Hot as Ice - Heißkalt geküsst - Helena Hunting - E-Book

Hot as Ice - Heißkalt geküsst E-Book

Helena Hunting

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Beschreibung

Unverbindlicher Sex? Eigentlich dachte Lily LeBlanc, dass so etwas für sie niemals infrage käme! Doch nach sieben Jahren On-Off-Beziehung mit einem absoluten Langweiler ist sie nun doch bereit, es zumindest einmal auszuprobieren. Den perfekten Mann dafür hat sie auch schon gefunden: Eishockeystar Randy Ballistic, der mehr als gewillt ist, Lilly vom Konzept des Single-Lebens-mit-gewissen-Vorzügen zu überzeugen - wenn es da nur nicht diese Gefühle gäbe, die den beiden plötzlich einen Strich durch die Rechnung machen ... (ca. 400 Seiten)

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Inhalt

TitelZu diesem BuchWidmungProlog1234567891011121314151617181920212223242526EpilogLeseprobeDie AutorinWeitere Bücher von Helena Hunting bei LYXImpressum

HELENA HUNTING

Hot As Ice

Heißkalt geküsst

Roman

Ins Deutsche übertragen von Michaela Link

Zu diesem Buch

Unverbindlicher Sex? Eigentlich dachte Lily LeBlanc, dass so etwas für sie niemals infrage käme! Doch nach sieben Jahren On-Off-Beziehung mit einem absoluten Langweiler ist sie nun doch bereit, es zumindest einmal auszuprobieren. Den perfekten Mann dafür hat sie auch schon gefunden: Eishockeystar Randy Ballistic, der mehr als gewillt ist, Lilly vom Konzept des Single-Lebens-mit-gewissen-Vorzügen zu überzeugen – wenn es da nur nicht diese Gefühle gäbe, die den beiden plötzlich einen Strich durch die Rechnung machen …

Hubs und mini; ihr seid der Grund für alles.

Prolog

Zum Teufel mit dir. Erinnerungen

Lily

»Ich habe einen braunen Gürtel in Karate.«

»Und ich habe einen schwarzen Gürtel im In-den-Arsch-Treten.«

Immer wieder gehen mir die Worte durch den Kopf, und dazu Randys Versprechen: »Ich kann dich von deinen Problemen ablenken, wenn du willst.« Und: »Ich wette um mehrere Orgasmen, dass ich dich dazu bringen kann, dieses Sackgesicht von Ex völlig zu vergessen. Willst du rausfinden, ob ich recht habe?«

Ich fahre mir mit der Hand übers Gesicht und sehe auf die Uhr. Es ist vier Uhr morgens. Während der vergangenen fünf Stunden habe ich versucht zu schlafen. Zwischen zwei und drei ist es mir gelungen, nicht an die Decke oder auf meine Uhr zu starren, aber als ich aufgewacht bin, hatte ich die Hand in meinem verdammten Slip. Wieder mal.

Ich stopfe sie unters Kissen, als würde das als Sperre zwischen meinem Gehirn und den Erinnerungen wirken. Dass es nicht besonders erfolgreich ist, überrascht mich nicht. Also gebe ich nach. Wenn ich aufhöre, gegen die Fantasien anzukämpfen, komme ich heute Abend vielleicht damit klar, ihn wiederzusehen. Ich drehe mich auf den Rücken, schließe die Augen und lasse die Bilder kommen. Sofort werde ich in die Vergangenheit zurückversetzt.

Okay, das stimmt nicht mal ansatzweise, aber ich erinnere mich verblüffend klar daran, wie ich NHL-Superstar Randy »Balls« Ballistic vorgestellt wurde, dem neuesten Spieler im Team von Chicago.

Ich hatte zusammen mit Benji, meinem Arsch von Freund, Sunny, meiner besten Freundin, und Kale, Benjis bestem Freund und Sunnys Ex, in der Wildnis im Norden Kanadas gecampt. Das Ganze war nicht besonders angenehm gewesen. Nach sieben Tagen ohne fließendes Wasser hatte ich den dringenden Wunsch, die Beine in die Hand zu nehmen, aus dem Wald zu verschwinden und im Ferienhaus von Sunnys Bruder in Muskoka das Wunder einer heißen Dusche auf mich runterprasseln zu lassen. Außerdem musste ich mich um meinen katastrophalen Pelz kümmern.

Vor der Reise hatte ich den Termin bei meiner Kosmetikerin abgesagt. Sie war teuer, und ich brauchte das Geld, um Proviant für unsere Fahrt zu kaufen. Außerdem war ich wütend auf Benji, also ließ ich meinen Busch wachsen, um ihn zu ärgern. Er hatte sich einen grässlich schütteren, hässlichen Bart stehen lassen, daher war das Gleiche zwischen meinen Beinen passiert, um rauszufinden, wie gut es ihm wohl gefiel, wenn ich ihm damit sein ganzes verdammtes Gesicht abreibe. Nicht dass er mir besonders oft Gelegenheit dazu gegeben hätte.

Wie auch immer, gerade als ich dabei war, mich um den haarigen Muppet zu kümmern, der in meinem Schritt lebte, wurde die Tür zum Badezimmer aufgerissen.

Ich rechnete schon damit, dass Sunny oder sogar Sackgesicht Benji reinplatzte. Doch es war keiner von beiden.

Stattdessen starrte ich einen Typen an – einen breitschultrigen, gut gebauten, superheißen Typen –, der die Hand in seiner Short hatte. Sein dunkles Haar war zu einem dieser kleinen Männerdutts zurückgebunden, und seine Augen hatten die Farbe von Honig. Ihn zierte ein etwas ungepflegter Bart, aber der war immerhin dicht und stand ihm. Die Hand in seiner Hose ging in einen Arm mit Sleeve-Tattoo über.

Ich schrie auf. Das erschien mir passend, wenn man bedachte, dass der superheiße Typ, den ich noch nie im Leben gesehen hatte – außer im Fernsehen bei Eishockeyspielen, aber aus dem Zusammenhang gerissen erkannte ich ihn nicht –, einfach so in der Badezimmertür stand. Sein massiger, muskulöser Körper blockierte den einzigen Ausgang. Außerdem war ich splitternackt und vom Knöchel bis zum Oberschenkel voller Rasierschaum, und mein Schritt war gerade besonders pelzig.

Er senkte den Blick, und dann wieder nicht, und seine Augen wurden groß, als er mich musterte. »Du hättest vielleicht die Tür abschließen sollen.«

»Wer zum Teufel bist du? Verschwinde! Was machst du hier?« Ich schnappte mir mein Handtuch, um meine Auslagen zu verdecken.

Er trat einen Schritt zurück und hob die Hände, als wollte er sich entschuldigen, aber sein Grinsegesicht verriet, dass es ihm überhaupt nicht leidtat. »Beruhig dich, Schätzchen. Ich habe nur nach einer Toilette gesucht.« Dann entfernte er sich lachend von der Tür.

Ich war fuchsteufelswild. Beschämt und nicht gerade vernünftig wickelte ich mich in ein Handtuch und suchte im Badezimmer nach einer Waffe. Der Toilettenpapierhalter hatte ein stumpfes Ende, falls ich dem sexy Eindringling eins überbraten musste. Aus irgendeinem Grund jagte ich hinter ihm her, statt im sicheren Badezimmer zu bleiben, schwenkte meine improvisierte Waffe und schaffte es, erneut meine überwucherte Vagina aufblitzen zu lassen. Seine Erheiterung machte mich nur noch wütender.

Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug, fand ich mich eine Stunde später in der Küche mit ihm wieder. Allein. Sunny und ihr aktueller Freund, Miller »Buck« Butterson, waren im Wald verschwunden, um »ein paar Dinge zu klären«. Randy war Millers Freund und NHL-Mannschaftskamerad. Und ich stand da, in die unmittelbare Nähe eines heißen, irre süßen Eishockey-Typen gezwungen. Trotz der peinlichen Situation von vorhin war es besser, irgendwo mit Randy festzusitzen, als mit Benji allein zu sein, der im Laufe der letzten Woche vom festen Freund zum Ex geworden war und immer noch nicht kapiert hatte, dass er verschwinden sollte.

Wir hatten uns beim Zelten pausenlos gestritten – auf einer Reise, die eigentlich erholsam hätte sein sollen. Die Situation hatte sich schon seit Längerem zugespitzt und schließlich ein Stadium erreicht, in dem es nicht mehr weiterging. Ich war in jeder Hinsicht damit fertig. Nach sieben Jahren waren Benjis permanente Sticheleien und seine Negativität zu einem Anker geworden, der mich runterzog und an eine Geschichte kettete, die mir nicht mehr guttat.

Während ich mich in den Nachwehen meiner verfehlten Lebensentscheidungen wälzte, hatte sich Randy an den Tisch gesetzt. Dort aß er eine Schale Honigpops nach der anderen und las dazu den Sportteil der Zeitung. Benji war mir durchs ganze Haus nachgelaufen und hatte jeden Trick bei mir versucht. Ungeachtet unseres Publikums wollte er einfach nicht aufgeben. Ich hatte ihm unmissverständlich gesagt, dass Schluss war, aber manchmal war er dickköpfig. Oder er hielt es für ein Spiel. Wir hatten uns schon früher getrennt. Sogar mehrmals.

Und dann nannte er mich ein Miststück.

Es fühlte sich an wie eine verbale Ohrfeige, und vor einem Außenstehenden war es besonders demütigend.

Randy hatte den Löffel in seine Schale fallen lassen. Milch spritzte auf den Tisch und sein Hemd. »Was hast du da gerade zu ihr gesagt?«, hatte er gefragt und seinen Stuhl zurückgeschoben. Der Stuhl war umgefallen und auf den Boden gekracht. Dann hatte sich Randy mit seinem tätowierten Handrücken über den Mund gewischt, war zu Benji rüberstolziert und hatte gedroht, ihm in den Arsch zu treten – und das, obwohl ich vorher noch mit dem Toilettenpapierhalter hinter ihm hergerannt war.

Also tat ich, was jede heißblütige Kanadierin tun würde, wenn ein heißer Mann – Eishockeyspieler oder nicht – ihretwegen mit Gewalt droht: Ich packte sein Gesicht und steckte ihm die Zunge in den Mund.

Ich habe es dann heruntergespielt, als hätte ich das nur getan, um Benji eifersüchtig zu machen. Aber so war es nicht. Vor allem wollte ich Randy für das, was er getan hatte, küssen. Ein wenig Mandelhockey mit ihm spielen. Für eine Minute auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren.

Da, wo er meine Lippen und mein Kinn berührte, war sein Bart weich. Sein Mund schmeckte nach Honigpops. Und seine Zunge – oh Gott, seine Zunge. Trotz meines unerwarteten Überfalls erwiderte er meinen Kuss. Benjis Ausraster war zum bloßen Hintergrundrauschen geworden. Sunny und Miller mussten irgendwann zwischen Benjis Beleidigung und meinem Sprung an Randys Hals von ihrem »Waldspaziergang« zurückgekommen sein, denn als ich die Augen öffnete, waren sie da. Zeugen meines Überfalls.

Zutiefst beschämt schloss ich mich für den Rest des Nachmittags in eines der Schlafzimmer im Ferienhaus ein. Ich sagte Sunny, dass ich allein sein wolle. Während dieser Zeit durchlebte ich im Geiste immer wieder diesen Kuss und fragte mich, warum er so elektrisierend gewesen war: weil Randy mich verteidigt hatte, weil ich wütend auf Benji war, oder weil Randy so verdammt heiß war?

Ich nahm mir vor, ihn nicht noch mal zu attackieren wie ein ausgehungerter Löwe ein Steak. Aber als es Zeit fürs Abendessen wurde, war Benji verschwunden, und seine zornigen Nachrichten zementierten meine Überzeugung, dass es mit uns so vorbei war, wie es nur vorbei sein konnte. Er hatte bei mir keine Punkte gemacht, als er mich eine »flachbrüstige, fremdgehende Hure« nannte.

Und dann war da immer noch Randy. Umwerfend. Dreist. Ritterlich. Vielleicht ein wenig arrogant. Ein exzellenter Küsser und ein totaler Flirter. Ich brauchte eine Ablenkung, und er schien eine gute zu bieten. Wir endeten beim Trockensex in der Küche. Später kam er mit Versprechungen auf Spaß und Orgasmen in mein Schlafzimmer. Keine Verpflichtungen. Keine Bindungen. Nur eine lockere Affäre. Da meine Hemmungen von Alkohol gemindert waren und die Hormone von dem ganzen Geflirte rasten, konnte ich nicht Nein sagen. Wollte ich auch nicht.

Randy machte sein Versprechen wahr, mich von meinen Problemen abzulenken. Die Orgasmen waren nicht von dieser Welt. Intergalaktisch.

Aber wir hatten keinen richtigen Sex.

Er hatte nichts dagegen, mich über meine Enttäuschung hinwegzutrösten, aber bei Rachesex zog er die Grenze. Ich fragte nicht, was die Kriterien für das eine oder das andere waren, aber als Empfängerin von jeder Menge Orgasmen, wenn auch ohne echten Sex, konnte ich mich kaum beschweren. Wenigstens damals. Die Reue kam später.

Ich fand ihn so süß. Bis er und Miller am nächsten Morgen zu einer Benefiz-Autowaschaktion fuhren und Sunny und mich im Ferienhaus zurückließen. Die Jungs wollten nur zwei Stunden weg sein, und Randy versprach mir weitere Orgasmen nach seiner Rückkehr. Ich hatte vor, sie bei richtigem Sex zu erleben.

Aber dann wurde die Sache kompliziert. Noch bevor sie zurück waren, wurden massenhaft Fotos von Randy und Miller mit Frauen verbreitet, bei denen es sich um barbusige Models zu handeln schien.

Das ließ mich ein wenig ausflippen.

Sauer darüber, verarscht worden zu sein, griff ich mit dem Zorn von tausend Frauen, die bei Vollmond unter PMS leiden, zu einem schwarzen Edding. Ich verschandelte jedes Stück Unterwäsche, das Randy besaß, mit der gleichen Botschaft: DARIN BEFINDET SICH EIN KLEINER SCHWANZ. Das war gelogen. Reine Erfindung. Gemessen an dem, was ich in der Nacht zuvor gefühlt hatte – es war zu dunkel gewesen, um etwas zu sehen –, steckte in seiner Hose eine beachtliche Stange.

Ich ließ seinen T-Shirts eine ähnliche Behandlung angedeihen und dekorierte sie mit ARSCHLOCH, damit er wusste, wie ich zu dem Bullshit stand, den er durchgezogen hatte. Als würde ich ihm erlauben, mir weitere Orgasmen zu verschaffen, nachdem irgendein Groupie seinen Schwanz begrapscht und wahrscheinlich auch geritten hatte, weil ich es nicht durfte.

Ich wälze mich in meinem Bett herum, seufze und blinzele die Erinnerungen weg. Wie sich herausstellte, war das Ganze ein Missverständnis. Aber als ich die echte Story zu hören bekam, war es schon zu spät. Der Schaden war bereits angerichtet. Ich konnte die Kleiderzerstörung nicht rückgängig machen.

Das ist jetzt alles einen Monat her. Ein Monat, in dem ich die Stunden, die ich mit ihm in diesem Bett verbrachte, immer wieder im Geiste durchlebt habe. Ein Monat, dessen ich mich schon wegen meiner Überreaktion schäme. Ein Monat des Entsetzens darüber, dass ich das Ganze überhaupt habe geschehen lassen. Heute Abend findet ein Benefiz-Freundschaftsspiel statt, bei dem Randy mitspielt. Sunny hat mich gezwungen, sie zu begleiten, denn Miller, ihr Freund, hat die ganze Sache organisiert. Also werde ich Randy wiedersehen. Ich bin mir nicht sicher, was schlimmer ist: meine immer noch tiefe Beschämung oder die Tatsache, dass ich mindestens zweimal die Woche an der Schwelle zu einem Orgasmus aufwache, Randys atemberaubendes Gesicht und sein atemberaubender Körper eingebrannt hinter meinen Lidern. Mein Körper ist eindeutig daran interessiert, diese Wonnen noch mal zu durchleben. Und noch mal.

Und noch mal.

Aber das ist halt Pech, denn ich hasse ihn. Selbstgefälliger Bastard.

Ich hasse ihn noch mehr, weil ich meinen Körper nicht dazu kriege mitzuspielen. Randy sollte eine Ablenkung sein. Eine Affäre. Sex zur reinen Befriedigung und sonst nichts. Er ist der letzte Mann, den ich wollen sollte. Er ist Eishockeyspieler. Er lebt für das Spiel, ob auf dem Eis oder nicht. Und ich will nicht den Fehler machen, ihm noch einmal die Zunge in den Hals zu rammen. Was Randy Ballistic angeht, habe ich mich schon oft genug lächerlich gemacht.

1

Lauf. Lauf. Lauf.

Lily

Das Spiel ist vorbei, und Sunny – offiziell bekannt als Sunshine Waters –, meine beste Freundin seit der ersten Klasse, wird gerade auf den Großbildschirm projiziert, sodass die ganze Arena sie sehen kann. Miller begrapscht sie, während zur Feier des Siegs aus dem Soundsystem seiner Mannschaft »Walking on Sunshine« dröhnt. Die wahren Gewinner aber sind ein zwölfjähriger Junge namens Michael und seine Familie. Der Erlös dieser Benefiz-Veranstaltung wird in seine Behandlung fließen. Er hat einen Gehirntumor.

Millers und Sunnys übertriebene Zurschaustellung von Zuneigung fände ich süß, wenn ich nicht so ein abgebrühtes Miststück wäre. Im Moment hasse ich jeden, der in einer glücklichen Beziehung steckt, Sunny eingeschlossen.

Okay, das ist nicht ganz die Wahrheit. Wenn irgendjemand jemanden verdient, der sie total liebt, dann ist das Sunny. Ihre Freunde vor Miller waren echt ätzend.

Er dagegen ist ein toller Typ. Zuerst habe ich das anders gesehen, aber er ist mir echt ans Herz gewachsen. Als sie sich küssen, wende ich den Blick vom Bildschirm ab und betrachte die Spielfläche und die Spieler, die am Rand herumlaufen. Ich halte nach einem speziellen Spieler Ausschau, nur um mich selbst zu quälen, und entdecke Randy etwa sieben Meter von ihnen entfernt, den Helm unterm Arm. Sein Bart ist üppig und magisch und sein Grinsen das süßeste, das ich je gesehen habe. Er fährt sich mit einer verschwitzten Hand durchs Haar und streicht es sich aus dem Gesicht. Es ist nass. Wahrscheinlich schweißdurchtränkt. Ich sollte das ekelig finden. Tu ich aber nicht.

Stattdessen geht in meiner Klitoris ein Backbeat los – volle Percussion. Es ist, als hätte ein DJ in meiner Unterwäsche sein Quartier aufgeschlagen, und meine Vagina ist die Stelle, an der der Bass sitzt. Scheiiiiiße. Warum muss er so heiß sein? Warum war ich bei unserer letzten Begegnung so ätzend? Das winzige Flattern in meinem Magen verwandelt sich in einen Tornado aus Kolibris. Heiße Laserstrahlen schießen von meiner Vagina durch meinen Körper und explodieren in meinen Wangen.

»Komm mit, Lily!« Daisy Waters, Sunnys Mom und meine »Momma Zwei«, wie ich sie im Laufe der Jahre irgendwann getauft habe, ziehen mich am Arm. »Lass uns nach oben in die Bar gehen und uns was zu trinken besorgen, bevor alle anderen dort eintrudeln!«

Ich wende den Blick von dem wahnsinnig heißen Typen ab und schließe meine Erinnerungen weg, bevor ich noch völlig zerfließe und nicht mehr sprechen kann.

»Kann ich eine Limo haben? Und kann ich etwas zu essen bestellen?«, fragt Brett, mein dreizehnjähriger Cousin. Er hat ständig Hunger und ist heute Abend mitgekommen, weil er mit Michael befreundet ist – er würde sagen, er sei auch mit Miller und Randy befreundet –, nachdem er in dem Eishockeylager war, bei dem die beiden in diesem Sommer ehrenamtlich mitgearbeitet haben.

»Es gibt tonnenweise Essen! Keine Sorge!« Daisy wuschelt ihm durchs Haar.

Er duckt sich unter ihrer Hand weg und bringt hastig seine Frisur wieder in Ordnung. Im vergangenen Monat hat sich bei ihm eindeutig etwas verändert: vom Jogginghosen-Tragen und Sich-nicht-darum-Scheren, wie er aussieht, zu fünfundvierzig Minuten im Badezimmer die Frisur-Richten und viel zu viel Deo. Es könnte schlimmer sein. Er könnte riechen wie die meisten Teenagerjungs: mehr Ziege als Mensch.

Daisy hakt mich unter und plaudert über die Verlobungsparty, die sie in zwei Wochen für Alex und Violet, Sunnys Bruder und seine Verlobte, geben wird. Sie ergeht sich darin, wie aufgeregt sie ist. Diese Party war im letzten Monat ständig Gesprächsthema. Es ist so ziemlich das Einzige, worüber alle reden – das und diese Spendenaktion.

Sunnys älterer Bruder spielt ebenfalls professionell Eishockey. Alex ist Center und Mannschaftskapitän bei Chicago, der Mannschaft, für die auch Miller und Randy spielen. Violet, Alex’ Verlobte, ist eigentlich Millers Stiefschwester. Es ist ein eigenartiger Liebesreigen – beinahe wie eine Seifenoper, aber mit Profisportlern und ohne dass man die Partner tauscht.

Ich habe als Kind unglaublich viel Zeit bei Sunny zu Hause verbracht, und bei den seltenen Gelegenheiten, wenn auch Alex da war, haben wir beide ihn höllisch auf die Palme gebracht. Er hat den größten Teil seines Lebens in der Arena verbracht. Er ist ein wenig seltsam, und ich habe ihn schon gekannt, bevor er mit Eishockey berühmt wurde, daher bin ich mir seines Nerd-Status in der Highschool durchaus bewusst. Ich schätze, er ist heiß, aber ich kann in ihm nichts anderes sehen als einen Ersatzbruder, der mir und Sunny immer bei den Hausaufgaben geholfen hat.

Daisy redet immer noch, aber ich höre nicht zu. Ich bin zu beschäftigt damit, dass wir im Begriff stehen, an den Spielern vorbeizugehen, und Randy ist immer noch da, ein Lächeln auf seinem umwerfenden, verschwitzten Gesicht.

»Du kommst natürlich mit. Kannst du am Wochenende frei bekommen?«, fragt Daisy.

»Oh ja, klar.« Geistesabwesend nicke ich.

»Das ist ja eine wunderbare Nachricht! Sunny war sich nicht sicher, ob du es schaffst. Ich weiß, du arbeitest viel in deinen zwei Jobs und so, aber wir kümmern uns um dein Ticket nach Chicago. Alex hat jede Menge Platz in seinem Haus, also kannst du auch da übernachten, wie wir. Es wird ein tolles Wochenende!« Sie drückt meinen Arm. »Oh! Da sind Miller und seine Eltern und Alex und die anderen Jungs! Lass uns Hallo sagen! Sunny ist bei ihnen. Komm!« Sie zerrt mich auf die Gruppe Spieler zu, zu der auch Randy gehört.

Ich bohre meine Absätze in den Gummiboden und löse gewaltsam ihre Finger von meinem Arm, während ich fieberhaft nach einem Grund suche, sie nicht begleiten zu müssen, denn ich habe das Gefühl, dass mein Körper bei der ersten Chance abtrünnig wird. Sie weiß von der Situation mit Randy – oder zumindest kennt sie die harmlose, jugendfreie Version –, aber das kann ich ihr nicht erklären. »Oh … ähm … ich muss zur Toilette. Wir treffen uns dann oben in der Bar.«

»Wir sagen nur Hallo, Schätzchen.« Daisy schenkt mir einen ihrer Mom-weiß-alles-Blicke.

»Ich muss wirklich, wirklich zur Toilette, Momma Zwei.«

»Ah, komm schon, Lily. Michael ist da drüben«, jammert Brett mit seiner quäkigen Stimme, die schon fast im Stimmbruch ist.

»Du kommst mit mir, Brett.« Daisy legt ihm eine Hand auf die Schulter und zwinkert mir zu. »Wir treffen uns dann oben.«

Ich nicke heftig. »Klar. Toll! Bis gleich!«

Ich laufe schon fast mein ganzes Leben in dieser Arena Schlittschuh – Alex hat seine Beziehungen in Guelph genutzt, sodass das Freundschaftsspiel hier stattfinden konnte –, und jetzt arbeite ich sogar dort und unterrichte Eiskunstlauf. Ich kenne die besten Toiletten, einschließlich eines Geheimtipps nicht weit von der Bar, in der die After-Game-Party stattfindet.

Ich weiß nicht, was ich mir dabei dachte, als ich zugestimmt habe, zu diesem Spiel zu gehen. Ich komme nicht damit klar, Randy zu sehen. Ich habe zu viele widersprüchliche Gefühle – Lust und Verlegenheit und Selbsterhaltung, falls das ein Gefühl ist. Ich gehe an dem überfüllten Aufzug vorbei zur Treppe, dann nehme ich immer zwei Stufen gleichzeitig und biege nach rechts ab, statt nach links, wo es zur Bar geht, zu dem versteckten Klo am Ende des Flurs.

Ich öffne die Tür, schalte das Licht an und schließe mich ein, dann atme ich langsam aus. Ich drehe den Hahn auf, halte die Hände unter das kalte Wasser und hoffe, dass es auch den Rest von mir abkühlen wird. Dieser blöde Randy Ballistic ist ein gottverdammtes Problem.

Es gibt eine Million Sachen in meinem Leben, die ich bereue. Dass ich sieben Jahre lang mit Benji zusammengeblieben bin, ist eine davon. Dass ich mich nicht von Randy um den Verstand hab vögeln lassen, solange ich einen guten Vorwand dafür hatte, ist eine weitere. Na ja, ich weiß nicht genau, ob das passiert wäre, hätten die Dinge sich anders entwickelt, aber ich vermute es.

Das Schlimmste ist, das ich mich ihm an den Hals geworfen habe – ich habe mich ihm auf einem Silbertablett dargeboten, was überhaupt nicht mein Ding ist. Ich bin verantwortungsbewusst. Ich sorge dafür, dass ich mich wohlfühle. Und dann hat er sich geweigert, richtigen Sex mit mir zu haben, weil ich emotional »verletzlich« wäre. Er hat die fehlende Penetration mehr als wettgemacht, aber das ändert nichts an meiner Verlegenheit, vor allem, da ich bei seinen Klamotten völlig ausgerastet bin und bewiesen habe, dass ich mich innerhalb von Stunden von »verletzlich« zu labil entwickeln kann. Es schmälert auch nicht mein Bedauern. Dieser Mann kann lecken wie kein zweiter. Und seine Finger und sein Mund und – Gott, ich muss aufhören, daran zu denken, wie er fast nackt ist und mich berührt.

Ich stöhne und starre mein Spiegelbild an. Ich sehe völlig beschissen aus. Ich benutze fast nie Make-up, und das einzige Kosmetikzeug, das ich habe, ist für Wettkämpfe im Eiskunstlauf. Ich hatte überlegt, heute Abend etwas aufzulegen, aber ich wollte nicht wie eine clowneske Straßennutte aussehen. Außerdem juckt mir von Puder immer die Haut. Mein Haar ist so platt wie mein Busen. Ich schaue auf mein jämmerliches Dekolleté hinunter. Ich muss fünf Pfund zunehmen, und zwar am Busen. Gegen meine traurig kleinen Beinahe-B-Körbchen kann ich nichts unternehmen.

Ich wühle in meiner Handtasche auf der Suche nach etwas, das über Lippenbalsam hinausgeht. Irgendetwas mit einem Anflug von Farbe wäre auf jeden Fall besser als mein jetziger Look. Ich wette, Momma Zwei hat einen endlosen Vorrat an Glitzerlippenstiften in ihrer Tasche. Sie benutzt wahnsinnig viel Make-up. Und Haarspray. Seit ich denken kann, hat sie die gleiche Frisur. Ich bin mir nicht sicher, ob sie einfach nur Dallas so mochte und darüber nicht hinwegkommt, aber ihr Haar ist eine ganz spezielle Variante modischer Verirrung.

Auf dem Grund meiner Handtasche finde ich einen Lippenstift. Der Deckel ist abgegangen, und am Stift klebt jede Menge Mist. Ich reiße ein wenig Toilettenpapier von der Rolle und entferne den Dreck und die Krümel eines alten Müsli-Riegels, bevor ich mir damit die Lippen anmale. Es ist ein grelles, scheußliches Rosa. Ich tupfe das Ganze mit dem Toilettenpapier wieder ab, aber dabei schmiere ich es mir nur über den Mund.

»Verdammt.« Ich schnappe mir ein Papiertuch von der Rolle. Dann halte ich es unters Wasser, pumpe etwas Seifenschaum darauf und rubbel mir die Lippen ab, um das rosafarbene Zeug wieder runterzubekommen. Seife gerät in meinen Mund, und der Chemiegeschmack lässt mich würgen.

Jemand klopft an die Tür. Fast niemand kennt dieses Klo.

»In einer Minute«, rufe ich, um das fließende Wasser zu übertönen. Die Schrubberei hat die Haut um meinen Mund gerötet. Jetzt muss ich mich in einer dunklen Ecke verstecken, bis sie sich wieder beruhigt hat. Ich creme meine Lippen mit einem glänzenden, durchsichtigen Gloss ein, der ebenfalls am Grund meiner Tasche gelauert hat, bevor ich das Wasser abstelle und die Tür öffne.

Sunny steht davor, die Arme vor der Brust verschränkt. Sie ist ohne Anstrengung schön. Sie kann sich gerade aus dem Bett gewälzt haben, ihr perfektes, blondes Haar ein verfilztes Durcheinander, und sie sieht trotzdem aus, als sei sie bereit für den Laufsteg. Im Moment trägt sie ein riesiges Eishockeytrikot, eine schwarze Yoga-Hose –natürlich von Lululemon, denn ihr Bruder kauft ihr immer solche Sachen – und ein Paar flache Schuhe. Sie sieht aus wie ein Model. Wenn ich sie nicht lieben würde, müsste ich sie hassen.

Violet, ihre zukünftige Schwägerin, steht neben ihr. Sie reicht Sunny nur bis zur Schulter und ist ein winziges Persönchen mit einem riesigen Busen und umwerfendem, langem Haar, das weder braun noch rot ist, sondern irgendwas dazwischen. Ihre Augen sind von einem fabelhaften Grün. Keine der beiden trägt auch nur einen Hauch Make-up, soweit ich das erkennen kann, und beide sehen zauberhaft aus. Neben Violet steht noch ein Mädchen. Ich bin ihr schon mal begegnet, aber ich kann mich nicht an ihren Namen erinnern. Auch sie ist umwerfend. Ich habe es mit einem ganzen Trupp umwerfender Mädchen zu tun.

»Ich wusste doch, dass du dich hier versteckst.« Sunny wirft das Haar über die Schulter.

»Ich verstecke mich nicht.«

Sunny zieht eine Augenbraue hoch.

»Was ist mit deinem Gesicht passiert?«, fragt Violet und beugt sich dicht zu mir vor. »Es ist ganz rot.«

»Ich hatte da was drauf. Als ich versucht habe, es abzuwischen, habe ich alles nur noch schlimmer gemacht.«

»Was hattest du denn drauf?« Violet kommt noch näher; sie rückt mir richtig auf die Pelle.

Ich bin ihr jetzt schon etliche Male begegnet. Sie ist irgendwie verrückt, im positiven Sinne, aber ich bin es nicht gewöhnt, dass Menschen mir so nah kommen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich zickig wirke oder so. Doch Violet scheint immun dagegen zu sein.

»Nur …« Ich stammele eine Sekunde herum und versuche, mir eine Lüge einfallen zu lassen. Ich will ihnen nicht erzählen, dass ich mir die Lippen geschminkt habe, weil Sunny dann weiß, dass ich versuche, mich für Randy hübsch zu machen. »… Zeug.«

»Zeug?«, wiederholt Violet.

»Nicht so wichtig. Wir sollten wahrscheinlich in die Bar gehen, bevor es da supervoll wird.«

»War ein Typ mit dir da drin? Meinst du Sperma-Zeug?« Violet schiebt sich an mir vorbei und öffnet die Klotür.

Das Mädchen, an deren Namen ich mich nicht erinnere, schüttelt den Kopf. »Ignorier sie einfach. Sie spinnt.«

»Ich spinne nicht, Char! Das ist eine total legitime Frage.« Sie sieht mich an, als erwarte sie, dass ich die Legitimität der Frage, ob das in meinem Gesicht eine allergische Reaktion ist, bestätige. Als ich schweige, erklärt sie es weiter. »Wenn Alex zu viele von diesen irre scharfen Hühnerflügeln isst, kriege ich manchmal einen roten Oberkörper von ihm.«

Sunny windet sich, wahrscheinlich, weil Alex zufällig ihr Bruder ist. »Ich glaube, ich brauche einen Mojito.«

»Oh! Guter Plan!« Violet hakt Char unter und zieht sie den Flur hinunter. »Kommt, Ladys, lasst uns zu viel trinken und Geschichten austauschen.«

»Ist sie immer so?«, murmele ich.

»Sie ist gestresst wegen der Verlobungsparty. Charlene zufolge hat sie schon während des ganzen Spiels aus einem Flachmann getrunken.« Sunny zwirbelt eine Locke um den Finger. »Ich mache mir Sorgen um sie.« Dann richtet sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich. »Was ist mit dir? Alles okay? Ich dachte, du hättest gesagt, es wäre in Ordnung für dich, Randy zu sehen.«

»Es geht mir gut. Alles okay. Keine große Sache.« Ich wedele leicht hysterisch mit der Hand herum. »Wir haben rumgemacht. Nichts Besonderes.«

Sie legt den Kopf schräg. »Lily.«

»Wirklich, Sunny. Alles cool. Ich sollte mich wohl mal davon überzeugen, dass Brett keinen Mist macht und den Spielern nicht auf die Nerven geht.«

»Trägst du Lipgloss?«

»Was? Nein. Lass uns gehen.« Ich drehe den Kopf zur Seite und wische mir mit dem Ärmel über den Mund, während wir Violet und Charlene zur Bar folgen.

Heute herrscht eine andere Atmosphäre als nach richtigen Spielen. Es laufen haufenweise Kids herum, weil das hier eine Familienveranstaltung ist. Ich war mit Sunny schon bei einigen Spielen in Toronto. Die üblichen After-Game-Partys können laut und anstrengend werden, und es gibt immer eine Million ekelhafter Mädchen, die versuchen, in die Nähe der Typen zu gelangen. Heute Abend ist das anders.

Ich folge Sunny in die Bar und bestelle mir das Gleiche, was sie nimmt. Weil sie Millers Freundin ist, wollen sie für sie anschreiben, aber sie lehnt ab und reicht einen Zwanziger rüber. Ich weiß, dass sie mir nicht erlauben wird, ihr Geld zu geben, also werde ich ihr ihren nächsten Drink spendieren, damit wir quitt sind.

Ich bleibe, den Drink in der Hand, dicht hinter ihr, damit ich mich verstecken kann, falls es sein muss. Sie bemerkt meine Nervosität nicht und bleibt stehen, um zu plaudern und mich allen vorzustellen, die sie kennt, und das sind eine Menge Leute. Ich halte den Mund und nippe an meinem Drink. Er ist köstlich. Minzig und zitronig und nicht zu süß.

Ich schaue mich um und betrachte all die gut gekleideten, attraktiven Menschen. Es ist verständlich, dass sich die Frauen diesen Jungs an den Hals werfen. Viele tragen ernstlich dicke Brieftaschen mit sich herum. Manche sind heiß. Miller erinnert mich an eine Ken-Puppe, aber er ist attraktiv.

Und dann ist da noch Randy. Bei dem bloßen Gedanken an das Sleeve-Tattoo, das seinen muskulösen Arm bedeckt, an die tiefen v-förmigen Linien und diese Bauchmuskeln stoße ich einen Laut aus, eine Mischung aus Seufzen, Stöhnen und Hüsteln … Ich produziere ein schreckliches Schlürfen, das mich aus meinen Gedanken aufschreckt.

»Ha! Ich muss aber Durst gehabt haben.« Ich halte das leere Glas hoch und bin sicher, dass mein Gesicht in Flammen steht. »Ich besorge mir noch einen Drink. So was von ausgedörrt! Wollt ihr auch noch was?«

»Ich bin vorläufig noch versorgt.« Sunny hält ihr fast volles Glas hoch.

Ich lasse sie bei ihren Freunden zurück und mache mich wieder auf zur Theke. Noch mehr Leute sind gekommen, und dann tauchen auch die Spieler auf, alle auf einmal. Ich schiebe mich an das Ende der Theke und bestelle einen weiteren Mojito. Den Kopf halte ich gesenkt und lasse mir das Haar ins Gesicht fallen. Es reicht mir nur bis zum Kinn, daher ist nicht viel da, um mich dahinter zu verstecken. Ab und zu schaue ich hoch und sehe, wie diese riesigen, gut gebauten Jungs alle mit einem freundlichen Lächeln begrüßen. Heute Abend scheint sich keiner von ihnen darum zu scheren, ob sie in der Sieger- oder in der Verlierermannschaft waren.

»Hey! Da bist du ja!« Violet stupst mich mit ihrer kurvigen Hüfte an. Sie trägt das gleiche Shirt wie ich, das gleiche Shirt wie fast alle Leute hier, nur dass sie es im Brustbereich viel besser ausfüllt als ich. Sie legt mir einen Arm um die Schulter. Sie ist ein wenig verschwitzt. »Bestellen wir uns einen Kurzen!«

»Ich weiß nicht …«

»Wie wär’s mit Slippery Nipples und Screaming Orgasms?«

»Da bin ich dabei!«, sagt Charlene und rutscht neben sie.

»Amüsierst du dich schon?«, fragt Violet.

Ich nicke. Ich müsste brüllen, um mich verständlich zu machen.

»Also, Buck hat mir erzählt, du hättest mal was mit Randy gehabt. Wie war das? Ich habe alle möglichen Dinge über diesen Typen gehört. Ich meine, abgesehen davon, was für ein toller Spieler er ist, dass er Alex’ Position übernehmen wird und all den anderen Scheiß, den die Leute so reden.«

Sie wedelt mit der Hand und pikst mir ins Ohr. Sie ist eindeutig betrunken, aber ich glaube nicht, dass es besonderen Einfluss auf die Sachen hat, die sie von sich gibt.

»Wie auch immer, ich habe gehört, dass er seinem Namen gerecht wird, wenn du weißt, was ich meine? Zwinker, zwinker. Richtig?«

»Ich, ähm …«

»Da seid ihr ja!« Alex tritt hinter uns und legt uns beiden einen Arm um die Schultern. Er drückt mich kurz. »Hey, Little Lily! Wie geht es dir? Ich habe dich viel zu lange nicht mehr gesehen!«

Ich hasse diesen Spitznamen. Er gibt mir das Gefühl, zwölf zu sein.

»Mir geht es gut. Bestens. Schönes Spiel heute Abend. Es tut mir leid, dass du gegen Miller verloren hast.«

»Das ist schon in Ordnung. Ist ja alles für einen guten Zweck.«

»Ich werde dich später vergessen lassen, dass du verloren hast, Baby.«

Ich glaube nicht, dass Violet vorhatte, das so laut zu sagen.

Alex lacht. »Pst. Wir müssen nicht allen erzählen, wer später auf die Knie geht.«

»Ich!« Sie hebt die Hand. »Ich gehe später auf die Knie.«

Er legt ihr einen Finger auf die Lippen, und er lacht immer noch. »Wie viel hast du getrunken, Violet?«

»Nur einen.«

Er sieht mich an, als wisse ich etwas, was er nicht weiß. Ich zucke die Achseln, und genau in dem Moment stellt der Barkeeper zwei Reihen Shots vor uns hin. Alex grapscht sich Violets Gläser, bevor sie rankommt, und kippt sie herunter. Ich trinke meine, um zu verhindern, dass Violet sich einen von mir klaut. Ich mache Anstalten, für meine Drinks zu bezahlen, aber Alex wirft mir einen dieser Blicke zu. Ich streite mich nicht mit ihm. Er ist sich über die finanzielle Situation meiner Familie nur zu gut im Klaren. Es gibt nur meine Mom und mich, und manchmal ist das schwer. Ab und zu finde ich ein paar tausend Dollar auf meinem Konto. Ich weiß, dass das Geld von ihm kommt. Er erwähnt es nie, und ich tue es ebenfalls nicht. Es verletzt meinen Stolz, aber es hilft, wenn es mal eng wird. Wie letztes Jahr, als wir einen neuen Wagen brauchten.

Mir fällt wieder ein, dass ich meinen kleinen Cousin dabei habe, daher entschuldige ich mich, auch wenn das nicht notwendig gewesen wäre, da Violet jetzt versucht, Alex zu befummeln, und er damit beschäftigt ist, ihre Hände nicht an Stellen wandern zu lassen, an die sie in der Öffentlichkeit nicht gehören.

Ich umklammere meinen Mojito und halte mich an der Wand, während ich nach Brett Ausschau halte. Ich finde ihn genau dort, wo ich ihn nicht sehen will: bei Randy, Miller und Michael – dem Jungen, für den Miller diese Benefiz-Veranstaltung organisiert hat. Sie sitzen an einem Tisch, umringt von turmhoch gefüllten Tellern. Sie lächeln und lachen, und Miller hat Michael den Arm um die Schultern gelegt. Er fühlt sich Michael persönlich verbunden: Seine eigene Mutter ist an einem inoperablen Tumor gestorben, als er noch ein Kind war.

Es war verdammt schwierig für Miller, als er anfing, sich mit Sunny zu treffen. Die Berichte in den Medien waren höchst ungünstig. Er ist letzte Saison nach Chicago verkauft worden, weil er in einer Toilettenkabine die Nichte seines damaligen Trainers gevögelt hat. Ich habe mir Sorgen um sie gemacht, aber seit dem Wochenende in Alex’ Ferienhaus nach dem Campingurlaub habe ich eine ganz andere Seite von ihm kennengelernt – eine, die die Medien nicht kennen. Er ist so verliebt in Sunny, dass er alles für sie tun würde. Wie zum Beispiel eine Stiftung nach ihr benennen. Auf den Shirts, die wir heute Abend alle tragen, steht PROJEKT SUNSHINE.

Sunny und den Medien zufolge hat Randy, der zufällig Millers bester Freund ist, bei der Organisation dieses Events mitgeholfen. Randys Mitwirkung ändert jedoch nichts an meinen Gefühlen für ihn. Nur weil er nett zu Michael ist, bedeutet das nicht, dass er keine männliche Spielerschlampe ist. Jämmerlicherweise will ich ihn trotzdem noch reiten wie einen Rodeo-Bullen.

Tief im Innern glaube ich nicht, dass Randy ein schlechter Kerl ist. Eigentlich bin ich sogar geneigt, das Gegenteil zu behaupten. Ein Aufreißer? Definitiv. Männliche Schlampe? Zu hundertzehn Prozent. Aber ich habe mich ihm an den Hals geworfen, nicht andersherum. Am meisten stört mich, dass ich, obwohl ich das weiß, nicht bereue, was im Ferienhaus passiert ist, abgesehen davon, dass ich keinen richtigen Sex mit ihm hatte. Das bereue ich wirklich. Und ich hasse es, wenn ich meine Reue bereue, denn dadurch fühle ich mich wie ein Groupie, und das will ich nicht sein.

Ich sollte froh sein, dass meine Aktion letzten Monat dafür gesorgt hat, dass zwischen Randy und mir nichts weiter laufen wird. Ich habe nicht nur schreckliche Dinge mit Edding auf seine Klamotten geschrieben, ich bin auch beide Male, als er angerufen hat, nicht ans Telefon gegangen. Er hat keine Nachricht hinterlassen, daher habe ich keine Ahnung, was er mir sagen wollte.

Warum dieser ganze Zwiespalt wegen eines Eishockeyspielers? Das geht zurück auf meine Empfängnis. Mein Dad, den ich insgesamt null Mal getroffen habe, war Eishockeyprofi. Er hat meine Mom geschwängert, als sie achtzehn war, und ist dann wieder zu seinem hübschen Leben zurückgekehrt: ist durch die Gegend gereist, hat einen Puck über das Eis geklatscht und Groupies gevögelt, die so dumm waren, die Beine für ihn breit zu machen, sodass es meiner Mom überlassen blieb, mich allein großzuziehen.

Ironischerweise hat Mom für eine sehr kurze Zeit selbst in die Groupie-Kategorie gepasst. Sie ist nie wieder mit einem Eishockeyspieler ausgegangen, und sie hämmert es mir immer wieder ein, dass ich nicht in dieselbe Falle tappen soll. Sie scheint jedoch eine Begabung dafür zu haben, auch in anderen Berufssparten Männer zu finden, die nicht lange bleiben. Schon mein ganzes Leben gaben sich bei ihr die labilen Mistkerle die Klinke in die Hand. Und nein, ich bin überhaupt nicht zynisch.

Ich erschrecke mich selbst wieder damit, dass ich lediglich Luft aus meinem Strohhalm ziehe statt Mojito. Stirnrunzelnd schaue ich in mein Glas. Wie verschwindet dieses Zeug nur immer so schnell? Ich schaue zu Brett hinüber. Oh, Scheiße. Randy hat mich bemerkt.

Ein selbstgefälliges Grinsen umspielt seine sexy Mundwinkel. Er sagt etwas zu Brett und klopft ihm auf die Schulter, dann schiebt er seinen Stuhl zurück. Ich tue so, als sei ich mit meinem Telefon beschäftigt. Ich bin schon ganz seekrank, so oft schaue ich von dem Display zu ihrem Tisch und wieder zurück aufs Display.

Oh Gott. Er ist auf dem Weg hierher. Ich kann das nicht. Fieberhaft suche ich den Raum nach Sunny ab, doch ich kann sie nirgends entdecken, also tue ich das Logischste auf der Welt: Ich versuche, aus der Bar zu verschwinden, nur weg von Randy. Es gibt einen Ausgang, den man von dieser Seite eigentlich nicht benutzen soll, doch die Alarmanlage ist seit einer Ewigkeit ausgeschaltet. Durch den kann ich abhauen und mich wieder auf dem Klo von vorhin verstecken. Ich werde mich dort einschließen und überlegen, wie es weitergehen soll.

Ich stürme durch die Brandschutztür, erleichtert, dass der Alarm immer noch ausgeschaltet ist, und gehe mit schnellen Schritten den Flur entlang. Dann biege ich rasch rechts um die Ecke. Verdammt. Er folgt mir. Was kann er nur wollen? Mich noch ein bisschen weiter angrinsen? Wegrennen sollte ein sicheres Zeichen dafür sein, dass ich an keiner Auseinandersetzung interessiert bin, auch an keiner wie auch immer gearteten Diskussion, und dass ich nicht einmal mit ihm ins Bett will – auf die unwahrscheinliche Gefahr hin, dass das auf der Tagesordnung steht. Okay, Letzteres würde ich total gern tun. Und deshalb sollte ich weiter rennen.

»Hey, Lily!«, ruft er. »Warte!«

Beim Klang seiner Stimme geben meine Knie beinahe unter mir nach. Was will er bloß? Ich rutsche auf einer nassen Stelle auf dem Boden aus und schaffe es mit knapper Not, nicht auf dem Hintern zu landen. Er ist jetzt direkt hinter mir. Ich packe die Klinke der Klotür, komme schlitternd zum Stehen und falle beinahe schon wieder hin. Dann reiße ich die Tür auf und werfe mich hinein. Extra dramatisch. Aber bevor ich abschließen kann, schafft es Randy, seinen massigen, muskulösen Körper durch den Spalt zu schieben.

»Was tust du da?«, kreische ich, als sich die Tür hinter ihm schließt und wir im Dunkeln stehen. »Ich sehe nichts!«

Er lacht. Das Licht springt an, und ich blinzele in die plötzliche Helligkeit. »Hast du nicht gehört, dass ich nach dir gerufen habe?«

Ich stemme die Hände in die Hüften. »Hast du nicht gesehen, dass ich vor dir weggelaufen bin?«

Er lacht noch mal. Es ist ein schönes Lachen. »Ähm, ja, doch. Ich dachte, du musst vielleicht wirklich zur Toilette.«

»Musste ich auch. Muss ich. Jetzt verschwinde, oder ich pinkele direkt vor deinen Augen los!«, schreie ich. Es ist schrill und total unnötig, wenn man bedenkt, dass ich ungefähr zehn Zentimeter von ihm entfernt bin. Ich habe ihm dabei vielleicht sogar aufs Hemd gespuckt. Auf seine unfassbar muskulöse Brust.

Er hat sich die Ärmel bis zu den Ellbogen aufgekrempelt und stellt die Tattoos auf seinem rechten Unterarm zur Schau. Er hat sogar eins auf dem Handrücken. So, wie es gestochen ist, wirkt es fast dreidimensional: Eine atemberaubende Blume mit Tautropfen, und in dem fallenden Tropfen befindet sich ein winziger, kunstvoll ausgeführter Totenkopf. Damit macht er einen auf knallhart. Ich erinnere mich, wie faszinierend es aussah, als die Finger dieser Hand in mir steckten und gepumpt haben, bis ich gekommen bin. Ich gebe einen erstickten Laut von mir.

»Hast du gerade gestöhnt?«

»Was? Nein.« Ich werfe ihm blitzschnell einen Blick zu.

Dieses aufreizende Feixen erzeugt Fältchen um seine Augen. Selbst seine Augenfältchen sind heiß.

»Ich meine, du hättest gestöhnt.«

»Es war ein Ächzen. Das ist etwas ganz anderes als ein Stöhnen.«

Er lehnt sich an die Tür und versperrt mir den Ausgang. »Ach ja? Willst du mir den Unterschied erklären?«

»Ich will dir gar nichts erklären. Jetzt geh raus, damit ich auf Toilette gehen kann! Ungestört. Allein.« Meine Stimme ist immer noch extrem kieksig. Ich muss aufhören, mich wie eine Idiotin aufzuführen. Außerdem muss ich ihn aus dem Klo bekommen, bevor ich noch etwas tue, was ich bereuen sollte, aber wahrscheinlich nicht bereuen würde. Er scheint dem wirklich nicht annähernd so abgeneigt zu sein, wie ich vermutet hätte.

Ich drücke gegen seine Schulter, um ihn aus dem Weg zu schubsen. Er bewegt sich vielleicht um den Bruchteil eines Zentimeters. Er riecht fantastisch, so als wäre er frisch geduscht und hätte gerade ein Deo benutzt. Sein Arm ist so fest, ganz anders als der von Benji. Ich drücke weiter und dabei vielleicht auch ein klein wenig seinen Bizeps.

»Was ist das bloß mit dir und deinen Überfällen auf mich im Bad?«, frage ich, schreie aber nicht mehr ganz so laut.

Mein Gesicht wird heiß bei der Erinnerung daran, wie er im Ferienhaus zu mir ins Bad reingeplatzt ist, ich wie auf dem Präsentierteller und er mit der Hand in seiner Shorts. Verdammt. Jetzt denke ich schon wieder an unseren Beinahe-Sex.

Randy lächelt immer noch wie ein Idiot. Ich glaube, er hat etwas gesagt und ich habe es verpasst, weil ich zu beschäftigt damit war, mich zu genieren. Und angetörnt zu sein.

»Wie bitte?«, frage ich.

Seine Zunge fährt über seine Unterlippe. Er hat tolle Lippen. Sie sind voll und weich und wie geschaffen fürs Küssen. Er streicht mir das Haar aus dem Gesicht und lässt die Fingerspitzen über meine Wange gleiten. Alle meine Muskeln krampfen sich zusammen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich allein bei dem Gedanken an die Dinge, die er mit mir gemacht hat, kommen könnte. Was verrückt ist, weil ich immer geglaubt habe, dass solche Reaktionen totaler Bullshit sind.

»Ich habe gesagt, dass du, als wir das letzte Mal zusammen in einer Toilette waren, erheblich weniger anhattest.« Sein Blick wandert über mich hinweg, und seine Augen – in der Farbe von Honig oder einem Sandstrand oder scheißegal – gleiten unter meine Gürtellinie. Er zeigt auf meinen Schritt. »Was macht deine Kosmetikerin eigentlich dieser Tage? Hast du die Situation da unten geklärt?«

Mir klappt der Unterkiefer runter, und dann schließe ich den Mund schnell wieder, dann öffne ich ihn erneut und warte auf eine freche Witzelei, mit der ich es ihm heimzahle, aber es kommt nichts. Mir fällt keine schlagfertige Erwiderung oder überhaupt irgendetwas ein, was ich darauf sagen könnte, denn die ehrliche Antwort lautet: Nein. Ich hatte noch keine Gelegenheit, das zu regeln.

Im letzten Monat musste ich meinen Intimbereich selbst enthaaren, und ich kann das nicht besonders gut. Ich vergesse immer wieder einzelne Stellen, und dann muss ich sie mit einem Rasierer nachbearbeiten. Meine Vagina hat ständig einen Bartschatten.

»Das würdest du wohl gern wissen, wie?«

»Willst du’s mir zeigen?«

»Du bist ein Schwein!«

Eigentlich würde ich es ihm irgendwie wirklich gern zeigen, obwohl es nicht die beste Enthaarungsaktion der Welt ist. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich ihn am liebsten auf den Knien, dann würde ich meine Hose runterziehen, ein Bein auf den Rand des Waschbeckens stellen und Randys Gesicht direkt dort hineinstoßen, damit er ganz aus der Nähe einen Blick auf die Hölle werfen kann, durch die ich gehen musste, um meine Vagina für niemanden präsentabel zu machen. Weil ich die Einzige bin, die sie zu sehen bekommt.

Ich glaube, ich brauche bald Sex. Mit etwas anderem als meinem Vibrator.

»Ich hasse deine perfekte Visage!«, zische ich und klinge buchstäblich wie eine Schlange. Ich schnappe mir das Revers seines Oberhemds und stoße ihm die Zunge in den Mund.

Scheiße. Das ist das Gegenteil von dem, was passieren sollte.

2

Was auf dem Klo passiert, bleibt auf dem Klo. Oder auch nicht.

Randy

Ich finde mich gegen die Tür gepresst wieder, und die Klinke drückt mir ins Kreuz, als Lily mir die Zunge in den Hals rammt. Sie unterbricht den Kuss, wenn man das denn überhaupt so nennen kann – und stößt sich von mir ab, aber sie hält immer noch mein Hemd fest. Ihre Nasenflügel beben ein wenig, und ihre Augen – die einen so dunklen Braunton haben, dass ich fast nicht erkennen kann, wo ihre Iris endet und die Pupille beginnt – sind glasig.

Ich weiß nicht, was ich mir davon versprochen habe, ihr nachzugehen. Mein einziger Plan bestand darin, irgendeine Art Gespräch anzufangen. Bei unserer letzten Begegnung haben wir einander verschiedene Dinge gesagt, und unter anderem hat sie mich ein Arschloch genannt, neben einem Haufen anderer kreativer Beleidigungen. Auf meine Anrufe hat sie auch nicht reagiert. Außerdem hat sie all meine Klamotten mit Edding bekritzelt. Ich hatte es irgendwie verdient. Es gefällt mir, dass sie genauso verrückt ist wie ich.

Sie schüttelt den Kopf und streicht sich das dunkle, kinnlange Haar aus dem Gesicht, das ihr in die Augen fällt. Ihre Brust hebt und senkt sich bei jedem Atemzug. Sie sieht heiß aus heute Abend. Ihre Jeans betont die schlanken Konturen ihres Körpers. Ihr Event-Shirt hat sie an der Seite geknotet, weil es so groß ist, dass es sonst an ihrem schmalen Körper herumrutschen würde.

Sie keucht ziemlich heftig. Es erinnert mich sehr daran, wie sie sich angehört hat, als ich es ihr in Waters’ Ferienhaus mit dem Mund gemacht habe. Das ist jetzt schon Wochen her, aber ich kann nicht aufhören, daran zu denken. Ich weiß nicht, warum. Ich meine, ich kann Frauen lecken, wann immer mir verdammt noch mal danach ist – nicht dass ich es tue. Es jemandem französisch zu besorgen, ist sehr intim, und Groupies machen normalerweise die Runde. Ich gehe mit meinem Mund nicht dahin, wo schon eine Million anderer Schwänze gewesen sind.

Scheinheilig? Ganz und gar nicht. Ich lasse auch die Münder nicht an mich ran … aus vielen Gründen. Aber Lily ist kein Groupie, und jemand muss sich um sie kümmern. Richtig kümmern. Also bin ich bei ihr auf die Knie gegangen. Doch ich habe die Grenze gezogen und keinen Sex mit ihr gehabt. Ich wollte mich nicht schuldig fühlen, wenn sie nur mit mir geschlafen hätte, um es diesem Arschloch von Ex heimzuzahlen.

Es war richtig, aber ich bereue trotzdem manches. Vor allem, weil ich weiß, dass sie mit diesem Mistkerl nicht wieder zusammengekommen ist. Nicht dass ich danach gefragt hätte oder so. Miller versorgt mich auch so mit Infos. Und jetzt scheint alles zwischen ihr und mir im Argen zu liegen. Wenigstens bis vor ungefähr dreißig Sekunden. Wie auch immer, nachdem ich schon mal die Finger in Lily hatte, kann ich ohne jeden Zweifel sagen, dass der Sex umwerfend wäre. Sie ist ein enger kleiner Feuerwerkskörper.

Sie zieht meinen Mund wieder zu sich herunter und hält inne, als sich unsere Lippen beinahe berühren. Ich taste hinter mir nach dem Türschloss und lege es um. Ich will jetzt keine Störungen. Ich ziehe sie an mich und halte ihre Hände fest. Dann streife ich ihre Nasenspitze mit meiner, alles ganz sanft.

Sie lässt dieses ganz leise Wimmern hören. Es ist kaum ein Laut; sie reckt das Kinn und drückt ihr Becken nach vorn. Eigentlich müsste sie meinen Ständer spüren. Alles andere ist unmöglich. Ich fahre mir mit der Zunge über die Lippen, über die Narbe von dem Eishockeyschläger, den ich vor langer Zeit ins Gesicht bekommen habe. Sie folgt der Bewegung mit den Augen. Als sie den Blick hebt, mache ich mich über ihren Mund her.

Sie versucht wieder, die Zunge an meinen Lippen vorbeizuschieben, und dieses Mal zwinge ich sie mit meiner eigenen Zunge zurück. Ihre Hände lösen sich von meinem Hemd, und sie schließt die Finger um meine Handgelenke, während sie darum kämpft, in meinen Mund zu gelangen. Wird nicht klappen. Noch nicht. Es ist schwierig, sie zu küssen und gleichzeitig zu lächeln, aber es gelingt mir.

Sie fährt mir mit der Hand durchs Haar. Dann reißt sie mir das Haargummi heraus und schleudert es quer durch den kleinen Raum. Ich habe keine Ahnung, wo es landet, aber ich werde es mit Sicherheit nicht wieder aufheben.

Ich wirbele uns herum, sodass sie jetzt an der Tür lehnt, und schiebe ihr ein Knie zwischen die Beine. Dann beginne ich im Grunde damit, sie in voller Montur zu nehmen. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Wir sind hier auf einer Benefiz-Veranstaltung. Es sind Familien mit Kindern da. Und ich habe mich mit einem Mädchen auf dem Klo eingeschlossen, das DARIN BEFINDET SICH EIN KLEINER SCHWANZ auf fast alle meine Boxershorts geschrieben hat. Ich trage heute eine davon, weil ich irgendwie gehofft hatte, dass ich sie treffe und genau das hier tun würde.

Ich umfasse ihren Hintern und drücke fest zu, dann hebe ich sie hoch. Sie ist vielleicht eins fünfundsechzig, bestenfalls eins siebzig groß, und ich bin über eins neunzig, daher habe ich ihr gegenüber einen Höhenvorteil, außerdem bin ich wahrscheinlich hundert Pfund schwerer. Sie besteht ganz aus drahtigen, kompakten Muskeln und ist überall schmal, angefangen von ihren Hüften bis hin zu ihrem Brustkorb. Sie schlingt mir ihre starken Beine um die Taille und macht wieder einen dieser erstickten Stöhnlaute.

Wenn es für menschliche Wesen möglich wäre, sich gegenseitig zu verschlingen, dann würden wir das jetzt wohl tun. Sie lässt mein Haar los und sucht nach dem Saum meines Hemds. Ihre Fingernägel kratzen über meine Bauchmuskeln. Ich beiße ihr aus Rache in die Zunge. Sie reißt sich von mir los und schlägt mit dem Kopf gegen die Tür.

»Alles okay?«, frage ich.

Sie kneift mir in die Brustwarze, also beiße ich ihr in den Hals. »Mach das noch mal, und ich werde an dir saugen, bis ich einen Knutschfleck hinterlasse«, warne ich sie, meinen geöffneten Mund auf ihrer Haut. Sie schmeckt salzig und süß und ist sehr, sehr warm.

»Das würdest du nicht tun.«

»Oh, das würde ich auf jeden Fall.« Ich sauge ein ganz kleines bisschen, und sie keucht auf, schiebt die Hände wieder in mein Haar und gräbt mir die Fingernägel in die Kopfhaut.

Ich packe fester zu und reibe mich an ihr, während ich ihre Kehle bis hinauf zu ihrem Kinn küsse. Ich bin jetzt echt hart. Ich wünschte, sie trüge etwas anderes als eine enge Jeans. Die einzige Möglichkeit, überhaupt in sie hineinzugelangen, wäre, sie umzudrehen und von hinten zu nehmen. Nicht meine Lieblingsstellung.

Ich weiß genau, wie Lilys Gesicht aussieht, wenn sie kommt. Wenn ich schon mit ihr schlafe, will ich, dass wir uns ansehen, während sie über meinem Schwanz die Fassung verliert. Ein öffentliches Klo ist wahrscheinlich nicht der beste Ort dafür, selbst wenn es behindertengerecht und ziemlich sauber ist. Öffentliche Waschräume sind mehr Millers Ding oder waren es jedenfalls vor Sunny.

Ich lasse weiter meine Hüften kreisen, und ihr Stöhnen wird lauter, also bedecke ich ihren Mund erneut mit meinem.

Sie ballt die Hände zu Fäusten und packt mein Haar so fest, dass ich mir schon Sorgen mache, sie könne es an den Wurzeln herausreißen. »Oh mein Gott«, stöhnt sie dicht an meinen Lippen.

Ich löse mich von ihr und überzeuge mich davon, dass es ihr gut geht. Sie wirft den Kopf in den Nacken und knallt erneut mit einem tiefen Rums gegen die Tür. Wir machen hier drin schrecklich viel Lärm, aber zumindest ist es ein abgelegenes Klo.

Ich drücke sie mit den Hüften fest an die Tür, damit ich nicht beide Hände brauche, um sie aufrecht zu halten. So kann ich verhindern, dass ihr Kopf wieder dagegen die Tür knallt. Wenn sie so weitermacht, bekommt sie noch eine Beule. Und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, sie kommt gerade – was unmöglich sein kann, weil ich nichts weiter getan habe, als mich an ihr zu reiben.

»Lily?«

Ihr Blick trifft meinen, und Ekstase löst den Schock ab. Ihr klappt der Unterkiefer herunter. »Das ist nicht – ich kann nicht …«

»Kommst du etwa gerade?« Obwohl das nicht sein kann, muss ich einfach fragen.

Sie schüttelt heftig den Kopf und stottert ein Nein, aber ihr Gesichtsausdruck ist verräterisch. Ich kaufe ihr das nicht ab. Also packe ich ihren Hintern und schwinge sie herum, bis wir mit dem Gesicht zur Wand stehen. Dann lasse ich sie auf den Boden runter. Ihre Nägel kratzen über meinen Hals, und sie verkrallt sie in meinem Hemd.

»Warum hörst du auf?« Sie stößt noch mal mit dem Becken nach vorne und taumelt.

Ich schiebe sie rückwärts, bis sie an der Wand steht. Sofort reibt sie sich an meinem Oberschenkel. Es gäbe weit bessere Stellen dafür. Sie versucht, meinen Mund zu ihrem zurückzuziehen, aber ich habe andere Pläne. Ich streife ihr das Shirt über den Kopf und hänge es an die Türklinke. Ihre Handtasche liegt auf dem Boden, und der ganze Kram ist überall verstreut. Nicht, dass es im Moment eine Rolle spielen würde.

Ihr BH ist nichts Ausgefallenes oder was mit Spitze. Er ist schlicht, aus hellem Satin. Ich kann die Umrisse ihrer Brustwarzen durch den BH sehen. Um die werde ich mich später kümmern. Während Lily auf meinem Bein reitet, öffne ich den Knopf ihrer Jeans und ziehe den Reißverschluss herunter. Ihre Unterwäsche passt zu ihrem BH, noch mehr schlichter, heller Satin.

Ich schiebe ihr die Hand vorn in die Hose. Sie hat sich darum gekümmert, ich treffe auf ziemlich glatte Haut. Aber ihre Jeans ist so eng, dass ich die Hand nicht weiter als bis zu ihrem Beckenkamm kriege. Ich spüre, wie heiß sie ist, aber ich komme an all diese Feuchtigkeit nicht heran. Zu ihrer Verteidigung sei gesagt, dass meine Hände ziemlich groß sind, was das Problem noch verschärft.

Lily fummelt an meiner Gürtelschnalle und dann an meinem Reißverschluss herum. Meine Erektion stemmt sich gegen meine Boxershorts. Sie erstarrt und sieht mich erschrocken an. Nicht, weil mein Schwanz so ehrfurchtgebietend ist, obwohl er das schon irgendwie ist, sondern weil sie das DARIN BEFINDET SICH EIN KLEINER SCHWANZ lesen kann, das sie in ordentlichen Großbuchstaben mit schwarzem Edding auf den pinken Stoff geschrieben hat.

Sie beißt sich auf die Lippe und verzieht das Gesicht, als sei sie sich nicht sicher, ob sie lachen, verlegen sein oder sich entschuldigen soll – oder vielleicht alles gleichzeitig. Sie streicht über den Bund, als denke sie darüber nach, die Hand hineinzuschieben. »Warum hast du die noch?«

»Das ist mein Lieblingsexemplar.«

»Aber …« Sie befummelt mich durch den Stoff und reibt sich gleichzeitig an meinem Bein. Ihre Augen rollen in den Höhlen nach oben, und sie erschauert wieder. »Ich denke, uns ist beiden nur zu bewusst, dass das eine irreführende Information ist.« Ich schiebe die Hand von meinem Schwanz weg und mache einen Schritt zurück. Dann gehe ich in die Knie und ziehe Lily die Jeans über die Hüften, zusammen mit ihrem Slip, der ganz feucht ist. Es ist, als sei er verdammt noch mal an ihrem Körper festgeklebt.

»Was hast du …«

Ich lasse eine Hand zwischen ihre Beine gleiten und schneide ihr das Wort ab. Ich wandere über ihre Klitoris und schiebe zwei Finger in sie hinein. Ich will wissen, ob ich recht habe, was diesen spontanen Orgasmus ohne Berührung betrifft. Sie lehnt sich gegen die Wand und versucht, die Beine zu spreizen, aber ihre blöde enge Jeans macht das unmöglich. Sie zittert am ganzen Körper und schreit auf, als ich die Finger krümme. Und dann spüre ich es: das rhythmische Zucken um meine Hand.

»Du kommst.« Ich schaue zu ihr hoch, wie sie da ohne Shirt steht, der Träger ihres BHs hängt an ihrem Arm herunter, statt über ihrer Schulter zu liegen, und ihre Hände sind flach an die Wand hinter sich gedrückt.

»Ohne Scheiß«, keucht sie.

»Ich habe dich kaum angefasst.«

»Ich bin genauso verwirrt wie du.«

»Beug die Knie und spreiz die Beine«, befehle ich.

»Wa…«

Ich nehme die Hand zwischen ihren Schenkeln weg, was ihr einen verzweifelten Laut entlockt. Dann packe ich sie um die Taille, lasse mich runter zu ihren Knien sinken und schiebe den Kopf in die schmale Lücke, sodass ich mich Auge in Auge mit ihrem Zentrum befinde. Es ist nicht leicht, aber ich schaffe es. Dann hebe ich Lily hoch, sodass sie auf meinen Schultern sitzt und ihre Beine über meinen Rücken hängen.

Ich halte ihren linken Oberschenkel fest und lasse die andere Hand über ihren Bauch und unter ihren BH wandern. Ihre Brüste gucken unter dem unteren Rand hervor, und ihre Brustwarzen werden hart, als ich mit dem Daumen über eine davon streichele. Ich bedecke die sanfte Wölbung mit der Hand und drücke zu, während ich Lily an der Wand festhalte. Ich habe nicht viel Platz, um mich zu bewegen, aber sie ist bereits erregt genug, also sauge ich an ihrer Klitoris und umkreise sie mit der Zunge.

»Heilige Scheiiiiiii…« Ihre Beine spannen sich links und rechts von meinem Kopf an. Ich lasse von ihrem Busen ab und halte ihr den Mund zu. Ich glaube nicht, dass sie in diesem Moment ihre Lautstärke oder irgendetwas anderes kontrollieren kann, wenn man sieht, wie sie mit den Armen rudert. Ich weiß nicht, ob ich je ein Mädchen erlebt habe, das so schnell und so heftig kommen kann wie sie, und das mit so wenig Körperkontakt. Das letzte Mal ist sie oft gekommen, aber es war nicht so wie jetzt. Vielleicht liegt es daran, dass wir uns an einem öffentlichen Ort befinden und sie auf Exhibitionismus-Kram steht.

Woran es auch liegt, ich bin völlig damit beschäftigt, sie erneut kommen zu lassen. Sie stöhnt meinen Namen in meine Hand und beißt in den fleischigen Teil, während sie sich an meinem Gesicht windet. Das Beben fängt wieder von vorn an. Dann folgt ein Laut, der beinahe wie ein Schluchzen klingt.

Ich hebe den Kopf, und mein Bart reibt gegen ihre Klitoris. Ich werde ihn später kräftig mit Shampoo bearbeiten müssen. Ein heftiges Beben, das ihren ganzen Körper erfasst, schüttelt sie. »Lily, Baby, geht’s dir gut da oben?«

Ihr Kopf fällt nach vorn, und ihr Atem geht in kurzen Stößen.

Sie gibt lediglich einen Laut von sich. Ihre Augenlider sinken herab, und ihr Blick ist glasig. Sie sieht total bedröhnt aus.

»Hä?«

»Geht es dir gut?«

Sie schüttelt den Kopf und blinzelt etliche Male, als versuche sie, den Nebel zu klären. »Ich bin gerade so dermaßen gekommen.« Es klingt irgendwie verzerrt.

Ich will mich gerade wieder mit dem Mund auf sie stürzen, damit es noch mal passiert, als uns ein Klopfen an der Tür aufschreckt.

»Lily? Bist du wieder da drin?« Es ist Sunny, Millers Freundin. Sie ist auch Lilys beste Freundin. Jetzt wird es interessant.

Lilys Augen werden groß, und ihre Panik ist geradezu komisch. »Ich bin in einer Minute draußen!«

Sie versucht, von meinen Schultern herunterzukommen, und bringt uns dabei beinahe beide zu Fall. Das wäre nicht so schlimm, befänden wir uns nicht auf einem Klo. Es ist sauber, aber nicht so sauber. Ich ergreife ihre Hände und beiße in die Innenseite ihres Oberschenkels, dann sauge ich fest an der Haut.

»Au!«

»Ist da drin alles in Ordnung?«, fragt Sunny.

»Alles okay. Es geht mir gut. Ich habe mir nur den Zeh gestoßen!«

Ich ziehe eine Augenbraue hoch, und sie formt mit den Lippen ein Was?