Hoffnung, Liebe - Zukunft - Kate Walker - E-Book

Hoffnung, Liebe - Zukunft E-Book

KATE WALKER

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Beschreibung

Verheißungsvoll klingen Rafaels Worte, denn die schöne Serena braucht seine Liebe so sehr! Nur ihn hat sie auf der Welt, seit sie nach monatelangem Koma erwacht ist und scheinbar keine Verwandten, keine Freunde. Rafael hat sie aufgenommen, ihr seinen entzückenden kleinen Sohn Tonio anvertraut, als sei sie die leibliche Mutter - und jetzt will er sie lustvoll lieben! Fast ist es, als schenke er ihr eine Zukunft voller Zärtlichkeit und Vertrauen - doch noch immer bleibt Serenas größtes Problem ungelöst. Denn sie hat ihre Erinnerung verloren, und Rafael scheint etwas von ihrer Vergangenheit zu wissen, das er ihr nicht verraten will. Etwas Schreckliches muss passiert sein, etwas, das Serenas Glück mit Rafael gefährden könnte ...

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Seitenzahl: 194

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IMPRESSUM

Hoffnung, Liebe – Zukunft erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2000 by Kate Walker Originaltitel: „Rafael’s Love-Child“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 1477 - 2001 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Hartmut Gauß

Umschlagsmotive: teksomolika/GettyImages, Naddiya / Gettyimages

Veröffentlicht im ePub Format in 03/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733746025

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Wie heißen Sie?“

Die Frage wurde in eigenartig scharfem Ton gestellt, und Serena versuchte verzweifelt, die Augen ganz zu öffnen, um ihre Umgebung klarer wahrzunehmen. Ihr Verstand schien umnebelt, und ihre Gedanken waren völlig wirr.

„Dumme Frage – natürlich weiß ich, wer ich bin! Mein Name ist Serena Martin. Und …“

Sie runzelte leicht die Stirn, kniff die braunen Augen zusammen und fuhr sich mit zittriger Hand durchs rote Haar, während sie sich umsah und ihre Umgebung aufzunehmen versuchte: den pastellfarbenen Raum mit den hellrosa Vorhängen, die genau zu den Bettbezügen passten. Trotz der freundlichen Farben wirkte das Krankenzimmer unpersönlich und kalt. Die dunkelhaarige Frau, die neben Serenas Bett saß und sie mit ihren grauen Augen anblickte, trug einen weißen Arztkittel.

„… und ich nehme an, dies ist ein Krankenhaus.“

„Das stimmt.“

„Wissen Sie auch, was geschehen ist?“

Zwei Stimmen auf einmal, für Serena war es fast unmöglich, sie auseinanderzuhalten. Aber ihr war klar, dass die Zustimmung von der Ärztin kam, während die Fragen von einer anderen Person gestellt wurden. Von dem Mann, der auf der anderen Seite des Raumes im Türrahmen stand, den er mit seiner kräftigen Gestalt fast ausfüllte. Seine Haltung war gerade, und seine Schultern waren breit.

Er war groß, eine stattliche Erscheinung, und hatte einen dunklen Teint. Er beeindruckte sie – und machte ihr gleichzeitig Angst.

Angst? Sie wusste ziemlich genau, dass sie diesen Mann noch nie zuvor gesehen hatte. Wieso brachte sie dann dieses Wort mit ihm in Verbindung? Das war ihr schleierhaft.

„Nun, wissen Sie es?“, beharrte er auf seiner Frage und verlieh seinem Tonfall, der Serena gleich faszinierte, besonderen Nachdruck. „Können Sie mir sagen, wie Sie hierher gekommen sind?“

Für sie war es äußerst schwierig, darauf eine Antwort zu geben. Sie war völlig durcheinander. Da waren nebelhafte Gedanken und schwache Erinnerungsfetzen – Lärm, Panik, ein fürchterliches Krachen und jemand, der vor Angst schrie.

War sie das selbst?

„Ich … ich vermute, es muss irgendeinen Unfall gegeben haben.“

„Was für einen Unfall?“

Während des kurzen Gesprächs war der Mann nicht von seinem Platz gewichen. Ihr schien es aber, als wäre er weiter ins Zimmer gedrungen, als hätte er sich ihr gefährlich genähert und als wollte er sie förmlich an die Wand drängen.

„Das weiß ich nicht!“ Zum ersten Mal wandte sie sich ihm direkt zu und richtete den Blick ihrer braunen Augen herausfordernd auf sein Gesicht. „Warum sagen Sie es mir denn nicht?“

Wer war das eigentlich? Noch ein Arzt? Er trug keinen weißen Kittel wie die Ärztin an ihrer Seite, sondern einen dunklen Maßanzug, dessen hervorragender Stoff und vorzügliche Machart von Wohlhabenheit zeugten. Vielleicht war er ein höher gestellter Arzt, ein Chirurg oder ein Facharzt. Die trugen bekanntlich keine weißen Kittel und wurden mit „Mister“ angesprochen, nicht mit „Doktor“.

Wie auch immer, er war ein erstaunlicher, unwahrscheinlich gut aussehender Mann. Serena konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Er übte eine verheerende Wirkung auf sie aus.

Zu seiner eindrucksvollen Größe kam noch volles, glatt nach hinten gekämmtes pechschwarzes Haar. Das unterstrich seine wohlgeformten Gesichtszüge. Ganz benommen betrachtete sie seine gerade, kräftige Nase, sein energisches Kinn und einen überraschend sinnlichen Mund. Die Augen begeisterten sie jedoch am meisten. Sie waren von unglaublich dichten schwarzen Wimpern gesäumt, hatten eine Farbe wie flammendes Gold und leuchteten hell.

Der dunkle Teint war sicher auch nicht das Ergebnis eines Urlaubs am Mittelmeer, sondern offensichtlich seine natürliche Hautfarbe, ein Erbe von Vorfahren, die nicht aus England stammten.

Ihr wurde plötzlich heiß, und sie konnte nicht länger still im Bett liegen. Eine merkwürdige Unruhe erfasste sie, ließ ihr Herz schneller schlagen und ihr das Blut in den Kopf steigen. Auf einmal wurde Serena bewusst, dass sie unter der Bettdecke nicht mehr anhatte als das Kliniknachthemd.

Sein leidenschaftlicher Blick verriet ihr, dass der Mann ihre Gefühle erwiderte, obwohl sein Gesichtsausdruck abschätzend blieb. Gerade dieser Widerspruch zwischen Beherrschtheit und wildem Feuer war der Grund, dass sie einige Male trocken schlucken musste.

„Wieso meinen Sie, ich könnte Ihnen etwas sagen?“, erwiderte der Mann scharf, wobei sein fremdartiger Tonfall besonders deutlich zu hören war.

„Mr. Cordoba …“, mischte sich die Ärztin warnend ein, aber keiner von ihnen kümmerte sich darum, sosehr waren sie mit sich beschäftigt.

„Kennen wir uns?“, erkundigte sich Serena.

„Ganz sicher nicht!“

Mit einem lässigen Schnippen seiner feingliedrigen Finger tat er das als Unsinn ab.

„Sie haben mich ganz bestimmt noch nie gesehen.“

Serena war etwas erleichtert. So viel war ihr klar: Hätte sie diesen Mann irgendwann schon einmal gesehen, dann hätte sie sich unter allen Umständen wieder an ihn erinnert. Sie wusste zwar nicht, wie sie hierher gekommen war, hatte keine Vorstellung von dem, was passiert war, doch es beruhigte sie sehr, dass dieser – wie hieß er doch gleich? – Mr. Cordoba in ihrem Leben noch keine Rolle gespielt hatte.

„Wer sind Sie denn?“

„Ich heiße Rafael Cordoba.“

Er erwartete offensichtlich, dass ihr der Name etwas sagte. Serena konnte allerdings nichts damit verbinden und hätte in dem Moment viel darum gegeben, Näheres über diesen Rafael Cordoba und seine Bedeutung für sie zu erfahren. Sie empfand ihn als Bedrohung und wollte endlich dieser zermürbenden Fragerei entkommen.

Im Grunde aber wollte sie nur dieses beunruhigende Gefühl loswerden, das er in ihr hervorrief. Noch nie war sie sich der körperlichen Anziehungskraft eines Mannes so bewusst geworden. All ihre Gedanken drehten sich plötzlich um sinnliche Lust. Und Rafael Cordoba war schuld daran. Sie konnte an nichts anderes denken.

„Und wer sind Sie?“ Serena wandte sich der Frau an ihrem Bett zu.

„Ich bin Dr. Greene.“ Serena war erleichtert, dass die Frau ihren heimlichen Hilferuf verstanden hatte und sie beschwichtigend fragte: „Sind Sie in der Lage, einige Fragen zu beantworten?“

„Ich werde es versuchen.“

Es fiel Serena schwer, sich von Rafael Cordoba abzuwenden. Und sie beobachtete ihn weiter aus den Augenwinkeln, obwohl sie versuchte, sich ganz auf die Ärztin zu konzentrieren.

„Sie heißen Serena Martin?“

„Richtig.“

„Und wie alt sind Sie?“

„Dreiundzwanzig.“

Langsam begann Serena, sich zu entspannen. Dr. Greene machte es ihr leicht. Ihre Fragen warfen keine Probleme auf, machten ihr keine Angst. Serenas Verwirrung begann sich langsam zu legen. Offensichtlich hatte sie auch keine schwerwiegenden Verletzungen erlitten, denn sie konnte prompt antworten.

„Wo wohnen Sie?“

„Alban Road fünfunddreißig in Ryeton … Stimmt was nicht?“, fragte Serena, als die Ärztin plötzlich zu schreiben aufhörte und sie stattdessen überrascht ansah.

„Ryeton in Yorkshire?“

„Genau.“

„Und was machen Sie in London?“

Da war die Stimme wieder, die sie erregte und erschauern ließ. Es war klar, dass Rafael Cordoba nicht lange ruhig bleiben konnte.

„Sind wir denn wirklich in London?“

„Dieses Krankenhaus ist es jedenfalls“, bestätigte er kurz angebunden und übersah einfach Dr. Greenes tadelnden Blick. „In London, wo Sie jetzt sind, wo der Unfall sich ereignete, wo …“

„Es reicht, Mr. Cordoba!“

Doch Rafael Cordoba ließ sich dadurch nicht beeindrucken. Mit einer heftigen Kopfbewegung und blitzenden Augen wies er den Tadel zurück.

„Also, was machen Sie hier, wenn Sie in Ryeton …?“

„Das weiß ich nicht!“ Serena war am Ende ihrer Kräfte. Ihr Kopf schmerzte, und sie war erschöpft wie nach einem Marathonlauf. Heftig schüttelte sie den Kopf, Tränen schossen ihr in die Augen und ließen sie Rafael Cordobas dunkles, entschlossenes Gesicht nur noch schemenhaft wahrnehmen. „Vielleicht verbringe ich hier meinen Urlaub. Vielleicht …“

„Ich sagte ‚genug‘!“ Dr. Greene bewies, dass Rafael Cordoba sie nicht übermäßig eingeschüchtert hatte. Trotzdem milderte sie ihren Ton gleich wieder. „Ich muss auf das Wohl meiner Patientin achten. Miss Martin hat Ruhe nötig. Sie hat Schlimmes durchgemacht, das jedem von uns zugesetzt hätte, selbst dem Kräftigsten. Sie braucht dringend eine Erholungspause, und ich muss darauf bestehen, dass sie die bekommt.“

Derartig Belehrendes mochte er offensichtlich nicht hören. Serena sah, wie in seinen wunderschönen Augen Wut aufloderte und er sich nur mühsam beherrschte, indem er die sinnlichen Lippen zusammenpresste.

Sie konnte diese Zeichen höchster Anspannung in seinem Gesicht sofort deuten, als wäre sie schon lange mit seiner Art vertraut. Wer auch immer er war, er war offensichtlich keinen Widerstand gewohnt von jemandem, der nicht seine gesellschaftliche Stellung hatte. Er atmete tief ein und wollte etwas entgegnen.

Serena hatte sich gerade darauf eingestellt, dass ein Donnerwetter auf die Ärztin niedergehen würde, als er sich plötzlich doch besann.

„Wie Sie wünschen!“, sagte er eisig.

Dr. Greene wandte sich daraufhin wieder Serena zu.

„Können wir jemanden benachrichtigen? Ihre Eltern? Oder andere Verwandte?“

„Nein.“ Serena schüttelte niedergeschlagen den Kopf. „Meine Eltern leben nicht mehr. Meine Mutter starb letztes Jahr an Krebs, und mein Vater ist schon früher einem Herzversagen erlegen. Sonst habe ich keine Verwandten mehr.“

Sie musste wieder mit den Tränen kämpfen. Die Ärztin beugte sich vor und streichelte ihr tröstend die Hände.

„Sie dürfen sich nicht aufregen. Sie brauchen jetzt Ruhe und Erholung …“

„Aber wie kann ich ruhig sein, wenn ich nicht weiß, was geschehen ist?“ Serena war wieder den Tränen nahe.

„Bitte!“ Sie nahm die Hand der Ärztin und hielt sie fest, als wäre Dr. Greene die einzige vertrauenswürdige Verbindung zur Außenwelt. „Sie müssen es mir sagen! Was ist geschehen?“

„Sie hatten einen Unfall“, fing Dr. Greene zögernd an. „Einen Autounfall. Dabei hat Ihr Kopf einen heftigen Schlag abbekommen. Sie sind eine Zeit lang nicht ganz da gewesen.“

„Eine Zeit lang? Wie lange denn?“

„Mit heute sind es zehn Tage. Zuerst waren Sie bewusstlos, vor Kurzem haben Sie dann begonnen, etwas wahrzunehmen.“

„Wirklich?“

Serena versuchte, Klarheit in ihre Gedanken zu bringen. Und es war ihr in der Tat möglich, sich Dinge ins Gedächtnis zu rufen, von denen sie bisher angenommen hatte, sie hätte sie geträumt. Verzweifelt hatte sie versucht, an die Oberfläche einer Art trüben Gewässers zu gelangen, indem sie nach einem Halt gesucht hatte.

Sie erinnerte sich, dass sie dann für kurze Zeit in der Lage gewesen war, die Augen aufzumachen und die Umgebung zu betrachten, ohne allerdings alles ganz deutlich erkennen zu können. Bald hatte sich dann wieder die schwere, bedrückende Dunkelheit auf sie gesenkt und sie erneut von der Wirklichkeit ausgeschlossen.

„Da war jemand …“

Jemand hatte an ihrem Bett gesessen, sie beobachtet und darauf gewartet, dass sie aus der Bewusstlosigkeit erwachte. Diese Person hatte ihr Stöhnen wahrgenommen, als sie sich im Bett gewälzt und gegen die Albträume angekämpft hatte, die sie nicht loslassen wollten. Dieser Jemand hatte ihr auch das schweißnasse Haar sanft aus der fieberheißen Stirn gestrichen.

Und später hatte dasselbe hilfsbereite Wesen ihr Wasser eingegossen, sie gehalten, als sie versuchte zu trinken, und sie freundlich, aber bestimmt davon abgebracht, zu viel auf einmal hinunterzustürzen, um die Schmerzen in ihrem ausgetrockneten Hals zu lindern.

„Es war jemand hier …“

„Ja, natürlich, eine Krankenschwester. Sie waren unter dauernder Beobachtung.“

„Nein, nein …“

Es war keine Krankenschwester gewesen. Serena hatte keine Ahnung, woher sie das wusste, aber sie war sich dessen absolut sicher. Der barmherzige Samariter mit der sanften Stimme, der sich während ihrer tiefen Bewusstlosigkeit in ihren schwierigsten Momenten um sie gekümmert hatte, hatte nichts von einem berufsmäßigen Pfleger an sich gehabt. Und die Stimme, die sie immer wieder gehört hatte …

Genau, die Stimme!

Die Augen geöffnet, wandte Serena sich Cordoba zu und begegnete dem frostigen Blick seiner goldbraunen Augen. Seine schönen Gesichtszüge erschienen ihr wie gemeißelt. Aber von dem Mann bekam sie keine Reaktion, keine Antwort auf ihre unausgesprochene Frage, nichts.

„Sie haben die bestmögliche Betreuung erhalten, Miss Martin“, sagte er zurückhaltend.

Serena wusste allerdings auch so, dass es diese Stimme gewesen war, die sie während ihrer schweren Zeit begleitet hatte. Doch warum war aus dem barmherzigen Samariter plötzlich ein unbarmherziger „Untersuchungsbeamter“ geworden?

„Aber …“ begann sie. Doch dann schüttelte sie nur noch müde den schmerzenden Kopf. „Ich möchte wissen …“

Sie konnte nicht mehr weitersprechen. Schließlich war nur noch ein Seufzer von ihr zu hören.

„Sie sind müde“, meinte Dr. Greene sanft. „Sie dürfen jetzt nicht zu viel auf einmal wollen. Spüren Sie selbst, was gut für Sie ist. Ruhen Sie sich aus.“

Serena nickte erschöpft. Sie war in der Tat sehr müde, konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen und sank mit halb geschlossenen Augen in die Kissen zurück.

„Ich werde bald wieder bei Ihnen sein. Alles wird gut werden.“

Sein Ausruf durchbrach die entstandene Stille, und Rafael Cordoba unterstrich ihn mit einer heftigen Geste. „Alles! Madre de Dios, wie wäre es …?“

„Mr. Cordoba!“ Die Ärztin war jetzt wirklich verärgert. „Ich sagte, es sei genug! Ich möchte, dass Sie nun gehen und Miss Martin allein lassen.“

Zuerst wollte er sich offensichtlich gegen ihre Zurechtweisung auflehnen. Wieder richtete er einen wütenden Blick auf die Ärztin, dann einen entnervten auf Serena. Sekunden später hatte er sich wieder gefasst, und seine Miene wirkte entschlossen.

„Nun gut“, sagte er kurz und bündig mit eisiger Stimme, „ich werde gehen, aber …“

Dann wandte er sich an Serena. „Ich werde zurückkommen. Das verspreche ich. Sobald ich kann, werde ich Sie wieder aufsuchen.“

Schöne Worte, versuchte Serena sich einzureden, Worte, die auch von der Ärztin stammen könnten.

Sie hatte jedoch das eigenartige Schimmern in Cordobas Augen nicht übersehen. Die Glut in seinem Blick ließ sie insgeheim erschauern, und sein Versprechen zurückzukehren erregte sie, machte sie unruhig. Da halfen auch Dr. Greenes begütigende Äußerungen nicht.

Er würde zurückkommen, dessen war Serena sich jetzt sicher. Und die Wahrheit war, dass sie dieser erneuten Begegnung ungeduldig und beklommen zugleich entgegensah.

2. KAPITEL

„Ich habe Besuch mitgebracht.“

„Was?“

Serena ließ die Zeitschrift, die sie ohne großes Interesse durchgeblättert hatte, sinken und blickte zu Rafael Cordoba, der an der Tür stand.

Fünf Tage waren vergangen, seit sie aus der Bewusstlosigkeit erwacht war und sich gleich seinen heftigen Fragen hatte stellen müssen. Er hatte versprochen zurückzukommen, und tatsächlich war er am nächsten Morgen zur Stelle gewesen. Kein Tag war daraufhin ohne seine Anwesenheit vergangen.

Sein Ton ihr gegenüber hatte sich geändert. Rafael Cordoba war fast nie mehr so barsch wie am ersten Tag und stellte nur noch selten derart bohrende Fragen. Dr. Greene hatte wohl entsprechend auf ihn eingewirkt. Selbst die zuerst so deutlich gezeigte Begehrlichkeit ihr, Serena, gegenüber hatte er jetzt sichtlich im Griff.

„Entschuldigung – was sagten Sie?“

Serena hoffte, dass Rafael Cordoba das Beben in ihrer Stimme als Zeichen der Überraschung deuten würde. Auf keinen Fall sollte er spüren, dass allein seine Gegenwart sie so in Erregung versetzte. Schon der Anblick seiner großen, schlanken Gestalt, seiner pechschwarzen Haare und der lodernden goldbraunen Augen ließen ihren Atem stocken und ihr Herz schneller klopfen.

Dieses Mal übte er eine noch stärkere Wirkung auf sie aus. Hatte er bislang stets elegante Anzüge angehabt, so trug er heute – wohl wegen des schönen Wetters – Jeans und ein kurzärmeliges Hemd.

Die eng anliegende Hose betonte seine schmalen Hüften und die schlanke Taille. Das blütenweiße Hemd bildete einen starken Kontrast zu den bronzefarbenen Armen. Seine Männlichkeit erschien Serena noch anziehender und weckte sündhafte Gedanken in ihr.

Nervös zupfte sie an der apricotfarbenen Bettdecke, als sie an ihre blasse, sommersprossige Haut dachte, die ihr ärmelloses, cremefarbenes Nachthemd mit dem V-Ausschnitt freigab. Am liebsten hätte sie sich ganz zugedeckt, wollte Rafael Cordoba durch eine ungeschickte Bewegung aber nicht ihre Gefühle verraten.

„Ich habe jemanden mitgebracht …“

„Noch einen Besucher? Was für eine Überraschung! Ich wusste gar nicht, dass ich in London Bekannte habe.“

Noch immer konnte sie sich an den Unfall und die Tage davor nicht erinnern, und Serena war sehr ärgerlich darüber, dass weder die Ärztin noch Rafael Cordoba ihr helfen wollten, etwas darüber zu erzählen.

„Sie müssen Geduld haben“, lautete die Antwort, wenn sie Fragen stellte oder ihr lückenhaftes Gedächtnis verwünschte. „Die Erinnerung muss sich von allein wieder einstellen. Wir dürfen Ihnen nicht zu viel sagen.“

„Aber wo ist denn Ihr Freund? Ich sehe niemanden.“

„Hier ist er …“, erwiderte Rafael Cordoba und stellte eine Tragetasche auf ihr Bett.

Darin lag, wie sie verwirrt feststellte, ein Baby in einem blauen Strampelhöschen und mit bloßen Füßchen.

„Oh! Ist der aber süß!“, rief sie und lachte vor Entzücken. Unwillkürlich wollte sie das kleine Wesen auf den Arm nehmen, schreckte jedoch davor zurück, weil sie sich plötzlich fragte, was Rafael Cordoba wohl dazu sagen würde.

„Meinen Sie das wirklich?“

Sein angespannter Tonfall machte sie nervös.

„Natürlich meine ich das ernst. Würde nicht jeder …?“

Sie verstummte, denn sie hatten das Baby aufgeweckt. Es rührte sich, strampelte heftig mit den Beinchen, und seine kleinen Fäuste fuhren durch die Luft. Mit großen Augen blickte es Serena an. Unwillkürlich wollte sie auf diese Bewegungen reagieren, wusste aber nicht, wie.

„Wie heißt er denn?“, brachte sie mühsam heraus. Das Baby hatte einen Flaum schwarzer Haare. Deren Farbe und etwas an seinen Gesichtszügen erinnerten sie stark an den Mann neben ihrem Bett, der ihre Gedanken tagsüber beherrschte und ihr nachts in erotischen Träumen erschien. Oft wachte sie dann schweißgebadet und mit Herzrasen auf.

„Er heißt Antonio Felipe Martinez Cordoba.“

Cordoba! Das hatte sie befürchtet. Aber warum konnte ihr eine mögliche Bindung und Vaterschaft dieses Mannes, den sie erst ein paar Tage kannte, so viel ausmachen?

„Wie winzig er ist!“

Serena betrachtete das Baby aufmerksam, streckte einen Finger aus und musste lachen, als eine kleine Faust ihn fest umschloss. In diesem Moment spürte sie, dass der kleine Junge nicht nur den Finger umfasst, sondern auch ihr Herz erobert hatte. Eine Welle der Zuneigung zu diesem verletzlichen Wesen erfasste sie.

„Das ist aber ein langer Name für so einen Zwerg.“

„Ich nenne ihn auch nur Tonio.“

„Das passt besser.“ Sie beugte sich vor und lächelte beim Anblick der Kinderaugen. Das Haar war ihr in die Stirn gefallen und verbarg ihr Gesicht vor dem aufmerksamen Blick Rafael Cordobas.

„Ist es Ihr Sohn?“

Serena beachtete sein unverständliches Gemurmel nicht und fuhr fort: „Ich habe gar nicht gewusst, dass Sie verheiratet sind.“

„Bin ich auch nicht.“ Diese Antwort verwirrte sie völlig. „Ich bin nie verheiratet gewesen, obwohl es einmal fast passiert wäre.“

„Dann ist Tonio ein Kind der Liebe?“

„Ein Kind der Liebe?“ Rafael Cordoba verzog leicht zynisch den Mund. „Manche Menschen würden es anders nennen.“

„Aber wenn Sie und seine Mutter zusammen sind …“

„Nein!“ Das klang heftig, und seine Augen blitzten.

„Tonios Mutter und ich sind eben nicht zusammen.“

Serenas Herz, das gerade etwas ruhiger zu schlagen begonnen hatte, geriet bei diesem Ausbruch erneut aus dem Takt.

Sie hatte offensichtlich bestimmte Grenzen überschritten, die für ihn tabu waren. Der Mann, an dessen wohlwollende Art sie sich in den letzten Tagen gewöhnt hatte, war plötzlich wieder der harte Mensch geworden, der sie bei ihrer ersten Zusammenkunft so erregt und geängstigt hatte.

„Es tut mir leid. Ich wollte mich nicht in Ihr Privatleben einmischen.“

Etwas brüsk entzog sie dem Baby ihren Finger.

„Ich würde niemals …“

Weiter kam sie nicht. Tonio war plötzlich wütend, weil ihm das neue Spielzeug so unvermittelt entrissen worden war. Zuerst protestierte er leise, dann folgte zorniges Geschrei. Er verzog das Gesicht und bekam krebsrote Bäckchen.

„Oh, mein Kleiner, entschuldige bitte!“

Serena wandte sich sofort wieder dem Baby zu und wollte es trösten.

Aber Rafael Cordoba kam ihr zuvor, nahm das Kind sanft in seine Arme.

„Ja, ja, mein Liebling“, beschwichtigte er es leise. „Ist ja gut. Du bist doch in Sicherheit. Ich bin bei dir.“

Als sie sah, wie er das Baby an seiner starken, breiten Männerbrust barg, krampfte sich ihr Herz zusammen. Das verletzliche Menschlein wirkte noch winziger und feiner im Vergleich zu den kräftigen Armen und der großen Hand, die seinen Kopf hielt und ihn streichelte.

Mit einem Mal kehrten mit Macht die Einsamkeit und die Besorgnis zurück, die sie vor Rafael Cordobas Besuch überwältigt hatten.

Serena dachte daran, wie froh sie trotz der anfänglichen Angst vor ihm gewesen war, als er am Tag nach ihrem Erwachen aus der Bewusstlosigkeit wieder bei ihr war. Niemand besuchte sie sonst. An keine andere Person konnte sie sich wenden, um die kleinen Dinge zu bekommen, die den Krankenhausaufenthalt ein wenig erträglicher machten.

Sie brauchte Rafael Cordoba nicht einmal zu bitten. Schon am ersten Tag war er mit Blumen, Früchten und verschiedenen Toilettenartikeln – alles teure Markenwaren – erschienen. Solche kostbaren Dinge hatte sie sich bisher nicht leisten können. Er hatte sogar daran gedacht, einige Nachthemden mitzubringen. Dass sie ihr passten, sprach für seine Erfahrung mit Frauen. Sie wollte gar nicht wissen, wie er diese Erkenntnisse gewonnen hatte.

„Nehmen Sie sie ruhig!“, hatte er ihren Protest abgewehrt. „Das sind doch nur Kleinigkeiten.“

Erst am Morgen hatte sie erfahren, dass seine Großzügigkeit noch viel weiter ging. Zu weit für ihren Geschmack.

„Stimmt es, dass Sie all meine Rechnungen bisher beglichen haben?“

Rafael Cordoba hob stolz den Kopf und kniff die goldbraunen Augen zusammen.

„Wer hat Ihnen das gesagt?“, fragte er mit einer Stimme, die für den, der das verraten hatte, nichts Gutes verhieß.

„Also, Mr. Cordoba“, erwiderte Serena, „ich hatte zwar einen Unfall mit bösen Folgen für meinen Kopf, aber meinen Verstand habe ich dabei nicht verloren.“

„Ich dachte, wir hätten uns auf ‚Rafael‘ geeinigt“, warf er kühl ein, um sie abzulenken.

„Wir haben uns auf gar nichts geeinigt! Sie sagten, ich solle Sie so nennen, um mein schönes Köpfchen nicht zu sehr zu belasten …“

Schwach und hilflos, wie sie gewesen war, hatte sie es hingenommen. Sie hatte seine Anwesenheit gutgeheißen, wie die Ärzte auch. Zunächst hatte sie nicht weiter darauf beharrt, die Antworten zu bekommen, die ihr immer noch schmerzender und wirrer Kopf ihr nicht geben wollte. Sie hatte angenommen, dass Rafael Cordoba in der Zeit, an die sie sich nicht erinnern konnte, eine Rolle in ihrem Leben gespielt hatte.

Allerdings wollte sie das jetzt nicht mehr so einfach akzeptieren. Sie wollte endlich Antworten hören.

„Es war ja nicht nur ein Schlag auf den Kopf“, fuhr Rafael Cordoba ruhig fort. „Sie waren eine Zeit lang bewusstlos, und Sie können froh sein, dass es Sie nicht schlimmer getroffen hat.“

„Das weiß ich doch alles!“, erwiderte Serena abwehrend.