Ich gehe bis nach Karlsruhe - Rolf Lamprecht - E-Book

Ich gehe bis nach Karlsruhe E-Book

Rolf Lamprecht

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  • Herausgeber: DVA
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2011
Beschreibung

Die letzte Instanz – 60 Jahre Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht ist ein Eckpfeiler der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland. Es überwacht die Einhaltung des Grundgesetzes und bildet ein Gegengewicht zur staatlichen Politik. Als letzte Zuflucht in Rechtsstreitigkeiten genießt es ein hohes Ansehen bei den Bürgern. Seit seiner Gründung 1951 hat das Gericht in seinen Entscheidungen nicht nur wichtige gesellschaftliche Veränderungen sichtbar gemacht, sondern auch vorangetrieben. Rolf Lamprecht, der die Arbeit des Gerichts seit dessen Gründung beobachtet hat, schildert anhand der neun Präsidentschaften die Geschichte dieser Institution und zeigt die Bedeutung der Karlsruher Urteile für das öffentliche Leben in der Bundesrepublik.

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Inhaltsverzeichnis

EINFÜHRUNG - Wie Recht entsteht – und Recht vergeht1 - Geburtswehen und Pionierzeiten2 - Der herrschende ZeitgeistCopyright

EINFÜHRUNG

Wie Recht entsteht – und Recht vergeht

Umlernen ist mühsamer als lernen. Das macht jeder Wandel im Recht deutlich. Die Alten können sich an das Neue nur schwer gewöhnen, die Jungen wachsen damit heran. Sie verinnerlichen schnell, was jeweils gilt. Eine Frau behält heutzutage, wenn sie will, nach der Heirat ihren Mädchennamen; ein unehelicher Vater kann, wie einst nur der eheliche, das Sorgerecht für sein Kind beanspruchen; der Homosexuelle darf, früher undenkbar, mit seinem Partner eine (Quasi-)Ehe schließen.

Was der Zeitgenosse hier und heute wahrnimmt, ist eine Momentaufnahme des Rechts, Teil einer fortschreitenden Entwicklung, die 1951 in Karlsruhe begonnen hat. Seitdem wird das Grundgesetz, das letztlich nur aus toten Buchstaben besteht, Tag für Tag mit Leben erfüllt – von den Richtern des Bundesverfassungsgerichts. Als sie mit dieser Mammutaufgabe anfingen, glich die Nation einem weißen Blatt, das bereitlag, beschrieben zu werden. Eine einmalige Chance. Ein Blick zurück verdeutlicht, wie und warum ihre Spruchpraxis Deutschlands Menschen verändert hat; nicht auf einen Schlag, sondern von Fall zu Fall, nicht alle Zeitgenossen auf einmal, oft erst deren Kinder und Kindeskinder.

Die Generation, die das Entstehen des Grundgesetzes und die Gründung des Bundesverfassungsgerichts bewusst erlebte, musste viele Erinnerungen an die Zeit der Rechtlosigkeit abbauen, Schicht um Schicht. So lebte die Furcht vor den Männern im schwarzen Ledermantel, die nachts »Staatsfeinde« aus dem Bett holten und ins KZ verschleppten, in versteckter Form weiter, als schwarzer Humor. Frage: »Was ist Demokratie?« Antwort: »Wenn es morgens klingelt – und es ist nur der Milchmann.«

Mit der neuen Verfassung kam der Rechtsstaat, wie er heute existiert, nicht etwa über Nacht. Für Frauen blieb der Satz »gleicher Lohn für gleiche Arbeit« eine unerreichbare Utopie. Jede, die heiratete, musste den Namen ihres Mannes annehmen. In der Familie war er nach wie vor »Herr im Haus«, das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) räumte ihm einen »Stichentscheid« ein und bestimmte: »Die Vertretung des Kindes steht dem Vater zu.«

Wer demonstrieren wollte, wurde nach Möglichkeit vom Zentrum ferngehalten und auf die grüne Wiese am Stadtrand verbannt. Die Freizügigkeit war beschränkt, der Wohnraum bewirtschaftet, die Berufsausübung reglementiert. Schulen und Hochschulen bestanden darauf: Prüfungsentscheidungen sind nicht anfechtbar. Uneheliche Kinder warteten Jahrzehnte auf ihre Gleichstellung. Homosexuellen drohten Diskriminierung, Erpressung und Gefängnis. Eltern, die volljährigen Kindern die Übernachtung mit einem Partner des anderen Geschlechts unter ihrem Dach erlaubten, wurden wegen schwerer Kuppelei bestraft. Kritiker der Rechtsmoral spotteten: Der Abtreibungsversuch mit Zuckerwasser an einer nicht schwangeren Frau ist strafbar.

Das demokratische Alphabet buchstabieren lernen

Dieses Panorama ließe sich beliebig erweitern. Doch die Impressionen mögen genügen, um zu illustrieren, dass die Bundesrepublik in ihren Anfangsjahren, juristisch gesehen, über das Stadium eines Entwicklungslandes kaum hinauskam. Die Republik war wie eine Klasse von Abc-Schützen, die das demokratische Alphabet buchstabieren lernte, etwa, was die Grundrechte für jeden Einzelnen bedeuten. Auch Richter und Beamte brauchten Zeit, um zu begreifen, dass sich die Prioritäten, die sie aus dem Studium kannten, total verändert hatten. Die Verfassung hatte Vorrang, das einfache Recht kam erst danach.

Karlsruhe, die »Residenz des Rechts«, war der Ort, an dem Rechtsadressaten und Rechtsanwender das Studium der neuen Lehre absolvierten. Das Verfassungsgericht bezog seine unbestrittene Autorität letztlich nicht nur aus der Kompetenz, Machtfragen zu entscheiden, sondern vor allem aus der Kraft des Wortes. Unversehens war dem Gericht damit eine weitere Funktion zugewachsen: Seine Urteile wurden, mithilfe der Medien, zugleich als Lektion in Staatsbürgerkunde verstanden.

Die Richter waren nicht nur Zuhörer, sondern auch Gestalter. Ihr Haus stand von Anfang an im Zentrum von Aktion und Reaktion. Es produzierte Nachrichten und provozierte Widerspruch. Es zog Grenzen und eröffnete Perspektiven. Es holte den Bürger aus der Nische der Sprachlosigkeit und brachte vorwitzige Politiker zum Schweigen.

Minderheiten schützen, Machtmissbrauch verhindern!

Dabei wurden die Grundprinzipien, die der Verfassungsidee zugrunde liegen, für jedermann sichtbar: Eine gewählte Mehrheit regiert auf Zeit, ihr Kanzler bestimmt die Richtlinien der Politik. Für Gegenkontrolle sorgt ein System von »checks and balances«, das jedem Übermut die Spitze nehmen soll. Den Verfassungsrichtern ist die Aufgabe zugewiesen, Minderheiten zu schützen und Machtmissbrauch zu verhindern.

Sie tun das auf vielfältige Weise. Ein Glanzlicht ihrer Rechtsprechung ist »das Prinzip der Verhältnismäßigkeit«. Es hat, so die Karlsruher Botschaft, selbst »verfassungsrechtlichen Rang«. Tatsächlich leben die Grundrechte, Gebote wie Verbote, von ihrem Bekenntnis zum rechten Maß – und nach einem Verhaltenskodex, den das Gericht entwickelt hat. Er besagt: Staatsdiener müssen, bevor sie »einschreiten«, drei Fragen beantworten: Ist der Eingriff geeignet? Ist er erforderlich? Ist er angemessen? Mit derselben Strenge haben sie anderen Regeln Respekt verschafft: dem »Gleichheitssatz«, der verlangt, dass die Obrigkeit nicht mit zweierlei Maß misst, und dem Anspruch auf »rechtliches Gehör«, der voraussetzt, dass die Staatsdiener dem Bürger zuhören.

Diese kontinuierliche Pflege der Grundrechte steht in Karlsruhe auf der Habenseite; sie gehört zu den Kulturleistungen der Nachkriegsepoche. Wenn Bürger das Gefühl haben, es lohne sich, in diesem Staat zu leben, dann meinen sie auch jene Freiheiten, die sie der Obrigkeit mithilfe des Gerichts abgetrotzt haben. Dabei haben sie gelernt, dass selbst eine freiheitliche Gesellschaft nichts freiwillig hergibt.

Nun wissen sie ziemlich genau, was sie verlangen dürfen und was sie hinnehmen müssen; wo ihre Privatsphäre beginnt und wo sie endet; wann sie sich als Individuum begreifen dürfen und wann sie Teil des Gemeinwesens sind; was »informationelle Selbstbestimmung« auf Deutsch bedeutet; wieweit ihre Grundrechte auf Gewissens- und Meinungsfreiheit oder auf Demonstrations- und Vereinigungsfreiheit reichen; und schließlich, wo die Grenzen zwischen der Eigen- und der Gemeinnützigkeit von Eigentum verlaufen.

»Vater Staat« in die Schranken fordern

Die Summe dieser Lektionen animierte im Laufe der Jahre immer mehr Bürger, selbst Verfassungsbeschwerde einzulegen. Das war 1951, im Gründungsjahr des Gerichts, noch ein kühnes Unterfangen – und ist heute eine schiere Selbstverständlichkeit. Der Weg ist mit Steinen gepflastert. Nur wenige gehen in Karlsruhe als Sieger nach Hause. Doch das tat der Beliebtheit des Gerichts keinen Abbruch. Unter dem Strich zählte letztlich nicht der momentane Prozesserfolg oder -misserfolg, sondern allein die Existenz eines obersten nationalen Schiedsgerichts. Die Tatsache, dass es da war, nahm vielen das Gefühl der Verlorenheit und versöhnte mit allen Enttäuschungen.

Wer die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde kannte und notfalls auch wahrnahm, musste sich nicht länger als Untertan begreifen. Die Landeskinder durften Vater Staat in die Schranken fordern. Auch Irrationales spielte mit. Wer keinen Ausweg mehr sah, klammerte sich an diesen letzten Strohhalm. Für ihn bekam der Gang nach Karlsruhe eine ähnliche Bedeutung wie die Pilgerfahrt eines Gläubigen. Eine Quelle dieses grenzenlosen Vertrauens waren Emotionen, doch die sollten in einer Demokratie, die auf Pathos verzichtet und sich mit Plebisziten schwertut, nicht unterschätzt werden. Sie sind das Unterfutter eines lebendigen Staates. Eines Staates, der ohne das Bundesverfassungsgericht nicht mehr denkbar ist. Was es für die Republik und ihre Bürger bedeutet, hatte der berühmte Staatsrechtler Rudolf Smend schon 1962 in einem Satz zusammengefasst: »Das Grundgesetz gilt nunmehr praktisch so, wie das Bundesverfassungsgericht es auslegt.«1

Neun Präsidenten spiegeln die Geschichte des Angesichts

Das besagte Gericht hat ein Gesicht: Es ist das seines Präsidenten. Er allein tritt regelmäßig aus der Anonymität des »Spruchkörpers« hervor. Bei Staatsakten sitzt er, neben den Präsidenten des Bundestages und des Bundesrates, in der ersten Reihe. Wenn das Gericht attackiert wird, ist er sein berufener Verteidiger. Was er sagt, findet Gehör. Er ist die am deutlichsten vernehmbare Stimme der »Weisen von Karlsruhe«, ihr Wortführer. Ernst Benda, Roman Herzog, Jutta Limbach und Hans-Jürgen Papier haben die Bedeutung der Kontrollinstanz ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Seit 2010 tut das Andreas Voßkuhle.

Präsidenten wie sie sind Leitfiguren des Verfassungsorgans, das sich von anderen, etwa dem Bundestag oder dem Bundesrat, in einem wesentlichen Punkt unterscheidet. Während diese für eng begrenzte Zeiten (vier oder fünf Jahre) amtieren, gibt es vergleichbare zeitliche Zäsuren beim höchsten Gericht nicht. Die Geschichte der »letzten Instanz« unterteilt sich in die unterschiedlich langen Amtsperioden seiner neun Präsidenten.

In jeder dieser Gezeiten gab es Höhepunkte – Urteile und Denkanstöße, die Deutschlands Bürger elektrisierten und Deutschlands Politiker frustrierten. Verhandelt wurden Kontroversen, die jeden Einzelnen angingen: Wiederbewaffnung, deutsche Einheit, Einführung des Euro. Manches Thema spaltete die Nation in zwei Lager: etwa die Frage, ob Abtreibung erlaubt oder bestraft werden soll. Politische Reizthemen heizten Emotionen an: Telefonüberwachung, Kruzifix im Klassenzimmer, »Soldaten sind Mörder«.

Unter jedem Präsidenten, unabhängig von Amtsperioden, tauchte – in Variationen – eine alte Frage immer wieder von Neuem auf: Müssen die Bürger, wie Liberale meinen, vor dem Staat geschützt werden? Oder der Staat, wie Konservative verlangen, vor seinen Bürgern?

Bei der Urteilsberatung haben Präsidenten nur eine Stimme. Doch nach außen verkörpern sie das Selbstverständnis des Gerichts, die Bindungswirkung seiner Urteile und die Kraft seiner Worte. Nach innen sind sie Erste unter Gleichen – und müssen diesen Rang verteidigen: gegen Kollegen, die ihnen womöglich intellektuell und rhetorisch überlegen sind. Ihre Wahl war nie Bestenauslese. Sie hing von der Tagesform weniger »Obleute« ab, die eine Zweidrittel-Mehrheit für ihren Kandidaten zusammenbringen mussten; er durfte nicht zu weit links und nicht zu weit rechts stehen.

Der Zwang zum Kompromiss war nicht von Schaden. Alle, die am Ende gewählt wurden, wuchsen mit ihrem Amt – und machten eine gute Figur. Keiner glich dem anderen. Doch wes Geistes Kind einer war, spielte für das Binnenklima eine ebenso große Rolle wie für die Außenansicht. In der Person jedes Einzelnen spiegelten sich die Höhenflüge des Gerichts, aber auch manche Talfahrt. Hier verzeichnen die Annalen Irrungen und Verwirrungen, die dem Hohen Haus nicht zum Ruhm gereichen. Alle Präsidenten (einer nach dem anderen) taugen daher als Medium und eignen sich als illustrative Begleiter beim Gang durch die Geschichte des Gerichts: neun Präsidenten, neun Kapitel.

1

Geburtswehen und Pionierzeiten

Die Gründerväter richten sich in Karlsruhe ein

Die Präsidentschaft von Hermann Höpker-Aschoff

1951 – 1954

Der Glaspalast im Karlsruher »Schlossbezirk« wurde am 7. Juli 2001 zum Schauplatz einer kleinen Sensation. Das Bundesverfassungsgericht feierte sein 50-jähriges Bestehen. Jutta Limbach, die Präsidentin, hatte zu einem »Bürgerfest« eingeladen. Dem Ruf folgten, womit keiner gerechnet hatte, 20 000 Besucher. Nur aus der Region. Interessierte Bürger strömten durch die Beratungszimmer, bevölkerten den Plenarsaal, kamen mit den »Roten Roben« ins Gespräch. Es war eine Begegnung, die den Satz von der Volksfremdheit des Rechts und der Rechtsfremdheit des Volkes widerlegte – zumindest für ein paar Stunden.

Tatsächlich wirkte der Besucheransturm wie eine Abstimmung mit den Füßen. Unversehens war die Prestigeskala der Demoskopen, auf der das Gericht seit Jahrzehnten obenan steht, greifbare Wirklichkeit geworden. Jeder konnte sich durch Augenschein, auch am Bildschirm, davon überzeugen: Hinter den abstrakten Umfragewerten stehen konkrete Menschen. Diese Manifestation der Sympathie verdient deshalb Erwähnung, weil eine solche Solidarität zwischen Rechtsspendern und Rechtsempfängern nicht nur hierzulande Seltenheitswert hat. Der Tag der offenen Tür bestätigte einen soziologischen Befund: Karlsruhe ist ein Zufluchtsort der Deutschen; sie suchen und finden dort Schutz vor der Allmahct macht des Staates. Das Entstehen dieses Vertrauens und die wechselvolle Geschichte des Gerichts sind eng miteinander verwoben.

Politisches Umfeld

1949—1953: 1. Bundestag Bundeskanzler: Konrad Adenauer (CDU) Vizekanzler: Franz Blücher (FDP) Koalition: CDU/CSU, FDP, DP

Die Popularität entstand schon in den Gründerzeiten. Da war sie an den Zeitungskiosken zu besichtigen. Am 11. Februar 1953 lachte der erste Gerichtspräsident von der Titelseite des »Spiegel«. 1 Herausgeber Rudolf Augstein schrieb, die Leser hätten sich bei einer Umfrage Hermann Höpker-Aschoff als Titelhelden gewünscht. Warum? Der grauhaarige Jurist war Chef des Gerichts, das über die umstrittene deutsche Wiederbewaffnung entscheiden sollte. Das Thema wühlte die Deutschen auf. Sie hatten nach dem Zusammenbruch von 1945, als sie vor den Gräbern von ein paar Millionen Toten und vor den Trümmern ihrer Städte standen, aus tiefem Herzen geschworen: »Nie wieder Krieg!« Die spannende Frage war, ob der Schwur noch galt. Regierende, die ihn vergessen wollten, mussten sich – das war neu – für ihr Tun verantworten: Es gab nun eine Instanz, die das »letzte Wort« hatte.

Räumliche Distanz zur Macht

Von diesem Zeitpunkt an war klar: Das Bundesverfassungsgericht würde eine gewichtige Rolle im Parallelogramm der politischen Kräfte spielen. Wie sehr, sollte sich im Laufe der Zeit herausstellen – mit jedem Urteil, das der politischen Klasse wehtat. Die Regierenden konnten auf ihre Kontrolleure nur einmal Einfluss nehmen, bei der Wahl des Präsidenten und der Richter. Danach waren die Gewählten in ihrem Urteil unabhängig, und sie machten von dieser Freiheit eifrig Gebrauch: indem sie ohne Rücksicht auf die Wünsche der Machthaber urteilten, oft zur Enttäuschung jener, die sie einst nominiert hatten. Bei der ersten Wahl ahnten sie noch nichts von dieser Dynamik. Höpker-Aschoff wurde von den Obleuten der CDU und SPD ins hohe Amts gehievt, weil sie ihn aus dem »Parlamentarischen Rat« kannten. So pragmatisch wie seine Kür war auch die Auswahl Karlsruhes als Sitz des Gerichts.

Für das badische Städtchen, die letzte Station seines Lebens, empfand Höpker-Aschoff wenig Sympathie. Das verrät ein Brief, den er an den Bundespräsidenten und an den Bundeskanzler schrieb. Er beklagte sich bei Theodor Heuss (FDP) und Konrad Adenauer (CDU) darüber, dass »der Gesetzgeber das Bundesverfassungsgericht in die dörfliche Einsamkeit einer ehemaligen Residenzstadt verbannt hat«.2 Offenbar trauerte er den Zeiten nach, die er als Vollblutpolitiker in den Zentren der Macht verbrachte hatte. Letztlich ging es aber nicht nur um sein persönliches Befinden, sondern auch um Grundsätzliches – um eine Frage, auf die es seit damals immer wieder geteilte Antworten gegeben hat: Ob das Gericht die anderen Gewalten im Staat besser aus der Nähe oder besser aus der Ferne kontrolliert.

»Ich gehe bis nach Karlsruhe«

Die Spitze der Dritten Gewalt nicht am Sitz der Regierung anzusiedeln, hatte in Deutschland Tradition. Otto von Bismarck wollte das Reichsgericht in Berlin installieren, konnte diesen Wunsch aber in den parlamentarischen Gremien nicht durchsetzen. Die Abgeordneten hielten eine räumliche Distanz zur Hauptstadt für vernünftiger, sie entschieden sich mehrheitlich für Leipzig. Aus ähnlichen Gründen stand Bonn von Anfang an nicht zur Debatte, Konrad Adenauer plädierte für seinen Geburtsort Köln, ebenfalls ohne Erfolg. Viele Städte bewarben sich, zuletzt kamen noch drei in die engere Wahl, Karlsruhe überflügelte Kassel und Braunschweig.

Damals konnte keiner ahnen, dass Stadt und Gericht dereinst zu einer Einheit verschmelzen würden. Der selbstbewusste Satz »Ich gehe bis nach Karlsruhe« wurde zum geflügelten Wort der mündig gewordenen Bundesbürger. Und wenn die Medien titelten »Karlsruhe hat entschieden«, wusste jeder, wer gemeint war. Doch diese Zukunft lag noch in weiter Ferne. Hermann Höpker-Aschoff kannte nur die graue Gegenwart, er musste sich in das Unvermeidliche fügen. Seit dem 7. September 1951 amtierte er in einem Erkerzimmer des »Prinz-Max-Palais« zu Karlsruhe. Das war der vorläufige Dienstsitz des höchsten deutschen Gerichts, von Anfang an zu eng und zu klein – das Provisorium sollte 18 Jahre dauern.

Als Höpker-Aschoff sein hohes Amt antrat, war er 68, ein Kind des vorangegangenen Jahrhunderts. Die wechselvolle deutsche Geschichte hatte ihn geprägt: Kaiserreich, Erster Weltkrieg, Weimarer Republik, Hitler-Diktatur, Zweiter Weltkrieg, Zusammenbruch, Besatzung – und nun Neuanfang unter dem Dach des Grundgesetzes. Dieses Trommelfeuer an Herausforderungen konnte nur überstehen, wer sich nicht unterkriegen ließ, wer imstande war, Neues anzunehmen, ohne sich dabei zu verbiegen.

Ein typischer Jurist seiner Generation

Lebensläufe waren daher mit den üblichen Kriterien nicht zu messen. Auch die Vita Höpker-Aschoffs verlief anders, als sie ursprünglich vorgezeichnet schien. Anfangs war er nichts weiter als ein typischer Jurist seiner Generation. Er trat als Student einer schlagenden Verbindung bei, der Jenenser Burschenschaft »Arminia auf dem Burgkeller«, in seinem dritten Semester fungierte er sogar als ihr Sprecher. Sechzehnmal stand er in Bestimmungszensuren auf dem Paukboden: »Ich habe gern gefochten.«3 Von dieser Sturm-und-Drang-Periode zeugten drei markante Schmisse auf Wange und Kinn. Im Ersten Weltkrieg stand er vom ersten bis zum letzten Tag an der Westfront, an der Somme und in Flandern, zuletzt als Hauptmann und Batteriechef, ausgezeichnet mit den »Eisernen Kreuzen« beider Klassen.

Biografien wie die seine führten damals eher ins rechte Spektrum der Politik (viele endeten in Hitlers NSDAP). Doch Höpker-Aschoff, von der »als schmählich empfundenen Abdankung« des deutschen Kaisers enttäuscht, suchte nach der Demobilisierung Anschluss im anderen Lager, bei der »Deutschen Demokratischen Partei« (DDP), bei den Liberalen. Ihn faszinierten zwei Denker dieser Schule, Friedrich Naumann und Max Weber. Beide propagierten ein sozial-fortschrittliches liberales Bürgertum. Zunächst amtierte der Kriegsheimkehrer als Oberlandesgerichtsrat in Hamm. Doch schon 1921 wurde er als Abgeordneter Süd-Westfalens in den Preußischen Landtag gewählt.

Dort hatte er bis 1931 Sitz und Stimme. Sechs Jahre dieser Zeit verbrachte er als preußischer Finanzminister im Kabinett des Sozialdemokraten Otto Braun. Von 1930 bis 1932 vertrat er seinen Wahlkreis auch im Deutschen Reichstag. Dort freundete er sich mit dem späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss an. Nachdem Hitler an die Macht gekommen war, tauchten beide in einer Nische unter; sie arbeiteten für Friedrich Naumanns Zeitschrift »Die Hilfe«, in der zwischen 1933 und 1936 noch liberale Publizisten zu Wort kamen. 1940 wurde Höpker-Aschoff von den Nazis dienstverpflichtet – als Chefjurist bei der »Haupttreuhandstelle Ost«, einer Dienststelle, die für die Beschlagnahme und Verwaltung privater polnischer Vermögenswerte zuständig war.

Der »Kommodore«

Eine undankbare Aufgabe. Gab es keine Möglichkeit, sich ihr zu entziehen? Wenn nein: Wie hat er sie erledigt – widerwillig oder pflichteifrig? Für die britischen Besatzer war die Polen-Episode jedenfalls Grund genug, 1946 seine Berufung zum Finanzminister in Nordrhein-Westfalen zu blockieren. 1948 wurde er Mitglied im Parlamentarischen Rat. Dort prägte er maßgeblich die Finanzverfassung des Grundgesetzes. Die Bundesbank verdankt ihm ihre Unabhängigkeit. Im ersten Deutschen Bundestag fungierte er als Vorsitzender des Finanzausschusses bis 1951, bis zu seiner Wahl ins Bundesverfassungsgericht.

Der erste Präsident des Gerichts, von seinen Mitarbeitern »Kommodore« genannt, wurde ein begehrter Interviewpartner. Er habe sich, schreibt ein journalistischer Besucher, »etwas Jungenhaftes bewahrt«.4 Turnen, Fechten und Bergsteigen hätten ihm »jene Frische erhalten«, die ihn neben jedem »dreißigjährigen Sportsmann äußerlich noch bestehen lässt«. Dem Beobachter fiel die »lässige Eleganz« seiner Kleidung auf und das »kräftige, an den noch dicht bewachsenen Schläfen stärker ergraute Haar«. Bei allem, was über den Rechtspolitiker bekannt ist, dürfte auch die weitere Einschätzung nicht falsch gewesen sein: Er sei ein Mann, »der nicht intellektuell brilliert, aber Verstand, Temperament, Charakter, Gefühl und Körper unter gleichmäßiger Kontrolle halten kann«.

So wohlwollend sahen ihn nicht alle. Die Föderalisten nahmen ihm seine Optionen für eine stärkere Bundesgewalt übel. Walter von Cube, Kommentator des Bayerischen Rundfunks, nannte ihn deshalb im März 1949 den »bösen Geist von Bonn«. Die Bayern waren auch die Einzigen, die bei seiner Wahl zum Gerichtspräsidenten nicht für ihn stimmten. Der »Geist von München« mochte offenbar das »Preußische« an Höpker-Aschoff nicht. Wohl auch nicht das Evangelische. Einer, der »die protestantische Selbstverantwortung vor dem eigenen Gewissen« seine ethische Maxime nannte, blieb vielen orthodoxen Katholiken fremd.

Was er, der erste Präsident, in die anspruchvolle neue Institution mitgebracht hatte, waren – kein Wunder bei seiner Biografie – viele althergebrachte Vorurteile. An die Demokratie tastete er sich nur vorsichtig heran: »Sie ist eine Frage der Person. Die demokratische Diktatur ist leider noch nicht erfunden.« Die Vielfalt der deutschen Rechtswege erregte sein Missfallen – »das ist des Guten ein bisschen zu viel«. Selbst an das Grundgesetz ging er mit kühler Distanz heran: Es sei »eine brauchbare Grundlage für eine künftige Nationalverfassung«.5

Machtkampf zwischen Bonn und Karlsruhe

Brauchbar oder nicht – Höpker-Aschoff musste mit der vorläufigen Verfassung arbeiten. Dabei kamen ihm die Erfahrungen zugute, die er als Politiker in vier deutschen Reichen hatte sammeln können. Als er im Februar 1953 dem »Spiegel« Rede und Antwort stand, war die erste Schlacht, die ihm ausgerechnet seine politischen Freunde in Bonn aufgezwungen hatten, in vollem Gange. Es zeigte sich: Auch Liberale wie der Bundesjustizminister Thomas Dehler (FDP) waren gegen die Versuchung, Macht gegen Recht auszuspielen, keineswegs gefeit.

Der Eklat, der sich da anbahnte, lief langsam an, um sich dann rasant zu beschleunigen. Bundespräsident Heuss bat das Gericht um ein (damals noch gesetzlich vorgesehenes) höchstrichterliches Gutachten. Er wollte wissen, ob der deutsche Beitritt zur geplanten Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) mit dem Grundgesetz vereinbar sei oder nicht. Dehler, an sich ein Befürworter der Verfassungsgerichtsbarkeit, plagten böse Vorahnungen. Er wusste: Bundeskanzler Adenauer trieb die deutsche Wiederbewaffnung und damit die Rückkehr auf das internationale Parkett vehement voran. Doch aus Karlsruhe drohte Gefahr. Bei dem Gedanken, das Gericht könne seinem Chef in die Quere kommen, verlor der Bundesjustizminister jede Kontenance. Er erklärte auf dem Parteitag der FDP in Bad Ems am 21. November 1952: »Ich möchte hoffen, dass sich beim Bundesverfassungsgericht der Geist des Sozialismus nicht auswirkt.«6

Dehler hatte auf die Zuständigkeit des Zweiten Senats gehofft, von dem es hieß, er sei der Regierung eher gewogen. Doch das Gericht beschloss, weil verschiedene Kläger beide Senate angerufen hatten, die Sache im Plenum zu beraten. Dort waren Adenauers Chancen ungewiss. Wegen der Spekulationen kam die Vollversammlung aller (damals noch) 24 Richter zustande. Ihr Wunsch: Das Gericht sollte »nicht im Spiele der Zuständigkeiten seine Autorität verlieren«.7 Sie legten, um jedes weitere Missverständnis auszuschließen, zusätzlich fest, »dass ein Gutachten des Plenums beide Senate im Urteilsverfahren bindet«.

Diese Selbstverpflichtung fiel am 8. Dezember 1952. Zu Beginn der mündlichen Verhandlung am nächsten Morgen wandte sich Höpker-Aschoff gegen »herabsetzende Äußerungen« in der Öffentlichkeit, die sich sogar »zu Warnungen gesteigert hätten« – gegen Unterstellungen, dass »politische und nicht rechtliche Erwägungen« die Entscheidungen des Gerichts bestimmen könnten. Der Präsident sah »keine Veranlassung«, auf diese »Verdächtigungen im Einzelnen« einzugehen. Doch sein Urteil über das unqualifizierte Gerede war vernichtend: Das Gericht »betrachtet diese Äußerungen, die in anderen Staaten als Contempt of Court geahndet werden würden, als ein bedauerliches Zeichen für die mangelnde Achtung vor dem Eigenwert des Rechts«.8 Jeder im Saal wusste, wer gemeint war. Der FDP-Mann Höpker-Aschoff rief den FDP-Mann Thomas Dehler zur Ordnung. Konnte man einem Justizminister noch Schlimmeres vorwerfen als mangelnde Achtung vor dem Recht?

Einen Tag danach nahm Heuss seinen Antrag zurück, mit einer nichtssagenden Begründung.9 In Bonn waren alle Insider davon überzeugt, dass Adenauer und andere den weichherzigen alten Herrn unter Druck gesetzt hatten. Doch die Richter sahen die Absicht und reagierten verstimmt. Sie ließen sich nicht den Mund verbieten: Das »Gutachten sei zwar hinfällig geworden«, sie hätten ihren Beschluss aber trotzdem »gesondert abgesetzt und begründet« – er stelle Regeln auf, »die über den konkreten Anlass hinaus grundsätzliche Bedeutung haben«.10

Rechtsprechung »überwachen«

Die kühle Karlsruher Reaktion machte im Regierungslager (bestehend aus CDU/CSU und FDP) die Hoffnung auf den Zweiten Senat, der als »schwarz« galt, endgültig zunichte. Dehler empörte sich beim »Kanzlertee« über die Entscheidung der Richter. Sie hätten seiner Ansicht nach die Akten schließen müssen, nachdem Heuss seinen Antrag zurückgenommen hatte. Dehlers Entgleisung machte bundesweit die Runde: »Wir werden diesen Beschluss niemals anerkennen. Dieser Beschluss ist ein Nullum«.11 Dehler war ein temperamentvoller, aber zugleich auch kluger Jurist. Was ihn bewogen haben mag, sich so weit hervorzuwagen, hat er nie preisgegeben. Doch vieles spricht dafür, dass er (wie die meisten Spitzenpolitiker) nicht wahrhaben wollte, welche weitreichenden Kompetenzen die Verfassungsväter dem neuen Gericht eingeräumt hatten – ohne die möglichen Folgen zu bedenken. Die Zauberlehrlinge wurden die Geister, die sie gerufen hatten, nun nicht mehr los.

Sechs renommierte Rechtsanwälte beschworen den Minister, Ansehen und Gewicht des höchsten Gerichts nicht noch weiter zu ramponieren. Dehler telegrafierte zurück: »Sie verkennen die Lage vollständig. Das Bundesverfassungsgericht ist in einer erschütternden Weise vom Wege des Rechts abgewichen und hat dadurch eine ernste Krise geschaffen«.12 Ganz offensichtlich versagte hier sein Sinn für die Realität. Er begehrte auf gegen eine Macht, die er und seinesgleichen dem Gericht bei Verabschiedung des Grundgesetzes zugebilligt hatten. Es war ein letztes Gefecht, ein Kampf auf verlorenem Posten. In der Bundestagsdebatte verstieg er sich noch mal zu einem selbstentlarvenden Satz: Ich empfinde es als »Pflicht meines Amtes«, die »Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sorgfältig zu überwachen«. Das heißt, wie er schnell korrigierte, »zu beobachten«.13

Diese Redeschlacht im Parlament fand im März 1953 statt. Davor hatte es schon aus dem Kabinett heraus unverblümte Drohungen gegen das Gericht gegeben. Am 8. Dezember 1952 war der Beschluss, der Dehlers Missfallen erregte, verkündet worden. Schon unmittelbar danach, am 12. Dezember, deutete sich an, dass die Machthaber in Bonn den aufmüpfigen Gegner in Karlsruhe kaltstellen wollten. Im amtlichen Bulletin der Adenauer-Regierung hieß es: »Man könnte an die Möglichkeit denken, dass durch eine Novelle zum Gesetz über das Bundesverfassungsgericht das bisherige Gesetz ergänzt und nach den gewonnenen Erfahrungen präzisiert wird«.14

Wehret den Anfängen

Die Verfassungsrichter waren allesamt nicht gewillt, diesen zweiten Affront Dehlers auch noch hinzunehmen. Sie reagierten schroff und unmissverständlich, mit der klassischen Regel vor Augen: »Wehret den Anfängen!« Sie wurden in ihrer Haltung von der gesamten Presse unterstützt. Gerichtspräsident Höpker-Aschoff rief seinen Parteifreund Dehler in einer Rundfunkrede zur Ordnung. Wiederum: der FDP-Mann gegen den FDP-Mann! Das Plenum trat ihm in einer öffentlichen Erklärung bei: »Der Bundesjustizminister hat in der Sitzung des Bundestages das Recht für sich in Anspruch genommen, die Rechtsprechung des Gerichts zu überwachen. Ein erschreckendes Wort! Nein, auch der Justizminister hat die Entscheidung des Gerichts zu achten und sich dem Spruch des Gerichts zu unterwerfen, auch wenn er die Entscheidung für falsch hält.«15

Dehlers Selbstherrlichkeit hatte tiefere Ursachen. Er war mit den Gepflogenheiten der deutschen Beamtenhierarchie groß geworden. Da durfte sich einer, der, wie er, über den Etat eines Gerichts verfügte, als dessen Dienstherr fühlen. Wenn er von »Überwachen« sprach, war das mithin kein falscher Zungenschlag. Er zehrte von der Erinnerung an graue Vorzeiten, in denen ein Justizminister noch als Chef »seiner« Richter auftrat. Wie der Herr, so’s Gescherr. Dehlers Beamte dachten keine Sekunde daran, dass die Verfassungsrichter auf derselben Stufe standen wie ihre eigenen obersten Chefs, die Direktoren des Ministeriums. Sie behandelten die »Roten Roben« herablassend wie Angestellte einer entfernten Niederlassung. Die Geringschätzung zeigte sich auch im Alltag. Wegen der Wohnungsnot hatten die hohen Richter in Karlsruhe noch keine Bleibe gefunden. Die Bürokraten im Bonner Justizministerium erlaubten ihnen gnädig pro Vierteljahr eine Heimreise zu ihren Familien; ersetzt wurde nur eine Bahnfahrkarte der dritten Wagenklasse.16

Stilwidrigkeiten des Protokolls

Dehlers Irrglaube wirkte eine ganze Weile fort. Eine weitverbreitete Unsicherheit unter den Politikern kam ihm entgegen. Auch sie mussten erst lernen, wie und wo die für Deutschland fremde Instanz einzuordnen war. Das ließ sich ganz deutlich an Stilwidrigkeiten des Bonner Protokolls ablesen. Politiker und Ministeriale versuchten, dem Gericht einen nachgeordneten Platz zuzuweisen, nicht in der ersten, sondern in der zweiten Reihe unter »ferner liefen«. Der Präsident des Gerichts wurde zum Beispiel bei den Neujahrsempfängen des Bundespräsidenten stets an falscher Stelle platziert – bei den Präsidenten der anderen obersten Gerichtshöfe, die allesamt einer Dienstaufsicht unterstanden, ihr Sprecher war der Präsident des Bundesrechnungshofes.17

Damals wurde klar: Protokollfragen sind auch Machtfragen. Das Kräftemessen begann. Die Mehrheit der Richter realisierte schnell, dass die Misere am ungeklärten Status ihres Hauses lag. Es fehlte alles, was ein Verfassungsorgan ausmacht: die Verfügungsgewalt über einen eigenen Etat, Klarheit über den Status seiner Richter, die Diensthoheit über eigene Beamte. Das »Plenum« verabschiedete einen selbstbewussten Forderungskatalog, mit 22:2 Stimmen. Unter den beiden Neinsagern war auch Höpker-Aschoff. Offenbar scheute er davor zurück, mit den hierarchischen Strukturen so radikal zu brechen wie die anderen. Er hatte noch gelernt, dass Etat- und Personalhoheit unter das Dach eines Ministeriums gehören. Doch nun ging das Mehrheitsvotum, demonstrativ, nicht auf dem »Dienstweg« über Dehler an die anderen Verfassungsorgane, sondern direkt – erstmals ein Verkehr auf Augenhöhe.

Die Richter der ersten Stunde

Mit Höpker-Aschoff waren die »Juristen der alten Schule« wieder salonfähig geworden: vornehm, qualifiziert, eher konservativ als liberal. Sie besetzten nach dem Ende der Hitler-Ära hohe Ämter in den Ministerien und bei den Gerichten. Der Vizepräsident des Gerichts, Rudolf Katz, war von einem anderen Schlag, gleichsam der Gegenentwurf. Er gehörte zur kleinen Gruppe der rückgekehrten Emigranten, die sich den Verstrickungen der NS-Diktatur entzogen hatten. Von manchem neuen Kollegen trennten ihn Welten. Seine Biografie legte den Gedanken nahe, dass es noch eine andere, weniger bekannte Variante des deutschen Juristen gab – eine ohne braune Flecken und ohne Schmisse. Er übernahm den Vorsitz im Zweiten Senat. Vizepräsident blieb er bis 1961.

Katz, 1895 geboren, war früh zur SPD gestoßen. Er studierte Jura und promovierte über »die Stellung des Reichspräsidenten«. Von 1924 bis 1933 arbeitete er als Rechtsanwalt und Notar in Hamburg-Altona. Als ihm wegen seines jüdischen Glaubens, von dem er sich längst abgewandt hatte, die Verhaftung drohte, musste er vor den Nazis flüchten. Er emigrierte erst nach Frankreich, dann wirkte er als Delegierter des Völkerbundes in China, von 1935 an schlug er sich in den USA durch – erst als Dozent an der Columbia University New York und an der »Rand School of Social Science«, dann als Direktor der akademischen Zeitschrift »The New Leader«. Nach seiner Rückkehr bekleidete er einige Jahre das Amt des Justizministers in Schleswig-Holstein – bis er Bundsverfassungsrichter wurde.18

Höpker-Aschoff und Katz waren die Leitfiguren der nunmehr höchsten deutschen Instanz, die am Anfang aus zwei Gremien, Senate genannt, mit jeweils zwölf Verfassungsrichtern bestand. Sie alle repräsentierten eine gebeutelte Generation von Juristen, eine bunte Mischung von Opfern, von Mitmachern und Mitläufern. Sie hatten Hitler »gedient«, sie waren vor Hitler geflohen, sie hatten sich unter Hitler durchgemogelt.

Mehr als ein Mitläufer

An den beiden Enden dieser Skala standen zwei profilierte deutsche Rechtsgelehrte, Willi Geiger (1909 – 1994) und Gerhard Leibholz (1901 – 1982). Geiger war SA-Rottenführer sowie Parteigenosse seit 1937 – und damit mehr als ein »Mitläufer«. Als katholischer Konservativer fiel er zwischenzeitlich in Ungnade, allerdings ohne nennenswerten Schaden für seine Karriere. Er wurde Staatsanwalt beim NS-Sondergericht Bamberg und erwirkte in mindestens fünf Fällen Todesurteile. In seiner Doktorarbeit von 1941 über »Die Rechtsstellung des Schriftleiters« rechtfertigte er die Berufsverbote für jüdische Journalisten: »Die Vorschrift hat mit einem Schlag den übermächtigen, volksschädigenden und kulturverletzenden Einfluss der jüdischen Rasse auf dem Gebiet der Presse beseitigt.«19

Geiger amtierte nach seiner Entnazifizierung als Richter in Bamberg. Später holte ihn Bundesjustizminister Thomas Dehler (FDP) mit anderen ortsansässigen Juristen auf die Bonner »Rosenburg« (Sitz des Ministeriums). Dort hatte eine konservative Beamtenelite, darunter viele »alte Kameraden«, die obersten Ränge besetzt. Aus diesem Milieu wurde Geiger erst in den Bundesgerichtshof (BGH) geschleust – und dann ins Bundesverfassungsgericht: für 26 Jahre. Bundesrichter wurden auf Lebenszeit gewählt, Geiger war 42, die Altersgrenze lag bei 68. Seine Wahl fiel ins Jahr 1951, in eine Zwischenphase, die von der Parole beherrscht wurde, man solle »die Vergangenheit endlich ruhen lassen«.

Die »Bewältigung« dieser Vergangenheit begann erst einige Jahre später, da hätte eine sensibel gewordene Öffentlichkeit seine Wahl nicht mehr hingenommen. Doch nun war er gewählt, seine Vergangenheit verblasste, er entwickelte sich allmählich zu einer beherrschenden Figur des Zweiten Senats, zu einem Präzeptor, der das deutsche Verfassungsrecht prägte. Er demonstrierte, dass ein überdurchschnittlich intelligenter, wortgewandter Jurist, der obendrein noch fleißig arbeitet und zielstrebig agiert, zur »grauen Eminenz« eines Gremiums werden kann.

Wie Feuer und Wasser

Leibholz war der lebende Kontrast zu Geiger. Er hatte bereits in der Weimarer Republik seinen Ruf als Staatsrechtler begründet. Früh zum Dr. phil. und Dr. jur. promoviert, war er mit 28 einer der jüngsten deutschen Professoren, erst in Greifswald, dann in Göttingen. 1935 entließen ihn die Nazis wegen seiner jüdischen Herkunft, 1938 emigrierte er mit seiner Frau nach London; sie war die Zwillingsschwester des Theologen Dietrich Bonhoeffer, der von den Nazis im KZ Flossenbürg umgebracht wurde. Leibholz kehrte nach Deutschland zurück und wurde gleich zu Beginn – wie mancher andere ähnlich renommierte Kollege – als »Star« ins neue Bundesverfassungsgericht gewählt.

Er amtierte 20 Jahre als Verfassungsrichter, von 1951 bis 1971, Geiger noch länger, von 1951 bis 1977. Beide saßen sich im Zweiten Senat bei jeder Beratung gegenüber. Es bedarf keiner großen Fantasie, um sich vorzustellen, was das Opfer einer menschenverachtenden Partei von dem Erfüllungsgehilfen eben dieser Partei gehalten haben mag. Die Disharmonie war mit den Händen zu greifen. Im »Zweiten« waren die Gegensätze besonders groß. Zeitweise hätten, berichteten Insider, die verfeindeten Mitglieder des Senats nur schriftlich miteinander verkehrt.

Mit vielen Namen der Gründerjahre können selbst Experten nichts mehr anfangen. Ihr Ruf ist verflogen wie Schall und Rauch. Die Urteilsberatungen waren geheim, eine Bekanntgabe von »abweichenden Meinungen« gab es noch nicht, das Wissen um ihren Einfluss auf die Rechtsprechung haben sie mit ins Grab genommen. Doch ein paar Richter der ersten Stunde hinterließen über ihre Amtszeit hinaus Spuren: Erna Scheffler (1893 – 1983), Konrad Zweigert (1911 – 1996) und Ernst Friesenhahn (1901 – 1984).

Erna Scheffler war die einzige Frau im Gericht. Und aller Anonymität von Beratungen zum Trotz spricht alles dafür, dass sie den Gedanken der Gleichberechtigung von Mann und Frau im Gericht vorangetrieben hat. Sie kannte jede Benachteiligung aus eigener Erfahrung. Sie war, wovon sie oft erzählte, in einer Zeit jung, in der die Frau den Ehemann um Genehmigung bitten musste, wenn sie eine Stellung annahm, und der »Gatte« verfügte auch über das Vermögen, das sie mitgebracht oder erarbeitet hatte.

Gruppenbild mit Dame

Erna Scheffler studierte Jura und promovierte 1914. Doch Frauen durften überhaupt erst 1921 juristische Staatsexamina ablegen, sie absolvierte das erste 1922 und das zweite 1925. Unter Hitler erhielt sie wegen ihrer »nichtarischen Herkunft« Berufsverbot. Die Ehe mit ihrem späteren Mann, Georg Scheffler, wurde der »Halbjüdin« untersagt. Diese Biografie hatte sie gestählt. Galante Kollegen nannten sie »den einzigen Mann im Senat«. Diese Rolle spielten auch ihre Nachfolgerinnen. Es gab jahrzehntelang immer nur eine Richterin. Die Fotografen hatten sich deshalb auf das »Gruppenbild mit Dame« spezialisiert.

Zwei Gelehrte, die mit ihrem profunden Wissen das Gericht bereichert hatten, nahmen lange nach dem Ende ihrer Amtszeit noch mal Einfluss auf die Geschicke in Karlsruhe. Konrad Zweigert, Professor für ausländisches und internationales Privatrecht an der Universität Hamburg, und Ernst Friesenhahn, Staats- und Kirchenrechtler in Bonn, taten sich beim 68. Deutschen Juristentag 1968 in Nürnberg zusammen. Sie propagierten – der eine als Gutachter, der andere als Referent – die Einführung der »abweichenden Meinung« im deutschen Recht. Tatsächlich wurde das Sondervotum nach dem Vorbild des amerikanischen »Supreme Court« dann am 1.Januar 1970 beim Bundesverfassungsgericht eingeführt. Es reifte, davon später, zum Gütezeichen der höchsten Instanz.

Noch eine andere Kombination machte von sich reden: Friesenhahn und Leibholz. Sie prägten den Begriff vom Parteienstaat; der geisterte dann durch das Rechtsleben. Ihr Gedanke, dass der Parteienstaat einem möglichen Beamten- oder Bürokratenstaat vorzuziehen sei, leuchtete jedem Demokraten ein. Doch was die beiden Gelehrten nicht ahnen konnten: Die Parteien nahmen statt des kleinen Fingers, der ihnen da gutgläubig gereicht wurde, gleich die ganze Hand. Sie machten sich den Staat zur Beute. So sehr, dass Altbundespräsident Richard von Weizsäcker 1992 in einem Interview mit der »Zeit« beklagte, die Parteien seien »machtversessen und machtvergessen«. Sie hätten ihren Einfluss weit über das Maß hinaus ausgedehnt, das der Artikel 21 des Grundgesetzes ihnen einräume.

Das Gericht definiert seinen Status

Außer um das Parteienrecht machte sich Gerhard Leibholz um das eigene Haus verdient. Er trieb den intellektuellen Reifeprozess energisch voran. Dabei entwickelte er einen siebten Sinn für drohende Gefahren – seine Voraussicht kam dem Statusbericht zugute, den er 1957 im Auftrag seiner Kollegen formulierte. Die Lektüre der 111 eng bedruckten Seiten ist noch heute ein intellektuelles Abenteuer. Das imponierende Werk, aus dem sich das Selbstverständnis des Gerichts ergibt, gehört zu den Lehrstücken der verfassungsrechtlichen Philosophie. Es verschaffte dem Gericht den Platz im Staat, der ihm zukommt – und es schuf die Grundlage für eine souveräne Rechtsprechung, von der die Bürger heute noch profitieren. Ohne den Statusbericht wäre der Karlsruher Schutzpatron ein zahnloser Löwe.

Die Richter zeigten Zähne, weil sie bereits die ersten Attacken aus Bonn, etwa Dehlers Flegeleien, erlebt hatten. Diese Erfahrungen erklären, warum sich der Statusbericht schon sehr dezidiert zum Umgang der Verfassungsorgane miteinander äußert.

Allen Zweiflern, die – typisch deutsch – auch bei Fragen des Anstands fragen, wo derlei normiert sei, erteilten die Richter eine Lehre: So eine Überlegung sei »rechtlich unhaltbar«. Ihr Statusbericht widerspricht der »Annahme, dass das Verhältnis der Verfassungsorgane zueinander, soweit es nicht ausdrücklich im Grundgesetz geregelt ist, in den rechtsleeren Raum falle«. Leibholz und seine Kollegen griffen das Bild der »Leere« auf und meditierten über die Konsequenzen: Dann bliebe »nur Platz für den guten Willen« und »die Regeln der politischen Moral«.20 Das schien ihnen zu wenig. Stattdessen formulierten sie konstruktiv: Es sei geboten, dass die Verfassungsorgane »harmonisch zusammenwirken und alles unterlassen, was das Ansehen des anderen Verfassungsorgans schädigt und damit die Verfassung selbst gefährden könnte«.

Wie Verletzungen dieser selbstverständlichen Anstandsregel zu bewerten sind, sagt das Dokument mit erfrischender Klarheit: Ein Verfassungsorgan handle pflichtwidrig, wenn es »in der Öffentlichkeit durch Wort und Tat ein anderes Verfassungsorgan herabsetzt«. Das eine müsse dem anderen »den selbstverständlichen Respekt entgegenbringen, auf den jedes Verfassungsorgan einen Rechtsanspruch besitzt«. Die eherne Regel steht da, wie aus Stein gemeißelt. Was nicht verhinderte, dass verärgerte Politiker immer wieder mal aus dem Ruder liefen.

Doch zunächst mal bezeugten die Bonner den Karlsruhern Respekt – ein Meilenstein in der Geschichte des Gerichts. Die anderen Verfassungsorgane beugten sich der Realität und gaben 1953 ihren Widerstand gegen den ungewohnten Wettbewerber auf. Der Chronist Heinz Laufer hielt fest: »Das Bundesverfassungsgericht ist von den Verfassungsorganen Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung und Bundespräsident als gleichberechtigtes und gleichgeordnetes Verfassungsorgan anerkannt worden.«21

Dem gerade geadelten Verfassungsorgan fehlte freilich die Muße zum Feiern. Es befand sich in einem kläglichen Zustand. Höpker-Aschoff musste den Aufbau einer gänzlich neuen Institution bewältigen. Er stand vor Problemen, für die es keine Vorbilder gab. Die Struktur des Hauses war am grünen Tisch entstanden, quasi am Reißbrett entworfen worden – und stimmte, wie sich zeigen sollte, vorne und hinten nicht. Einer der beiden Senate stöhnte vor Überlastung, beim anderen blieben die Aktenböcke leer.

Unhaltbarer Zustand

Nach einer Statistik von Anfang 1955 waren beim Ersten Senat 2979 Verfahren aufgelaufen, beim Zweiten dagegen ganze 32, allerdings ziemlich umfangreiche.22 Die Ursache für dieses willkürliche Gefälle war eine starre, vom Gesetz vorgegebene Geschäftsverteilung, die beiden Senaten ohne Rücksicht auf ihre Arbeitskapazität Aufgaben zuwies. Der Bundestag befreite das Gericht schließlich von diesem Korsett: Fortan durfte das Plenum regulierend eingreifen – immer für das jeweils nächste Jahr, um den Verdacht jeder Manipulation auszuschließen.

Die zweite Hürde glich dem Mount Everest. Höpker-Aschoff als Vorsitzender des Ersten Senats und Vizepräsident Rudolf Katz als Vorsitzender des Zweiten mussten ihre Urteile in einer schwerfälligen Runde beraten: Jeder Senat bestand in den Anfangsjahren aus zwölf Richtern. Das ähnelte mehr einem Gemeinderat als einem Gericht. Bei öffentlichen Verhandlungen ging die Richterbank über die ganze Breite des Saals. Es bedarf keiner großen Fantasie, um sich vorzustellen, dass bei dieser Personenzahl vernünftige Diskurse schwierig, wenn nicht gar unmöglich waren.

Diese Misere führte zu einem lebhaften Echo in den Medien. Ernst Müller-Meiningen junior, damals der Primus unter den deutschen Justizjournalisten, brachte den unhaltbaren Zustand in der »Süddeutschen Zeitung« auf den Punkt: Zwölf hinter dem Richtertisch sei »ein völliges, eine gedeihliche richterliche Arbeit schlechthin verhinderndes Unding«, namentlich dann, wenn es sich nicht um Routineverfahren, sondern um »vitale Prozesse« handele. Der Autor machte das an einem Beispiel deutlich – er bemühte den Vorsitzenden eines fünfköpfigen Senats beim Bundesgerichtshof, der »sich mit seinen je zwei Kollegen links und rechts während der Sitzung unschwer verständigen« könne, »bei insgesamt zwölf Richtern hingegen ist das eine Unmöglichkeit«.23

Der Bedarf an »Hiwis«

Die zwölf wurden angesichts der Überlastung freilich als Arbeitskräfte dringend gebraucht. Dem Gericht wuchs erst viele Jahre später natürliche Hilfe zu. Hoch qualifizierte junge Juristen kamen als wissenschaftliche Mitarbeiter nach Karlsruhe. Sie wurden von den Bundesländern für jeweils drei Jahre »abgeordnet« – nicht zu ihrem Schaden. Alle hatten danach eine große Karriere vor sich. Dieses System wurde kontinuierlich verbessert. 2010 standen jedem einzelnen Verfassungsrichter vier »Hiwis« zur Seite. So viele waren anfangs dem ganzen Gericht zugeteilt.

Die Misere in der Gründerzeit bewirkte, dass eine notwendige Reform nur mühsam in Gang kam. 1956 beschloss der Bundestag, die Zahl der Richter in jedem Senat von zwölf auf acht zu reduzieren; für eine Übergangszeit bis 1959 sollten es aber noch zehn sein, die Frist wurde dann bis 1963 verlängert.24

In diesen Aufbruchjahren versuchten die regierenden bürgerlichen Parteien das Blatt zu wenden. Ihr Ziel war, das Gespenst in Karlsruhe, die unliebsame Kontrollinstanz, zu entmachten. Zwei Umstände versetzten sie in Panik. Zum einen fühlten sie mit jedem höchstrichterlichen Urteil die eigene Ohnmacht. Zähneknirschend. Zum anderen erkannten sie, dass sich mit den Ansprüchen der SPD und mit der Verringerung der Richterzahl (von insgesamt 24 auf 16) auch ihr Einfluss auf das Personaltableau verringerte. Ihr Plan, die Zweidrittelmehrheit für die Richterwahl zu verändern, verfing nicht. Wenn er gelungen wäre, hätten sie mit ihren eigenen Stimmen jede Richterwahl dominieren können – ohne Rücksicht auf die anderen Parteien. Es war der dreiste Versuch, das Gericht zu kastrieren. Er kam einem Staatsstreich ziemlich nahe, und er scheiterte an den Protesten einer aufmerksamen Öffentlichkeit.25

Zweifelhafte Kompromisse

Frieden brachte erst eine Reform im Jahr 1970 – nach langer Inkubationszeit. Als sie zustande kam, amtierte bereits der Nach-Nachfolger Höpkers-Aschoffs. Für die Richter, die bis dato unterschiedlich lange dienten, wurde eine einheitliche Amtsperiode eingeführt: zwölf Jahre, Altersgrenze 68, keine Möglichkeit der Wiederwahl (um den bösen Schein, dass einer willfährig auf eine zweite Amtszeit schielen könnte, von vornherein auszuschließen).

Beide Wahlgremien, der Bundesrat und die Wahlmänner des Bundestages, mussten sich zusammenraufen, um eine Zweidrittelmehrheit zu erzielen. Die großen etablierten Parteien fanden zu einem Arrangement: Im Wechsel stellt nunmehr das eine Lager den Präsidenten, das andere den Vizepräsidenten – und umgekehrt. Auch die Wahl der einzelnen Richter ist das Resultat von Kompromissen. Die Parteien haben, sagen Kritiker, auch hier wieder die »Beute« untereinander aufgeteilt; jedes »Lager« benennt jeweils für die Hälfte der Richterposten Parteimitglieder oder Sympathisanten. Kein ideales Verfahren. Doch die »Königsmacher« können für sich ins Feld führen, dass es im Laufe der Jahrzehnte nie einen nennenswerten »Ausreißer« gegeben hat.

Das sind Impressionen, die kühn über Jahre hinwegeilen (von 1953 bis 1970). Aus gutem Grund: Die Ursprünge reichen weit zurück – bis zu den ungelösten Problemen des Gerichts in der Zeit Höpker-Aschoffs. Gleichmäßige Verteilung der Arbeit auf beide Senate, Verkleinerung des Mammutgerichts und Neuregelung der Richterwahl – das waren Themen, die dem Haus damals und immer wieder Sorgen bereiteten. Die Geburtsfehler zu beseitigen, war nicht leicht. Dass es unendlich lange dauern würde, war nicht abzusehen. Ein Schneckengang. Der zähe Prozess des Reifens lässt sich nicht scheibchenweise erzählen. Seine Darstellung gehorcht einer eigenen Logik. Sie zwingt dazu, den Bogen, wie geschehen, weit zu spannen – von den frühen Anfängen bis zur endgültigen Lösung: notfalls über Amtsperioden hinweg.

Altlasten: Flüchtlingslager und Nazis

Tatsächlich blieben manche Themen – wie eine Hintergrundmusik, die nie verstummt – stets präsent. So kämpfte das Gericht auf Dauer mit seiner Überlastung und es musste in Intervallen neue Richter integrieren. Bei den Rechtsfragen, die zu entscheiden waren, traf es in unregelmäßigen Abständen auf die Folgen der deutschen Teilung. Schon 1953 sollte Höpker-Aschoffs Senat die Quadratur des Kreises lösen – prüfen, wie sich das Recht auf Freizügigkeit, nämlich hinzugehen, wohin man will, mit den Beschränkungen vereinbaren ließ, denen die Deutschen ausgesetzt waren, die aus der DDR geflohen waren.

Der Zweite Weltkrieg verfolgte – auch noch acht Jahre nach seinem katastrophalen Ende – die Deutschen im Allgemeinen und die Verfassungsrichter im Besonderen. Sie mussten sich mit der staatlichen Mangelverwaltung auseinandersetzen. Kaum waren die Versprengten und Verstreuten des Krieges halbwegs untergebracht, da setzte auch schon die Massenflucht aus jenem Teil Deutschlands ein, der sich bis 1990 hinter Mauer und Stacheldraht verschanzte – erst unter dem Kürzel SBZ (Sowjetische Besatzungszone) und dann als DDR (Deutsche Demokratische Republik).

Doch wer die Unterdrückung nicht mehr ertragen konnte und sein Heil in der Flucht suchte, fand im Westen eine Freiheit vor, die er sich so nicht vorgestellt hatte: Er landete zunächst einmal im Lager. Schlimmer noch: Viele mussten nicht nur in einer Baracke schlafen, sie kamen auch nicht wieder heraus: Weil ihnen der »Aufnahmeausschuss« des damals größten »Notaufnahmelagers« in Uelzen-Bohldamm die beantragte »Erlaubnis zum Aufenthalt in der Bundesrepublik« versagte.

Flüchtlinge mussten – sonst wurden sie nicht aufgenommen – die Voraussetzungen des Notaufnahmegesetzes (NAG) erfüllen. Von ihnen wurde der Nachweis verlangt, dass sie »wegen einer drohenden Gefahr für Leib und Leben« oder »für die persönliche Freiheit« ihre Heimat im Osten verlassen hatten. Ob die Gründe vorlagen oder nicht, war oft eine Ermessensfrage. Mancher, der abgewiesen wurde, klagte – einer ging durch alle Instanzen, bis nach Karlsruhe.

Die Rechtslage war ziemlich verworren. Gleich nach der Geburt des neuen westdeutschen Staates, als sich schon absehen ließ, dass die Fluchtbewegung zu einem Massenphänomen werden könnte, hatte auch die politische Frage im Raum gestanden: Wie sollte die Bundesrepublik auf den Ansturm der Flüchtlinge reagieren? Jener Menschen also, die von den Sonntagsrednern aller Parteien gerne »unsere Brüder und Schwestern aus dem Osten« genannt wurden. Zu guter Letzt stand fest: Auch sie hatten Anspruch auf die im Grundgesetz garantierte Freizügigkeit, also auf freie Wahl des Wohn- und Aufenthaltsorts.

Das ergab sich aus den Beratungen des »Parlamentarischen Rates«. Anfangs wollten einige die Freizügigkeit auf »Bundesangehörige« beschränken. Doch dann formulierten die Schöpfer der Verfassung den Artikel 11 ohne Wenn und Aber: »Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.« Sie sagten bewusst und mit Bedacht »alle Deutschen« und meinten damit auch jene, die hinter der Zonengrenze leben mussten.

Bei näherem Hinsehen zeigte sich allerdings, dass der Artikel 11 des Grundgesetzes konzipiert ist wie ein Radio-Eriwan-Witz: Absatz 1 sagt »im Prinzip ja«, Absatz 2 »zwar aber« (beim Fehlen einer »ausreichenden Lebensgrundlage« dürfe die Freizügigkeit eingeschränkt werden). Vor einer naheliegenden falschen Auslegung warnten die Verfassungsrichter: Der Absatz 2 könne den Bürgern nicht »nehmen«, »was der Absatz 1 ihnen gewährt«.26 Notwendige Begrenzungen müssten allerdings durch ein entsprechendes Gesetz abgesichert sein. Das Notaufnahmegesetz erfülle diese Voraussetzung. Es enthalte kein generelles Aufnahmeverbot, das wäre verfassungswidrig, weil dann »von der Freizügigkeit praktisch nur eine Art Asylrecht übrig« bliebe.27

An der Spitze des Fortschritts

Es war mager, was da unter dem Strich herauskam: Freiheit hinter Lagerzäunen. Der einzige Trost: Diejenigen, die abgelehnt wurden, hatten nichts zu befürchten. »Rückschiebungen in die sowjetische Besatzungszone«, schrieb die Bundesregierung an das Bundesverfassungsgericht, seien »bisher nicht durchgeführt worden und auch nicht beabsichtigt«.28 Doch die Abgelehnten hausten lange in den Baracken. Irgendwann verließen auch die »illegalen« Zuwanderer die Quarantäne, sie profitierten vom Bau der »Mauer« 1961, da versiegte der Flüchtlingsstrom von selbst. – Die Brüder und Schwestern wurden im Westen sesshaft und trugen zum Wirtschaftswunder bei.

Mit diesem Urteil, das keinen wärmte, zeigte sich früh eine Grenze, an die das Gericht immer wieder stoßen sollte: die Erkenntnis, wie weit reine Lehre und schmutzige Wirklichkeit auseinanderklaffen. Oft bedurfte es vieler Anläufe und eines jahrelangen, wenn nicht gar jahrzehntelangen Atems, bis Theorie und Praxis einigermaßen zur Deckung kamen. Von Generation zu Generation wurden die »Roten Roben« auch mutiger und forderten den Politikern mehr ab als die Richter der ersten Stunde, die sich an ihre Machtfülle erst langsam gewöhnen mussten.

Manche Deutung von Recht und Gesetz hing auch schlicht vom Bewusstseinsstand der jeweiligen Zeit ab. Bei Problemfeldern wie sexuelle Selbstbestimmung, Emanzipation, Ehe und Familie vollzog sich der Wandel in dialektischen Sprüngen: kleiner Schritt nach vorn, lange Pause, weiterer Schritt nach vorn, wieder Pause und dann vielleicht der Befreiungsschlag. Oft ging die Gesellschaft dem Gericht voran, viel öfter jedoch stellte sich das Gericht an die Spitze des Fortschritts.

Und einige Male setzten die Richter der ersten Stunde Maßstäbe. Am 23. Oktober 1952 erklärte Höpker-Aschoffs Erster Senat die neofaschistische »Sozialistische Reichspartei« (SRP) für verfassungswidrig. Die Vergangenheit war noch frisch. Im Zentrum stand der politische Wille, Feinde der Demokratie nie und nimmer zu dulden – eine Entschiedenheit, die 2003 fehlte, als es um ein Verbot der NPD ging.

Keine Freiheit für Gegner der Freiheit

Damals sagten die Richter in einem für jedermann verständlichen schlichten Deutsch, wie weit die Freiheit der politischen Parteien reicht – und wo sie endet. Schon die Väter des Grundgesetzes hätten zu bedenken gegeben: »Die absolute Freiheit, auf der Grundlage jedweder politischer Idee Parteien zu bilden«, müsse »an der Anerkennung der tragenden Grundsätze jeder Demokratie ihre Schranken finden«.29 Sie fragen konsequent weiter, »ob nicht Parteien, die mit den formalen Mitteln der Demokratie diese selbst beseitigen wollen, ausgeschaltet werden müssten«. Aber nicht willkürlich. Der eine oder andere Richter wusste offenbar aus Erfahrung, wozu Politiker im Nahkampf fähig sind. Solche Sorge (oder Vorsorge) verrät der nächste Satz, der an eine mögliche »Gefahr« erinnert: Dass eine Regierung »versucht« sein könne, »auf diese Art unbequeme Oppositionsparteien zu beseitigen«. Um jeden Missbrauch auszuschließen, sei das Bundesverfassungsgericht mit der Entscheidung über Parteiverbote betraut worden.

Zugleich räumten Höker-Aschoff und seine Kollegen den Parteien einen weiten Spielraum ein. Sie wollten ihre Freiheiten erkennbar nicht beschneiden. Sie sahen keinen Anlass zum Einschreiten, wenn eine Partei »einzelne Vorschriften, ja selbst ganze Institutionen der Verfassung mit legalen Mitteln« bekämpfe. Nach dieser Philosophie sind die Grenzen der Toleranz dann überschritten, wenn eine Partei »oberste Grundwerte des freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaates erschüttern wolle«.30 Diese »wertgebundene Ordnung« sei das Gegenteil des »totalen Staates«. Was den ausmacht, konnten die Richter detailliert beschreiben. Schließlich hatten alle den Niedergang der Weimarer Republik und das Aufkommen der Hitler-Diktatur erlebt und erlitten.

An den charakteristischen Merkmalen, mit denen sie diese demokratiefeindliche Partei beschreiben, kann sich (wer will) auch heute noch jeder orientieren. Sie »ist gekennzeichnet durch die Lehre vom totalen Staat, die Rassendoktrin und den hierarchischen Aufbau: Führer und Gefolgschaft«.31 Sie folgt den Grundsätzen: »Recht ist, was dem Volke nützt; Unrecht, was ihm schadet« und »Du bist nichts, Dein Volk ist alles.« Die Weltanschauung beruht »auf Schlagworten von Blut, Boden und Ehre«. Ziel so eines Systems sei »nicht mehr die an der Gerechtigkeit orientierte Rechtsidee, sondern die zum Gesetz erhobene Willkür«.

»Mit schleichenden Mitteln«

Was die Richter 1952 über die SRP sagten, gilt uneingeschränkt für rechtsradikale Parteien zu jeder Zeit. Sie arbeiten »mit schleichenden Mitteln« und »verwaschenen« Formulierungen. Ihr Programm »ergeht sich in Gemeinplätzen, stellt allgemeine Forderungen auf, die Gemeingut nahezu aller Parteien oder gar schon Wirklichkeit sind, und macht den verschiedenen Gruppen des Volkes vage, häufig utopische und miteinander kaum vereinbare wirtschaftliche Versprechungen«.

Derlei Klischees besagen nach Ansicht der Richter nichts. »Erst die Fülle der Einzelheiten – der Worte und Taten der Führenden und ihrer Anhänger – eröffnet den Weg zur Erkenntnis des Wesens der Partei und des hintergründigen Sinns ihres Programms.« In diesem Punkt hatten es die Richter von 1952 leichter als ihre Nachfolger ein halbes Jahrhundert später. Sie kannten ihre Pappenheimer – und zogen Schlüsse aus deren Biografie. Ein Wortführer der »Sozialistischen Reichspartei«, um die es ging, war Otto Remer (1912 – 1997), eine der zwielichtigsten Figuren der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Remer hatte am 20. Juli 1944 als Kommandeur des Wachbataillons »Großdeutschland« den Umsturzversuch verhindert und war dafür von Hitler zum Generalmajor befördert worden. Nach dem Krieg wurde er zum Wortführer der SRP. Im Mai 1951 verunglimpfte er die Widerstandskämpfer als Landesverräter. Als die Verfassungsrichter sich daranmachten, den Geist oder Ungeist der SRP zu ergründen, stand ihnen dieser Parteiführer vor Augen: ein Mann, der erst seine rebellierenden Offizierskameraden an den Galgen gebracht und sie nach dem Krieg als Tote geschmäht hatte.

Ähnliches galt für die meisten Funktionäre der SRP – samt und sonders Hitlers Gefolgsleute. Dass ihnen »ein Bekenntnis zur Demokratie« fehlte und sie da weitermachen wollten, wo sie 1945 aufgehört hatten, war unschwer festzustellen. Heute ist die Beweisführung im Vergleichsfall nicht so leicht. Doch die Indizien, an denen das Gericht 1952 sein Verbot festmachte, treffen auf alle rechtsradikalen Parteien zu. Sie haben ohne Ausnahme nur ein Ziel: »Die anderen Parteien aus dem politischen Leben auszuschalten.«32 Mithin bekämpfen sie nicht »eine jeweils andere Partei, sondern das für die freiheitliche Demokratie wesentliche Mehrparteienprinzip«.

Sätze wie diese sind Höpker-Aschoffs Vermächtnis. Er starb am 15. Januar 1954 in Karlsruhe. Am 19. Januar ehrte ihn der Deutsche Bundestag mit einem Festakt.

2

Der herrschende Zeitgeist

Minderheiten zu schützen, mussten die Richter noch lernen

Die Präsidentschaft von Josef Wintrich

1954 – 1958

Nachfolger Höpker-Aschoffs wurde Josef Wintrich, ein Berufsrichter, der vor seiner Wahl nur wenig Berührung zur Politik hatte. Umso mehr bot das, was er über seine Ideale sagte, Anlass zu großen Hoffnungen. »Der Mensch darf nie zum bloßen Mittel eines Kollektivs, zum bloßen Werkzeug oder zum rechtlosen Objekt eines Verfahrens herabgewürdigt werden.«1 Damals konnte formuliert, aber leider noch nicht genügend in das Bewusstsein unserer Bevölkerung gedrungen.«2 Dafür sorgte dann das Bundesverfassungsgericht mit kleinen Lektionen – von Fall zu Fall.

Der neue Präsident unterschied sich in vielerlei Hinsicht von den anderen Neuankömmlingen. Er wirkte auf den ersten Blick scheu, war aber wohl nur ein zurückhaltender Mensch. Ein Porträt jener Tage schlägt ungewöhnlich schwärmerische Töne an: »Es ist ein fast zeitloses Richtergesicht, edel und wägend, ein wenig kühl, doch man spürt im Blick eine warme, teilnehmende Menschlichkeit.«3

Das mag daran gelegen haben, dass Wintrichs Interessen immer über die engen Grenzen der Juristerei hinausreichten. Es fing damit an, dass sich der Jurastudent mehrere Semester lang in anderen Disziplinen tummelte: bei den Historikern, den Philosophen und den Volkswirten. Münchner Journalisten bestaunten bei ihm zu Hause eine Bibliothek von mehr als 5000 Bänden, in denen sich »in der Mehrzahl Werke der Belletristik, der Geschichte und der Kunstgeschichte« fanden.4 Sie entdeckten einen Mann, der an seinem Wohnort im oberbayerischen Ebersberg ein beliebter Mitbürger war, ein Einheimischer, den viele ungeniert um Rechtsrat baten. Jeder kannte ihn. Dort streifte er mit Stift und Pinsel durch die Landschaft. Zum Maler und Zeichner passte gut die »Vorliebe für barocke Stiche und wertvolles Porzellan«. Hier und in München war der Mittelpunkt seines bisherigen Lebens.

Politisches Umfeld

1953 – 1957: 2. Bundestag Bundeskanzler: Konrad Adenauer (CDU) Vizekanzler: Franz Blücher (FDP) Koalition: CDU/CSU, FDP, DP

1. Auflage

Copyright © 2011 Deutsche Verlags-Anstalt, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH und SPIEGEL-Verlag, Hamburg

Alle Rechte vorbehalten

Typographie und Satz: DVA/Brigitte Müller

Gesetzt aus der Minion

eISBN 978-3-641-06094-7

www.dva.de

www.randomhouse.de

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