Ich bin's, dein Sohn! - Patricia Vandenberg - E-Book

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Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! »Tatsache ist aber, dass ich meinen Computer unbedingt zum Arbeiten brauche. Wozu, das muss ich Ihnen hoffentlich nicht erklären.« Felicitas Norden saß an ihrem Schreibtisch in der Klinik und drückte den Telefonhörer ans Ohr. Das, was sie zu hören bekam, schien ihr nicht zu gefallen. »Das wäre wirklich reizend, wenn mich der Herr Techniker gleich zurückrufen würde. Danke, auf Wiederhören.« Wütend warf sie den Hörer auf den Telefonapparat. »Das ist doch zum Mäusemelken!« Sie sah hinüber zur Tür. Wer auch immer der ungebetene Gast war, der gleich hereinkam: Er konnte sich warm anziehen.»Kannst du ein bisschen leiser schimpfen? Die Schwestern draußen bekommen Angst!«, bat Daniel Norden schmunzelnd.Bei seinem Anblick atmete Fee durch und lehnte sich zurück.»Natürlich. Es tut mir leid. Ich sollte endlich glauben, dass das alles hier meine Schuld ist. Wenn ich meinen Computer heute früh freundlich angelächelt hätte, wäre das System auch nicht abgestürzt.« Sie schnitt eine Grimasse. »Und wie läuft es bei dir?

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Chefarzt Dr. Norden – 1118–

Ich bin’s, dein Sohn!

Wie eine verzweifelte Frau neuen Lebensmut fand

Patricia Vandenberg

»Tatsache ist aber, dass ich meinen Computer unbedingt zum Arbeiten brauche. Wozu, das muss ich Ihnen hoffentlich nicht erklären.« Felicitas Norden saß an ihrem Schreibtisch in der Klinik und drückte den Telefonhörer ans Ohr. Das, was sie zu hören bekam, schien ihr nicht zu gefallen. »Das wäre wirklich reizend, wenn mich der Herr Techniker gleich zurückrufen würde. Danke, auf Wiederhören.« Wütend warf sie den Hörer auf den Telefonapparat. »Das ist doch zum Mäusemelken!« Sie sah hinüber zur Tür. Wer auch immer der ungebetene Gast war, der gleich hereinkam: Er konnte sich warm anziehen.

»Kannst du ein bisschen leiser schimpfen? Die Schwestern draußen bekommen Angst!«, bat Daniel Norden schmunzelnd.

Bei seinem Anblick atmete Fee durch und lehnte sich zurück.

»Natürlich. Es tut mir leid. Ich sollte endlich glauben, dass das alles hier meine Schuld ist. Wenn ich meinen Computer heute früh freundlich angelächelt hätte, wäre das System auch nicht abgestürzt.« Sie schnitt eine Grimasse. »Und wie läuft es bei dir?«

»Ausgezeichnet. Unsere ambitionierte Assistenzärztin Sophie Petzold hat sich soeben bei mir beschwert, dass ihre Leistungen von den Kollegen nicht entsprechend gewürdigt werden.«

»Und? Was ist dein Eindruck?«

Daniel trat ans Fenster. An diesem Sommertag konnte sich das Wetter nicht recht entscheiden. Immer wieder schoben sich unheilverkündende Wolken vor die Sonne, verschwanden aber wieder, ohne ihre Androhung wahr gemacht zu haben.

»Ehrlich gesagt habe ich wichtigere Dinge zu tun, als mich um solche diffusen Befindlichkeiten zu kümmern.«

»Wenn ich mich nicht irre, ist Mitarbeitermotivation ein Punkt in deiner Stellenbeschreibung«, scherzte Felicitas. Wie immer tat ihr die Gesellschaft ihres Mannes gut.

Das beruhte durchaus auf Gegenseitigkeit. Daniel drehte sich um und lächelte sie an.

»Norwegische Forscher haben erst kürzlich wieder bewiesen, dass Frauen die besseren Führungskräfte sind. Die Ergebnisse ihrer Studie deuten darauf hin, dass Frauen in den Dimensionen Klarheit, Innovationskraft, Unterstützung und zielgerichtete Genauigkeit den Männern gegenüber im Vorteil sind.«

Fee zog eine Augenbraue hoch.

»Und was willst du mir damit sagen?«

»Das war ein Jobangebot.« Er kehrte an den Schreibtisch zurück, setzte sich auf die Tischkante und lächelte seine Frau an. »Willst du nicht die Klinikleitung übernehmen?«

In Fees Lachen hinein klingelte das Telefon.

Sie streckte die Hand aus, als Daniel ihr Einhalt gebot.

»Das ist bestimmt der Computermensch. Ich regle das für dich.«

Ergeben ließ Felicitas die Hand sinken.

»Norden!« Seine Stimme war scharf. »Ja, das war meine Frau. Aber die kann im Augenblick nicht mit Ihnen sprechen. Sie hat ein wichtiges Personalgespräch. Wann können Sie hier sein, um das Computerproblem zu beheben?«

Fee verschränkte die Arme und beobachtete ihren Mann sichtlich belustigt.

»Offenbar ist Ihnen die Dringlichkeit nicht klar. Es handelt sich um den Computer der zukünftigen Klinikchefin«, fuhr Daniel fort. »Sie kommen jetzt sofort hierher und kümmern sich höchstpersönlich um dieses Computerproblem.«

Daniel hielt inne und lauschte der Antwort. Er lächelte und reckte den Daumen der rechten Hand hoch.

»In zehn Minuten? Wunderbar. Auf Wiederhören.« Zufrieden mit dem Ergebnis des Telefonats legte Daniel auf. »Na bitte, geht doch! Ich verstehe gar nicht, was daran so schwer ist.«

Fee lachte. Sie stand auf und legte die Arme um seinen Hals.

»Wenn du so mit deinen Mitarbeitern umgehst, wundert mich gar nichts mehr.«

»Ach ja? Wie meinst du das?«, fragte Daniel scheinheilig.

»Lass mich nachdenken. Zu Hause ist der Fernseher kaputt, und der Kundendienst hat sich bis heute nicht blicken lassen.«

»Kein Problem. Gib mir die Nummer, und der Schaden ist spätestens morgen repariert.«

»Abgemacht.«

Fee küsste ihn auf den Mund, ehe sie sich abwandte. »Ich kümmere mich inzwischen um deine armen Kollegen.« Sie ging zur Tür.

Daniel Norden sah ihr nach. Ihm schwante nichts Gutes. War es möglich, dass Fee sein scherzhafter Unterton entgangen war?

»Wo willst du hin?«, fragte er.

An der Tür drehte sie sich noch einmal um.

»Ich fange gleich an mit der Mitarbeitermotivation.« Mit dem Zeigefinger lockte sie ihn zu sich. »Lust auf Bienenstich im ›Allerlei‹? Oder lieber eine Biskuitroulade mit Sahne und Erdbeeren aus Tatjanas Schrebergarten?«

»Wenn ich dich nachher mit nach Hause nehmen darf, entscheide ich mich für den Bienenstich«, raunte er ihr ins Ohr, ehe sie sich Hand in Hand auf den Weg machten, um ihre wohlverdiente Pause gemeinsam zu genießen.

*

Die Assistenzärztin Sophie Petzold saß am Schreibtisch in der Notaufnahme und war in einen Unfallbericht vertieft.

»Guten Tag!«

Erschrocken zuckte sie zusammen. Schon wollte sie über die Schwester herfallen, die sich erdreistete, sie derart rücksichtslos zu stören. Zum Glück konnte sie sich im letzten Moment zurückhalten. Es handelte sich nicht um eine Schwester, sondern um eine wildfremde, gut gekleidete Frau, die ihr gegenüberstand und sie abschätzig musterte.

»Was kann ich für Sie tun?«

Die Dame fuhr sich über den nussbraunen Pagenkopf, durch den sich einzelne Silberfäden zogen. Sophie bemerkte die sorgfältig lackierten und manikürten Fingernägel. Ein farbloser Stein funkelte am Ringfinger.

»Mein Name ist Endress. Alexandra Endress.«

Sie sah Sophie erwartungsvoll an.

»Kennen wir uns?«

Eine ärgerliche Falte erschien zwischen Alexandras Augen. Ihr Blick fiel auf das Namensschild an Sophies Kittel.

»Von einer Assistenzärztin hätte ich einen gewissen Bildungsgrad erwartet. Ich möchte gern den Chefarzt sprechen.«

In Sophie sträubte sich alles. Um nicht länger zu ihrer Kontrahentin aufsehen zu müssen, erhob sie sich vom Stuhl und hielt Alexandra Endress die Hand hin.

»Ich bin die diensthabende Ärztin. Dr. Petzold.«

Alexa zögerte, die dargebotene Hand zu nehmen.

»Also gut. Ich möchte mich einweisen.«

Irritiert legte Sophie Petzold den Kopf schief.

»Haben Sie einen Einweisungsschein von Ihrem Arzt? Eine Überweisung?«

»Junge Frau, Sie können mir glauben, dass ich selbst sehr gut beurteilen kann, wann ein Aufenthalt in einer Klinik unerlässlich ist.«

»Und was fehlt Ihnen, wenn ich fragen darf?«

»Sind Sie die Ärztin oder ich?«, fragte Alexandra Endress postwendend.

Nur mit Mühe konnte sich Sophie Petzold einen passenden Kommentar verkneifen.

»Kommen Sie bitte mit. Ich werde mir die Sache ansehen.« Sie ging vor und winkte die Patientin mit sich. Auf dem Weg ins Behandlungszimmer liefen sie Oskar Roeckl über den Weg. Er balancierte zwei Kisten in Richtung Klinikkiosk. Obwohl Lenni ihn schon händeringend erwartete, blieb er beim Anblick von Alexandra Endress abrupt stehen. Wie eine Königin stolzierte sie an ihm vorbei, mit hoch erhobenem Kopf, wehendem Mantel und entschlossenen Schritten. Erst als sie an ihm vorbei war, erwachte er zu neuem Leben.

»Einen Moment bitte!«, rief er ihr nach.

Sofort fühlte sich Alexandra angesprochen. Sie blieb stehen und drehte sich um. Ihr abschätziger Blick glitt an Oskar hinunter und wieder hinauf. Das, was sie zu sehen bekam, erfüllte sie mit Wohlwollen.

»Ja?«, fragte sie überraschend freundlich.

Strahlend kam Oskar auf sie zu. Er stellte die Kisten auf den Boden und bat um ihre Hand. Ganz Gentleman hauchte er einen Kuss auf den Handrücken.

»Sie sind die Unternehmerin Alexandra Endress, nicht wahr?«

»Ganz recht.« Sie nickte huldvoll. »Und mit wem habe ich das Vergnügen?«

Schlagartig färbten sich Oskars Wangen tiefrot.

»Mein Name ist Oskar Roeckl. In früheren Jahren war ich selbst Unternehmer. Noch heute bin ich Mitglied im Unternehmerverband und verfolge die Entwicklung mit Spannung. Besonders Ihre Geschichte begeistert mich seit vielen Jahren. Ich bewundere Ihre Durchsetzungskraft in dieser Männerdomäne.« Er machte eine kunstvolle Pause. »Geschäftsführerin einer großen Brauerei … das muss Ihnen erst einer nachmachen.«

»Ich habe nicht vor, mich vom Thron stoßen zu lassen«, erwiderte Alexandra sichtlich geschmeichelt.

Schon wollte Oskar das Gespräch fortsetzen, als er ein Tippen auf der Schulter spürte. Er fuhr herum und sah in Lennis zornblitzende Augen.

»Hier steckst du also! Und ich kann sehen, wie ich die Kunden vertröste.« Sie sah hinüber zu Alexandra Endress. »Tut mir leid, dass ich Ihnen Ihren Kavalier jetzt entführen muss. Sie können uns ja bei Gelegenheit in unserem Kiosk besuchen.« Sie lächelte süßlich.

»Vielen Dank. Vielleicht tue ich das ja sogar.« Alexandra Endress Blick wanderte von Lenni zurück zu Oskar. »Vorausgesetzt, mein Gesundheitszustand lässt es zu.« Sie nickte ihm zu, ehe sie sich abwandte und Sophie Petzold bedeutete, dass sie bereit war.

Oskar und Lenni sahen den beiden nach, bis sie um die Ecke verschwunden waren.

»Darf ich mal erfahren, was das für eine Darbietung war?«, fragte Lenni scharf.

Oskar bückte sich wieder nach den Kisten und hob sie vom Boden auf. »Was für eine Darbietung meinst du? Frau Endress ist eine wunderbare Frau. Das musste ich ihr einfach einmal sagen«, erwiderte er, ehe er sich mit verzückter Miene auf den Weg zum Kiosk machte.

*

Die Sirene war schon von Weitem zu hören. Felicitas Norden war bereits informiert.

»Tut mir leid, aber ich muss unser Schäferstündchen an dieser Stelle beenden.« Sie schickte dem Teller mit der restlichen Erdbeerroulade einen bedauernden Blick.

»Früher hast du mich so angesehen«, reklamierte Daniel.

»Früher hatte das Wort Schäferstündchen auch eine andere Bedeutung.« Sie beugte sich über ihn und küsste ihn zum Abschied.

Auf dem Weg in die Notaufnahme traf sie auf ihren Stellvertreter Volker Lammers.

»Was machen Sie denn schon hier? Haben Sie kein Zuhause?«

»Antwort auf Frage eins: Ich bin immer noch hier. Zu Frage zwei: Ich erinnere mich dunkel, dass es einen Ort mit diesem Namen gibt«, gab er im Laufschritt Auskunft.

»Dann machen Sie, dass Sie dorthin kommen.« Seite an Seite bogen sie um die Ecke.

Im Laufschritt schoben die Sanitäter eine Liege durch die Türen der Notaufnahme.

»Ausgeschlossen. Außer, wir lassen die Rotznase nebenan verbluten.« Volker bemerkte die Irritation seiner Chefin. »Verkehrsunfall.«

»Wie bitte?« Entsetzt sah sich Fee um. Ihr Blick fiel auf die Schwester, die ihr hektisch zuwinkte. Felicitas dachte keine Sekunde nach. »Gut. Dann erledigen Sie das hier. Ich kümmere mich um das Unfallopfer.«

»Meine Rede.« Lammers grinste. Er sah seiner Chefin nach, ehe er sich an die Sanitäter wandte.

»Was haben wir denn hier Schönes?«

»Severin Lohns, acht Jahre alt, Sturz vom Fahrrad. Verdacht auf Wirbelsäulentrauma.«

»Ich werde nie verstehen, warum diese Kröten Fahrrad fahren müssen«, schimpfte Lammers. Die Eltern des Kleinen sahen sich entsetzt an. Eine Schwester beruhigte sie, während Volker den Kollegen seine Befehle gab. »Monitor anschließen. Blutdruck. EKG. Sättigung.« Während sich die Kollegen in Windeseile an die Arbeit machten, beugte er sich über den Jungen. »Hey, Sportsfreund, hörst du mich?«

»Severin ist seit dem Unfall nicht ansprechbar«, informierte Rettungsarzt Huber den Kollegen und reichte ihm das Klemmbrett mit dem Formular, auf dem er alle nötigen Informationen festgehalten hatte.

Ohne einen Blick darauf zu werfen, legte Lammers die Unterlagen auf die Liege. Er zog eine Taschenlampe aus der Tasche und leuchtete in die Augen des Jungen.

»Direkte Reaktion der Pupillen«, sagte er laut. »Wie sieht es sonst aus?«

»Blutdruck bei 70 zu 40. Herzfrequenz 130 die Minute. Sättigung bei 95 Prozent«, erklärte einer der unterstützenden Kollegen.

»Wir brauchen mehr Volumen«, befahl Lammers. »Machen Sie ein Schädel-Wirbelsäulen-CT. Ich gehe davon aus, dass wir uns in weniger als einer halben Stunde im OP wiedersehen.« Er sah sich unter seinen Mitarbeitern um. »Wer bringt Kaffee mit?«

Sein Scherz fand keine Erwiderung. Schulterzuckend wandte er sich ab und gähnte herzhaft. Er war schon viel zu lange im Dienst. Doch für eine Pause gab es keinen Grund. Zu Hause wartete niemand auf ihn, und an Schlaf war selbst in Ruhezeiten schon seit Tagen nicht mehr zu denken. So konnte er auch genausogut in der Klinik bleiben und das tun, was er am liebsten tat: Operieren.

*

»Schon zurück, Chef?« Verwundert blickte Andrea Sander auf, als Dr. Norden früher als erwartet in sein Büro zurückkehrte.

»Meine Frau wurde zu einem Notfall gerufen«, erwiderte er. »Ich kann Ihnen nur raten, sich niemals mit einem Arzt einzulassen. Da ist man die meiste Zeit allein.«

»Außer man ist selbst Arzt.« Andrea lachte und schob ihm einen Zettel hin. »Eine gewisse Frau Endress hat sich vor etwa einer Stunde selbst in die Klinik eingewiesen.«

»Endress … Endress«, murmelte Daniel vor sich hin. Sein Blick ruhte auf dem Stück Papier. »Der Name sagt mir etwas.«

»Alexandra Endress ist die Chefin einer namhaften Brauerei«, klärte Andrea Sander ihn auf. »Sie wünscht Chefarztbehandlung.«