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Die gefragte Hundetrainerin June kann kaum glauben, wer sie engagieren will: Niemand Geringeres als der international gefeierte Popstar Tobey Lambert. Er bittet June um Hilfe bei einer verletzten Hündin, die er bei sich aufgenommen hat. Voller Skepsis macht June sich aus dem beschaulichen Glastonbury auf den Weg ins trubelige London. Dort entpuppt sich Tobey beim Training mit Hündin Millie als äußerst talentiert - und sehr attraktiv. Doch mit jedem Tag wird deutlicher, dass nicht nur die traumatisierte Millie schlimme Erlebnisse hinter sich lassen muss. Auch der sensible Musiker trägt offenbar ein schmerzhaftes Geheimnis in sich. Gelingt es June, die Herzen von Hund und Herrchen zu öffnen?
Fesselnd, ergreifend, feinfühlig - eine Geschichte über Freundschaft, zweite Chancen und die Liebe
Mirjam Müntefering, Autorin der »Kalle und Kasimir«-Reihe und von »Hund aufs Herz«, schreibt als Pippa Watson. Eine berührende Geschichte für Hundeliebhaber sowie Fans von Lucy Dillon und Alice Peterson.
Dieser Roman ist in einer früheren Ausgabe unter dem Titel »Mit euch an meiner Seite« erschienen.
Alle Romane dieser Reihe sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden. Wir haben die Geschichten sorgsam für dich ausgewählt. Für alle Tierfreunde und Leserinnen und Leser von wunderschönen Liebesromanen mit Herz und Pfote.
eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.
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Seitenzahl: 493
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Weitere Titel der Autorin
Über dieses Buch
Über die Autorin
Titel
Impressum
Widmung
Prolog
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Tobey
June
Der Zauber von Somerset
Eine Liebe auf Guernsey
Sommerglück auf vier Pfoten
Fesselnd, ergreifend, feinfühlig – eine Geschichte über Freundschaft, zweite Chancen und die Liebe
Die gefragte Hundetrainerin June kann kaum glauben, wer sie engagieren will: Niemand Geringeres als der international gefeierte Popstar Tobey Lambert. Er bittet June um Hilfe bei einer verletzten Hündin, die er bei sich aufgenommen hat. Voller Skepsis macht June sich aus dem beschaulichen Glastonbury auf den Weg ins trubelige London. Dort entpuppt sich Tobey beim Training mit Hündin Millie als äußerst talentiert – und sehr attraktiv. Doch mit jedem Tag wird deutlicher, dass nicht nur die traumatisierte Millie schlimme Erlebnisse hinter sich lassen muss. Auch der sensible Musiker trägt offenbar ein schmerzhaftes Geheimnis in sich. Gelingt es June, die Herzen von Hund und Herrchen zu öffnen?
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Pippa Watson, Jahrgang 1969, lebt in Nordrhein-Westfalen auf dem Land, ist aber seit ihrer Kindheit innig mit Großbritannien verbunden. So oft wie möglich streift sie mit ihren Hunden durch die Landschaft der romantisch rauen Küsten und traumhaften Gärten. Besonders die Herzlichkeit und die große Tierliebe der Briten nehmen die Autorin immer wieder für die Menschen dort ein. Und so liebt sie es, die Welt zwischen Cream Tea und Linksverkehr auch in ihren Romanen lebendig werden zu lassen wie in Ihrem aktuelle Roman »Sommerglück auf vier Pfoten«.
Pippa Watson
Hundeherzzuverschenken
beHEARTBEAT
Digitale Neuausgabe
»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG
Copyright © 2016/2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Originaltitel: Mit euch an meiner Seite
Textredaktion: Ulrike Strerath-Bolz, Friedberg
Covermotive: © Shutterstock: ileana_bt | chrisdorney | Moddangyak | Andrei Botnari
eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf
ISBN 978-3-7517-0157-0
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Für Kiki und Micha, Renate und Udo, Susanne und Dieter.Eure Freundschaft ist so einzigartig wie unsereLiebsten auf vier Pfoten!
London.
Eine Stadt, die nie schläft.
Buntes Neonleuchten. Beständiges Summen des Autoverkehrs. Menschengelächter in den langen Schlangen vor angesagten Clubs. Doch es gibt Seitenstraßen, in denen die Nacht sich heimlich erobert, was ihr gehört. An diesen Orten dröhnt die Stille.
Hoch oben, in der Penthouse-Etage, brennt nur zwischen Aufzug und eiserner Sicherheitstür noch Licht.
Hinter dem schweren Metall herrscht Ruhe. Der dicke Teppich im Flur schluckt alle Geräusche. Die Türen zu den Zimmern in dem langen Gang stehen fast alle offen.
Da ist ein gewaltiger Raum mit Glasfront zu der Dachterrasse, die einmal um die Wohnung herum verläuft. Weiße Möbel vor einem schrankgroßen Flachbildschirm an der Wand.
Ein bullaugenförmiges Fenster gewährt den Blick in die modern eingerichtete Küche.
Den Gang weiter hinauf. Ein Arbeitszimmer in Holz, Chrom und Glas. Auf einem der vier Bildschirme blinkt vergessen ein Cursor zwischen Musiknoten.
Ein Bad. Die große Dusche, nur mit einer Glaswand abgetrennt. Die Wanne mit Klauenfüßen und Blick über die Lichter der Stadt.
Weitere angelehnte Türen. Die Bestimmung der Räume dahinter ist nur zu ahnen.
Ganz hinten eine einzige verschlossene Tür.
Hinter ihr ein Atmen. Gleichmäßig und tief im Schlaf.
Das Bett steht mittig an der Wand. Es ist ein junger Mann, der da unter der leichten Decke schläft. Ein schlankes Bein, angewinkelt. Ein Arm über dem Kopf mit den zerzausten Haaren.
Ganz sicher träumt er, denn seine Atemzüge gehen rascher.
Und plötzlich ist es, als wehte von ferne Musik durch den Raum. Eine Menschenmenge, die jubelt. Namen schreit. Das Lachen einer jungen Männerstimme.
Wird es kalt im Raum? Der Mann im Bett fröstelt, ohne zu erwachen.
Eine Stimme ruft nach ihm. Lachend. Patrick, ruft er selbst, so laut er kann. Patrick, nein, komm da weg!
Er will die Augen aufreißen. Er will diesen Traum nicht träumen. Doch er liegt da wie gefesselt. Spürt, wie die Stimmung der Menge kippt. Von Verwirrung zu Begreifen. Und schon rollt Panik in gewalttätigen Wellen durch das Zimmer.
Er will es schaffen. Dieses eine Mal will er es schaffen, rechtzeitig dort zu sein. Schweißtropfen bilden sich auf seiner Stirn, während seine Augäpfel hinter den Lidern zucken. Während er kämpft und wortlos ruft und nicht ankommt gegen den übergroßen, grauenhaften Leib der Masse.
Ein Lichtreflex an der Decke. Vielleicht der Laserstrahl einer fernen Discothek. Vielleicht das Blitzen eines scharfen Metalls. Ein Geräusch wie Zerreißen. Und er fährt auf.
Sein Atem laut im ganzen Raum. Sein Blick findet keinen Halt. Es scheint ihm, als wäre alles um ihn her in tiefes, dunkles Rot getaucht.
Der Frühling war schon deutlich zu spüren. Es lag etwas in der Luft, das nur der April mit sich bringen konnte.
Gute Laune spross wie die Blumen aus dem Boden. Wie eine Verheißung auf … auf was?
Ich musste über mich selbst lachen und schüttelte den Kopf, während ich in die Silverlane einbog.
Cassandra, die sich mal wieder in den Fußraum des Beifahrersitzes geschmuggelt hatte, stellte die Pfoten auf den Sitz und spähte durchs Fenster. Als sie erkannte, wo wir uns befanden, stimmte sie ihr übliches fröhliches Heulkonzert an.
Ich hatte Mühe, vor der drängelnden Spanielhündin aus dem Auto zu steigen. Dann ging ich zum Kofferraum und ließ auch den jungen Mischlingsrüden Bo heraus – ein Fellmonster auf vier Pfoten. Für meine inzwischen arg ergraute Heaven, deren Ahnen sehr groß und rauhaarig gewesen sein mussten, legte ich die eigens gebaute Rampe an den Wagen. So konnte das alte Mädchen auf ihren drei Beinen hinunterhumpeln.
Bo und Cassandra waren bereits an der Hintertür angekommen, als Heaven und ich um die Hausecke bogen.
Die Tür wurde von innen geöffnet, und meine Mutter Sharon, mit mehlbestäubten Händen, rief »Bring mir etwas Schnittlauch mit rein!« und verschwand wieder. Ich machte also einen kleinen Umweg durch den Küchengarten.
Drinnen war bereits Highlife in Tüten, wie Sharon es immer nannte. Bo hüpfte auf zwei Beinen um sie herum, und Cassandra stimmte immer wieder neue Strophen an.
»Musst du sie immer alle drei mitbringen?«, seufzte Sharon und betrachtete die feuchten Pfotenabdrücke auf dem blank gescheuerten Holzboden, während sie Teigmasse aus einer Schüssel auf die mehlbestäubte Arbeitsfläche klatschte.
»Ach, Sharon«, sagte ich grinsend. »Du weißt doch, wie das ist. Immer wenn ich zu dir fahre, wissen sie Bescheid und stehen schon am Wagen, wenn ich loswill. Wen soll ich denn dann zu Hause lassen, hm?«
Meine Ma schnaubte kurz, beugte sich dann jedoch zur großen Heaven hinunter, um sich von ihr begrüßen zu lassen. »Jedenfalls nicht mein altes Engelchen.«
»Na siehst du.«
Ich sah mich in der Küche um. »Was machst du?«
»Roger, der Gast aus Edinburgh, hat heute Geburtstag. Ich bereite schon mal ’ne Kleinigkeit für heute Abend vor.«
Au weia, das klang ja mal wieder nach jeder Menge Extra-Arbeit, die Sharon sich selbstverständlich auch nicht bezahlen lassen würde! Ich zog die Brauen hoch. »Keine Ahnung, wie oft ich dir das noch sagen soll, aber Haydn House ist ein Bed and Breakfast!«
»Aber wenn er doch so nett ist«, widersprach Sharon. »Er vermisst seinen Lebensgefährten so sehr. Und dieses Reiki-Seminar, das er gibt, geht noch die ganze Woche. Ich dachte, wenn heute Abend alle vom Haus zusammen essen, denkt er nicht so dran und hat trotzdem einen schönen Tag.«
»Bist du voll belegt?«, erkundigte ich mich und klapste ihr auf die Finger, als sie gerade dabei war, eine Käsescheibe zu dritteln – ganz offensichtlich in der Absicht, sie in drei begierige Mäuler zu schieben.
»Ja, alles voll. Roger im Haydn-Zimmer. Mary und Greg im Oak-Zimmer. Und Uma, Nelly und Tamara in der Abbey Suite.« Sharon senkte ihre Stimme und setzte hinzu: »Die drei Ladys kraxeln jeden Morgen bei Sonnenaufgang rauf zum Tor und zaubern irgendwelche Räucherrituale.«
»Huch!«, entfuhr es mir.
»Ja, ich glaube, es hat was mit Umas Ex-Mann zu tun. Würde mich nicht wundern, wenn er es schon bald mit ein paar hübschen Furunkeln oder Ähnlichem zu tun bekäme.«
Wir kicherten beide. Für mich waren solche Geschichten stets die Verbindung zu meiner wunderbaren Kindheit, die ich genau hier, im Haydn House verlebt hatte.
Damals, vor knapp vierzig Jahren, war Glastonbury eine Hippie-Hochburg gewesen. Der sagenumwobene Tor, der einzige steile Hügel der Umgebung mit seinem turmartigen Bauwerk aus dem Mittelalter, zog damals wie heute alle möglichen Spinner an – ob sie nun tatsächlich spirituell veranlagt waren oder es nur glaubten. Angeblich sollte sich genau hier das legendäre Avalon befunden haben. Im Park der ehemaligen Abbey, direkt gegenüber von Haydn House, wies ein Gedenkstein die Grabstätte von König Arthus aus. Auch heute noch war der kleine Ort eine Pilgerstätte für Esoterikerinnen, Reiki-Meister, alle Sorten von New-Age-Leuten.
»Da wir gerade davon sprechen«, fuhr Sharon fort. »Wie läuft es zwischen Morris und dir?«
Verflixt. Vierzig Jahre an diesem Ort hatten meine Mutter mit unangenehm sensiblen Antennen ausgestattet.
»Lass uns über was anderes sprechen, ja?«, bat ich, weil ich um meine gute Morgenlaune fürchtete.
Sharon sah von ihrer Arbeit auf und betrachtete mich kurz mit gerunzelter Stirn. Dann beugte sie sich wieder über die Arbeitsfläche und fuhr fort, den Teig zu bearbeiten.
»Ich halte es ja wie die Indianer«, presste sie zwischen den Zähnen hindurch, während sie die zähe Masse durchknetete. »Wenn du merkst, dass dein Pferd tot ist, solltest du absteigen.«
Ich wollte eigentlich lachen, wie ich es sonst oft tat, wenn ich mit Sharon oder auch mit meiner Freundin und Mitarbeiterin Nicole über dieses Thema sprach. Doch heute blieb mir das Lachen plötzlich im Hals stecken.
»Ich weiß nicht. Vielleicht brauchen wir einfach mal etwas Abstand«, sagte ich stattdessen.
Heaven, die bisher den gedrittelten Käse im Auge behalten hatte, wandte sich um und drückte sich an mein Bein. Ich musste schlucken und strich mit den Fingern zärtlich durch das dichte graue Fell der Hündin. Wir zwei waren nun schon zwölf Jahre zusammen, viel länger, als Morris und ich uns kannten. Und manchmal hatte ich den Verdacht, dass Heaven sich wesentlich besser darauf verstand, meine Stimmungen zu lesen, als mein Freund.
»Wunderbar!«, sagte Sharon, während sie dem Teig rechts und links eine verpasste. »Schick ihn auf eine Tour durchs ganze Land. Vielleicht zusammen mit Nicole. Sie will doch mehr in die Seminare einsteigen, oder? Das wäre die Gelegenheit, und nebenbei könnte sie auf Morris aufpassen, damit er sich nirgends zu ›heimisch‹ fühlt.«
Das war gar keine üble Idee. Der Gedanke, den Hof und das Hundezentrum, das Morris und ich gemeinsam leiteten, ein paar Wochen ganz für mich zu haben, erschien sehr verlockend. Doch dann seufzte ich. »Geht nicht. Nächstes Wochenende startet der neue Trainer-Ausbildungskurs. Die ersten beiden Module macht Morris. So lange muss es auf alle Fälle warten.«
»Okay.« Sharon nickte, als hätte sie in dieser Frage tatsächlich etwas mitzureden. »Aber wenn er sich wieder eine von seinen Eskapaden leistet, ist der Ofen aus, abgemacht? Du weißt, dass ich das Prinzip der freien Liebe durchaus schätze. Aber du bist nicht der Typ dafür. Du gehst dabei vor die Hunde …«
Über dieses Wortspiel mussten wir beide lachen. Doch dann setzte Sharon hinzu: »Hab keine Angst, mein Schatz. Morris mag der Frontmann des Hundezentrums sein. Aber du bist die Chefin. Und du hast es drauf. Du kannst es auch allein schaffen, weißt du?!«
Während ich ihren Worten nachlauschte, fiel durch das Küchenfenster plötzlich ein Sonnenstrahl herein. Als wollte er mich daran erinnern, dass draußen der Frühling auf der Lauer lag. Mit all seinem Blühen und Werden, und mit ein wenig Hoffnung.
Es war gerade mal April, und die Stadt platzte in der ersten halbwegs schönen Samstagnacht aus allen Nähten.
Ich saß hinter Samuel im Wagen und betrachtete durch die getönten Scheiben das bunte Treiben auf den Straßen.
Es war nicht besonders warm. Aber die britischen Frauen taten bereits bei siebzehn Grad so, als gingen sie auf einer jamaikanischen Promenade spazieren.
Miniröcke. Bloße Füße in offenen Schuhen. Die Männer an ihrer Seite legten die Arme um nackte Schultern.
Drei junge Frauen in engen Leggings marschierten Arm in Arm mit wehenden, langen Haaren den Gehweg entlang.
Ich wollte Andy auf sie aufmerksam machen, aber mein Bodyguard nutzte die Fahrt zum Club für ein Nickerchen.
Nicht weiter tragisch. Andy verpasste ja sonst nie eine Gelegenheit, langen Beinen hinterherzustaunen.
Mein Sicherheitschef Dan saß vorn neben Samuel und schaute gelassen aus dem Fenster. Selbst auf dem Beifahrersitz einer gepanzerten Limousine wirkte der drahtige Dan mit den grauen Schläfen, als würde er gerade im Lotussitz meditieren.
Samuel überholte einen Sightseeing-Bus, auf dessen Seite gigantisch groß mein Gesicht prangte. »’n Abend Mr. Lambert«, schmunzelte er und warf mir im Rückspiegel einen kurzen Blick zu. Ich lächelte zurück, wir ließen mein Konterfei links liegen. Es konnte mir auch heute noch passieren, dass ich so einen gigantischen Doppelgänger tendenziell spooky fand.
Der Verkehr stockte wieder einmal.
Samuel summt die Melodie eines Kinderliedes. Er hatte vor einem halben Jahr eine kleine Tochter bekommen und war ganz vernarrt in sie. Die Töne waren mir vertraut. Ma hatte Lin und mir früher genau dieses Lied vorgesungen, wenn wir nicht schlafen konnten. War das nicht verrückt? Nach so vielen Jahren, nach fast drei Jahrzehnten, sangen auch heute noch Eltern ihren Kindern dieselbe Melodie, um sie zu beruhigen und sie spüren zu lassen, wie sehr sie geliebt wurden.
Leise summte ich mit, erfand eine zweite Stimme. Und plötzlich war da die Idee, genau dieses Lied vor den neuen Song mit den Streichern zu stellen. Vielleicht von Kindern gesungen. Nein, besser nur von einem Kind. Eine einzige klare, glockenhelle Stimme.
Ich zückte das Notizbuch, das ich immer bei mir trug. Schließlich konnte ich nie sicher sein, wann mir eine gute Idee zu einem neuen Song kam. Manchmal überfielen sie mich geradezu. Aber wenn ich sie nicht aufschrieb, stoben sie wieder auf und davon, unmöglich einzufangen. Über die Noten notierte ich auch ein paar Textzeilen. Super Idee. Bei der nächsten Probe würde ich es meiner Band vorstellen.
Schließlich bogen wir in die Straße ein, auf der das Zenobia lag. Als wäre er auf die Adresse seines alten Arbeitsplatzes programmiert, erwachte Andy mit einem Schnarcher und setzte sich auf. »Ging ja schnell«, brummte er.
»Soll ich auf euch warten?«, wollte Samuel wissen, als er auf den Parkplatz der Club-Mitarbeiter einbog.
»Ja. Wir werden nicht so lange bleiben. Ich will mir nur diesen neuen Saxofonisten ansehen, von dem Lin mir erzählt hat. Er hat gleich seine dritte Session im Laden, und das Publikum liebt ihn angeblich.« Meine Schwester Lin war Musikjournalistin und fütterte mich regelmäßig mit Infos über interessante aufgehende Sterne am Musikerhimmel.
»Okay, ich bin auf Sendung, wenn ihr mich braucht.« Samuel nickte, wendete den Wagen und setzte ihn geschickt in eine Parklücke.
Andy, Dan und ich nahmen den Seiteneingang. Wie immer begrüßte Andy den dort postierten Türsteher kumpelhaft und wirkte, während er an meiner Seite bis zu dem reservierten Tisch auf der Empore ging, noch ein paar Zentimeter größer als üblich. Diesen Wachstumsschub zeigte er auch dann, wenn ich – so wie heute Abend – hinter einem Schal und einer Baseballkappe so gut verborgen war, dass niemand mich erkannte. Für Andy reicht vollkommen aus, dass alle Angestellten im Zenobia, vom Türsteher bis zur Tischbedienung, Bescheid wussten.
In diesem Club hatte ich meinen Bodyguard vor drei Jahren kennengelernt. Als eine Gruppe von betrunkenen, turnschuhtragenden Touristen sich gewaltsam Einlass verschaffen wollte und Andy souverän und ohne lange zu fackeln deren Anführer gegriffen und mühelos am Boden festgetackert hatte. Noch am selben Abend hatte ich ihm einen weitaus besser bezahlten Job bei mir angeboten.
Oben auf der Empore gab es ein kurzes Hallo, denn Justin und Betty hatte es an diesem Abend ebenfalls hierhergezogen. Seit dem Start meiner Solokarriere vor mehr als drei Jahren war Justin mein genialer Bassist. Betty war seine langjährige Freundin: Krankenschwester, bildhübsch. Das Bühnenprogramm hatte bereits begonnen, doch der Saxofonist war noch nicht aufgetreten.
»Mann, bin ich fertig!«, stöhnte Andy und ließ sich auf den Stuhl fallen, der der Treppe am nächsten stand.
»Wovon? Vergebliches Anmachen der Foto-Praktikantin beim heutigen Shooting?«, kicherte Justin.
»Hey, woher weißt du davon? Du warst doch gar nicht dabei!«, sagte ich grinsend.
Andys Miene hatte sich verfinstert, aber bevor er zu einer seiner wenig schlagfertigen Antworten ausholen konnte, hatte Betty bereits den Arm um ihn geschlungen und ihn auf die Wange geküsst.
»Dämliches Weibsstück!«, sagte sie, laut genug, dass alle am Tisch es verstehen konnten. »Die weiß eben nicht, was ihr entgeht, oder, Andy?«
Andy errötete sichtbar und lächelte breit, während Justin so tat, als wäre er nach dieser Erklärung durchaus ein wenig eifersüchtig. Neckereien unter Freunden. Zeit, um auszuspannen.
Das Zenobia war einer der wenigen Clubs, die ich in meiner Freizeit besuchte. Die Location war angenehm geräumig, der Besitzer diskret und klug genug, auch nicht hinter vorgehaltener Hand damit anzugeben, dass ein Star wie Tobey Lambert hier regelmäßig verkehrte. Abgesehen von dem einen oder anderen Gast – na ja, Gästin in der Regel –, die mich trotz aller Maskerade erkannte und atemlos um ein Autogramm bat, war hier noch nie etwas vorgefallen. Und außer all diesen Vorzügen gab es hier an drei Abenden in der Woche Sessions mit unbekannten Musikern, unter denen ich schon mehr als ein Talent entdeckt hatte.
So auch heute. Der Saxofonist war wirklich gut, Lin hatte nicht zu viel versprochen. Auch das restliche Publikum schien Musikverstand zu haben. An vielen Tischen waren die Gespräche und das Gelächter verstummt. Die Klänge des Tenorsaxofons schwebten geradezu durch den Raum und brandeten in kleinen Wellen an die Empore, über dessen Geländer ich mich beugte, um besser sehen zu können.
Und dann waren da plötzlich diese zwei Augen.
Sie gehörten einer jungen Frau, die am Rand der Tanzfläche stand und zu mir heraufblickte. Die Intensität, mit der sie mich ansah, ließ mich reflexartig zurückzucken.
Doch schon wenige Sekunden später musste ich wieder hinsehen. Die langen dunklen Locken, die ihr über die Schultern bis hinunter zum Bauch flossen. Die Herzform ihres Gesichts. Die schmale Figur. Das alles erinnerte mich so sehr.
Aber sie war es nicht. Die junge Frau da vor der Bühne war einfach nur eine Fremde, die einem Schatten aus meiner Vergangenheit zum Verwechseln ähnlich sah. Und die mich offensichtlich erkannt hatte. Ich konnte von hier aus sehen, dass ihre Brust sich rasch hob und senkte.
Dan, der neben mir saß, neigte sich ein Stück in meine Richtung und sagte dicht an meinem Ohr: »Ich habe mich schon gefragt, wann es dir auffällt. Sie starrt dich seit einer halben Stunde an, ohne zu blinzeln.« Er verzog den Mund zu einem winzigen Lächeln. Dan machte sich nie über Menschen lustig. Er verspottete sie nicht oder stellte ihre Schwächen bloß – obwohl er gerade die bei so gut wie jedem zu erkennen schien. Er verfügte über außergewöhnliche Menschenkenntnis. Nur so hatte er den Blickwechsel zwischen der jungen Frau da unten und mir mitbekommen können.
Wie gut, dass er mich angesprochen hatte. Andernfalls hätte wahrscheinlich auch ich eine halbe Stunde lang gestarrt, und das wäre dort unten bestimmt komplett falsch interpretiert worden. Schließlich konnte ich einer Wildfremden nicht einfach erklären: »Sorry, dass ich dich so anglotze, aber du erinnerst mich an jemand von früher.«
Abgesehen davon, dass das wie eine reichlich abgedroschene Anmache klang, hätte ich diese simple Wahrheit niemandem anvertrauen können. Oder wollen. Diese Wahrheit, dass es immer noch hin und wieder Momente gab, in denen ich sie irgendwo zu erkennen glaubte.
Ich riss mich zusammen und wandte meine Aufmerksamkeit wieder der Bühne zu. Nach dem Saxofonisten trat ein Geschwisterpaar auf, das sich mit Gitarren auf zwei Barhockern niederließ und bekannte Folksong-Melodien mit selbst gedichteten, witzigen Texten vortrug.
Es wurde viel gelacht, das Publikum mochte so was. Aber ich war mit den Gedanken noch bei dem vielversprechenden Musiker mit dem Saxofon. Andys ehemaliger Chef würde mir die Nummer des Musikers geben, und Steven, mein Manager, sollte in den nächsten Tagen ein Treffen arrangieren. Vielleicht war irgendwo im Terminkalender noch ein Platz frei. In dem neuen Stück, das wir morgen proben würden, wäre ein Tenorsaxofon im Intro und in dem langen Mittelteil genial.
Mit einem Mal wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Dan neben mir richtete sich noch ein wenig gerader auf. Ich versuchte, seinem Blick zu folgen, doch ich konnte nichts weiter erkennen als ein begeistert lauschendes, aufgeheiztes Publikum.
»Was ist los?«
Dan antwortete leise, ohne den Kopf zu wenden: »Wir hätten vom Studio aus nicht direkt hierherfahren sollen.«
Da war es wieder. Dans rätselhaftes Insiderwissen.
Eine der Bedingungen, die mein Sicherheitschef damals für seinen Vertrag gestellt hatte, war die freie Einteilung seiner Arbeitszeit. Er allein entschied, wann er an meiner Seite gebraucht wurde, welche Location im Vorfeld gecheckt werden musste, welche Sicherheitsvorkehrungen bei öffentlichen Auftritten notwendig waren. Woher er so oft wusste, wo die Paparazzi auf uns lauern würden oder bei welchem Konzert Dutzende von Fans flashmobgleich die Bühne zu stürmen versuchten, blieb sein Geheimnis.
Jetzt starrte er in die Menge am Eingangsbereich hinunter. Aber da waren doch nur viele Menschen in Samstagnachtlaune, die tranken, lachten, flirteten und keinen Blick an unsere kleine Gruppe hier oben verschwendeten!
Dans Miene jedoch war starr vor Konzentration. Er spähte irgendwohin ans andere Ende des Clubraums. Vor lauter Anstrengung, ebenfalls etwas zu erkennen, brannten mir die Augen.
»Wir sollten hier verschwinden«, sagte Dan gerade so laut, dass es auch Andy, Justin und Betty verstehen konnten.
Andys Miene verfinsterte sich. »Hört unser Sicherheitschef mal wieder die Flöhe husten?!«, brummte er und sah Dan offen revoltierend an. Doch der beachtete ihn nicht. Seine Augen huschten hierhin und dorthin und verweilten in einer dunklen Ecke am Eingangsbereich.
Mein Magen krampfte sich zusammen. »Okay«, entschied ich. »Verschwinden wir.«
»Dann lass uns lieber auch gehen, ja?«, sagte Betty beunruhigt zu Justin und angelte nach ihrer dünnen Jacke über der Stuhllehne.
»Hey, jetzt macht mal nicht so eine Welle«, knurrte Andy. »Ein cooler, entspannter Abend im Club. Was soll denn …«
Doch plötzlich entstand unten in der Menge am Eingangsbereich Unruhe. Stimmen wurden laut. An den Tischen wandten sich Gäste um und wollten sehen, was dort los war.
Da waren Kameras. Nicht eine oder zwei, nein, ein ganzes Heer von Kameras. Ein Türsteher rangelte vergeblich mit zwei Männern. Schwarze Linsen mit gewaltigen Objektiven waren mit einem Mal auf die Empore gerichtet.
Finger richteten sich herauf.
Dan war mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung an der Treppe. Ich sprang auf und folgte ihm die enge Spirale hinunter.
»Lass mich vor!«, brüllte Andy hinter mir. »Scheiße, ey, lass mich doch vor!« Einen kurzen, irrwitzigen Moment lang drängelten wir auf der schmalen Treppe wie zwei Jungs am Schulbus. Dann hatte Andy sich vorbeigequetscht und sprang gemeinsam mit Dan von der drittletzten Stufe.
Ich warf einen Blick durch den Raum, der mit einem Mal fremd und bedrohlich eng wirkte.
Wo gerade noch Menschen in Feierabendstimmung miteinander gelacht hatten, schob sich nun eine gesichtslose Masse auf mich zu. Die Musik war verstummt. Das Geschwisterpaar auf der Bühne hielt sich ratlos an seinen Gitarren fest.
Blitzlichter von allen Seiten. Rufe wurden laut. »Tobey! Hierher!«
Irgendwo in der Mitte des Raumes schrie eine Frau: »O mein Goooott! Da ist Tobey Lambert!« Hysterisches Kreischen aus allen Richtungen.
Eine Sekunde lang stand ich auf der untersten Stufe. Wie gelähmt vom Getöse der immer lauter werdenden Rufe, rückenden Tischbeine und umstürzenden Stühle.
Ich wollte Andy folgen, der sich in Richtung des vorderen Eingangs wandte. Doch Dan fasste uns beide fest an den Schultern und riss uns herum, in genau die andere Richtung. Dann eilte er uns voraus. Andy reagierte blitzschnell, griff meinen Arm und zog mich mit sich nach hinten, fort von der heranströmenden Masse. Wie im Traum nahm ich wahr, dass Dan Zeichen zur Theke hinüber machte. Von den Ausgängen brachen sich ein paar breitschultrige Männer Schneisen durch die Menge.
Ich wollte nicht hinsehen, doch sie waren überall. Die ausgestreckten Hände. Verzerrte Gesichter. Aufgerissene Münder wie hungrige rote Höhlen. Entfesselt von der Hemmungslosigkeit der Paparazzi stürmte die Menge nach vorn.
Ich stolperte in die Richtung, in die Dan strebte und Andy mich zog. Wo sollte es da verdammt noch mal hingehen? Für mich sah es so aus wie eine Falle. Und plötzlich wurde ich von hinten gepackt. Gleich mehrere Hände krallten sich in meine Lederjacke. Auch Andy zerrte noch einen Moment an mir. Schaute sich um, drängte an mir vorbei und griff sich einen der Kerle.
Betty holte aus und donnerte einem anderen ihre Handtasche ins Gesicht, filmreif. Als sie noch einmal zuschlagen wollte, umfasste Justin kurzerhand ihre Taille und schleifte sie mit sich.
Während Andy mit einem der Paparazzi rang und ich schon dabei war, meine Jacke abzustreifen, um die klammernden Hände loszuwerden, war plötzlich wieder Dan an unserer Seite. Er setzte nicht einmal den ganzen Körper ein, sondern führte nur einige flinke Bewegungen mit den Händen aus. Schon waren Schmerzenslaute zu hören, und ich war frei.
»Weiter!«, sagte Dan mit verblüffend ruhiger Stimme. Gleich darauf befanden wir uns in dem schmalen Gang hinter den Toiletten. Die Enge des Raumes legte sich wie eine klamme Hand um meinen Hals. Ich zögerte eine Sekunde weiterzugehen. Die Sekunde, die ein paar Männer brauchten, um hinter uns in den Gang zu drängen.
Andy erwischte einen von ihnen am Revers und schleuderte ihn den anderen entgegen. Zwei von ihnen wurden von dem Mann mitgerissen und landeten in einem fluchenden Knäuel auf dem Boden. Doch ein weiterer war bereits dabei, sich an dem lebendigen Hindernis vorbeizudrücken. Die Kamera immer noch im Anschlag, feuerte er Blitzlichter auf uns ab.
»Tobey!«, kreischte eine Frau hinter ihm und wurde von anderen Fans heftig zur Seite geschubst.
»Raus jetzt!« Wieder Dans Stimme, in all dem Chaos wie ein Rettungsring. Er hielt einen schweren Vorhang auf, hinter dem sich eine Eisentür verbarg.
Ich wandte mich noch einmal um.
»Verschwindet!«, brüllte Andy uns über die Schulter zu. »Ich halte sie auf!«
Das Letzte, was ich von ihm sah, waren seine überlangen, muskelbepackten Arme, die in Richtung der heranstürmenden Menge schwangen.
Die Tür fiel hinter uns ins Schloss, und wir eilten drei Stockwerke die schmale Betontreppe hinunter. Betty verlor einen ihrer hohen Schuhe, fauchte »Fuck!« und rannte humpelnd weiter. Dan zog im Laufen sein Handy und bellte hinein: »Gasse Hinterausgang. Sofort!« Justin war als Erster an der Außentür. »Stopp!«, rief Dan.
Doch Justin riss bereits die Tür auf und stürzte hinaus, Betty an der Hand hinter sich herziehend.
»Verdammt! Ich sagte: ›Stopp!‹!«, donnerte Dan. Doch es war zu spät. Als ich hinter Betty in die Gasse hinausstolperte, blendete mich ein Meer von grellweißen Lichtern.
Betty schrie irgendetwas. Fremde Stimmen brüllten meinen Namen. Reflexartig schaute ich in die eine, dann in die andere Richtung. Sie waren überall.
Dröhnendes Motorengeräusch näherte sich durch die Gasse. Leiber sprangen zur Seite.
Eine Autotür wurde aufgerissen. Jemand stieß mich hinein. Ich fiel in die Polster, verbarg mein Gesicht in den Händen, wurde weitergedrängt. Noch bevor die Tür wieder geschlossen war, fuhr der Wagen an. Dumpfe Schläge auf das Autodach. Schreie, die zu einem einzigen Getöse verschmolzen. Und das tiefe Dröhnen von Maschinen.
»Scheiße, die haben Motorräder«, rief Justin.
»Mit denen werd ich fertig!«, behauptete Samuel und trat aufs Gas. »Schnallt euch an!«
»Nimm die Brücke im Norden!«, hörte ich Dan sagen, der vorn neben Samuel saß.
»Okay!« Samuel bog aus der Gasse nach rechts, beschleunigte, bremste plötzlich ab und wendete auf der breiten Straße, um in die andere Richtung davonzubrausen.
Die Motoren der Motorräder dröhnten hinter uns. Einige dieser Kerle hatten sich darauf spezialisiert, von der fahrenden Maschine aus ihre reißerischen Fotos zu schießen, während der geschickte Fahrer vor ihnen das Motorrad lenkte. Gott sei gedankt für getönte Scheiben!
»Es sind vier oder fünf«, sagte Justin, der mit Betty zusammen aus dem rückwärtigen Fenster spähte.
Wir rasten durch die Nacht. Samuel wich anderen Autos und Passanten aus und donnerte dann wieder gen Norden.
Ich presste mich in den Sitz und versuchte, meinen Atem zu beruhigen.
Alles war okay. Nichts passiert. Dan hatte gerade noch rechtzeitig den richtigen Riecher gehabt. Er und Andy hatten mich rausgebracht. Es war nichts geschehen. Ein bisschen Hysterie, ein kleiner Aufruhr. Menschen, die mit einem Mal zu einer Menge wurden. Trotzdem war nichts geschehen.
Langsam glaubte mein Atem mir. Und langsam kapierte ich, wohin Samuel raste. Im Norden der Stadt gab es eine kleine Brücke, die er gerne nahm, wenn wir diese Strecke fuhren. Aber wieso glaubten Dan und er, dass wir die Papparazzi dort würden abhängen können?
Samuel bog von den viel befahrenen Straßen ab und kurvte durch die kleineren Seitenstraßen. Zwei Motorräder hatten bereits die Verfolgung aufgegeben. Denen war wohl klar geworden, dass diese Jagd ihnen nicht viel bringen würde. Samuel fuhr aber auch wirklich wie der Teufel. Es war bestimmt nur noch eine Frage von Minuten, bis auch die anderen …
»Vorsicht!«, brüllte Dan.
Samuel riss das Steuer herum. Der Wagen schlidderte.
Da war ein Schatten.
Direkt vor uns.
Neben uns.
Vor einem der Motorräder.
Die Maschine schleuderte, geriet beinahe aus dem Gleichgewicht. Doch der Fahrer schaffte es im letzten Moment, und nach wenigen Metern hatte er das Ding wieder im Griff.
Betty schrie auf: »Scheiße, die haben ihn erwischt!«
Ich fuhr herum und sah aus der Heckscheibe. Im Licht der Scheinwerfer der beiden folgenden Motorräder konnte ich gerade noch das dunkle, kleine Etwas auf vier Pfoten erkennen, das sich zur Seite schleppte. »Oh, Scheiße, Scheiße! Oh nein!« Betty begann zu weinen. Justin legte den Arm um sie.
Außer Bettys Schluchzen war im Auto kein Geräusch zu hören. Samuel lenkte verbissen den Wagen. Dan starrte konzentriert abwechselnd auf die Straße und in die Spiegel.
Dann kam die Brücke in Sicht. Erst im letzten Moment sah ich die Absperrungen und die Baustellenschilder.
Dann waren wir darauf.
Außer uns war hier niemand unterwegs.
Die Motorräder folgten uns mit heulenden Motoren. Doch schon nach wenigen Metern verloren sie den Halt und schleuderten. Von den breiten Reifen unserer Limousine spritzte der Splitt zu beiden Seiten in hohen Bögen.
Die Motorräder wendeten, und sobald sie wieder festen Boden unter den Rädern hatten, brausten sie davon. Die nächste Möglichkeit, den Fluss zu überqueren, war nicht weit. Bestimmt hofften sie, uns auf der anderen Seite abfangen zu können.
Samuel donnerte über die Brücke. Wieder auf festem Boden, bog er sofort nach rechts in eine Seitenstraße ab, links, rechts, links, links. Da war eine Einfahrt in eine private Garage. Ohne zu zögern, fuhr er hinein, drehte den Zündschlüssel und löschte alle Lichter.
Es war still im Wagen.
Samuel atmete tief durch. Dan saß ruhig neben ihm und behielt durch die Rückspiegel wachsam die Umgebung im Blick. Betty weinte immer noch an Justins Schulter.
»Sie haben ihn erwischt! Ich hab’s gesehen. Dass sie ihn volles Brett erwischt haben. Oh Gott! Was ist, wenn er da jetzt verletzt liegt und es nicht nach Hause schafft? Wenn er …?«
»Schschscht!«, machte Justin und strich ihr übers Haar.
Eine Weile saßen wir einfach da.
»Wo sind wir hier?«, erkundigte ich mich schließlich. Dafür, dass meine Stimme so zittrig klang, hätte ich mich selbst packen und schütteln können.
»Das Haus meines Schwagers«, antwortete Samuel knapp und tauschte mit Dan einen kurzen Blick. Aha. Wahrscheinlich hatte Dan mit Samuel die eine oder andere Fluchtroute durch die Stadt ausgearbeitet. Mit dem einen oder anderen Versteck. Unter anderem in der Garage am Haus von Samuels Schwager.
Nach etwa zehn Minuten wandte Dan sich um. »Alles okay?«
Inzwischen ging mein Atem wieder regelmäßig. Ich nickte Dan zu. Mit einem Mal war ich besonders froh darüber, mich damals für diesen asketisch wirkenden Sicherheitschef entschieden zu haben.
»Wohin?«, fragte Samuel. »Nach Hause?«
»Ja«, antwortete Dan mit ruhiger Stimme. »Aber nicht auf direktem Wege. Fahr die westliche Route.«
»Okay.« Samuel nickte und legte den Rückwärtsgang ein.
In dem Moment hörte ich meine eigene Stimme. »Wir fahren zurück!«
Alle im Wagen sahen mich an.
»Du willst in den Club zurück?«, fragte Samuel; sein ungläubiger Blick traf mich im Rückspiegel.
»Natürlich nicht«, erwiderte ich. »Wir fahren zurück zu der Stelle, an der sie den Hund erwischt haben.«
»Oh, Tobey!«, schluchzte Betty wieder auf, löste eine Hand von Justins Brust und krallte sie in meine Schulter.
»Aber das geht doch nicht«, meinte Justin. »Was ist, wenn die Paparazzi da noch rumhängen?«
»Ja, könnte doch sein, dass einer von denen auch ein Gewissen hat und nachschauen fährt«, gab Samuel zu bedenken.
Ich hob die Hand. »Okay. Vorschlag: Am nächsten Taxistand, an dem wir vorbeikommen, steigen alle um, die nach Hause wollen. Ich fahre zurück.«
»Ich komme mit!«, sagte Betty sofort, und Justin stöhnte leise auf.
»Dan?«, fragte Samuel.
Dan schaute mich prüfend über die Schulter an. Dann wandte er sich um: »Du hast gehört, was Tobey gesagt hat.«
Seufzend setzte Samuel den Wagen rückwärts aus der Garage.
Wer wusste schon, ob wir den Hund überhaupt finden würden?
Was für ein Tag!
So erledigt hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt.
Es war schon spät am Abend. Nach und nach rumpelten die Autos vom Parkplatz, und ich machte im Geiste drei Kreuzzeichen, während die Scheinwerfer der zehn Wagen über den Schotterweg Richtung Landstraße krochen.
Fünfzehn Jahre Traumjob Hundetrainerin. Noch nie war bei einem Seminar so vieles schiefgegangen wie dieses Mal.
Der durchgeknallte Hütehund, der jeden Schritt seines Besitzers überwacht und sich dann plötzlich auf den überfetteten Labrador gestürzt hatte.
Das Mutter-Tochter-Gespann, das sich über den sensiblen Schäferhund wahre Gefechte des Abnabelungskrieges geliefert hatte, ohne Rücksicht auf die betretenen Gesichter im Kreis.
Das Ehepaar, das gemeinsam gekommen war und nun getrennt wieder fuhr – zwar im gleichen Auto, aber mit der festen Absicht, sich scheiden zu lassen. Herrje, ich konnte jetzt schon ahnen, welche Schlachten demnächst um den armen Dobermann toben würden. Auch bei Hunden gab es Scheidungsopfer.
»Mannomann, es gibt ja durchaus Seminare, bei denen ich traurig bin, wenn die Teilnehmer wieder vom Hof rollen«, sagte eine Stimme hinter mir.
Nicole grinste mich an, die Pylonen und das Flatterband vom Longiertraining im Arm. Ihr schwarzer Schäferhund Chandler stand dicht an ihr Bein gelehnt neben ihr.
Ich lächelte. »Recht hast du! Und dieses gehört bestimmt nicht dazu.«
»Nö.«
Wir sahen beide zu dem einzigen Auto hinüber, das noch unter dem Flutlicht auf dem Besucherparkplatz stand. Die beiden Boxerrüden saßen bereits im Kofferraum. Ihre junge Besitzerin hatte sich an den Kotflügel gelehnt und strich sich gerade die langen Haare aus dem Gesicht. Sie lachte. Ein Geräusch, das trotz des kühlen Abendwindes zu uns herüberperlte. Ebenso wie Morris’ sonore Stimme, die ihr antwortete.
»Und bei manchen wär es besser, wenn sie jetzt mal fix die Flatter machen würden«, sagte Nicole und warf mir einen grimmigen Seitenblick zu.
Ich schaffte ein Lachen, wir verdrehten beide solidarisch die Augen. Meine Mitarbeiterin und beste Freundin Nicole hatte eben nicht nur für Hunde sehr feine Antennen.
»Boah, nach solchen Tagen fühl ich mich manchmal schlagartig alt«, seufzte ich.
Nicole grunzte. »Na hör mal, gegen mich bist du doch noch ein junger Hüpfer.« Doch heute wollte mir der übliche spaßige Triumph über das zwischen uns liegende eine Jahr nicht gelingen. Vielleicht weil ein Jahr jünger als Nicole zu sein trotzdem bedeutete: knapp vierzig. Also Lichtjahre entfernt von dem jugendlichen Strahlen, das da vorn gerade über den Parkplatz flirrte.
Ich wandte mich ruckartig um. »Kommst du allein mit dem Aufräumen klar?«, fragte ich Nicole. »Dann dreh ich nämlich eine Runde mit den Hunden. Die sind heute viel zu wenig rausgekommen.«
Nicole wirkte skeptisch. »Du musst doch fix und fertig sein. Wie wäre es, wenn ich für uns drei leckere Pasta koche, bevor ich nach Hause fahre? Vorher muss Chandler sich auch noch ein bisschen bewegen. Da kann ich deine drei Schnuckis doch auf eine kleine Runde mitnehmen. Dann kannst du schon mal unter die heiße Dusche springen und …«
»Nein«, unterbrach ich sie, wie ich selbst hörte, ein wenig rüde. Deshalb schickte ich rasch ein entschuldigendes Lächeln hinterher. »Ist lieb von dir, Nicole. Aber ich brauche ein bisschen … ein bisschen … Bewegung.« Ein schwaches Argument, schließlich hatte ich mich die beiden letzten Tage von morgens bis abends bewegt.
Doch Nicole verstand und nickte. Das Mitgefühl in ihren Augen schmerzte nadelfein. An einer Stelle, an der ich in den letzten Monaten normalerweise lediglich eine dumpfe Taubheit gespürt hatte.
Wahrscheinlich war es das Gespräch, das ich vor ein paar Tagen mit Sharon geführt hatte. Der Indianer, der das tote Pferd ritt und trotzdem nicht absteigen wollte und so weiter. Verflucht. Irgendwann würde ich darüber nachdenken und auch darüber sprechen müssen, was zwischen Morris und mir geschah oder auch nicht geschah. Darüber, was ich selbst fühlte oder eben nicht mehr fühlte. Herrje, das war eindeutig zu kompliziert für den Abend nach so einem Tag.
»Na gut, dann tu mir aber den Gefallen und zieh dir andere Socken an. Damit du beim Laufen warme Füße bekommst«, lächelte Nicole, stupste mich kurz mit der Schulter an und ging hinüber zum Schulungsgebäude, während Chandler um sie herumtänzelte. Im Gebäude befanden sich nicht nur die Seminarräume, sondern auch das Lager für all das Equipment, das ein großes Hundezentrum wie meines brauchte.
Ich eilte in die andere Richtung – bloß nicht noch mal zum Parkplatz schauen! – und nahm die Stufen zum Wohnhaus mit zwei Sätzen. Fröstelnd schloss ich die Tür hinter mir.
Bo und Cassandra stürmten mir entgegen, während Heaven auf ihrem angestammten Platz neben dem Treppenaufgang lag und sachte mit dem Schwanz auf die Holzdielen klopfte.
»Hey, nicht so wild. Ich war doch nicht ein paar Wochen verreist!«, brummte ich. Bo, der quietschvergnügte Wuschel, sprang weiterhin um mich herum, während Cassandra mal wieder ihr hohes Jaulen anstimmte und Heaven dazu den Rhythmus klopfte.
Ich konnte noch nicht mal in Ruhe meine taufeuchten Stiefel ausziehen, ohne eine nasse Hundenase ins Gesicht gedrückt zu bekommen. Gerade wollte ich aufbrausen, als mein Blick dem von Heaven begegnete, über deren inzwischen arg ergrauten Fang hinweg. Ich hielt inne und schaute einen Moment in die vertrauten braunen Augen, die mich zärtlich und erwartungsvoll ansahen.
»Oh, du hast ja recht!«, murmelte ich dann, mit einem Mal nicht mehr ärgerlich, nicht mehr gereizt, sondern in eine seltsam dumpfe, einsichtige Traurigkeit gehüllt wie in Watte. Ich ließ dreckige Stiefel dreckige Stiefel sein und ging die wenigen Schritte hinüber zu Heaven, die mittlerweile Schwierigkeiten hatte, sich von ihrem Lager zu erheben.
Als junger Hund war Heaven von einem Raser angefahren und einfach am Straßenrand liegen gelassen worden. Was für ein Glück, dass ich an diesem Tag ausnahmsweise einen anderen Weg als den üblichen genommen und sie gefunden hatte. Die Ärzte hatten den bärengroßen Hund aufgeben wollen, doch ich hatte um sie gekämpft. Und für meine Mühen hatte ich eine wunderbare Freundin auf drei Beinen gewonnen.
Jetzt schmiegte Heaven ihren großen Kopf in meine Hände und gab ein wohliges Brummen von sich, während Bo trippelnd neben mir stand und Cassandra sich eng an meine Seite drückte. Ein paar Minuten hockte ich dort, um mich herum meine liebsten Seelen, und hielt stumm Zwiesprache mit ihnen.
Doch dann polterte es auf der Treppe. Morris kam herein. Er war ein großer, imposanter Mann Anfang fünfzig, mit leicht ergrauten Schläfen und stahlblauen Augen. Wenn er einen Raum betrat, sahen immer alle zu ihm hin. Die Hunde in den Seminaren liebten ihn schon nach einer halben Stunde abgöttisch. Er war eine natürliche Führungsfigur.
Jetzt schloss er rasch die Tür hinter sich, um den eisigen April-Wind auszusperren.
Bo hüpfte auf ihn zu und sprang an ihm hoch. Morris tätschelte ihm kurz den Kopf und beugte sich hinab, um seine Stiefel auszuziehen. Als er den Schmutz auf den Dielen sah, stutzte er und verfolgte die Spur mit den Augen bis zu mir. Ich erhob mich von Heavens Lager. Unsere Blicke trafen sich kurz, doch er sagte nichts.
»Nicole räumt noch auf und kocht dann Nudeln mit irgendeiner leckeren Soße«, hörte ich mich faseln.
Warum auch nicht? Warum sollten wir nicht Alltäglichkeiten austauschen nach einem anstrengenden zweitägigen Seminar, bei dem vieles schiefgelaufen war und wir es trotzdem wieder einmal geschafft hatten, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern etwas zu vermitteln. Sie im Umgang mit ihren Hunden sicherer und klüger zu machen. Unsere Kunden mit einem guten Gefühl nach Hause zu entlassen.
Wir schafften das schließlich immer. Weil wir ein unschlagbares Team waren, seit acht Jahren schon. Ein Team, das eigentlich alles schaffen konnte. Auf dem Hundeplatz.
»Klingt gut«, erwiderte Morris, ging auf Socken zur Garderobe und schälte sich aus seiner dicken Outdoorjacke. »Ach, übrigens … tolle Neuigkeiten«, sagte er dann, als wäre es ihm plötzlich eingefallen. »Es hat sich noch eine Teilnehmerin für den Trainer-Lehrgang ab nächster Woche angemeldet. Nicht schlecht, oder?«
Die Arbeit mit den Hunden selbst bereitete mir große Freude. Der Umgang mit den Hunden und deren Menschen, die trotz aller Widrigkeiten in der Regel ebenso liebenswert waren wie ihre Vierbeiner. Wegen dieser Arbeit hatte ich damals das Tiermedizinstudium aufgegeben und den Traum von einem eigenen Hundezentrum in die Tat umgesetzt. Diese Arbeit war es, die mich immer noch begeisterte und berührte.
Doch am meisten Geld, und das spielte ja leider auch eine Rolle, brachten die Ausbildungslehrgänge für angehende Trainerinnen und Trainer. Junge Menschen, die genau den gleichen Traum träumten und aus ihrer Passion einen Beruf machen wollten. Auch wenn es nur einige wenige von ihnen tatsächlich schafften, brachten die Heerscharen von Interessenten einen guten Umsatz. Da zählte tatsächlich jede Anmeldung, weil die Teilnehmer meist nicht nur einen Lehrgang, sondern gleich eine ganze Reihe belegten.
»Wer ist es denn? Kennen wir sie schon?«, erkundigte ich mich und schnürte endlich die Stiefel auf. Nicole hatte recht gehabt. Ich musste unbedingt aus den eiskalten Socken raus.
»Na, Rebecca«, sagte Morris. »Die mit den beiden Boxern.«
Irgendwie gerieten meine Finger durcheinander. Da war plötzlich ein Knoten im Schnürband, den ich mühsam mit klammen Händen entwirren musste.
»Aha«, machte ich nur.
»Ja. War wohl ’ne recht spontane Entscheidung, die sie erst heute im Laufe des Tages getroffen hat.«
Was sollte ich darauf sagen? Wie spontan konnte jemand entscheiden, Hundetrainerin werden zu wollen?
»Sie nimmt das letzte freie Zimmer im Gästehaus. Ist doch okay, oder? Dann haben wir das auch voll belegt«, erzählte Morris weiter und rieb sich die Hände.
Vielleicht war es diese Geste. Obwohl mir natürlich klar war, dass er sich damit nur ein wenig aufwärmen wollte. Aber plötzlich war es in der geräumigen Diele zu eng für uns beide.
Der Knoten löste sich, und ich schnürte die Stiefel wieder zu.
»Was machst du?«, erkundigte Morris sich verblüfft.
»Ich dreh eine kleine Runde mit den Hunden«, antwortete ich.
Als hätte sie meine Worte verstanden, erhob sich Heaven ächzend von ihrer Stätte und streckte sich umständlich, während Bo seinen Freudentanz wieder aufnahm und Cassandra erneut zum Heulen ansetzte.
Morris stand mit hängenden Armen neben der Garderobe, doch er machte keine Anstalten, mich zurückzuhalten oder mir gar seine Begleitung anzubieten, wie er es früher getan hätte. Also öffnete ich die Tür. Bo und Cassandra schossen an mir vorbei auf den dunklen Hof, Heaven folgte ihnen humpelnd.
Ich sah Morris nicht mehr an und zog die Tür hinter mir ins Schloss. Auf der obersten Stufe blieb ich kurz stehen und blickte über das Gelände. Dann stopfte ich den Schal ein wenig enger in den Kragen meiner Jacke.
Es kam mir vor, als wäre der Wind in den letzten Minuten noch kälter geworden.
Dunkel und verlassen lag die schmale Seitenstraße vor uns. Samuel hielt etwa auf der Mitte der Gasse an. Nirgends war ein verletztes Tier zu sehen.
Ich öffnete die Wagentür, und bevor ich noch ganz ausgestiegen war, stand Dan schon an meiner Seite. Auch Betty ließ sich von Justin nicht davon abbringen, über den Sitz nach draußen zu krabbeln. Auch wenn ihr verlorener Schuh bedeutete, dass sie nun barfuß auf dem Asphalt stand.
»Ich glaub, er ist da runtergelaufen«, sagte Betty und zog Justin mit sich in Richtung eines schmalen Fußgängerweges.
Dan und ich wandten uns zur anderen Seite und gingen im Scheinwerferlicht der Limousine suchend die Straße hinunter. Wir schauten hinter parkende Autos und Mülltonnen.
»Dan?« Da war ein dunkler Fleck auf dem Asphalt. Dan beugte sich darüber und berührte ihn mit der Fingerspitze. Auf seiner hellen Haut war das Rot des frischen Bluts deutlich zu erkennen.
Wir sahen uns an und betrachteten dann die Umgebung genauer. Da drüben, war da nicht ein weiterer Fleck? Ich lief hinüber. Jede Menge Gestrüpp. Die Hände tief in den Ärmeln meiner Jacke vergraben, bog ich die Zweige auseinander.
Und da war er. Hellbraun, struppig, mit Knickohren, die er jetzt eng an den Kopf legte.
»Hier«, sagte ich mit leiser Stimme zu Dan. Der schaute sich den Hund kurz an und nickte. »Was machen wir mit ihm?«
»Bringen wir ihn zur Tierklinik!«, entschied ich. »Habt ihr ihn?«, rief Betty, die mit Justin plötzlich wieder neben dem Wagen aufgetaucht war. »Lebt er noch?«
Ich nickte ihr zu. »Aber er scheint schwer verletzt zu sein.«
»O mein Gott, der Arme!«, hauchte sie. Ich sah wieder hinunter auf den Hund, der sich ins Gebüsch drückte. Ein Paar dunkler Augen spähte ängstlich zu mir herauf. Ohne groß darüber nachzudenken, zog ich meine Jacke aus.
»Hab keine Angst, mein Kleiner«, sagte ich mit leiser Stimme. »Wir wollen dir nur helfen. Keiner tut dir was, okay?«
Was, wenn das Tier in Panik geraten und wild um sich beißen würde? Wahrscheinlich hatte es Schmerzen und würde sich dagegen wehren, berührt zu werden. Ich selbst hatte keine Erfahrung mit Hunden. Natürlich hatten Ellen und ich uns als Kinder immer einen gewünscht. Doch im Grunde war uns klar gewesen, dass so ein Haustier für uns nicht drin war, nicht in unserer Lebenssituation nach Pas Tod. Ich musste nun also ganz auf meinen Instinkt vertrauen. Und darauf, dass mein Schützling erkennen würde, dass ich ihm nichts Böses tun wollte. Und tatsächlich: Als ich vorsichtig die Jacke um den schmalen Körper legte, rührte er sich nicht.
Dieser kleine Kerl hier war leichter, als er wegen seines struppigen Fells aussah. Vielleicht zehn, elf Kilo, schätzte ich. Als ich ihn anhob, schloss er einfach die Augen und ließ es geschehen.
Betty eilte uns voraus, ließ sich auf die Rückbank fallen und versuchte, mich samt meines kleinen Päckchens beim Einsteigen zu stützen.
»Wie geht’s ihm?« Sobald ich neben ihr saß, lupfte Betty den Teil der Jacke, den ich über den Hund gelegt hatte, und betrachtete den schmutzigen Körper des Tieres mit der Versiertheit einer Krankenschwester. Überall im Fell klebte Blut. »Au, verflixt!«, beantwortete sie sich ihre Frage selbst.
Auf meine Beine gebettet hob der Hund ein wenig den Kopf und sah mich an. Seine Augen waren nicht schwarz, wie ich draußen vermutet hatte. Sie waren von einem hellen Bernsteinbraun. In ihnen so viel Schmerz. So viele Fragen. So viel Angst.
»Fahr los«, sagte ich und versuchte, den Kloß in meinem Hals zu ignorieren.
***
Die Nacht war lang.
Ich lag wach und sah diese Augen vor mir.
»Eine Hündin«, hatte man in der Tierklinik gesagt. »Wahrscheinlich noch nicht älter als etwa ein Jahr.« Ohne implantierten Chip oder Halsband. Also ohne Möglichkeit, ihren Besitzer zu ermitteln. Verletzt, aber mit einer guten Chance zu überleben.
»Toll, dass du das gemacht hast, Tobey!«, hatte Lin gesagt, als ich sie angerufen hatte. Meine ältere Schwester war eine Nachteule und hatte meinen Bericht über den Hund interessiert angehört. »Ich find’s super, dass du dich gekümmert hast, echt. Das ist also keine Frage. Aber trotzdem will ich’s noch loswerden. Nur sicherheitshalber, klar?«
»Was denn?«, hatte ich gefragt.
»Du bist nicht schuld daran«, hatte sie geantwortet. »Es war ein Unfall. Wenn einer Schuld daran hat, dann diese dämlichen Paparazzi. Klar? Ich finde, die werden immer dreister. Seit die wissen, dass du da empfindlich bist, werden die immer beschissener.«
Wir hatten über die letzten Fotos gesprochen, die veröffentlicht worden waren, und darüber, welche Blätter wohl die Bilder des heutigen Abends bringen würden. Leider gab es viel zu viele Medien, denen mittlerweile vollkommen egal war, woher die Bilder kamen und unter welchen Umständen sie geschossen worden waren.
Nachdem wir aufgelegt hatten, war ich in die Kissen gesunken, wohl wissend, dass es mit dem Schlaf in dieser Nacht schwierig werden würde.
Dennoch döste ich ein.
Und da war sie plötzlich. Ihre strahlend blauen Augen auf mich gerichtet, die dunklen Haare um ihr Gesicht wehend, kam sie auf mich zu. Angelina. Gekleidet in den weißen Kittel einer Tierärztin. Mein Herz raste, als mir bewusst wurde, dass wir uns wahrscheinlich gleich berühren würden.
»Wo ist Patrick?«, wollte ich wissen. »Ist er nicht bei dir?«
Doch sie antwortete nicht, sondern streckte nur mit sehnsüchtigem Blick die Hand nach mir aus. »Endlich bist du wieder da!«, flüsterte sie heiser. Und mit einem Mal war es mir egal, wo Patrick geblieben war. Ich wollte nur noch sie sehen, sie spüren.
Aber als ich sie an mich ziehen wollte, merkte ich, dass der weiße Kittel über und über mit Blut besudelt war. Das tiefe Rot biss mir in die Augen, die ich selbst im Traum schließen musste, um es nicht mehr anschauen zu müssen. Und bei geschlossenen Augen konnte ich bereits die Musik hören. Die Musik, die immer lauter wurde und durchs Zimmer zu mir herüberwehte.
Ich riss die Augen wieder auf. Lag in meinem Bett. Starrte an die Decke.
Vier Jahre war es her. Warum nur fühlte es sich immer und immer wieder so nah an? Als ob es gerade erst geschehen würde.
Heute war es besonders intensiv. Aber heute gab es zumindest eine logische Erklärung dafür. Da war diese Frau im Club gewesen. Wie ein Winken aus der Vergangenheit. Die Ähnlichkeit auf den ersten Blick war tatsächlich erschreckend gewesen. Und da war die Menschenmenge, der ich nur knapp entkommen war. Dies zusammen war wie eine Erinnerung an alle bisher durchlittenen Albträume, wie ein Fingerzeig auf das, was damals tatsächlich geschehen war.
Aber dann waren da auch noch diese angsterfüllten braunen Augen gewesen, die hilflos zu mir heraufgeschaut hatten. Ja, ich glaubte fast, dass es in erster Linie sie gewesen waren, die mich so berührt hatten. Irgendetwas hatte dieser Blick in mir ausgelöst, sodass ich für meinen üblichen grauenvollen Albtraum noch empfänglicher war.
Und nicht nur das: Ich hatte auch Angelina vor mir gesehen. Das war schon lange nicht mehr passiert. Seit den schrecklichen Ereignissen vor vier Jahren hatten wir uns nicht mehr gesehen. Es hatte geheißen, sie sei zu ihrer Familie nach Wales zurückgekehrt. Und ich hatte keinen Versuch unternommen, sie ausfindig zu machen.
Warum nur ließ mich heute der Gedanke an sie nicht los? War es nur die schlichte Tatsache, dass ich zufällig eine Frau gesehen hatte, die ihr ähnelte?
Ich drehte mich im Bett herum, knipste die Lampe an und griff nach dem dicken Notizbuch. Darunter lag mein Tablet, und ich streifte es kurz mit einem Blick.
Die Uhr zeigte halb drei. Also schlug ich die entsprechende Seite im Notizbuch auf. In diesem besonderen Adressbuch waren die Kontakte nicht alphebetisch geordnet, sondern nach der Ortszeit London. Wer unter diesen Uhrzeiten der Nacht aufgelistet war, lebte anderswo, oft weit entfernt. Mit dem Finger fuhr ich die Seite hinunter.
Daniel? Superguter Drummer meiner Schulband von damals. Aber er lebte an der Westküste der USA und kroch wahrscheinlich gerade erst aus den Federn.
Tante Fanny lebte in Boston. Ich rechnete nach. Nein, wahrscheinlich war sie noch bei der Spätschicht ihrer Arbeit. Schade, sie war eine grandiose Gesprächspartnerin für schlaflose Nächte. Jedes Mal, wenn wir telefonierten, hatte sie haufenweise neue irrwitzige Geschichten parat von den Bewohnern des Altenheims, in dem sie arbeitete. Ganz ähnliche verrückte Geschichten, wie Angelina sie auch immer von ihrer großen walisischen Familie zu erzählen gehabt hatte.
Ich hielt inne.
Dann legte ich das Notizbuch mit den Seiten nach unten auf die Bettdecke und schnappte mir das Tablet.
Die Internetverbindung war in Sekunden aufgebaut. Ich tippte die E-Mail-Adresse ein, die ich immer noch auswendig kannte und die mir nun geradezu in den Augen schmerzte.
Vier Jahre lang hatte ich sie nicht mehr gelesen. Alle Welt änderte fortwährend ihre Mail-Adressen. Es war also gar nicht sicher, dass meine Zeilen ihre Adressatin erreichen würden. Dennoch ließ ich nicht davon ab.
Die Betreffzeile blieb leer. Nichts, was mir einfiel, schien mir gut genug. Und so waren die ersten Worte, die sie womöglich schon bald von mir lesen würde: Liebe Angelina.
Minutenlang starrte ich auf diese Buchstaben. Sie brannten sich in meine Netzhaut, sodass meine Augen zu tränen begannen.
Hastig schrieb ich:
Wundere dich nicht, dass ich dir schreibe. Es ist nur so, dass ich gerade besonders intensiv an dich denken musste und mich frage, wie es dir geht. Ich hoffe, du bist glücklich – egal wo du bist.
Tobey
Dann schickte ich alles ab, ohne es noch einmal durchzulesen.
Ich schloss das Mailprogramm und klappte das Tablet zu. Im gleichen Moment überschwemmte mich eine heiße Welle des Bereuens.
Mein Gott, was hatte ich nur getan?
Was würde sie denken, wenn sie einfach so, ohne irgendeinen besonderen Grund, so eine Nachricht von mir bekam?
Während ich in meinem Bett lag, das Tablet in meinen klammen Händen, wurde mir abwechselnd heiß und kalt. Schließlich wusste ich mir nicht anders zu helfen, als das Tablet auf den Boden neben dem Bett sinken zu lassen und erneut nach dem Notizbuch zu greifen.
Donald. Ja, Donald. Toller Backgroundsänger beim letzten Album. Aber leider heimwehgeplagt. War nach den Aufnahmen wieder zu seinem Lebensgefährten nach New York zurückgekehrt.
Ich tippte die lange Nummer ein. Nach ein paar Freizeichen ging Donald ran. Als ich mich meldete, dröhnte sein tiefer Bass vor Freude. »Mensch, Alter! Cool, dass du dich meldest! Wie geht’s dir?«
»Gut, gut. Und du? Woran arbeitest du gerade?« Und schon waren wir in ein angeregtes Gespräch verwickelt. Über Jobs und Songs und Lyrics, das neue Album von Demunddem. Es war wie ein Zauber, der mich in Lichtgeschwindigkeit Tausende von Kilometern entfernte von dem, was mir gerade noch so nah gewesen war. Schon nach kurzer Zeit dachte ich nicht mehr an die E-Mail, die ich gerade verschickt hatte. Und auch nicht an den Zeiger meiner Uhr, der die Drei schnell überschritten hatte. Was das betraf, rechnete Donald offenbar auch nicht nach. Das taten die wenigsten. Eigentlich so gut wie keiner. Sie alle freuten sich, wenn ich sie anrief, auch wenn in London tiefe Nacht herrschte. Dass ich nicht schlafen konnte, wurde den wenigsten klar.
***
Am nächsten Morgen betrachtete ich skeptisch die dunklen Schatten unter meinen Augen im Spiegel des großen Badezimmers. Verdammt. Ausgerechnet. Zweiter Tag des Fotoshootings fürs Cover des neuen Albums. Steven, mein geradezu neurotisch perfektionistisch veranlagter Manager, würde toben.
Zurück im Schlafzimmer schlüpfte ich in Jeans und T-Shirt und checkte auf dem Tablet meine Mails. Meine Nachricht an Angelina stand unter »Gesendet«. Doch keine Antwort war in meinem Postfach gelandet. Aus irgendeinem Grund erleichterte mich das ein wenig – auch wenn mir klar war, dass die wenigsten Menschen vor acht Uhr morgens ihre Mails checken.
Ich griff zum Telefon und wählte die Nummer auf der Karte, die ich gestern Nacht eingesteckt hatte.
»Tierklinik Peterson?!«, meldete sich eine männliche Stimme.
»Guten Morgen«, grüßte ich. »Letzte Nacht habe ich einen Hund bei Ihnen abgeliefert, der von einem Motorrad angefahren worden war. Ich wollte mich nur erkundigen, wie es ihm geht.«
»Sagen Sie bloß, Sie sind das selbst, Mr. Lambert?«, erwiderte mein Gesprächspartner.
»Hat sich wohl herumgesprochen?«, antwortete ich.
»Machen Sie Witze? Meine Kolleginnen reden über nichts anderes.« Der Tierpfleger lachte herzhaft. »Aber jetzt mal Scherz beiseite. Ihrem Schützling geht’s schon besser. Na ja … zumindest physisch. Ansonsten ist sie noch etwas … tja, ich würde sagen, durcheinander. Ich hab gerade noch nach ihr gesehen. Die gebrochene Pfote wird natürlich Zeit brauchen. Aber die Prellungen und Abschürfungen dürften in ein paar Tagen wieder in Ordnung sein. Hat echt Glück gehabt, das Schätzchen. Wenn man mal davon absieht, dass sie mächtig Angst hat, die Kleine. Anfassen und so findet sie gerade noch echt gruselig. Ist sicher besser, wenn sie ’ne Rundumbetreuung in ruhiger Umgebung bekommt. Bei uns ist ja doch immer was los, wissen Sie. Wenn Sie also wollen, können Sie sie heute Nachmittag abholen. Sie braucht natürlich Unterstützung beim Rausgehen. Dauert ’ne Weile, um sich an so einen Gips zu gewöhnen, aber …«
»Ähm, entschuldigen Sie«, fiel ich ihm ins Wort. »Der Hund gehört mir ja gar nicht. Ich hatte eigentlich nicht vor, ihn abzuholen.«
Kurzes Schweigen. »Oh. Tja, da hab ich wohl was missverstanden. Ich dachte, weil die Besitzer der Hündin nicht zu ermitteln sind und Sie sagten, Sie würden die Rechnung übernehmen und so. Aber nichts für ungut, dann ruf ich später im Tierheim an. Manchmal haben die die Möglichkeit, auch kranke Tiere zu versorgen.«
»Tierheim?«, wiederholte ich.
»Ja, sicher. Hierbleiben kann sie ja schließlich nicht«, erwiderte der junge Mann.
»Nein. Nein, natürlich nicht«, sagte ich klamm.
Wir legten auf, und ich ging über den dicken Teppich des Flurs in Richtung Küche. Als ich die Schwingtür mit dem bullaugenförmigen Fenster aufstieß, tönte Andy gerade: »Wenn ich noch Türsteher gewesen wäre, wären die nicht reingekommen!«
Den breiten Rücken mir zugewandt, sah er auf den ersten Blick aus wie ein gewaltiger Gorilla im Jeanshemd, der auf einem der Barhocker thronte. Das pechschwarze Haar kringelte sich in Löckchen über dem Kragen.
Joana, auf der anderen Seite der Theke, war eine echte Latina-Schönheit. Sie hielt nichts vom Schlankheitswahn, sondern bevorzugte deutlich weibliche Formen. Trotz ihrer Körperfülle bewegte sie sich blitzschnell und grazil zwischen Schränken und Herd, um das Frühstück für alle vorzubereiten.
Irgendwann war es uns zur Gewohnheit geworden, uns zum Start in den Tag morgens hier zu treffen. Wir saßen gemeinsam auf den Barhockern an der überbreiten Theke, tranken Kaffee, frühstückten und besprachen die Termine des Tages.
Joana, seit zwei Jahren Haushälterin, Köchin und vor allem die Seele dieses Raumes, kannte inzwischen alle unsere Vorlieben. Und so saß auch heute Andy vor der ausgebreiteten Klatschzeitung und richtete auf seinem überladenen Teller unter Würstchen, Schinken, Pancakes, Rührei und Toast das übliche vernichtende Inferno an.
»Morgen!«, grüßte ich.
Andy fuhr auf seinem Hocker herum. Mit übervollem Mund konnte er als Erwiderung nur heftig nicken.
»Guten Morgen, Tobey«, antwortete Joana lächelnd, und wie von Zauberhand stand ein Teller mit drei Scheiben gebuttertem Toast neben einem Glas Saft bereit.
Andy presste den gewaltigen Bissen durch seine Kehle und sagte: »Ich hab gerade schon zu Joana gesagt: Wenn ich noch Türsteher gewesen wäre …«
»Ich bin heilfroh, dass du jetzt für mich arbeitest, Andy«, unterbrach ich ihn und angelte nach der Marmelade. »Das war gestern Abend ganz schön eng.«
»Sag ich doch!« Andy fuchtelte mit der Gabel vor Joanas Gesicht herum. »Hab ich’s nicht gerade gesagt? Dass es echt eng war?«
Joana grinste.
»Guck mal, bist eigentlich ganz gut getroffen.« Andy blätterte zurück und deutete auf die entsprechende Seite in der Zeitung. Ein höchst unvorteilhaftes Bild, auf dem ich gerade mit panischem Gesichtsausdruck aus meiner Jacke zu schlüpfen versuchte, während Betty einem der Fotografen ihre Handtasche ins Gesicht pfefferte. TOBEY LAMBERT VERTEIDIGT VON NEUER EROBERUNG?, schrie die Überschrift.
Ich seufzte.
Die Tür wurde erneut geöffnet, und Dan erschien. Er grüßte ernst, wie es seine Art war, und deutete Joana gegenüber eine kleine Verbeugung an.
Sie lächelte geschmeichelt, wandte sich zur Küchenzeile und hatte sofort eine hauchdünne Porzellantasse mit dampfendem grünem Tee und eine Müslischale mit frischem Obst und Frühstücksflocken parat.
»Vielen Dank, Joana«, sagte Dan mit seiner leisen Stimme und goss ein wenig Hafermilch über sein Müsli.