Highland Dream - Samantha Young - E-Book
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Highland Dream E-Book

Samantha Young

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Beschreibung

Nach der Flucht vor ihrem gewalttätigen Exfreund hat sich Sloane in den schottischen Highlands ein neues Leben aufgebaut. In einem malerischen Cottage hat sie für sich und ihre kleine Tochter Callie ein Zuhause gefunden. Mit ihrem Job im Ardnoch Estate und ihrem Lieblingshobby, dem Backen, ist sie in dem kleinen Ort beinahe wunschlos glücklich. Wäre da nicht ihr großer und grüblerischer Kollege, der Wachmann Walker Ironside, in den sie sich heillos verknallt hat. Der ernste Schotte scheint gegen ihren Charme völlig immun zu sein.

Doch als jemand in Ardnoch auftaucht, der Sloanes Leben zerstören will, ist er der Erste, der da ist, um sie zu schützen. Plötzlich ist er ihr ganz nah und seine harte Fassade bröckelt. Was sie jedoch nicht ahnt, Walker muss Sloane nicht nur vor ihrer Vergangenheit bewahren, sondern auch vor seiner eigenen.

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Seitenzahl: 532

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Zum Buch

Nach der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ex-Freund hat sich Sloane in den schottischen Highlands ein neues Leben aufgebaut. In einem malerischen Cottage hat sie für sich und ihre kleine Tochter Callie ein Zuhause gefunden. Mit ihrem Job im Ardnoch Estate und ihrem Lieblingshobby, dem Backen, ist sie in dem kleinen Ort beinahe wunschlos glücklich. Wäre da nicht ihr großer und grüblerischer Kollege, der Wachmann Walker Ironside, in den sie sich heillos verknallt hat. Der ernste Schotte scheint gegen ihren Charme völlig immun zu sein.

Doch als jemand in Ardnoch auftaucht, der Sloanes Leben zerstören will, ist er der Erste, der da ist, um sie zu schützen. Plötzlich ist er ihr ganz nah, und seine harte Fassade bröckelt. Was sie jedoch nicht ahnt: Walker muss Sloane nicht nur vor ihrer Vergangenheit bewahren, sondern auch vor seiner eigenen.

Zur Autorin

Die SPIEGEL-Bestsellerautorin Samantha Young lebt in Schottland und hat in Edinburgh Geschichte studiert – viele gute Romanideen hatte sie während der Vorlesungen. Ihre Romane werden in 30 Ländern veröffentlicht. Wenn Samantha Young mal nicht schreibt, kauft sie Schuhe, die sie eigentlich nicht braucht.

Samantha Young

Highland Dream

Roman

Aus dem Englischen von Martina Takacs

HarperCollins

Die Originalausgabe erschien 2023 unter dem Titel

Beyond the Thistles.

© 2022 by Samantha Young

Deutsche Erstausgabe

© 2025 für die deutschsprachige Ausgabe

HarperCollins in der

Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH

Valentinskamp 24 · 20354 Hamburg

[email protected]

Covergestaltung von Guter Punkt | Agentur für Gestaltung

Coverabbildung von PhotoIris2021, ColobusYeti, paladin13, andreusK, phanasitti / iStock / Getty Images Plus (898531558)

E-Book-Produktion von GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN9783749908462

www.harpercollins.de

Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte der Urheberinnen und des Verlags bleiben davon unberührt.

Für mein geliebtes Schottland.

Wherever I wander, wherever I rove,

The hills of the Highlands for ever I love.

Robert Burns, My Heart’s in the Highlands

Prolog

Sloane

Vor vierzehn Monaten

Wenn ich irgendwem erzähle, dass ich Palmen und Sonnenschein gründlich satthabe, hält man mich mit Sicherheit für verrückt – vor allem, weil mir ein sonniges Gemüt zugeschrieben wird. Tatsächlich aber hatte ich bereits mit vierzehn die Monotonie des endlosen Sommers satt. Mein Vater hatte mich in meiner Kindheit auf den Geschmack gebracht, zu reisen, und damit den unbändigen Wunsch nach Veränderung in mir geweckt. Den Wunsch, irgendwo anders zu sein als in L.A.

Die Redensart, dass das Gras jenseits des Zauns grundsätzlich grüner ist als im eigenen Garten, trifft hier buchstäblich zu. Das Gras in meinem Viertel ist nämlich verdorrt. Und zwar nicht nur aufgrund des fehlenden Regens, sondern auch, weil in dieser Gegend kein Mensch die Zeit oder die Mittel aufbringt, einen Rasen zu pflegen.

Noch nie hatte ich mir so sehr gewünscht, an einem anderen Ort zu sein, wie in diesem Moment hier vor meiner Wohnungstür, an der ein Räumungsbescheid klebte.

»Wollt ihr mich verarschen?«, flüsterte ich und presste Daumen und Mittelfinger auf den Nasenrücken, um die aufkommenden Tränen zurückzuhalten.

Ein überwältigendes Gefühl der Machtlosigkeit drohte mich zu überrollen. Ich kämpfte gegen die Panik an, die meine Brust zusammenpresste, und dachte an das kleine Mädchen in der Wohnung hinter der Tür. Hatte Callie das hier gesehen? Oder hatte Juanita sie vor der Wahrheit abgeschirmt? Angst ergriff mich. Meine Callie mochte schüchtern und still erscheinen, aber sie war äußerst scharfsinnig. Ihr entging nichts. Das machte es mir sehr schwer, unsere widrigen Lebensumstände vor ihr zu verbergen. Aber ich war fest dazu entschlossen, es weiter durchzuziehen.

Ich wappnete mich und riss den Räumungsbescheid ab.

Heute war ich aus meinem Job gefeuert worden. Um ihn zu bekommen, hatte ich die Wahrheit etwas zurechtgebogen … und die Kollegin, die mich von Anfang an auf dem Kieker gehabt hatte, war bei der Überprüfung meiner Referenzen darauf gestoßen, dass es bei dieser anderen Casting-Agentur keinerlei Unterlagen über mich gab und ich dort nie an der Rezeption gearbeitet hatte.

Also flog ich raus, obwohl ich meine Arbeit mehr als kompetent ausgeführt hatte. Ja, mir war natürlich klar, dass das mit der Lüge ein Fehler war, aber als alleinerziehende Mutter tut man nun mal alles, um genug Geld zu verdienen, damit das Kind ein Dach über dem Kopf hat. Die Ironie an der Sache, dass eine Casting-Agentur einen rausschmeißt, weil man im Lebenslauf gelogen hat, war mir durchaus bewusst. Diese Agenturen lügen standardmäßig, wenn es um die Lebensläufe von Leuten geht.

Den Rest des Nachmittags verbrachte ich damit, die Stellenanzeigen abzuklappern, die ich übers Handy finden konnte, und dafür den Tank leer zu fahren, obwohl ich mir keine weitere Tankfüllung leisten konnte. Auf eine von zehn Anfragen hin lud man mich zu einem Vorstellungsgespräch ein. Bei dem Job ging es um die Rezeption in einem Schönheitssalon. Ich nahm ihn an, obwohl die Bezahlung weit unter dem lag, was ich bisher verdient hatte, dabei war ich ohnehin schon mit der Miete im Rückstand.

Siehe oben: Räumungsklage.

Selbst bei einer der billigsten Einzimmerwohnungen in Crenshaw, Los Angeles, in der mein Kind nicht einmal ein eigenes Zimmer zum Schlafen hatte, war ich mit der Miete im Rückstand.

Weil nämlich mein nutzloser, mieser Ex ungefähr sechs Monate im Jahr vergaß, dass wir existierten.

In einer perfekten Welt hätte er komplett vergessen, dass es uns gab, und fertig. Sein Ruf eilte ihm voraus, denn der Mann, mit dem ich mit sechzehn dummerweise geschlafen hatte und von dem ich schwanger geworden war, hatte sich zu einem so gefährlichen Typen entwickelt, dass ich ihn kaum wiedererkannte.

Ich würde es niemals bereuen, meine Callie bekommen zu haben.

Ich wünschte nur, ihr Vater wäre jemand anders.

Nicht jemand, den ich ausfindig machen und um Geld anbetteln musste, auch wenn mir bei dem Gedanken daran, wo das Geld herkam, übel wurde. Doch für Callie würde ich nicht nur meinen Stolz aus dem Fenster werfen, sondern auch meine Moral. Für sie würde ich alles tun.

Also rief ich Stacie an.

Es war ein kurzes, schnippisches Telefonat. Danach atmete ich tief durch, öffnete die Wohnungstür und trat ein. Bei Tageslicht war es hell und luftig. Auch wenn unsere Betten die Hälfte des Raums einnahmen, hatten wir es uns so schön wie möglich gemacht.

Ich verdrängte die Sorgen und strahlte mein Kind an, als hätte ich nicht das Geringste auf dem Herzen.

»Mum!« Callie ließ das Buch fallen, sprang vom Bett auf und kam quer durch die Wohnung gelaufen, um in meine Arme zu fliegen.

Liebe und Entschlossenheit erfüllten mich, als ich mein kleines Mädchen an mich drückte. Ich beugte mich vor und drückte ihr einen Kuss auf den Blondschopf. Als sie auf die Welt kam, hatte ich überbordende Liebe für sie empfunden und gleichzeitig überbordende Angst. Ich war ja selbst noch ein Teenager gewesen. Was wusste ich schon darüber, wie man ein Kind großzieht? Die Liebe war im Lauf der Jahre ins Unermessliche angewachsen, und die Angst war überschaubar geworden, ergriff mich aber in Momenten wie diesem mit voller Wucht.

Callie ließ mich los und sah mich mit der einzigen schönen Gabe an, die ihr Vater ihr vererbt hatte – ihren wunderschönen großen blauen Augen.

Ich strich ihr die Haare aus dem Gesicht. »Wie war dein Tag, meine Kleine?«

»Ich habe den Buchstabierwettbewerb in meiner Klasse gewonnen. Miss Francis meint, ich soll in die Schulmannschaft.«

Mein kluges Mädchen, das im nächsten Halbjahr in die fünfte Klasse kam. Wo war nur die Zeit geblieben? »Herzlichen Glückwunsch! Ich bin so stolz auf dich.« Ich nahm sie bei den Händen und tanzte mit ihr auf der Stelle herum, und sie kicherte. »Heißt das, ich kann dich beim Wettkampf sehen?«

»Yep.«

»Sloane.«

Juanitas Stimme lenkte mich von Callie ab. Das war das Beste an diesem Apartmenthaus – dass Juanita hier wohnte. Sie hatte uns am ersten Tag beim Einzug gesehen, und wir waren ins Gespräch gekommen. Als ich ihr gestand, dass ich mir Sorgen machte, weil Callie nach der Schule mit dem Bus fahren und dann allein in der Wohnung warten musste, bis ich von der Arbeit nach Hause kam, hatte Juanita ihre Babysitterdienste angeboten. Ihr Mann Eli arbeitete, und ihre Kinder waren erwachsen, also hätte sie Zeit. Obwohl sie weniger verlangte als andere Babysitter, konnte ich sie mir eigentlich nicht leisten. Aber Callies Sicherheit ging vor. So kam es auch, dass ich mit der Miete im Rückstand war.

Wir wechselten einen bedeutungsvollen Blick, und sie schüttelte leicht den Kopf.

Ich war erleichtert. Irgendwie hatte sie den Räumungsbescheid vor Callie geheim gehalten.

»Ich weiß, du bist heute schon länger geblieben als normal, aber könnte ich noch für eine Stunde weg?«

Callie sah zerknirscht zu mir hoch. »Wo willst du denn hin?«

Ich lächelte entschuldigend. »Ich habe einer Freundin versprochen, ihr bei etwas zu helfen, aber ich bin schnell wieder da.«

Ich sah Juanita an, die die Stirn runzelte und mit dem Kinn in Richtung Tür wies. »Lass uns kurz draußen reden, mija.«

Trotz meiner Anspannung gab ich Callie noch einen Kuss auf den Kopf und sagte ihr, sie solle weiterlesen. Meine Tochter schaute misstrauisch, tat aber, was ich ihr gesagt hatte, und ich dankte Gott, dass er mir ein so unkompliziertes Kind geschenkt hatte. Sie war das ruhigste, entspannteste Baby und das süßeste Kleinkind gewesen. Ich fragte mich oft, ob das so bleiben würde, wenn sie erst Teenager war, denn so viel Glück konnte man doch mit seinem Kind gar nicht haben.

Das war jedoch Zukunftsmusik. Ich hatte genug Probleme mit der Gegenwart und war froh, dass Callies Verhalten nicht dazuzählte.

Kaum waren wir im Treppenhaus, wandte sich Juanita an mich. »Jeder, der an deiner Tür vorbeigekommen ist, hat den Räumungsbescheid gesehen. Das kannst du nicht lange vor Callie verbergen.«

»Ich weiß, und das habe ich auch nicht vor. Ich werde das Geld beschaffen.«

Sie verengte die Augen. »Wie?«

»Wenn du auf Callie aufpasst, statte ich ihrem Vater einen Besuch ab.«

Juanita sah mich alarmiert an. Sie wusste, wer er war, weil ich es ihr erzählt hatte. Aber sie wusste es auch deshalb, weil er jetzt ein hochrangiges Mitglied in einer Bande war, die hauptsächlich in Drogenhandel und Autoschieberei involviert war. »Du wirst ihn doch nicht abends ausfindig machen wollen.«

»Ich habe Stacie schon angerufen. Sie hat mir gesagt, wo ich ihn finden kann.« Ja, widerstrebend hatte sie es getan. Wir waren befreundet gewesen, als ich noch mit meinem Ex zusammen war. Aber als ich ihn verließ und einen Neuanfang mit Callie versuchte, beschimpfte Stacie mich, weil sie meinte, ich hielte mich für etwas Besseres. Weil sie mir übel nahm, dass ich diesem Leben entfliehen wollte. Sie warf mir an den Kopf, ich sei in Wahrheit noch immer das verwöhnte reiche Mädchen aus Beverly Hills.

»Wo ist er?«

»Auf einer Hausparty in West Adams. Sie hat mir die Adresse aufs Handy geschickt.«

»Du kannst nicht allein nachts in ein Haus gehen, in dem dieser Mann sich mit seinen Schlägern aufhält. Auf keinen Fall.«

Obwohl ich Juanitas Sorge um meine Sicherheit sehr zu schätzen wusste, konnte ich keinen Rückzieher machen. »Ich muss zu ihm. Ich verabscheue es, aber dass ich die Mutter seines Kindes bin, hat einen Vorteil. Er würde es nicht zulassen, dass mir jemand wehtut.«

»Nein, den Job übernimmt er lieber selbst.«

Ich zuckte ein wenig zurück und schaute weg.

»Tut mir leid, mija. Ich mache mir nur Sorgen. Warte, bis Eli Feierabend hat, dann kann er dich begleiten.«

»Ich will Eli nicht mit da reinziehen. Bitte!« Ich nahm ihre Hände und drückte sie. »Ich habe keine Zeit zum Streiten. Ich muss ihn finden und das Geld besorgen und dann schnell zu meiner kleinen Tochter nach Hause. Kannst du bitte bei ihr bleiben, bis ich zurück bin?«

Juanita spürte meine sture Entschlossenheit und gab widerwillig nach.

Ein paar Minuten später saß ich im Auto und zitterte beim Anschnallen. Mithilfe des Navis auf dem Handy machte ich mich zögerlich auf den Weg zu dem Haus in West Adams.

Leute saßen auf den Motorhauben der Autos, die am Straßenrand geparkt waren, und andere standen zum Trinken im Hof. Von drinnen dröhnte so laute Musik, dass ich sie schon im Auto hörte, sobald ich in die Straße eingebogen war.

Ich würde Callie für nichts auf der Welt hergeben. Sie war meine Welt. Alles, was ich tat, tat ich, weil ich sie liebte. Aber das bedeutete nicht, dass ich nicht wütend auf mein früheres Ich war. Wütend auf die verletzte Sechzehnjährige, die ihren Vater dafür bestrafen wollte, dass er sie ignoriert und eine Frau geheiratet hatte, die halb so alt war wie er. Eine Frau, die mich hasste und mir das Gefühl gab, eine Fremde in meinem eigenen Zuhause zu sein.

Mit fünfzehn hatte ich angefangen, Party zu machen.

Meinen Ex hatte ich mit sechzehn in einem Club kennengelernt, in den ich mit einem gefälschten Ausweis reingekommen war. Er war achtzehn gewesen, charmant und aus der falschen Gegend. Auf all diese Klischees war ich geflogen, weil ich wusste, dass mein Vater, der Staranwalt, ihn deswegen besonders verabscheuen würde.

Allerdings hatte ich nicht die Absicht gehabt, schwanger zu werden.

Oder aus meinem Zuhause rausgeworfen zu werden, weil ich mich weigerte, mein Kind zur Adoption freizugeben.

Oder bei einem Kriminellen zu leben, der mich misshandelte.

Deshalb verließ ich meinen Ex. Aber in seinen Augen gehörte ich immer noch ihm.

Eines Tages hätte ich genug gespart, um mit Callie so weit wie möglich von ihm wegzuziehen.

Ich nahm all meinen Mut zusammen, stieg aus und ging um die Motorhaube zum Gehweg, wobei ich die sexistischen Sprüche der Typen ignorierte, die an ihren Autos lehnten.

Als ich in den Hof trat, versperrte mir ein großer Mann mit einer in den Hosenbund gesteckten Waffe den Weg.

»Wer zum Teufel bist du?«, schrie er, um die Musik zu übertönen.

»Entspann dich, Kai!« Brix, der beste Freund meines Ex, legte dem Typen, der mich verhörte, eine Hand auf die Schulter. »Sie gehört zu Andros.«

Nathan Andros. Mein Ex. Seiner Familie gehörte ein griechisches Restaurant in Culver City. Sie wollten schon seit Langem nichts mehr mit ihm zu tun haben. Genau wie meine Familie nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Aber das hieß nicht, dass ich ihm gehörte.

Ich gehörte zu niemandem außer Callie.

Dennoch hielt ich mich zurück, denn obwohl eine ohnmächtige Wut mir die Kehle zuschnürte, war dieser vermeintliche Besitz das Einzige, das mir Sicherheit gewährleistete.

Brix gestikulierte mit seiner Bierflasche und rief: »Weiß er, dass du kommst?«

Ich schüttelte den Kopf. »Es ist ein Notfall.«

»Kind okay?«, fragte er, vielleicht sogar mit ein bisschen ehrlichem Interesse.

»Nicht mehr lange. Deshalb muss ich Nathan sprechen!«

»Shit, Mann, selbst ich finde die Musik zu laut!« Kai machte auf dem Absatz kehrt und lief ins Haus.

»Hier lang!« Brix ruckte mit dem Kopf in Richtung der kleinen Veranda.

Es sah aus wie die meisten Häuser in der Nachbarschaft, einstöckig und im spanischen Stil gebaut. Fenster und Eingangstür waren vergittert.

Als wir das überfüllte Haus betraten, wurde die Musik leiser. Sie war zwar immer noch laut, aber ich spürte sie nicht mehr in mir wummern wie zuvor. Es war drückend heiß mit all den Menschen im Raum. Aufmerksam schaute ich mich um, während Brix mich durch das Wohnzimmer und in die Küche schleuste. Ich sah weder Stacie noch irgendjemanden sonst, den ich aus meinem alten Leben kannte. Brix bog von der Küche nach links in einen Flur ab, der zu den Schlafräumen führte, wie ich vermutete.

Shit.

»Hier ist er?«, fragte ich im Versuch, cool zu klingen.

»Er hat eine Besprechung«, rief Brix über die Schulter. Dann blieb er an der dritten Tür stehen und klopfte. »Andros, hier ist Brix!«

»Ich bin beschäftigt!«

»Sloane ist hier! Sie sagt, es ist ein Notfall!«

Erst herrschte Stille, dann rief er: »Lass sie rein.«

Ich atmete tief durch und machte mich bereit, meinem Ex gegenüberzutreten.

Brix öffnete die Tür und bedeutete mir mit einer Geste, einzutreten. Kaum war ich im Zimmer, ging die Tür hinter mir zu.

Wir waren in einem kleinen Schlafzimmer. Zwei Männer saßen in Sesseln bei den Glastüren, die in den Garten führten, der so dunkel und leer aussah, als hätte man den Gästen gesagt, dass er tabu sei. Mein Ex stand neben den beiden Typen. Auf dem Bett lag eine bildhübsche dunkelhaarige Schönheit, die etwas mitgenommen aussah.

Eine viel zu junge bildhübsche dunkelhaarige Schönheit.

Nathan warf mir einen harten Blick zu. »Was ist denn so dringend?«

Ich schaute zu den beiden Männern und dann wieder zu ihm. »Können wir unter vier Augen reden?«

»Hat das nicht Zeit?«, drängte er. »Ich stecke hier gerade mitten in einer Sache.«

»Nur fünf Minuten.«

Der eine Mann tippte den anderen leicht an. »Geben wir ihnen einen Moment.«

»Und was ist jetzt mit der da?« Der andere starrte die Brünette an, als wäre sie ein Stück Braten.

Das Mädchen spannte sich an, sagte aber nichts.

»Besprechen wir gleich«, antwortete Nathan. »Dauert nicht lange.«

Die beiden Männer waren groß. Ein paar Zentimeter größer als Nathan und sehr muskulös. Derjenige, der eingelenkt hatte, beäugte mich mit einem koketten Grinsen, als er auf mich zukam. »Hey.« Er hob das Kinn, als er sich an mir vorbeireckte, um die Tür zu öffnen.

Ich trat zur Seite, um sie vorbeizulassen, und bedachte ihn mit einem eingeübt freundlichen, platonischen Lächeln, bevor ich meinerseits »Hey« antwortete.

Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, kam Nathan durch den Raum zu mir. Ich war angespannt, als er an mir vorbeiging, um die Schlafzimmertür abzuschließen.

Einschüchterungstaktik.

Dann legte er die Hände an meine Hüften und riss mich an sich. »Mein Mädchen sieht müde aus. Du solltest mich auf dich aufpassen lassen.«

Als ich ihn das erste Mal in diesem Club getroffen hatte, hatte ich ihn für einen supersexy Typen gehalten, wie ich nie zuvor einen getroffen hatte. Sein Vater war Grieche, seine Mutter dänisch-amerikanischer Herkunft. Dieses Erbe hatte Nathan zu einem blendenden Aussehen verholfen. Getönte Haut, dunkles Haar und auffallend hellblaue Augen.

Er hatte eine Menge Charme und Humor und hatte mich mit der Zuneigung und Aufmerksamkeit umhüllt, die ich zu der Zeit in meinem Leben vermisst hatte.

Leider war ich zu naiv gewesen, um zu erkennen, dass es ihm Spaß machte, so ein braves Mädchen wie mich in den Dreck zu ziehen. Dass ich für ihn eine Art Preis war. Ein Besitz, nicht jemand, den er liebte. Zwei Jahre nach Callies Geburt fasste ich den Mut, ihn zu verlassen. In dem Jahr danach stand er immer wieder an meiner Haustür und versuchte, mich zurückzugewinnen, und er bedrohte mich. Zum Glück wurde es ihm langweilig. Jetzt tauchte er nur noch alle paar Monate auf, um mir Geld zu bringen und mich daran zu erinnern, wem ich gehörte. Er hatte sogar einen Mann verprügelt, mit dem ich mich zu verabreden gewagt hatte, als Callie fünf war. Seitdem hatte ich kein Date mehr gehabt.

Was für Nathan offenbar bedeutete, dass ich nach wie vor ihm gehörte.

Gestörtes Arschloch.

Ich konnte es kaum abwarten, bis ich genug Geld hätte, um Callie und mich seinem Wirkungskreis zu entziehen.

Als ich zu ihm aufblickte, sah ich die Bosheit hinter seiner Schönheit. Ich versuchte, es mir nicht anmerken zu lassen, blieb ganz ruhig in seinem Griff und sagte: »Ich habe meinen Job verloren und eine Zwangsräumung am Hals. Ich brauche Geld, um die ausstehende Miete zu zahlen und uns über die Runden zu bringen, bis ich einen neuen Job habe.«

Seine Finger krallten sich in meine Hüften, und sein Blick wurde hart. »Du kennst die Antwort darauf. Wenn du deinen Arsch wieder in mein Bett bewegst, brauchst du dir über so einen Scheiß keine Gedanken mehr zu machen.«

»Hey!« Die Brünette, deren Anwesenheit ich schon ganz vergessen hatte, sprang vom Bett und schubste Nathan von mir weg. »Ich bin auch hier, fuck, und du holst dir eine andere Frau ins Bett?«

Ich war überrascht, dass sie so deutlich sprach, obwohl sie aussah, als hätte sie tagelang gefeiert.

Nathans Gesicht versteinerte. »Wenn du mich noch einmal schubst, Schlampe, wirst du es bereuen.«

»Niemand behandelt mich scheiße«, motzte sie ihn an. »Und dazu gehört auch, mich einem dieser Dreckskerle anzubieten, die gerade hier waren.«

Dreckskerle?

Ich starrte sie an. Warum kam sie mir so bekannt vor?

»Prinzessin, du bist jetzt in meiner Welt. Du tust alles, was ich dir sage … und gerade jetzt sage ich dir, dass du die Fresse halten sollst!«

Ich zuckte bei seinem Gebrüll zurück, während die Brünette sich kaum bewegte. Nur eine Sekunde später spuckte sie Nathan mitten ins Gesicht.

Mein Herzschlag beschleunigte sich.

»Nathan, nein!«

Der Aufschlag seiner Hand in ihrem Gesicht unterbrach meinen Ausruf, und die junge Frau fiel nach hinten aufs Bett. Plötzlich hockte Nathan auf ihr, rittlings, und hielt so ihre Beine in der Zange.

Ich hatte einen Flashback.

Das erste Mal, als ich versucht hatte, wegzukommen.

Callie, noch ein Kleinkind, schrie im Wohnzimmer in ihrem Laufstall. Nathan hielt mich auf dem Bett fest und machte seine Hose auf. Um zu beweisen, wem ich gehörte.

Seine Freunde hatten ihn zum Glück unterbrochen und waren in die Wohnung gestürmt, bevor er sich nehmen konnte, was er wollte. Ich hatte ihn an diesem Abend verlassen, während er unterwegs war.

Ich kam aus meiner Erinnerung in den Raum zurück und sah entsetzt zu, wie er das Mädchen mit einer Hand festhielt und mit der anderen am Reißverschluss seiner Hose nestelte.

»Nathan!«

Er drehte den Kopf zu mir. »Willst du mal sehen, was du verpasst?«

»Lass mich los!«, kreischte das Mädchen.

Sein Hemd rutschte hoch, als er sie wieder schlug, und ich sah die Waffe in seinem Hosenbund.

Der Idiot hatte eine geladene Waffe in der Hose stecken.

Angst durchfuhr mich, als ich sie mit dem Blick fixierte.

Ich konnte nicht zulassen, dass er …

Ich machte einen Schritt auf das Bett zu, aber da zog Nathan die Waffe heraus und presste der Brünetten die Mündung an die Stirn.

Sie hörte auf, sich zu wehren, blickte aber trotzig zu ihm auf.

»Gutes Mädchen.«

Ekel ergriff mich.

Das hatte er immer gesagt, wenn ich ihm gegenüber kapitulierte. Er hatte mich nie vergewaltigt, jedoch die Fäuste gegen mich erhoben, und ich hatte viel zu oft so getan, als würde ich ihm verzeihen. Dass ich alles mitmachen würde, was er wollte, um ruhig leben zu können. Bis zu dem Tag, an dem er versuchte, sich zu nehmen, was ich ihm nicht geben wollte. Das brachte das Fass zum Überlaufen.

»Warte draußen im Flur auf mich.« Nathan warf mir einen Blick zu. »Wir reden, wenn ich hier fertig bin.«

Mein Blick huschte zu der jungen Frau. Sie starrte mich an.

Flehend.

»Ich werde nicht gehen. Ich muss zurück zu Callie. Lass das Mädchen in Ruhe.«

Er grinste spöttisch. »Wenn du nicht gehst, machen wir es trotzdem.«

»Es sieht nicht so aus, als wollte sie das, Nathan, also lass sie.«

»Willst du es?« Er drückte die Waffe fester gegen ihren Kopf.

Und dennoch zischte sie: »Nein.«

Ich stürzte mich auf ihn. Das lenkte ihn lange genug ab, dass sie ihm fest in die Hand mit der Waffe beißen konnte, und Nathan schrie auf.

An den Rest des Handgemenges erinnere ich mich nur noch verschwommen. Nathan schlug mir auf den Kopf und in den Magen, aber ich hoffte, gemeinsam würden die Brünette und ich die Oberhand behalten.

Ich weiß nicht, wer die Waffe hatte, aber als sie losging, explodierte ein Schmerz in meinem Oberarm, und ich schrie auf.

»Shit!«, brüllte Nathan.

An der Tür zum Schlafzimmer wurde gerüttelt, aber sie war verschlossen. »Andros!«

»Fuck, mir geht’s gut!«, schrie er zurück, und ich blinzelte durch meinen roten Schmerzschleier und sah, dass das Mädchen ans Bett gelehnt dasaß und mich mit tränennassen, weit aufgerissenen Augen anstarrte. Nathan riss ihr die Waffe aus der Hand.

Er runzelte besorgt die Stirn, sank neben mir auf die Knie. Ich sah, dass er die Waffe ablegte. Mit meiner freien Hand umklammerte ich den blutenden Arm und drückte mich von ihm weg.

»Scheiße, Sloane«, zischte er und griff nach meiner Wunde. »Warum zum Teufel hast du das getan?«

»Sie … Sie braucht einen Krankenwagen«, wimmerte die junge Frau.

»Keinen verdammten Krankenwagen.« Er starrte sie an. »Ich kümmere mich um sie. Und weißt du, warum? Ich schere mich einen Dreck um sie, aber du hast gerade auf die Mutter meines Kindes geschossen!« Er stand auf und vergaß dummerweise seine Waffe. Dann fing er an, sie zu schlagen.

Er schlug sie wieder und wieder.

Immer weiter.

Als könnte er nicht aufhören, bevor es zu spät wäre.

Ich kämpfte mich durch den Schmerz, der in meinem Arm loderte, schnappte mir die Waffe und richtete sie auf ihn.

1. Kapitel

Sloane

Gegenwart

Ardnoch, schottische Highlands

Das Housekeeping auf Ardnoch Castle war unsichtbar. Wir benutzten Personalaufzüge, nicht die Haupttreppenhäuser, um von einem zum anderen Stockwerk zu kommen. An den meisten Tagen sah ich den großen Empfangsbereich von Ardnoch Castle nur, wenn ich auf dem Weg zum Büro von Clubmanagerin Aria Howard daran vorbeikam.

Einer der prestigeträchtigsten und exklusivsten Privatclubs der Welt in den abgelegenen schottischen Highlands war sicher der letzte Ort, an dem ich mich je arbeiten gesehen hatte. Aber hier stand ich nun, in meiner Housekeeping-Uniform, und schob meinen kleinen Wagen mit den frischen flauschigen Handtüchern und Putzutensilien durch die mit weichen Teppichen ausgelegten Flure des renovierten Schlosses. Das Anwesen an der Küste war riesig, und die elitäre Mitgliedschaft stand nur Profis aus der Film- und Fernsehbranche offen, die es sich leisten konnten. Der Ex-Hollywood-Schauspieler Lachlan Adair, der hier aufgewachsen war, hatte das einst marode Anwesen seiner Familie in einen lukrativen Zufluchtsort für berühmte Menschen verwandelt, die Ruhe und Erholung von ihrem Prominentenleben suchten. Hoch qualifizierte Personenschützer und modernste Sicherheitsvorkehrungen machten Ardnoch Castle zu einem der sichersten Orte der Welt.

Als ich die erste Suite des heutigen Tages betrat, bemerkte ich schnell, dass ich das in der Region produzierte Shortbread vergessen hatte, mit dem ich nach der Zimmerreinigung die dafür vorgesehenen Kristallschalen wieder auffüllte. Der Aufbettservice hingegen legte den Gästen kleine Tütchen mit handgeschöpfter Schokolade aus der Gegend auf die Kopfkissen, dazu gab es auf Wunsch eine heiße Schokolade oder einen Hot Toddy, einen Whisky mit heißem Wasser, Zitrone, Honig und Zimt oder Nelken.

Ich lächelte vor mich hin und dachte daran, wie gern ich jeden Abend eine heiße Schokolade hätte, während ich den Wagen an die Seite schob, damit er niemandem im Weg stand. Der Personalaufzug befand sich am Ende des Ganges. Bis zum Lagerraum für den Zimmerservice waren es nur ein paar Minuten.

Gerade hatte ich den Personalaufzug betreten, da hörte ich, wie jemand mit tiefer, knurriger Stimme rief: »Moment!«

Ich kannte diese Stimme. Sie machte etwas mit mir. Mit rasendem Herzen drehte ich mich um und hielt die Tür auf, während Walker Ironside auf mich zukam.

Kein Name konnte perfekter zu einem Mann passen.

Als ich Walker zum ersten Mal gesehen habe, hätte er mich eigentlich einschüchtern müssen. Mit einer Größe von circa 1,95 Meter überragte er fast jeden. Der Mann war übertrieben gut aussehend, glatt und rau zugleich. Er hatte breite Schultern und einen unübersehbaren Bizeps, eine schmale, starke Taille und lange Beine. Er trug seinen Bart sehr gepflegt und sein braunes Haar gestylt: an den Seiten raspelkurz und oben länger. Ich hatte mich bei jener Begegnung jedoch nicht eingeschüchtert gefühlt. Stattdessen hatte ich die stärkste körperliche Reaktion meines Lebens auf einen Mann erlebt.

Ich wollte ihn nackt ausziehen und jeden Zentimeter seines spektakulären Körpers erkunden. Ich wollte auf ihn klettern wie auf einem verdammten Baum, und wollte, dass er mir mit seinem schottischen Akzent schmutzige Worte ins Ohr flüsterte.

Selbst seine einsilbige Art und der stahlharte Blick schreckten mich nicht ab. Seine pure Männlichkeit zog mich in ihren Bann. In L.A. war ich von Schlägertypen und Gangstern umgeben gewesen … aber noch nie hatte ich jemanden getroffen, der so männlich war wie Walker Ironside.

Meine körperliche Reaktion auf ihn war beunruhigend. Das Fehlen jeglicher körperlichen Reaktion seinerseits auf mich war daher ziemlich enttäuschend.

Nein, ich korrigiere: Es war niederschmetternd.

Mir stockte der Atem, als ich das Kinn hob und dem Blick seiner aquamarinblauen Augen begegnete, und ich trat zurück, um ihn in den Aufzug zu lassen. Mit ihm darin wirkte der Aufzug winzig.

»Danke«, murmelte er.

»Gern geschehen.«

Ich ließ die Tür los, und sie schloss sich. Zwischen uns herrschte tiefes Schweigen, und mein ganzer Körper kribbelte vor übersteigerter Wahrnehmung. Ich fühlte mich wie eine Dreizehnjährige und versuchte, meine Atmung zu kontrollieren, damit Walker nicht sah, wie er auf mich wirkte. Ich fürchtete, dass meine Wangen bereits verräterisch gerötet waren.

Der Aufzug fuhr nach unten, und ich musterte Walker aus den Augenwinkeln. Er trug einen schwarzen Maßanzug, der perfekt saß. Alle Sicherheitskräfte in Ardnoch waren wie die »Men in Black« gekleidet. Der Look stand Walker gut. »Was führt dich auf unsere Etage?«, fragte ich forsch und bezog mich dabei auf die Tatsache, dass das Securityteam hauptsächlich die Sicherheitsgrenzen und die Eingänge des Anwesens überwachte und diejenigen Mitglieder eskortierte, die auf Ausflügen durch die Highlands einen privaten Sicherheitsdienst benötigten.

Walkers Miene blieb ärgerlicherweise ausdruckslos. »Wir erwägen, gefährdete Bereiche des Schlosses mit Alarm auszustatten, für den Fall, dass jemandem ein Einbruch in das Anwesen gelingt.«

Ich riss die Augen auf. »Ich dachte nicht, dass das möglich ist.«

»Es ist sehr unwahrscheinlich. Wie ich schon sagte, ist es nur eine Überlegung.«

»Okay, ich glaube auch nicht, dass die Mitglieder gern das Gefühl hätten, in einem schicken Gefängnis zu sitzen.« Ich grinste.

Sein intensiver Blick huschte zu meinem Mund, bevor er schnell zu meinen Augen zurückkehrte. Er lächelte nicht. Nicht, dass ich Walker jemals hätte lächeln sehen. Ich hatte mir sein ruppiges Verhalten nie zu Herzen genommen, aber in letzter Zeit wirkte er eher kühl und distanziert. Er war mit Brodan Adair nach Ardnoch gekommen, Lachlan Adairs jüngerem Bruder. Während Lachlan sich schon vor Jahren aus Hollywood zurückgezogen hatte, war Brodan noch berühmter geworden, und zwar weltweit. Letzten Sommer war er dann mit seinem Leibwächter Walker im Schlepptau nach Ardnoch zurückgekehrt. Brodan hatte sich entgegen allen Widerständen ebenfalls zurückgezogen, um in seiner Heimat zu bleiben, zusammen mit der besten Freundin aus seiner Kindheit. Sie hatten sich einander entfremdet, aber ihre zerrüttete Freundschaft war als epische Liebesgeschichte wieder aufgeflammt. Walker hatte beschlossen, ebenfalls zu bleiben, nachdem Lachlan ihm einen Job im Sicherheitsteam des Anwesens angeboten hatte.

Monroe hatte mir das alles erzählt. Sie war letztes Jahr Callies Lehrerin gewesen, und wir beide hatten uns auf Anhieb gut verstanden und sind schnell Freundinnen geworden.

Ich war Walker bereits begegnet, bevor ich Monroe traf. Es war kaum möglich, ihn auf dem Anwesen nicht zu bemerken. Und da ich am selben Ort arbeitete wie er, konnte ich des Öfteren einen Blick auf seinen fantastischen Hintern erhaschen.

Da ich ihn bei der Arbeit erlebte und wir uns noch dazu im selben Freundeskreis bewegten, merkte ich schnell, dass Walker mit allen so ruppig umging und ich es nicht persönlich nehmen sollte. Aber nachdem ich mitbekam, wie er meine Gebäckkreationen verschlang (das ist jetzt kein Euphemismus – wir lernten uns offiziell bei einem Kuchenverkauf in der Schule kennen, und da hat er meinen Tisch regelrecht abgeräumt), war es ziemlich entmutigend, dass er mein subtiles Flirten überhaupt nicht wahrnahm, geschweige denn erwiderte. Ich hatte ihn schon Wochen vor dem Kuchenverkauf bei der Arbeit auf dem Anwesen gesehen und gehofft, er würde mich bemerken, aber als Zimmermädchen war ich nun mal unsichtbar. Zumindest hatte ich darauf gezählt, und darauf, dass er mich sehen würde, wenn wir uns im wirklichen Leben trafen.

Hatte er aber nicht.

Für Walker war ich nur eine Person mit einem Händchen fürs Backen, die auch mit seinen Freunden befreundet war.

Als ich merkte, dass er nicht die Absicht hatte, noch etwas zu sagen, biss ich mir auf die Lippe. Normalerweise konnte ich mit jedem reden, und ich war ziemlich gut darin, die zurückhaltendsten Leute aus ihrem Schneckenhaus zu locken. Aber Walker schaffte es, dass ich mir wie ein Teenager vorkam. Er war älter als ich – laut Monroe war er Ende dreißig, also mindestens zehn Jahre älter. Er hatte etwas Weltmännisches an sich und strahlte eine Abgeklärtheit aus, nach dem Motto: Alles schon gesehen, alles schon gemacht. Aber auch das mochte ich an ihm.

Ich öffnete den Mund, um ihn zu fragen, wie es ihm ergangen war, da wir uns eine Weile nicht gesehen hatten und er mich nun fast wie eine Fremde behandelte, da fing der Aufzug unter metallischem Knarren und Quietschen an zu ruckeln und stoppte plötzlich. Ich verlor das Gleichgewicht und fiel gegen die Wand.

Walker griff nach mir und hielt mich fest, die Stirn gekraust. »Geht es dir gut?«

Angst durchfuhr mich. »Ist der Aufzug stecken geblieben?«

Er drückte den Knopf zum Erdgeschoss, und nichts geschah. Mit grimmigem Ton antwortete er: »Scheint so.«

Als ich mich in dem kleinen Aufzug umsah, zog sich die Angst in meiner Brust zusammen.

Walker sah mich scharf an, nahm ein Funkgerät aus dem Clip an seinem Gürtel, hielt es sich an den Mund und sagte: »Hier ist Walker. Ich bin im Personalaufzug im Ostflügel mit Sloane Harrow vom Housekeeping. Der Aufzug ist stecken geblieben. Wir sitzen fest.«

Wir sitzen fest.

»Oh, Gott.« Schwarze Punkte krochen in mein Sichtfeld, und meine Wangen kribbelten, als die Panik in mir anwuchs.

Ich nahm vage wahr, wie das Funkgerät knisterte. »Verstanden. Wartung ist auf dem Weg.«

»Sloane.«

Mein Brustkorb hob und senkte sich schnell, während ich darum kämpfte, ausreichend Luft zu holen.

»Sloane.«

Eine große, warme Hand legte sich auf meine Schulter. Ich blickte von meinen geballten Fäusten auf und sah in das Gesicht von Walker, der sich zu mir hinunterbeugte. Seine Augen sahen aus, als würde man an einem sonnigen Tag ins Mittelmeer blicken.

»Hast du Platzangst?«

Ich nickte hastig.

Er drückte meine Schulter. »Sieh mich an. Sieh mich weiter an.«

Ich tat, was er sagte.

»Atme ein.« Walker atmete langsam und entspannt ein und wieder aus. »Und aus.«

Ich machte es ihm nach.

»Mach so weiter und konzentrier dich auf mich.«

Aus der Nähe konnte ich jedes einzelne Haar seines gestutzten Barts sehen, und es gab auch ein paar graue dabei. Nicht viele, aber ein paar. Mein Blick fiel auf seinen Mund, während ich langsam und ruhig weiteratmete. Seine Unterlippe war voll im Vergleich zu seiner Oberlippe. Normalerweise war sein Mund zu einer harten Linie zusammengepresst, deshalb hatte ich die Üppigkeit seiner Unterlippe noch nie bemerkt. Ich wollte an ihr knabbern. Meine Wangen wurden heiß, und ich sah auf zu seinen Augen, um zu prüfen, ob er es bemerkte. Zu meinem Entsetzen war sein grimmiger Blick auf meinen Mund gerichtet.

Mir stockte der Atem, als das Kribbeln einsetzte – zwischen meinen Beinen und an den Brüsten.

Walker richtete sich schlagartig auf. »Hinsetzen.«

Sein Befehl klang viel schärfer, als er es vermutlich beabsichtigt hatte.

Auf meine Verwirrung hin kam er an meine Seite und öffnete die Anzugjacke, damit er mit dem Rücken an der Wand hinabrutschen konnte. Seine Beine waren so lang. Mit angewinkelten Knien spannte die Anzughose an den kräftigen Muskeln seiner Oberschenkel.

Nur durch seinen Sex-Appeal hatte dieser Mistkerl mich von meiner Klaustrophobie abgelenkt.

Schon spürte ich die Panik wieder aufsteigen, verdrängte sie jedoch.

Okay, also nicht ganz abgelenkt.

Ich setzte mich schnell neben ihn, und als ich die Knie an die Brust zog, stieß ich mit dem Ellenbogen an seinen Arm.

Obwohl ich mit meinen 1,70 Meter nicht klein war, sah ich neben ihm immer noch winzig aus.

»Besser?«, fragte er.

»Ja, danke.«

Es herrschte einen Moment lang Stille, und als müsste er die Frage hervorzwingen, fragte er: »Hattest du schon immer Angst vor engen Räumen?«

Ich schüttelte den Kopf und versuchte, das Zittern zu unterdrücken, als ich mich an den Tag erinnerte, an dem meine lebenslange Angst vor geschlossenen Räumen ausgelöst worden war. »Mit sechs Jahren war ich mal fünf Stunden in einem Schrank eingeschlossen.«

Walker nickte feierlich. »Kein Wunder. Die Jungs von der Wartung werden es bald repariert haben.«

»Meinst du, wir sind nah am Boden?«

»Ich schätze, wir sind knapp über dem Erdgeschoss.«

Das bedeutete zumindest, dass wir nicht sterben würden, wenn der Aufzug plötzlich abstürzte. »Ich nehme an, du kommst mit engen Räumen klar?«

»Kein Problem für mich.«

Ich studierte sein Gesicht, als er sich mir zuwandte, und sagte: »Wie kaum etwas, schätze ich, oder? Also, ein Problem für dich ist, meine ich?«

Walker zuckte mit den Schultern. »Nicht viel.«

Ein Mann der kargen Worte. Ich verbiss mir ein Lächeln, und sein Blick fiel wieder auf meinen Mund. Ein Muskel in seinem Kiefer zuckte, und er schaute zur Tür. »Wie geht es Callie?«

Die Frage überraschte und freute mich. Die einzigen Menschen, denen gegenüber ich Walker hatte weicher werden sehen, waren Kinder, und eines davon war Callie. Daher fragte ich mich, warum er nicht verheiratet war und eine eigene Familie hatte. Sicher, ich wusste von Monroe und von dem, was ich selbst erlebt hatte, dass Walker ein überzeugter Junggeselle war, der sein Leben anscheinend ohne Komplikationen leben wollte. Das galt auch für Komplikationen der weiblichen Art. Der Mann schien nur an One- oder Two-Night-Stands interessiert zu sein.

Unverbindlichkeit war sein zweiter Vorname.

Mein Blick wanderte an seinem Körper hinab, und es durchströmte mich heiß. Ich hätte gern gewusst, wie es so ganz unverbindlich mit Walker Ironside wäre.

»Callie geht es gut«, antwortete ich. »Sehr gut, genau genommen. Im Sommer ist sie meist in aller Herrgottsfrühe aufgestanden, um mit mir zu backen.« Nach dem Verkauf meiner Kuchen und Torten auf diesem Schulfest und dann auf dem Weihnachtsmarkt hatte ich in dem einen Jahr, seit wir in Ardnoch lebten, eine kleine Gruppe treuer Kunden gewonnen. Sie bestellten regelmäßig Gebäckkreationen für besondere Anlässe bei mir, und so hatten sich meine Backkünste herumgesprochen. Ich hatte die Hoffnung, irgendwann den Job im Housekeeping aufgeben zu können, um meinen eigenen Laden zu führen. Abgesehen von der kleinen Auswahl meiner Kreationen in Morag’s, dem Feinkostladen im Dorf, und einigen Cafés gab es hier keine richtige Bäckerei oder Patisserie. »Sie ist meine geduldige Hilfskraft und eigentlich viel zu verständnisvoll für ihr Alter.«

»Was meinst du damit?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Als alleinerziehende Mutter … ist es einem kaum möglich, immer die Balance zu halten. Wir sind aufeinander und auf Freunde angewiesen. Manche Kinder kommen schlecht damit klar, wenn jemand anderes sie von der Schule abholt, aber sie ist völlig unkompliziert.« Ich war darauf angewiesen, dass Regan Adair, die Frau des zweitältesten Adair-Bruders Thane, Callie von der Schule abholte und mit nach Hause nahm, bis ich von der Arbeit kam. Regans Stiefsohn Lewis war Callies bester Freund, und die Adairs waren die nettesten Menschen überhaupt und halfen mir sehr, weil sie wussten, dass ich sie brauchte. Auch wenn es an meinen Stolz rührte.

Walker sah mich finster an. »Du bist nicht die Einzige, die ihr Kind von jemand anderem abholen lässt. Du machst das gut, Sloane. Sehr gut sogar.«

Seine Worte überfluteten mich wie eine warme Woge an einem kalten Tag. »Danke.«

Er nickte nur kurz.

Ich stupste ihn an, und er beäugte mich scharf, fast misstrauisch. So wachsam und so unnahbar. »Danke, dass du mich beruhigt hast«, sagte ich, obwohl ich ihn viel lieber geküsst hätte. »Ich schulde dir Kuchen.«

Walker starrte wieder auf meinen Mund, bevor er wegschaute.

Hm. Vielleicht war er nicht völlig immun gegen mich.

»Du bist mir nichts schuldig«, brummte er. »Aber zu einem Cupcake sage ich nicht Nein. Oder so einem Pie-Ding mit Schokolade, wie du sie für den Weihnachtsmarkt gemacht hast. Oder deinen Erdbeertörtchen. Hmm. Wie bist du eigentlich aufs Backen gekommen?«

Ich grinste, weil ich mich freute, dass er mein Gebäck so sehr mochte. »Ich habe damit angefangen, weil es eine preiswerte Art war, Callie zu beschäftigen, und dann hat es mir richtig Spaß gemacht. Ich fand es supertherapeutisch, und es war toll, wie die Leute darauf reagierten, je mehr ich lernte und je besser ich wurde. Kuchen macht die Menschen glücklich, und ich mag es, Menschen glücklich zu machen.«

Ich sah, wie sein Mundwinkel sich daraufhin hob.

Ich wollte ihn so gern küssen!

»Ich lasse mir etwas für dich einfallen, als Dankeschön, dass du mich abgelenkt hast. Vielleicht kann ich es am Samstag vorbeibringen.« Das war aufdringlich, das war mir klar. Aber ich hatte es langsam satt, den Kerl zu begehren, ohne etwas in der Sache zu unternehmen.

Bevor Walker antworten konnte, knisterte der Lautsprecher, der im Aufzug neben den Knöpfen angebracht war. »Hier ist Bruce von der Wartung. Ist bei euch alles okay?«

Walker stand mit einer fließenden Bewegung auf und drückte den Knopf, um zu antworten. »Alles gut. Wie läuft’s da draußen?«

»Gut. Ich habe das Problem gefunden. In weniger als einer Minute seid ihr da raus.«

Eine seltsame Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung darüber, dass wir unterbrochen worden waren, erfüllte mich. Die Erleichterung überwog jedoch, und ich stand auf, während der Aufzug zum Leben erwachte und wir spürten, wie wir weiter nach unten fuhren.

»Ein Glück.«

Walker warf mir einen Blick über die Schulter zu, sagte aber nichts.

Dann verlangsamte sich die Fahrt, wir stoppten, und die Türen gingen auf.

Zwei Männer standen davor, einer von ihnen vermutlich Bruce.

Walker gab mir ein Zeichen, als Erste auszusteigen, und ich rannte förmlich hinaus. »Danke!« Ich winkte den Wartungsleuten, die mich angrinsten.

Als ich mich umdrehte, sah ich, wie Walker ausstieg und den Männern dankend zunickte, bevor er mich mit einem eindringlichen Blick musterte. »Alles gut?«

»Ja. Nochmals danke.«

Walker betrachtete mein Gesicht eine Sekunde lang, als würde er eine Entscheidung abwägen. Dann musste er sie wohl getroffen haben, denn er nickte mir noch einmal abrupt zu und marschierte davon.

»Das war vermutlich ein Nein«, murmelte ich resigniert.

2. Kapitel

Sloane

Die Hausdame, Agnes Hutchinson, erkundigte sich nach meinem Wohlbefinden, als ich mit meinem Wagen nach unten zurückkehrte (widerstrebend noch einmal in diesem verflixten Aufzug), um zu Mittag zu essen. Bevor ich in die Kantine ging, bat sie mich, Mr. Ramsay, dem Restaurantleiter, eine Nachricht über einen neuen Bestand an Silberbesteck zu überbringen, der eingetroffen war. Mrs. Hutchinson schien über alles im Schloss Bescheid zu wissen, auch über die Aufgaben der anderen. Nachdem ich die Nachricht überbracht hatte, versuchte ich, unauffällig durchs Restaurant zu huschen.

Der Personaltrakt befand sich im hinteren Teil des Erdgeschosses im Schloss. Hier war alles eher zweckmäßig gehalten. Die holzgetäfelten und tapezierten Wände und Hartholzböden mit fein gewebten französischen Aubusson-Teppichen wurden von schlichten grauen Wänden und Dielenböden abgelöst.

Ich eilte aus dem Restaurant und warf einen Blick nach links. Die große Empfangshalle von Ardnoch Castle war eine wahre Pracht. Ich sah den Butler Mr. Wakefield in seiner dunkelgrünen Weste und den weißen Handschuhen, der ein Tablett mit Tassen und einer Teekanne trug. Er nickte mir zu und betrat die große Halle.

Er schritt über das polierte Parkett, auf dem in der Mitte des Raumes ein riesiger Aubusson-Teppich lag. Die Einrichtung war traditionell, opulent und zeitlos luxuriös. In der Mitte führte eine prachtvolle Treppe vom Erdgeschoss hinauf, die mit einem rot-grauen Läufer im Schottenmuster bedeckt war. Durch drei raumhohe Buntglasfenster flutete das Sonnenlicht herein. Zu beiden Seiten zweigte eine Treppe ab, die in das darüberliegende Stockwerk führte, von dem man die Balkone mit Galerie an beiden Enden der Empfangshalle sehen konnte. Ein Feuer brannte in dem großen Kamin an der Wand neben dem Eingang und gegenüber der Treppe. Der Geruch von brennendem Holz verlieh dem riesigen Raum eine gewisse Gemütlichkeit. Tiffany-Lampen, die überall auf Beistelltischen verteilt waren, verliehen dem Raum einen warmen Schimmer.

Gegenüber dem Feuer standen zwei identische Chesterfield-Sofas mit Wildleder- und Stoffbezug, dazwischen ein Couchtisch. Mr. Wakefield ging auf ein Clubmitglied zu, das dort saß, den Blick aufs Smartphone gerichtet.

Ich ging schnell vorbei, betrat den Personaltrakt und freute mich schon, denn die fantastische Chefköchin des Anwesens servierte auch dem Personal das Mittagessen. Die Arbeit in einem Fünf-Sterne-Resort brachte den Vorteil mit sich, dass wir in den Genuss von Fünf-Sterne-Mahlzeiten kamen. Sogar diejenigen, die in den anderen Gebäuden weiter weg vom Schloss arbeiteten, nahmen für das Mittagessen den Weg über das Gelände in Kauf.

Bevor ich in die Kantine ging, holte ich mein Handy aus dem Spind. Es gab keine Nachricht von Callie, dafür aber ein paar neue Kuchenbestellungen von Dorfbewohnern. Ich lächelte darüber und widerstand dem Drang, meiner Tochter zu schreiben. Ich hatte ihr ein einfaches Handy geschenkt, weil ich mich sicherer fühlte, wenn ich wusste, dass sie mich erreichen konnte, wann immer sie wollte, aber ich hielt sie davon ab, es unnötig zu benutzen. Vor allem nicht in der Schule.

Heute war ihr erster Tag in der P6, der »Primary 6«, und ich hatte sie morgens an der Schule abgesetzt. Im schottischen Schulsystem umfasste die Primary School die Altersklassen vier bis elf Jahre; das war ein bisschen verwirrend. Im Moment war sie geknickt, weil Monroe, die im letzten Jahr ihre Lehrerin gewesen war, dieses Jahr im Mutterschaftsurlaub war. Callie würde nun Unterricht bei Mrs. Hunter haben, die nicht so warmherzig und reizend war wie Roe. Ich wollte unbedingt wissen, wie es meinem Mädchen ging, und mochte gar nicht daran denken, dass ihr die Schule womöglich keinen Spaß mehr machen würde.

Noch bevor ich einen Fuß in die Kantine setzen konnte, klingelte mein Handy. Ich blieb auf dem stillen Flur stehen, besorgt, als ich den Namen von Regan Adair sah. »Regan?«

»Hey.« Ihre helle Stimme mit dem amerikanischen Akzent klang völlig unbesorgt, und ich entspannte mich ein wenig. »Tut mir leid, dass ich dich in deiner Mittagspause anrufe, aber wir haben uns heute Morgen am Schultor verpasst, dabei wollte ich dir noch etwas sagen.«

»Oh? Was ist denn?«

»Gestern, als Callie bei uns war, hat Lewis ihr das Programm für die Taekwondo-Schule gezeigt, in die er ab nächster Woche geht. Sie ist in Inverness.«

Verwirrt antwortete ich: »Okay?«

»Na ja, und Callie war so begeistert, dass sie auch gern hingehen würde.«

Ich runzelte die Stirn. »Sie hat gestern Abend nichts davon erwähnt.«

»Vielleicht dachte sie, du würdest es nicht erlauben.«

Ich fühlte mich unwillkürlich angegriffen und fragte steif: »Wie meinst du das?«

»Oh, nein, so meinte ich das nicht. Du bist eine tolle Mutter, Sloane. Ich meinte nur … Du bist eben eine Beschützerin. Was ich auch verstehe.«

Natürlich war ich eine Beschützerin. Als Callie auf die Welt kam, war ich gerade mal siebzehn Jahre alt gewesen, selbst noch ein verängstigtes Kind. Doch nur ein Blick auf meine Tochter hatte gereicht, um sie im gleichen Moment zu meiner ganzen Welt werden zu lassen. So schrecklich es auch war (vor allem, wenn sie krank war), lag es doch bei mir, sie zu beschützen. Ausschließlich bei mir. Manchmal war es schwierig, die Zügel zu lockern.

»Wenn Callie Selbstverteidigung lernt, kann das nur gut sein«, sagte ich.

»Genau! Stimmt. Am besten sprichst du dann heute Abend mit ihr darüber, denn du müsstest sie so schnell wie möglich anmelden. Es sind nur noch wenige Plätze frei.«

Wie? Moment. »Inverness? Das sind doch zwei Stunden hin und zurück, oder?«

»Ja, aber es ist gleich nach der Schule, also kann ich sie einfach mitnehmen und dort auf die Kinder warten. Ich kann im Auto lernen, bis der Unterricht vorbei ist, und dann fahren wir zurück.«

Regan war dabei, ihr Wirtschaftsstudium abzuschließen, und bereitete sich darauf vor, ihre eigene Vorschule zu eröffnen. Dass sie sich neben ihrem Vollzeitjob als Mutter und dem Studium auch noch um Callie kümmerte, bedeutete mir sehr viel. Und dass sie jetzt anbot, die Kinder zum Unterricht zu fahren, war typisch Regan.

Aber dennoch … »Wie viel kostet der Unterricht?«

»Fünfzig Pfund im Monat.«

Ich unterdrückte mit Mühe ein Aufkeuchen.

Fünfzig Pfund im Monat!

Ich weiß, das hört sich für manche Leute nicht nach viel an, aber jeder Penny, den ich verdiente, zählte. In einem idyllischen kleinen Ort in den schottischen Highlands zu leben, der für seinen äußerst exklusiven Privatclub für die Elite der Film- und Fernsehbranche berühmt war, bedeutete ziemlich hohe Lebenshaltungskosten.

»Und wenn es ihr gefällt, braucht sie den Anzug und Ausrüstung. Ach ja, und der Ausbilder hat gesagt, dass immer dann eine Gebühr zu zahlen ist, wenn sie in den nächsten Rang aufsteigen, und dass Eintrittsgelder anfallen, wenn die Kinder an Wettbewerben teilnehmen möchten.«

Panik stieg in mir auf. Ich wollte, dass Callie das tun konnte, was sie glücklich machte, aber sie hatte noch nie ein Hobby gehabt, das so viel kostete. Ihre Malen-nach-Zahlen-Phase war viel billiger gewesen. »Ähm … Lass mich erst mal mit Callie reden. Wie gesagt, sie hat es gar nicht erwähnt, also möchte ich sichergehen, dass sie den Kurs wirklich besuchen will, bevor wir etwas entscheiden.«

»Natürlich. Wir können darüber reden, wenn du sie heute Abend abholst.«

***

Zwei Stunden später machte ich mir immer noch Gedanken darüber, wie ich Callies Taekwondo-Unterricht stemmen sollte. Ich brachte gerade das Zimmer von Byron Hoffman auf Vordermann, dem jüngsten Sohn von Henry Hoffman, dem Besitzer einer der größten Fernseh- und Filmproduktionsfirmen der Welt. Er war kürzlich erst in den Club aufgenommen worden und vor zwei Wochen auf dem Anwesen eingetroffen. Mrs. Hutchinson war es wichtig, dem Housekeeping-Team immer etwas über den Hintergrund der Clubmitglieder zu erzählen, sonst hätte ich keine Ahnung gehabt, wer er war.

Seit letzter Woche jedoch wusste ich es. Ich war gerade dabei, die Handtücher aus dem Zimmer eines anderen Gasts in den Wäschewagen vor der Tür zu werfen, als ich spürte, dass ich beobachtet werde. Ich drehte mich um und erkannte Byron Hoffman, der über den Korridor auf mich zuschlenderte, den Blick fest auf meinen Hintern gerichtet. Ich hatte ihn sozusagen auf frischer Tat ertappt. Doch er schaute mir nur seelenruhig in die Augen und zwinkerte mir zu, als wäre er ein Geschenk Gottes an die Menschheit.

Ich schaute weg, aber als ich aufblickte, sah ich, dass er sich umgedreht hatte und rückwärts ging, wobei er mich so lasziv anstarrte, dass sich mir die Nackenhaare sträubten.

Außerdem war er absolut schlampig. Sein Zimmer sah immer chaotisch aus. Überall lagen Klamotten herum, Essenskrümel an Stellen, die keinen Sinn ergaben … aber das Schlimmste waren die Laken. Sicher hatte ich in dem Jahr, in dem ich in Ardnoch gearbeitet hatte, oft so tun müssen, als hätte ich keine »schmutzigen« Laken gesehen. Aber Hoffman hatte fast immer schmutzige Laken, und ich fragte mich schon, ob der kranke Bastard das absichtlich machte.

Manchmal hasste ich meinen Job.

Aber es war auch eine Genugtuung, sich in dem schön eingerichteten Zimmer umzuschauen und zu sehen, dass wieder alles in Ordnung war. Ich stellte frisches Shampoo ins Bad, schnappte mir die leere Flasche und ging zur Tür. Da ich Hoffmans Zimmer fertig hatte, war ich für heute fast durch. Und ich freute mich darauf, Callie zu sehen und zu erfahren, wie der erste Schultag gelaufen war. Ich hoffte auch, dass sie entgegen Regans Auffassung nicht zum Taekwondo gehen wollte. Das war egoistisch, ja, aber ich wusste wirklich nicht, wie ich mir das leisten sollte.

Da ich mit den Gedanken ganz woanders war, bemerkte ich ihn nicht einmal, als ich aus dem Zimmer in Richtung des Rollwagens ging. Doch als ich das leere Shampoo in den Wagen stellte, spürte ich plötzlich die Hitze eines männlichen Körpers in meinem Rücken, sodass mein Herz mir plötzlich bis zum Hals schlug.

Ich wollte mich umdrehen, aber er hielt mich mit eisernem Griff an meinen Hüften fest.

»Na, so fleißig?«, raunte eine männliche Stimme heiser an mein Ohr.

Angst durchfuhr mich, aber ich schaute den Korridor hinunter und dachte daran, dass wir uns im offenen Bereich befanden und es überall im Schloss Überwachungskameras gab.

Ich warf einen Blick über die Schulter. Tatsächlich, es war Hoffman, der mich an den Wagen presste. »Ich war gerade fertig, Mr. Hoffman«, murmelte ich. »Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.« Als ich mit dem Wagen weggehen wollte, wurde sein Griff fester.

Mein Puls raste, und ich öffnete den Mund, um zu protestieren, als zwei Schauspielerinnen am Ende des Korridors auftauchten. Hoffman ließ mich los, und ich schob eilig den Wagen Richtung Personalaufzug am Ende des Flurs. Die Frauen, deren bekannte Gesichter schon die Titelseiten von Magazinen geziert hatten, nahmen mich kaum wahr, als ich an ihnen vorbeihuschte. Ich schaute nicht auf.

Mein Herz pochte, und meine Beine zitterten.

Der Sommer war die geschäftigste Jahreszeit auf dem Anwesen, abgesehen von Silvester. Da ich in L.A. aufgewachsen war, wusste ich, dass Hollywood im Sommer Ferien machte und man erst im September wieder zur Tagesordnung überging.

Ich freute mich auf eine ruhigere Zeit auf dem Anwesen.

Und auf die Abreise von Byron Hoffman.

***

Ich beschloss, Mrs. Hutchinson nichts von dem Vorfall zu erzählen. Was sollte ich auch sagen? Er stand hinter mir und berührte meine Hüften? Er war der Sohn eines mächtigen Mannes. Ich war ein Zimmermädchen. Für die meisten Leute würde es nach nichts aussehen. Also behielt ich es für mich und beschloss, Hoffman so weit wie möglich zu meiden.

Seit zehn Jahren bemühte ich mich, es Callie nicht spüren zu lassen, wenn ich besorgt oder verängstigt war. Meine Mutter war gestorben, als ich noch klein war, aber ich erinnerte mich an ihre Stimmungsschwankungen und daran, wie nervös diese mich als Kind gemacht hatten. Der schlimmste Tag meiner Kindheit, abgesehen von ihrem Tod, war der Tag, an dem sie mich fünf Stunden lang in einen Schrank gesperrt hatte, weil ich einen Wutanfall gehabt hatte. Als mein sehr liebevoller Vater mich bei seiner Heimkehr von der Arbeit eingesperrt vorfand, war er völlig außer sich gewesen. Er hatte ein Kindermädchen eingestellt, und ich wurde nie wieder mit meiner Mum allein gelassen. Ihre Stimmungsschwankungen musste ich jedoch weiterhin ertragen, und so etwas sollte Callie nie erleben müssen, nicht einmal ansatzweise.

Ich hatte ein strahlendes Lächeln aufgesetzt, als ich meine Tochter im Haus von Regan und Thane Adair abholte. Thane Adair war Architekt und hatte sowohl sein eigenes als auch die schicken Häuser seiner Geschwister an einem Küstenstreifen außerhalb von Ardnoch entworfen.

Er hatte zwei Kinder, Lewis und Eilidh, war aber Witwer geworden, als Eilidh noch ein Baby war. Als Regan ihre Schwester in Ardnoch besucht hatte, war sie von Thane als Nanny eingestellt worden, und die beiden hatten sich trotz des Altersunterschieds von dreizehn Jahren ineinander verliebt. Inzwischen nannten Lewis und Eilidh Regan Mum.

Regan war sowohl eine Schönheit, mit ihren kupferroten Haaren, ihren großen grünbraungrauen Augen und ihrem Grübchen, als auch eine Supermum. Im Ernst, es war unmenschlich, was für ein Multitasking-Talent sie war. Absolut beeindruckend. Eigentlich mochte ich sie sehr und fand es toll, wie sie mir und Callie half, seit wir nach Ardnoch gekommen waren. Aber als Callie mir jetzt aufgeregt davon erzählte, dass sie zweimal die Woche mit Lewis zum Taekwondo gehen wollte, fühlte ich eine gewisse Verbitterung gegenüber Regan in ihrem schicken Haus am Meer. Obwohl sie normalerweise sehr rücksichtsvoll war, schien es ihr nicht in den Sinn zu kommen, wie sehr es mich finanziell belasten würde, Callie zum Kampfsportunterricht zu schicken.

Trotzdem war es nicht ihre Schuld, sagte ich mir. Callie war sofort von der Sache begeistert gewesen, als Lewis davon erzählt hatte. Regan hatte sie nur ermutigt, weil sie es für eine gute Sache hielt.

Und das war es ja auch.

Ich wollte, dass Callie Interessen und Leidenschaften hatte, und dass sie lernen würde, sich zu verteidigen, wäre großartig.

Es war einfach nur … teuer.

»Die erste Stunde kostet 40 Pfund, da kann ich schauen, ob es mir Spaß macht. Und wenn ich es gut finde, kostet es 50 Pfund im Monat. Das ist doch in Ordnung, oder?«, fragte Callie, als ich über die schmale Landstraße von den Adair-Häusern kommend auf die Hauptstraße zufuhr.

»Hm-hmm.« Ich grinste sie an, weil ich nicht wollte, dass sie meine innere Unruhe bemerkte.

Monroe hatte uns zu einem Häuschen an der Hauptstraße des Ortes verholfen. Eigentlich lag die Miete für ein solches Cottage weit außerhalb meiner Preisklasse, aber es gehörte Brodans Schwager. Und da Brodan seine hochschwangere Frau Monroe vergötterte und sie mich und Callie sehr mochte, hatte sie den Kontakt hergestellt. Seitdem wir in das schöne Cottage in der Castle Street eingezogen waren, hatte Callie offenbar den Eindruck, dass es uns finanziell besser ging, als es tatsächlich der Fall war. Ich wollte aber auch, dass sie das dachte. Sie sollte sich sicher und geborgen fühlen.

Aber es hatte auch seine Nachteile.

»Lewis sagt, wir fangen als Weißgurte oder als 10. Kup an. Ich weiß noch nicht, was das bedeutet, aber er sagt, der nächste Rang ist dann ein weiß-gelber Gürtel, und er will den schneller als jeder andere kriegen. Auf einmal ist er voll ehrgeizig.« Sie kicherte. »Er wird so sauer sein, wenn ich den weiß-gelben Gürtel vor ihm kriege!«

Bei der freudigen Erregung in ihrer Stimme wurde mir klar, dass es kein Zurück mehr gab. Ich bräuchte mehr regelmäßige Backaufträge, um die zusätzlichen Kosten zu decken, und ich könnte auf den Friseur verzichten. Ich bekam im Salon des Clubs zwar einen ordentlichen Mitarbeiterrabatt, aber allein damit könnte ich einen Batzen Geld für die Kurse rausholen.

Ich war so in Gedanken versunken, dass ich einen Moment brauchte, um zu merken, dass etwas mit dem Auto nicht stimmte.

»Mum?«

Es ruckelte, und ich sah, wie Callie sich am Sitz festklammerte. Das Strahlen in ihrem Gesicht war weg. Das Auto ruckelte noch heftiger, dann noch mal und ein drittes Mal.

Scheiße!

»Schon gut«, beruhigte ich Callie und fuhr das Auto an den Straßenrand, wo es eine Sekunde später noch ein paar Mal heftig ruckelte und dann zischend zum Stehen kam. »Uns ist ja nichts passiert.«

»Steigen wir aus?«

Ich nickte und nahm meine Handtasche. Callie hatte sich bereits ihren Rucksack geschnappt, und wir stiegen aus. Ich sparte es mir, unter die Motorhaube zu schauen, denn ich hatte keine Ahnung von Autos.

»Ich rufe Regan an.« Ich hatte es eben ausgesprochen, als ein SUV auf uns zukam und langsamer wurde.

»Ist das nicht Walkers Auto?«, fragte Callie. Ihr Gesicht hellte sich auf. »Das ist Walker!« Sie winkte ihm fröhlich zu.

Na, großartig.

Zwei Rettungsaktionen an einem Tag?

Wie immer gut aussehend und wie immer mit versteinerter Miene fuhr Walker den SUV langsam auf unsere Straßenseite und parkte vor meinem abgesoffenen Auto. Ich versuchte, das Flattern im Bauch zu ignorieren, als er mit seinen langen Beinen aus dem Fahrzeug stieg. Ich mochte zwar den schwarzen Anzug, mit dem er eher wie ein Playboy-Milliardär als ein Securitymann aussah, aber seine Freizeitkleidung aus T-Shirt und Jeans mochte ich noch lieber. Seine T-Shirts waren am Bizeps immer eng anliegend, und ich hatte eine Schwäche für seine Arme. Besonders für seine Unterarme. Sie waren ganz stark und muskulös. Er hatte auch tolle Hände. Lange Finger, kräftige Fingerknöchel. Diese Hände hatte ich mir öfter auf meinem Körper vorgestellt, als ich zugeben mochte. 

Gott, ich brauchte Hilfe.

Ich versuchte, ihn nicht anzustarren, und schenkte Walker ein breites Lächeln, für das ich eigentlich gerade gar keinen Kopf hatte, aber Callie zuliebe wollte ich so tun, als sei der Zusammenbruch unseres Autos keine große Sache. Es war aber eine enorm große Sache. Ich wusste nicht, wie ich die Reparatur bezahlen sollte. Die Schmetterlinge, die Walker in meinem Bauch aufgescheucht hatte, fielen innerlichen Angstkrämpfen zum Opfer.

»So sieht man sich wieder«, sagte ich lässig.

Walker ließ den Blick über mich und Callie wandern, als wollte er uns auf Verletzungen hin untersuchen. »Was ist passiert?«

Callie zuckte energisch mit den Schultern. »Es fing an zu ruckeln, und dann ist es einfach stehen geblieben.«

Er sah mich an.

Ich zuckte ebenfalls mit den Schultern. »Wie Cal sagt. Ich wollte gerade Regan anrufen, als du gekommen bist. Also, wenn du weg musst …« War er wohl gerade unterwegs zu einem seiner unverbindlichen Dates?

»Kein Problem.« Er holte sein Handy aus der Gesäßtasche, klickte schnell etwas an und hielt es ans Ohr. »Joe, hier ist Walk … Ja, pass auf, ich brauche einen Abschleppwagen zur A949 direkt vor Caelmore. Das Auto einer Freundin ist liegen geblieben.« Er gab Joe meine Autodaten, und ich hatte den leisen Verdacht, dass Joe der Chefmechaniker von Ardnoch war.

Mist.

Kaum hatte er das Gespräch beendet, ergriff ich das Wort, bevor er es tun konnte. »Das wäre nicht nötig gewesen. Ich hätte doch selbst einen Abschleppwagen rufen können.«

»Schon geschehen.« Walker gestikulierte in Richtung seines SUVs. »Steigt ein. Ich bringe euch nach Hause.«

Die Vorstellung, mich wieder in seiner Nähe aufzuhalten, so kurz nachdem er mein »Kuchen am Samstag«-Angebot abgelehnt hatte, gefiel mir überhaupt nicht. »Wir wollen dich wirklich nicht …«

»Sloane.«

Ich presste die Lippen zusammen, als er meinen Namen so streng aussprach.