Hurenmord - Manuel Blötz - E-Book

Hurenmord E-Book

Manuel Blötz

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Beschreibung

Eine brutale Mordserie erschüttert Kiel und dennoch scheint die Polizei nicht ernsthaft ermitteln zu wollen. Der Redakteur Mike Kebeck beschließt daher, den Fall alleine aufzuklären, und dieses Buch sollte ihm als Tagebuch dienen, in welchem er seine Erfolge festhalten wollte. Als er kurz darauf ermordet wird, ist sein letzter Wunsch, dass sein Werk fortgesetzt werden soll. Sein Mörder beginnt damit, seine eigene Geschichte in dieses Tagebuch zu schreiben und auch er ahnt nicht, dass jeder, der es fortführen will, in tödliche Gefahr gerät.....

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Seitenzahl: 209

Veröffentlichungsjahr: 2016

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EINE BEGEGNUNG BLEIBT EINE

BEGEGNUNG!

ERST WENN WIR UNS EINEN KURZEN

MOMENT ZEIT NEHMEN UND

INNEHALTEN,

KANN DARAUS EINE GELEGENHEIT

ENTSTEHEN!

Inhaltsverzeichnis

Mike

Vorwort

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Steven

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Daniel

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Michael

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Dana

Epilog

Mike

Vorwort

Mein Name ist Mike Kebeck, ich bin Redakteur beim Kieler Tagesblatt. Auf den folgenden Seiten werden sie mich dabei begleiten, wie ich eine Mordserie lösen werde, der weder die Polizei noch die zuständigen Kollegen meiner Redaktion die notwendige Beachtung schenken.

Obwohl es mittlerweile zwölf Mordopfer gibt, sieht meine Zeitung keinen Grund darin, diese Fälle miteinander zu verbinden. Jeder Mord wird runtergespielt und als einzelne Tat bewertet. Bisweilen wurde nicht einer davon aufgeklärt und auch die Polizei gibt mir nicht mehr Informationen als notwendig.

Ich habe daher beschlossen, den zuständigen Kollegen in meiner Redaktion zu übergehen und diese Fälle im Alleingang zu lösen.

Ich bin da nämlich auf eine heiße Spur gekommen…

I

In den umliegenden Wäldern rund um Kiel tauchen seit ein paar Monaten in zweiwöchigen Abständen, Frauenleichen auf. Bisher handelte es sich dabei immer nur um Prostituierte. Sie wurden vergewaltigt und so schlimm verstümmelt, dass selbst die härtesten Kollegen aus unserer Redaktion, beim Anblick der Bilder, blass um die Nase geworden sind. Die Polizei hat scheinbar noch keine richtige Idee, wer dahinter stecken könnte, oder wie bereits erwähnt, vielleicht nicht den Wunsch, diese Sache aufzuklären. Ganz im Gegenteil zu mir.

Ich habe mich viele Abende am Kieler Hafen aufgehalten. Das ist der Ort, an dem das Horizontalgewerbe hauptsächlich ansässig ist. Die Damen waren nicht ganz so gesprächig, wie ich es mir erhofft hatte, denn immer wieder kamen ihre Zuhälter um die Ecke. Große, Stämmige Typen, die mir drohten. Ich versuchte ihnen mein Anliegen zu erklären, aber sie meinten, sie würden selber für den Schutz ihrer Mädchen sorgen und dass mich diese Sache nichts anginge. Es sei ihr Job.

Es machte dann langsam die Runde, dass ich dort herumschnüffelte. Man duldete mich dort zwar noch, aber sobald ich die Damen ansprach, dauerte es nicht lange, bis sich einer dieser großen Hünen näherte. Da ich gerade mal 1,80 Groß bin und nicht gerade sportlich gebaut, würde ich einer Konfrontation nicht wirklich standhalten. Ich habe dann immer lieber schnell das Weite gesucht.

An einem Abend, an dem ich in einer Seitenstraße einen neuen Versuch gestartet habe eine der Damen anzusprechen, hätte ich fast das Zeitliche gesegnet. Sie war Blond und hatte, wie viele ihrer Kolleginnen, deutlich zu viel Schminke aufgelegt. Sie erfüllte absolut das Klischee. Kurzer Rock, der auch als Gürtel hätte durchgehen können, schwarze Nylonstrümpfe, hochhackige Schuhe und ein sehr eng anliegendes, knallrotes Top in Lackfarbe. Wenn ich zum Fasching als Nutte gehen wollte, würde ich mich genauso anziehen.

„ Na Süßer, hast du schon was vor?“

Ich wusste zwar, dass ich nicht mit den Damen sprechen durfte, aber ich wiegte mich in Sicherheit, weil wir hier alleine waren. Ich beschloss es zu versuchen.

„ Bis jetzt nicht“, antwortete ich knapp und ging ein Stück auf sie zu. Sie hakte sich bei mir ein und lächelte mich an. Wir hatten noch keinen richtigen Schritt gemacht, als mich etwas von hinten packte.

„ Was hast du hier zu suchen, Arschloch?“ Er zog mich ein beachtliches Stück nach oben, so dass meine Beine in der Luft baumelten. Anschließend warf er mich nach vorne und ich schlug hart auf den Pflastersteinen auf. „ Ich habe dir gesagt, du sollst dich fern halten!“

„ Hank, was soll das?“ Die Hure stellte sich vor mich.

„ Geh mir aus dem Weg, Cindy!“ Er machte nur eine Bewegung und schon landete die rechte Hand von Hank in Cindys Gesicht. Ich will nicht übertreiben, aber sie flog bestimmt 2 Meter weit zur Seite und blieb zunächst reglos liegen. Mein Magen krampfte sich zusammen, denn ich wusste, dass ich der Nächste sein würde. Ich versuchte aufzustehen, drehte mich auf den Bauch und drückte mich hoch. Bevor ich mich aber aufrichten konnte, merkte ich, wie der Abstand zwischen den Pflastersteinen und mir immer größer wurde.

„ Das ist meine letzte Warnung, das nächste Mal bekommst du neue Schuhe aus Beton und kannst lernen damit zu schwimmen.“ Mit diesen Worten wurde der Boden unter mir schneller und kam nun auch wieder etwas dichter. Es knackte verdächtig, als ich mit der linken Schulter voran auf der Straße landete. Ich musste husten und versuchte mich auf die Seite zu drehen.

Während ich meine Knochen zählte und überlegte, ob ich überhaupt ohne medizinische Hilfe aufstehen sollte, sah ich, wie Hank, Cindy, die sich jetzt wieder bewegte, an den Haaren hochzog und sie hinter sich her schleifte. Zu meinen Schmerzen gesellte sich jetzt auch noch ein schlechtes Gewissen. Ich wollte sie nicht in Gefahr bringen und hoffte, dass er ihr nichts antat.

Mein Plan die Informationen direkt dort zu bekommen, wo die Damen scheinbar verschwanden, ging also nicht auf. Ich brauchte eine neue Idee.

Ich mietete mich zwei Tage nach diesem Vorfall für eine Woche in einem ländlichen Hotel ein und bestellte mir den Escort Service. Ich ging davon aus, dass die Damen, welche mich dort besuchten, mit denjenigen in Kontakt waren, welche sich am Hafen anboten. Ich hatte Glück. Linda, wahrscheinlich nicht ihr echter Name, war die Erste, welche zu mir kam. Ich erklärte ihr, was ich wirklich wollte, versprach ihr aber, dass ich sie dafür trotzdem normal bezahlen würde. Dana, meiner Frau, hatte ich erzählt, dass ich für ein paar Tage weg musste, um für einen Artikel zu recherchieren.

Ich bekam heraus, dass es scheinbar nur die Damen betraf, die sich am Hafen auf freier Straße anboten.

„ Ich habe noch nichts davon gehört, dass es auch uns betrifft, also die, die telefonisch bestellt werden.“ Sagte sie.

„ Da gibt es ein paar Dinge, die ich nicht ganz verstehe“, entgegnete ich, „ wieso werden die Zuhälter nicht aktiv? Als ich am Hafen ein paar Frauen angesprochen habe, hat es nicht lange gedauert und ich hatte sofort die Aufmerksamkeit der Herren. Weshalb lassen die es zu, dass Ihren Kolleginnen so etwas widerfährt? Das kann doch nicht gut fürs Geschäft sein.“

„ Ich weiß es nicht, aber er soll angeblich ein sehr mächtiger Mann sein.“

„ Seit wann lassen sich Hank und seine Freunde denn von einflussreichen Männern etwas sagen?“

„ Keine Ahnung, aber angeblich soll der Typ besonders gut bezahlen.“

„ Ist da zufällig auch mal ein Name gefallen?“

„ Nicht das ich wüsste. Ich habe mal versucht eines der Mädchen zu fragen, aber sie hat mir gesagt, dass sie auf keinen Fall darüber reden darf und das ich es auch nicht tun sollte.“

„ Kennst du denn eines der Opfer?“

„ Ich persönlich kannte vier von ihnen, wobei kennen auch nicht unbedingt das richtige Wort ist. Wir haben zufällig mal in einer Bar miteinander geredet. Eigentlich haben wir aber nicht viel miteinander zu tun. Die anderen sieben, die gestorben sind, kannte ich nicht.“

„ Sieben und vier sind elf. Es waren aber zwölf Opfer.“

„ Von uns waren es nur elf. Die Erste die es erwischt hat, war glaube ich freischaffend.“

Freischaffend. Ich wusste gar nicht, dass es in diesem Gewerbe überhaupt möglich war. Auch wenn alles mittlerweile legal und auf Steuerkarte läuft, wird diese Berufsgruppe immer noch von einigen wenigen exklusiv beansprucht. Es ist also kaum möglich, sich in diesem Job selbstständig zu machen, zumindest nicht ohne das Risiko einzugehen, dass einem die Konkurrenz das Licht auspustet.

Ich bedankte mich bei Linda und zahlte sie aus. Ich gab ihr etwas mehr als vereinbart, in der Hoffnung, dass sie unser Gespräch für sich behalten würde. Ich wollte nicht riskieren, dass einer dieser Schläger dort auftauchte.

In den nächsten Tagen sprach ich noch mit vier weiteren Eskortmädchen. Die Namen lasse ich mal weg, ich glaube die waren ohnehin nicht korrekt.

Die Kerninformationen, die ich von allen Befragten erhielt, waren, dass es tatsächlich nur elf Prostituierte waren, die dem Killer zum Opfer gefallen waren. Aber wer war Nummer eins? Interessant war auch, dass alle aussagten, dass es sich um einen sehr mächtigen und reichen Freier handelte, der die Opfer entführte. Drei der Damen nannten mir sogar einen Namen, der allerdings etwas seltsam klang. Ich nahm mir vor, ihn später zu überprüfen.

Da ich nur ein bedingtes Budget aus meiner Redaktion zu Verfügung habe, die ich als Spesen verbuchen konnte, musste ich recht bald an mein Privates Geld. Da ich es Dana aber nicht vernünftig hätte erklären können, ohne andere Details zu nennen, weshalb ich innerhalb von einer Woche tausende an Euro für Prostituierte ausgegeben hatte, stellte ich die Befragung ein. Mehr als den Namen, welchen ich schon erhalten hatte, konnte ich wahrscheinlich über diesen Weg ohnehin nicht ermitteln.

II

Mit dem Namen, den ich bekommen hatte, saß ich in der Redaktion und alles was ich herausfand, war eine Verbindung zu dem Schriftsteller Herman Melville. Mehr gab das Archiv und auch Google nicht her. Also fing ich damit an die Zeitungen zu studieren, in welchen mein Kollege über die Morde berichtet hatte. Irgendwo musste ich etwas übersehen haben.

Die erste Leiche wurde am 03.06.2013 in Kronshagen gefunden. Ein kleiner Wald oder Stadtpark, je nachdem wie man es sehen möchte. Sie lag halb nackt am Wegesrand und sah ziemlich übel aus.

Sie war die Einzige, die innerhalb der Stadt aufgetaucht ist und das Erstaunliche dabei war, dass es praktisch direkt neben einer Polizeiwache lag. Es wirkte fast ein bisschen so, als wenn sich der Täter einen Spaß daraus gemacht hätte, sie dort abzulegen. Die elf Anderen wurden in den Wäldern der Kieler Vororte abgelegt. Also wesentlich anonymer und nicht ganz so riskant um erwischt zu werden, was ihn aber nicht davon abhielt, die Toten nicht weit weg der Wege zu positionieren, so dass sie schnell gefunden werden konnten.

Namen wurden dabei nicht erwähnt und auch in den nachfolgenden Zeitungen wurde darüber nichts berichtet.

Bei der nächsten Leiche wurde der Mord im Stadtpark schon gar nicht mehr erwähnt, so dass sich auch hier kein Hinweis darauf finden ließ, wer das erste Opfer gewesen war. Diese Ignoranz zog sich wie ein roter Faden durch die nachfolgenden Berichte. Alle Artikel wurden von dem gleichen Kollegen verfasst und trotzdem schien es für ihn keine Zusammenhänge zu geben. Als ich ihn darauf ansprach, meinte er, dass die Kriminalpolizei nicht von einem Serienmörder ausginge und er nicht vorhabe Falschinformationen herauszugeben. Ich persönlich halte das für Unsinn und deshalb habe ich beschlossen dieses Buch zu schreiben.

Ich loggte mich auf unserem Server ein und druckte mir alle Bilder über die Opfer aus, welche ich dort finden konnte und das waren eine Menge. Der Kollege war beim Fotografieren sehr akribisch, was man über seine Recherche nicht sagen konnte. Beim Anblick der Fotos wurde mir übel, aber ich riss mich zusammen. Was mussten diese armen Frauen alles durchgemacht haben. Teilweise waren sie kaum noch zu erkennen.

Aber ich wollte die Verbrechen aufklären, da würde mir so was mit Sicherheit noch häufiger begegnen.

Ich griff unter meinen Schreibtisch und holte den leeren Schuhkarton heraus, wo zwei Tage zuvor noch meine neuen Wanderschuhe drin waren. Immerhin musste ich bei diesem Scheißwetter auch das eine oder andere Mal in den Wald, um mir die Tatorte direkt anzusehen. Ich legte die Bilder und die gesammelten Notizen in den Karton und schaltete das Licht meiner Schreibtischlampe aus.

Ich verließ die Redaktion und ging zu meinem Auto. Um diese Zeit war es still auf dem Parkplatz, es war kurz nach 11 Uhr Abends. Das Einzige was zu sehen war, waren die Lichter in der Druckerei, wo auf Hochtouren gearbeitet wurde, um die Ausgabe für den nächsten Morgen fertig zu stellen.

Ich kletterte in meinen Opel Astra und schaltete den Motor ein. Die Temperaturen waren noch über 0°C, aber laut unserer Wetterabteilung, sollten die Grade über Nacht noch unter den Gefrierpunkt fallen. Ich hasse die Kälte. Zum Glück hatte ich am nächsten Morgen meinen freien Tag.

III

Ich kippte gerade die Rühreier aus der Pfanne in eine Schale. Meine Frau Dana stand neben mir und schnitt ein paar Gurken und Tomaten klein. Mir reicht zum Frühstück eigentlich ein Brötchen und ein bisschen Aufschnitt, aber für die Frau muss das ganze immer zu einem Erlebnis werden.

Wir legten das geschnittene Gemüse, Wurst und Käse auf ein paar Teller und gingen zum Küchentisch zurück, um uns auf unsere Plätze zu setzen.

Ich jagte das Messer in mein Brötchen, schnitt es auf und belegte es mit Rührei. Es schmeckte herrlich. Rührei machen, das hatte ich drauf.

„Denkst du noch daran, dass wir heute Abend ins Kino gehen wollen?“ Fragte sie.

„ Ich denk an nichts anderes“, entgegnete ich.

Ich hauchte ihr einen Kuss zu. Ich wollte gerade wieder ins Brötchen beißen, als das Handy klingelte.

„ Kebeck. Hallo?“ Die Rufnummer war unterdrückt.

„ Guten Tag Herr Kebeck. Mein Name ist Eisler.“

„ Was kann ich für sie tun?“

„ Ich habe nicht viel Zeit Herr Kebeck. Mir ist zu Ohren gekommen, dass sie an der Sache mit den Prostituierten dran sind. Ich habe Informationen, die sie vielleicht benötigen.“ Mir stockte der Atem, was Dana mir wohl ansah, denn sie blickte etwas besorgt zu mir herüber.

„ Woher haben sie meine Nummer?“

„ Sie haben Ihre Quellen, ich habe meine. Können wir uns treffen?“

„ Natürlich. Wo?“

„ Kennen sie die Strecke in Strande wo es zum Leuchtturm geht?“

„Das ist aber sehr abgelegen.," ich zögerte kurz, " ich werde da sein.“

„ Ich habe sehr delikate Informationen, Herr Kebeck. Ich fürchte um mein Leben, daher möchte ich nicht mit einem Reporter gesehen werden. Wenn jemand herausbekommt, dass ich mit Ihnen rede, dann bin ich ein toter Mann, so viel ist sicher.“

Ein toter Mann. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken.

„ Wann soll ich da sein?“

„ Wenn sie es einrichten können, würde ich heute um 17 Uhr vorschlagen.“

„ Ja, das kann ich schaffen. Bis heute Abend, Herr Eisler.“

„ Auf wieder hören.“

Das Gespräch wurde unterbrochen. Ich legte das Handy auf den Tisch und sah Dana an. Sie sah nicht glücklich aus.

„ Bis heute Abend?“, fragte sie.

„ Keine Sorge, ich treffe mich um fünf mit einem Informanten, der mir bei meiner Story weiterhelfen kann. Zu unserem Kinobesuch bin ich rechtzeitig wieder zu Hause.“

„ Das hoffe ich, wir waren schon so lange nicht mehr aus.“

„ Versprochen." Ich sah auf die Uhr. "Es ist kurz vor neun, du musst zur Arbeit.“

Wir standen auf und ich nahm die Teller vom Tisch, um sie in die Spüle zu legen. Anschließend nahm ich den Aufschnitt, steckte ihn wieder in die dazugehörigen Verpackungen und räumte sie in den Kühlschrank.

Dana kam zurück in die Küche und drückte mir einen Kuss auf die Wange.

„ Bitte sei vorsichtig, ich habe kein gutes Gefühl, was dein Treffen angeht. Pass auf dich auf.“

„ Mach ich. Bis heute Abend.“ . Ich lächelte sie an und sie lächelte zurück. Ich konnte die Sorge in ihren Augen erkennen.

Sie öffnete die Haustür, zog sie zu und fuhr davon. Ich war also alleine.

Meine Gedanken kreisten um den Anrufer. Woher hatte er meine Nummer? Vielleicht hatte meine Redaktion sie herausgegeben, wobei das eher unwahrscheinlich war. Ich nahm mir vor ihn danach zu fragen.

Viel wichtiger war, dass er glaubte in Lebensgefahr zu sein. Die Informationen, die er hatte würden mich also wahrscheinlich weiterbringen. Doch mir wurde klar, dass auch ich jetzt öfter hinter mich gucken müsste, denn wenn er in Gefahr war, dann war ich es auch.

Wenn ich also jemandem so dicht auf den Versen war, würde er es auch früher oder später mitbekommen, aber das kümmert mich nicht. Ich will den Erfolg. Wenn ich der Jenige bin, der den Täter findet, noch bevor die Polizei es schafft, werde ich der begehrteste Journalist dieses Landes sein.

IV

Der Tag verging quälend langsam und ich versuchte mich mit Videospielen abzulenken, aber es klappte nicht. Immer wieder wurde ich von meinen Gegnern abgeschossen, weil ich mit den Gedanken woanders war.

Ich trank bereits meinen fünften Kaffee, lief nervös in meinem Wohnzimmer auf und ab und starrte immer wieder auf die Uhr. Diese verdammte Zeit. Warum konnte sie nicht schneller vergehen?

Nach einer weiteren gefühlten Ewigkeit verließ ich mein Haus und setzte mich in meinem Opel. Ich ließ den Motor an und wartete bis die Scheibe frei war. -3° zeigte das Thermometer. Die Zeit zog sich hin. Meine Ungeduld steigerte sich und ich guckte durch den kleinen Punkt, durch den ich schon die Straße sehen konnte und überlegte, ob ich es schaffen würde, mit dieser Aussicht mein Auto zu bewegen. Ich beschloss jedoch noch ein bisschen zu warten und ging in Gedanken die Autos durch, die ich mir leisten könnte, wenn ich erstmal berühmt bin. Vielleicht einen BMW oder Audi. Irgendwas, wo ich keine Scheiben mehr kratzen musste. Ach was sage ich. Ich habe dann bestimmt einen Fahrer, der sich um alles kümmert. Soll der doch frieren, wofür bezahle ich ihn schließlich?

Mein Weg zum Treffpunkt war nicht weit. Ich bog von meiner Auffahrt auf die Hauptstraße und fuhr in Richtung Bülck. Inzwischen war es kurz nach 16 Uhr und um mich herum wurde es langsam schummrig. Ich fuhr ein Stück an der Küste entlang und genoss den Anblick auf die ruhige See. Ein paar Möwen saßen auf den leichten Wellen und ich fragte mich, wieso die Viecher nicht frieren, obwohl sie ihre nackten Füße ins kalte Wasser halten.

Ein paar Meter weiter ging der Blick über das Meer in einen Knick über. Die Bäume verloren langsam ihre Blätter und es wirkte jetzt alles sehr trist und ungemütlich. An einer kleinen Einbuchtung hielt ich an. Ich war allein. Noch war keiner da. Ich blickte auf die Sträucher und musste an meine Frau Dana denken. Früher sind wir öfter hierher gekommen um Schlehen für unseren selbst gemachten Likör zu pflücken. Wir hatten meist eine ergiebige Ernte und gut ein Jahr später konnten wir uns auf rund 30 Flaschen Schnaps freuen. Irgendwann fingen wir an das Zeug zu verschenken und nachdem unsere Freunde auch nicht mehr dagegen angekommen sind, haben wir unser Hobby aufgegeben.

Ich stieg aus meinem Auto und trat näher an die Büsche heran. Ich pflückte eine Schlehe und drehte sie zwischen Zeigefinger und Daumen. Kurz war ich versucht sie in den Mund zu stecken. Sie würde ungenießbar sein, das wusste ich. Anders als der Likör, der war lecker. Jetzt vermisste ich meinen Schnaps.

In der Dunkelheit sah ich, wie sich zwei Scheinwerfer auf mich zu bewegten. Meine Anspannung war schlagartig zurück.

Es war ein dunkelblauer Audi A3 mit einem satten Klang. Ich schätzte, dass es sich um einen RS handelte, oder wie diese schnellen Dinger sich nannten. Er bremste ab und stellte sich neben meinen alten Opel.

Zu meiner Anspannung gesellte sich jetzt Angst. Es war nur so ein Gefühl, aber meine Zuversicht war jetzt mehr eine Vorahnung darauf, dass es hier vielleicht nicht gut für mich ausgehen könnte.

Das Fenster ging ein kleines Stück runter.

„ Herr Kebeck?“. Die Frage kam aus dem dunkeln des Fahrzeuges. Die Stimme hatte etwas Bedrohliches. Am Telefon klang sie zumindest anders. Aber vielleicht habe ich mir das nur eingebildet, immerhin war ich ziemlich aufgeregt.

Sag Nein, vielleicht dreht er wieder um und fährt weg.

„ Ja?!“ Antwortete ich knapp.

„ Wir sind verabredet. Ich möchte nicht zuviel Zeit hier verbringen, falls mir jemand gefolgt ist.“

„ Am besten setzen wir uns in meinen Wagen, es ist etwas kühl hier draußen“, ich versuchte unbesorgt zu klingen.

„Gerne“. Er stieg aus seinem Auto aus und als er sich vor mir aufbaute, krampfte sich mein Magen zusammen. Er war fast zwei Meter groß, durchtrainiert und hatte ein hartes kantiges Gesicht. Wieso hat jemand mit seiner Statur Angst vor jemandem? Vielleicht war er der Bodyguard, oder so jemand der ins Bild springt, wenn es ernst wird und hat daher etwas mitbekommen, was mir hilfreich sein konnte. Das ungute Gefühl wurde stärker und auch die Idee, ihn in meinen Wagen zu bitten, kam mir jetzt absurd vor, dennoch musste ich das durchziehen. Ich würde nie etwas erreichen, wenn ich schon so früh die Hosen voll hatte. Ich streckte mich durch, um größer zu wirken und gab ihm die Hand.

Im Auto war es wärmer und um diesen Zustand zu erhalten, startete ich den Motor und ließ ihn laufen.

Einen kurzen Moment schwiegen wir, dann ergriff ich das Wort.

„ Sie haben neue Informationen für mich?“

„ Kommt darauf an, wie viel sie schon wissen?“

„ Nicht viel, ich hoffe auf mehr.“ Ich lächelte gequält.

Ich holte meine Notizen heraus und klappte diese Seite auf. Als ich wieder hoch sah, blickte mich der Lauf einer Pistole an. Mein Herz fing an schneller zu schlagen, das Adrenalin schoß in meine Blutbahn. Es kam mir unwirklich vor und ich bekam Panik.

„ Machen sie jetzt bitte keinen Fehler.“ Flehte ich mehr als ich es sagte.

„ Glauben sie mir bitte, ich weiß was ich tue. Es ist nichts persönliches, nur meine Arbeit.“

„ Ich bitte Sie, tun sie es nicht.“ Mir schossen die Tränen in die Augen. Seinem eigenen Tod in den Lauf zu sehen, lässt einen nicht heldenhaft erscheinen und es ist komisch welche Gedanken einem kommen.

„ Sie sind in Ihrer Angelegenheit ein bisschen zu nah an meinen Klienten geraten. Es tut mir leid, es gibt keinen anderen Ausweg.“

„ Finden Sie es gut was er tut? Er tötet unschuldige Frauen.“

„ Es ist nicht meine Aufgabe das zu beurteilen. Ich mache nur meinen Job." Er wirkte, als würde er es tatsächlich bedauern mich töten zu müssen. "Ich gewähre jedoch jedem meiner Opfer einen letzten Wunsch und möchte auch Ihnen diesen nicht verwähren.“

Einen letzten Wunsch. Was wünscht man sich als letztes? Was war mir wichtig? Die Bitte, dass er mich leben lässt, wäre zu einfach und im höchsten Maße unwahrscheinlich. Ich weiß nicht, warum mir folgender Wunsch über die Lippen kam, ich muss nur leider sagen, dass es mit Sicherheit meine letzten Worte, in meinem gerade erst angefangenen Buch sein werden.

„ Ich möchte mir zweierlei Dinge erbitten, wenn sie gestatten? Ich würde zum einen gerne meine letzten Momente noch in dieses Notizbuch nachtragen und möchte sie bitten, dass sie mein Ableben ebenfalls festhalten, dann schicken sie es anonym an meine Frau und zweitens, um Gottes Willen, bitte tun sie ihr nichts.“

Das waren mehr als zwei Wünsche. Ich hoffte aber, dass er sie erfüllt.

Steven

I

Nachdem er seine Notizen eingetragen hatte, übergab er mir sein Buch. Es ist sehr merkwürdig, wenn sie jemanden dabei zusehen, wie er seine letzten Worte aufschreibt. Mal liefen ihm Tränen über das Gesicht, dann wieder wirkte er sehr gefasst. Das ganze dauerte ein paar Minuten und ich war kurz davor die Sache abzukürzen, wenn er mir nicht schließlich das Buch in die Hände gedrückt hätte.

Er blickte mir jetzt ganz ruhig in die Augen, hatte scheinbar mit seinem Leben abgeschlossen und akzeptierte es besser, als ich es vermutete. Als er die Waffe sah, konnte ich die Angst noch in seinem Blick ausmachen. Seine letzte bitte, seinen Tod zu beschreiben kam mir seltsam vor, beinahe banal. Ich hatte noch nie einen so merkwürdigen Auftrag erhalten, wie diesen.

Ich habe strenge Grundsätze, was meine Arbeit angeht. Ich biete jedem einen letzten Wunsch an und erfülle diesen auch, so ungewöhnlich er auch sein mag. Den Wunsch weiterzuleben, den gab es nicht, und komischer weise wird darum auch nicht so oft gebeten. Wahrscheinlich wissen meine Opfer, dass es sich nicht lohnt zu fragen.

Unsere Blicke lösten sich nicht voneinander, nicht einmal als ich den Abzug betätigte. Die Kugel schien fast wie im Zeitraffer den Lauf meiner Waffe zu verlassen. Sie überbrückte die kurze Strecke zwischen uns und traf frontal auf seine Stirn. Ich stellte mir vor, wie sich die Haut und die Knochen zur Seite schoben, während sie in seinen Schädel eintrat. Sein Kopf wurde von der Wucht des Aufpralls nach hinten geschleudert und die Seitenscheibe von der austretenden Kugel zerborsten und schlagartig Rot.

Der Anblick, den er jetzt bot, wurde ihm nicht gerecht. Sein Kopf lehnte an dem kaputten Fenster und um ihn herum klebte seine Hirnmasse und Blut. Im Fahrzeug roch es bereits nach Urin und Kot, was normal ist, wenn jemand stirbt und die Muskeln erschlaffen.

Bei meinem ersten Auftrag hätte ich mich fast übergeben, was natürlich nicht so sinnvoll ist, wenn man einen Mord begeht und gleich einen ganzen „Haufen“ Spuren hinterlässt, aber mit der Zeit gewöhnt man sich an den Geruch.