Im Sommer des Mordes - Ina May - E-Book

Im Sommer des Mordes E-Book

Ina May

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Beschreibung

5 Geschichten, 5 Morde. Kurz, spannend, knackig und total verschieden – so wie gute Kurzkrimis sein müssen. Autorin Ina May versteht es, einen kleinen Ausschnitt einer Geschichte zu beschreiben und doch bleiben keine Fragen offen. Mit ihren Romanen hat sich die Autorin in der Kriminalliteratur bereits einen Namen gemacht, nun zeigt sie eindrucksvoll, dass sie auch die Kurzform beherrscht.

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Impressum:

Copyright © 2013 TUBUK.digital

Ein Imprint der TUBUK GmbH

ISBN: 978-9-95595-022-4

www.tubuk-digital.de

Erstunken

»Hirnsberg«, wie das Hirn – wo sich Füchse, Hasen, Katzen, Schwalben und Schweine »gute Nacht« sagen … für gewöhnlich.

Der kleine Ort liegt friedlich auf einer Anhöhe über dem Simssee. Hundert Einwohner an der Zahl leben in Hirnsberg – allerdings nur, wenn man in Menschen zählt.

Das Wohnhaus des Brunnerhofs umgab um diese späte Zeit mattes Licht, eine noch nicht voll entwickelte Kugel formte sich dort am nahen Waldrand und drohte, einen Mörder zu enttarnen.

Mia, die schwarze Katze der Brunners, tappte lautlos durchs Unterholz auf der Suche nach ihrem Liebsten. Wenn der blauäugige Schönling sie wieder einmal versetzt hatte, dann sollte er sich besser auf eine saftige Kralle gefasst machen.

Sie maunzte ärgerlich und verengte die schönen Katzenaugen zu Schlitzen. Blöder Kerl!

Da … was war das denn? Mia bemerkte auf dem Weg unter ihr einen Schatten und gleich noch einen zweiten, den der beinahe-Vollmond am Himmel auf die Erde malte, als wüsste er genau, dass die meisten Geschöpfe sich so allein in der düsteren Halbwelt ängstigten.

Mia schlich sich neugierig näher heran. Sie roch Blut, eine Menge Blut.

Von sich selbst hätte sie natürlich behauptet, mutig und furchtlos zu sein. Aber nachdem sie einen Blick auf eine geschulterte Axt und auf eine verunstaltete Fratze hatte werfen können, packten Mia Furcht und Neugier gleichermaßen. Die Grimasse hatte riesige Augen, die wie ausgeschnitten aussahen, Schlappohren zu beiden Seiten und einen komisch abstehenden Haarschopf.

In ihren Pfoten kribbelte es, die empfindlichen Barthaare richteten sich auf und ihr glänzendes schwarzes Fell sträubte sich. Der Blutgeruch wurde stärker, je näher sie der seltsamen Gestalt kam.

Felix, der unpünktliche Kater, war für den Moment vergessen.

Wohin wollten die wippenden Schatten in dieser Verkleidung? Und weshalb roch es nach Blut? Ja, es stank geradezu.

Der Todesgeruch schwang sich in die Lüfte, um bleischwer wieder herabzufallen und sich auf alles Leben zu legen.

Mia hatte tatsächlich Angst, dass der eisenhaltige Kleber sich in ihrem herrlichen Fell auf ewig fest hing.

»Guten Abend, meine Königin!«, klang es plötzlich hinter ihr und sie fuhr herum, ein erschrockenes Zischen in ihrer Katzenkehle.

Das Schattendoppel auf dem Weg zuckte gleichsam entsetzt, die seltsamen Augen zwischen den Hängeohren auf die Mondlandschaft gerichtet, ohne in diesem Wildwald jedoch wirklich etwas erkennen zu können.

Doch dann hämmerten mit einem Mal dumpfe Schläge auf den erdigen Wurzelboden. Jemand ergriff rennend die Flucht, als stünde der gesamte Wald in Flammen.

»Menschen! Sie sind ja so tapfer«, spottete der Kater. »Ach Kätzchen, lass uns alles um uns herum vergessen – wie schön du wieder aussiehst heute Nacht«, säuselte Felix an Mias Ohr.

»Pah!«, machte die Katzendame und stolzierte wütend davon, ohne noch einen weiteren Blick an den Kater zu verschwenden. Wer nicht pünktlich sein konnte, verdiente keine gesteigerte Aufmerksamkeit. Sie würde für den eingebildeten Pfau nicht einmal mehr eine Pfote rühren.

Mias flinker Katzenblick suchte die Gegend ab, doch da war niemand mehr. Verschwunden die Schatten, fort die Axt – nur den Blutdunst hatte dieser jemand zurückgelassen.

Von hier aus führte ein Weg zum See hinunter. Sie wollte wissen, was der Mensch dort gewollt, oder was er getan hatte.

Das Blut konnte auch von einem Tier stammen, aber irgendwie glaubte Mia nicht, dass es das tat.

Das Wasser des Sees flüsterte indes leise mit den Gräsern am Ufer, ein bisschen so, als hätten sie eine Liebesbeziehung. Schön klang dieses sinnliche Geräusch. Wäre es eine andere Nacht, dann … aber Mia sperrte sämtliche Gedanken an den Kater aus, spitzte die Ohren und überlegte.

Der Brunnerhof, Mias zu Hause, lag auf der anderen Seite des Waldes.

Leicht wie der Wind in den Blättern sauste die schwarze Katze über Steine und sattes Grün, zurück zum Hof und auf direktem Weg über ein offenes Fenster in den Schweinestall.

Hier schlief bereits alles, es wurde selig gegrunzt und heftig gerüsselt.

Die Katze schlich an der dicken Berta vorbei, die wegen ihrer Leibesfülle halb auf der Seite lag, und drückte sich mit einem vertrauten Schnurren an Ferdi, das kleinste und schlaueste unter den Ferkeln. Er stellte zuerst ein Ohr auf, um danach auch noch das andere wie eine Antenne auszufahren.

Ferdi hatte ihr Schnurren gehört, gut so. »Hey, kleines Ferkel, komm mit«, flüsterte sie ihm in sein Antennenohr.

Das Ferkel schmatzte und scharrte zuerst noch ein wenig unentschlossen mit den Klauen am Untergrund, bevor es schließlich nickte und sich aufrappelte.

Mia öffnete das Gitter der Bucht und lotste ihn geschickt über den Spaltenboden des Schweinestalls. Müden Schrittes tippelte Ferdi hinter der Katze her.

»Was gibt es denn?«, wollte er schließlich wissen. Denn es war noch dunkel und Mia würde ihn nicht aufwecken, etwas beunruhigte sie. Das Ferkel liebte Mias Erzählungen, aber das war keine, nicht um diese Schlafenszeit.

»Keine Geschichte, Ferdi, sondern Mord. Wirklich und wahrhaftig!« Mia schwang dazu ihren Schwanz wie ein Lasso.

Ferdi machte große Augen. »Mord, oh!«, machte das Ferkel, aber das ausgesprochene Entsetzen wollte so gar nicht zu seiner gespannten Miene passen.

Die Katze wollte von ihm wissen, ob ihm kurz vor dem Einschlafen etwas Ungewöhnliches aufgefallen war.

Nun, war es ungewöhnlich, wenn aus der Dunkelheit ein Schrei klang? »Hm«, machte Mia, denn ein Schrei musste nicht menschlichen Ursprungs sein.