tag mit dem Tod umgehen, Leute sehen ihn zwangsläufig mit Särgen, Urnen und trauernden Angehörigen. Da fällt es nicht auf, wenn er mal ein Stück zu abgehärtet wirkt. Tatsächlich bewundert man ihn sogar für seine Ruhe und Gelassenheit. Sein Chef – ein älterer Herr mit buschigem Schnurrbart – lobt ihn gerne in den höchsten Tönen: „Der Junge hat die nötige Contenance“, sagt er. Oder: „Unsere Kunden fühlen sich bei ihm gut aufgehoben, er hat diese unaufgeregte Art, die den Angehörigen Trost spendet.“ Sie wissen nicht, dass hinter seinen freundlichen Worten kein echtes Mitgefühl steckt, sondern lediglich ein perfektes, eingeübtes Schauspiel. Er saugt die Trauer der Leute auf wie ein Schwamm und hütet sie wie ein Buchhalter, der akribisch über jeden Cent wacht.
Am Ende des Arbeitstages, wenn er hinter die verschlossene Tür des Bestattungsinstituts schlüpft, um die Räume zu checken, wandelt sich sein Blick. In diesem Moment ist niemand mehr da, außer ihm – und natürlich die Toten. Er streift durch den gekachelten Flur, bleibt gern in den Kühlräumen stehen, lächelt die starren Gesichter an und fragt sich, wie das Herz dieser Menschen wohl geschmeckt hätte. Doch das ist nicht sein Beuteschema. Er bevorzugt lebendige, atmende Beute, die er sich selbst aussucht. Jemanden, dessen Herz noch schlägt und pulsiert. Nur so, glaubt er, kann er das Maximum an Kraft und Energie aus ihnen heraussaugen. Als Bestatter hat er viele Möglichkeiten, Leute kennenzulernen, doch irgendwie ist ihm das zu offensichtlich. Also sucht er in Online-Chats, Dating-Apps oder Foren. Dort präsentiert er sich als kultivierter, sympathischer Mann. Er wirft mit literarischen Zitaten um sich und beantwortet emotionale Fragen mit einer Art von Empathie, die ihm selbst völlig abgeht. Aber es reicht, um die Neugier zu wecken und die Frauen in seinen Bann zu ziehen.
Wenn er abends zuhause sitzt, hat er meist noch die eleganten Lederschuhe an den Füßen. Er lockert seine Krawatte, nimmt einen langen Schluck Kaffee – ja, er trinkt auch spätabends noch Kaffee – und zündet manchmal eine Zigarette an, obwohl er gar kein Raucher ist. Er sagt sich: „Das ist nur Show, mein Freund. Aber Show ist alles, was zählt.“ Dann öffnet er seinen Laptop, geht auf die gängigen Plattformen. Er hat dort mehrere Profile, jedes ein bisschen anders, sodass er verschiedene Frauen ansprechen kann. Manche seiner Nicknames klingen harmlos, andere geheimnisvoll. Er wechselt auch gern mal sein Foto oder nutzt einen ungefähren Lookalike-Filter, damit niemand ihn allzu schnell erkennt. Das alles gehört zu seinem Konzept. Er ist diszipliniert, lässt nie wahllos Chatverläufe irgendwo liegen, speichert nichts unverschlüsselt. Wo andere Männer vielleicht schlampig wären, ist er akribisch wie ein Kriminologe.
An diesem Abend sucht er nach einem ganz besonderen Profil. Er hat nämlich bestimmte Vorlieben: Er will Frauen, die einerseits verletzlich sind, andererseits aber auch selbstbewusst genug, um das Abenteuer zu wagen, jemanden so Exzentrischen wie ihn zu treffen. Sein neuestes Opfer soll nicht zu naiv, aber auch nicht zu misstrauisch sein. Eine, die sich darauf einlässt, ihn in der realen Welt zu treffen, ohne zu schnell die Alarmglocken läuten zu hören. Dabei hilft ihm seine charmante Art. Er schreibt Nachrichten, die klingen wie Gedichte, wirft ein paar philosophische Anekdoten ein, garniert das Ganze mit einer Prise schwarzem Humor, der zwar ungewöhnlich ist, aber irgendwie faszinierend wirkt. Er tippt, löscht, schreibt neu. Er weiß, wie wichtig es ist, die richtigen Worte zu finden, damit die Person am anderen Ende der Leitung das Gefühl bekommt, etwas Einzigartiges zu erleben.
In dieser Nacht findet er schließlich ein Profil, das ihn besonders anspricht. Eine junge Frau, Ende zwanzig, mit einer Vorliebe für Literatur und klassische Musik. Sie schreibt in ihrer Beschreibung, dass sie „mehr Tiefe als die üblichen Small-Talk-Kasper“ sucht. Perfekt, denkt er sich, während er sein bestes Lächeln auf den Monitor wirft, als könnte sie es sehen. Er formuliert eine erste Nachricht: „Tiefe? Die findest du nicht in der flachen Pfütze des Alltags, sondern im dunklen Ozean der Nacht. Ich lade dich gerne auf einen Tauchgang ein.“ Ja, es klingt vielleicht kitschig, aber er hat ein Talent dafür, dass selbst kitschige Sätze mysteriös und verführerisch rüberkommen. Sie antwortet prompt, fast so, als hätte sie sehnsüchtig auf solch eine Nachricht gewartet.
Während des Gesprächs ist er locker, selbstbewusst und lässt immer wieder kleine Einblicke in seine vermeintliche Persönlichkeit durchscheinen. Er erzählt, dass er viel mit dem Tod zu tun hat, aber nur in einem beruflichen Kontext. Dass er gelernt hat, das Leben zu schätzen, weil es so zerbrechlich ist. Er erwähnt sogar, dass er beruflich „dem Ende nahe ist, aber den Anfang in sich trägt“. Eine kryptische Umschreibung seines Jobs, die sie neugierig macht. Er spürt, wie sich ihre Antworten verändern – von zurückhaltend zu interessiert, vielleicht sogar ein wenig fasziniert. Er macht Scherze über seine „etwas unübliche“ Tätigkeit und streut hier und da ein tiefergehendes Zitat ein. Seine Masche geht auf. Nach einer Stunde hat er bereits genug Informationen gesammelt, um zu wissen, dass sie genau in sein Schema passt. Sie wohnt allein, hat keine großen Bindungen an Familie oder Freunde in der Stadt und ist auf der Suche nach jemandem, der sie aus ihrem grauen Alltag reißt. Tja, ein grauer Alltag wird es nicht bleiben, das steht fest.
Er vereinbart ein Treffen in drei Tagen. Ein Café in der Innenstadt, gemütlich, aber nicht zu überlaufen. Idealer Ort für ein erstes Kennenlernen, abseits der hysterischen Menge und doch öffentlich genug, dass sie sich sicher fühlt. Was sie nicht weiß: In seiner Wohnung hat er bereits alles parat, was er für sein Ritual braucht. Seine kleinen, chirurgisch anmutenden Messer, die er penibel reinigt und schärft, liegen in einer dunklen Schublade. Er besitzt außerdem eine spezielle Kühlbox, falls er mal etwas transportieren muss. Doch das Wichtigste ist natürlich der Bestattungsort selbst: Sein Arbeitsplatz, wo er niemandem Rechenschaft ablegen muss, wenn er spät abends noch eine „Sonderschicht“ einlegt. Da kann er problemlos die Öfen anheizen, ohne dass jemand misstrauisch wird, denn schließlich gehört das Einäschern zum Geschäft.
Die folgenden Tage vergehen scheinbar ereignislos. Er arbeitet, kümmert sich um die üblichen Angelegenheiten im Institut: Termine für Trauerfeiern, Gespräche mit Angehörigen, Organisation von Blumenschmuck, all der Kram, den ein Bestatter eben erledigt. Dabei kann er sein Lächeln jederzeit auf- und absetzen wie eine Maske. Er ist ein Meister darin, Mitleid zu heucheln. Manchmal sagt er den Hinterbliebenen, wie sehr es ihn berührt, ihre Geliebten zu verlieren, und sie danken ihm für seine Anteilnahme. Und innen drin lacht er höhnisch, wissend, dass sein eigenes Treiben unendlich viel düsterer ist. Aber niemand merkt etwas. Er ist einfach zu perfekt in seiner Rolle.
Am Abend vor dem Treffen schaut er noch einmal in ihren Chatverlauf. Alles läuft nach Plan, sie freut sich auf ihn. Sie schreibt, dass sie gespannt ist, wie „tief“ dieser Abend wohl gehen könnte. Er antwortet: „Tiefe? Wir werden eine ganz neue Dimension erreichen.“ Dann klappt er den Laptop zu, tritt ans Fenster und blickt hinaus. Sein Spiegelbild im Glas lächelt ihn an. Er fühlt eine wohlige Erregung in seinem Magen, ein Kribbeln, das man vielleicht mit Vorfreude verwechseln könnte. Für ihn ist es die Aussicht auf ein neues Herz, einen neuen Schritt in Richtung moralischer Überlegenheit. Denn in seiner kranken Ideologie, die er sich selbst zusammengezimmert hat, glaubt er daran, dass das Herz eines anderen Menschen seine eigene Seele reinigt. Er denkt wirklich, er saugt damit all die Liebe, alle Träume und Hoffnungen seiner Opfer in sich auf. Das ist sein kruder Weg, ein „besserer Mensch“ zu werden. Was für ein Scherz. Aber das Absurde daran beflügelt ihn nur noch mehr.
Der Tag des Treffens bricht an. Er kleidet sich diesmal bewusst etwas legerer als im Job, aber dennoch stilvoll. Ein dunkelblauer Mantel, darunter ein schlichtes Hemd, keine Krawatte. Die Schuhe natürlich auf Hochglanz, versteht sich. Er wirft einen letzten Blick in den Spiegel, zieht seine Augenbrauen leicht hoch und formt mit den Lippen ein lautloses „Du schaffst das“. Er weiß, dass in ein paar Stunden eine neue Jagd für ihn beginnen wird, vielleicht die spannendste überhaupt, weil jedes Opfer ein kleines Abenteuer ist. Jede Frau hat andere Ängste, andere Sehnsüchte, die er zu manipulieren weiß.
Im Café angekommen, setzt er sich an einen Tisch in der Ecke. Es ist früher Abend, die Dämmerung wirft lange Schatten auf die Straße. Er bestellt sich einen Cappuccino und lehnt sich zurück. Eine halbe Stunde zu früh, aber das stört ihn nicht. Er genießt dieses Warten, dieses stille Kitzeln in seinem Kopf, das ihn daran erinnert, was gleich passieren wird. Das Lokal hat eine warme Beleuchtung, die Tische sind in edlen Brauntönen gehalten, und aus den Boxen dudelt leise Jazzmusik. Er lässt seinen Blick über die anderen Gäste schweifen. Vorne sitzt ein älteres Paar, das sich kaum unterhält. Dann ein junger Typ mit Laptop, vermutlich ein Student, der an einer Hausarbeit schreibt. Zwei Tische weiter kichern zwei Frauen, offenbar Freundinnen, die sich hier treffen, um über Beziehungskram zu tratschen. Er empfindet Verachtung für diese Alltagsdramen. Alles so langweilig und vorhersehbar. Aber in der Ecke seines Kopfes formt sich ein böses Grinsen: Immerhin bleibt das Ganze für ihn eine perfekte Tarnung, eine solide Kulisse, in der er sich normal verhalten kann.
Nach einer Weile betritt sie den Raum. Er erkennt sie sofort an ihrem Gang, den er von einem kurzen Video, das sie ihm geschickt hatte, wiedererkennt. Sie trägt ein dezent gemustertes Kleid, darüber einen leichten Mantel, ihre Haare sind schulterlang, das Gesicht dezent geschminkt. Sie sieht sich um, er hebt die Hand, winkt kurz. Als sie zu ihm kommt, steht er auf, um sie zu begrüßen. Galant und höflich, wie es sein Stil ist. Sie wirkt angetan von seiner Erscheinung, das sieht er in ihren Augen. Er spürt, wie sie sich an seinem Anblick erfreut, und er genießt diese Anerkennung, die so harmlos wirkt – und doch in einer Katastrophe enden wird.
Sie reden zunächst über Belangloses: das Wetter, den Verkehr, die Musik im Café. Er lässt ein paar charmante Witze einfließen, bei denen sie gluckst wie ein Teenager, der gerade zum ersten Mal ein schmutziges Wort hört. Dann wechselt er auf tiefere Themen, fragt nach ihrer Arbeit, ihren Hobbys, ihrer Sicht auf das Leben. Sie ist beeindruckt, wie gut er zuhören kann. Zwischendurch nickt er, lässt sie ausreden, gibt ihr das Gefühl, wichtig zu sein. Das ist Teil seiner Strategie: Er erzeugt das Gefühl von emotionaler Sicherheit, bevor er sein wahres Gesicht zeigt. Nach einer Stunde intensiver Unterhaltung fasst sie Vertrauen. Sie fragt ihn, was genau er denn beruflich macht, weil er so geheimnisvoll davon erzählt hat. Er sagt die Wahrheit, wenn auch ein wenig verschleiert: Er ist Bestatter, hilft Menschen, Abschied zu nehmen, kümmert sich um Organisation und würde sogar selbst Zeremonien halten. Sie ist fasziniert, stellt sich das ziemlich düster vor und meint, sie hätte Angst, ständig von Toten umgeben zu sein. Er lacht leise: „Wenn du erst mal realisierst, dass wir alle nur auf unseren letzten Vorhang warten, fühlt sich das Leben viel intensiver an. Da ist kein Platz für Angst.“
Der Abend verläuft weiterhin harmonisch, aber er weiß, es ist Zeit für den nächsten Schritt. Er lädt sie auf einen Spaziergang ein, um „den Kopf freizukriegen von all den tiefen Gesprächen“. Sie willigt ein. Draußen ist es mittlerweile dunkel, die Straßenlaternen werfen goldene Tupfen auf den Asphalt. Sie gehen nebeneinander her, manchmal streift er dabei leicht ihre Hand. Ein unaufdringliches Annähern, das sie anscheinend genießt. Er führt sie zu einer kleinen Brücke über einen Kanal, wo kaum noch Menschen unterwegs sind. Hier hält er schließlich an. Das Wasser glitzert, und in der Ferne hört man das Rauschen von Autos. Sie machen ein paar Scherze über die Enten, die wohl schon schlafen. Dann dreht er sich zu ihr um, legt eine Hand sanft an ihre Wange und küsst sie zärtlich. Sie erwidert den Kuss, ihre Augen schließen sich. Für sie fühlt es sich wohl an wie ein romantischer Moment, in dem man sich fallen lässt. Für ihn ist es der Augenblick, in dem er sich vergewissert, dass ihr Herz wild klopft – und bald sein Eigentum sein wird.
Doch er will nicht überstürzt handeln. Er kennt den Wert der Geduld. Sein Plan ist, sie in wenigen Tagen zu einem weiteren Treffen zu überreden, vielleicht bei ihm zu Hause. Bis dahin wird er weiter an ihrer Faszination arbeiten, ihr das Gefühl geben, er sei der Mann, den sie schon immer gesucht hat. Er löst den Kuss, und sie lächelt ihn an. Sie ist sichtlich angetan. Er schlägt vor, sie nach Hause zu begleiten. Sie stimmt zu, wenn auch zögerlich, als wolle sie eigentlich noch mehr Zeit mit ihm verbringen. Aber sie weiß, man soll ein gutes Date nicht ewig ausreizen. Sie gehen gemeinsam bis zu ihrer Haustür, verabschieden sich, ein letzter Kuss, dann dreht sie sich um und verschwindet im Treppenhaus. Er bleibt stehen, bis er das Klacken der Tür hört, dann schlendert er Richtung U-Bahn. Sein Grinsen könnte kaum breiter sein. Ein perfektes Opfer. Sie wird so einfach in seine Fänge geraten. Und in seinen Gedanken malt er sich bereits aus, wie ihr warmes Herz in seiner Hand pochen wird, bevor es verstummt und er es an sich nimmt wie eine Trophäe.
Zwei Tage später, am späten Nachmittag, schreibt er ihr, dass er sie unbedingt wiedersehen will. Er lädt sie zu sich ein – „nichts Großes, nur ein Glas Wein, ein bisschen Musik, vielleicht ein Film“. Sie ist erst etwas unsicher, aber seine lockere Art nimmt ihr schnell die Zweifel. Sie denkt sich wahrscheinlich, dass er vertrauenswürdig wirkt, vielleicht sogar harmlos. Also sagt sie zu, für den nächsten Abend. Prompt beginnt er in seiner Wohnung aufzuräumen, jeden Gegenstand an seinen genauen Platz zu stellen. Er will, dass alles perfekt aussieht, wenn sie hereinkommt. Seine Messer liegen griffbereit, aber unsichtbar – in einer kleinen, gepolsterten Box im Küchenschrank. Nach außen hin wirkt seine Wohnung steril und sauber, ein Hauch von Eleganz in den schwarz-weißen Möbeln. Der Tisch ist gedeckt mit zwei Weingläsern, ein dunkles Tischtuch, das dem Raum eine gewisse Noblesse verleiht. Er zündet ein paar Kerzen an, nicht zu viele, denn er will, dass alles echt und nicht wie eine Kulisse wirkt. Er legt eine Jazzplatte auf, um die Stimmung einzuleiten. Dann zieht er sich um: ein schwarzes Hemd, offene Kragenknöpfe, dazu eine dunkle Hose. Lässig, aber stilvoll.
Als sie klingelt, klopft sein Herz zwar nicht schneller aus Nervosität, aber dafür vor diabolischer Vorfreude. Er öffnet die Tür, begrüßt sie mit einem Lächeln, nimmt ihr den Mantel ab. Sie hat eine Flasche Wein mitgebracht, einen trockenen Roten. Er schwärmt, wie sehr er Rotwein liebt, besonders wegen der Farbe – und sofort kommt ihm der Gedanke, dass Blut ebenso rot ist, nur von deutlich intensiverem Geruch. Er bittet sie ins Wohnzimmer, schenkt ihr ein Glas Wein ein, sie setzen sich auf die Couch. Sie scheint sich wohlzufühlen, lacht über seine Witze, und er legt seinen Arm auf die Rückenlehne, kommt ihr näher. Er spricht leise, damit sie gezwungen ist, sich zu ihm zu beugen und zuzuhören. Diese kleine Nähe ist entscheidend. Sie stellt eine Verbundenheit her, die ihm den Weg ebnet, später die Angst in ihr zu schüren.
Nach einer Weile fragt er, ob sie seine Wohnung sehen will. Natürlich will sie. Er führt sie herum, zeigt ihr die Bücherregale, seine kleine Musiksammlung, die Küche mit dem klaren, minimalistischen Design. Sie bewundert seine Ordnung und meint scherzend, sie habe bei sich Chaos, „als wäre ein Wirbelsturm durchgerauscht“. Er lacht, antwortet: „Bei mir ist kein Platz für Wirbelstürme. Ich mag es sauber und… naja, kontrolliert.“ Ein Satz, den sie nicht weiter hinterfragt, aber der ihm wie eine verdammte Offenbarung erscheint. Alles an ihm ist Kontrolle, und nur er allein bestimmt, wann die Kontrolle übergeht in Gewalt.
Langsam führt er sie zurück ins Wohnzimmer. Sie setzt sich, er geht kurz zur Küche, um – wie er sagt – „ein paar Snacks zu holen“. Tatsächlich greift er dort in den Schrank, legt die Hand auf die Box mit den Messern und atmet einmal tief durch. Sein Puls ist ruhig, wie immer, wenn er sich gleich das nimmt, was er will. Er wirft einen Blick auf die Uhr. Es ist später Abend, ihre Freunde erwarten sie vielleicht nicht mehr, und sie hat ihm erzählt, dass sie am nächsten Tag frei hat. Niemand wird direkt Verdacht schöpfen, wenn sie nicht sofort antwortet. Trotzdem muss er schnell sein. Er hat alles schon arrangiert: ein kleiner Lieferwagen vom Institut steht in der Nähe. Später, wenn sie bewusstlos oder tot ist, wird er sie nach Dienstschluss in den Kremationsofen schieben können, ohne dass jemand Fragen stellt. Da die Nacht ohnehin keinen Betrieb hat, sind keine Kollegen im Haus. Der Plan ist ausgereift. Dennoch empfindet er keine Spur von Unsicherheit. Eher eine makabre Gelassenheit.
Er kehrt mit einem Teller Käsewürfel und Trauben ins Wohnzimmer zurück, stellt ihn auf den Tisch, setzt sich neben sie. Sie lächelt ihn an, und er erwidert das Lächeln. Dann legt er ganz sanft eine Hand auf ihre Schulter und zieht sie zu sich heran. Sie erwidert die Geste, sie küssen sich, und er murmelt irgendetwas in ihr Ohr von wegen: „Du bist etwas Besonderes, weißt du das?“ Sie sieht ihn an, in ihrem Blick ein Flimmern, das vermutlich Sehnsucht oder Glück bedeutet. Er tätschelt zärtlich ihre Haare, und in diesem Moment fühlt er eine elektrische Spannung, die sich auflädt. Er spürt, wie ihre Nähe sein Adrenalin steigen lässt. Die Zeit ist gekommen. Er lässt eine Hand langsam über ihren Rücken gleiten, mit der anderen sucht er den kleinen Betäubungsspray, den er in seiner Hosentasche bereit hält – ein Spezialmittel, das schnell wirkt und sie in Sekunden auf die Bretter schickt. Er lenkt sie ab, küsst sie erneut, während seine Hand den Spray aus der Tasche zieht. Ein kurzes Zischen, ein überraschter Aufschrei, dann drückt er mit ganzer Kraft zu. Sie versucht, sich zu wehren, doch er ist stärker, und das Mittel tut rasch seine Wirkung. Ihr Körper wird schlaff, ihr Blick verliert sich, sie sackt in seinen Armen zusammen.
Er achtet darauf, sie vorsichtig auf die Couch zu legen, damit sie sich nicht verletzt. Dann lauscht er ihrem Herzschlag: noch kräftig, aber langsam wird er ruhiger. Sie ist nicht tot, nur außer Gefecht. Genug Zeit, sie ins Bestattungsinstitut zu bringen. Genau das tut er, nachdem er in aller Ruhe die Lage gecheckt hat. Er trägt sie zum Fahrstuhl, in den Lieferwagen. Seine Wohnung verlässt er wie ein Tourist, der auf dem Sprung ist, nichts Verdächtiges zurückzulassen. Während er mit ihr durch die nächtlichen Straßen fährt, legt sich ein sardonisches Grinsen auf sein Gesicht. In seinem Kopf formt sich immer wieder das Wort „Herz“. Er kann es kaum erwarten, diesen heißen, pulsierenden Muskel in den Händen zu halten, diesen Teil des Menschen, der alles Lebendige symbolisiert.
Als er schließlich im Institut ankommt, ist alles still. Genau wie geplant. Er fährt in die Garage, schließt das Rolltor, aktiviert die kleine Seitenbeleuchtung. Dann zerrt er den bewusstlosen Körper aus dem Wagen, schleppt ihn in einen kühlen Nebenraum, wo normalerweise Särge zwischengelagert werden. Mit einer fast schon liebevollen Sorgfalt legt er sie auf einen Stahltisch und fixiert ihre Arme und Beine mit Gurten, die er griffbereit hat. Dann betrachtet er sie eine Weile, ihr Gesicht, die geschlossenen Augen. Er murmelt: „Du warst zu gutgläubig, meine Liebe. Aber keine Sorge, du wirst mich ein Stück besser machen.“ Er lacht kurz, ein dunkles, heiseres Lachen, das zwischen den sterilen Wänden widerhallt. Er greift nach einem seiner präzise geschliffenen Messer. Alles ist vorbereitet für seinen „sauberen Schnitt“. Doch bevor er mit seinem Werk beginnt, atmet er tief durch und genießt diesen Augenblick der absoluten Kontrolle.
In seiner kranken Welt ist das hier nicht nur ein Mord, sondern eine Art Initiationsritus. Er glaubt wirklich, dass er mit jedem Herz, das er sich einverleibt, moralisch überlegen wird. Dass jede fremde Hoffnung und jeder unerfüllte Traum seiner Opfer ihn Stück für Stück zu einer Art Halbgott macht. Eine völlig abgedrehte Ideologie, die für ihn aber absolut logisch und konsequent ist. Er hebt das Messer an, fixiert ihren Brustkorb mit kaltem Blick. Ein sauberer Schnitt – das ist alles, was er jetzt noch braucht.
Würde jemand ihm dabei zusehen, er würde ihn für einen skrupellosen Irren halten. Aber niemand sieht ihn. Niemand ist da, um einzuschreiten. Die Nacht gehört ihm, und in seinem Job hat er die Macht, Dinge verschwinden zu lassen. Sein Herz pocht vor Erregung, während er sich an das Werk macht und dabei leise zu pfeifen beginnt – eine Melodie, die an einen alten Jazz-Klassiker erinnert. Er pfeift und lacht zwischendurch, als sei er in der Küche und bereite ein Festmahl vor. Vielleicht ist es das in seinen Augen auch, nur dass das Hauptgericht ein menschliches Herz ist. Und er ist fest davon überzeugt, dass dieses neue Herz ihn wieder ein Stück heiler machen wird. Irgendwie sarkastisch, nicht wahr?
In wenigen Minuten wird diese Frau ausgelöscht sein, und niemand wird je wieder etwas von ihr hören. Er wird ihren Körper im Verbrennungsofen zurücklassen, nur diesen einen Teil, das Zentrum allen Lebens, wird er sich aneignen. Dieses bizarre Ritual, das so grotesk ist, dass jeder vernünftige Mensch beim Gedanken daran den Magen umgedreht bekommt, ist für ihn die ultimative Form von Heilung. Er lügt sich in die Tasche, dass er dadurch eine moralische Reinheit erlangt. Dabei watet er doch nur knietief in Blut und Wahnsinn. Aber das stört ihn nicht. Für ihn ist dieser Moment ein Triumph.
Und genau hier, an dieser Stelle, beginnt sein Pfad der Unaufhaltsamkeit. Denn dieses Opfer wird nicht sein letztes sein. Er hat sich längst in den Kopf gesetzt, dass es elf Herzen braucht, um die Transformation zu vollenden. Elf Frauen, die er als seine persönliche Leiter ansieht, um höhere Sphären zu erreichen. Während er das Messer ansetzt und mit chirurgischer Präzision den „sauberen Schnitt“ vollzieht, ist da ein Funkeln in seinen Augen, das man vielleicht mit „irrlichtender Euphorie“ beschreiben könnte. Er arbeitet ruhig und bedacht, fast professionell. Er weiß, wie man schneidet, ohne allzu viel Chaos anzurichten. Aufräumen ist einfach, wenn man einen Bestattungsbetrieb in der Hinterhand hat.
In dieser Nacht stößt er die Tür zu seiner neuen Welt weit auf. Was noch folgt, ist eine Serie von Taten, die ihm in seiner perfiden Logik Sinn ergeben. Doch für den Rest der Welt wäre es nur pures Grauen, könnte man es denn sehen. Er aber lächelt. Sein erster Schritt ist getan, das erste Herz wird bald in seinen Eingeweiden pulsieren – zumindest stellt er sich das vor. In Wirklichkeit wird es nur ein saftiges Stück Fleisch sein, das er, getrieben von Wahn und Blutdurst, hinunterschlingt. Auf dass es ihn besser macht, auf dass es ihn stärker macht. So jedenfalls sein Glaube. Und während das Licht der Morgendämmerung langsam im Osten aufzieht, wirft er einen Blick auf das stille Gebäude, in dem niemand ahnt, was soeben geschehen ist.
Er putzt sich die Hände, entsorgt die Reste mit einer grausamen Effizienz und zieht einen Schieber vor dem großen Ofen zu. Kein Geräusch bleibt. Kein Schrei, keine Spur. Nur sein selbstgefälliges Grinsen, das in der Dunkelheit schimmert wie das Maul eines Raubtiers, das erfolgreich Beute gemacht hat. Sein Name, sein wahres Gesicht, all das bleibt verborgen hinter jener perfekten Maske des freundlichen Bestatters. Und genau so will er es. Ein sauberer Schnitt – mehr braucht es nicht, um einen Menschen zu töten. Und weniger braucht es, um in den Augen der Öffentlichkeit ein strahlendes, beinahe unschuldiges Lächeln zu zeigen.
Er wirft die blutbefleckten Handschuhe in eine Tüte, die er später unauffällig entsorgen wird. Dann sieht er auf die Uhr, seufzt gespielt genervt und sagt leise zu sich selbst: „Oh Mann, morgen wieder früh raus, die Arbeit ruft.“ Ein Satz, der klingt wie ein alltägliches Ärgernis. Doch für ihn ist es eine höhnische Bestätigung, dass das Leben nach wie vor in perfekten Bahnen verläuft. In seinem Kopf kreist schon der Gedanke, dass er nach dieser Tat vermutlich noch ein Stück cleverer geworden ist. Schließlich hat er „das Herz eines weiteren Menschen in sich aufgenommen“. All sein Gerede von Moral, Reinheit und Besserung – in Wirklichkeit ist es nichts anderes als eine Ausrede, um seinen Durst nach Gewalt zu stillen. Doch das spielt keine Rolle, solange niemand ihm auf die Schliche kommt. Und wer könnte das schon? Alle sehen nur den charmanten, gut aussehenden Bestatter, der den Angehörigen Trost spendet. Niemand würde denken, dass er nachts zu einem Monster wird, das sich am Fleisch anderer vergreift.
Und während die Sonne allmählich über die Stadt steigt, lehnt er sich an die Wand des Korridors, atmet tief ein und grinst. Er fühlt sich stark, fast unverwundbar. Es ist der Beginn einer Serie von Gräueltaten, die, so glaubt er, ihn am Ende läutern wird. Sein Verdammter-Heils-Wahnsinn, der sich aus jedem Herz ein weiteres Stück Göttlichkeit verspricht. Lächerlich, könnte man meinen – wäre es nicht tödlich ernst. Er versichert sich noch einmal, dass alle Spuren beseitigt sind, bevor er schließlich den Raum verlässt und das Institut abschließt. An der Tür zum Parkplatz bleibt er kurz stehen und streckt sich, als hätte er einfach einen langen Arbeitstag hinter sich. Dann schließt er sie mit einem zufriedenen Seufzen und macht sich auf den Weg zu seiner Wohnung, wo er sich in ein sauberes Bett legen wird. Er ist stolz auf sich und fühlt einen Triumph, der ihm wie Hochprozentiges durch die Adern rauscht. Und so endet die erste Nacht seiner blutigen Karriere – mit einem Herz weniger in dieser Welt und einem wahnsinnigen Lächeln mehr in seiner.
Er hat die perfekte Tarnung, das perfekte Lächeln, den perfekten Wahnsinn.Ein sauberer Schnitt – und alles beginnt von Neuem.
Ein Herz für die Kunst
Er kann es nicht lassen, daran zu denken, wie sie gelächelt hat, bevor alles schwarz für sie wurde. In seinem Kopf ist dieses Lächeln lebendig wie ein eingefrorener Augenblick: eine naive, hoffnungsvolle Seele, die in seinen Bann geraten ist. Immer wieder geht ihm durch den Sinn, wie einfach es war, sie zu täuschen. Sie wollte ein klassisches Tinder-Date, was Lockeres, Aufregendes, vielleicht ein wenig Romantik – und dann landete sie bei ihm. Den Sarg hat sie nie gesehen, den Ofen schon gar nicht. Am Ende blieb nur ihr Herz, und alles andere verwandelte sich in heiße Asche, die sich mühelos verstreuen ließ. Das ist das Bild, das er immer wieder vor Augen hat. Dieser Triumph, wenn sich eine ganze Existenz in Rauch auflöst und sein Werk damit perfekt, weil unsichtbar wird.
Es begann, wie so oft, mit einer Nachricht auf Tinder. Er hatte dieses Profil erst vor Kurzem angelegt und ein hübsches, leicht verschwommenes Foto eingestellt: sein markantes Gesicht, der Anzugkragen gerade noch zu erkennen. Dazu eine kurze, aber elegante Beschreibung. Er weiß, dass er gut aussehen muss, um die Illusion zu wahren, die Frauen in die Falle lockt. Er schrieb in seinem Profil von seiner Liebe zur Kunst, zu Literatur, zu tiefgründigen Gesprächen. Nichts allzu Abgehobenes, aber auch kein Einheitsbrei. Seine Worte waren fein abgestimmt, um Frauen anzusprechen, die nicht nur an einem schnellen Abenteuer interessiert sind, sondern an etwas Geheimnisvollem, das sie aus ihrem Alltag reißt. Genau so war auch sie. Sein erstes „richtiges“ Tinder-Opfer.
Er nannte sie in seinen Gedanken nur „die Sonnige“. Ihr Profilbild strahlte, als wäre jeder Tag für sie ein neuer Morgen voller Träume. Ihre Biografie klang verträumt: „Ich liebe es, neue Leute kennenzulernen und gemeinsam in spannende Welten abzutauchen.“ Da musste er innerlich grinsen: Spannende Welten, ja? Das konnte er bieten, nur würde ihre Reise recht schnell enden. Er begann die Konversation mit einem simplen „Hi, du wirkst wie jemand, der die Welt mit offenen Augen sieht. Hast du Lust, über die wirklich wichtigen Dinge zu sprechen?“ So was Banales kann wahre Wunder wirken, wenn man es mit ein wenig Charme garniert. Sie war begeistert. Schreib- und Lese-Interessen, ein Hang zu alten Gemälden, das alles war eine perfekte Mischung für ihn. Sie war einerseits neugierig und weltoffen, andererseits etwas naiv. Eine Kombination, die sich für seine Zwecke stets hervorragend eignet.
Schon nach wenigen Tagen des Schreibens merkte er, wie sehr sie sich ins Zeug legte, ihm zu gefallen. Sie schickte kleine Sprachmemos, in denen sie über ihren Tag plauderte, träumerische Gedanken zu einem Lieblingsgedicht äußerte und sich immer wieder erkundigte, wie er so tickt. Und er bot ihr genau das, was sie suchte: eine Aura des Geheimnisvollen, gepaart mit schmeichelnden Worten. Er tat so, als würde ihn jede Nuance ihrer Erzählungen in Bann ziehen. Sie war wohl in einer Phase, wo sie unbedingt Bestätigung brauchte – und er war nur zu gern bereit, ihr diese Bestätigung zu liefern.
Er ließ sie zappeln, ehe er das erste Treffen vorschlug, weil er wusste, dass die Spannung dadurch größer wird. Psychologisch gesehen war das optimal: Sie sollte sich wünschen, ihn endlich zu sehen. Sobald die Vorfreude ihren Höhepunkt erreichte, war es Zeit, ihren Wunsch zu erfüllen. „Lass uns doch die Ausstellung im alten Kunstmuseum ansehen“, schlug er vor. „Ich hab gehört, da gibt’s eine neue Installation, in der man sich verlieren kann.“ Sie war begeistert. Ja, natürlich, sie liebt Kunst und alles, was damit zusammenhängt. Perfekt. Er hatte das Museum ausgewählt, weil es sowohl tagsüber als auch abends besondere Veranstaltungen anbietet und man leicht in irgendeine ruhige Ecke verschwinden kann, wenn man das will.
Am Tag des Treffens kleidete er sich bewusst lässig, aber geschmackvoll: Dunkle Jeans, ein gut geschnittenes Hemd, darüber eine leichte Jacke. Sein Parfum war so dezent, dass es nur wie ein Hauch wirkte. Der erste Eindruck sollte perfekt sein – ein charmanter, sympathischer Mann, den man gern daten würde. Nichts Anzügliches, aber auch kein Langweiler. Sie erschien in einem luftigen Kleid, das ein wenig zu fröhlich für die Herbsttemperaturen wirkte, doch es passte zu ihrer Persönlichkeit. Sie strahlte, als sie ihn sah, und er lächelte zurück, dieses Lächeln, das ihm niemand ankreiden würde. Ein Lächeln, das Vertrautheit und Offenheit signalisiert, während in seinem Inneren bereits das Monster nach vorne kriecht, weil es weiß, was passieren wird.
Ihr Rundgang durch die Ausstellung verlief harmonisch. Das Museum war nicht zu voll, und sie spazierten zwischen Gemälden, Skulpturen und modernen Installationen hin und her. Er stellte kluge Fragen, gab hin und wieder eine halbgare Theorie zum Besten, was der Künstler wohl ausdrücken wollte. Sie lachte über seine schrägen Interpretationen. Wahrscheinlich fand sie das süß: ein Mann, der sich irgendwie für Kunst interessiert, aber dabei einen locker-leichten Humor bewahrt. Sie hätte niemals geahnt, dass hinter seiner Stirn andere Pläne reifen. Pläne, wie er sie allein in ein Auto bekommen, wie er sie in den kommenden Stunden oder Tagen Stück für Stück brechen würde.
Er machte ihr Komplimente, die nicht plump waren. Er sagte Dinge wie: „Ich finde, du hast eine sehr feine Wahrnehmung für Details. Du siehst Dinge, an denen andere vorbeilaufen.“ Sie errötete leicht und bedankte sich, während sie verlegen ein paar Haarsträhnen hinters Ohr klemmte. In solchen Momenten wusste er, dass sie ihm vertraute. Sie war beeindruckt von ihm, von seiner Art, auch die kleinen Facetten eines Kunstwerks zu beachten. Er fragte sie, was sie am Leben am meisten fasziniert, und sie redete begeistert von Farben, Licht und Musik. Er dagegen dachte vor allem an das rote Pulsieren eines Herzens, das bald allein ihm gehören würde. Aber das sagte er natürlich nicht.
Als das Museum schloss, war ihr Date noch nicht zu Ende. Er schlug vor, ein Glas Wein in einer gemütlichen Bar zu trinken, nur ein paar Straßen weiter. Sie willigte ein, mehr als bereit, den Abend mit ihm zu verlängern. In der Bar war es warm, an den Wänden hingen moderne Fotografien, die eine urbane Szene darstellten. Er nutzte die Gelegenheit, sich dicht zu ihr zu setzen. Zwar gab es noch andere Gäste, aber sie saßen an einem kleinen Tisch in einer Nische, wo man ungestört reden konnte. Er bestellte einen Rotwein für sich und einen für sie, ließ sie aber wählen, ob sie lieber etwas anderes möchte. Sie sagte lachend, sie mache alles mit, solange es nicht zu stark ist. Wie harmlos diese Worte klangen, wie sehr sie doch Ausdruck ihres naiven Vertrauens waren.
Je später der Abend wurde, desto intensiver wurden ihre Blicke. Sie rückte näher, legte einmal kurz ihre Hand auf seinen Unterarm, und er erwiderte die Geste mit einem leichten Streicheln ihrer Finger. Er spürte, wie ihr Herz vermutlich schneller schlug, aufgeregt, vielleicht ein bisschen verliebt in diesen scheinbar perfekten Fremden. In seinen Gedanken formte sich das Bild, wie er dieses Herz, das so aufgeregt pochte, bald in seinen Händen halten würde. Das Herz, um das sie sich nie Sorgen gemacht hatte, weil sie dachte, es schlüge für sie allein.
Als die Bar schließlich begann, die letzten Runden anzukündigen, fragte er sie, ob sie Lust hätte, noch woanders hinzugehen. Vielleicht an einen Ort mit schöner Aussicht? Sie war verzaubert von seiner Stimme und willigte ein. Draußen war es still, ein kühler Wind wehte, und nur wenige Laternen erhellten die Straße. Er führte sie zu einem Parkplatz, wo sein Auto stand. Ein unscheinbarer Wagen, nichts Luxuriöses, aber auch nichts Klappriges. Perfekt, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Sie stieg ein, während er den Motor startete. „Wohin fahren wir?“, fragte sie kichernd, als wolle sie sich auf ein Abenteuer einlassen. Er versprach, einen tollen Ausblick über die Stadt zu haben, irgendwo am Stadtrand, wo man die Lichter von oben bewundern kann. Sie lehnte sich zurück, ein Leuchten in den Augen.
In Wahrheit steuerte er einen abgelegenen Ort an, eine Art verlassenes Industriegelände, von dem er wusste, dass dort abends niemand mehr herumlungert. Die Straßen dorthin wurden immer dunkler, immer einsamer, und sie merkte irgendwann, dass das hier nicht mehr nach „schöner Aussicht“ aussah. Sie runzelte die Stirn: „Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“ Er lächelte und log, sie müssten nur noch ein kleines Stück weiter, dann kämen sie zu einer alten Fabrikruine, von deren Dach man die Skyline sehen könnte. Eine alberne Geschichte, aber sie war bereits genug eingeschüchtert und verwirrt, um sich nicht zu wehren.
Er stellte den Wagen schließlich ab. Um sie herum war alles in Dunkelheit getaucht. Keine Menschenseele. Sie schluckte und fragte, ob das hier nicht gefährlich sei. Er stieg aus und ging um den Wagen herum, um ihr die Tür zu öffnen, ganz Gentleman. „Vertrau mir“, sagte er mit seiner tiefen, ruhigen Stimme, „ich würde dich niemals in Gefahr bringen.“ Eine Lüge, die kaum größer sein konnte. Sie nahm zögernd seine Hand, stieg aus. In der Ferne zeigten sich nur schwache Umrisse verlassener Hallen, zugenagelter Fenster, rostiger Metallskelette. Irgendwo tropfte Wasser von einer kaputten Regenrinne. Es roch modrig, ein wenig wie in einem alten Keller.
Ihr mulmiges Gefühl war spürbar, als sie sich eng an ihn schmiegte. „Meinst du wirklich, wir kommen hier hoch?“ – ein letzter Versuch, Normalität zu bewahren. Anstatt zu antworten, führte er sie ein paar Schritte weiter, bis zu einer Gittertür, die verschlossen war. „Hmm, sieht zu aus“, stellte er fest, als wisse er das nicht längst. Sie wollte schon vorschlagen, wieder zurückzugehen, da drehte er sich zu ihr um und starrte sie einen Moment lang an. In diesem Augenblick spürte sie vermutlich eine plötzliche, eiskalte Vorahnung in ihrem Nacken, weil sein Blick etwas hatte, das sie nicht mehr deuten konnte. Er wirkte nicht mehr charmant und witzig, sondern furchteinflößend.
Er holte einen kleinen Gegenstand aus seiner Jackentasche – diesmal keinen Betäubungsspray (wie er es vielleicht in anderen Situationen getan hätte), sondern eine Art Totschläger mit eingebautem Elektroschocker. Ein leises, sirrendes Geräusch begleitete den kurzen Blitz, als er das Ding aktivierte. Sie riss die Augen auf, wollte zurückweichen, aber er packte sie am Handgelenk und drückte ihr die Waffe an den Hals. Ein kurzer Schrei, dann ein Zucken, und schon ging sie zu Boden. Er hatte sie bewusst nicht voll gegrillt, denn sein Ziel war nicht, sie zu töten, sondern sie kampfunfähig zu machen. Sie war zwar nicht komplett ohnmächtig, aber sie krümmte sich vor Schmerz und Angst.
„Das tut mir ja so leid“, murmelte er ironisch, während er sie an den Schultern packte und zurück zum Auto zerrte. „Ist bestimmt nicht das Date, das du dir erhofft hast, oder?“ Sie keuchte, Tränen traten in ihre Augen, sie hauchte ein ersticktes „Bitte…“. Er genoss es, diese Macht zu spüren. Aber er war nicht hier, um große Spielchen zu treiben. Er hatte alles durchdacht: Von hier aus war es nur eine kurze Fahrt zum Bestattungsinstitut, wo er dank eines Nebeneingangs diskret hineingelangen konnte.
Er fesselte sie mit Kabelbindern, während sie halb betäubt auf dem Rücksitz lag, und stopfte ihr einen Knebel in den Mund, damit sie nicht schreien konnte. Das Adrenalin schoss durch seine Adern, während er sich vorstellte, wie ihr Herz jetzt wild pochen musste. Für ihn war das erst der Anfang eines eiskalten Rituals, das er bereits unzählige Male in seiner Fantasie durchgespielt hatte. Und sie war das erste Tinder-Opfer, das tatsächlich in seine Fänge geriet.
Unterwegs zum Institut hatte er das Radio leise an, einen alten Rocksong, den er mit wippendem Fuß begleitete. Sie lag auf dem Rücksitz und wimmerte, während der Wagen über die leeren Straßen glitt. Ob sie sich fragte, wie das nur hatte passieren können? Ob sie in diesem Moment begriff, dass sie sich in all seinen schönen Worten getäuscht hatte? Er konnte das Zittern ihres Körpers im Rückspiegel erkennen, und es verschaffte ihm eine diabolische Genugtuung.
Am Ziel angekommen, fielen keine Lichter aus den Fenstern. Es war längst nach Mitternacht, und niemand erwartete hier Besucher. Er fuhr in die Garage, schloss von innen das Rolltor. Dann stieg er aus, atmete tief durch. Für ihn war das alles Routine – oder zumindest wollte er sich das einreden. Tatsächlich war er ein wenig nervös, weil dies das erste Mal war, dass er eine Frau direkt aus einem Date entführt hatte. Er hatte sich so lange darauf vorbereitet, doch jetzt zitterte auch ihm kurz die Hand, als er den Autoschlüssel ins Schloss steckte, um den Wagen wieder aufzuschließen.
„Beruhige dich“, sagte er leise zu sich selbst. „Du hast alles unter Kontrolle.“ Er ging zum Kofferraum, zog eine zusammenklappbare Rollbahre heraus, wie man sie für Leichen benutzt. Damit würde er sie nun ins Innere schaffen. Sie wehrte sich kaum, ihre Glieder schlaff von dem Elektroschock und der Panik. Er sah das Entsetzen in ihren Augen, während er sie auf die Bahre schob. Er musste ihre Fesseln lösen, um ihre Beine zusammenzufalten, und in diesem kurzen Moment konnte er ihre bebende Haut spüren. Sie hatte Schrammen an den Knien, wahrscheinlich vom unsanften Sturz. Ihre Augen flehten ihn an, doch er war immun gegen solche Blicke. Er hielt nichts von Mitleid.
In dem kleinen Hinterraum des Instituts herrschte eine kühle, sterile Atmosphäre. Normalerweise würde man hier die Toten waschen oder vorbereiten, ehe sie in Särge oder zum Verbrennen kommen. Er hatte alles bereits präpariert: Den Tisch, das Werkzeug, sogar ein paar Laken, um Spritzer aufzufangen. Er fixierte sie mit Lederriemen an Händen und Füßen. Sie war jetzt vollends wach, zappelte und schrie gegen den Knebel an, verzweifelt, ohne Aussicht auf Rettung. Er nahm den Knebel ab, nur um ihre Reaktion zu sehen. Sie stieß ein kehliges „Hilfe!“ aus, ein letztes Aufbäumen, bevor er ihr mit einem bitteren Lächeln erklärte: „Hier hört dich niemand. Und selbst wenn, glaubst du, jemand würde hierherkommen und rufen: ‚Na, was ist denn los um diese Zeit?‘ Nein. Das ist mein Reich, und du… du bist mein Gast.“
„Warum tust du das?“, stammelte sie. Tränen rollten über ihr Gesicht. Er legte den Kopf schief und betrachtete sie, als wäre sie ein seltsames Tier im Zoo. „Warum?“, wiederholte er. „Weil ich an meine persönliche Weiterentwicklung glaube. Und du wirst mir dabei helfen. Dein Herz…“ Er berührte mit einem Finger die Stelle über ihrem Brustbein. „… dein Herz ist mein Schlüssel zu einer höheren Moral. Klingt verrückt? Vielleicht. Aber es ist nicht verrückter als die Illusion, die wir alle leben.“
Sie verstand natürlich nicht, was er da faselte, und das war ihm auch egal. Er wollte nur reden, um sein eigenes Ego zu streicheln. „Keine Sorge, es wird schnell gehen“, versprach er in gespielt liebevoller Stimme. Dann griff er zu einem Skalpell, das steril eingepackt war, als wäre er tatsächlich ein Chirurg. Er war vorsichtig, machte nur einen kleinen Testschnitt an ihrem Arm, um sich an ihren Schmerzensschrei zu gewöhnen. Ein sadistischer Test, der ihm zeigte, wie viel sie aushält. Sie wand sich, versuchte, die Riemen zu lockern, doch das war aussichtslos.
Er lachte kurz, dann wechselte er zu einem größeren Messer, das eine etwas gebogene Klinge besaß, scharf wie Rasierklingenstahl. Mit einer ungerührten Selbstverständlichkeit öffnete er die Bluse, die sie trug, schnitt sie mit einem Ruck auf. Ihr ganzer Körper bebte. Er liebte diesen Anblick: die nackte Furcht, das Ausgeliefertsein. Aber er wollte sich nicht zu lange in diesem Moment verlieren. Immerhin war sein Ziel nicht sadistische Folter, sondern das Herz. Er wollte möglichst schnell an diesen kostbaren Muskel gelangen, der nach seiner abartigen Überzeugung sein eigenes Inneres reinigen würde.
In der nächsten halben Stunde führte er eine grausige Routine aus, bei der jeder Handgriff saß. Er nutzte seine Kenntnisse, die er sich nicht zuletzt aus anatomischen Studien angeeignet hatte. Dabei hatte er zunächst gedacht, er müsse ein größeres Chaos anrichten, doch er war überrascht, wie effektiv und relativ „sauber“ so ein Eingriff sein konnte, wenn man wusste, was man tat. Das war sein Vorteil: In seinem Beruf lernte man einiges über den menschlichen Körper und über gewisse medizinische Grundlagen.
Sie schrie, bis ihr die Luft wegblieb. Dann weinte sie lautlos, während ihr Bewusstsein allmählich wegbrach. Das Letzte, was sie sah, war sein kaltes Grinsen über ihr. Schließlich verklang ihr Wimmern. Ihre Augen starrten ins Leere. Irgendwann erklang nur noch sein eigener, etwas heiserer Atem in dem sterilen Raum. Und als es vollbracht war, hatte er das Herz in der Hand. Blut tropfte auf den Boden, aber das Laken fing das meiste auf. Er legte das Herz auf ein Metallschälchen, das er bereitgestellt hatte. Dann warf er einen nüchternen Blick auf den leblosen Körper vor ihm.
In dem Moment, so bildete er es sich ein, spürte er eine Art Energie, die durch ihn hindurchfuhr. Er stellte sich vor, wie das Herz noch nachzitterte, wie die Vitalität der Frau, ihre Hoffnungen und Träume, all das nun sein Eigen war. Absurde, kranke Gedanken, die in seinem Kopf aber einen völlig logischen Sinn ergaben. Er lächelte, verstaute das Herz erst einmal in einer kleinen Kühlbox. Den Rest ihres Körpers würde er im Verbrennungsofen loswerden. Eine perfekte Entsorgung, wie er es nannte – keine Spuren, keine Hinweise.
Er nahm sich Zeit, den Tisch sorgfältig zu reinigen. Das Blut musste weg, jeder Tropfen. Die Kleidung sammelte er in einem Beutel. Ihr Handy würde er ebenfalls vernichten, nachdem er ein paar vorsichtige Checks gemacht hatte, um sicherzugehen, dass niemand wusste, mit wem sie sich getroffen hatte. Zwar hatte sie Freunden erzählt, sie gehe auf ein Tinder-Date, aber sie hatte seinen echten Namen nicht genannt – er hatte ihr nur einen Spitznamen gesagt, den er auf der Plattform nutzte. Vorher hatte er außerdem mit allen Tricks gearbeitet, um seine IP und andere Spuren zu verschleiern. Er war kein Computergenie, aber er wusste genug, um nicht so leicht verfolgt werden zu können.
Dann begann er mit der zweiten Phase: den Körper entsorgen. Dafür rollte er die Bahre samt Leichnam in den Nebenraum, wo sich der Ofen befand. Er war groß genug, um einen Sarg aufzunehmen, daher war dieser Körper für ihn keine echte Herausforderung. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand im Gebäude war, schloss er die Tür, aktivierte die Lüftung und heizte den Ofen vor. Normalerweise dienen diese Öfen dazu, Verstorbene zu kremieren, nachdem alle Formalitäten geklärt sind. Für ihn war es jetzt das perfekte Versteckspiel: Nachts arbeitete hier niemand, und wenn er am nächsten Morgen das Protokoll pflegte, würde er einen Eintrag fälschen, um eine anonyme Einäscherung zu vermerken, die im System als „nicht identifizierter Leichnam“ auftaucht. Er hatte bereits Schlupflöcher genutzt, um derartige Daten nachträglich einzupflegen, falls es mal Fragen geben sollte. Die bürokratische Maschinerie hat ihre eigenen Lücken, und er wusste, wie man sie nutzt.
Die Verbrennung selbst war ein intensiver Vorgang. Hitze flammte auf, Rauch zog ab, und in wenigen Minuten setzte die Flammenwalze dem restlichen Fleisch ein Ende. Er starrte wie gebannt durch das kleine Sichtfenster und lächelte. „Von der Sonne verbrannt“, raunte er, als wäre es ein letzter, zynischer Gruß an ihr einst so strahlendes Gemüt. Nichts blieb, außer glühender Asche, die er später zerkleinern und beseitigen konnte. Es war eine Art Apotheose: Sie verschwand in Rauch und Flammen, ohne dass man jemals davon erfahren würde.
Zurück blieb nur ihr Herz, das er später, in den frühen Morgenstunden, feierlich in seiner Wohnung „genoss“, wie er es nannte. Dies war für ihn der heilige Akt, der seine eigene kranke Ideologie erfüllte. Er bereitete es so zu, wie man es vielleicht mit einem Steak tun würde, nur deutlich brutaler und mit einem Ritus, den er in seinem Wahn als spirituelle Handlung ansah. Er war fest überzeugt, dadurch ein besserer Mensch zu werden, moralisch auf eine höhere Ebene zu steigen, weil er die Essenz ihres Lebens in sich aufnahm. Er schleuderte dabei ein paar halb gemurmelte Sätze in den Raum, irgendwelche pseudoreligiösen Mantras, die sich niemand außerhalb seines Kopfes auch nur ansatzweise hätte erklären können.
Als die Sonne aufging, räumte er die Küche auf. Ein beschlagener Teller, ein Messer, alles wurde gründlich gereinigt und verstaut. Dann duschte er lange und gründlich. Er roch immer noch einen Hauch von verbranntem Fleisch, aber das war vielleicht auch nur Einbildung. In seinem Spiegelbild sah er eine Spur Erschöpfung, aber zugleich eine raubtierhafte Zufriedenheit, die seine Mundwinkel nach oben zog. „Geschafft“, sagte er fast feierlich, als halte er eine Rede vor unsichtbarem Publikum.
Die nächsten Schritte waren Routine: Er durchsuchte ihre sozialen Netzwerke, um zu schauen, ob jemand ihre Abwesenheit bemerkt. Sie hatte zwar eine Handvoll Bekannte, aber niemanden, der unmittelbaren Kontakt mit ihr hielt oder wusste, wo sie sich an diesem Abend genau aufhielt. Er war ziemlich sicher, dass ihre Spur ins Nichts verlief. Selbst wenn irgendwann jemand auf die Idee käme, sie sei verschwunden, würde man kaum einen Zusammenhang zu ihm herstellen können. Auf Tinder existierte nur sein Fake-Account; ihr Chat-Verlauf war schon gelöscht. Er wusste genau, wie man digitalen Müll hinterlässt, der in der Masse der Datenflut unterging.
Er nahm sich einen Moment Zeit, ihren Namen in Gedanken zu wiederholen. Ein Name, der nun bedeutungslos war, weil sie nicht mehr existierte. Das Herz war in ihm – im wahrsten Sinne des Wortes – und damit war dieser Name für ihn lediglich eine Fußnote in seiner persönlichen Geschichte. Sie würde nicht einmal eine Statistik sein, weil niemand sie als Mordopfer einordnen könnte. Er empfand einen perversen Stolz auf seine makellose Entsorgung, seinen perfekten Mordplan. Keine Spuren, keine Fehler. Und er war fest davon überzeugt, wieder ein Stückchen näher an die moralische Erleuchtung gerückt zu sein.
Am frühen Vormittag ging er ins Bestattungsinstitut. Sein Chef war schon da und arbeitete in einem Büro an irgendwelchen Unterlagen. Er grüßte freundlich und fragte, ob alles in Ordnung sei. „Ja, alles gut“, antwortete er, „hatten wir über Nacht irgendetwas? Ich hab nämlich ein anonymes Kremationsprotokoll angelegt für einen Fall, der uns gestern gemeldet wurde.“ Sein Chef blätterte kurz in den Akten, runzelte die Stirn, fand aber keine Unstimmigkeiten. „Nein, scheint alles in Ordnung. Danke, dass du dich darum gekümmert hast. Ist immer eine Menge Papierkram.“ Dann wechselte er das Thema und fragte, ob er am Wochenende Zeit habe, sich ein paar neue Sargmodelle anzuschauen. Er lächelte und bejahte, als wäre nichts Außergewöhnliches geschehen.
So verging der Tag in geschäftiger Routine. Er nahm ein paar Anrufe entgegen, beriet Angehörige, die eine Trauerfeier planen wollten, und zeigte die neue Urnenkollektion. Niemand in seiner Umgebung ahnte, dass er wenige Stunden zuvor eine grauenvolle Tat begangen hatte. Er konnte wunderbar in seinem Doppelleben aufgehen, während er immer wieder an das pochende Herz in seiner Hand zurückdachte. Dieses Herz, das ihm nun angeblich „moralische Kraft“ verlieh.
In den folgenden Tagen beobachtete er die Nachrichten, durchforstete Onlinemedien und Foren. Nirgends tauchte ein Hilferuf auf, der seine Tat in Zusammenhang mit einer Vermisstenmeldung bringen konnte. Hin und wieder stieß er auf eine Anfrage: „Hey, hat jemand meine Freundin gesehen? Sie meldet sich nicht…“ Doch das verlief sich in den üblichen Kanälen. Er schüttelte nur den Kopf und dachte, wie unauffällig das Leben von manchen Menschen eben ist, und wie leicht man verschwinden kann, ohne dass es die Welt groß erschüttert.
Je mehr Zeit verstrich, desto sicherer wurde er sich, dass dieser Mord restlos in die Dunkelheit gesunken war. Das ließ seinen Hochmut wachsen. Er glaubte fest daran, dass er die perfekte Methode gefunden hatte, Opfer zu finden, sie zu locken und zu beseitigen, während er ihr Herz in sich aufnahm. Die Erinnerung an ihre Augen, kurz bevor sie starb, blieb ihm erhalten wie ein Kunstwerk, das er immer wieder betrachtete. Tatsächlich kam er sich vor wie ein Künstler, der sein eigenes Meisterwerk erschafft – mit Fleisch und Blut.