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Dein Schicksal steht in den Sternen. Wagst du es, ihm zu trotzen?
Als Jupiter Wilson auf dem Jahrmarkt ein seltsames Amulett aus dem Spielzeugautomaten fischt, ahnt sie nicht, dass sie damit ein Tor nach Zodiac öffnen wird. Ein Reich, in dem die Sternzeichen über die Magie jedes Einzelnen bestimmen – und wo sie, ein Mensch, plötzlich in einen jahrhundertealten Konflikt zwischen den vier herrschenden Häusern hineingezogen wird. Verzweifelt versucht Jupiter einen Weg zurück nach Hause zu finden. Unerwartete Hilfe erhält sie dabei ausgerechnet von dem geheimnisvollen Nox. Doch kann sie dem gefährlichen Wächter wirklich trauen?
Astrologie trifft auf Slow-burn-Romantasy und die Tropes Love Triangle, Forbidden Love, Found Family und Enemies-to-Lovers!
Enthaltene Tropes: Enemies to Lovers, Forbidden Love/Romance, Forced Proximity, Found Family, Love Triangle
Spice-Level: 1 von 5
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Seitenzahl: 633
Veröffentlichungsjahr: 2025
Als Jupiter Wilson auf dem Jahrmarkt ein seltsames Amulett aus dem Spielzeugautomaten fischt, ahnt sie nicht, dass sie damit ein Tor nach Zodiac öffnen wird. Ein Reich, in dem die Sternzeichen über die Magie jedes Einzelnen bestimmen – und wo sie, ein Mensch, plötzlich in einen jahrhundertealten Konflikt zwischen den vier herrschenden Häusern hineingezogen wird. Verzweifelt versucht Jupiter, einen Weg zurück nach Hause zu finden. Unerwartete Hilfe erhält sie dabei ausgerechnet von dem geheimnisvollen Nox. Doch kann sie dem gefährlichen Wächter wirklich trauen?
Nicole Böhm, 1974 in Germersheim geboren, sehnte sich schon immer nach einem Beruf, in dem sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen kann. Nach einem Zeichenstudium in Arizona, einer Musicalausbildung in New York sowie mehrjähriger Arbeit als Fotografin merkte sie jedoch, dass ihre wahre Leidenschaft im Schreiben von Geschichten liegt. Seither träumt sie sich am liebsten in fremde Welten oder lässt ihre Protagonisten dramatische Lovestorys erleben. 2019 gewann Nicole Böhm den Deutscher-Phantastik-Preis für den besten Roman, weitere erfolgreiche Publikationen folgten. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und ihrem Pferd Bashir in der Domstadt Speyer.
Weitere Informationen unter: www.nicole-boehm.de
Nicole Böhm
Sternenstaub
Roman
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Originalausgabe 2025 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Copyright © 2025 by Nicole Böhm
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Langenbuch & Weiß Literaturagentur.
(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR)
Redaktion: Klaudia Szabo
Umschlaggestaltung & -motiv: Alexander Kopainski
DK · Herstellung: fe
Satz: satz-bau Leingärtner, Nabburg
ISBN 978-3-641-31717-1V002
www.blanvalet.de
Für den Teil meiner Seele, der niemals aufgibt.
Diese Reihe gibt es nur wegen dir.
Wer Antworten bei den Sternen sucht, darf die Wahrheit nicht fürchten.
Aus den Schriften des Berosos, erster Sternzeichenkodex nach der Kurati
Zeit zur zweiten Vollmondwende:
00:19:20 Stunden
Die junge Frau rennt so schnell wie nie zuvor in ihrem Leben. Ihr Herz rast, ihre Beine zittern, der Schweiß rinnt zwischen ihren Brüsten und über ihren Rücken hinab. Doch sie hält nicht inne, denn wenn sie das tut, ist sie tot.
Die Schreckensbilder der vergangenen Stunden verfolgen sie, genau wie der Gestank nach Blut, die Schreie ihrer Mutter und ihre Verzweiflung, als sie ihr mit letzter Kraft das heilige Relikt in die Hand drückte und ihr befahl, zu fliehen.
»Lauf!«, schrie ihre Mutter, während ihr Vater erbittert gegen den Mann kämpfte, der in ihr Heim eingedrungen war. »Lauf zu Ilyrius. Er wird wissen, was …« Der Rest ihrer Worte ging in einem Gurgeln unter, als ein tiefschwarzer Schatten vor ihr auftauchte, eine scharfe Klinge formte und ihr mit einem einzigen sauberen Hieb die Kehle aufschlitzte. Blut spritzte. Die junge Frau wich erschrocken zurück, und ihre Mutter brach leblos vor ihren Augen zusammen.
Danach verschwimmen ihre Erinnerungen. Jetzt sind da nur noch nackte Panik, die in ihr Herz kriecht, und der Mörder ihrer Eltern, eingehüllt in einen Umhang aus Nachtschatten. Umgeben von der Aura des Todes. Er war erstaunt, sie zu sehen. Mit ihren sechzehn Jahren und dem schmächtigen Körper hatte sie sich unter ihrem Bett verstecken können.
Doch das Verstecken ist nun vorbei.
»Lauf!«, hört sie die Stimme ihrer Mutter erneut. Eine letzte Bitte. Ein letztes Flehen.
Und sie gehorcht.
Daher rennt sie jetzt, so schnell sie nur kann, stolpert über Wurzeln und ihren viel zu langen, mit einer Hand gerafften Rock. Jeder Schritt glüht in ihr nach und lässt den wertvollen Schatz, der um ihren Hals baumelt, gegen ihr Herz donnern. Ihre Armbanduhr piepst, sie starrt darauf und zuckt zusammen.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:18:35 Stunden
Das wird sie nicht schaffen. Niemals. Ihre Beine ächzen unter der ungewohnten Belastung. Ihr Puls rauscht in ihren Ohren. Ihr ist schwindelig und übel. Sie will nicht mehr rennen. Sie will zurück zu ihrer Familie. In die Vertrautheit und die Liebe und in die Arme ihrer Mutter, die sie nie mehr spüren wird. Aber sie kann nicht. Ihr Verfolger holt unaufhörlich auf. Seine finsteren Nachtschatten dehnen sich nach ihr aus. Aus den Augenwinkeln sieht sie die Dunkelheit stetig näher kommen.
Nicht anhalten, nicht anhalten, nicht anhalten.
Tränen rinnen über ihre Wangen, doch sie ignoriert allen Schmerz, alles Brennen und alles Flehen ihres Körpers, springt über einen querliegenden Baumstamm, den sie im nebligen Morgenlicht fast übersehen hätte. Zweige knacken unter ihren Stiefeln, Laub knirscht, und der Geruch nach Wald vermengt sich mit dem nach Schweiß und Blut, der an ihrer Haut haftet. Sie schießt um eine Ecke auf einen moosbewachsenen Waldweg und sieht endlich Licht zwischen den Bäumen.
Da ist es. Ilyrius’ Reich.
Der Geruch nach Popcorn und gebrannten Mandeln weht ihr entgegen. Die Buden sind noch aufgebaut, doch sie verschwimmen bereits im trägen Schein der Sonne. Es dauert nicht mehr lange, bis sie verschwinden. Sie spannt ihre Muskeln an, fordert alles von ihrem geschundenen Körper. Wenn sie nur ein bisschen schneller …
Auf einmal kippt ihre Welt.
Der Waldboden kommt näher, sie prallt hart auf. Ein Wirbel knackt, oder vielleicht ist es ein Stück Holz. Denn da ist kein Schmerz, nur Schwindel und Atemnot. Sie fällt der Länge nach hin, schrammt sich Arme und Hände am Geäst auf, überschlägt sich einmal, noch einmal. Der Aufprall treibt ihr die Luft aus der Lunge. Sie atmet hustend ein, bleibt auf dem Bauch liegen und hebt benommen den Kopf.
Die Bäume tanzen vor ihren Augen, die Sonnenstrahlen flackern durch das Blätterdach. Sie keucht, presst ihre Hand gegen ihre Rippen, und nun kommt doch noch Schmerz. Er rast durch ihren gesamten Brustkorb und raubt ihr die Sinne. Mit zittrigen Armen stemmt sie sich hoch, sieht nach vorn. Es sind knappe zehn Meter bis zur Grenze. Die Schatten ihres Angreifers züngeln um sie herum, kriechen über den Boden und bäumen sich neben ihr auf, um das Licht des Morgens auszusperren. Ehe sie die junge Frau komplett verschlingen können, kommt sie auf die Beine, springt nach vorn und will weiter, doch sie wird von einer eiskalten, stahlharten Hand am Fuß gepackt und wieder zu Boden gezerrt. Scharfe Schattenkrallen bohren sich in ihr Fleisch und jagen brennenden Schmerz ihr Bein hoch. Sie hustet, atmet Dreck ein und würde am liebsten liegen bleiben.
Lauf zu Ilyrius!
Ihre Familie würde wollen, dass sie bis zum letzten Atemzug kämpft. Sie darf nicht versagen. Sie darf ihr Erbe nicht verraten.
Sie will sich aufrichten, aber etwas Hartes drückt sie zurück auf den kühlen Waldboden. Ein Schatten senkt sich über sie, ihr wird eiskalt, und dann spürt sie den Atem des Todes in ihrem Nacken. Ihr Angreifer steht über ihr. Sein Fuß zwischen ihren Schulterblättern. Sie will wegrobben, doch der Fuß übt mehr Druck aus.
»Scht«, macht der Mann und beugt sich herunter. Seine Stimme klingt dunkel wie seine Schatten. Er stammt nicht aus dieser Welt, er gehört nicht hierher, aber er wird nicht eher gehen, bis er hat, was er begehrt. Sie keucht, als er sie mit seinem vollen Gewicht belastet. Ihre Rippen ächzen unter dem Druck. »Nicht doch, kleines Mädchen.« Er spricht sanft, fast schon tröstend. Als hätte er nicht gerade zwei Menschen kaltblütig abgeschlachtet.
Voller Verzweiflung krallt sie ihre Fingernägel in den Waldboden, erhascht einen weiteren Blick auf ihre Armbanduhr.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:11:05 Stunden
Sie hebt den Kopf, blinzelt, sieht zur Lichtung, auf der langsam die Sonne aufgeht. Die Rettung ist so nah und so unerreichbar. Die Luft flackert vor ihr. Die Marktstände werden blasser, verlieren ihre festen Formen. Das erste Zeichen, dass ihr Ausweg sich gleich verschließen wird.
»Du hast etwas, das ich brauche«, sagt der Mann.
Sie spürt seine Hand an ihrer Seite und wie sie in ihrer Hosentasche nach dem Amulett sucht.
Ihre Gedanken rasen fieberhaft. Auf ihrer Flucht konnte sie keine Waffe einstecken. Vorsichtig tastet sie umher, aber ihr Angreifer sieht selbst diese kleine Bewegung und stellt den anderen Fuß auf ihren Unterarm. Sie schreit auf, als der Knochen bricht. Tränen schießen ihr in die Augen, ihre Sicht verschwimmt, und die Galle kriecht ihre Speiseröhre nach oben.
»Gib mir einfach, was ich suche, dann wirst du ein schnelles Ende haben. So wie deine Familie.«
Ihre Familie. Sie schließt die Augen, doch da kehrt das vergossene Blut zurück, genau wie die mahnenden Rufe ihres Vaters, der versucht, den Angreifer zu überwältigen. Sinnlos. Selbst für jemanden wie ihn, der sein Leben lang ausgebildet wurde, zu kämpfen. Niemand kommt gegen einen Schatten an.
Ihr Angreifer tastet sie weiter ab, knurrt frustriert, weil er nicht findet, was er sucht. Mit einer einzigen kräftigen Bewegung zerrt er sie auf den Rücken und schiebt seine Hand über ihren Körper. Sie schreit, will nach ihm treten, ihn schlagen, ihn beißen.
»Mach es mir nicht noch schwerer!«
Sie hört nicht auf, zappelt unter ihm und entlässt all die Wut, die Angst, den Frust. Er verpasst ihr eine Ohrfeige. So heftig, dass sie alles doppelt sieht und ihr Widerstand für einen Moment stirbt. Er brummt zufrieden, tastet ihren Körper weiter ab und findet schließlich das Amulett, das sie über dem Herzen trägt. Sie presst die Lippen fest aufeinander. Tränen der Wut brodeln in ihren Augen.
Es ist so sinnlos.
Sie ist zu schwach. Zu jung. Zu unerfahren.
Das Amulett pulsiert dumpf gegen ihre Brust. Es ist aufgeladen mit der Macht des Todes. Es hat das Blut ihrer Familie geleckt, und es will mehr, denn das ist sein Elixier.
»Endlich.« Der Mann lächelt. Seine Schatten schlängeln sich über seine blasse Haut und verschwinden in seinen dunklen Haaren. Er zieht an der Kette und will das Amulett umgreifen, aber als er es berührt, steigt eine Rauchwolke auf, und er lässt es los.
Sie lächelt. Er ist des Amuletts nicht würdig.
»Nimm es ab!«, befiehlt er und schenkt ihr genügend Spielraum, dass sie sich aufrichten kann. Sie erhebt sich, belastet dabei ihren gebrochenen Arm und heult vor Schmerz auf.
Ihre Uhr piepst.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:05:15 Stunden
Sie sieht rüber zur Lichtung. Vielleicht schafft sie es noch?
Der Mann packt sie an der Kehle und zieht sie näher zu sich. »Nimm es ab, oder ich schlag dir den Schädel vom Hals und hol es mir so.«
Sie würgt trocken, röchelt um Sauerstoff. Er knurrt nur tief und fixiert sie mit seinem eiskalten, durchdringenden Blick. Seine Augen sind schwarz wie der Nachthimmel zu seiner dunkelsten Stunde. Sie erkennt seine Finsternis, die dunkle Macht, die er kanalisiert und die seine Venen füllt. Die Angst kriecht bei dem Anblick genauso kalt durch ihre Adern wie seine Schatten.
Sie atmet zitternd ein, riecht das Blut ihrer Eltern an ihm. Ihres wird folgen. Er wird sie zum Ausbluten auf dem Waldboden zurücklassen, und sie wird in dem Wissen sterben, dass sie versagt hat.
Das Amulett pulsiert von Neuem. Es lechzt nach dieser Kraft. Nach dieser alten Magie, nach der Angst, die in ihren Adern rauscht. Mehr, mehr, mehr, schreit es, aber sie würgt die Furcht nach unten, genau wie das Brennen des Schmuckstücks.
Sie darf sich dem nicht hingeben. Sie darf nicht innehalten. Panisch sucht sie die Umgebung ab, erspäht schließlich einen Ast am Boden, doch ihr Angreifer bemerkt es.
»Denk nicht mal dran, Kleines.« Wie um seine Worte zu unterstreichen, lässt er seine Schatten über ihren Körper gleiten. Sie sind eiskalt, getränkt von Finsternis, erschaffen aus erloschenen Sternen.
»Meine Geduld neigt sich dem Ende zu.«
Seine Schatten kratzen über ihre Kehle, bohren sich in ihre zarte Haut, bis Blut fließt und sie einen Schmerzenslaut unterdrücken muss. Mit bebenden Fingern greift sie an die Kette und holt das Amulett hervor. Es fühlt sich an, als würden die Hände des Todes über sie streichen. Sanft und tröstlich und voller Versuchung. Sie zieht es über ihren Kopf. Ein Sirren erfüllt die Luft, und in den schwarzen Augen des Mannes blitzt Genugtuung. Zittrig hält sie die Kette vor sich. Die aufgehende Sonne reflektiert auf dem metallenen Totenkopf, der auf einen dunkelgrün schimmernden Obsidian geprägt ist. Der Stein selbst ist rund und auf einer Seite abgeflacht. Als Fassung dient ein Ring aus dem gleichen Material wie der Schädel. Den Rand zieren filigrane Muster aus Ranken und alten Zeichen, die aus einer Zeit stammen, in der die Götter noch die Erde bewohnten. Dieses Schmuckstück ist das Schönste und Grausamste, was sie je gesehen hat. Es vibriert vor der Energie des Todes und der Magie einer Welt, die sie vermutlich nie wiedersehen wird.
»Fantastisch.« Er greift in seine Jackentasche und zieht ein schwarzes Tuch heraus, um das Amulett einzuwickeln.
Sie schließt die Augen, denkt an ihre Familie und ihr Erbe. Schütze diesen Schatz mit deinem Leben. Das ist das einzig Wichtige.
Das Einzige. Wertvoller als sie selbst.
Sie atmet durch, blickt den Mann an und fasst einen letzten verzweifelten Entschluss. Sie holt aus und presst ihm das Amulett gegen die Stirn. Es zischt, als es seine Haut berührt. Grün-bläuliches Leuchten dringt aus dem Schmuckstück und greift die Schatten an. Der Mann schreit grell. Seine Augäpfel drehen sich nach hinten, die Dunkelheit um sie herum flackert und lässt den Boden vibrieren. Er atmet röchelnd ein, sein gesamter Körper zittert. Sie zappelt von Neuem, windet sich unter ihm, bekommt den Ast zu fassen und rammt ihn in sein Auge. Es schmatzt, als er eindringt, und sie verzieht vor Ekel das Gesicht, als sein Blut spritzt und sich mit dem ihrer Familie vermischt. Die Schatten bäumen sich auf, sie schreit voller Verzweiflung, reißt das Amulett zurück und schiebt sich unter ihm hervor.
»Miststück!« Er will nach ihr greifen, aber sie tritt ihm mit Wucht in den Magen und springt auf die Beine. Ihr gebrochener Arm pocht bei der geringsten Belastung, und der Schmerz treibt ihr den Schweiß auf die Stirn. Das Amulett pulsiert gegen ihre Handfläche und sendet seine finstere Energie in ihr Herz.
Fütter mich, gib mir mehr!
Sie versucht, es zu ignorieren, quält ihren Körper voran. Immer weiter auf die Lichtung und hoffentlich auf ihre Rettung zu.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:03:35 Stunden
Sie schafft es über einen Baumstamm, stürzt beinahe, richtet sich wieder auf. Das Amulett vibriert stärker, brennt und brodelt so intensiv, dass sie es kaum aushält.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:02:55 Stunden
Endlich verlässt sie den Wald und kommt der Lichtung näher. Ilyrius’ Reich ist zum Greifen nah. Die Schatten ihres Angreifers ebenfalls. Sie schießen heran, packen sie am Fuß. Wieder schlägt sie hart auf, tritt verzweifelt nach ihnen, ohne freizukommen. Der Mann erhebt sich und eilt auf sie zu. Sie spannt sich an, streift ihre Stiefel ab und kommt so frei. Auf Socken rennt sie weiter, erreicht die ersten Marktstände, ruft um Hilfe. Ihre Stimme klingt hohl und verzerrt, als stünde sie bereits mit einem Fuß im Reich der Toten.
»Hilfe!« Das Wort bröckelt von ihren Lippen, genau wie die Hoffnung von ihrem Herzen. Es ist niemand mehr da. Die Angestellten haben sich zurückgezogen. Ihre Zeit ist gekommen. Verängstigt schaut sie sich um, schreit erneut. Sie steht so kurz vor ihrem Ziel! Es kann hier nicht zu Ende gehen. Mit letzter Kraft eilt sie vorbei an Essensständen, Schießbuden, dem Karussell und auf das Riesenrad zu. Es flackert im Sonnenlicht, die Gondeln wippen träge im Wind.
Die Uhr piepst wieder.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:00:35 Stunden
»Hilfe! Bitte! Irgendwer muss mir helfen!«
Sie bemerkt eine Bewegung an der Geisterbahn. Ein Mann tritt aus dem Kassenhäuschen und mustert sie verwundert. Er trägt eine schlichte rotbraune Jacke mit goldenen Knöpfen und schmalen, abgesetzten Streifen an den Ärmeln. Auf der Brust prangt das Emblem des Jahrmarkts. Ein Kreis über einem liegenden Halbmond, der von einem Kreuz gehalten wird.
»Was ist denn mit dir passiert, Mädchen?«
»Ich muss zu Ilyrius. Ich bin …«
Die Schatten erreichen sie und bringen sie wieder aus dem Gleichgewicht. Kälte streift ihren Nacken, sie stolpert nach vorn, kracht gegen einen Spielzeugautomaten und fängt sich mit ihrem gebrochenen Arm ab. Der Schmerz raubt ihr fast die Sinne. Aus dem Augenwinkel sieht sie, wie der Kassenwart einen Schritt auf sie zukommt, aber kaum berührt ihn das Sonnenlicht, zischt er, und Rauch steigt von seinem Körper auf. Er kann sie nicht mehr erreichen. Die Zeit ist zu weit fortgeschritten.
»Komm hierher!«, ruft er schmerzverzerrt.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:00:21 Stunden
Sie keucht, taumelt zu ihm, doch die Schatten kriechen an ihrem Körper empor und ziehen sich um sie zusammen wie ein Schraubstock. Mit aller Kraft stemmt sie sich gegen die Dunkelheit, hebt das Amulett und überlegt, es dem Mitarbeiter zuzuwerfen.
Die Sonne streift seine ausgestreckte Hand, er schreit vor Schmerz und weicht zurück in den Schutz seines Reiches. Bedauernd schaut er sie an, während auch er sich langsam auflöst und somit ihre letzte Hoffnung erlischt.
»Das hat keinen Sinn, Kleine«, sagt ihr Verfolger, der sie mit schweren Schritten einholt. Er wirkt nicht mehr ganz so selbstbewusst wie zuvor. Der Kampf hat auch bei ihm Spuren hinterlassen. Den Ast hat er aus seinem Auge gezogen. Die Stelle ist geschwollen und blutverkrustet. Auf seiner Stirn prangt das Brandmal des Amuletts.
»Echt bedauerlich, dass ich dich töten muss. Du hast Biss. Das mag ich.« Er ringt sich ein schmutziges Lächeln ab, und sie widersteht dem Drang, ihm ins Gesicht zu spucken. Stattdessen sieht sie zu dem Automaten, gegen den sie geprallt ist. Er ist mit Spielzeugen gefüllt. Ein Metallgreifer dient dazu, sie rauszuangeln. Er schimmert genauso durchsichtig wie alles andere hier.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:00:10 Stunden
Sie schaut ein letztes Mal auf das Amulett, dann auf ihren Angreifer, auf seine Klinge. Dieses Mal wird er sie töten. Sie hat keinen Zweifel daran.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:00:05 Stunden
Sie hebt den Blick gen Himmel, betet zu ihren Ahnen, in der Hoffnung, dass sie jemand hört. Heilige Kurati, Herrin aller Sterne, leite mich sicher durch die Ströme der Unendlichkeit, und gib mir die Kraft, den Weg zu gehen, den meine Vorfahren beschritten haben, um dieses Relikt zu schützen. Auf deine Obhut vertraue ich, unter deinem Stern finde ich meine Erlösung.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:00:04 Stunden
»Gib schon her«, fordert ihr Verfolger.
Doch sie dreht sich um, greift in den durchlässigen Automaten.
Auf deine Obhut vertraue ich. Möge alles seinen Platz finden.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:00:03 Stunden
Ilyrius’ Magie schließt sich um ihre Hand. Sie hat keine Ahnung, ob es funktioniert, aber sie wird sowieso gleich sterben.
»Was …?«, fragt der Mann.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:00:02 Stunden
Sie lässt das Amulett los. Es fällt in die Spielzeuge aus Plastik und Plüsch und verschwindet in deren Mitte.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:00:01 Stunden
Sie blickt ihrem Verfolger ins Gesicht, der entsetzt die Augen aufreißt. Er macht einen Satz nach vorn, will sich das Amulett zurückholen. Auch seine Schatten lassen sie los und umhüllen den Automaten in der irren Hoffnung, ihn vorm Verschwinden zu retten.
Es ist zu spät.
Der Boden vibriert, die Magie bäumt sich ein letztes Mal auf, und dann löst sich alles in einem langen Zischen auf. Die Marktstände, das Karussell, das Riesenrad, der Spielzeugautomat – und das Amulett.
»Nein!«, brüllt der Mann und tastet ins Leere.
Er fährt herum. Blickt sie mit seinem gesunden Auge an, das von Zorn und Bitterkeit erfüllt ist. »Du!«
Die Schatten hüllen sie ein. Kälte kriecht in ihr Herz und ihre Seele, aber sie heißt das willkommen. Sie hat alles gegeben und hoffentlich nicht versagt. Jetzt ist sie bereit, ihrem Schicksal in die Augen zu blicken. Jetzt ist sie bereit, zu sterben.
Ein letztes Mal schaut sie in den heller werdenden Morgen, ehe die Schatten auch das aussperren und sich Finsternis über sie senkt.
Über sie und die Welt.
Zeit zur zweiten Vollmondwende: 00:00:00 Stunden
Astrologie und Astronomie sind nicht dasselbe!!!
Nachricht von Jupiter Wilson an ihren Bruder Adrian Bower
Achtundzwanzig Tage später
Jupiter
»Sterne lügen nicht. Doch heißt das, dass sie automatisch die Wahrheit erzählen? Sprechen Sterne überhaupt, wo sie nur Gasbälle sind, die in einem Universum verglühen, das die Menschheit nicht mal ansatzweise verstanden hat? Woran Sie selbst am Ende glauben wollen, bleibt Ihnen überlassen. Fest steht, dass sowohl die Astronomen als auch die Astrologen seit Jahrtausenden nach einer Ordnung im Chaos des Nachthimmels suchen. Wirhoffen, dass wir Ihnen in den letzten neunzig Minuten einen kleinen Einblick in diese Ordnung bieten konnten. Danke, dass Sie mit uns gereist sind. Gute Nacht und einen klaren Himmel wünscht Ihnen das Team vom Planetarium Bowing Planets. Bis zum nächsten Mal.«
Die kuppelförmige Leinwand wird schwarz, und kurz darauf gehen die Lichter im Saal an, der bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Ich blicke in die begeisterten Gesichter der Zuschauenden, allen voran in das meines Halbbruders Adrian, der in der ersten Reihe sitzt und von einem Ohr zum anderen grinst.
Er sieht großartig aus. Voller Kraft, Elan, braun gebrannt, aber auch ein wenig müde, weil er die letzten Nächte so gut wie nicht geschlafen hat. Doch ich bin mir sicher, dass der Adrenalinrausch gerade alle Entbehrungen wettmacht. Für den heutigen Abend hat er sogar seine übliche ausgewaschene Jeans gegen eine schicke Anzughose und das T-Shirt gegen ein weißes Hemd getauscht. Auch seine dunklen Locken hat er ein Stück geschnitten, sodass sie ihm nicht wild wie üblich vom Kopf abstehen, sondern ordentlich frisiert sind.
Er steht auf, streicht sich nervös über die Brust und gibt sich ein wenig verlegen dem Applaus hin, der in der Menge aufbraust. Zur heutigen Eröffnung sind nur geladene Gäste anwesend: Presse, Influencer sowie die Unterstützer und Unterstützerinnen des Planetariums.
Und ich.
Seine stolze jüngere Halbschwester, die extra mit ihrer besten Freundin Vivian aus Chicago nach Phoenix geflogen ist, um das mitzuerleben. Auch wir haben uns in Schale geworfen. Ich habe einen knielangen Rock in Rosé mit Ankle Boots und ein Crop Top gewählt. Meine blonden Haare habe ich hochgebunden und einige Strähnen aus dem Zopf gelöst, sodass sie mir locker ums Gesicht flattern.
»Wie kann es sein, dass dein Bruder immer heißer wird?«, fragt Vivian, als Adrian auf die Bühne in der Mitte des Saals tritt. Die Sitze sind im Kreis angeordnet, damit man von überallher den perfekten Blick auf die Kuppel hat. Sobald die Show losgeht, neigen sich die Lehnen nach hinten, und der Sound kommt aus geschickt platzierten Lautsprechern. Das Universum hat sich dadurch zum Greifen nah angefühlt. »Wann hat er so viele Muskeln bekommen? Ich glaube, die Renovierung des Planetariums hat jede Menge Testosteron ausgeschüttet und seine Männlichkeit angekurbelt.« Sie wedelt sich mit der Hand Luft zu und atmet theatralisch ein und aus.
»Oh, bitte nicht!« Ich mache ein Würgegeräusch. »Du bist quasi meine Schwester. Ich will mir nicht mal ansatzweise vorstellen müssen, wie du und Adrian …« Ich schüttle mich, weil ich gar keine Worte dafür finde.
Sie legt eine Hand auf ihr Herz und schaut mich schockiert an. »Und wenn er der Mann meiner Träume ist?«
Ich rolle die Augen. »Okay, solltest du mit meinem Bruder in der Kiste landen, lass mich einfach nie, nie, niemals an den schlüpfrigen Details teilhaben, wie du das sonst tust.«
»Deal.« Sie gibt mir ein High Five, wobei ihre zahllosen Armreifen aneinanderstoßen und klirren. Vivian und ich kennen uns seit der ersten Klasse. Ich bin ganz frisch mit meiner Mom und meinem Dad nach Chicago gezogen und war völlig überfordert mit meinem Leben. Nicht nur, dass ich mich in einer neuen Stadt zurechtfinden musste, ich hatte auch gerade so einen Autounfall überlebt, bei dem Adrians Dad Phineas starb. Obwohl er nicht mein leiblicher Vater war, hat sein Verlust eine tiefe Wunde in mir hinterlassen, genau wie in Adrian. Wir hätten uns damals fast aus den Augen verloren, weil jeder so in seinem eigenen Schmerz und Leben gefangen war.
Ich blicke wieder zu meinem Bruder, und eine Woge aus Stolz und Wärme flutet mein Herz. Die Art von Wärme, die ich schon immer bei ihm und Phineas gefunden habe. Die einen einhüllt wie ein Mantel aus Ruhe und Sicherheit.
Dass Adrian und ich trotz all dem Scheiß, der in unserer Familie ablief, heute hier sind, ist überwiegend ihm zu verdanken. Er hat zwar den Kontakt zu Mom völlig abgebrochen, dafür aber alles darangesetzt, mir nahe zu sein.
Er stellt sich ans Mikrofon und blickt sichtlich gerührt in die Menge. Ich lege meine Hand aufs Herz und seufze. Eigentlich wollten wir vor der Show schon mit ihm sprechen, aber unser Flieger hatte Verspätung, sodass wir auf die letzte Minute reinrauschten und gerade noch pünktlich zum Start des Films kamen, der mir wahnsinnig toll gefallen hat. Er hat mir zwar keine neuen Erkenntnisse über das Universum geliefert, weil ich vieles bereits kenne, aber ich bin ja auch nicht das Zielpublikum, und die strahlenden Gesichter überall sprechen für sich.
Vivian lehnt den Kopf an meine Schulter. »Unglaublich, dass er das geschafft hat. Er hat so hart dafür geschuftet. Nein, ihr beide.«
Ich winke ab, weil ich meilenweit entfernt in Chicago nichts aktiv beitragen konnte. »Ich hab mir lediglich seine Sorgen angehört.«
»Hallo? Wie viele Nächte habt ihr via Skype geplant und geredet? Unser Kaffeeverbrauch war in der Zeit derart enorm, dass wir jeden zweiten Tag ein neues Päckchen kaufen mussten. Diese Art von Unterstützung ist nicht selbstverständlich, weißt du?«
»Vielleicht.« Für mich ist es das schon, denn wir sind eine Familie, und er ist mir wichtig. Außerdem liebe ich seine Vision, die er hier Realität werden lässt, weil es mir zeigt, dass man dranbleiben muss, auch wenn der Weg steinig wird.
Es wird ruhiger im Saal. Adrian räuspert sich, braucht zwei Anläufe, ehe er seine Stimme findet. »Liebe Freunde, liebe Gäste, heute ist definitiv ein Tag voller Emotionen und Erinnerungen, die ich erst mal sortieren muss.« Er atmet durch, rotiert den Nacken und ringt sichtlich mit seiner Fassung. »Als ich ein kleiner Junge war, stand ich ebenfalls an dieser Stelle, an der Seite meines Vaters Phineas. Damals war das die Bühne eines alten, schäbigen Theaters, das nur vom Dreck zusammengehalten wurde. Doch er hat mehr in diesem Gebäude gesehen als Spinnweben und ein undichtes Dach. Er hatte eine Vision. Als er das Haus kaufte, hielt ihn jeder für verrückt, aber davon ließ er sich nicht beirren. Mein Dad war ein Mann voller Liebe für die Sterne, sein größter Wunsch war es, diese Liebe mit anderen zu teilen. Abend für Abend blickte er hinauf und suchte nach Antworten. Er hat …«
Adrians Stimme bricht. Er atmet ein paar Mal durch, sieht hoch zur Kuppel, auf die gerade der nächtliche Himmel über Phoenix projiziert wird, wie er ohne Lichtverschmutzung aussehen würde.
Mir schnürt sich ebenfalls das Herz zu, und ich fühle mich zurückversetzt in die Zeit, als Phineas noch da war. Ab und an hat er mich auf einen seiner Ausflüge mit Adrian in die Wüste mitgenommen. Wir haben uns auf die Ladefläche seines Pick-ups gelegt, das Teleskop ausgepackt, und er hat uns den Nachthimmel erklärt. Phineas hat eine Saat in meinem Herzen hinterlassen, die über die letzten Jahre zu einer großen, wundervollen Liebe für die Astronomie erblüht ist.
»Leider konnte er seine Vision nicht mehr umsetzen, da er zu früh selbst zu den Sternen gereist ist«, fährt Adrian fort.
Ich schlucke heftig und merke, wie meine Hände anfangen zu zittern. Vivian lehnt sich näher zu mir, streift sanft mit ihren Fingern über meine und lässt mich so wissen, dass sie für mich da ist. So wie immer.
»Aber hier und heute passiert es. Das ist …« Adrian muss sich erneut unterbrechen und zieht die Nase hoch. »Tut … tut mir leid.«
»Du machst das großartig!«, rufe ich lautstark, auch wenn in mir ebenfalls alles bebt.
Adrian blickt zu mir herauf und schirmt die Augen gegen die Scheinwerfer ab, die auf ihn gerichtet sind. »Danke, Julez, aber du musst das ja sagen als meine Schwester.«
»Ich bin nicht mit dir verwandt, und ich find dich auch super!«, ergänzt Vivian.
Gelächter entsteht im Publikum, und viele fangen an zu klatschen.
Adrian atmet durch und fängt von Neuem an. »Ich bin unendlich froh und dankbar, dass sich heute Abend die Türen zu diesem Planetarium öffnen und die Vision meines Vaters, das Universum jedem verständlich zu erklären, Realität wird. Das hier ist für dich, Dad. Ich hoffe, du schaust von da oben aus zu und verzeihst mir mein Gestammel.«
Meine Augen füllen sich mit Tränen, ich wische hastig darüber, und neben mir zieht auch Vivian die Nase hoch.
»Ich kann mir gar nicht ausmalen, wie schwer das gerade für euch sein muss.« Sie stupst mich sacht an der Schulter an. »Brauchst du was?«
»Hab doch schon alles.« Ich lehne meinen Kopf an ihren und atme ihren vertrauten Duft ein.
Adrian räuspert sich erneut. »Danke für euer zahlreiches Kommen. Danke für jede einzelne Spende, die das hier ermöglicht. Lassen wir den Abend gemeinsam ausklingen und bringen die Sterne zum Leuchten.«
Wieder brandet Applaus auf. Ich steige begeistert mit ein, lege meine Hände wie einen Trichter an die Lippen und stoße einen Freudenruf aus. Auch Vivian klatscht mit.
Eines Tages werde ich mir meine Träume genauso erfüllen wie er.
Eines Tages werde ich rauf zu den Sternen fliegen und ihre Geheimnisse ergründen.
Eines Tages werden auch meine Visionen wahr.
Der erste Schritt ist, Geld für mein Studium in Astrophysik an der University of Chicago aufzutreiben. Leider sind die Gebühren astronomisch hoch, und ich bekomme null Unterstützung von meinen Eltern. Dad möchte unbedingt, dass ich in seiner Immobilienfirma einsteige, und betont wöchentlich, dass ich den Sternenkram lassen und etwas Vernünftiges studieren soll. Mom hingegen hat völlig abgeschaltet, wenn das Thema auf den Tisch kommt. Seit Adrians Bruch mit ihr blockt sie alles, was sie an damals erinnern könnte, rigoros ab. Sie hat ihren Kummer irgendwo in ihrem Herzen vergraben, wo kein Mensch mehr rankommt. Deshalb sind Vivian und Adrian die Einzigen, mit denen ich völlig offen über meine Wünsche und Pläne für die Zukunft reden kann.
»Wollen wir uns durch die Menge kämpfen und Adrian gratulieren?«, unterbricht Vivian meine Gedanken.
Ich schüttle die Enge ab, die meine Eltern so regelmäßig in meinem Herzen hinterlassen, und nicke. »Unbedingt.«
Wir verlassen unsere Sitze in den oberen Rängen und schieben uns die ersten Treppenstufen nach unten. Da aber alle Zuschauenden zu Adrian oder den Türen streben, kommen wir nur schleppend voran.
Auf einmal stupst mich Vivian in die Seite und deutet drei Reihen weiter. »Wie ich sehe, hat er auch was fürs Auge eingeladen.«
Ich recke den Kopf, um über die Menge zu spähen, und entdecke zwei gutaussehende Typen, die sich unterhalten. Ich schätze beide auf Mitte zwanzig, also in meinem Alter. Einer ist blond mit Locken, die wild abstehen, als hätte er sie den ganzen Film über gerauft. Er hält den Flyer des Planetariums in Händen und zeigt dem anderen irgendwas darauf. Sein Begleiter hat schwarze lange Haare mit einem verwegenen Sidecut.
Und ich muss Vivian recht geben. Sie sind wirklich heiß. Besonders der Dunkelhaarige. Um seine Handgelenke sind etliche Lederbändchen gebunden, die Nägel hat er violett lackiert, in seiner Lippe und der Nase trägt er Piercings. An seinem Hals zieht sich seitlich ein verschnörkeltes Wellentattoo entlang, und auch seine Unterarme sind verziert. Er wirkt so leger, als käme er gerade von einem Rockkonzert. Nur der verkniffene Gesichtsausdruck will nicht recht zu seiner Lockerheit passen. Er sieht eher aus, als würde ihm das Gespräch mit dem Typen neben ihm keinen Spaß machen.
Wir schieben uns mit der Menge langsam voran, bis wir in ihre Sitzreihe kommen und ich verstehe, worüber die zwei sich unterhalten.
»Ich wusste sofort, dass das wieder nur eine Shitshow ist, bei der die Astrologie durch den Dreck gezogen wird.« Der Blonde knüllt den Flyer zusammen, wirft ihn zu Boden und verschränkt die Arme vor der Brust. Er strafft die Schultern und lässt seinen Blick über die Anwesenden schweifen. »Ich hätte nicht herkommen sollen. Die Reaktionen des Publikums haben deutlich gezeigt, dass hier niemand eine Ahnung hat. Es ist so typisch, dass sich jeder von ein paar Special Effects und Geschwurbel, das nur an der Oberfläche kratzt, blenden lässt.«
Okay. Gerade sammelt er ordentlich Minuspunkte auf der Schärfeskala. Nicht nur, dass er den Flyer einfach so fallen lässt, damit das Personal ihn wegräumen kann, es schwingt auch so viel Überheblichkeit in seiner Stimme mit, als gehöre ihm das Planetarium und nicht Adrian.
Der monatelang hart geschuftet hat, um diesen Abend überhaupt zu ermöglichen.
»Ich finde, du übertreibst«, sagt der Dunkelhaarige.
Mit einem heftigen Grummeln im Bauch trete ich näher, bücke mich, um das Papier aufzuheben, doch er geht ebenfalls in die Hocke und greift gleichzeitig danach. Dabei streifen seine Finger meine und lösen einen warmen Schauer in mir aus. Er brummt leise und schaut mich entschuldigend aus zwei sehr faszinierenden Augen an. Das linke ist blau, das rechte braun.
»Darf ich?« Seine Stimme klingt warm und einladend. Ein völliger Kontrast zur Kälte, die der Blonde ausstrahlt. Er deutet auf den Flyer, den ich festhalte. Ich schaue darauf und nicke sanft. Er steckt ihn sofort in seine hintere Hosentasche und richtet sich auf.
Also schön. Der Typ könnte interessant bleiben. Ich erhebe mich ebenfalls und muss leicht den Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht zu schauen. Mit meinen eins dreiundsechzig passiert mir das häufig. Ich werfe Vivian einen raschen Blick zu, die nur mit den Schultern zuckt. Eigentlich sollten wir weiter zu meinem Bruder, aber mich juckt es zu sehr in den Fingerspitzen, mehr über die beiden rauszufinden.
»Was hat dir denn so missfallen, dass du einfach deine Sachen wegwirfst?«, frage ich den Blonden.
Er reckt das Kinn und dreht sich zu mir. Langsam und taxierend hebt er eine Augenbraue, mustert erst Vivian, dann mich. Meine gesamte Haut kribbelt, und ich habe das Bedürfnis, mehr Abstand zwischen uns zu bringen, aber ich widerstehe dem Drang. Der Kerl sieht so aus, als wäre er es gewohnt, dass Leute vor ihm kuschen, und den Triumph gönne ich ihm sicherlich nicht.
»Du bist diejenige, die eben gerufen hat, oder? Die Schwester.«
»Ja, ich bin die Schwester. Und du bist …?« Ich hebe ebenfalls eine Augenbraue und ahme seine Haltung nach, indem ich auch die Arme vor der Brust verschränke und genauso das Kinn recke.
»Ich heiße Gabriel. Das ist mein Assistent Leto. Ich führe einen der größten Astrochannels: Letsstargaze.«
»Nie davon gehört.«
Er lacht auf, als wäre das eine Beleidigung. Ich merke, wie die Wut in mir hochkocht, weil ich so ein Verhalten abgrundtief hasse.
»Dann solltest du dich besser informieren, immerhin hat dein Bruder darauf bestanden, dass ich herkomme. Vermutlich erhofft er sich durch meine Reichweite gute Publicity, doch das kann er vergessen bei dem Mist, den er hier zeigt.«
Jetzt reicht es mir aber. Beleidigt der Typ gerade ernsthaft Adrians harte Arbeit? Neben mir räuspert sich Vivian lautstark und zückt ihr Handy. Sicher checkt sie sein Profil.
»Ich fand den Film eigentlich gut«, klinkt sich der Dunkelhaarige ein, offensichtlich bemüht, die Stimmung ins Positive zu wandeln.
»Das zeigt nur, dass du genauso wenig Ahnung hast wie die Leute hier«, erwidert Gabriel.
Und mir zeigt sein Verhalten, dass er ein versnobter Arsch ist. Dennoch ringe ich mir ein Lächeln ab. Wie sagt man immer? Ein Lächeln ist die beste Art, seinem Gegner die Zähne zu zeigen. »Dann schieß mal los, was hat dich so an dem Film empört?«
»Soll ich das echt aufzählen?«
»Na klar. Ich verpetz dich nicht bei meinem Bruder.«
»Selbst wenn, wäre es mir egal. Aber gut, wenn du es wissen willst: So ziemlich alle Erklärungen waren falsch. Wer heute die westliche Astrologie als Pseudowissenschaft betitelt, glaubt auch, dass die Erde eine Scheibe ist. Mittlerweile ist doch ausreichend belegt, wie sehr sich die Planetenbahnen auf unseren Alltag auswirken. Du brauchst dir nur den Mond anzuschauen, der immerhin Ebbe und Flut steuert.«
Ja, weil das simplen physikalischen Gesetzen von Anziehung folgt. »Dann erklär mir mal, wie ein Felsbrocken, der zufällig nach dem Götterboten Merkur benannt wurde, kommunikative Fähigkeiten steuern kann. Oder wie die Venus die Liebe beeinflusst, obwohl sie lediglich ein überhitzter Planet ist, der in unserer Nachbarschaft herumschwirrt.«
»Autsch«, sagt Leto und legt eine Hand auf sein Herz. »Die arme Venus.«
Ich winke ab. »Die juckt das nicht, keine Sorge. Die Astrologie ist leider voll mit Fehlerquellen, was man im Film eindrucksvoll gesehen hat.«
Gabriels Oberlippe zuckt, genau wie sein rechtes Auge. Da hab ich wohl einen wunden Punkt erwischt. »Das ist mal wieder typisch«, sagt er gepresst. »Sobald der Kram ein bisschen komplexer wird, muss man sich drüber lustig machen und es runterspielen.« Bei dem Wort Kram malt er Gänsefüßchen in die Luft.
Ich rolle die Augen, weil ich das Gefühl habe, dass er es falsch verstehen will. »Niemand macht sich über die Astrologie lustig. Sie hat natürlich ihre Daseinsberechtigung und bietet vielen Menschen eine enorme Lebenshilfe. Trotzdem ist sie nicht mehr als eine Religion und hat nichts mit seriöser Wissenschaft zu tun. Schau dir nur mal die ganzen Horoskope an, wo Aussagen stehen wie: Du bist ein Mensch, der sich nach Aufmerksamkeit sehnt. So ziemlich jeder kann sich damit identifizieren.«
»Das ist ja auch dummes Geschwafel, was kein seriöser Astrologe von sich geben sollte«, sagt Gabriel. »So was schadet uns allen.«
»Ich hab bisher noch von keinem Astrologen wirklich fundierte Aussagen gehört.«
»Dann liegt das nicht an der Astrologie, sondern daran, dass dein Alltag so beschränkt ist und du nicht die richtigen Menschen triffst.«
Ich lege die Stirn in Falten, und selbst Leto hält die Luft an und schubst leicht seinen Freund. »Mach mal halblang«, flüstert er, doch Gabriel denkt gar nicht daran.
»Ach? Ich soll jetzt still sein, wenn sie so einen Quatsch erzählt?«
»Ich erzähl doch keinen Quatsch. Du biegst dir gerade alles hin, wie du es brauchst, was übrigens auch typisch für …«
»Äh … du bist ja richtig groß«, wirft Vivian ein, die nach wie vor auf ihrem Handy rumtippt. Ich höre schon an ihrem Tonfall, dass sie versucht, zu intervenieren, ehe ich mich noch mehr reinsteigere. »Du hast über fünfhunderttausend Follower auf Insta.«
»Und über eine Million auf TikTok.« Gabriels Stimme vibriert nur so vor Genugtuung. »Astrologie ist ein brandaktuelles Thema.«
Wenn er denkt, dass mich das jetzt beeindruckt und ich gleich einen Hofknicks vor ihm mache, hat er sich geschnitten.
»Der Kanal ist echt toll, Jupiter«, versucht es Vivian erneut und lächelt mich zaghaft an. Sie weiß, dass ich gleich innerlich platze.
»Jupiter?«, fragt Leto mit einem sanften Lächeln. Ich atme durch und merke, dass mein Name aus seinem Mund mehr in mir nachhallt, als er sollte. Er klingt zu warm und zu einladend, und es lenkt mich zu sehr von meinem Zorn auf Gabriel ab.
»Nenn mich einfach Julez.« Eigentlich hab ich nichts gegen den Namen, mich schauen Leute nur oft komisch an, wenn ich ihn erwähne. Phineas hatte ihn damals ausgesucht, als Mom mit mir schwanger wurde. Da glaubte er noch, ich wäre seine leibliche Tochter.
»Aber Jupiter ist wunderschön.« Leto blickt mich offen an, und das sorgt erneut dafür, dass komische Dinge mit meinem Bauch passieren, die ich nicht brauchen kann.
»Find ich übrigens auch«, wirft Vivian ein. »So, wie ich finde, dass wir alle gerade mehr Venus in diesem Gespräch vertragen könnten.«
Ich verziehe das Gesicht und schüttle den Kopf. Sie grinst mich nur an und zuckt freudig mit den Schultern, als hätte sie gerade den Witz des Jahrhunderts gemacht.
»Gäbe es denn irgendwas, das dich von der Astrologie überzeugen könnte?«, fragt Leto und tritt einen Schritt näher. Ich spüre die Wärme seines Körpers und nehme den dezenten, herben Duft seines Aftershaves wahr. Alles an diesem Mann schreit danach, sich ihm zuzuwenden.
»Also, mir würden da spontan ein paar Sachen einfallen, die du tun könntest, um …«, setzt Vivian an, doch ich stoße sie in die Seite, damit sie die Klappe hält.
Leto runzelt die Stirn und schaut von ihr zu mir. Wieder erscheint dieses zaghafte einladende Lächeln.
»Nein«, antworte ich schlicht. »Ehe ich mich mit Astrologie beschäftige, wird Pluto wieder als vollwertiger Planet des Sonnensystems anerkannt.«
»Echt bedauerlich. Was fehlt dir denn dabei?«
»Gar nichts. Ich sehe nur keinen Sinn darin, mein Leben nach einem System auszurichten, das so viele Fehlerquellen besitzt. Was passiert zum Beispiel, wenn auf der Welt Menschen zum exakt selben Zeitpunkt geboren werden? Das kommt doch ganz sicher vor. Haben die dann alle dasselbe Horoskop und Schicksal?«
»Natürlich nicht. Das unterscheidet sich ja von Individuum zu Individuum«, sagt Gabriel.
»Und wer legt das fest? Ihr? Der Rat der Astrologen?«
»Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst.« Auf einmal blitzt etwas Neues in seinen Augen auf. Etwas Dunkles, Gefährliches. Oder ist es schlichtweg Wut? Gabriel ballt die Hand zur Faust, lehnt sich leicht nach vorn, als wollte er mir gleich an die Gurgel gehen. Seine Lippen beben, und unnatürliche Hitze strahlt von ihm aus. Instinktiv weiche ich einen Schritt zurück. Mein Herzschlag beschleunigt sich, und ich bin auf einmal sehr dankbar, dass ich hier nicht allein mit ihm stehe. Bin ich doch zu weit gegangen? Aber wir reden doch nur über Astrologie. Wie kann man sich so in dieses Thema reinsteigern?
»Gabriel.« Leto legt eine Hand auf seine Schulter. »Das reicht.«
Er schnaubt erneut. Sein rechtes Auge zuckt, als müsste er gerade alle Beherrschung aufwenden, um nicht auszuflippen. Er blinzelt ein paar Mal und tritt schließlich zwei Schritte zurück. »Du hast recht. Ich klink mich aus. Diskutiert ohne mich.« Er schaut kurz zu Leto, dann wendet er sich ohne ein weiteres Wort ab und geht die Treppen nach unten.
»Gab!« Leto ruft ihm nach, aber er verschwindet bereits in Richtung Ausgang.
Ich schüttle den Kopf und atme durch, weil es sich anfühlt, als hätte mir jemand eine Eisenschlinge ums Herz gezogen.
»Tut mir leid. Wir waren vorgestern in einer Talkshow, und er wurde vor der Kamera für den Astrokram völlig auseinandergenommen. Das hat ihm ziemlich zugesetzt.«
»Es ist ja auch das Beste, das an anderen auszulassen«, murmle ich.
»Welche Show war das denn?«, fragt Vivian, behält mich aber im Blick. Ich hab das Gefühl, dass sie gar nicht an der Antwort interessiert ist, sondern lediglich die Situation durch belanglosen Small Talk entschärfen will.
»Ach, so eine Sendung, wo sich zwei Parteien gegenüberstehen und jeder den anderen mit seinen Argumenten überzeugen sollte. Dieses Mal eben Astronomie vs. Astrologie. Der Kerl auf der Gegenseite hat Gabriel gar nicht zu Wort kommen lassen und völlig überlegen argumentiert, dass Astrologie nichts weiter als Verarsche sei, mit der Leuten Geld aus der Tasche gezogen wird, und alle, die sie praktizieren, Betrüger seien.«
»Ich hab nichts dergleichen behauptet«, sage ich. Mit jeder verstreichenden Minute, in der Gabriel weg ist, wird mir wieder leichter zumute. »Es ist auch nicht meine Absicht, irgendwas schlechtzureden. Jeder soll das System verwenden, das ihm hilft, und wenn Leute dafür Geld ausgeben wollen und Kurse besuchen, dann ist das völlig okay. Ich komm nur nicht mit so viel Arroganz klar, die keine anderen Sichtweisen duldet.«
Leto seufzt und spielt mit seinem Lippenpiercing. »Ja. Wie gesagt, es tut mir leid. Er ist eigentlich nicht so.« Leto lächelt uns an und streicht sich durch die Haare. Wieder kehrt dieses wohlige Kribbeln in meinen Bauch zurück. Mir kommt es so vor, als würde er ganz schön unter Gabriels Fuchtel stehen. Vielleicht braucht er den Job dringend, oder er erhofft sich Vorteile davon. Ein weiterer Aspekt, der Gabriel ins Aus kickt. Ich hasse es, wenn Leute mit ihren Angestellten umgehen, als wären sie Menschen zweiter Klasse. Mein Dad hat leider auch manchmal solche Anwandlungen.
»Wenn ihr wollt, würde ich mir eure Charts mal anschauen. Ich bin zwar nur der Assistent des großen Meisters, aber möglicherweise kann ich euch ja doch noch Einblicke geben, die ihr vorher nicht hattet. Ich bräuchte nur eure genauen Geburtsdaten.«
»Ich bin so was von dabei«, sagt Vivian.
Ich schüttle den Kopf. »Das ist total nett, aber bei mir vergebliche Mühe, und bitte bezeichne so einen Schwachkopf nicht als Meister.«
Er schmunzelt und senkt leicht den Blick. »Hast du denn noch nie dein Horoskop gelesen und ein kleines bisschen daran geglaubt?«
»Nein.«
»Jupiter geht sogar unter Leitern durch«, sagt Vivian.
»Natürlich tue ich das.«
»Und sie macht sich null Sorgen, wenn sie eine schwarze Katze sieht.«
»Weil kein Grund dafür besteht.«
»Wow! Ich seh schon: eine Frau, die der Gefahr offen ins Auge blickt.« Leto lacht warm und einnehmend. Dabei blitzt dieses Piercing verlockend auf, und ich frage mich ganz kurz, wie es sich wohl anfühlen würde, ihn zu küssen. »Aber gut. Ich akzeptiere natürlich, dass es nicht dein Ding ist.«
»Danke.« Punkt für dich, Leto.
Er wendet sich Vivian zu. »Hast du deine Daten im Kopf, oder willst du sie mir später schicken?«
»Ich kann sie dir gleich geben.«
»Gut.« Er zückt sein Handy. »Ich brauche Geburtstag, Uhrzeit, Geburtsort.«
Ich drehe mich um und schaue nach meinem Bruder, der sich gerade von einer älteren Frau verabschiedet.
»Macht ihr mal weiter«, sage ich und deute nach unten. »Ich schlag mich zu Adrian durch.« Ich brauche dringend jemand Vernünftigen zum Reden.
»Ich komm gleich nach!«, sagt Vivian.
Ich nicke ihr zu und bin froh, dass Gabriel schon abgezogen ist und ich sie nicht mit ihm zurücklassen muss. »Hat mich gefreut, dich kennenzulernen, Leto.«
Er hebt eine Augenbraue. »Ist das Kennenlernen denn schon vorbei?«
Hitze schießt mir in den Bauch. Ich blicke zu Vivian, die nur grinst.
»Mal sehen. Ich begrüße jetzt erst mal meinen Bruder.« Ich zwinkere ihm zu und setze meinen Weg zu Adrian fort.
Was mich am meisten am Universum fasziniert, ist seine Unendlichkeit. Es bietet so viel Platz für Träume, Wünsche, Hoffnungen. Für mich hat sich heute schlagartig einer dieser Träume erfüllt, denn ich habe die Frau getroffen, die ich eines Tages heiraten werde. Jetzt weiß ich, was gemeint ist, wenn man von Liebe auf den ersten Blick spricht.
Aus dem Tagebuch von Phineas Bower aus dem Jahr 1992
Jupiter
»Julez! Na endlich!«
Kaum erreiche ich Adrian, liege ich auch schon in seinen Armen. Er hebt mich hoch und wirbelt mich im Kreis herum. Ich jauchze vor Freude, klammere mich an ihm fest und atme den Duft seines Aftershaves ein. Bedauerlicherweise sehen wir uns nur zwei-, dreimal im Jahr, doch ich merke jedes Mal, wie gut er mir tut. Wie vertraut wir miteinander sind, auch wenn uns ein großes Stück des gemeinsamen Aufwachsens fehlt. Mit seinen acht Jahren Vorsprung zu mir hatte er sowieso eine andere Kindheit, und als ich dann gezwungen wurde, nach Chicago zu ziehen, haben uns weitere Anknüpfungspunkte gefehlt.
»Ich bin so, so, soooo stolz auf dich«, flüstere ich in sein Ohr.
Er lacht und stellt mich auf dem Boden ab. »Wir haben es geschafft. Es ist wirklich wahr. Sieh dir das nur an!«
Ich lege eine Hand auf meine Brust und tue genau das. Wieder füllen sich meine Augen mit Tränen, und mein Herz quillt über vor Liebe für diesen Mann. »Ich wünschte, ich hätte die letzten Wochen bei dir sein können, um dir zu helfen.«
»Warst du doch, nur eben virtuell. Für das Handwerkliche hatte ich die Jungs.« Er deutet nach hinten zum Platz des Filmvorführers, wo sich seine zwei besten Freunde Ron und Spencer unterhalten. Die drei kennen sich schon seit der Highschool und gehen gemeinsam durch dick und dünn. Genau wie Vivian und ich.
»Ich freu mich so, dass du all die Unterstützung hast, die du brauchst.«
Er lächelt und nickt. Seine Augen glänzen vor Stolz, doch ich sehe auch die Erschöpfung darin. Seine Wangen sind eingefallen, und seine Haut ist blasser als sonst.
»Kannst du dir ein bisschen Pause gönnen?«
»Eher nicht. Wir haben noch etliche kleinere Dinge zu reparieren. Nicht jede Toilette hat Licht, das warme Wasser läuft nicht zuverlässig, im Dach ist ein Loch und so weiter. Aber egal. Das wird schon alles, das weiß ich.«
»Ganz sicher wird es das.«
»Wo ist denn Vivian?«
»Quatscht noch mit Leto.«
»Dem Assistenten von Gabriel von Letsstargaze?«
»Genau.«
»Mit dem hab ich geschrieben, ist Gabriel denn da?«
»Nein, der ist vor ein paar Minuten gegangen.«
»Oh! Ich hatte ihn persönlich eingeladen. Er hat nicht geantwortet, und ich war mir nicht sicher, ob er kommt.«
Ich presse die Lippen aufeinander und merke wieder das Stechen im Bauch beim Gedanken an Gabriel.
»Hat er gesagt, wie er den Film fand?«
Ich verlagere mein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. »Ja, also ich glaub, Leto war nicht abgeneigt.«
Mein Bruder runzelt die Stirn. »Aber Gabriel schon?«
Super! Wie drücke ich das am besten diplomatisch aus? »Leto meint, er hätte schlechte Laune, insofern war seine Meinung heute vielleicht etwas verschleiert.«
»Verschleiert …«
Ich zucke mit den Schultern und ringe mir ein Lächeln ab.
»Er hat ihn gehasst, oder?«
»So krass würde ich es nicht bezeichnen, aber er fand den einen oder anderen Punkt nicht gut.«
Adrian verzieht das Gesicht und stützt die Hände in die Hüfte. »Verdammt! Ich war mir so sicher, dass er den Film mag. Ich schreib ihm noch mal.«
»Tu das.« Ich hake mich bei ihm unter und lasse mich von ihm aus dem Saal in die Vorhalle führen. Sie ist mit genauso viel Liebe gestaltet wie der Rest. Überall stehen Glassockel mit Ausstellungsstücken wie Bruchteilen von Kometen herum. An einer Seite hängen holographische Bilder einzelner Sternbilder. Auch hier wird an die Decke der künstliche Sternenhimmel projiziert. Es funkelt und glitzert, und mit ein bisschen Fantasie kann man sich vorstellen, draußen in der Wüste zu stehen statt in einem Gebäude.
Adrian lässt seinen Blick über die Menge schweifen und deutet auf die Frau, mit der er vorhin geredet hat. »Da drüben steht übrigens die Assistentin des Direktors der University of Arizona. Miranda Stone. Kennst du sie?«
»Nein, sollte ich?«
»Die U of A bietet einen tollen Studiengang für Astronomie und Astrophysik.« Er sieht mich an, und mir entgeht nicht sein erwartungsvoller Unterton. Adrian wünscht sich nichts sehnlicher, als dass ich zurück nach Phoenix komme. Keine Ahnung, wie oft er mir das schon vorgeschlagen hat, und jedes Mal lehne ich aus denselben Gründen ab. Es würde nicht nur Mom und Dad das Herz brechen, wenn ich Chicago verlasse, ich teile mir mit Vivian eine Zwei-Zimmer-Wohnung. Würde ich ausziehen, bräuchte sie eine andere Mitbewohnerin oder eine neue Bleibe. Beides will ich ihr nicht zumuten.
»Das wäre doch was für dich, oder?«, hakt er vorsichtig nach.
Ja, das wäre absolut etwas für mich. Die U of A bietet die besten Kurse auf dem Gebiet an. Im Staat Arizona gibt es achtundvierzig Observatorien sowie unzählige hervorragende Spots, um den Nachthimmel zu beobachten. Ein Luxus, für den ich in Chicago weit aus der Stadt fahren muss. Hier zu studieren, wäre ein absoluter Traum. Nicht nur wegen der Uni, sondern auch wegen Adrian. Wir könnten all die Bruder-Schwester-Jahre nachholen, die wir wegen dem ganzen Scheiß, der in unserer Familie passierte, verloren haben.
»Julez?«, hakt Adrian nach.
»Ja. Ich hab eher die Uni in Chicago im Blick.« Meine Stimme klingt tonlos.
Er atmet geräuschvoll durch und tritt näher an mich heran. Ich hab das Gefühl, als würde er direkt in mein Herz schauen. Als würde er dort all die Sehnsüchte und Wünsche sehen, die ich mir selbst so gern vorenthalte.
»Überleg doch mal. Das wäre die Gelegenheit für dich. Miranda hat mir gerade von einem großartigen Angebot der Uni erzählt, außerdem hätte ich den perfekten Platz für dich zum Wohnen.«
»Ach ja?«
Er hebt beide Hände und deutet auf sich. »Meine Großeltern ziehen zurück nach Italien und überlassen mir das gesamte Haus. Wir haben nächste Woche den Notartermin, um den Besitz umzuschreiben.«
»Was?! Im Ernst?«
»Ja, sie ziehen es durch. Es wird zwar hart ohne sie, und ich werde sie schrecklich vermissen, aber ich freu mich, dass sie ihrem Traum folgen. Granny erzählt so oft, wie sehr sie ihre Familie drüben vermisst. Sie sind ja im Grunde nur wegen mir hiergeblieben.« Ein trauriger Schatten huscht über sein Gesicht. Ohne seine Großeltern hätte er damals mit uns nach Chicago gemusst, weil nach Phineas’ Tod außer Mom niemand mehr da war.
Mein Bruder legt seinen Arm um mich und fährt fort: »Das wäre übrigens noch ein Grund mehr, zu mir zu ziehen. Du würdest den Abschiedsschmerz extrem lindern, und ich wäre nicht allein im großen Haus. Du könntest sogar bei mir jobben. Ich verspreche, dass ich der beste Boss der Welt bin und dir alle Freiheiten einräume, die du bräuchtest, um zu studieren. Inklusive frei nach jeder fetten Studentenparty. Ohne Fragen oder Vorhaltungen. Hey, ich hol dich sogar mitten in der Nacht ab.«
Ich schüttle den Kopf und kann das Schmunzeln nicht unterdrücken. Das ist so weit von dem entfernt, wie ich die letzten Jahre aufgewachsen bin. Ich musste immer überpünktlich zu Hause sein, mich am besten jede Stunde melden, ob es mir gut geht. Seit dem Autounfall hat Mom eine ganze Helikopterflotte über mir kreisen lassen. Es wurde erst besser, als ich ausgezogen bin.
»Na?«, hakt Adrian nach und drückt mich fester an sich. »Wirst du schwach?«
»Ich bin …«
»Adrian!« Vivian ruft über die Menge hinweg. Ich winde mich aus dem Griff meines Bruders und schaue mich nach ihr um, dankbar für die Unterbrechung, weil sie mir Zeit gibt, über seine Worte nachzudenken. Sie hält freudestrahlend mit ausgebreiteten Armen auf meinen Bruder zu. »Darf ich?«
»Natürlich.« Er zieht sie an sich und drückt sie kurz. Als sie ihn loslässt, fällt mir auf, wie rot sich ihre Wangen färben. Rasch nestelt sie an ihrem Kleid sowie den Haaren herum, obwohl beides perfekt sitzt. Zum Glück kriegt Adrian nichts von ihrer Schwärmerei für ihn mit. Ich hab sowieso keine Ahnung, ob er darauf eingehen würde.
»Es ist so toll hier.«
»Danke. Wie geht es dir?«
»Hervorragend.« Sie schenkt Adrian ein weiteres Lächeln, dann wendet sie sich mir zu. »Leto hat mir übrigens das hier gegeben.« Sie zieht einen Flyer aus der Hosentasche. Es ist eine Werbebroschüre für einen Jahrmarkt, der übermorgen in Phoenix eröffnet. Auf der Vorderseite ist ein Riesenrad abgebildet. »Er meinte, dass er schon ein paar Mal dort war und sich sehr freuen würde, uns rumzuführen. Also dich vor allen Dingen, Julez.«
Jetzt bin ich es, die leicht ins Schwitzen gerät. »Hat er das so gesagt?«
»Nicht direkt, ich hab es zwischen den Zeilen herausgelesen.«
»Aha.«
»Hab ich was verpasst?«, fragt mein Bruder.
»Nur deine Schwester beim Flirten«, erwidert Vivian.
»Wir haben uns lediglich unterhalten.«
»Mhm, und dabei sind dir fast die Sabberfäden vom Kinn getropft.«
»Was?! Das stimmt überhaupt nicht.«
Sie kichert nur. »Aber mal abgesehen davon: Ich hab mir die Bands angeschaut. Und – halt dich fest – War*hall ist dabei!«
»Nicht dein Ernst!« Ich reiße ihr den Flyer aus der Hand. War*hall haben Vivian und ich vor zwei Jahren auf einem kleinen Rockfestival entdeckt und sind seither Fans. Leider spielen sie fast nie live, sodass wir jede Gelegenheit nutzen, um sie zu erwischen. Ich klappe die Broschüre auf, und da ist tatsächlich eine Anzeige der Band. Neben den Jungs treten einige andere Indie-Rockbands auf, die mich reizen würden. Der Markt scheint eher ein großes Festival zu sein. »Hast du davon schon gehört, Adrian?«
»Nein, aber ich habe die letzten Monate auch unter diesem Stein hier gelebt.« Er nimmt mir den Flyer ab und blättert ihn durch. »Klingt cool. Der Markt ist drei Tage und drei Nächte an einem Ort, ehe er weiterzieht. Die haben in der Zeit rund um die Uhr offen. Krass!«
»Und zufälligerweise sind wir in der Stadt.« Vivian breitet die Arme aus und deutet auf uns. »Wenn das kein Omen ist! Wollen wir dahin?«
»Ich weiß nicht.« Ich werfe Adrian einen Blick zu. »Würdest du mitkommen?«
Er schnalzt mit der Zunge. »Ich kann gerade nicht weg, aber ihr solltet es euch nicht entgehen lassen.«
Dann würde ich Zeit mit ihm verpassen, von der wir sowieso schon so wenig haben. »Ich könnte dir auch hier helfen.«
»Auf gar keinen Fall«, sagt mein Bruder. »Du genießt dein Leben, statt mit mir rostige Schrauben aus einer Wand zu drehen. Sobald du hier wohnst, können wir ja alles andere nachholen.«
Vivian hält inne und schaut uns an. »Jetzt hab ich was verpasst, oder?«
»Ach, Adrian hat eine verrückte Idee für mich.«
»Verrückte Ideen sind großartig. Weiht mich ein!«
Ich blase die Wangen auf, weil es mir wirklich schwerfällt, über das Thema zu reden.
»Es geht um die University of Arizona. Die Uni bietet ein spezielles Förderprogramm für Studierende an. Es ist kein Stipendium, eher ein Mentoring. Dabei werden Leute ausgewählt, die bereits viel Fachwissen haben, das sie dann verständlich an Mentees weitergeben, die am Anfang stehen. Zum Ausgleich wird ihnen ein Teil der Studiengebühren erlassen.« Er sieht mich erwartungsvoll an, aber ich verstehe noch nicht, warum das so spektakulär für mich sein soll.
»Die Mentees zahlen die regulären Gebühren?«
»Genau.«
Jetzt bin ich noch verwirrter. »Also das Konzept klingt schön, aber ich kann mir die U of A echt nicht leisten.«
»Du sollst dich ja auch nicht als Mentee bewerben, sondern als Mentorin.«
»Bitte was?«
»Du würdest eine oder zwei Personen betreuen und sie an die Hand nehmen. Dadurch würdest du Studiengebühren sparen und kannst gleichzeitig deine eigenen Kurse besuchen.«
»Wie soll das denn funktionieren? Ich steh noch voll am Anfang.«
»Julez, mal ehrlich. Ich kenne niemanden, der so viel Wissen über das Universum hat wie du, ohne es je studiert zu haben.«
»Da hat er allerdings recht«, sagt Vivian und kaut bereits ihr zweites Häppchen. »Du hast mir Gravitationswellen so erklärt, dass sogar ich sie kapiert hab.«
»Das ist ja auch nicht schwer und absolutes Basiswissen.«
Sie lacht auf. »Für dich vielleicht.«
»Aber das reicht doch lange nicht, um jemand anderem was beizubringen.«
Adrian winkt ab. »Red dich bitte nicht klein. Du könntest dich ja einfach bewerben und schauen, was passiert, hm? Ich hab Mirandas Nummer. Ruf sie an, triff dich mit ihr, lote deine Möglichkeiten aus. Du hast nichts zu verlieren.«
Ich blicke zu Vivian, und mein Herz krampft. Doch, ich hab sie zu verlieren. Unsere gemeinsame Wohnung, unser Leben in Chicago, unser tägliches Zusammensein.
Sie verzieht das Gesicht, tritt näher zu mir und legt mir eine Hand auf die Schulter. »Für deinen Traum wär es das wert. Wir sind ja nicht aus der Welt.« Sie stößt mit meinem Sektglas an, das ich nach wie vor umklammert halte.
»Aber ich …«
Sie schüttelt den Kopf. »Sag noch nicht Nein. Überleg lieber, was du alles erreichen könntest mit dem Studium.«
»Das könnte ich mit dem in Chicago auch.«
»Wirklich? Ist das genauso gut wie das in Arizona? Hast du da die gleichen Möglichkeiten? Wie oft hast du mir in den letzten Tagen davon vorgeschwärmt, dass du raus in die Wüste fahren willst, sobald wir hier sind, und die ganze Nacht dort verbringen magst, bis du alle Sterne gezählt hast.«
»Das war nur ein Spaß. Es gibt mehr Sterne am Nachthimmel als Sandkörner an allen Stränden dieser Erde.«
Sie runzelt die Stirn. »Im Ernst?«
»Ja.«
»Wahnsinn!«
»Siehst du?«, wirft Adrian ein. »Das ist genau die Art von Wissen, die du weitergeben kannst.«
Ich winke ab. »Das kann jeder ganz leicht in Wikipedia nachlesen.«
Er verschränkt die Arme vor der Brust und verzieht seine Lippen zu einem sanften, nachsichtigen Lächeln. »Ach, Julez.«
»Was denn? Es ist doch so.« Ich hebe die Hände und schaue von ihm zu Vivian, die mich aber genauso anblickt, als würden alle das Offensichtliche kapieren, nur ich nicht. »Ihr macht mich fertig, das wisst ihr?«
»Auf die gute Art?«, fragt Adrian.
»Muss ich mir noch überlegen.«
Er lacht, wuschelt mir durch die Haare und legt den Arm um meine Schultern. Da er über eins neunzig groß ist, reiche ich ihm gerade mal bis zur Brust. Ich stoße ein leises Brummen aus und lehne mich an ihn, während ich zum künstlichen Sternenhimmel schaue. In diesem Moment fliegt eine Sternschnuppe quer über uns hinweg.
»Na, sieh mal an«, sagt Vivian, die sie ebenfalls gesehen hat. »Ich wünsch mir, dass Jupiter Wilson die beste Entscheidung für ihr Leben trifft und das tut, was sie glücklich macht, nicht das, was sie denkt, was andere von ihr erwarten.«
»Dem Wunsch schließe ich mich an«, sagt Adrian.
Ich schnaube nur.
»Echt erstaunlich, wie du mit einem einzigen Geräusch so viel Skepsis ausdrücken kannst«, sagt Vivian. »Mir ist klar, dass die Sternschnuppe nur künstlich war.«
»Ach, wünscht euch doch, was immer ihr wollt. Ich bin mir sicher, dass die echten genauso wenig Wünsche erfüllen können wie die da oben.«
