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Die Schicksalstafeln, sieben kleine Täfelchen, mit denen angeblich die Kontrolle über die sichtbare und unsichtbare Materie des Universums ausgeübt werden konnte, sind mit Sigurds Körper verwachsen. Sie sind es auch, die zum zweiten Mal eingreifen, als Sigurd in eine aussichtslose Lage gerät. Das Magische Konstrukt implodiert und löscht unmittelbar die Existenz des Lebenden Programms. Die dabei freigesetzten Energien, die immer noch über einen Anteil Magie verfügen, lösen ein gewaltiges Gefecht mit den Naturgesetzten des Standarduniversums aus. Nicht nur Magister Wohlhorendoff verliert dabei sein Leben, sondern die gesamte Hemisphäre wird vernichtet, als sich an der gleichen Stelle ein Schwarzes Loch bildet. Sigurds und Aletheas Geist werden aus ihren Körpern gerissen. Während sie sich in einer virtuellen Realität wiederzufinden glauben, wird Sigurds Körper von dem Ereignishorizont des Schwarzen Lochs angezogen und rematerialisiert im Nirgendwo.
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Seitenzahl: 80
Veröffentlichungsjahr: 2022
STAR-DUST
Im Bannfluch der Naniten
Band 16
Im Schlund der Unendlichkeit
© 2022 Jens F. Simon
Illustration: S. Verlag JG
Verlag: S. Verlag JG, 35767 Breitscheid,
Alle Rechte vorbehalten
Neuauflage von ‚Der Spezialist MBF‘
ISBN: 978-3-96674-463-8
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Wir sind weniger als ein Staubkorn in den unendlichen Gezeiten des Lebens. Unser Weg scheint klar vor uns zu liegen, dann geschehen Dinge, die wir weder beeinflussen noch steuern können. Wie ein welkes Blatt im Wind erleben wir die Gegenwart und staunen, wohin uns das Leben bringen wird.
Virtuelle Realitäten umgeben uns, sobald wir geboren werden. Jeder Mensch hat seine ureigene Sicht der Dinge. Die Wirklichkeit ist ein subjektives Erleben der Dinge. Stell dir vor, eines Tages erwachst du in einem fremden Körper, siehst mit fremden Augen eine gänzlich neue Welt. Bist du wiedergeboren? Was ist geschehen? „Nur ein Traum“, denkst du, aber dieser „Traum“ geht nicht zu Ende. Dir bleibt nichts anderes übrig, als die neuen Gegebenheiten anzunehmen, auch wenn du denkst, dass diese Wirklichkeit nicht mehr deine Wirklichkeit ist.
Inhaltsverzeichnis:
Im Nirgendwo
Cogito ergo sum
Der fremde Körper
Déjà-vu
Ort der Erkenntnis
Multiplizität erwünscht
Das Volk der Illusionen
Konsolidierung
Das künstlich erstellte Schwarze Loch war lediglich stecknadelgroß. Trotzdem besaß es eine Masse, die fast zehn Sonnenmassen entsprach.
Die von ihm ausgehende starke Gravitation krümmte den Raum im Umkreis von einem halben Kilometer.
Die gesamte Masse des Schwarzen Lochs konzentrierte sich in einem einzigen Punkt mit unendlich hoher Dichte und unendlich starkem Gravitationsfeld.
Saviier, Spezialist und Gravo-Designer von königlichem Geblüt, hatte es tatsächlich geschafft, dass diese sogenannte Singularität sich von alleine zusammenhielt. Die Größe des Ereignishorizontes nahm ein so kleines Volumen ein, dass das künstlich hergestellte Schwarze Loch in sich stabil war.
Die Versuchsanordnung im Kellergewölbe seiner Burg hatte ihn fast eine ganze Jahreszeit gekostet und nun erntete er den Erfolg.
Saviier stand immer noch wie gebannt hinter der zehn Meter langen und fünf Meter hohen Formenergiescheibe.
Sie trennte den Beobachtungsraum von dem Laborraum und diente gleichzeitig als Schutzschild. Er konnte zwar das winzige Schwarze Loch nicht mit bloßem Auge erkennen, jedoch veränderte die Raumkrümmung um das Schwarze Loch herum ebenso die Atmosphäre.
Die Luft flimmerte zunächst düster karminrot und wechselte dann über in ein schlichtes Grau-schwarz.
Dabei zogen mächtige, hell leuchtende Schlieren durch die gesamte sich zum Ereignishorizont hinbewegende Luftmasse.
Zwei seiner ebenfalls anwesenden Wissenschaftler unterhielten sich leise, wobei sich ihre Blicke immer wieder auf die grob gehauenen und aus massiven Felsgestein bestehenden Burgmauern richteten.
Auch Saviier war bereits aufgefallen, dass das Mauerwerk angefangen hatte, sein Erscheinungsbild zu verändern.
Es hatte ein merkwürdiges Aussehen angenommen, und wenn man genau hinblickte, konnte man an den einzelnen Steinen wellenförmige Bewegungen feststellen.
Die vor ihm in reichlicher Anzahl aufgebauten Messinstrumente zeigten jedoch lediglich Veränderungen der Energiestruktur innerhalb des Labors.
„Der Energieverbrauch ist konstant. Die Energiemenge ist nach der Initialisierung wieder gefallen und hat ein sehr niedriges Niveau erreicht.“
WEbtab, der ältere der beiden anwesenden Wissenschaftler, kopierte sich gerade eine größere Datenmenge aus dem Zentralschacht der Versuchsanordnung in sein persönliches Körpermodul.
Er trug das Modul nicht, wie sonst unter seines Gleichen üblich, als Oberarmreif, sondern als künstliches Fingerglied.
Es sah schon etwas merkwürdig aus, als er die Fingerspitze in die Kontaktöffnung schob und dabei ein höchst nachdenkliches Gesicht machte.
„Es ist tatsächlich eingetreten, was du uns prophezeit hast, verehrter Saviier. Die Initialisierung benötigte die meiste Energie. Erst einmal etabliert, benötigt das Schwarze Loch nur noch eine minimale Energiezuführung. Es ist fast schon so, als würde es aus sich selbst heraus existieren wollen!“
URgbei, der jüngere Wissenschaftler, war normalerweise eher zurückhaltend mit seinen Prognosen.
Diesmal traf er jedoch, ohne es zu wollen, den Nagel auf den Kopf. Natürlich hatte man kein Perpe̱tuum mo̱bile in Gang gesetzt.
Der Energieerhaltungssatz galt hier genauso, wie in anderen Teilen dieser Galaxie, ja sogar in allen existierenden Galaxien des Universums.
Trotzdem, so fand Saviier, war es schon erstaunlich, wie wenig Energie das erst einmal entstandene Schwarze Loch für seine konstante Existenz benötigte.
Mit einem Ruck entzog er sich dem weiteren Anblick des künstlichen Gebildes und wandte sich WEbtab zu.
„Sorge dafür, dass die Energiezuführung nicht mehr unterbrochen wird, und fokussiere die Spezioskope nach außerhalb des Labors. Ich will wissen, ob die merkwürdige Wellenstruktur, die sich am Mauerwerk der Burg bemerkbar macht, gefährlich ist oder ob es sich lediglich um ein visuelles Phänomen handelt.“
Saviier war sich diesbezüglich zwar etwas unsicher, aber er maß dem Phänomen kein wirkliches Gefährdungspotenzial bei.
Mit seinen Gedanken befand er sich bereits bei der bevorstehenden Konferenz-Audienz im königlichen Palast.
König Šamšī-Rohh II hatte ihn zu sich befohlen, um endlich eine Erfolgsmeldung von ihm zu hören.
Saviier hatte bereits mehrmals versucht herauszufinden, weshalb König Šamšī-Rohh II ein dermaßen großes Interesse für seine Forschungen zeigte. Ein hoher Beamter des Staatsapparats hatte ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt, dass seine Hoheit gewisse Hoffnungen hegte, dass Saviiers Forschungen über künstliche Schwarze Löcher ebenfalls neue Möglichkeiten im militärischen Bereich boten.
Deshalb war sich Saviier fast schon sicher, dass ihn König Šamšī-Rohh II darauf ansprechend würde.
Die heimlichen Invasoren von den Sternen setzten ihn immer mehr unter Druck. Er hatte zwar einen Waffenstillstand mit den waffentechnisch hoch überlegenen Fremden ausgehandelt, jedoch stand dieser kurz davor, wieder zu kippen.
Gleichzeitig wuchs die Unzufriedenheit in der Bevölkerung stetig.
Es war mehr als offensichtlich, dass, seitdem die Heimlichen Invasoren von den Sternen erschienen waren und mit militärischer Gewalt den Staat zu Zwangsabgaben nötigten und ihn damit langsam ausbluteten, der wirtschaftliche und kulturelle Untergang nicht mehr aufzuhalten war.
Der Autopilot seines Personenschwebers informierte ihn, dass er einen Umweg zum königlichen Palast einschlagen musste, da der direkte Weg durch eine gerade stattfindende Protestveranstaltung gegen die Okkupanten von den Sternen versperrt wurde.
Solche Demonstrationen konnte man seit Wochen fast überall auf dem Kontinent AKKATTA beobachten.
Das Volk von AKKATTA lebte einst unter König Šamšī-Rohh I im wirtschaftlichen Wohlstand.
Dann war das Unvorstellbare eingetreten. Unheimliche Mächte von jenseits der Sterne waren über ihren Planeten ANUN’HA hereingebrochen.
Auf AKKATTA, dem zweiten Kontinent neben ENMERKAR, dem Lebensort des ‚Alten Geschlechts von Krsutner‘, kam es zu ersten Gefechten.
Das Volk von AKKATTA kämpfte gegen die Invasoren um ihre Selbstständigkeit und am Ende sogar um ihr Überleben.
Das war lange her, fast schon ein ganzes AKKATTA Lebensalter.
Saviier war sich sicher, dass die unbekannten, immer noch namenlosen Invasoren, das Geschehen auf ANUN’HA genau beobachteten.
Sie waren zwar auf ANUN’HA nicht mehr körperlich präsent, aber es gab mit Sicherheit einheimische Spione.
Außerdem gab es mit Sicherheit genügend Spion Drohnen in Nanotechnologie, welche beide Kontinente überwachten.
Noch konnte AKKATTA die geforderten Zwangsabgaben leisten. Es blieb jedoch abzuwarten, wie lange noch. Der Ruf des Volkes gegen die Staatsgewalt, und damit gegen König Šamš-Rohh II, sowie gegen den von ihm geschlossenen Stillhaltevertrag, wurde täglich lauter.
Ebenso wollte man sich nicht mehr von den seit über einer Generation nicht mehr in der Öffentlichkeit in Erscheinung getretenen Invasoren am Gängelband führen lassen.
Dazu kam, dass die heranwachsenden, jungen Akkattarier sie überhaupt nicht kannten. Sie hatten sie noch nicht einmal selbst gesehen und das Wissen von ihrer Existenz wurde nur durch geschichtliche Überlieferungen weitergegeben und bestätigt.
Saviier selbst hatte einmal ein Gespräch zwischen seinen beiden engsten Mitarbeitern WEbtab und URgbei verfolgt, indem es um die Invasoren von den Sternen gegangen war.
WEbtab sowie URgbei hatten dabei tatsächlich die Existenz der Invasoren geleugnet und von einer möglichen Verschwörung hoher und höchster Regierungskreise gesprochen.
Dieses Gespräch war sehr typisch für die momentane Situation innerhalb der akkattaischen Gesellschaft.
Ebenso kamen immer mehr Verschwörungstheorien auf und forcierten die Unzufriedenheit innerhalb aller Bevölkerungsschichten.
Saviier hielt sich aus allem heraus. Allein ihm war es wichtig, dass sein Projekt vorangetrieben wurde.
Der Erfolg gab ihm recht. Sein Personenschweber hatte mittlerweile den Palast erreicht.
Als er auf dem gut abgeschirmten Landefeld ausstieg, hörte er in der Ferne das unterschwellige Lärmen der Demonstranten, das stellenweise durch lauten Donner und dem Zischen von Strahlenwaffen durchzogen wurde.
Ein Gardist der persönlichen Leibgarde des Königs begleitete ihn durch den Palast zu den Räumlichkeiten, in denen die Konferenz-Audienz stattfinden sollte. Etwas erstaunt stellte er fest, dass es sich dabei um ein relativ kleines Zimmer handelte.
Er machte lediglich zwei Personen aus, die an einem kleinen, runden Tisch saßen und ihm entgegenblickten, als er durch die Tür kam.
Der Gardist blieb hinter ihm stehen und schloss die Tür sofort nach seinem Eintritt wieder.
Erst jetzt erkannte Saviier in einer der Personen am Tisch König Šamšī-Rohh II. Er trug entgegen seiner sonstigen Gewohnheit kein Prunkgewand, sondern einfache Straßenkleidung.
Selbst Saviiers eigene Robe hob sich qualitativ deutlich von der Kleidung des Königs ab, was ihn zunächst in Verlegenheit brachte.
„Kommen Sie endlich, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit. Übrigens, das ist Kapitän Hagar-Rott. Er ist ein erfahrener Stratege meiner Streitkräfte und ist im Umgang mit den Heimlichen Invasoren sehr vertraut. Er verantwortet auch die zweieinhalbjährliche Übergabe der Zwangsabgaben. Nun setzen Sie sich endlich und starren Sie mich nicht so erstaunt an. Dies hier ist natürlich eine Geheimkonferenz, was denken Sie denn!“
Saviier hatte sich nicht von der Stelle gewagt und schritt jetzt, nach der wiederholten Aufforderung des Königs, auf den noch freien Sessel zu. Kapitän Hagar-Rott blickte ihm freimütig entgegen.
Er war dem Gravo-Designer sofort sympathisch.
„Ersparen wir uns die Vorstellungsrunde und kommen wir sofort auf den wesentlichen Punkt dieser Zusammenkunft. Saviier berichten Sie uns bitte von Ihren Forschungsergebnissen und natürlich deren Erfolge.“
„Hoheit, mit Verlaub, ich arbeite seit mehr als zehn Planetenumläufen an der künstlichen Erschaffung eines Schwarzen Lochs, um es als Transportmedium nutzbar zu machen. Mitnichten ist es also eine Waffe!“
Er versuchte die Erwartungshaltung des Königs von vornherein zu dämpfen.
„Die Bewertung ihrer Arbeit lassen Sie bitte meine Sache sein. Ich kenne die von Ihnen veröffentlichten Berichte zu Genüge. Sagen Sie uns einfach, wie weit die Experimente gediehen sind!“
Saviier schaute von König Šamšī-Rohh II zu Kapitän Hagar-Rott, der vollkommen entspannt in seinem Sessel saß und gerade genüsslich einen mit Saw-Wein gefüllten Kristallpokal zum Mund führte.
Er machte auf ihn den Eindruck, als ginge ihn das alles überhaupt nichts an.
Saviier war etwas irritiert und wollte gerade etwas weiter ausholen, als sein persönliches Körpermodul ansprach. Jemand versuchte ihn mit einem ‚Dringlichkeitsanruf‘ zu erreichen.
„Entschuldigung“, bekam Saviier erschrocken gerade noch über die Lippen, als der Kontakt über den Sensor-Chip, der unter dem rechten Ohr direkt unter der Haut saß, bereits hergestellt wurde.
Er hörte die aufgeregte Stimme von WEbtab, während sich sein Blick an dem dunkelrot blickenden Oberarmreif festsaugte.