Hochmut kommt vor dem Fall - Angelika Friedemann - E-Book

Hochmut kommt vor dem Fall E-Book

Angelika Friedemann

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Beschreibung

Suche nicht nach Fehlern, suche nach Lösungen. Einen Ruf erwirbt man sich nicht mit Dingen, die man erst tun wird. Henry Ford In Husum gibt es zwei Tote. Für Eike Klaasen stehen die Täter schnell fest, sowie auch der Autofahrer bekannt ist, der seine Schwester Doreen ermorden wollte: Sein Bruder Einar. Die jahrelang aufgestaute Rivalität, dessen stetiger Beliebtheitsgrad in dem kleinen Städtchen, obwohl er nur ein simpler Kinderarzt ist, kommt nun zum Vorschein. Besonders lastete er ihm den Tod seiner Grosseltern an. Seine eigenen Fehler sieht er nicht. Der neue Kollege, Christoph Feil jedoch ermittelt, trotz Eikes Einwände. Die Ergebnisse ergeben ganz andere Bilder, sprich Täter. Alles eskaliert und dann erfährt Eike, dass gegen ihn auch das LKA seit langem ermittelt. Er beginnt verbal um sich zu schlagen, bis ihn die Ereignisse völlig überrollen.

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Angelika Friedemann

Hochmut kommt vor dem Fall

Impressum

Copyright: © 2021. Alle Rechte am Werk liegen beim Autor: Angelika Friedemann, Herrengasse 20, Meinisberg/ch

[email protected]

Das Werk einschließlich aller Inhalte ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Reproduktion (auch auszugsweise) in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie oder anderes Verfahren) sowie die Einspeicherung, Verarbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung mithilfe elektronischer Systeme jeglicher Art, gesamt oder auszugsweise, ist ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung untersagt. Alle Übersetzungsrechte vorbehalten.

Bild-Quelle: piqs.de

ISBN: 9783754335130

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Hauptkommissar Eike Klaasen zeichnete das hundertste Schriftstück ab, wie er zu Renate sagte. Das Telefon läutete. „Wo ist eigentlich Chris?“ Er meldete sich, hörte zu. „Wir kommen, Doktor Weißmann. Sie fassen bitte nichts an und schicken alle aus dem Raum. Danke.“

Der 33-jährige Oberkommissar Christoph Feil trat ins Zimmer, rieb sich noch die Hände.

„Renate, bitte beordere den Staatsanwalt, den Doc zu den Nielsens. Klaas Nielsen. Klara Bören, seine Schwiegermutter hat man tot aufgefunden. Der Hausarzt weigert sich, einen Totenschein auszustellen, da ihm einiges komisch vorkommt. Rüdiger soll noch hinkommen. Fahren wir.“

„Die Unterschriften noch. Eike. Es sind nur noch drei“, lächelte ihn Renate an. Er beugte sich hinunter, unterschrieb. „Du nervst mit dem Bürokram“, schmunzelte er jedoch.

„Sage das Flensburg. Rufe ich Doktor Fiedler und Doktor Pauli an“, verließ sie den Raum, während Eike die Jacke anzog, den Kaffee austrank, dabei seine Sachen griff, die in die Jackentasche seines grauen Lederblousons verstaute. Jetzt, im August sollte es eigentlich sommerlich warm sein, dachte er dabei.

„Kennst du die Leute?“

„Leider, da ich sie nicht mag. Bettina, die Enkelin von der heutigen Toten wurde vor einigen Jahren ermordet. Sie waren an dem ganzen Schlamassel seinerzeit nicht ganz unschuldig. Sie sind reich, aber da die Tochter, Enkelin nur examinierte Krankenschwester war, einen unehelichen Sohn hatte, wurde sie von der Familie nur gestriezt. Nun kam der Erzeuger aus Amerika zurück und dem wollte man den Sohn von ihr zuspielen. Der Bruder immer fleißig mit, da er so auf das große Erbe hoffte. Eine abscheuliche Geschichte, die da passierte. Sie bekamen leider nur Bewährungsstrafen, aber trotzdem sind sie im Ort erledigt. Der Bruder ist deswegen weggezogen, praktiziert heute in Heide. Seine zwei Kinder lebten damals bei einer Pflegefamilie, da seine Ex-Frau nie wirklich Interesse an ihnen zeigte, er allein kam mit ihnen nicht klar. Man beschloss, sie aus dem Sog und dem schädlichen Einfluss der Großeltern zu entziehen. Alles dreht sich in der Familie nur um Geld, Ansehen, Nase hochrecken. Gerade die Tote ein abschreckendes Beispiel.“

„Wo lebt der Sohn von dieser Bettina heute?“

„Bei dem Vater. Doktor Doktor Hermsen. Er stand seinerzeit auch unter Mordverdacht, da er den Nielsens alles glaubte. Er war früher einmal mit ihrem Bruder befreundet. Letzt endlich waren es neidische, brutale Arbeitskolleginnen. Im Krankenhaus fehlte damals reichlich Personal, da sechs Ärzte, zig Krankenschwestern, Büropersonal entlassen werden musste. Da kamen Vergewaltigungen, Alkoholmissbrauch, illegale Abtreibungen, Fahrlässigkeit gegenüber Patienten, Mobbing, Verleumdungen im enormen Ausmaß ans Licht. Nur hätte die alte Bören, die Eltern Nielsen, der Bruder, Bettina nur ein wenig unterstützt, nicht nur Schmutz über sie verbreitet, wäre das alles nie geschehen. Seitdem wurde allerdings auch in der Klinik einiges verändert, gerade in Bezug auf Alkohol während der Arbeitszeit und Kollegialität.“

„Generell ein weitverbreitetes Problem unter Ärzten, wie man so hört.“

„Ist ja teilweise purer Stress, selbst in so einem kleinen Krankenhaus, wie wir es haben. Zwölf Stunden Dienst, zu wenig Personal, Schwestern, Pfleger, dazu mieser Verdienst, nölige Patienten, jede Menge Büroarbeit nebenbei, Nacht- und Wochenenddienst. Daheim auch Stress, weil man nie zu Hause ist. Du trägst eine riesengroße Verantwortung, darfst dir keine Fehler leisten. Es kommt ferner hinzu, du musst dich ständig weiterbilden, auf dem Laufenden bleiben.“

„Wäre generell kein Job für mich. Mit Krankheiten und so kann ich nichts anfangen.“

„Warum ermordet man eine 86-Jährige, überlege ich gerade.“

„Erbe!“

„Erhält die Tochter, denke ich jedenfalls. Elke Nielsen ist über sechzig und hat wahrscheinlich keine Geldsorgen.“

„Der Enkel?“

„Carsten – erst die Oma, danach pumpt er die Mutter an, die gern gibt. Vermutlich hätte die Bören ihm Geld gegeben, wenn er welches benötigte. Er ist schließlich Arzt. Seine neue Praxis finanzierten vermutlich die Eltern, die Oma, also die Tote.“

„Er brauchte mehr.“

Eike antwortete nicht, fuhr auf das Grundstück.

Elke Nielsen kam gleich auf sie zugestürmt, fasste Eike an Arm. „Das ist eine Frechheit von Ihnen. Sie wol…“

„Beschweren Sie sich und fassen Sie mich nicht an. Was fällt Ihnen impertinenter Person ein?“, kanzelte er sie ab. „Der Gerichtsmediziner, der Staatsanwalt und die Spurensicherung kommen gleich. Oben ist ab sofort für Sie Verbot aufzutauchen. DNA und Fingerabdrücke haben wir von Ihnen allen, da Sie schon polizeilich erfasst wurden“, ließ er sie stehen, sprang immer drei Stufen auf einmal nehmend die Treppe empor.

„Moin, Doktor Weißmann“, reichte er dem älteren Arzt die Hand. „Eike Klaasen und mein Kollege Chris Feil. Was fanden Sie?“ Eike zog Handschuhe an, ging zu dem Bett, betrachtete die alte Frau: Geschminkt, die Haare gestylt. Sie trug ein Nachthemd, Schmuck, lag da, die Hände auf der Brust verschränkt, wie eine Wachspuppe. Alles sah irgendwie unecht, inszeniert aus.

„Sehen Sie, als ich die Tote so sah, dachte ich an Suizid“, erklärte Doktor Weißmann. „Wer geht so abends ins Bett? Nur hier liegt kein Abschiedsbrief, steht kein Glas mit Wasser für eventuelle Tabletten, keine leeren Packungen. Nichts!“

Eike beugte sich etwas hinunter, roch Pfefferminz und … Mandel? Weder auf dem Nachtisch noch sonst wo lagen Bonbons. Er öffnete die Schublade, aber auch da nichts.

„Doktor Weißmann, Frau Bören riecht nach Pfefferminz und Mandel.“

„Mandel roch ich nicht, aber Pfefferminz stimmt.“

„Eike, ich fange mal an zu fotografieren, bevor der Doc kommt.“

Eike nickte nur, während er immer noch die Tote betrachtete. „Hier liegen nirgends Bonbons. Sagen Sie, war sie krank, außer dem Zipperlein, welche man in dem Alter hat?“

„Nichts Gravierendes, obwohl sie ständig jammerte. Sie wollte wie eine Zwanzigjährige sein. Je älter sie wurde, umso schrulliger war sie: Angemalt lief sie neuerdings herum, überlegte, sich die Falten wegspritzen zu lassen, lief zuweilen in den unmöglichen Sachen durch die Stadt. Albern. Vadding sagte erst neulich, Klara dreht völlig am Rad, will nu mit Elke in so eine Schönheitsklinik. Wissen Sie Doktor Klaasen, seit der Bettina-Geschichte werden sie überall geschnitten, schief angesehen, kaum noch eingeladen. Das versuchten gerade die zwei Frauen mit Klamotten, Schmuck wettzumachen. Breesig!“

„Dazu trägt sie allerdings ein olles, hässliches Nachthemd? Snaksch! Studien haben ergeben, dass Leute, welche Suizid begehen, sich nur unter einem Prozent unbekleidet oder etwas entblößt zeigen. Man will auch im Tod nicht, dass einen jeder Mensch nackt oder fast nackt sieht. Sie hätte gewiss etwas Schickes angezogen und garantiert einen Slip. Bekam sie Schlaftabletten?“

„Nein! Elke einmal. Zehn Stück und Ende. Ist aber schon ein Jahr her.“

Doktor Frank Fiedler kam herein. „Moin, was haben wir? Hat es Klara erwischt, Ernst?“

„Moin, Frank, jow. Meiner Meinung nach, wurde da nachgeholfen.“

„Eike, was haben wir?“

„Moin, Frank. Cyanid-Vergiftung. Atemlähmung! Nur alle anderen typischen Symptome dafür fehlen – merkwürdigerweise, außen dem charakteristischen Bittermandelgeruch der ausgeatmeten Luft des vergifteten Patienten. Der hyperventilierende Erkrankte gerät in Atemnot. Sie nicht, liegt ganz ruhig, was bedeutete, keine epileptischen Anfälle, kaum sichtbar eine Hautveränderung, außer die Livores ist richtig rot. Schleimhäute, keine Ahnung. Ist dein Job.“

„Gut, warum sollte ich nun kommen?“

„Och Frank, nicht jedes Mal“, schmunzelte Eike.

„Braucht ihr mich noch, sonst muss ich los?“

„Nein, danke, Doktor Weißmann.“

„Ernst, war sie krank?“

„Nichts, außer das Übliche.“ Ernst Weißmann verabschiedete sich, da erschienen Polizeiobermeister Rüdiger Niess und Polizeimeister Lars Lugge. „Moin, hat es die Bören erwischt?“ Man sah ihm an, dass er sich darüber mehr freute, als erstaunt war.

„Moin, hat man nachgeholfen, weil es so lange dauerte.“

„Frank, so sagt man das nicht“, Eike lächelnd. „Rüdiger, dass Normale, Guckt, ob ihr Pfefferminzbonbons findet und irgendwelche Medikamente. Fangt im Wohnzimmer an. Ihr gehörten Küche, Wohn-, Schlafzimmer, Bad. Danke!“

„Hat man die Alte etwa ermordet? Hätte man machen sollen, bevor sie die Enkelin den Raubtieren auslieferte. Gehen wir an die Arbeit, Lars.“

„Alles fotografiert? Gut, kieken wir uns die Deern näher an. Wer schminkt sich, wenn auch schluderig, wenn man ins Bett geht? Breesig.“

Der Gerichtsmediziner betrachtete die Tote nun genauer: Augen, Mund, während Eike sich in dem Schlafzimmer umblickte. Chris war bereits dabei, Fingerabdrücke zu sichern, das Glas einzutüten, welches leer auf der Kommode stand.

„Nach einer Blausäurevergiftung leidet die betroffene Person in der Regel zuerst an starker Atemnot, daneben treten Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen, Ohnmachtsanfälle, Krämpfe ein, die Haut färbt sich rosa. Nicht bei ihr, wie es aussieht. Dumm Tüch! Dies gilt auch dann, wenn die aufgenommene Menge des Giftstoffes nur sehr gering ist. Blausäure- oder Cyanidverbindungen können auf verschiedenen Wegen in den Organismus gelangen.

Blausäure findet sich nicht nur in den berüchtigten Bittermandeln. Auch die Kerne von Kirschen und Äpfeln sowie die Steine von Pflaumen, Aprikosen und Pfirsichen sind blausäurehaltig. Rohe Bohnen oder rohe Erbsen direkt vom Strauch gegessen hat. Beim Kontakt mit Körperflüssigkeiten nehmen Zyanide …“

„Eike, ich habe was Interessantes entdeckt“, reichte ihm Lars einen Brief, unterbrach damit den Vortrag des Gerichtsmediziners. „Lies!“

„Ist ja wirklich interessant. Da schreibt eine Klinik“, Eike las nun vor. „Nach eingehender Untersuchung, drei Gesprächen, einer umfassenden Beratung lehnen wir hiermit die von Ihnen gewünschten Operationen ab: Fettabsaugung, Bruststraffung, Oberarmstraffung, Lidkorrektur, Gesichtsstraffung. Wie bereits im Gespräch erwähnt, sind das nicht notwendige Operationen, die jedoch ein gewisses Risiko bergen. Jeder Eingriff sollte daher im hohen Alter vermieden werden. Bewegung und so weiter. Eine Ernährungsumstellung, regelmäßige Gymnastik und so weiter.“

„Die Fruunslüüd haben zu viel Langeweile“, stellte Frank trocken fest. „Bütten blank, binnen kraank.“

„Das bei der Hexe sowieso. Eike, im Wohnzimmer hat jemand bergeweises Papier verbrannt“, schneite Rüdiger herein. „Einsacken lohnt nicht, da das während des Brennens, so gewendet wurde, dass real nichts übrig blieb. Hatte die Bören noch mehr Dreck am Stecken?“

„Vielleicht findest du heraus, was man da vernichtet hat. Guck dir zum Beispiel die Ordner näher an. Rüdiger, nimm bitte Streichhölzer, Feuerzeug mit, da daran bestimmt Fingerabdrücke sind, so auch an den Ordnern, falls es die noch gibt. Guck mal, ob man Spuren im Schrank, auf dem Regal findet, wo eventuell etwas stand.“

„Die Deern war brägenklöterig. In dem Alter sich noch operieren lassen, weil sie wie 70 aussehen wollte.“

„Das Schreiben ist schon 17 Tage alt. Warum erst jetzt angeblich Suizid?“

„War beim Denken nu nicht mehr die schnellste“, grinste der Mediziner. „Moin, Doktor Pauli“, grüßte er den Staatsanwalt.

Eike drehte sich um, reichte ihm die Hand. „Moin, Doktor Pauli. Klara Bören, 86, sollte wie suizid aussehen, obwohl die Angehörigen auf natürliche Todesursache bestehen.“

„Moin, Herr Klaasen, Mord ausgeschlossen?“, trat er näher an das Bett.

Eike blickte zu Frank Fiedler. „Nein! Vermutlich Cyanid-Vergiftung. Nur Sie sehen, hier sieht man nichts von Selbstmord. Mehr morgen nach der Obduktion. Natürlicher Tod zu 99 Prozent ausgeschlossen.“

„Sie riecht nach Pfefferminz.“

„Soll den Mandelgeruch verdecken, vermute ich.“

„Deutet wiederum auf Mord. Sie werden ermitteln müssen, da Selbstmord ausgeschlossen ist, wie Sie sagten. Die Wohnung wird versiegelt, damit keiner sie betritt. Ich fahre dann, bin im Büro, falls Sie etwas benötigen.“

Eike wartete, bis sie den Leichnam abholten, verabschiedete sich vom Gerichtsmediziner, guckte nach Christoph.

„Guck mal! Hier stehen an die hundert Quietsche-Entchen in allen Farben“, belustigte sich Chris.

Er schaute um die Ecke, schüttelte den Kopf. „Zwei haben wir auch, da Torben seinerzeit meinte, eine wäre sonst so allein. Nur das?“,

Chris hielt ihm eine in Polizeiuniform hin. „Da steht dein Name drauf. Sie hat allen Namen gegeben.“

Eike nahm die, schüttelte nochmals den Kopf, stellte sie zurück, guckte die Reihen durch. Eine Arzt-Ente hieß Nils; eine kleine Gelbe - Arvid; eine Rote - Bettina. „Mache davon Fotos. Solche, wo man alle Namen darauf lesen kann.“

„Hier stehen noch ein paar ohne Namen.“

„Knips sie auch. Merkwürdiges Hobby. Quietsche-Entchen sammeln“, öffnete er den Spiegelschrank. Er holte die Packungen heraus, legte die ins Waschbecken.

„Gut sortiert. Ich denke, sie war gesund?“

„Chris, freiverkäufliches Zeug. Reich wird der Hersteller, leer dein Geldbeutel, weil die wenigsten Präparate helfen, Sinn machen. Guck dir das an, jedes einzelne Vitamin wurde da geschluckt. Snaksch! Isst du jeden Tag Gemüse, Obst, Brot, trinkst Milch oder isst Joghurt, hast du alles, was du benötigst. Fehlt etwas, aus welchen Gründen auch immer, stellt es ein Arzt fest und bespricht mit dem Patienten geeignete Maßnahmen. Häufig gerade bei Frauen ist Eisenmangel. Da erhalten sie Zusatzpillen.“

„Hier ist etwas gegen Verstopfung und andere Medikamente gegen Durchfall.“

„Für alle Eventualitäten. Weißt du, die Leute sitzen abends vor der Kiste, sehen die Werbung für den Kopf bis zu den Füßen. Bei jedem Mittel wird dem Verbraucher suggeriert, brauchst du, weil damit bleibst du gesund, jung, dynamisch und es beseitigt eigentlich alle deine Probleme. Wer geht wandern, hat zig Medikamente dabei? Wer wird durch Tabletten schön wie Angelina Jolie? Wer bekommt durch Pillen die Idealmaße einer Bündchen? Wer wird so intelligent wie Einstein, nur weil er ein paar Tropfen schluckt? Dass selbst dieses Zeug schädlich sein kann, wissen die wenigsten. Auf der einen Seite jammern die Politiker, Ärzte, die Menschen schlucken zu viele Pillen, auf der anderen Seite erlaubt gerade die Politik den Pharmakonzernen immer mehr von diesem Mist auf den Markt zu werfen. Die Konzerne werden dadurch reich und das ist das Primäre, nicht, ob die Menschen darunter leiden. Das welche dadurch ernsthaft erkranken – sekundär. Sie hatte aber auch gegen alles etwas. Anomal!“

„Sag mal, die Apotheker sollen doch auch beraten. Kommt da so eine Omi an, kauft den ganzen Dreck, sagen sie da nicht, geht nicht – gibt es nicht, da schädlich? Sieben Sorten Pillen gegen Halsschmerzen, wenn auch aus drei Apotheken.“

„Sie wollen verdienen, ergo bekommt Omi das Zeug, was sie am Vorabend in der Werbung sah. Im Winter gucken Torben und ich zuweilen Vorabendprogramm. Da kommen in fünf Minuten Werbung zehn solcher Produkte, nichts anderes. Die Oma kann dank Creme wieder wie ein junges Mädchen tanzen. Opa spielt Memory, schlägt die Enkelin. Der Rentner hängt nicht mehr faul herum, sondern ist dank Pillen fit und vital. Frauen gehen nie ohne Creme, Pillen, Tropfen aus dem Haus, könnte ja etwas zwicken und vorsichtshalber sollte jeder Mensch etwas schlucken, damit er gesund bleibt. Hier sind noch drei Packungen gegen Halsschmerzen. Egal, da kein Zyankali dabei ist. Wir sacken den Dreck trotzdem ein, schauen mal in alle Packungen.“

Sonst fanden sie nichts, auch die zwei Kollegen nicht.

„Gibt es keine Bankauszüge oder dergleichen?“, erkundigte Eike sich, während er alles in den großen Behälter legte, in die Küche ging. Keine Medikamente, kein Obst, kein Gemüse, nur ein fast leerer Kühlschrank. Etwas Butter, Scheibenkäse, eine Flasche Bananensaft und eine Flasche Mineralwasser. Beide zu. Im Brotkasten eine Scheibe Brot und ein alter, harter Kanten. Selbst der Müllbeutel war leer. Er schaute in Dosen, Behältern nach, roch an manchen Gewürzen – aber nichts Auffälliges, zog er die Handschuhe aus. Diese Wohnung wirkte total aufgeräumt, aber nicht unbedingt sauber, wie man überall feststellte, da Staub, Flecken und dergleichen zu sehen waren, der Fußboden Kleckse aufwies, sowie Schranktüren klebten. Lars kam herein. „Eike, guck dir das an.“ Er folgte ihm ins Wohnzimmer. Hinter einem Stapel Wäsche, welcher jetzt auf dem Boden lag – Schlüssel.

„Nimm sie heraus und fotografiere sie. Immer so, dass man eine eventuell Nummer lesen kann. Das müssen ja dreißig, vierzig sein.“

„Ein ganz großer, oller ist dabei.“, holte er das Stück heraus.

Einen Moment sah Eike seinen Großvater vor sich, als er dem kleinen Jungen den Schlüssel zeigte: So groß waren die früher einmal. Die konnte man nich verlieren, min Jung. Nöch! „Gehörte eventuell zu einem Keller. Guck hier nach. Wenn nicht, sack ihn und die Sicherheitsschlüssel ein, kommen sie ins Labor. Frage vorher bei den Leuten nach den hiesigen Nummern oder lasse dir die Schlüssel zeigen. Die brauchen dann nicht mit weg.“

Im Flur traf er Rüdiger. „Nichts! Nur drei Ordner sind fast leer. Da hat jemand vorher geräumt. Selbst der Müllbeutel war leer.“

„Ich war gerade in der Küche. Rüdiger, sag mir, warum, wenn sie angeblich Suizid begangen hat? Egal, was da drinnen lag, Klara war tot.“

„Sah man vielleicht, dass da jemand öfter Geld bei der Alten abkassierte. Fragt sich, für was? Oder diese Hexe wollte etwas vertuschen, hatte doch mehr mit Bettinas Tod zu tun.“

„Rüdiger, was meinst du damit?“, erkundigte sich Chris.

„Diese Hexe war ein Biest, ein durchtriebenes, gehässiges, boshaftes Biest. Sie hat dem Urenkel die Mutter genommen. Ich hätte sie damals gern für Jahre im Knast gesehen. Selbst nach deren Tod ließen ihre Lügen, Gehässigkeiten nicht nach. Wer war auch die Enkelin, die keinen Titel hatte, keinen reichen Mann? Eine Herumtreiberin hat sie sie genannt, obwohl die Dame allein ohne Geld vom Erzeuger, der Familie sich und den Sohn durchbrachte. Diese miesen Pharisäer halsten der Frau noch eine baufällige Hütte auf, schauten lachend zu, wie die ihr karges Geld da hineinstecken musste, weil alles marode war. Das Haus war nach Jahren renoviert, da wollte es der Bruder an seine Geliebte verscherbeln, Mutter und Kind auf die Straße setzen. Ich hasse und verachte diese Sippe. Diese Leute sind Abschaum. Wenigstens hat der Lütte keinen Kontakt mehr zu diesen Personen.“

„Rüdiger, ihr könnt fahren. Nehmt die Kiste mit, stellt sie ins Büro, aber schaut vorher noch in der Mülltonne nach. Ich rufe den Staatsanwalt an, da wir gern in den anderen Müll sehen würden oder ob wir eventuell das Haus auf den Kopf stellen dürfen.“ Er telefonierte, schaute sich in dem Wohnzimmer um. „Chris, Rüdiger soll noch warten“, flüsterte er, hörte zu und bedankte sich zufrieden bei dem Staatsanwalt.

Er ging hinunter, raus zu seinen Kollegen. „Rüdiger, habt ihr eigentlich Schmuck, Geld gefunden?“

„Portemonnaie mit fast 200 Euro, Schmuck jede Menge zwischen den Tischdecken in der Kommode.“

„Ihr fahrt bitte zu Doktor Pauli, holt den Durchsuchungsbeschluss, kommt wieder her. Bringt Kerstin und Jacob bitte mit. Stellen wir alles auf den Kopf. Chris, wir befragen die Tochter zu dem Morgen.“

„Warum entsorgt man eine Mülltüte? Was war da drinnen?“

„Chris, warf sie eventuell am Abend selber weg, weil sie stank, oder da waren die Überreste vom Zyankali drinnen.“

Er klingelte bei den Nielsens und sofort riss sie die Tür auf. „Was wollen Sie noch?“

„Haben Sie doch gehört, da Sie uns belauschten. Wir passen auf, dass Sie und Ihre Angehörigen nichts verschwinden lassen. Tun Sie nicht so scheinheilig.“ Von Chris gefolgt, ging er hinein, grüßte. „Bitte bleiben Sie alle hier, da wir gleich das Haus durchsuchen werden, oder Sie geben uns freiwillig das restliche Cyanid und erklären uns zur Abwechslung einmal ehrlich, was hier geschah. Diese Lügen sind nur dusselig.“

„Was fällt Ihnen unverschämten Flegel ein? Sie sind ja verrückt.“

„Setzen Sie sich. Noch eine Beleidigung und ich zeige Sie an. Mit Ihrer Vorstrafe könnte es Ernst werden. Erzählen Sie uns bitte, was am Morgen passierte, Doktor Nielsen.“

„Ich wollte meine Mutter …“

„Hören Sie nicht zu? Ich fragte Ihren Mann. Sind Sie endlich einmal ruhig, sonst lasse ich Sie aufs Präsidium bringen. Bitte Doktor Nielsen.“

„Ich fütterte die Fische, als meine Frau oben kreischte, Mama ist tot. Ich bin hoch, da stand alle drei bereits um das Bett, meine Frau hielt das Handy in der Hand, rief Doktor Weißmann an. Ich ging näher, sagte, komisch. Gehen wir alle raus. Meine Frau meckerte, aber ich schob sie raus, schloss ab, steckte den Schlüssel ein, ging hinunter.“

„Was fiel Ihnen auf?“

„Zyankaligeruch vermischt mit Pfefferminz. Wissen Sie Doktor Klaasen, meine Schwiegermutter mochte keinen Eukalyptus, kein Pfefferminz, egal …“

„So stimmt das nicht“, keifte Elke Nielsen, fing an zu weinen. „Sie sind so gemein. Ich trauere und Sie…“

„Trauern Sie immer laut keifend? Doktor Nielsen, wir fanden oben nirgends Pfefferminzbonbons. Haben Sie welche?“

„Das Zeug liegt hier überall herum, da es meine Frau mag und mein Sohn.“

Carsten holte eine Packung aus der Hosentasche. „Immer dabei. Es stimmt, Oma mochte das Zeug nicht, hätte nie Pfefferminz gekaut, gelutscht. Niemals!“

„Wann haben Sie Ihre Schwiegermutter das letzte Mal gesehen?“

„So gegen acht Uhr. Sie ging hoch, weil da so eine Schnulze kam.“

Die anderen drei Personen hatte sie da ebenfalls das letzte Mal gesehen.

„Das kann nicht sein, da jemand in dem Zimmer danach gewesen ist oder heute Morgen. Es wurde dort aufgeräumt.“ Alle bestritten das.

„Na gut! Meine Kollegen kommen gleich mit einem Durchsuchungsbeschluss für das gesamte Haus. Suchen wir eben.“

„Da werden Sie nichts finden. Sie schikanieren uns doch nur.“

„Glauben Sie mir, es gibt Menschen, die ich lieber nie sehen würde und besonders Sie gehören dazu. Nur das ist mein Job, Straftäter dingfest zu machen.“

„Sie starb, weil sie so alt war“, schniefte Elke Nielsen.

„Nein, ausgeschlossen. Sie starb an einer mutwillig herbeigeführten Vergiftung. Fakten, auch wenn Ihnen diese missfallen, so wie seinerzeit bei Bettina. Jetzt ziehen Sie die gleiche Masche ab, weil ja alles sooo gut ist, Sie etwas Besonderes sind. Nur heute stimmt es, da Sie vorbestraft sind. Das sind nur wenige Menschen. Sie verlassen nicht den Raum, bis wir es Ihnen erlauben. Ein Versuch, etwas beiseitezuschaffen und ich lasse Sie festnehmen. Chris warten wir im Flur und die Tür bleibt offen.“

Bevor sie nach der Durchsuchung gingen, erklärte er den vier Personen, dass die Räume von Klara Bören versiegelt waren, nicht betreten werden dürften, deswegen die Siegel überall klebten.

„Eike, meinst du, an dem, was Rüdiger andeutete, könnte etwas sein?“, erkundigte sich Chris drei Stunden später im Büro. Sie hatten nichts gefunden, nur merkwürdig war, dass auch bei den Nielsens keine Bankordner vorhanden waren. Es gab ferner bei dem Ehepaar getrennte Zimmer. In seinem Schlafzimmer standen nur wenig persönlich Dinge. Im ehemaligen Schlafzimmer nichts mehr von ihm. Daneben fanden sie eine Rechnung von einer Lebensversicherungspolice. Keine Police, nichts. Keiner wusste angeblich davon, auch nicht, ob die für Klara Bören abgeschlossen war.

„Ehrlich gesagt, würde ich es ihr zutrauen. Lies die Akte Nielsen, dann verstehst du, warum wir alle so eine Abneigung gegen diese Sippe haben. Das waren 2012 wirklich mörderische Intrigen. Nannten die Kollegen seinerzeit so. So etwas Abartiges gab es weder jemals vorher noch nachher.“ Eike zog Handschuhe an. „Widmen wir uns dem Gift.“

Packung für Packung wurde kontrolliert, an den Tropfen gerochen, aber alles negativ. Nichts!

Er schob eine DVD ein, lauschte der Musik, während er seine Übungen aus der Physiotherapie absolvierte. Der linke Arm, das linke Bein gehorchten ihm inzwischen wie früher - trotzdem. Einige Zellen sind abgestorben, deswegen müssen andere neu aktiviert werden. Sie müssen das so lernen, wie es ein Baby lernt, und das dauert, meinte der behandelnde Arzt seinerzeit. Er hatte gewartet, täglich zwei-dreimal konsequent trainiert, wesentlich mehr, als er sollte. Es hatte sich gelohnt, da er wieder kiten und alles andere konnte. Inzwischen gehörten die Übungen fest zu seinem Wochenplan. Je nach Zeit absolvierte er sie drei-viermal wöchentlich.

Nach dem Duschen setzte er sich auf die Terrasse, stopfte seine Tabakspfeife, lehnte sich im Stuhl zurück, zog an der Piep, wie es sein Opa nannte, und schaute dem Rauch nach, während er grübelte. Bei der Bören stimmte einiges nicht. Was, wenn das doch Suizid war, man es nur als natürlichen Tod hinstellen wollte? Was würden sonst die Leute sagen und außerdem gab es dann kein Geld aus der Lebensversicherung. Man musste noch erkunden, wer die LV abgeschlossen hatte und wer der Begünstigte war, zudem musste man die finanzielle Situation der Familie überprüfen. Mord? Wer – Elke, Carsten? Klaas schloss er dabei aus. Warum? Wegen des Erbes? Weil die Frau eine Hexe war? Warum fehlten von Klaas Nielsen die ganzen Sachen? Wer hatte oben geräumt? Wer hatte die Packung entsorgt und warum fehlte der gesamte Müllbeutel? Wo war der, selbst in den Mülltonnen der unmittelbaren Nachbarn entdeckten die Kollegen diese nicht.

Das Handy meldete sich und er sah Lauras Nummer. Sie teilte ihm mit, dass sie schon heute nach Hamburg gefahren war, um im Büro die neue Kampagne zu besprechen. Außerdem wollte sie Freunde besuchen. Sie würde am Sonntag zurückkommen. Er wünschte ihr viel Spaß, legte enttäuscht auf. Freunde besuchen hieß auch bei Jo übernachten. Spontan wählte er ihre Nummer, fragte, ob sie nicht am Samstag zurückkommen könnte, da er abends mit ihr essen gehen wollte. Sie zögerte kurz, stimmte dann zu.

Er hatte die 35-jährige Grafikerin vor einigen Monaten kennengelernt. Eine nette, sympathische Frau, ganz nach seinem Geschmack, da er sich gut mit ihr unterhalten, lachen konnte. Sie war ledig, suchte damals gerade in Husum oder Umgebung eine Wohnung, da sie dem Stadtleben überdrüssig war. Sie sah nicht nur gut aus, sondern zudem war sie intelligent, stilvoll, unaufdringlich, nicht neugierig. Obwohl sie sich schon länger als ein halbes Jahr kannten, war es noch nie zu mehr gekommen. Dass Laura das auch gern wollte, hatte er öfter bemerkt. Er dito. Nur da war die Angst, zu versagen. Dass er eine Erektion bekam, wusste er, aber eben nicht, ob er noch eine Frau befriedigen konnte. Der Arzt meinte zwar – ja, aber in verschiedenen Berichten las man von Erektionsstörungen nach einem Schlaganfall. Inzwischen bekam er mehr als ein wenig Lust auf Frau. Früher nannte er es, ich habe mal wieder Notstand. Mehrfach hatte er mit sich gemeckert, weil er inkonsequent war, jedes Mal im letzten Moment einen Rückzieher machte. Selbst wenn er versagt hätte, sie war der Typ Frau die es verstanden, eventuell überspielt hätte, mit der er darüber hätte sprechen können. Genau das wollte er aber nicht, genau so wenig wie versagen. „Eike, dann wirst du dein Leben lang allein bleiben. Willst du das?“, fragte er sich. Nein, da er viel Lust auf Sex hatte und Laura war da bestimmt kein Kind von Traurigkeit, wenn sie von ihren Wochenenden mit Jo berichtete. Da schien es hoch herzugehen.

~~~

Eike musterte die zehn Kollegen, die sich irgendwo hinsetzten. Renate lehnte an der Wand.

„Es geht im Allgemeinen um das Betriebsklima, welches nicht gerade das Beste ist. Seit einem Jahr existieren und agieren in dem Revier zwei Gruppen und das hat sich nicht geändert. Nur damit ist nun Schluss. Hier arbeiten keine kleinen Kinder, sondern erwachsene Menschen, Polizeibeamte zudem. Da sollte Einigkeit, ein gewisses Vertrauensverhältnis herrschen. Das bedeutet nicht, dass ihr euch nun lieben müsst, aber normal miteinander umgehen. Die Drahtzieher wurden alle verurteilt. Gibt es Kollegen, die der Meinung sind, das wäre falsch, steht es ihnen jederzeit frei zu kündigen beziehungsweise sich freiwillig versetzen zu lassen. Ob es denjenigen passt oder nicht, ich lebe, bin derzeit euer Vorgesetzter und somit befugt, eine Versetzung zu beantragen. Ich glaube allerdings nicht, dass es einen Kollegen gibt, der jemals daran beteiligt war, dass jemand noch heute meinen Tod will oder den gern sehe.“

„Du hast dich auch bei Rolf geirrt“, warf Renate Pfeiffer ein.

„Ja ihn permanent in Schutz genommen, gegen alle verteidigt“, Polizeiobermeister Jochen Hiller aufgebracht.

„Alles richtig. Trotzdem glaube ich noch an das Gute im Menschen. Rolf hat sich durch den Oberstaatsanwalt belatschern lassen. Der Dösbaddel ist durch Janne und Nika in etwas hineingeraten, aus dem er nicht mehr raus kam, dazu winkte ein toller Posten, mehr Geld und Ansehen. Wenn man eine Person lange genug impft, ihnen etwas suggeriert, glauben viele real daran, auch wenn der innere Schweinehund am Anfang eventuell Nein sagte. Mit dem Kollegen Bosse haben sie es dito so gemacht. Sie wussten, wie man einen Menschen manipuliert, sind so viele Jahre sogar zu viel Geld gekommen, konnten ihr Luxus-Leben zeitweise frönen. Für hohes Ansehen, Geld verbunden mit einer gewissen Macht wurden schon Kriege angezettelt, hört man jeden Tag die schlimmsten Meldungen in den Nachrichten, da das auf der ganzen Welt verbreitet ist. Wir wären teilweise arbeitslos, wenn es das nicht gebe, da viele kleine Straftaten bereits darauf basieren.“

„Eike, wer sagt dir, dass die Kerle nicht auch Polizisten so geködert haben?“

„Kerstin, du meinst Martin und Olaf. Ich denke, weil sie nicht käuflich sind. Ich kenne die zwei Menschen, seit ich denken kann. Damals war nie abzusehen, dass ich mal zur Polizei gehe. Sie haben in jener bewussten Nacht einen Fehler begangen. Nur wer macht keine Fehler? Ich zum Beispiel als ich Nika, Janne, Rolf, sogar meinem Bruder vertraute. Das hätte beinahe Rüdiger das Leben gekostet, wie ihr wisst.“

Rüdiger protestierte heftig, legte den Arm um Kerstin.

„Lasst doch Martin und Olaf etwas sagen“, schlug Polizeiobermeister Gert Töns vor.

„Hundertmal gesagt. Es war Scheiße von uns, dass wir nicht nachfragten, aber unbeabsichtigt. Ich hätte niemals Eike was antun können, warum auch? Wir haben immer, wirklich immer gut zusammengearbeitet“, antwortete Polizeimeister Olaf Johannsen.

„Blöde Sprüche“, konterte Peter Lädtke.

„Ich sage zu dem Schiet nichts mehr. Denkt, was ihr wollt“, knurrte Polizeihauptmeister Martin Petersen.

„Denkst du, das ist der richtige Weg? Man, kläre doch alle mal auf.“

„Jacob, wie lange kennst du mich? Traust du mir zu, dass ich einen Kollegen ermorden lasse? Danke, sehr nett.“

„Darum geht es nicht, sondern um das Betriebsklima, wie wir miteinander umgehen. Martin, wie hättest gerade du reagiert, wenn mir oder Rüdiger so eine Schlamperei unterlaufen wäre. Jeder kennt Eike, weiß, wenn er sagt, er kommt, fährt er sofort los. Dann hieß es, es wurde wieder geschossen und ein Wagen steht mit Licht halb auf dem Bürgersteig. Da läuten bei jedem, wirklich jedem Menschen alle Alarmglocken, wenn die vorher auch gepennt haben. Selbst beim dritten Anruf noch bei euch alles easy. Keiner kam auf den Trichter, mal bei Eike anzurufen, zu fragen. Nein, es hieß gute Nacht. Ein wenig zu viel Schlamperei gerade für dich Martin.“

„Auch ich bin mal müde, mache Fehler.“

„Lapidare Ausrede. Dein Dienst hatte knapp zwei Stunden vorher begonnen. Du hast null Interesse, etwas aufzuklären, dich dem zu stellen. Du drehst es sogar noch hin, dass wir die Blöden sind und du recht hast. Eike, es ist zwecklos“, stellte Jochen fest.

„Meinetwegen!“

„Gut, ich höre, dass es wirklich zwecklos ist, und werde darüber nachdenken. Ihr verkennt dabei etwas ganz Wichtiges. Gerade ihr müsst euch auf einen Kollegen zu tausend Prozent verlassen können, selbst in der Provinz wie Husum. Das ist derzeit nicht gegeben und das ist nicht nur sehr schade, sondern könnte gefährlich für Kollegen werden. Etwas anderes. Unsere Testphase ist nun bald vorbei. Wollt ihr den Dienst so beibehalten, bis unser neuer Chef kommt?“

Alle sagten ja, da der Zwei-Schichten-Rhythmus allen besser gefiel, sie so mehr Zeit für die Familie hatten.

„Eike, ich vertraue Martin und Olaf trotz des dusseligen Gequatsches bedingungslos mein Leben an. Hört endlich alle auf, auch du, hier weitere Missstimmung zu verbreiten. Was soll der Schiet? Du hetzt den Dreck immer wieder von vorn an. Eventuell solltest du einen Psychologen aufsuchen, da du das alles nicht so verarbeiten kannst. Die Probleme liegen bei dir, da du Einar, Martin, Olaf permanent etwas unterstellst, nicht normal mit ihnen umgehen kannst. Siiiee trugen daran keine Schuld und das wurde bewiesen. Also, gib endlich Frieden und unterstelle nicht jedem Menschen etwas. Hättest dich nicht mit einer Betrügerin einlassen dürfen. Du hast beide doch überall in den Himmel gehoben. Ach, der tolle Oberstaatsanwalt und seine noch tollere Schwester, die groooße Ärztin. Als Arzt nie bemerkt, dass sie null Ahnung hatte. Warum? Weil sie es dir gut besorgte, so sieht es doch aus. Für den ganzen Kuddelmuddel sind deine hundert Frauengeschichten immer wieder der Auslöser gewesen, aber nicht einer der hier Anwesenden“, Rüdiger zornig. Gert, Helmut und Jacob stimmten ihm zu. „Wir vertrauen beiden!“

Er blickte den Kollegen nach, sah auch den Blick von Chris, den er nicht deuten konnte.

„Sie sind echt pleite“, stellte Chris fest, als er die Banklisten las. „Jedenfalls die Bören und so auch die Tochter. Nur Klaas hat Geld. Der Sohn auch nichts. Geld drauf, Geld runter und wieder alles null. Die junge Nielsen besitzt gar kein Konto mehr.“

„Wovon wollten sie da zig Schönheitsoperationen bezahlen?“

Chris sah ihn überrascht an. „Gute Frage. Da ist nichts. Vier Konten und auf allen zusammen 1.517,82 Euro.“

„Wir fahren zu Doktor Klaas Nielsens neuer Wohnung. Ist er da, werden wir ihn mal genauer befragen.“

„Er wird da vermutlich am wenigsten wissen.“

„Deswegen zu uns kein Wort zu der Scheidung, seiner Wohnung? Chris, hast du dir mal überlegt, dass es eventuell ihn treffen sollte? Fahren wir.“

„Du denkst, Elke wollte ihren Mann vergiften?“

„Die beiden Frauen gemeinsam. Nur Klara wusste nicht, wo ihre Tochter das Gift in geringer Dosierung untermischte.“

„Da wären beide reich geworden, hätten die OPs bezahlen können.“

„Was ist eigentlich mit deinem Haus?“, erkundigte sich Eike auf dem Weg nach Nordstrand.

„Ideal, finden wir. Wenn wir es kriegen, kaufen wir es. Alles passt da. Morgen treffen wir uns mit der Tochter und bekommen hoffentlich die Unterschrift. Wir sind dann zwar pleite, müssen auf einige Neuerungen verzichten, aber freut man sich eben länger auf das Neue.“

„Richtige Einstellung und besser, als dass man sich verschuldet, meiner Meinung nach.“

Klaas Nielsen war zu Hause, saß auf dem Balkon, trank Kaffee.

„Sie haben es schön hier“, stellte Chris fest. „Das würde mir auch gefallen.“

„Zuweilen, wenn die See kabbelig ist, sieht man die Gischt hochspritzen. Meiner Freundin, bald Lebensgefährtin und mir hatte es diese Wohnung sofort angetan, obwohl sie nur vier Räume hat.“

„Wann haben Sie die Scheidung eingereicht?“

„Vor über drei Jahren. Kurz darauf lernte ich meine heutige Freundin kennen. Über einen Freund fand ich diese Wohnung. Meine Schwiegermutter engagierte sogar einen Detektiv, weil sie unbedingt wissen wollten, wo ich lebe. Nur meine Noch-Frau weiß es bis heute nicht. Dass ich überhaupt dort übernachtete, lag an meinem Sohn. Wir tranken abends Rotwein und ich wollte nicht mehr fahren. Also schlief ich im Gästezimmer.“

„Passierte das öfter?“

„Wenn sie Besuch hatte, rief sie an und ich fuhr zuweilen hin. Sie wollte noch eine Weile den Schein wahren.“

„Wann tranken Sie dann den Maracujasaft?“

„Immer morgens als erstes.“

„Auch an dem Morgen?“

„Nein, ich holte ihn aus dem Kühlschrank, goss etwas in ein Glas, da rief meine Freundin an. Ich ging ins Bad, ließ Wasser laufen und wir sprachen. Das machte ich immer wegen der Spioniererei. Dadurch war ich spät, ging hinunter. Da noch niemand unten war, fütterte ich die Fische.“

„Als wir in dem Raum waren, standen da weder eine Flasche noch ein Glas.“

„Es war aber so.“

„Wie viel Flaschen standen im Kühlschrank?“

„Nur die eine.“

„Wir fanden zwei Flaschen vor. Doktor Nielsen, mochte Ihre Schwiegermutter den Saft auch?“

„Nein, nicht sonderlich. Sie bevorzugte etwas Süßeres, wie Birne, Banane, Pfirsich.“

„Trotzdem trank sie den Saft.“

„Ja, um mich zu ärgern, dachte sie. Sie gönnte keinem Lebewesen etwas. So war sie.“

„Geben Sie uns bitte noch den Namen der Detektei.“

Eike schrieb die Adresse auf. „Wussten Sie, dass die zwei Frauen und Ihr Sohn alle pleite sind?“

„Wissen nicht, aber ich ahnte es, da ich rechnen kann. Die Frau meines Sohnes ist teuer, da sie nur Klamotten kaufen, kennt. Dass man Geld dazu verdienen muss, weiß sie nicht, da sie immer Männer fand, die ihr die kauften. Erzählt sie sogar jedem stolz. Bei meiner Schwiegermutter kam nur die kleine Witwenrente rein, aber die Ausgaben enorm. Meine Frau verbraucht ebenfalls horrende Summen. Da schmilzt das Guthaben rasch, zumal es von mir nichts mehr gab. Warum fragen Sie das alles? Ich habe sie gewiss nicht umgebracht.“

„Das nehmen wir auch nicht an. Doktor Nielsen, Sie müssen heute noch zu Doktor Doktor Hermsen in die Klinik fahren, sich untersuchen lassen. Ich werde gleich einen Termin vereinbaren. Das Ergebnis wird uns dann übergeben. Es geht nur darum, festzustellen, ob Sie Zyankali, Blausäure im Körper haben.“

Völlig überrumpelt blickte er die zwei Männer an. „Sie wollten mich …? Ich sollte ster…? Ich?“

Er sprach mit Nils, der ab 15.30 Uhr egal wann, Zeit hatte.

Sie gingen direkt zum Hafen in Nordstrand, aßen dort eine Kleinigkeit, fuhren dann zu der Detektei. Das Büro war in einem Einfamilienhaus. Ein Mann mittleren Jahres öffnete, bat sie herein. Er holte die Akte, als er wusste, um wen es sich drehte.

„Drei Tage waren es nur, dann sagte ich Schluss. Die beiden Frauen schimpften, wollten mich verklagen, aber ich blieb beim nein. Wissen Sie, ich arbeite eigentlich überwiegend für Firmen und mal für zwei Versicherungen. Solchen privaten Kram wegen Scheidung und so, ist nicht mein Metier, merkte ich bei dem Fall.“

„Warum, was wollte man von Ihnen?“

„Lapidare ausgedrückt - Einbruch.“

„Erzählen Sie bitte.“

„Es hieß Scheidung und er will nicht zahlen, hat ihr ganzes Geld entwendet. Sie wollten seine neue Adresse wissen. Fand ich am ersten Tag heraus. Tag zwei wartete ich morgens, bis er wegfuhr. Einkaufen, zwei Kinder besuchen, mit ihnen Essengehen. Am Nachmittag traf er sich mit einem Arzt. Am frühen Abend holte er eine Frau ab. Sie fuhren zu seiner Wohnung. Auf dem Damm fiel mir der Wagen auf. Ich dachte komisch, der ist dir doch heute schon mehrmals begegnet. Ich ließ das Kennzeichen überprüfen. Das Auto gehörte einer Mareike Schmidt aus Elmshorn. Ich dachte, vielleicht eine Verflossene. Tag drei parkte das Auto erneut nahe seiner Wohnung. Ein Mann fuhr. Doktor Nielsen unternahm an dem Tag nichts. Ich fuhr am Nachmittag zu dem Bören-Haus, sehe dort das Fahrzeug von Frau Schmidt stehen. Der Fahrer saß im Wohnzimmer, wurde mir als Doktor Nielsen vorgestellt. Nun kam die Forderung, ich solle in der Wohnung von Doktor Klaas Nielsen einbrechen und herausfinden, was er da für eine Hure finanziere. Ich sagte Nein, Auftrag beendet. Würde ich von einem Einbruch hören, ging ich zur Polizei. Die zwei Frauen legten los, da ich ein Betrüger, ein Scheißkerl sei, ob ich diese Hure auch vögeln würde und so weiter. Der junge Mann schritt ein, brüllte Ruhe, ob sie verrückt seien. Ich ging, hörte nie wieder etwas von der Familie.“

Sie bedankten sich, gingen.

„Wie sind die denn drauf? Echt kriminell.“

„Zu ihnen passend. Carsten war nicht ehrlich. Wir nehmen ihn uns von Neuem zur Brust.“

„Haben sie eventuell gemeinsame Sache gemacht.“

„Möglicherweise hast du recht. Es passt zu ihnen. Rufe bitte Klaas an, damit er und seine Freundin ein wenig vorsichtig sind, da seine nette Familie die Adressen sehr wohl kennen.“

~~~

Es war über Nacht Sommer geworden, stellte er morgens fest. Die Sonne schien und es war bereits herrlich warm.

„Torben, du kannst die Shorts anziehen. Danach fahren wir rasch, Brötchen holen.“

„Brauch mein Basecap.“

„Nimmst du dir allein und Sandalen an.“

„Können wir nachher schwimmen gehen, Papa?“

„Ja! Kann Felix auf euch aufpassen und ich gehe fix einkaufen und fahre bei den Friesers vorbei, die Sachen abholen.“ In Gedanken war er jedoch schon bei Laura und hoffentlich einem schönen Abend und einer aufregenden Nacht.

Er klingelte, sah sie ums Haus kommen, wie sie ihm zuwinkte, dabei ins Telefon sprach. Er ging an dem Anbau vorbei, hörte sie sagen: „Mama, ich bin spät. Eike ist schon da und ich bin nicht fertig. Ich rufe morgen an.“ „Ja, tschüss.“ Sie trat auf ihn zu, gab ihm einen Kuss. „Ich beeile mich.“

Er hielt sie fest. „Keine Eile. Du siehst süß aus“, zog er sie an sich, beugte sich zu ihr hinter und küsste sie richtig. Sie schmiegte sich an ihn und eine Welle des Verlangens raste durch seinen Körper. Heute wollte und würde er dem nachgeben, falls sie auch wollte. Er spürte ihren warmen Körper, welcher sich eng an ihn schmiegte. Er öffnete ihr Bikinioberteil und fast gleich zeitig glitten ihre Hände unter sein Shirt. Dann löste sie sich von ihm. „Gehen wir rein, sonst bekomme ich Ärger mit den Nachbarn.“

Er nahm sie in den Arm, streichelte ihren nackten Körper, bevor seine Hand in ihr Höschen glitt. Sie löste sich leicht von ihm, öffnete seine Hose, schob die abwärts. Das war der Moment, wo er nicht mehr warten konnte. Rasch zogen sie alles Störende aus. Er holte ein Kondom aus der Hosentasche, was Laura gleich heftig protestieren ließ. „Mit oder nicht“, erklärte er brüsk, fühlte die Ernüchterung. Sie nahm es ihm ab, zog es über, massierte sein bestes Stück dabei und dann war er bereits in ihr.

Danach genossen sie das Abflauen der Ekstase, die Gefühle, die Wärme des anderen. Eike war mehr als erleichtert, dass es nicht zum Fiasko gekommen war.

Sie streichelte seinen Körper, seine Narben, während er mit ihren Haaren spielte. Als sie langsam an seinem Oberkörper abwärts glitt, kehrte das Verlangen zurück. Als ihre Zunge mit seiner Eichel spielte, war sofort alles wie früher.

„Du reagierst aber fix!“

„Liegt an dir. Du findest die richtige Stelle, so wie jetzt“, holte er tief Luft.

Danach duschten sie, zogen sich an, fuhren Essen.

„Warum jetzt auf einmal?“, fragte sie ihn, nachdem sie gegessen hatten.

„Weil ich riesige Lust auf Sex habe, ich meine Angst überwinden wollte.“

Sie schwieg einen Moment, schaute ihn nur an. Da war etwas in ihrem Blick, was er nicht deuten konnte. Trauer? Schmerz? Enttäuschung? Sie lächelte zwar, aber das erreichte nicht ihre Augen. „Warum hast du es nicht allein probiert?“

„Zuweilen dachte ich daran, aber das war mir dann zu blöd. Nicht einmal als Jugendlicher habe ich mich selbst befriedigt. Außerdem ist das auch etwas anderes, als wenn man eine Frau im Arm hält. Ich glaube, jetzt habe ich dafür viel Lust“, schmunzelte er.

„Das solltest du auch haben, da wir ja noch eine Menge probieren müssen, ob wirklich alles richtig funktioniert“, sah sie ihn schelmisch an und er spürte ihren Fuß an seinem Oberschenkel. Er hätte fast laut gelacht, riss sich im letzten Moment zusammen. „Ich glaube, wir gehen besser.“

Schon im Auto berührte er sie unter ihrem Kleid, während sie nur seinen Oberschenkel streichelt. Kaum angekommen, schubste er sie gegen die Couch, zog ihr den Slip aus, seine Hose, fingerte an dem Kondom herum. Danach lehnte er sich schwer atmend an ihren Rücken, der sich bei jedem Atemzug hob und senkte.

Erst am Sonntagmittag fuhren sie zu Eike, da er Inger und die Kinder zum Essen eingeladen hatte, weil Torben bei ihr den Tag war.

Da Helga kurz Zeit hatte, befragte er sie zu den Nielsens. Sie erzählte ihm die gleiche Geschichte wie Doreen.

Torben zeigte ihnen am Nachmittag, wie er schon ins Becken springen konnte und zum Rand paddelte. „Darf ich aber nie allein machen“, nickte er mit dem Kopf. „Bald brauche ich keine Schwimmflügel mehr“, wusste er noch.

Laura nahm ihm die ab und Eike wartete im Wasser auf ihn. Mutig sprang er hinein und Eike zog ihn gleich hoch, hielt ihn unter der Brust fest und er versuchte, sich mit Schwimmbewegungen vorwärts zu bewegen. Das konnte er bereits erstaunlich gut. Noch einige Wochen und er konnte schwimmen. Als Laura zu ihnen kam, spritzten sie sie nass. Er stellte Torben raus, der in den Whirlpool kletterte, schwamm mit ihr, hielt sie dann fest, um sie zu küssen. Als sie sich an ihm rieb, war er sofort erregt. Er löste sich. „Torben, geh dich schon anziehen. Wir duschen nur fix, kommen nach.“ Er streichelte Laura unter Wasser, wartete, bis Torben raus war. „Komm, jetzt will ich dich“, raunte er ihr zu. Sie gingen rasch nach nebenan unter die Dusche.

Abends war Torben kaum im Bett, lagen auch sie auf dem Bett. Es gab viel nachzuholen. Dieses Mal schlief Laura nicht allein im Gästezimmer.

~~~

Eike betrat am Montagmorgen das Büro. „Moin!“

„Moin. Gesa und ich sind Hausbesitzer“, strahlte Chris.

„Gratulation.“

„Moin! Nun habe ich auch noch in der Freizeit einen Kollegen in der Nachbarschaft“, lästerte Rüdiger, bevor er gähnte. „Ich benötige mein Bett. Kerstin, fahren wir.“

„Waren die zwei Anzeigen das Einzige?“

„Jow, alles brave Bürger eben.“

„Geht euch ausschlafen“, lächelte Eike, wartete, bis sie die Tür schlossen. „Jochen und Peter, ihr habt Verkehrsüberwachung auf der B5. Friedrichstraße; die anderen normalen Dienst. Danke!“

Er brachte Renate die Anzeigen, snakte ein wenig mit ihr, bevor er zurück in sein Büro ging.

„Bremen hat uns gerade um Hilfe gebeten.“

„Um was dreht es sich?“

„Ein Richard Müller zockt Leute ab. Angeblich haben kleine, unbekannte Schreiberlinge, Journalisten, Werbeleute Texte von seiner Homepage verwendet. Er fordert jedes Mal Geld und droht, sollten sie nicht zahlen, wird’s richtig teuer, da er ja sooo einen guten Anwalt hat, der immer gewinnt.“

„Haben sie abgeschrieben, ist er im Recht.“

„Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Die Leutchen zahlten. Einigen waren jedoch dabei, die gingen zur Polizei, weil der Mann damit anscheinend gut verdient. Ob er das alles dem Finanzamt meldet, sollen wir dito feststellen.“

„Ruf an, ist ja fix erledigt, wenn sie uns die Anzahl der Fälle nennen. Dumm Tüch! Wie sollen wir dem Mann beweisen, dass er so sein Taschengeld auffrischt? Er hat Seiten im Internet, liest ein Buch, einen Artikel, setzt einige Zeile davon nun in seine Seiten, mahnt und kassiert ab. Wir wissen nicht, wie häufig er das bereits so handhabte. Da er das vermutlich bundesweit betreibt, könnte das erheblich sein. Das muss Bremen herausfinden, nicht wir. Sie machen es sich da ein wenig einfach.“

„Genau davon gehen die Kollegen aus. Er schreibt unter anderem: Texte wurde von seiner Homepage gestohlen. Dann kommt das Gesetz mit der Drohung. Danach heißt es: Meine Forderung in Höhe von 200 Euro soll ein Schadensbewusstsein hervorrufen und meinen entsprechenden Aufwand begleichen. Nun folgt die nächste Drohung, dass er einen tollen Anwalt hat, der stets vor Gericht gewinnt und das es dann richtig teuer würde. Dazu heißt es: Bla, bla, bla … meinen Schaden, in der gesetzlichen Höhe einzuklagen, was ich bereits mehrfach erfolgreich bei anderen ähnlichen Fällen tat. Dies wäre zudem mit weiteren erheblichen Kosten für sie verbunden, die sich auf einen guten Tausender und mehr belaufen würden.“

„Forsche nach. So kann man auch sein Geld verdienen, indem man Menschen abzockt. Schau dir seine Seiten an und kopiere die. Kann man sehen, wann er etwas veränderte. Das müsste er ja, falls er betrügt. Frage nach, seit wann er die Homepage hat oder was immer das auch sein mag. Scheint ja etwas ganz Besonderes zu sein, wenn alle Menschen von ihm abschreiben.“

„Bremen sagte, er beschreibt wohl ein Stück Italien.“

„Snaksch, und so einen Quatsch soll ein Autor, Journalist oder was auch immer abschreiben? Da suchte er tagelang, nur weil er etwas über Rom wissen will? Der Himmel über Rom war wolkenverhangen. Die Touristen standen um den Brunnen, warf Münzen hinein, wünschten sich etwas. Da setzte der Regen ein. Nun waren alle Wünsche vergessen. Dumm Tüch!“

Chris lachte schallend. „Echt cool!“

„Das auch. Ist dein Fall, aber nur das Notwendigste, da das Bremens Fall ist, sie da den Umfang ermitteln müssen. Nun Bören.“

„Das Zyankali kam von Carsten und damit ist er dran.“

„Chris, ich vermute von ihr, also Elke.“

„Warum sollte sie die Mutter töten und woher bekam sie das Zyankali?“

„Sie sagte am Donnerstag: Eigentlich war sie ja an den ganzen unschönen Geschichten schuld. Wir mussten es all die Jahre ausbaden. Dann noch ihr Fimmel mit den ganzen Operationen. Sie wurde immer verschrobener, warf das Geld zum Fenster raus. Da gab die so einem Penner zehn Euro. Soll der Kerl lieber arbeiten gehen, als alte Frauen auszunehmen. Nur ich glaube nicht, dass sie die Mutter töten wollte, sondern den Ehemann, der sie ohne Geld, als geschiedene Frau sitzen lassen wollte.“

„Die Mutter hat seinen Saft getrunken und nie bemerkt, dass sie allmählich vergiftet wurde?“

„Genauso. Ihr kam nie der Gedanke, dass sie das Gift auch schluckte, und zwar wesentlich mehr, als der noch Schwiegersohn. Dass ihre Tochter sie dito beseitigen wollte, falls es an dem war, darauf wäre sie nie gekommen. Sie waren doch ein Herz und eine Seele. Die Begleitzustände schob sie vermutlich auf etwas anderes. Sie war euphorisch, träumte von dem großen Geld, den Schönheitsoperationen, von ewiger Jugend und Schönheit. Carsten sagte, Oma hat keinem Menschen nur ein Krümel gegönnt, weil ja alles angeblich sie bezahlte. Je älter sie wurde, umso schrulliger, bösartiger wurde sie. Sah sie irgendwo etwas, nahm sie das mit. Gehörte ja ihr.“

„Elke Nielsen bekam das nie mit?“

„Ich denke doch, nur es war ihr egal, da völlig skrupellos. Spätestens bei dem dritten, vierten Mal wusste sie es. So wurde sie gleich noch reicher, siehe Lebensversicherung. Dafür nahm sie deren Tod gern billigend in Kauf, da das Geld wichtiger war.“

Renate brachte den Bericht der Spurensicherung herein. Eike las sofort. In der gesamten Wohnung nur Fingerabdrücke der Toten, von Elke Nielsen und einmal unbekannt, vermutlich von einer Frau. Das Glas war mit einem Handtuch ausgewischt worden, da sich darinnen Frotteeflusen befanden. Keine Fingerabdrücke. Fingerabdrücke von Elke Nielsen am Feuerzeug, an Zeitungen, die neben dem Kamin lagen, an Ordnern, am Kühlschrank, am Schrank, hinter dem sich der Müllbeutel befand. Am Kleiderschrank Fingerabdrücke von der Unbekannten, sowie an der Kommode im Flur. An den Flaschen Maracuja Fingerabdrücke von Elke und einmal unbekannt. Beide Flaschen waren noch zu und erhielten keine Fremdstoffe. An dem großen Schlüssel nur Fingerabdrücke von Elke und Fragmente von jemand Fremden. Es war aber zu wenig, um den zu identifizieren. Sicherheitsschlüssel: Teilweise Elke, teilweise Klara neben fremden nicht Erkennbaren. Asche Kamin unten - Holz, große Mengen Papier. Kamin oben - Asche auf der Wiese - Holz, Papier und Synthetikfasern, Baumwolle. Die stammten vermutlich von Kleidung. Gefunden in den Überresten zwei Reißverschlüsse 12 Zentimeter lang, zwei Metallknöpfe. Darauf erkennbar Kids forever, das Kindermodelabel.

„Sie haben die Kindersachen verbrannt, jedenfalls Teile davon. Da waren zwei Jeans von dieser Öko-Firma, die das Fairtrade-Zeichen haben. Torben sucht sich fast nur von denen Zeug aus.“

„Ist gut, finde ich. Unser Sprössling kriegt das auch mal, das wissen wir schon.“

„Erst mal machen. So tut man etwas für die Umwelt und für gerechtere Löhne. Das also wurde verbrannt.“

„Sie hat nachts Schiss gekriegt und fix alles weg.“

„Chris, überlegen wir. Wie soll Elke das alles allein bewältigt haben? Rekonstruieren wir den Abend.“

„Ich schreibe die ungefähren Zeiten mit.“

„Gut. Laut allen Aussagen sind sie gegen 24.00 Uhr ins Bett gegangen. Klaas duschte, die anderen legten sich gleich hin. Angenommen: Elke wartete, bis Ruhe im Haus einkehrte, auch Klaas schlief, also 1.00 Uhr. Sie geht in das Zimmer ihrer Mutter, findet sie tot. Nun Pfefferminz in den Mund, sie nett betten. Glas auswaschen, Flasche auskippen, in den Müll, Waschbecken säubern.“

„Warte mal, sie muss die Frau noch geschminkt haben, denke ich. So komisch malt sich keiner an. Wimpern nur vorn getuscht, Lippenstift auch nicht richtig aufgetragen und so.“

Eile lachte. „Was dir so alles auffällt, also eine halbe Stunde dazu. Jetzt geht sie ins Wohnzimmer, fängt an zu verbrennen. Soll ja niemand sehen, dass Börens pleite sind. Während es brennt, sucht sie weitere Sachen. Die Kinderkleidung, zum Beispiel. Andere Dinge, die nicht brennen, ab in den Müll. Zwischendurch muss sie eine neue Flasche für ihren Mann präparieren, die in sein Zimmer schmuggeln. Nun mal wieder Papier stochern, damit alles wirklich verbrennt. Was glaubst du, wie lange dauerte das? Vier Ordner sind leer, zwei fast.“

„Bestimmt zwei, drei Stunden.“

„Sind wir bei 4.00 Uhr. Nun also Müllbeutel raus, Neuen rein, runter und den Müllbeutel entsorgen. Wieder hoch und jetzt putzen, die letzten Spuren beseitigen, da das alles Staub, Schmutz hinterlässt, und sie muss lüften.“

„War sie gar nicht im Bett. Ihr Bett sah aber, als wir drinnen waren, zerwühlt aus.“

„Eventuell Tarnung. Sie muss sich umziehen, da die Klamotten nach Rauch stinken, sie überall dreckig ist. Schütte mal eine Tüte mit den Kaminresten aus, da bleibt nichts sauber, selbst wenn du vorsichtig vorgehst. Um 7.03 Uhr rief bereits der Doktor bei uns an. Frage bitte bei dem Arzt nach, wann sie ihn anrief.“

Chris telefonierte. „Er sagte kurz vor halb sieben. Er stand im Bad, rasierte sich gerade, als seine Frau ihm das Telefon brachte.“

„Warum geht sie morgens um diese Zeit zu der Mutter ins Zimmer? Machte sie das immer so?“

„Ich rufe mal Klaas Nielsen an, frage.“

„Mach, nur da kann sie sich rausreden, ich hatte so ein Gefühl, wollte einfach nach ihr sehen oder Ähnliches.“

Chris sprach eine Weile mit dem Mann. „Er sagte, genau wüsste er das nicht, da er zu selten dort war. In der Regel traf man sich 7.30 Uhr zum Frühstück unten. Seine Frau wäre immer gegen 6.30 Uhr aufgestanden, für mindestens eine halbe Stunde im Bad verschwunden. Danach hätte sie zehn Minuten gebraucht, Kleidung zu finden. Das Schlafzimmer glich dementsprechend einem Schlachtfeld. Dann also Frühstück.“

„Davon wich sie an dem Morgen erheblich ab. Gegen 6.15 Uhr war sie bereits vollständig bekleidet, geschminkt.“

„Eike, ich bin jetzt auch deiner Meinung, sie hatte nachts Hilfe. Morgens steht sie beim Doc, jammert, ach meine arme Mami, derweil entsorgte der Sohn zum Beispiel die Flasche aus dem Zimmer des Vaters. War ja Beweismaterial. Denkbar, dass er den gesamten Müll entsorgte.“

„Nur wohin? Ich lasse jetzt Carsten herholen. Er hat uns auch noch einiges zu erklären.“

„Ich rufe derweil Doktor Pauli an, da ich die Bankauszüge von dem Müller benötige.“

Die zwei Polizisten brachten den Mann rein. Eike bedankte sich und bat sie, die Frau herzubringen.

„Was wollen Sie von ihr?“

„Sagen wir ihr selber. Nehmen Sie Platz.“

Chris Feil belehrte nun den Mann.

„Herr Nielsen, wissen Sie, wo Ihr Vater lebt?“

„Nein, interessiert mich auch nicht.“

„Dass er eine neue Partnerin hat, wissen Sie auch nicht?“

„Ein Flittchen, wie meine Mutter sagte. Nur was fürs Bett, da der Alte noch mal jung sein will.“

„Fragen wir Ihren Vater nach diesem Flittchen.“

„Sagte meine Mutter. Ich kenne diese … Frau nicht. Nur wer lässt sich mit einem verheirateten Mann ein?“

„Ihre derzeitige Frau zum Beispiel. Also auch sie ein Flittchen“, stellte Chris fest. „Er wird sich freuen, wie Sie über seine Lebensgefährtin reden. Ich sehe, er gab Ihnen immer wieder Geld, weil Sie Schulden hatten. Wird wohl in Zukunft nicht mehr an dem sein.“

„War ja nicht böse gemeint. Wie gesagt, ich kenne die Frau nicht.“

„Wussten Sie, dass man Ihren Vater ermorden wollte?“

„Nein, natürlich nicht.“

Eike mischte sich nun ein. „Herr Nielsen, hören Sie auf, uns nur zu belügen. Sie sind von Zeugen erkannt worden, wie Sie Ihrem Vater und seiner Lebensgefährtin hinterherspionierten. Sie wissen seit Jahren, wo er und die Dame wohnen. Haben Sie die Schlüssel gestohlen, die wir bei Ihrer Oma fanden? Sie war es definitiv nicht. Meine Kollegin fragte gerade bei allen Schlüsseldiensten nach, wer die Duplikate abholte.“

„Ja“, räumte er leise ein. „Oma bedrängte mich und ich war auch sauer, dass er eine Neue hatte, meine Mutter einfach abschieben wollte.“

„Sicher, anders als bei Ihnen. Sie messen ständig mit zweierlei Maß. Sagen Sie, ich hatte Angst, dass er mir kein Geld mehr gibt, ich weniger ausgeben, angeben kann. Sie haben natürlich nie etwas gestohlen, waren nie in den Wohnungen. Nennt man trotzdem Wohnungseinbruch in zwei Fällen.“

„Ich habe nichts geklaut. Das ist eine Unterstellung.“

„Das Gericht sagt Ihnen bei der Urteilsverkündung, was dabei Unterstellung ist. Sie können vorerst gehen, bleiben aber zu unserer Verfügung. Ihre zehn Patienten gehen zu einem anderen Arzt, falls was sein sollte.“

Mareike Nielsen hatte bereits eine DNA-Probe und die Fingerabdrücke abgegeben, als Chris sie hereinholte.

Sie jammerte, da sie starke Migräne habe, weil ja alles so schlimm war, sie nie Ruhe fand.

„Gut, Show beendet. Ich belehre Sie jetzt und Sie hören zu, sagen, wenn Sie es nicht begreifen. Das wird übrigens alles aufgezeichnet.“

„Sie sind unverschämt. Nur weil es mir …“

„Es reicht!“, leierte Eike nun die Belehrung herunter. Nun befragte er sie nochmals zu dem Morgen, aber sie sagte nichts anderes aus. Auch von der neuen Frau ihres Schwiegervaters wusste sie, da er ja eine Nutte habe, die Elke viel Geld kostete, deswegen ihr Mann nichts mehr bekäme.

„Sie wissen also, dass die Dame eine Prostituierte ist?“, hakte Chris nach.

„Ja, sagen alle, da sie reichlich Geld von dem Alten einsteckt. Keine ordentliche Frau gibt sich mit einem verheirateten Mann ab.“

„Sie waren demnach auch eine Prostituierte“, holte er aus dem Schubfach einige Seiten. „Ältere Männer finanzierten Ihren aufwendigen Lebensunterhalt. Sie wurde deswegen zweimal verurteilt, mussten Sozialbezüge zurückzahlen. Da die Männer alle verheiratet waren, sind Sie auch keine ordentliche Frau. Beim Finanzamt gaben Sie die Gelder nie an. Das nennt man Steuerhinterziehung. Das Finanzamt wird Sie deswegen anschreiben. Das wird sehr teuer.“

Sie saß da mit puterrotem Gesicht, offenem Mund, starrte Chris an. Sie sagte nichts mehr und durfte gehen.

„Ihr hast du ja eine Breitseite verpasst.“

„Eike, das wird richtig teuer werden und die Strafe kommt dazu. Sie redet schlecht über andere Damen, ist selber eine Prostituierte. Vermutlich wird sie für eine Weile einwandern, da sie bereits zwei Bewährungsstrafen erhielt, selbst vor Gericht log.“

„Hast du ja gut herausgefunden. Das nächste Mal informierst du mich vorher.“

„Selbstverständlich“, salutierte er und verließ den Raum.

Heute war noch Einkleidetag. Eike holte seinen Sohn ab und fuhr nochmals in die City.

Bei Schillers traf er Gernot Weber mit seinem Sohn Julian, der bereits zweieinhalb Jahre alt war. Er begrüßte beide. Torben stellte sich wie immer allein vor.

„Du bist groß geworden, Julian“, lächelte er den Jungen an, der ihn groß anguckte, aber das Lächeln erwiderte.

„Wir freuen uns gerade auf seinen Bruder, der in 4 Monaten auf die Welt kommt, Doktor Klaasen. Es ist dank Ihrer Hilfe alles gut geworden. Ach, da kommt meine Frau. Rieke, das ist Doktor Klaasen und sein Sohn Torben.“

Die zierliche Blondine reichte ihm die Hand. „Ich habe schon viel von Ihnen gehört.“

„Ist nun mal mein Job, Frau Weber.“

Sie verabschiedeten sich und Torben zeigte ihm einen Pullover für den Winter, den er brauchte. Er packte den zu den zwei Jeans, den zwei Sweatshirts und einem weiteren Pullover.

„Papa, warum hat der Junge so dunkle Haut? Seine Mama und sein Papa sind doch gar nicht dunkel?“

„Diese Frau ist nicht seine Mama, da die Frau weg ist“, erklärte er nicht ganz ehrlich.

„Ach so! Duuu, ich muss noch eine neue Badehose haben. Die ist so eng.“

„Suchen wir eine Badehose und gleich Unterhosen.“

„Heißt Boxershorts“, nickte er und Eike musste schmunzeln. „Papa, du brauchst auch welche, hast du neulich gesagt.“

„Suchen wir erst deine Sachen. Die werden schon teuer genug.“

Torben ging noch mit den anderen Kindern spielen, während er sich dem Abendessen widmete. Krabben mit Rührei war einfach. Dann packte er die Sachen aus, steckte alles in die Waschmaschine, schaltete die an. Der Winter konnte kommen. Nur ein Paar Schuhe für Torben fehlten noch.

~~~

Gleich am frühen Morgen wurde eine keifende Elke Nielsen von Gert und Helmut ins Büro geführt.

„Ruhe! Sie werden belehrt.“, nickte er Chris zu.

Ja, sie hatte alles verstanden, erklärte sie danach. In dem Moment kam der Staatsanwalt herein. Nun wurde sie nochmals zum Tattag befragt.

„Denken Sie Flegel wirklich, ich würde meine Mutter vergiften? Warum sollte ich?“

„Vielleicht sollte das nicht Ihre Mutter sein, sondern Ihr Noch-Mann. Sie haben diverse Schönheitsoperationen nächste Woche. Alle kosten zusammen 49.000 Euro, da es viel bei Ihnen zu machen gibt. Sie haben kein Geld, wissen nicht einmal, von was Sie nächste Woche leben können. Also musste Geld her. Geld hat nur einer in dieser Familie – Klaas Nielsen. Er musste sterben, bevor es zur Scheidung kam, welche Sie mit Lügen seit drei Jahren verhindern. Danach wussten Sie, kamen Sie nicht mehr an sein Geld. Sie ahnten nicht, dass Ihre Mutter wie ein Rabe alles stahl, was sie ergattern konnte. So auch den Saft, den sie trank. So vergiftete sie sich allmählich, bis der Tod eintrat.“

„Sie spinnen, nur weil Sie auch Bettina vögelten. Die ist doch an allem schuld. Die Leute zeigen seitdem mit den Fingern auf uns, tuscheln, sind unfreundlich. Alles nur, weil dieses Flittchen umgebracht wurde. War doch ihre Schuld, aber wir müssen darunter leiden. Nun will der Kerl noch weg, mich einfach sitzen lassen. Mutter hatte recht, das darf man sich nicht gefallen lassen. Er hat es verdient.“

„Die Beleidigung der verstorbenen Bettina Nielsen sowie meine, zeige ich an. Das ist eine nicht unerhebliche Straftat.“

„Machen Sie. Meine Anwälte werden Sie verklagen.“

„Von was wollen Sie Anwälte bezahlen“, grinste Chris frech.

„Also da ist doch …“, empörte sie sich. „Ich bin nun reich, da ich eine viertel Million bekomme.“

„Falsch! Sie haben die Frau ermordet, ergo gibt es keinen Cent. Als wenn man den Mörder noch belohnt.“

Doktor Pauli blickte von den Unterlagen auf. „Von wem bekamen Sie das Zyankali?“

Sie lächelte, erwiderte schnippisch. „Keine Ahnung von was Sie reden. Fragen Sie meinen Mann. Der wollte meine Mutter ermorden.“

„Sicher, deswegen trank er das von Ihnen präparierten Getränk selber.“

„Woher wollen Sie das wissen? Das sind Lügen. Der hat meine Mutter mit dem Saft vergiftet.“

„Welchen Saft?“

„Na den Maracujasaft, den sie trank.“

„Woher wissen Sie, welchen Saft sie trank?“