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Am 3. August 1914 erklärt das Deutsche Reich Frankreich den Krieg. Nicht nur Franzosen begeistern sich für die Mobilmachung, auch Ausländer wie der 26-jährige Schweizer Frédéric Louis Sauser wollen ihre Wahlheimat verteidigen. Einen Aufruf zur freiwilligen Musterung unterzeichnet er mit seinem Pseudonym: Blaise Cendrars. Ein Jahr später kehrt er schwerverletzt von der Front zurück. Der Krieg hat nicht nur an seinem Körper Spuren hinterlassen, auch sein Schreiben wird nie mehr sein wie zuvor. Stefan Zweifel hat eine Auswahl von Prosatexten zusammengestellt, in denen Cendrars seine Kriegserfahrungen reflektiert. "Ich tötete", 1918 in einer von Fernand Léger illustrierten schmalen Broschüre erschienen, ist das grausame Geständnis eines legalen Mordes, der Aufschrei eines Soldaten, der im Zweikampf um sein nacktes Überleben kämpfen musste. Zwanzig Jahre später erschien das bewegte, pathetische Gegenstück dazu, die Kurzgeschichte "Ich blutete": Der frisch armamputierte Cendrars liegt im Lazarett, Schmerzen, Fieber und Erinnerungen an das Schlachtgetümmel umnebeln ihn, der Todesengel naht. Doch da geschieht ein Wunder. Ich tötete - ich blutete: Cendrars war im Grossen Krieg Täter und Opfer, er kannte beide Seiten.
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Seitenzahl: 154
Veröffentlichungsjahr: 2014
Der Autor
Blaise Cendrars, geboren 1887 als Frédéric Louis Sauser in La Chaux-de-Fonds. Mit sechzehn lief er von zu Hause weg und kam nach längeren Reisen durch Russland, die Mandschurei und China 1910 erstmals nach Paris. Freundschaft u.a. mit Apollinaire, Chagall, Robert und Sonia Delaunay, Léger, Modigliani. Spätere Reisen führten den Schriftsteller u.a. nach Rom (1921), Brasilien (1924–1928) und Spanien (1931). Ab 1950 lebte Cendrars in Paris, wo er 1961 starb. Sein Gesamtwerk umfasst etwa vierzig Bände.
Der Herausgeber und Übersetzer
Stefan Zweifel, geboren 1967 in Zürich. Studium der Philosophie, Komparatistik und Ägyptologie in Zürich. Übersetzte zusammen mit Michael Pfister Justine und Juliette in zehn Bänden von Marquis de Sade sowie Werke von Nicolas Bouvier, Boris Vian, Alfred Jarry und Jacques Chessex. Darüber hinaus Kurator, Journalist und Literaturkritiker (2007–2014 im Literaturclub des Schweizer Fernsehens). Wurde 2009 mit dem Berliner Preis für Literaturkritik und 2011 mit dem Anerkennungspreis für Übersetzungen der Dialog-Werkstatt Zug ausgezeichnet. Lebt in Zürich.
J’ai tué: © Miriam Cendrars
J’ai saigné: © 1960, 2003 Éditions Denoël. Tiré du volume 8
de Tout autour d’aujourd’hui. Nouvelle édition des œuvres complètes
de Blaise Cendrars dirigée par Claude Leroy
La Femme et le soldat: © Miriam Cendrars
E-Book-Ausgabe 2014
Copyright © der deutschen Übersetzung
2014 by Lenos Verlag, Basel
Alle Rechte vorbehalten
Cover: Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich
Coverbild: Fernand Léger, J’ai tué (1918). © 2013 ProLitteris, Zürich
www.lenos.ch
ISBN EPUB-E-Book 978 3 85787 595 3
Ich tötete – ich blutete
Vorwort
Blaise Cendrars
Ich tötete
Blaise Cendrars
Ich blutete
Blaise Cendrars
Die Frau und der Soldat
Stefan Zweifel
Mord Lust Moravagine – eine Textcollage
Anhang
Kommentar
Biographische und literarische Fragmente von der Front
Man stellt sich den Grossen Generalstab der Deutschen gern als abstrakten und übernatürlichen Ort vor, wo eiserne Disziplin herrscht, eine Art schreckreiches und wissenschaftliches Walhalla, umzäunt von Stacheldraht, Starkstromkabeln, und dazu, in allen vier Himmelsrichtungen, das Schild:
Militärzone
ZUTRITT VERBOTEN
(Lebensgefahr!)
Mitten im leeren Raum sendet ein Labor auf Rädern, Mischwesen zwischen Wohnmobil und Bunkerturm, Wellen aus, Befehle, kategorische Imperative, absolut, kurz, unfehlbar, Radiowellen. Im Gehäuse dieses Geräts lebt ein hochmodernes Monster. Ein Hirn. Und zwar ein Hirn, das in einer chemischen Lösung badet. Ein Hirn, das nichts Menschliches mehr hat. Doch dieses Hirn verfügt über die fortwährende Fähigkeit, zu beobachten, zu kalkulieren und alle Ereignisse mit mathematischer Strenge zu kombinieren. Noch der flüchtigste Willensakt löst automatisch eine immense, minutiös montierte und perfekt geölte Kriegsmaschinerie aus, deren Marsch, einer antiken Schicksalsgöttin gleich, die Individuen zermahlt, die Völker, die Menschheit.
Blaise Cendrars,La Vie et la Mort du Soldat inconnu (1931/32)
Gibt es einen monströseren Beweis, ein schlagenderes Schauspiel, eine offenkundigere Bestätigung für die Ohnmacht und den Wahn des Gehirns als den Krieg? Die Philosophien, die Religionen, die schönen Künste, die Technik und jegliches Handwerk münden einzig und allein in ihm. Die zartesten Blüten der Zivilisation. Die reinsten Denkgebäude. Die hochherzigsten Leidenschaften des Altruismus. Die heroischsten Gesten der Menschen. Alles: Krieg. Heute wie vor tausend Jahren, morgen wie vor hunderttausend Jahren.
Blaise Cendrars, Moravagine (1926)
Von den Granaten zerfetzt, gerät Blaise Cendrars in einen Zustand der mordenden Lust. Am 28.September 1915 verlor er in einer ebenso sinnwie aussichtslosen Attacke seine rechte Hand. Nun schweift er durch die Strassen von Paris, Messerstiche verteilend, sich betrinkend, hurend, den Exzess und die negative Ekstase suchend, da er der positiven, der Ekstase des Schreibens,– noch– ausweicht.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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