Heute Christ sein - Werner Eizinger - E-Book

Heute Christ sein E-Book

Werner Eizinger

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Beschreibung

Nicht die üblichen Andachten aus dem Bereich des Glaubenslebens oder des Kirchenjahres hat Werner Eizinger in seinem Buch zusammengestellt, sondern solche zu Themen und Fragen aus der Lebenswirklichkeit des Menschen unserer Zeit. Heute Christ sein: Was bedeutet das und wie geht das? In 21 kleinen Andachten meditiert der Autor aktuelle Themen: Barmherzigkeit und Vergebung, Zukunft und Verantwortung, Herrschen und Fanatismus, Gehorsam und Gerechtigkeit u. v. m. Antworten auf diese grundlegenden Fragen findet er in den Schrifttexten, zu denen kurze Impulse gegeben werden. Lieder und Gebete runden die kleinen Gottesdienste ab, die nicht nur in der Gemeinde gestaltet, sondern auch privat gebetet und meditiert werden können. Besonders für die geprägten Zeiten lassen sich daraus Reihen von Andachten mit Impulsen für das christliche Leben zusammenstellen.

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Seitenzahl: 136

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KONKRETE LITURGIE

herausgegeben von Guido Fuchs

WERNER EIZINGER

Heute Christ sein

Meditative Andachten durch das Kirchenjahr

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-7917-3137-7

© 2020 by Verlag Friedrich Pustet, Regensburg

Umschlagbild: pixabay / msandersmusic

Umschlaggestaltung: Martin Veicht, Regensburg

Satz: Medienbüro Monika Fuchs, Hildesheim

Druck und Bindung: Friedrich Pustet, Regensburg

Printed in Germany 2020

Diese Publikation ist auch als eBook erhältlich:

eISBN 978-3-7917-6173-2

Weitere Publikationen aus unserem Programm

finden Sie auf www.verlag-pustet.de

www.liturgie-konkret.de

INHALT

Vorwort

Barmherzigkeit

Vergebung

Erkenntnis

Beistand

Zukunft

Ehrfurcht

Wahrhaftigkeit

Verantwortung

Alltag

Gottes Macht und Ohnmacht

Zivilcourage

Klugheit

Herrschen

Fanatismus – Begeisterung

Anerkennung

Sicherheit

Geborgenheit

Gehorsam

Gerechtigkeit

Glaubensbekenntnis

Vertrauen, Gottvertrauen

VORWORT

Dieses Buch ist der Versuch einer unüblichen Art von Andachten. Sie gehen nicht von einem Glaubensgeheimnis oder einer Heiligenverehrung aus. Im Mittelpunkt steht einerseits der Mensch unserer Tage, andererseits Gott. Die Texte gehen von der Lebenswirklichkeit des Menschen und seinen Fragen aus. Sie versuchen, aus der tätigen und verbalen Botschaft Jesu Christi Antwort und Hilfe zu geben.

Die Andachten können mit der Gemeinde gefeiert werden, aber die Texte kann man auch ganz persönlich und privat lesen, bedenken und beten.

Bei der Feier mit der Gemeinde sollte nach jeder Betrachtung eine stille Minute zum Nachdenken eingelegt werden, damit die Gläubigen das Gehörte auch persönlich bedenken und verarbeiten können.

Die Psalmtexte sind der Psalmenübertragung aus dem Hebräischen in dem Buch „Die Psalmen. Ein Gebetbuch für Christen“, Werner Eizinger, Regensburg 2013, entnommen.

Beim Vollzug in der Gemeinde gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder spricht man die Verse abwechselnd zwischen Vorbeter und Gemeinde oder zwischen linker und rechter Bankseite. Dazu können die Psalmtexte für die Gemeinde kopiert werden.

Die angegebenen Lieder sind nur Vorschläge, die gegen in der konkreten Gemeinde gängige Lieder ausgetauscht werden können. Dabei können auch Gesänge aus dem jeweiligen Diözesananhang eingesetzt werden, die hier nicht berücksichtigt werden können.

Werner Eizinger

BARMHERZIGKEIT

Kreuzzeichen und Gruß

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Der Herr sei mit euch!

Und mit deinem Geiste.

Meine Schwestern und Brüder, das Thema unserer Andacht lautet heute „Barmherzigkeit“.

Lied

GL 347,1.4 (Der Geist des Herrn)

Gebet

Wir wollen beten.

Erhabener, ewiger Gott! Wir sind oft ratlos, kennen die Wege nicht, schlagen Irrwege ein, suchen die Wahrheit und tappen doch im Dunkeln dahin.

Darum kommen wir jetzt zu dir und bitten dich, dass du uns mit deinem Licht und deiner Wahrheit erfüllst. Dein Wort ist Licht und Wahrheit, wir wollen es jetzt hören.

Schriftlesung

aus dem Evangelium nach Lukas

Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat sein Volk besucht und ihm Erlösung geschaffen. Er hat uns einen starken Retter erweckt im Haus seines Knechtes David, hat uns errettet vor unseren Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen.

Und du, Kind, wirst Prophet des Höchsten genannt werden, denn du wirst dem Herrn vorangehen, um seine Wege zu bereiten, um seinem Volk Erkenntnis der Rettung zu schenken in der Vergebung der Sünden. Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes, und unsere Schritte auf den Weg des Friedens zu leiten. (Lk 1,68–69.76–79)

Betrachtung

Diese Worte spricht Zacharias anlässlich der Geburt seines Sohnes Johannes. Darin preist er die barmherzige Liebe Gottes. Diese Liebe, sagt er, äußert sich darin, denen, die in Finsternis und im Schatten des Todes sitzen, zu leuchten. Das aber sind wir alle. Wir sitzen in Finsternis, denn wir kennen unsere Zukunft nicht, wir kennen nicht einmal uns selber durch und durch, wissen nicht, wie wir uns selber entwickeln, was aus uns werden wird. Wir wissen oft nicht, wie wir uns entscheiden sollen, welcher Weg der bessere ist. Wir kennen andere Menschen, ihr innerstes Wesen und ihr künftiges nicht. Worauf wir uns stützen können, ist einzig Vermuten, Wünschen und Hoffen. Und der Schatten des Todes überstrahlt unser Leben – je älter wir werden, umso mehr.

Doch die Worte des Johannes machen uns Mut. In Finsternis und Todesschatten sind wir nicht allein gelassen, denn uns leuchtet dank der Barmherzigkeit Gottes ein Licht auf, das unser Leben erhellt. Johannes führt uns nämlich zu Jesus, der uns sagt, dass wir in aller Finsternis des Lebens auf Gott vertrauen dürfen. Gott lässt uns nicht allein, er zeigt uns die Wege, wenn wir uns ihm öffnen. Und Jesus sagt uns, dass wir nicht im Schatten des Todes sitzen, denn er hat den Tod für uns alle besiegt und will uns zum Leben bei Gott, dem uns liebenden Vater, führen.

Und weiter sagt Zacharias, dass Gottes barmherzige Liebe unsere Schritte auf den Weg des Friedens führen wird. Er spricht von dem Frieden, den wir nicht machen können, der uns aber vom Vatergott geschenkt wird, wenn wir uns seiner Führung anvertrauen.

Gebet

Wir wollen beten.

Barmherziger Gott, unser Vater! Wir danken dir, dass du dich unser annimmst, dass dir an uns gelegen ist, weil du uns liebst.

In Jesus, deinem Sohn, hast du dich uns gezeigt, unser Leben erhellt und uns Zukunft bereitet. Dafür danken wir dir, loben und preisen wir dich heute und in Ewigkeit.

Amen.

Lied

GL 382,1.5 (Ein Danklied sei dem Herrn)

Betrachtung

Jesus selbst fordert uns im Lukasevangelium auf: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ (Lk 6,36) Wir sollen uns Gott zum Vorbild nehmen, seine Barmherzigkeit aufgreifen und den Menschen weiterschenken. Jesus verdeutlicht das in seinem Gleichnis vom barmherzigen Samariter. (Lk 10,25–36)

Dieses Gleichnis, das uns sehr vertraut ist, schreckt uns freilich auf, verlangt eine gewaltige Portion Selbstüberwindung von uns. Denn da wird uns gesagt, dass unsere Barmherzigkeit weit über jenes Maß hinausgehen soll, zu dem wir spontan bereit sind. Selbstverständlich ist uns Barmherzigkeit gegenüber denen, die wir lieben und die uns nahestehen: dem Ehegatten bzw. der Ehegattin, unseren Kindern, unseren Freunden und Verwandten, auch Bettlern, die unser Mitleid erwecken. In diesem Gleichnis aber fordert Jesus unsere Barmherzigkeit auch jenen gegenüber, die wir als unsere Feinde betrachten, und jenen, die uns als ihre Feinde behandeln: Ein Samariter erweist sich einem Juden barmherzig – für seine Hörer damals eine provokative Herausforderung! Doch solche allumfassende Barmherzigkeit fordert Jesus von uns, denn auch Gott lässt seine Güte strahlen über Gerechten und Ungerechten, weil er keinen aus seiner Liebe ausschließt.

Im Weiterschenken der Barmherzigkeit, die wir von Gott empfangen, können wir unsere Dankbarkeit gegenüber Gott bestätigen.

Lied

GL 442,1–3 (Wo die Güte und die Liebe wohnt)

Betrachtung

Wir freuen uns über die Barmherzigkeit Gottes und sind dankbar dafür. Wenn wir aber über unsere eigenen Gedanken nachdenken, wird uns bewusst, wie sehr uns manchmal die Barmherzigkeit gegenüber Menschen fehlt. Wenn wir die Not anderer wahrnehmen, von ihren Sorgen hören, wenn wir von Problemen anderer erfahren, ihre Hilflosigkeit wahrnehmen – lässt es uns nicht oft gleichgültig, verschließen wir nicht die Augen davor, um nicht handeln zu müssen? Begnügen wir uns nicht manchmal mit dem Spruch, jeder sei seines eigenen Glückes Schmied? Oder drücken wir uns vor der Verantwortung mit dem Gedanken, jener hätte wohl selber Fehler gemacht, dass er in diese Lage geraten ist? Und überhaupt: Was gehen uns die anderen an, haben wir nicht eigene Sorgen? Ja, wir sind Künstler, Künstler im Verdrängen unserer Verantwortung für andere.

Wechselgebet

Preisen will ich den Herrn allezeit,

sein Lobpreis sei immer in meinem Mund!

Meine Seele rühme sich des Herrn,

Demütge sollen es hörn und sich freun.

Verherrlicht mit mir den Herrn,

gemeinsam lasst uns ihn rühmen!

Ich suchte den Herrn, und er hat mich erhört,

er hat mich aus all meinen Ängsten befreit.

Schaut auf zu ihm, dann werdet ihr fröhlich,

und niemals müsst ihr vor Scham erröten.

Der Arme rief, und der Herr hat gehört,

er hat ihn aus all seinen Nöten befreit.

Der Engel des Herrn lässt sich nieder bei denen,

die Gott ehren, um sie zu retten.

Kostet und seht die Güte des Herrn!

Selig, die bei ihm sich bergen.

Ihr, seine Frommen, achtet den Herrn!

Denn wer ihn ehrt, ist frei von Not.

Arm wurden Große und litten Hunger,

doch wer den Herrn sucht, muss nicht darben.

Kommt, ihr Menschen, hört mir zu,

Respekt vor dem Herren will ich euch lehren.

(Ps 34,2–12)

Lied

GL 425,1–3 (Solang es Menschen gibt auf Erden)

Fürbitten

Gütiger Gott! Manchmal neigen wir dazu, uns anderen Menschen zu verschließen und nur uns selbst zu beachten. Darum bitten wir dich:

Öffne uns Augen, Ohren und Herz!

Für die Menschen, mit denen wir zusammenleben.

Für die Menschen, an denen wir achtlos vorübergehen.

Für die Menschen, die unsere Hilfe brauchen.

Für die Menschen, denen wir gleichgültig sind.

Für die Menschen, die uns gekränkt und unrecht getan haben.

Dir, Vater, sei Dank und Lob und Ehre heute und in Ewigkeit!

Amen.

Segen

Der Herr sei mit euch!

Und mit deinem Geiste.

Es segne und behüte euch der barmherzige und gütige Gott: der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.

Amen.

Lied

GL 456,1.3 (Herr, du bist mein Leben)

VERGEBUNG

Kreuzzeichen und Gruß

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Der Herr sei mit euch!

Und mit deinem Geiste.

Meine Schwestern und Brüder, das Thema unserer Andacht lautet heute „Vergebung“.

Lied

GL 266,1–3 (Bekehre uns, vergib die Sünde)

Gebet

Wir wollen beten.

Gott, unser Vater, du kennst die Probleme, die uns und unser Leben belasten. Du weißt, wie schwer uns das Leben oft werden kann. Doch wir hoffen auf dich. Darum kommen wir zu dir und bitten dich um deinen Beistand, denn wir vertrauen darauf, dass du uns nicht alleine lässt. Du bist ja ein Vater, der uns grenzenlos und bedingungslos liebt – heute und in Ewigkeit.

Schriftlesung

aus dem Evangelium nach Markus

Als Jesus einige Tage später wieder nach Kafarnaum hineinkam, erfuhren die Leute, dass er im Haus war. Nun versammelten sich so viele Menschen, dass sie nicht einmal mehr vor der Tür Platz hatten; und er verkündete ihnen das Wort. Da brachten sie einen Gelähmten zu ihm; er wurde von vier Männern getragen. Doch weil sie ihn wegen der Menschenmenge nicht bis zu Jesus bringen konnten, deckten sie dort, wo Jesus war, das Dach ab, entfernten die Lehmschicht und ließen die Bahre mit dem Gelähmten hinab. Jesus sah ihren Glauben und sagte zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben. Es saßen dort aber auch einige Schriftgelehrte; diese überlegten im Stillen: Wie kann er so reden? Er lästert; denn wer kann Sünden vergeben als Gott allein? Jesus erkannte sofort, was sie dachten, und sagte zu ihnen: Warum denkt ihr so in euren Herzen? Was ist leichter? Zu dem Gelähmten zu sagen, deine Sünden sind dir vergeben, oder zu sagen, steh auf, nimm dein Bett und geh umher? Ihr sollt aber erkennen, dass der Menschensohn Vollmacht hat, auf Erden Sünden zu vergeben. Nun wandte er sich dem Gelähmten zu und sprach: Ich sage dir: Steh auf, nimm deine Bahre und geh nach Hause! Da stand er auf, nahm sofort seine Bahre und ging vor aller Augen hinaus. Da gerieten alle außer sich, priesen Gott und sagten: So etwas haben wir noch nie gesehen. (Mk 2,1–12)

Betrachtung

Jesu Verhalten erscheint uns zunächst seltsam. Die Leute bringen den Gelähmten zu ihm, weil sie von ihm Heilung für den Kranken erhoffen. Und der Gelähmte? Er hofft aus ganzem Herzen, dass ihn Jesus von der Qual seines Leidens befreien wird. Doch Jesus? Er spricht von Sündenvergebung. Sieht er denn die Not dieses Menschen nicht, der an seine Bahre gefesselt ist und sich nicht frei bewegen kann? Und die seelische Not, die damit verbunden ist? Und die Sorge um seine Zukunft? Da ist das Wort des Herrn von der Sündenvergebung weder Trost noch Hilfe.

Und die Schriftgelehrten? Sie sehen in Jesus einen, der sich mit Gott verwechselt, also einen Feind Gottes. Vom Wesen Jesu haben sie keine Ahnung. Sie machen ihm schwere Vorwürfe, weil er behauptet, Sünden vergeben zu können.

Doch dann tritt Jesus den Beweis für seine Vollmacht an: „Steh auf, nimm deine Bahre und geh nach Hause!“ Und der Gelähmte steht sofort auf, nimmt seine Bahre und geht nach Hause.

Wie ist das möglich? Kann denn Sündenvergebung von Krankheit heilen? Sehr wohl. Das konnten sich die Menschen nicht vorstellen, aber Jesus wusste das. Wenn Schuld einen Menschen zutiefst belastet, kann sie ihn lähmen. Sie beherrscht sein Denken und Fühlen, sein ganzes Leben. Wir sehen das auch an dem Beispiel, wo Jesus einen Mann heilt, dessen Hand gelähmt ist. (Mk 3,1–6) Weil Jesus tiefer sieht als die Menschen, sagt er dem Gelähmten Sündenvergebung zu. Die Folge ist, dass dieser aufstehen und wieder gehen kann. Die Last der Sünde ist von ihm genommen, nichts also hindert ihn mehr, sich frei zu bewegen. Vergebung erlöst den Menschen.

Gebet

Wir wollen beten.

Barmherziger Gott, durch Jesus hast du dem Gelähmten deine Vergebung zugesprochen. Jesus hat sein Leiden gesehen und ihm Vergebung geschenkt. Dabei hat er die Ursache seines Leidens, die Sünde, nicht publiziert. Sie blieb ein Geheimnis zwischen dir und dem Menschen, denn du bist einfühlsam und verurteilst den, der bereut, nicht. Vater, wir danken dir, dass du ein mitfühlender und vergebender Gott bist. Du lässt keinen im Stich, der auf dich seine Hoffnung setzt.

Lied

GL 268,1–3 (Erbarme dich, erbarm dich mein)

Betrachtung

Es ist schön und tut uns gut zu wissen, dass Gott kein Rächer, sondern ein Vergebender ist. Und doch tun wir selber uns schwer mit dem Vergeben. Wehe, wenn uns jemand nicht hinreichend beachtet hat! Wehe, wenn wir uns übergangen fühlen! Wehe, wenn uns erwartete Anerkennung nicht geschenkt wurde! Dann ziehen wir uns zurück und schmollen, geben den Beleidigten und sind ungenießbar. Unser Motto lautet dann: Strafe muss sein.

Wehe, wenn uns jemand gekränkt hat! Wehe, wenn uns jemand Unrecht getan hat! Wehe, wenn uns jemand beleidigt hat! Dann neigen wir dazu, auf Rache zu sinnen.

Wir neigen dazu, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Wie du mir, so ich dir!

Vor uns selbst entschuldigen wir uns mit dem Begriff der Gerechtigkeit. Dabei vergessen wir völlig jede Selbstkritik. Wir fragen nicht danach, was den anderen zu seinem Urteil oder seinem Tun bewegt hat. Wir fragen nicht danach, mit welcher Rede oder Handlung wir den anderen provoziert haben oder in welcher Situation der andere war, dass er sich so verhalten hat. Wir denken im Grunde nur an uns.

Was würde aus uns, wenn Gott wäre, wie wir sind? Er wäre kein Vergebender, sondern ein Schmollender, ein Verständnisloser, ein Strafender, ein Rächender. Das jedoch ist unser Glück: dass Gott nicht ist, wie wir sind.

Lied

GL 485,1–2.4–5 (O Jesu Christe, wahres Licht)

Schriftlesung

aus dem Evangelium nach Matthäus

Wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, wird euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.

(Mt 6,14–15)

Betrachtung

Diese Jesusworte bilden den Schluss des Vaterunsergebets bei Jesus, im ökumenischen Vaterunsergebet bleiben sie unbeachtet. Gleichwohl bilden sie eine wichtige Forderung Jesu an uns: Wir haben zu vergeben. Das gilt für die Kirche insgesamt, aber auch für jeden Einzelnen. Nicht der Wunsch nach Vergeltung, Bestrafung oder Rache darf unser Denken und Handeln bestimmen, sondern allein die Vergebung. Wie Gott an uns handelt, so müssen auch wir aneinander handeln. Gewiss, Vergebung erlangen tut gut, Vergebung schenken ist nicht immer leicht. Aber wie könnten wir von Gott Vergebung erwarten, wenn wir sie anderen nicht schenken wollten? Hartherzigkeit ist wahrhaft keine Tugend, vielmehr ein Laster. Nehmen wir also Maß an den Worten Jesu und vergeben wir jedem, der uns Unrecht getan hat!

Wechselgebet

Selig der Mensch, dessen Frevel verziehen,

der Mensch, dessen Sünde vergeben ist.

Selig, wem Gott seine Schuld nicht zur Last legt,

weil er im Herzen frei ist von Falschheit.

Solang ich’s verschwieg, war gelähmt meine Tatkraft,

denn stöhnen musst ich ohn’ Unterlass.

Schwer lag deine Hand auf mir

am Tag und auch des Nachts.

Wie unter der Sommerhitze

schwand meine Kraft dahin.

Dann habe ich dir meine Sünde bekannt,

verbarg nicht länger die Schuld vor dir.

Ich sprach zu meinem inneren Feind:

„Bekennen will ich dem Herrn meine Frevel!“

Und du hast die Schuld meiner Sünde vergeben.

Drum soll jeder Fromme in Not zu dir beten,

dann wird das Unheil ihn nicht erreichen.

Du bist mein Schutz, bewahrst mich vor Unheil,

du rettest mich und hüllst mich in Jubel.

„Ich unterweise und lehr dich den Weg,

ich will dich beraten, auf dir ruht mein Auge.

Seid nicht ohne Einsicht wie Maultier und Ross!