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Sie sieht in ihm die Rettung, doch was sieht er?
Als die Autorin Julia Perry von ihrem Agenten zur Recherche auf die Freya geschickt wird,
ahnt sie nicht, dass sie bald mehr als ein paar heiße Flirts mit den Offizieren erleben wird.
Plötzlich wird sie in Geschäfte verstrickt und erfährt Dinge, die lieber unter Deck geblieben wären.
Kann sie der heiße Chief Mate Adam vor den dunklen Machenschaften auf hoher See beschützen?
»Julia Perry, du machst mich völlig verrückt.
Wieso raubst du mir nur so den Verstand und bringst uns dabei auch noch dermaßen in Gefahr?«
Außerdem von der Autorin erschienen:
Als Lisa Summer:
Ich kann dich verdammt gut riechen
British Love
Swedish Kisses
French Desire
Italian Feelings
Die Farben meiner Hoffnung
Liebespost vom Weihnachtsmann
Als Lisa M. Louis:
Observe - Die neue Welt
Observe - Die andere Seite
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Veröffentlichungsjahr: 2020
HIGH SEAS
-
LEIDENSCHAFT AUF HOHER SEE
von Lisa Summer
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 – Julia
Kapitel 2 – Adam
Kapitel 3 – Julia
Kapitel 4 – Julia
Kapitel 5 – Julia
Kapitel 6 – Julia
Kapitel 7 – Julia
Kapitel 8 – Julia
Kapitel 9 – Julia
Kapitel 10 – Julia
Kapitel 11 – Adam
Kapitel 12 – Julia
Kapitel 13 – Julia
Kapitel 14 – Adam
Kapitel 15 – Adam
Kapitel 16 – Julia
Kapitel 17 – Adam
Kapitel 18 – Julia
Kapitel 19 – Adam
Kapitel 20 – Julia
Kapitel 21 – Julia
Kapitel 22 – Julia
Kapitel 23 – Adam
Kapitel 24 – Julia
Leseprobe aus Swedish Kisses
Kapitel 1
Clara
Clara
Kapitel 2
Thore
Kennst du schon die »Wo die Liebe hinzieht« – Reihe?
British Love
French Desire
Italian Feelings
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Impressum
»Charlie, hast du kurz Zeit? Ich hab dir schon vor zwei Wochen das neue Exposé zugesandt und immer noch keine Rückmeldung bekommen. Gefällt es dir denn nicht?« Mein Kopf lugt durch den breiten Türspalt zu ihm hindurch. Ich musste noch nie so lange auf eine Antwort von ihm warten. Wenn er zu viel zu tun hätte, dann wüsste ich das, denn dann hätte man mich gar nicht erst zu ihm gelassen. Er hasst es, wenn man ihn während etwas Wichtigem stört, daran kann es also nicht liegen.
Charles reibt sich über die dicke Wulst unter seinem Kinn und sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an. Dann schlägt er die Beine zusammen und setzt sich auf. »Doch, doch«, sagt er abwinkend. »Wann warst du zuletzt auf einem Schiff?«
Meine Augenbrauen wandern nach oben. »Vor ein, zwei Jahren, wieso? Hab ich einen Logikfehler im Plot?«
»Nein, nein. Das – das ist es nicht. Hättest du Lust, in drei Wochen in See zu stechen? Als Recherche-Reise?«
Ist das sein Ernst? »Natürlich. Also gefällt dir die Idee zu Love in Paradise?« Perfekter kann es doch gar nicht mehr laufen. Ich will schon so lange noch einmal mit einem Kreuzfahrtschiff über das Meer reisen.
Was war das? Ein leichtes Grinsen huscht über sein Gesicht. Ich kenne diesen Ausdruck und seufze. »Nun rück schon raus, Charlie.« Es ist jedes Mal das Gleiche. Ich lege ihm als meinen Agenten eine Idee oder gleich ein ganzes Manuskript vor und dann beginnt sein großes Spiel.
»Ja, ja, die Idee ist ganz gut«, antwortet er endlich mit abwesender Stimme.
Nur ganz gut? Das wird die Love-Story des Jahres! »Aber?«
»Das Genre, meine Liebe. Das Genre.« Er legt seine Hände gefaltet in seinen Schoß und lehnt sich zurück. Wenn er weiter so macht, dann bleiben die Falten auf meiner Stirn irgendwann. »Julia, du weißt, ich schätze dich sehr als Klientin, aber deine Liebesromane ... hast du dir die letzten Verkaufszahlen angesehen? Die Verlage schaffen es einfach nicht, sie an den Mann zu bekommen. So springt doch nie eine gute Vorauszahlung für dich ab.« Pah, er meint wohl eher eine gute Provision für sich. »Setz dich endlich. Ich habe da eine neue Idee.« Charlie weist auf den Stuhl vor mir.
Ich ziehe ihn zurück und setze mich mit steifem Oberkörper ihm gegenüber hin. Zu gerne wüsste ich, was da gerade in seinem Oberstübchen vorgeht. Bisher konnte ich mich nicht wirklich über schlechte Zahlen beschweren, doch ich kenne Charlie schon lange. Das große Haus, die Ferien-Villa in Italien, der schicke Sportwagen, er will immer eine Null mehr auf dem Konto haben als nötig. »Gut«, sage ich schließlich und verschränke meine Arme. »Schieß los.«
»Aus Love in Paradise machen wir Lost in Paradise.«
»Klingt wie ein Thriller.«
Charlie strahlt und ich reiße die Augen auf. »Nein! Nein, nein und nochmals nein! Charles, ich kann keinen Thriller schreiben. Wie soll das gehen?«
Er sieht mich mitleidig an und zieht einen kleinen Stapel Dokumente aus der Schreibtischschublade seines prunkvollen Mahagonitisches hervor und legt sie zwischen uns ab. Mit dem Zeigefinger auf unseren Vertrag tippend, sieht er mich an. »Du weißt, was hier drinsteht? Und du weißt, was ich in den letzten Jahren alles für dich und deine Karriere getan habe? Gut, dann weißt du auch, dass du als nächstes einen Thriller schreiben wirst.«
Ich atme schnaubend aus. Dieser verdammte Knebelvertrag!
Charlie lächelt und sein goldener Eckzahn lugt hervor. Am liebsten würde ich ihm den jetzt ausschlagen. »Julia«, sagt er schmeichelnd und ich verdrehe die Augen, »es ist doch ganz einfach. Eine Entführung ein paar junger Mädels, die sollen mit einem Schiff nach Hong Kong geschmuggelt und dort verschachert werden. Wenn du den Leser die Liebe in deinen Büchern fühlen lassen kannst, dann sicherlich auch die Angst der jungen Frauen.« Er macht eine dramatische Pause und reibt sich den Nasenrücken. »Ich habe heute früh schon mit einem alten Schulfreund telefoniert. Er ist Agent am Hafen oder so etwas und du könntest zwei Wochen lang auf einem Containerschiff mit auf See gehen und dort recherchieren. Unter den ganzen Kerlen kommst du vielleicht mal ein bisschen aus dir heraus.«
Bis gerade wusste ich nicht, dass sich meine Augen überhaupt so extrem weiten können. Jetzt tränen sie. »Ich soll in See stechen? Ich? Auf einem Frachter? Du spinnst doch!«
»Überhaupt nicht. Bedenke, welche Erfahrungen du dort sammelt kannst. Und wenn du willst ...«, er verdreht die Augen, »… kannst du anschließend noch dein Love in Paradise schreiben. Dafür ist die Recherche ja auch ganz gut.«
»Love in Paradise spielt auf einem Kreuzfahrtschiff, nicht auf einem Containerschiff.«
Er wedelt abweisend mit seiner Hand und ich bin kurz davor, an die Decke zu gehen. Ein Frachter ... ich alleine unter Männern, das überlebe ich niemals!
»Kreuzfahrtschiff, Frachter ... Schiff ist Schiff. Ob sich deine Protagonistin nun zwischen Containern oder am Pool in den Kapitän verliebt, ist doch schnuppe. Also, was sagst du? Sind wir im Geschäft?«
Meine Augen ruhen auf seinen haarigen Fingern, die immer noch unablässig auf den Vertrag tippen. So ein Mist! Ich habe damals zugesagt, jedes Angebot anzunehmen. So sichert er sich ab, damit ich stets für den Markt schreibe. Genervt stehe ich auf und gehe im Raum auf und ab. »Ich überlege es mir bis morgen, in Ordnung? Hast du schon einen Verlag in Aussicht?«
Wieder dieses Grinsen auf seinen Lippen. »Oh ja, meine Liebe, oh ja.«
Ich hebe die Augenbrauen. »Verrätst du mir heute noch, welchen?«
Er leckt sich über seine Lippen. Ich hasse es, wenn er das macht. Ob er weiß, wie unerotisch das wirkt? »Paper-Cronwood«, spricht er es endlich aus und mit klappt der Mund auf. Paper-Cronwood ist der größte Verlag im englischsprachigen Raum und bringt einen Bestseller nach dem anderen raus.
»Das – nein ... im Ernst? Stehst du schon in Kontakt mit ihnen?« Ganz automatisch bleibe ich stehen und sinke zurück in den Stuhl.
Sein Lächeln wird immer breiter. »Ja, und sie lieben die Idee.«
In meinem Brustkorb hämmert es stark. Kann ich es wirklich schaffen, einen Fuß in die Cronwood-Welt zu setzen? Verdammt, wäre das geil! Meine Finger fahren über meine glühenden Wangen. Seit wann ist es so heiß hier drinnen? Ich kann nicht mehr anders und nicke.
»Und, lässt du dir diese Chance entgehen?«
Ich schaue über seine Glatze hinweg durch das Fenster hinter ihm und hinaus aufs weite Meer. Ich – zur See ... Julia reitet die Wellen und bezwingt das Meer, ein leichtes Lächeln huscht über mein Gesicht.
»In drei Wochen sagst du, geht es los?«
»Wenn du möchtest. Diese Erfahrung wird dir sicherlich nicht schaden.«
»Für wie lange?«
»Zwei Wochen.«
Zwei Wochen auf See und ein Thriller aus meiner Feder für einen Vertrag mit Paper-Cronwood. »Deal«, sage ich, stehe auf und schüttle Charles die Hand. Er lacht süffisant. War es die richtige Entscheidung?
Eines ist sicher: Den Kaffee an Bord werde ich nicht vermissen. Ich nehme einen Schluck des unzumutbaren Gebräus und verziehe das Gesicht. Immerhin hält mich das bittere Getränk wach. Seit achtundzwanzig Stunden sitze ich auf diesem verdammten Stuhl in diesem verdammten Ladungsbüro. Pausen? Nicht vorgesehen. Nicht für den Chief Mate, den Ersten Offizier. Nicht, wenn immer noch – Ich konsultiere den Ladeplan – sieben Container auf ihren Platz warten. Einer davon mit einer ganz besonderen Ladung. Ladung, die nicht mehr mein Problem sein wird.
Valparaíso, das »Paradiestal«, wird mein ganz persönliches Paradies sein. Ich werde abmustern und dieses Schiff nie wiedersehen. Sobald Mario mit meiner Ablöse auftaucht, bin ich weg. Sollen die ihre schmutzigen Geschäfte doch ohne mich machen. Noch ein Schluck Kaffee – der letzte. Das letzte Mal die Ladepläne aktualisieren. Das letzte Mal den Planer zusammenpfeifen. Meine Taschen stehen gepackt in der Ecke des Büros. Meine Privatklamotten liegen bereit. Ich lasse die Finger über die obersten Hemdknöpfe gleiten. Bald werde ich sie öffnen und das Uniformhemd loswerden, das die letzten zehn Jahre mein Gefängnis war. Ich werde die dunkelblaue Hose ausziehen und meine muskulösen Beine in kurzen Shorts zur Schau stellen. Dazu ein lockeres Muscle-Shirt – umsonst quäle ich mich schließlich nicht täglich, auch nicht nach einer dreißig-Stunden-Schicht, im Gym. Der Urlaubslook ist perfekt. Urlaub – von meinem alten Leben.
In Chile wird alles neu beginnen. Die Schulden sind beglichen, ich kann endlich aussteigen. Vielleicht fange ich als Hafenarbeiter an. Scheiß auf den schlechten Lohn, ich will einfach nur leben. Sonne und hier und da eine Margarita werden schon drin sein. Vielleicht eröffne ich auch eine Bar. Dann wären zumindest die Margaritas sicher.
Ich hole mein Portemonnaie aus der Tasche und zähle die Geldscheine. Genug, um die Avenida Rio Grande 5 zu besuchen. Abgesehen von den besten Margaritas haben sie die heißesten Frauen. Esperanza wird dort auf mich warten. Sie weiß, dass ich heute abmustere. Sie hat sich den Abend freigehalten, nur für mich, da bin ich mir sicher. Mario wird das schon sichergestellt haben. Die anderen Schiffsagenten mögen Idioten sein, aber auf Mario ist Verlass. Er weiß, was ein Seemann nach einer Ozeanüberquerung braucht. Margaritas und Frauen.
Esperanza, die Hoffnung. Ich grinse in mich hinein. Diese Frau ... die glänzenden Haare, die meine Oberschenkel kitzeln, während ihre vollen Lippen sich um meinen Schwanz schließen ... Ich seufze genüsslich bei der Vorstellung und mein Glied wird hart in der engen Uniformhose. Ich sollte dringend aufs Klo gehen und Druck ablassen, sonst wird es hier einen Unfall geben, mit dem ich nicht in Erinnerung bleiben will.
Ich schiebe hastig den Stuhl zurück und eile zur Tür. Beim Gehen knöpfe ich mir die Hose auf, um meinem anschwellenden Schwanz den Platz zu geben, der ihm gebührt. Ich reiße die Tür auf, springe auf den Gang und -
»Puta madre!« Mario hat mir seine knochige Schulter in die Brust gerammt. Mein frisches Tattoo bricht auf und durchtränkt das Hemd mit Blut. Stöhnend gehe ich zu Boden. »Chico, que pasa?« Mario reicht mir die Hand. »Mierda, dein Hemd, alles voll mit Blut!«
»Ja, weil du Arschloch mich umgerannt hast«, knurre ich und ziehe mich an seiner Hand hoch. Verdammt, das Hemd ist hin. Meine Erektion auch. Aber egal, Esperanza wartet. Ich werde dieses beschissene Schiff verlassen und kein Uniformhemd mehr brauchen. Ein Ruck am Stoff und die billigen Knöpfe reißen aus. Ich knülle das Hemd zusammen und tupfe das Blut ab, bevor es auf meinen Brustmuskeln trocknet.
»Hast du Liam mitgebracht?« Blöde Frage meinerseits. Natürlich hat er meine Ablöse mitgebracht. Der neue Erste Offizier, der mir meinen wohlverdienten Ausstieg ermöglicht. Ich schaue an Mario vorbei und sehe ... Das darf doch nicht wahr sein: kein Liam. Eine Frau steht dort. Na ja, eher ein Mädchen. Sie sieht ein bisschen aus wie Esperanza. Langes schwarzes Haar, schlanke Beine ... nur der Busen fehlt. Also, da ist schon was zu erkennen unter dem dünnen, weißen T-Shirt: zwei Mückenstiche. Ich grinse. »An den Nutten sparen sie auch schon, was? Für wen hast du denn diese Sparversion von Esperanza mitgebracht? Für mich hoffentlich nicht. Ich werde nicht lange genug bleiben.«
Ich trete zurück ins Schiffsbüro, schnappe mir mein T-Shirt und ziehe es über. Dann schlüpfe ich aus der Uniformhose – aufgeknöpft ist sie ja schon – und wühle im Rucksack nach meiner Jeans. Wenn man seit acht Jahren mit zwanzig Männern zur See fährt, bleibt kein Schamgefühl zurück. Und die Nutten sehen nichts, was sie nicht schon kennen. Okay, vielleicht ist es unhöflich, dem besten Schiffsagenten der Welt den Arsch hinzustrecken.
Ich richte mich auf, mit der Jeans in der Hand und ziehe sie an. »Was ist jetzt mit Liam? Kommt wohl erst morgen?« Ich habe eigentlich keine Lust, weitere Stunden auf dem Schiff verbringen zu müssen, aber was sind schon ein paar Stunden gegen ein Leben in Freiheit?
Mario tritt von einem Bein aufs andere. Mir schwant Übles. Ich knöpfe die Jeans zu und betrachte die Frau genauer. »Das ist meine Ablöse? Wusste nicht, dass der alte Johnson auch Frauen einstellt.«
»Tut er nicht«, antwortet Mario. »Jedenfalls nicht auf der Freya.«
Ich ziehe die Augenbrauen hoch.
Mario räuspert sich. »Darf ich vorstellen? Julia Perry. Sie fährt die nächste Reise als Passagierin bei euch mit.«
»Nicht bei mir«, murmele ich. »Ich bleibe nicht hier, schon vergessen? Ich lade die Freya ordentlich, übergebe an Liam, und dann können mich alle mal kreuzweise. Spätestens morgen Abend saufen wir uns in einer Bar das letzte bisschen Verstand weg, Amigo.«
Mario fixiert seine polierten Stiefelspitzen.
Ich kneife die Augen zusammen. Eine üble Ahnung steigt in mir auf. »Wann kommt Liam?«
Keine Antwort.
»Mario!«
Er zuckt zusammen, als hätte ich ihn geschlagen. Am liebsten würde ich das. Sein Schweigen kann nur eines bedeuten. »Mario.« Ich zwinge mich zur Ruhe. »Wann. Kommt. Liam?«
»In zwei Wochen. Nach Hongkong. Du fährst noch die Überquerung, und dann –«
»Fuck!« Ich ramme meine Faust in die Wand. Stahl und Knochen – keine gute Kombination. Ich brülle vor Schmerzen auf. Die Frau zuckt zusammen und starrt mich an, als hätte sie noch nie einen wütenden Kerl gesehen. Aber auf sie kann ich keine Rücksicht nehmen. Scheiße, Scheiße, Scheiße! Zwei Wochen! »Das geht nicht! Zwei Wochen. Mario, das mach ich nicht! Da werden vier Wochen draus, und dann vier Monate, ich kenn doch den Mist! Was ist denn mit Liam?«
»Ist halt krank geworden«, murmelt Mario. »Zac meint, es sei das Vernünftigste, wenn du die paar Tage noch mitfährst, dann braucht er nicht extra einen neuen Offizier anheuern.«
»Zac steht unter mir im Rang! Der hat so etwas nicht zu entscheiden!«
Mario zuckt mit den Schultern. »Ist halt der Sohn vom Boss, was willst du machen?« Mr. Zachary Johnson, nur Zweiter Offizier, aber Daddy lässt ihn die Personalentscheidungen treffen. Wie ich ihn inzwischen hasse!
»Hab ich da meinen Namen gehört?« Bitte nicht! Die Tür öffnet sich und ein gelber Schutzhelm wird sichtbar. Zac schiebt sich ins Zimmer. Er lässt seinen Blick über die Frau schweifen und sein Stirnrunzeln glättet sich. Er lächelt sein charmantestes Surferboy-Lächeln, nimmt den Helm ab und schüttelt sein langes, blondes Haar. Wie aus einem verdammten Werbefilm für Shampoo. Ich verdrehe die Augen.
Die Frau – wie hieß sie gleich nochmal? – blickt ihn an wie ein erschrockenes Bambi im Scheinwerferlicht. Ihre Pupillen weiten sich. Ja, Zac ist eben echtes Wichsvorlagenmaterial. Die zwei werden noch vor dem Auslaufen zusammen in der Kiste landen, das ist sowas von offensichtlich.
Zwei Wochen, mindestens. Verfickte Scheiße.
»Zachary Johnson, Zweiter Offizier, aber nenn mich ruhig Zac«, sagt der hübsche Mann vor mir mit einem sonnigen Lächeln und reicht mir seine Hand. Sie ist warm und rau – männlich.
»Ju- Julia«, stotterte ich. »Julia Perry. Ich bin Autorin und fahre mit Ihnen, um etwas zu recherchieren.«
Zac zwinkert mir zu. »Autorin. Sexy ... klingt aufregend.«
Der andere schnaubt. »Und, sollte man etwas von Ihnen kennen?« Er steht immer noch in Unterhose da, und ich weiß langsam nicht mehr, wo ich hinschauen soll. Augen, Julia, schau in seine Augen. Nicht auf die feinen Blutstropfen, die jetzt sein frisches Shirt benetzen, und auch nicht tiefer. »Barfuß durch San-Francisco hat sich ganz gut verkauft«, krächze ich. Wo ist nur meine Stimme hin? Das muss die salzige Hafenluft sein. Ich räuspere mich. »Aber ich glaube nicht, dass Sie es gelesen haben. Ich schreibe eher für Frauen.« Langsam wird meine Stimme wieder gefasster.
Der Kerl knurrt: »Klingt nach Liebesschnulze. Dann bist sind Sie bei unserem Surfer-Boy ja richtig.« Er wedelt mit seiner Uniformhose in Zacs Richtung.
Der lacht übers ganze Gesicht. »Ist das die neue Art, Damen an Bord zu begrüßen? Los, zieh dir deine Uniform wieder an. Außerdem hast du da was.«
Zac zeigt auf den roten Fleck auf weißem Stoff und sein Kollege gibt ein eigenartiges Knurren von sich.
»Wer hat denn Liam abbestellt, hm?« Er knöpft die Jeans wieder auf und schmeißt sie in die Ecke, ehe er wieder seine zerknitterte Uniformhose anzieht. »Hongkong, Zac, und keine Meile weiter.«
»Wenn Liam bis dahin wieder fit ist.« Zac grinst.
Oh Gott, reize ihn doch nicht noch mehr! Der tätowierte Typ sieht aus, als würde er hier gleich alles kurz und klein schlagen! Ich kralle mich an den Gurt meines Rucksackes, während sich Zac meine Reisetasche schnappt. »Viktor hat meine Ladungswache übernommen, ich zeige Julia ihre Kammer.«
Bloß raus hier. Ich husche auf den Gang und höre noch, wie uns der andere Kerl hinterherruft: »Dann kannst du gleich der Kleinen das Schiff zeigen und die Sicherheitseinweisung machen.«
Zac dreht sich zu mir um, rollt mit den Augen und geht die drei Schritte zum Schiffsbüro zurück. »Miss Perry, wenn ich bitten darf!«, sagt er mit scharfer Stimme. »Sie ist unser Gast an Bord, und du wirst sie entsprechend behandeln.«
»Dein Gast vielleicht«, knurrt er. »Meiner ganz sicher nicht.«
Irgendwo beginnt ein Funkgerät zu rauschen. Nach einem kurzen Knacken ertönt eine tiefe Stimme. »Bay zweiundzwanzig, dritte Tier.«
Zac kommt auf den Gang zurück und zieht die Tür hinter sich zu. »Lassen wir ihn mal in Ruhe seine Ladung machen. Der Chief ist ganz in Ordnung, wenn er nicht grad frustriert ist. Lass dich nicht ärgern.«
»Wer?«
»Der Chief. Chief-Mate, Erster Offizier.«
Ich bin so schlau wie vorher.
»Adam, der Stinkstiefel dort drinnen.« Er zeigt in Richtung des Schiffsbüros. »Er ist unser Erster Offizier, bald Kapitän – wenn er sein Patent ausfährt. Er redet immer davon, dass er aufhören will, aber das geht schon seit zwei Jahren so. Immer, wenn etwas nicht nach Plan läuft, will er hinschmeißen. Wäre schade drum. Ich gestehe es nicht gerne, doch er ist einer unserer Besten.«
»Oh, ich dachte, Sie sind ...«
»Wie gesagt, ich bin aktuell noch der Zweite Offizier. Ich brauche noch ein Jahr oder so bis zum Kapitänspatent. Kürzer, wenn Adam wirklich hinschmeißt, dann rücke ich nach. Erst Erster Offizier, dann Kapitän.«
Er sieht nicht glücklich aus bei dem Gedanken.
»Keine Lust aufs Kapitän-Dasein?«
»Geht so. Mehr Kohle, das ist nett, aber nur Bürokram. Keine Zeit mehr an Deck, keine an Land. Siehst du ja bei Adam. Dreißig Stunden hockt er jetzt schon am Stück über den Ladeplänen. Es gibt eben nur einen Ladungsoffizier. Viktor, das ist der Dritte Offizier, und ich, wir wechseln uns an Deck ab. Jetzt wäre eigentlich Zeit für eine Pause gewesen – oder eben die Sicherheitseinweisung.«
Ich blicke ihn überrascht an. »Tut mir leid, ich wollte dir nicht die Pause stehlen.«
Zac schüttelt den Kopf und seine blonde Mähne schwingt um sein hübsches Gesicht. »Ach Quatsch. Bei einer schönen Frau wie dir verzichte ich gerne auf meine Pause. Noch ein Deck, dann sind wir da.«
Wir sind mittlerweile im vierten Stock – viertes Deck, schwirrt mir Zacs Stimme im Kopf herum – angekommen. Dort sind die Kammern der Zweiten und Dritten Offiziere und der Ingenieure. Es geht weiter aufs fünfte Deck und so langsam tun mir meine Waden von den vielen Stufen weh. Die Kapitänskammer, die Kammer des Chief-Mate, die Lotsenkammer und die Eignerkammer: mein Zuhause auf Zeit, fährt es mir durch den Kopf und ich frage mich, wie lange das alles gut gehen soll. Was ist, wenn die restliche Mannschaft mich genauso wenig hier haben will wie dieser Chief-Mate? Mein Blick geht hilfesuchend zu Zac, der eine Tür aufschließt und meine Reisetasche ins Zimmer trägt. Zac bemerkt mich gar nicht richtig. Er lässt einen prüfenden Blick herumschweifen, rückt den Stuhl am kleinen Schreibtisch gerade und zieht das Bettzeug glatt. Normalerweise wäre mein erster Gedanke, dass er sich doch bitte vorher die Hände waschen sollte, bevor er mein sauberes Bettzeug anfasst, aber heute ist mir alles egal. Dass aus ›Love in Paradise‹›Lost in Paradise‹ werden soll, wird mir erst jetzt richtig bewusst. Containerschiff, kein Kreuzfahrtschiff. Ein Thriller, keine Romantik. Mir steigen die Tränen auf.
»Ich möchte mich kurz frisch machen«, murmele ich.
Zac blickt mich mitleidig an. In seinen grünen Augen könnte ich versinken, wenn ich nicht gerade meine Tränen unterdrücken müsste. »Ich hol dich in einer halben Stunde ab, okay?«, fragt er mitfühlend. Er lächelt mir noch einmal kurz zu und schließt die Kabinentür hinter sich.
Ich lasse mich aufs Bett fallen, das Zac eben noch berührt hat. Ich bin froh, alleine zu sein, und wünsche mir gleichzeitig, dass dieser umwerfend aussehende, blonde Offizier in meine Kabine zurückkehrt und mir Gesellschaft leistet. Er würde wissen, was man gegen die aufquellende Einsamkeit tun kann.
Es reicht. Ich springe auf und gehe ins Bad. Kaltes Wasser spritzt in mein Gesicht, dann beuge ich mich runter und starre auf das Waschbecken. Kaum eine Stunde an Bord und meine Fantasien gleiten zu Love in Paradise ab! Das muss aufhören. Hier ist kein Platz für Romantik. Nur ein Haufen ungewaschener Männer. So sehr das bei Typen wie Zac meine Fantasie anregt, so sehr wird sie bei Gedanken an die anderen Kerle an Bord wieder erstickt. Dieser dämliche Kerl mit seinem blutigen Oberkörper hat mich vollkommen aus der Rolle gebracht. Hoffentlich muss ich nicht mehr Zeit als nötig mit ihm verbringen.