4,99 €
Mattie und Jennie – zwei wilde Frauen in Amerikas Westen Ein seltsamer Fund auf dem Dachboden macht die erbitterten Konkurrenten Melissa und Leo zu unfreiwilligen Verbündeten: Denn die Truhe voll gelber Seidenkleider erzählt von den Schicksalen und der Freundschaft zweier Bordellmütter im Denver der 1880er-Jahre. Die beiden Journalisten wittern eine große Story. Doch erzählen können sie sie nur gemeinsam ... USA, 1880. Entlang der Union Pacific Railroad gründet Mattie Silks mehrere Freudenhäuser und wird schnell zur wohlhabenden Geschäftsfrau. Als Jennie Rogers Mattie zum ersten Mal trifft, ist sie tief beeindruckt von ihr. Jahre später werden die beiden in Denver zu Konkurrentinnen und schließlich Verbündeten, die gefährlichen Männern entgegentreten müssen, um sich und ihren Töchtern das Leben zu retten.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 495
Veröffentlichungsjahr: 2025
Ein seltsamer Fund auf dem Dachboden macht die erbitterten Konkurrenten Melissa und Leo zu unfreiwilligen Verbündeten: Denn die Truhe voll gelber Seidenkleider erzählt von den Schicksalen und der Freundschaft zweier Bordellmütter im Denver der 1880er-Jahre. Die beiden Journalisten wittern eine große Story. Doch erzählen können sie sie nur gemeinsam …
USA, 1880. Entlang der Union Pacific Railroad gründet Mattie Silks mehrere Freudenhäuser und wird schnell zur wohlhabenden Geschäftsfrau. Als Jennie Rogers Mattie zum ersten Mal trifft, ist sie tief beeindruckt von ihr. Jahre später werden die beiden in Denver zu Konkurrentinnen und schließlich Verbündeten, die gefährlichen Männern entgegentreten müssen, um sich und ihren Töchtern das Leben zu retten.
Von Felicity Whitmore sind bei dtv u.a. erschienen:
Der Klang der verborgenen Räume
Das Herrenhaus im Moor
Das Geheimnis der verborgenen Bibliothek
Der wilde Garten am Helford River
Felicity Whitmore
Roman
In den historischen Erzählsträngen habe ich mich dazu entschieden, an wenigen Stellen Begrifflichkeiten der damaligen Zeit zu verwenden, die heute zurecht aus unserer sensibilisierten Sprache gestrichen worden sind. Ich benutze sie reflektiert, so wenig wie möglich und nur, um die Zeit möglichst wahrhaft abzubilden.
Liverpool, April 1919
Der Wind riss an Theresas Haaren und blies ihr die Gischt ins Gesicht. Um sie herum eilten Matrosen und Gepäckträger hin und her, Ankommende fielen ihren Verwandten in die Arme, andere, die Abschied nehmen mussten, wischten sich Tränen von den Wangen. Möwen flogen dicht über die Köpfe der Menschen hinweg und ließen sich auf der Kaimauer nieder, um Ausschau nach einem Krumen Brot oder einem weggeworfenen Apfelgehäuse zu halten. Schiffshörner dröhnten. Es roch nach Fisch und Algen, nach Schweiß, Gewürzen und Pferdeäpfeln.
Auch für Theresa und Evelyn war die Zeit gekommen, Lebewohl zu sagen. Theresa umarmte ihre Freundin, die ihr in den letzten Wochen ihrer Reise eine enge Vertraute geworden war. In den langen Stunden, die sie in ruckelnden Eisenbahnwaggons, in New Yorker Hotels und schließlich an Bord der Olympic verbracht hatten, auf der sie über den Atlantik gekommen waren, hatten sie sich von ihrem früheren Leben erzählt. Von ihrer Kindheit, die bei beiden außergewöhnlich und doch so ähnlich gewesen war, dass sie wohl nie ein anderer Mensch verstehen würde, wie sie einander verstanden. Es war traurig, dass Theresa Evelyn erst jetzt kennengelernt und in ihr eine gute Freundin gefunden hatte, die sie nach diesen wenigen Wochen schon wieder für immer vergessen musste.
Denn ab jetzt würden sie beide über die Vergangenheit schweigen, nie wieder würde eine von ihnen erwähnen, woher sie kamen und wer sie einst gewesen waren. Selbst nach all den Jahren trugen sie ein schweres Erbe mit sich, das Erbe der gelben Seidenkleider. Noch immer gab es Leute, die ihnen nach dem Leben trachteten, nur um den millionenschweren Schatz zu finden, der vor exakt dreißig Jahren verschwunden war. Und jetzt endlich, hier in England, sollte sich seine Spur endgültig verlieren. Nur so würden Theresa und Evelyn mit allem abschließen und ein neues, unbeschwertes Leben führen können.
Die beiden Frauen waren in diesem Jahr dreißig Jahre alt geworden und hatten ihr Erbe ausbezahlt bekommen. Dadurch war es ihnen möglich gewesen, diese Reise in eine neue Zukunft anzutreten. Es war jedoch unabdingbar, jede Verbindung zu ihrem früheren Leben abzubrechen. Auch ihre Freundschaft musste enden, wie sie sich schweren Herzens eingestanden hatten. Und während Evelyn alles vernichten wollte, was sie noch an Colorado erinnerte, würde Theresa einige Erinnerungsstücke sicher aufbewahren, weil sie wusste, wie wichtig das Wissen um ihre eigenen Wurzeln war. Und auch wenn sie von nun an auf dieses außergewöhnliche Erbe sorgsam achten musste, damit es nicht in die falschen Hände geriet, war sie es ihren Nachkommen schuldig, eine Möglichkeit bereitzuhalten, jene längst vergangenen Ereignisse erforschen zu können. Außerdem hatte sie es versprechen müssen, sie hatte Mattie ihr Wort gegeben, die gelben Seidenkleider immer bei sich zu behalten.
»Du wirst nicht lang allein bleiben«, sagte Evelyn mit einem Lächeln und wischte sich die Tränen von den Wangen. »Du wirst mit deiner hübschen Erscheinung schon bald für Aufsehen sorgen und einen angesehenen Mann heiraten, da bin ich mir sicher.«
Theresa seufzte. »Ich will keinen Mann, der mich nur aufgrund meiner Schönheit heiratet.«
»Besser als aus Geldgier.« Evelyn zwinkerte ihr zu. »Was aber auch nicht ausgeschlossen ist. Daher werde ich gar nicht erst heiraten.«
»Das brauchen wir auch nicht.« Theresa warf einen letzten Blick auf die Olympic, die sie über den Ozean gebracht hatte. »Ich habe nicht vor, mich gleich in die Arme eines Mannes zu werfen. Alles, was ich will, ist Anerkennung und eine neue Chance.«
Evelyn nickte. »Von nun an sind wir frei. Wir können uns unsere Vergangenheit erfinden, wie es uns Spaß macht.«
Theresa musste lachen. Dann wurde sie wieder ernst. »Sei vorsichtig. Du weißt, dass die Vergangenheit niemals ganz begraben ist.«
Evelyn sah sie einen Moment lang nachdenklich an. »Willst du die gelben Seidenkleider nicht lieber verbrennen? Solange sie existieren, könnte immer noch alles herauskommen.«
Theresa griff nach der Hand ihrer Freundin und drückte sie. »Das kann ich nicht. Ich habe ihr mein Wort gegeben.«
»Sie muss es nie erfahren«, warf Evelyn ein. »Du wirst sie vermutlich nie wiedersehen.«
Theresa schluckte die Tränen hinunter, die in ihr aufstiegen. Sie würde Mattie vermissen und alles, was ihr bisheriges Leben ausgemacht hatte.
»Trotzdem«, Theresa strich ihrer Freundin sanft über die Finger, »mach dir keine Sorgen, von mir erfährt niemand etwas. Aber du weißt, dass Mattie und Jennie eine gewisse Bekanntheit hatten. Wenn sich jemand die Mühe machen würde, unsere Vergangenheit zu erforschen, würde er irgendwann auf die beiden stoßen.«
»Und auf das Tal des Goldregens«, seufzte Evelyn, und Theresa konnte die Furcht in ihren Augen erkennen. »Das ist der eigentliche Grund, warum wir nach England geflohen sind. Aber wir haben die Brücken hinter uns abgerissen. Niemand kann herausfinden, woher wir stammen. Du musst nur gut auf die Aufzeichnungen und die gelben Seidenkleider achtgeben.«
»Ich werde sie hüten«, versprach Theresa. »Erst unsere Nachkommen sollen sich mit alldem beschäftigen.«
»Wenn ich tot bin, ist es mir egal«, sagte Evelyn lächelnd.
Theresa umarmte ein letztes Mal ihre Freundin, die anschließend am Kai davonging. Sie sah ihr noch eine Weile nach, bis sie sich endlich der Kutsche zuwandte, die schon auf sie wartete.
Springfield, Illinois, April 1865
Matties Hand fuhr zum Griff ihres Revolvers, den sie immer im Halfter an ihrer Hüfte über dem Kleid trug.
»Vielen Dank, die Herren, es war mir eine Ehre.« Sie tippte an ihren Sommerhut und verließ den überfüllten und mit Rauchschwaden verhangenen Saloon, indem sie sich rückwärts einen Weg durch die Menge bahnte, ohne die Männer aus den Augen zu lassen oder die Hand von ihrer Waffe zu nehmen. Das gewonnene Geld wog schwer in ihrer Rocktasche. Letzten Monat hatte ihr ein Mitspieler vor dem Saloon aufgelauert und versucht, ihr den gesamten Gewinn abzunehmen. Sie musste ihn erschießen. Seitdem ruhte ihre Hand immer am Abzug, bis sie sicher war, dass ihr niemand folgte, der um die Goldmünzen in ihrer Tasche wusste.
Jetzt trat sie auf die staubige Straße von Springfield hinaus. Es stank nach Schießpulver und Mist, nach Schweiß und Pfeifenrauch. Das Geräusch der Pferdehufe auf der breiten unbefestigten Hauptstraße vermischte sich mit den Stimmen der Menschen, die auf dem Gehweg standen. Mattie rechnete den Betrag aus, den sie heute beim Kartenspiel erzielt hatte, während sie ihre Umgebung genau im Auge behielt. Vor drei Jahren war sie nach Springfield gekommen, nach einer abenteuerlichen Flucht, damals hatte sie keinen einzigen Cent besessen. Aber in ihrer Jugend hatte sie von ihrem älteren Bruder Jack gelernt, wie man Karten unauffällig verschwinden und wieder auftauchen ließ, er hatte ihr sämtliche Tricks beigebracht, sodass sie nicht nur eine gute Spielerin, sondern vor allem eine hervorragende Betrügerin geworden war. Mit ihrem heutigen Gewinn hatte sie in Springfield inzwischen siebenhundertachtzig Dollar verdient, kein schlechter Schnitt in drei Jahren. Doch das Glücksspiel brauchte Mattie nur zur Finanzierung eines anderen Geschäftes, von dem sie noch nicht ganz sicher war, welches es sein würde. Sie überlegte, ein Gasthaus zu eröffnen oder vielleicht einen Laden ein Stück weiter westwärts, in einer der Goldgräberstädte, die zurzeit überall aus dem Boden schossen. Denn ihr momentaner Beruf war gefährlich, auf Dauer schlief es sich mit dem Revolver in der Hand nicht besonders gut. Nein, Mattie plante etwas Seriöses, sie wollte ein erfolgreiches Unternehmen aufbauen.
Sie blieb stehen, als vor ihr ein Menschenauflauf den Gehweg blockierte. Während sie auf die staubige Straße auswich, sah sie auf das neu errichtete zweistöckige Holzgebäude auf ihrer rechten Seite. »Madame Rosa. Erstklassige Mädchen, beste Weine«, stand auf einem Schild über der Tür.
Es war ein neues Bordell. Seit die Bevölkerung von Springfield stark wuchs, nahmen auch die Freudenhäuser in der Stadt zu. Mattie hatte schon diverse Angebote von Bordellmüttern erhalten, aber jedes Mal dankend abgelehnt. Denn sie hatte bereits auf ihrem Weg von New York hierher erkannt, dass das große Geld nicht bei den Mädchen hängen blieb, sondern bei den Besitzerinnen dieser Etablissements.
Mattie betrachtete die Männer, die alle versuchten, in das Gebäude zu gelangen, das jedoch wegen Überfüllung geschlossen war. Sie zählte die Fenster, die sie von der Straße aus sehen konnte. Es waren vier im oberen Stock. Wenn die Betreiberin vier Zimmer nach vorn und vier nach hinten hinaus hatte, also acht Mädchen beschäftigte, die für eine schnelle Nummer jeweils fünf Dollar erhielten, betrüge der Umsatz vierzig Dollar. Wenn es gut lief, schafften die Mädchen vielleicht zwei Männer oder mehr pro Stunde, was mindestens achtzig Dollar insgesamt ergab. Davon behielten die Madames in der Regel die Hälfte. Vierzig Dollar in der Stunde, das war mehr, als Mattie beim Kartenspiel verdiente. Zumal sie immer erst die richtigen Gegner finden musste, was manchmal viel Zeit in Anspruch nahm, Zeit, in der sie gar nichts einnahm.
Als dicht hinter ihr ein Fuhrwerk vorbeifuhr und der Kutscher sie lautstark beschimpfte, fiel ihr auf, dass sie noch immer mitten auf der Straße stand. Sie wedelte den Staub fort, den das Fuhrwerk hinterlassen hatte. Schnell überquerte sie die Straße und blieb auf der anderen Seite stehen. Nachdenklich betrachtete sie das neue Bordell. Es wurde Zeit, dass sie das Glücksspiel hinter sich ließ, denn irgendwann würden ihre Betrügereien auffliegen. Mattie war sich ziemlich sicher, dass die ersten Männer schon Verdacht geschöpft hatten. Bislang kam ihr ihre Jugend und ihr ansprechendes Aussehen zugute. Unwillkürlich warf sie einen prüfenden Blick auf die Scheibe des Juweliergeschäfts, vor dem sie stand. Ihr volles braunes Haar trug sie in modischen Flechten um die Stirn gelegt und am Hinterkopf hochgesteckt, ihre großen blauen Augen wirkten immer ein wenig melancholisch und unschuldig, was beim Spiel nur von Vorteil war. Und ihre Rundungen waren weiblich und wohlproportioniert. Hin und wieder setzte sie am Kartentisch ihren Charme ein und gab sich als naives, schutzbedürftiges Mädchen aus. Das funktionierte jedoch nicht immer. Inzwischen war sie in Springfield bekannt, die ansässigen Männer nahmen sich vor ihr in Acht. Es gab zwar genug neu Zugezogene, die sich gern auf eine Partie mit ihr einließen und hinterher um einige Dollars erleichtert den Saloon verließen, aber es wurde immer schwerer. Entweder sie musste weiterziehen oder mit etwas anderem ihr Geld verdienen.
Vielleicht sollte sie sich auch als Bordellmutter versuchen. Aber sie würde sich selbst nie verkaufen, dafür war der Verdienst zu gering und die Arbeit zu hart. Und wenn sie an die Männer dachte, denen sie in den Saloons oder auf den Straßen der Stadt begegnete, konnte sie sich nicht vorstellen, ihnen mehr als ein Kartenspiel zuzugestehen. Mattie war ohnehin nicht wie die anderen jungen Frauen in ihrem Alter, die Spaß an Männern hatten. Wenn sie den Mädchen in dem Boarding House, in dem sie logierte, zuhörte, die sich über ihre Liebschaften austauschten, konnte sie deren Probleme nie verstehen. Dieses kopflose Sehnen, das wilde Herzklopfen und das alberne Verhalten waren Mattie vollkommen unbekannt. Noch nie hatte sie einen Mann getroffen, den sie hätte küssen wollen, geschweige denn in ihre enge Kammer mitnehmen.
Doch es gab genug Frauen, die als Dirnen arbeiten wollten und keinen Geschäftssinn hatten. Mattie dagegen wollte eine Unternehmerin sein, die etwas verkaufte. Sie blieb neben einem am Straßenrand geparkten Fuhrwerk stehen, das Pferd davor schnaubte ungeduldig. Mattie streckte die Hand aus und ließ den Gaul an ihrem Handschuh schnuppern. Dann streichelte sie sanft seine Nüstern. Das Tier sah ihr vertrauensvoll in die Augen und wurde ruhiger. Während Mattie die Nase des Pferdes streichelte, überlegte sie, dass ein Bordell viel einfacher zu betreiben war als beispielsweise ein Laden mit Goldgräberwaren oder Lebensmitteln. Sie wusste, wie aufwendig es sein konnte, die Waren zu beschaffen, die Gelder auszulegen und dann die vielleicht schnell verderblichen Güter zu verkaufen. Frauen hingegen gab es genug, und wenn sie den Mädchen sechzig statt den üblichen fünfzig Prozent der Einnahmen überließ, würde sie bestimmt gute Mitarbeiterinnen finden.
Mattie strich durch die dunkle Mähne des Kaltblüters und dachte darüber nach, dass sie außerdem ein Bordell schnell schließen und an einem anderen Ort ein neues eröffnen konnte. Denn sie war noch immer auf der Flucht, und solange sie jünger als einundzwanzig war, durften sie sie nicht finden. Erst danach konnte sie unbesorgt sein, dass man sie zu nichts mehr zwingen konnte. Auch diese Tatsache hatte sie bislang davon abgehalten, einen Laden zu eröffnen. Denn wenn sie ihr Geld in Waren steckte, war sie an den Ort gebunden, an dem sich diese Güter befanden, und ob sie im Notfall so schnell einen Käufer finden würde, war fraglich. Das alles war mit einem Freudenhaus viel einfacher.
Ihr Bauch kribbelte plötzlich vor Aufregung. Ein Freudenhaus zu eröffnen, war eine großartige Idee, schließlich gab es genug hungrige Männer, und das Geschäft würde hervorragend laufen, da war sie sicher.
Matties Blick wanderte zum Himmel, die Sonne stand tief. Heute würde sie nichts mehr ausrichten können, aber gleich am nächsten Tag wollte sie sich auf die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten machen.
Tage später hatte sie den Vertrag für ein niedriges, weiß gestrichenes Backsteinhaus unterschrieben, das in der Fifth Avenue lag. Es verfügte über drei Räume, der größte war der Empfangsraum, den man durch die Eingangstür betrat. Davon gingen zwei weitere Zimmer ab. Das Gebäude war 1847 als Büro für den Bau der Eisenbahnstrecke errichtet worden. Damals hatte es vollkommen einsam am Rande der Stadt gelegen. Inzwischen führte die Hauptstraße bis hierher, und Reisende auf ihrem Weg von Osten nach Westen und umgekehrt kamen daran vorbei. An den Innenwänden lösten sich die von Tabakrauch vergilbten Tapeten, darunter bröckelte der Putz ab. Die Fenster waren zugig und die Dielenbretter verschrammt, es roch nach Moder und Feuchtigkeit. Der Vermieter, ein feister rotwangiger und kahlköpfiger Mr Freeze, verlangte sieben Dollar Miete, Mattie hatte ihn jedoch auf fünf herunterhandeln können.
Jetzt machte sie sich auf den Weg zum Schreiner in der Eighth/Ecke Adson Street, der neben einer Werkstatt auch ein Geschäft mit Tapeten und Teppichen führte. Sie bestellte bei einem jungen Mitarbeiter zwei Betten, Stühle, einen Tisch, vier Sessel und eine Kommode, in der sie ihre Akten aufbewahren konnte. Außerdem suchte sie sich rote Tapeten mit goldenen Blumen darauf aus, Teppiche, die sie über die schäbigen Dielen legen konnte, und schwere Samtvorhänge für die Fenster. Dazu bestellte sie eine Leiter, Kleister und Pinsel. Zum Schluss gab sie noch zwei Schilder in Auftrag: ein großes mit der Aufschrift »Madame Mattie Silks« und ein kleines, auf dem geschrieben stehen sollte: »Gepflegte, zuverlässige Mädchen gesucht. Sechzig Prozent Gewinn.«
»Wann kann all das geliefert werden?«, fragte sie den jungen Mann, der die Bestellungen entgegengenommen hatte.
»Die Möbel sind erst in zwei Wochen fertig«, erklärte der Schreiner nach einem Blick in sein Auftragsbuch. »Aber den Rest können Sie schon morgen bekommen. Haben Sie jemanden, der Ihnen beim Tapezieren behilflich ist?«
Mattie zog die Augenbrauen zusammen. Warum mussten Männer immer glauben, dass Frauen nicht ohne sie zurechtkamen? Sie hatte in ihrer Kindheit viel lernen müssen, unter anderem hatte sie ihre Brüder oft begleitet, wenn sie feine New Yorker Häuser renovierten. Mattie wusste ganz genau, wie man Wände tapezierte. Aber sie wusste noch besser, wie man Männer das tun ließ, was man wollte.
Sie warf dem jungen Schreiner mit gesenktem Kopf einen Blick zu. »Leider nicht, ich bin unverheiratet und habe keine Familie mehr. Ich kann mir keinen Handwerker leisten, der diese Arbeit für mich übernimmt. Aber ich werde es schon irgendwie schaffen.« Sie stieß einen theatralischen Seufzer aus. Der Geruch von frisch gesägtem Holz und Farbe lag im Raum.
Der Mann reichte ihr die Quittung und betrachtete sie einen Augenblick lang nachdenklich. »Sind Sie nicht noch viel zu jung, um ein solches Etablissement zu gründen?«
Wieder schenkte Mattie ihm einen unschuldigen Augenaufschlag. »Jung bin ich zwar, aber ich habe genug gesehen, um mich auf dem Markt behaupten zu können.«
Er schien ihr widersprechen zu wollen, schüttelte dann jedoch nur den Kopf. »Springfield ist nicht ungefährlich, aber ich sehe, dass Sie sich gut zu schützen wissen.« Er deutete auf ihren Revolver.
»Wie gesagt, ich bin vollkommen allein hier.« Mattie wandte sich zur Tür und schenkte ihm einen letzten intensiven Blick. »Es wäre schön, wenn Sie mir die Waren morgen persönlich bringen würden, Mr …?«
»Thompson. Cortez Thompson«, antwortete der Mann und errötete leicht.
Mattie nickte ihm zu und verließ das Geschäft, mit dem sicheren Wissen, dass Mr Cortez Thompson ihr mit der Renovierung helfen würde.
Tatsächlich brachte Cort am nächsten Tag seinen eigenen Werkzeugkasten mit, als er ihr die Teppiche, Tapeten und anderen Waren mit dem Pferdekarren lieferte. Er versprach, nach Geschäftsschluss noch einmal bei ihr vorbeizukommen, um sich um die Renovierung zu kümmern. Bis dahin hatte Mattie bereits die alten Tapeten abgerissen, die Spinnweben entfernt und drei Eimer mit Wasser aus dem Brunnen hinter dem Haus geholt, um die Böden gründlich zu schrubben. Als der junge Mann sah, was Mattie schon erledigt hatte, betrachtete er sie mit neuer Aufmerksamkeit.
»Sie scheinen ordentlich anpacken zu können«, stellte er bewundernd fest, während der Blick aus seinen blauen Augen über ihren Körper glitt. Dann wandte er sich hastig ab und griff zur Leiter, sodass Mattie den dünnen silbernen Ehering an seiner linken Hand bemerkte.
Sie half ihm beim Zuschneiden der Tapete mit ihrem Messer und strich die Fensterrahmen mit weißer Farbe. Die Vorhänge nähte sie um, und Cort schlug lange Nägel in die Wand, die die Stangen hielten, an denen Mattie schließlich die schweren Samtvorhänge befestigte. Die Schilder hatte sie inzwischen draußen angebracht, und sofort meldeten sich einige junge Frauen, die für Mattie arbeiten wollten. Sie suchte sich drei gesund aussehende hübsche Mädchen aus, damit eine von ihnen auch mal eine Pause machen und die wartenden Männer unterhalten konnte, während die zwei anderen arbeiteten. Die Mädchen, die Molly, Helen und Greta hießen, waren alle nicht älter als Mattie selbst und ebenfalls erst vor wenigen Wochen in die Stadt gekommen. Mattie beschloss, sechs Dollar für die sogenannte schnelle Nummer zu verlangen, das war etwas mehr Geld, als in den anderen Bordellen üblich war, sie wies die Frauen jedoch an, sich Zeit zu lassen. Nicht länger als eine halbe Stunde pro Gast, aber wenn jemand noch reden wollte, sollten sie darauf eingehen. Natürlich konnte man auch eine ganze Stunde für elf Dollar buchen oder eine komplette Nacht für fünfunddreißig. Mattie ließ bronze-, silber- und goldfarbene Taler aus Blech anfertigen, die die Männer bei ihr im Empfangsraum erwerben mussten. Hier konnten sie in den Sesseln warten, und die dritte Frau versorgte sie mit Bier, Mattie hatte sich dafür eine Ausschankgenehmigung besorgen müssen. Sobald ein Zimmer frei wurde, zog sich der Kunde mit der Dame seiner Wahl dorthin zurück, wo er dem Mädchen seinen Taler überreichte. Am Ende der Nacht rechnete Mattie dann mit ihren Mitarbeiterinnen ab, die für den Bronzetaler der schnellen Nummer drei Dollar und sechzig Cent erhielten. Mattie blieben zwei Dollar und vierzig davon übrig, und wenn die drei Mädchen fleißig waren, kam durchaus ein hübsches Sümmchen zusammen. Für einen Silbertaler erhielten die Mädchen sechs Dollar sechzig und Mattie vier Dollar vierzig, für den goldenen bekamen die Mädchen einundzwanzig Dollar und Mattie vierzehn. Das war für beide Seiten ein überaus lukratives Geschäft.
Eine Woche lang kam Cort jeden Tag bei Mattie vorbei, nachdem er Feierabend in der Schreinerei machen konnte. Er hatte längst die letzte Wand tapeziert, schien jedoch Matties Gesellschaft zu genießen. Am dreizehnten April, es war ein Tag vor Karfreitag, wurden die Möbel endlich geliefert. Mattie hatte schon Sorge gehabt, dass sie die Eröffnung verschieben musste, die sie für den kommenden Mittwoch angekündigt hatte.
Zwei Tage zuvor war sie mit Molly, Helen und Greta ins Fotostudio an der Second Street gegangen und hatte von allen drei Frauen Porträts und Bilder in eleganter Kleidung anfertigen lassen. Die Kleider waren zwar noch nicht so fein, wie Mattie es sich vorstellte, aber sie wollte, sobald ihre Kasse, die durch die Investitionen ins Geschäft sehr gelitten hatte, wieder einigermaßen gefüllt wäre, den Frauen etwas Geld leihen, damit sie sich vornehme Kleider anfertigen lassen konnten. Auf diese Weise verpflichtete sie die Mädchen auch, auf längere Zeit bei ihr zu bleiben.
Cort war nicht dabei, als die Möbel geliefert wurden, und Mattie war fast ein wenig enttäuscht, ihren neuen Freund nicht zu sehen. Doch spät am folgenden Abend, als sie gerade die letzten Handgriffe getan, die Betten mit weichen Decken ausgestattet und die Öllampen gefüllt hatte, klopfte er an die Tür. Sie hatte eigentlich gerade nach Hause gehen wollen.
Cort reichte ihr einen Strauß roter Rosen.
»Oh, sind die schön!« Mattie sog den Duft der Blumen tief ein und sah in seine inzwischen so vertrauten blauen Augen. Das dunkelblonde, dicke wellige Haar trug er halblang und mit einem Seitenscheitel, der gewaltige Schnurrbart war mit Bartwichse nach oben gezwirbelt. »Aber die Eröffnung ist doch erst nach Ostern.«
»Die Blumen sind nicht für die Eröffnung, Mattie, sondern einfach so. Ich hatte das Bedürfnis, sie Ihnen zu schenken.« Er sah sich um, und sein Blick blieb an den Fotografien der drei Frauen haften, die Mattie heute in den Empfangsraum gehängt hatte, damit die Kunden sich eine von ihnen aussuchen konnten, solange sie warten mussten.
Als Mattie sein Interesse bemerkte, kam ihr eine Idee. Es konnte nicht schaden, sich Cort als Helfer warmzuhalten, außerdem mochte sie den gut aussehenden und charmanten Schreiner.
»Ich spendiere Ihnen eine schnelle Nummer, als Dank für Ihre Hilfe«, sagte sie kurzentschlossen und deutete auf die Bilder ihrer Angestellten. »Suchen Sie sich eine der drei aus.«
Cort strich sich über den Schnurrbart und betrachtete die Fotografien lange. Schließlich drehte er sich zu Mattie um. »Die einzige Frau, die ich will, ist auf keinem dieser Bilder zu sehen.«
»So?«, sagte Mattie überrascht. Vermutlich sprach er von seiner eigenen Frau, auch wenn sie ihn bisher nicht als besonders treuen Ehemann eingeschätzt hatte, weil er seine Abende lieber mit Mattie statt zu Hause verbrachte. Sie wusste von seiner Frau auch nur durch den Ring, er hatte noch nie von ihr gesprochen.
»Ich meine Sie, Mattie.« Er trat einen Schritt näher und stand jetzt so dicht vor ihr, dass sie seinen Geruch nach Leim, Sägespänen und einem Hauch Moschus wahrnehmen konnte. »Sie sind die Frau, nach der ich mich verzehre.«
Cort streckte seine Hand nach ihr aus, und Mattie stockte der Atem, als seine Finger sanft über ihre Wange strichen. Bisher hatte sie in Cortez Thompson nichts anderes als einen guten Freund gesehen, der zwar attraktiv war, aber keinerlei Fantasien in Mattie weckte. Doch in diesem Moment sah sie seine vollen Lippen, die sanften Augen und den zärtlichen Blick und sehnte sich plötzlich danach, ihn zu küssen und zu liebkosen. Dieser Wunsch war so neu und unbekannt für Mattie, dass sie erschrak.
Cort näherte sich ihrem Gesicht, sein Mund war nur noch einen Fingerbreit von ihrem entfernt. Sie schloss die Augen, sog zitternd vor Aufregung die Luft ein und kam ihm entgegen.
Trillerpfeifen und Schreie rissen sie aus diesem Moment. Mattie öffnete die Augen, aber Cort schien noch nicht wieder in der Wirklichkeit angekommen zu sein. Sein Blick war verträumt, und er murmelte: »Was um alles in der Welt …?«
Mit zwei großen Schritten war er an der Tür und riss sie auf. Mattie nahm eine der Öllampen und folgte ihm. Auf der Straße zuckten zahlreiche Lichter durch die Dunkelheit. Pferde ritten vorbei und hinterließen eine gewaltige Staubwolke.
»Feuer! Feuer!«, rief irgendjemand, und Mattie sah in die Richtung, wohin die Menge strömte. Tatsächlich war ein orangeroter Schimmer am Nachthimmel zu sehen. Die Luft roch verqualmt und rußig.
Matties Herzschlag beschleunigte sich. Panik stieg in ihr auf. Hoffentlich wurde das Feuer gestoppt, bevor es die Stadt niederbrannte! Plötzlich überfiel sie die Angst, dass ihr Unternehmen zerstört sein könnte, bevor es überhaupt eröffnet worden war. Sie hatte ihre gesamten Ersparnisse in ihr Bordell gesteckt, und wenn das Feuer sich bis zu ihr vorarbeiten würde, wäre alles verloren. Dann hätte sie die letzten drei Jahre umsonst am Kartentisch gesessen und die aufdringlichen Männer abgewehrt, während sie ihnen das Geld aus den Taschen zog. Wieder von vorn zu beginnen wäre entsetzlich. Nein, das wollte sie auf keinen Fall.
Inzwischen war die Luft so verqualmt, dass sie von dem Rauch husten musste.
»Komm, Mattie!«, rief Cort. »Lass uns nachsehen, was da los ist.«
Mattie nickte und folgte ihm wieder hinein ins Geschäft, um die Öllampen zu löschen. Sie kontrollierte sorgfältig, dass auch die letzte Glut erloschen war, stellte die roten Rosen in die Vase auf dem Empfangstisch, verriegelte die Fenster und schloss dann die Tür zu. Dann folgten sie dem Strom der Menge in Richtung des glühenden Horizonts.
Als sie die Eighth Street erreichten, kamen sie nicht weiter, weil Menschen die Straße verstopften.
»Das Feuer ist unter Kontrolle!«, rief ein Mann, der auf seinem Pferd aus der Richtung der Brandstelle auf sie zugeritten kam. »Das Schulgebäude brennt. Glücklicherweise haben die Wachmänner das Feuer früh genug bemerkt, und sofort waren unzählige Männer da, die Wasser in Eimern herangeschleppt haben. Viele von ihnen sind Mitglieder der Feuerwehr. Seien Sie also beruhigt und gehen Sie nach Hause.« Dann ritt er weiter, um seine Nachricht auch an der nächsten Kreuzung den besorgten Bürgern zu verkünden.
Erleichtert drehte sich Mattie zu Cort um, der den Arm um sie legte und sie aus der Menge hinausführte. Schweigend liefen sie nebeneinander die Straßen entlang, den Feuergeruch in der Nase und den Schrecken noch in den Gliedern. Vor dem Boarding House, in dem sie wohnte, verabschiedete sie sich von Cort und stieg die Treppe zu ihrer Unterkunft hinauf.
Nachdem sie sich mit dem kalten Wasser, das sich noch vom Morgen in der Waschschüssel befand, den Ruß von Gesicht und Händen gewaschen hatte, fiel sie müde ins Bett. Aber sie konnte nicht einschlafen. Immer wieder sah sie Corts Gesicht vor sich und dachte darüber nach, was geschehen wäre, wenn das Feuer heute Abend nicht in der Stadt ausgebrochen wäre. Wenn sich ihre Lippen getroffen hätten und sie zum ersten Mal in ihrem neunzehnjährigen Leben einen Mann geküsst hätte. Und plötzlich sehnte sie sich danach, in Corts Armen zu liegen, durch sein blondes Haar zu streichen und seine Nähe zu spüren. Sie dachte an seinen sanften Blick, an die ruhige, zuverlässige Art, an seine Gesellschaft, die sie an den letzten Abenden so genossen hatte. Und mit seinem Bild vor Augen schlief sie irgendwann endlich ein.
Als sie am nächsten Mittag auf die Straße trat, war sie noch immer müde. Die Sonne strahlte von einem tiefblauen Himmel, die Häuser waren mit Girlanden und Blumen österlich geschmückt. Aber etwas schien nicht zu stimmen. Mattie sah sich verwundert um. Eigentlich spielten rund um die Feiertage immer fröhliche Kinder auf den Straßen, Männer und Frauen eilten umher, um noch schnell die letzten Besorgungen zu machen, die Gehwege zu kehren und die Pferde zu striegeln. Dann zogen sich alle ihre besten Kleider an, um das Osterfest zu feiern. Doch statt der üblichen Ostersamstags-Geschäftigkeit sah Mattie überall Menschen, die in Zeitungen vertieft waren oder mit gedämpften Stimmen und ernsten Mienen miteinander sprachen. Schnell eilte sie um die Ecke zur Sixth Avenue, wo sie bei einem Zeitungsjungen die Mittagsausgabe kaufte.
Erschrocken stieß sie einen Schrei aus, als sie die Schlagzeile las. Ihr Präsident Abraham Lincoln, der berühmte Sohn der Stadt, war gestern Abend im Theater in Washington angeschossen worden und heute Morgen verstorben. Mattie schlug die Hand vor den Mund. Sie selbst hatte Mr Lincoln und seine Frau Mary in ihrer Kutsche durch Springfield fahren sehen, als sie zu Besuch in ihrer alten Heimat gewesen waren. Mattie ging oft an dem Haus der Familie vorbei, das noch immer dem Präsidenten und seiner Frau gehörte. Erst letztes Jahr war Lincoln wiedergewählt worden, und ganz Springfield hatte gefeiert. Mattie ging durch die Straßen, die heute ungewöhnlich still waren. In ihrem Bordell setzte sie sich an den Empfangstisch und starrte ungläubig auf den Zeitungsartikel.
Dass gerade dieses Ereignis, das ganz Springfield, ganz Illinois und ganz Amerika erschüttert hatte, sich für Mattie als Goldregen erweisen würde, konnte sie an diesem Ostersamstag noch nicht ahnen. Ihre Eröffnung am darauffolgenden Mittwoch verlief eher ruhig und unspektakulär. Wenn sie sich erhofft hatte, dass die Kunden ihr die Tür einrennen würden, wurde sie enttäuscht. Es kamen zwar einige Männer, aber viele von ihnen drehten gleich wieder um, als sie erfuhren, dass sie sechs statt der üblichen fünf Dollar für die schnelle Nummer zahlen sollten. Einige blieben jedoch und schienen durchaus zufrieden zu sein. Mattie wusste, dass ihr Etablissement sauberer und eleganter eingerichtet war als die anderen Freudenhäuser der Stadt. Sie hatte aber nicht bedacht, dass das den meisten Männern gleichgültig war, die für möglichst wenig Geld ihre Lust befriedigt haben wollten.
Und doch gewann Mattie innerhalb der ersten zwei Wochen bereits einen festen Stamm an Kunden, die sie regelmäßig besuchten und ihre Zeit in Matties Haus zu genießen schienen. Trotzdem hatten ihre Mädchen noch zu viele Zeiten, in denen ihre Betten leer blieben. Mattie überlegte gerade, wie sie – ohne die Preise zu senken – die Auslastung des Bordells erhöhen konnte, als ihr Lincolns Tod in die Karten spielte.
Der verstorbene Präsident wurde am vierten Mai auf dem Oak Rich Friedhof in der Familiengruft beigesetzt, und zuvor gab es einen großen Trauerzug durch die Stadt, der sich direkt an Matties Etablissement vorbeibewegte. Viele wichtige Männer aus dem ganzen Land waren nach Springfield, Illinois, gekommen, um dem Begräbnis beizuwohnen. Manche von ihnen hatten ihre Ehefrauen dabei, aber viele waren ohne weibliche Begleitung angereist.
Mattie wies Molly, Helen und Greta an, sich ihre schönsten Kleider anzuziehen. Hell mussten sie sein, um sich von den dunklen Anzügen der Trauergäste abzuheben. Bevor der Leichenzug an ihrem Geschäft vorbeikam, öffnete Mattie die Vorhänge und ließ die Mädchen auf Stühlen in den Fenstern Platz nehmen.
Als die Prozession schließlich Matties Etablissement erreicht hatte, lächelten ihre Mitarbeiterinnen die Herren freundlich und einladend an. Mattie hatte die Preise vorübergehend um drei Dollar erhöht, schließlich sollten die Männer den Eindruck bekommen, einen erstklassigen Service zu erhalten, der deutlich teurer war als der von den konkurrierenden Bordellen in der Stadt.
Kaum eine Stunde, nachdem der Präsident zu seiner letzten Ruhe gebettet worden war, erschienen die ersten Trauergäste, um sich von ihrem Schmerz ablenken zu lassen. Mattie hatte nicht genug Sessel für all die wartenden Herren. Die Mädchen arbeiteten die kommenden Tage fleißig durch, und als die letzten Gäste abgereist waren, hatten Mattie und ihre Angestellten einen so hohen Umsatz erzielt, wie es wohl noch kein anderes Bordell in Springfield mit so wenigen Zimmern geschafft hatte. Und durch die prominenten Kunden, die Lincolns Beerdigung ihnen beschert hatte, wurden nun auch die ansässigen Herren der Stadt zunehmend auf Matties Etablissement aufmerksam. Wenn Senatoren und Abgeordnete dort Kunden gewesen waren, mussten auch die ersten Herren am Platz von Matties Frauen bedient werden.
Innerhalb weniger Monate hatte Mattie sich den Ruf als bestes Haus in Springfield erworben, und ihre Mädchen hatten kaum mehr als eine halbe Stunde Leerlauf. Mattie war so beschäftigt in den Wochen nach Lincolns Beerdigung, dass ihr erst spät auffiel, dass sie Cort seit jenem Abend, in dem das Feuer ausgebrochen war, nicht mehr gesehen hatte. Nachts dachte sie an ihn, aber tagsüber hatte sie keine Zeit für ihre Träumereien, und irgendwann war sie sicher, dass Cort sie vergessen hatte.
Brownsville, Pennsylvania, April 1865
Leah hatte während der dreistünden Flussfahrt zwischen großen Holzkisten gekauert. Jetzt kroch sie vorsichtig aus ihrem Versteck und sah sich um. Das Schaufelrad stand still, und die plötzliche Ruhe, die sich ausgebreitet hatte, wurde nur von den Rufen und den Schritten der Arbeiter unterbrochen, die damit begonnen hatten, den Dampfer zu entladen. Leah richtete sich auf und lugte an einer der Kisten vorbei. Sie beobachtete die Männer, die Säcke und Kartons schulterten und sie über die Planken ans Ufer des Flusses brachten, wo bereits Wagen bereitstanden, um die Waren weiterzutransportieren. Hinter dem Hafen konnte sie die Stadt aufragen sehen, die sich den sanften Hügel hinauf erstreckte. Massive Steinhäuser, viele von ihnen mehrere Etagen hoch, wechselten sich mit kleineren Holzbauten ab. Dazwischen befanden sich grüne Wiesen und ein paar hohe, schlanke Bäume. Fuhrwerke wurden von Gäulen die Straßen hinauf- und heruntergezogen. Leah tastete sich Schritt für Schritt aus dem offenen Frachtbereich des Heckraddampfers vor in Richtung Ausgang. Sie musste vorsichtig sein, in Pittsburgh hatte sie nur durch die Unachtsamkeit eines Schiffsjungen an Bord gelangen können, nun musste sie zusehen, wie sie unbemerkt wieder an Land kam.
Sie wartete, bis die Arbeiter mit den schweren Kisten das Schiff verlassen hatten, und stahl sich dann schnell über die schmale Planke, die zum Ufer führte. Dabei starrte sie auf den staubigen Boden, um möglichst nicht in Blickkontakt mit den Passanten am Hafen zu geraten. Sie wusste nicht einmal, wie das Schiff hieß, in Pittsburgh war sie auf die nächstbeste Fähre geschlichen. Auch das Ziel war zweitrangig gewesen. Jetzt sah sie sich um und erkannte ein Schild, das an einem Gasthaus an der Uferstraße angebracht war. »Brownsville Inn« stand darauf, weshalb Leah davon ausging, dass sie in der Nachbarstadt von Pittsburgh gelandet war, die sie bislang nur aus Erzählungen kannte. Die Schritte auf festem Boden waren zunächst ungewohnt. Es war ihre erste Schiffsfahrt gewesen, obwohl sie am Ufer des Monongahela River aufgewachsen war. Leider hatte sie diese aufregenden Stunden auf dem Wasser nicht so genießen können, wie sie es gern getan hätte, weil sie zu sehr damit beschäftigt gewesen war, sich vor den Arbeitern auf dem Schiff zu verstecken. Und doch hatte sie endlich wieder dieses aufregende Prickeln empfunden, das ihr in den letzten Monaten abhandengekommen war. Nur wenn sie mit Malcolm zusammen gewesen war, hatte sie es noch gespürt. Bis sie irgendwann gemerkt hatte, dass es ihr nicht um Malcolm gegangen war, sondern um den Reiz des Verbotenen.
Sie streckte die Brust heraus und hielt ihr Gesicht in die Sonne. Die Tasche in ihrer Hand war schwer, darin befand sich alles, was sie benötigte, um ein neues Leben zu beginnen. Obwohl sie neuerdings Kleider und Hüte besaß, die sie in den ersten sechzehn Jahren ihres Lebens nur aus der Ferne bewundern konnte, hatte sie sich vor ihrer Reise für einen einfachen dunklen Baumwollrock, eine schlichte Bluse und eine zum Rock passende Jacke entschieden. In ihrer Tasche lag eine weitere, ähnliche Ausstattung. Als einziges Accessoire hatte sie ihren kleinen eleganten Hut mitgenommen und trug ihn nun stolz auf ihren rotblonden Haaren, die von einem Netz zusammengehalten wurden.
»Nanu?«, hörte sie plötzlich eine Stimme neben sich.
Leah schrak zusammen und fuhr herum. Sie blickte direkt in das Gesicht eines Mannes mit Dreitagebart, Schifferkappe und den blauesten Augen, die sie jemals gesehen hatte.
»Was hattest du denn auf dem Schiff zu suchen?«, fragte er skeptisch.
Leah starrte ihn voller Panik an. War er Teil der Besatzung des Dampfers oder nur zufällig vorbeigekommen, als sie an Land geschlichen war? Da ihr auf die Schnelle nichts Besseres einfiel, erklärte sie: »Ich habe hier nur nach jemandem gesucht.«
»So?« Er zog die Augenbrauen zusammen. Sein Hemd war zerrissen, die Hose schmutzig. Er unterschied sich kaum von den anderen Männern, die hier ihr Tagwerk verrichteten. »Und bist du fündig geworden?«
»Ja«, erwiderte sie knapp, und ihr Griff um den Henkel ihrer Reisetasche verstärkte sich. Sie wandte sich zu dem Hügel, der vom Fluss zur Stadt hinaufführte. Während sie in Richtung der ersten Häuserreihe stapfte, machten ihre Schuhe ein schmatzendes Geräusch im Schlamm des Ufers. Sie hoffte, dass der Mann sich mit ihrer Aussage zufriedengeben würde.
Aber er fasste nach ihrem Arm und hielt sie fest. Er musterte sie von oben bis unten. »Zufällig kenne ich den Dampfer hier ganz gut, und ich weiß, dass es kein Passagierdampfer ist. Du scheinst noch sehr jung zu sein. Zu jung, um allein zu reisen. Woher kommst du?«
»Das geht Sie gar nichts an«, sagte Leah und schob widerspenstig die Unterlippe vor.
»Ich will dir nichts, Kind!« Er ließ ihren Arm nicht los, half ihr aber den Abhang hinauf. Als sie auf der unbefestigten Straße standen, die am Fluss entlangführte, fuhr er fort: »Aber du befindest dich hier auf gefährlichem Terrain. Die Männer sind nicht zimperlich, was Frauen angeht, und du bist außergewöhnlich schön.«
»Na und? Ich kann ganz gut auf mich selbst aufpassen.« Leah warf ihm einen trotzigen Blick zu. Insgeheim konnte sie seine Argumente jedoch nicht von der Hand weisen. Schließlich hatte sie ihr Aussehen in diese missliche Lage gebracht.
Der Mann beobachtete ein Fuhrwerk, das eine Wagenladung Fässer und Kisten zu einem der Dampfer brachte, die ein Stück weiter unten am Ufer lagen. Dann sah er Leah wieder prüfend an. »Wie alt bist du?«
»Ich bin einundzwanzig«, sagte sie schnell.
»Komm schon.« Der Mann schüttelte den Kopf und schob sie ein Stück die Straße entlang. »Das kannst du mir nicht erzählen. Wie alt bist du wirklich? Vierzehn? Fünfzehn?«
»Wozu wollen Sie das wissen?«, fragte sie und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien. Doch er hielt sie unerbittlich fest.
»Siebzehn«, brummte sie schließlich. »Und jetzt lassen Sie mich gehen.«
»Sag mir erst, was du vorhast«, forderte der Mann sie auf, ohne anzuhalten.
»Ich will weg«, stieß Leah aus. »So weit wie möglich weg von Pittsburgh.«
»Aha.« Er grinste, und Leah konnte erkennen, dass er noch alle Zähne hatte. Das war durchaus eine Seltenheit. Selbst ihr Mann Gerald, Arzt von Beruf, hatte bereits einige Lücken, die er durch teure Goldzähne hatte füllen lassen. Sie schüttelte sich unwillkürlich, als sie an den langweiligen Gerald dachte.
Drei Reiter kamen in wildem Galopp die Straße entlang, und Leah und ihr Begleiter mussten auf den Abhang ausweichen, um nicht unter die Hufe zu geraten.
Der Mann vor ihr wurde wieder ernst. »Jetzt kommen wir der Wahrheit näher. Du bist also auf der Flucht. Vor was oder wem?«
»Vor meinem Mann, wenn Sie es genau wissen wollen«, sagte sie und hielt erschrocken den Atem an. Das hätte sie ihm nicht verraten sollen. Hoffentlich schickte er sie nicht wieder nach Pittsburgh zurück. Männer hielten zusammen, das hatte sie inzwischen gelernt.
»Du hast jung geheiratet«, stellte er fest und schob sie noch ein Stück weiter, um einer Gruppe Arbeitern Platz zu machen, die einen Dampfer unter ihnen beluden.
»Mit sechzehn«, bestätigte Leah. »Was ist? Lassen Sie mich jetzt gehen?«
»Sag mir erst, was du vorhast«, wiederholte er seine Frage.
»Das habe ich doch schon gesagt. Ich will nur weg von hier.« Wieder versuchte sie, sich aus seinem festen Griff zu lösen.
»Und wohin ist weg?«
Leah zuckte mit den Schultern. »Ganz egal. Hauptsache, er findet mich nicht.«
»Ich kann dich hier nicht einfach allein lassen«, sagte er und seufzte. »Du bist zu hübsch. Die Männer würden sich auf dich stürzen wie ein Schwarm Fliegen auf einen frischen Tierkadaver.«
»Ich weiß mich schon zu wehren«, sagte Leah und funkelte ihn böse an. Warum dachten die Männer immer, dass Frauen hilflos wären?
»Ich spreche dir die nötige Intelligenz nicht ab«, antwortete er. »Aber ich fürchte, die Männer sind dir körperlich überlegen, und du würdest ihnen mit Verstand allein nicht entkommen. Wenn du also wegwillst, biete ich dir an, auf meinem Schiff mitzufahren.«
»Und Sie sind nicht so wie die anderen?« Leah sah ihn mit hochgezogener Augenbraue spöttisch an.
»Nein, das bin ich tatsächlich nicht«, antwortete er. »Und meine Männer habe ich ganz gut im Griff. Sollte dir einer von ihnen Scherereien machen, sagst du mir Bescheid, und ich regle die Sache. Da du von hier fortwillst, sollte dir das doch eigentlich zusagen.«
Leah sah ihn mit neuem Interesse an. Dieser Mann faszinierte sie. »Dann sind Sie also Dampfschiffer?«, fragte sie. Diese Schaufelradschiffe hatten sie immer schon interessiert. Schon als Kind hatte sie, wenn sie die Waren ihrer Familie auf dem Markt in Pittsburgh verkauft hatte, anschließend am Ohio River gestanden und die imposanten Boote mit ihren Promenadendecks ringsherum und den großen Schaufelrädern voller Staunen beobachtet. Dann hatte sie sich immer vorgestellt, wohin diese Dampfer wohl unterwegs waren, wer alles an Bord war und wie das Land aussah, in dem sie ihre Route beendeten. Sie hatte gehört, dass manche dieser Schiffe in den neu erschlossenen Westen des Kontinents fuhren, obwohl nur ein kleiner Teil von ihnen dort ankam. Die Fahrt war gefährlich, und es gab immer wieder schreckliche Unglücke. 1849 war ganz St. Louis abgebrannt, weil eins dieser Dampfschiffe explodiert war und sein Feuer auf einige nahe Boote und dann auf die Gebäude der Stadt übergegriffen hatte.
Leah wurde von zwei Schiffsarbeitern angerempelt, die eine sperrige Kiste schleppten und ihr ein paar unverschämte Sprüche zuriefen.
»Siehst du«, sagte ihr Begleiter und zog sie ein weiteres Stück beiseite. »Ja, ich bin Schiffskapitän und besitze einen eigenen Schaufelraddampfer. Ich weiß auch nicht, warum ich dir helfe, aber ich kann dich hier nicht einfach deinem Schicksal überlassen.«
»Und wohin fahren wir?«, fragte Leah, während sie ihm über den unebenen Untergrund am Ufer des Monongahela River folgte. Sie war noch längst nicht davon überzeugt, dass sie sich diesem Mann anschließen sollte. Er war allzu schnell bereit gewesen, sich ihrer anzunehmen. Allerdings war das keine neue Erfahrung für sie. Seit sie den Kinderschuhen entwachsen war, wollten die Männer Leah stets jeden Wunsch erfüllen, was sie in so manche Schwierigkeit gebracht hatte – wie zuletzt in diese unüberlegte Ehe, die Leah sich ganz anders vorgestellt hatte. Aber da sie keinen besseren Plan hatte, beschloss sie, sich erst einmal anzuhören, was der Dampfschiffer ihr anzubieten hatte.
»Nun, die nächste Tour geht nach St. Louis«, sagte er, während sie über das unbefestigte Ufer weitergingen. Der Matsch beschmutzte den Saum ihres Rockes.
»Und das hier ist mein Schiff.« Er blieb stolz vor einem mittelgroßen Schaufelraddampfer mit der Aufschrift Yankton stehen. Die weiße Farbe ließ die hölzerne Reling strahlen, die um die obere Schiffsetage verlief.
»Bitte.« Der Mann deutete auf die schmale Planke, die zum Boot hinüberführte. »Nach dir.«
Leah balancierte über das Holzbrett an Bord und fand sich gleich darauf zwischen prall gefüllten Säcken, verschiedenen Holzkisten, Fässern und gehackten Baumstämmen wieder, die gerade von einigen Männern auf das Schiff geschleppt wurden. Leah konnte in den Frachtraum des Dampfers schauen, dessen Tür genau vor ihr lag. Da lagerten schon Körbe mit Konservendosen und -gläsern, Metallbüchsen und Netze, die mit Töpfen, Pfannen, Schaufeln und anderem Werkzeug gefüllt waren, das vermutlich für die Goldgräbersiedlungen im Westen des Landes bestimmt war, von denen Leah schon gehört hatte. Der Geruch von frischer Farbe und Leim stieg ihr in die Nase.
Der Kapitän führte sie die Treppe in die erste Etage hinauf. »Du hast Glück, dass nicht alle Passagierkabinen belegt sind. Ich habe das Schiff erst kürzlich erstanden. Es war auf dem Missouri bei Yankton gesunken, und ich habe es billig gekauft, bergen lassen und renoviert. Ich werde damit hauptsächlich Waren transportieren, denn die Personenbeförderung lohnt sich nicht mehr, seit es die Eisenbahn hier gibt. Das ist nur noch auf dem Missouri interessant, wohin die Strecke noch nicht führt. Ist aber nur eine Frage der Zeit.« Er stieg eine geschwungene Treppe am Bug hinauf, die in die obere Etage führte. »Die Yankton ist zwar nicht so schnell und auch nicht so groß wie die Mississippi-Dampfer, dafür kann sie in hüfthohem Wasser mit voller Fracht noch sicher fahren.«
Sie hatten inzwischen die erste Etage erreicht. Von dort aus führte eine schmale Holztreppe nach oben aufs Dach, wo Leah das mit großen Fenstern ausgestattete Ruderhaus erkennen konnte.
»Im hinteren Teil des Dampfers befinden sich die Kabinen der Passagiere«, erklärte der Kapitän und deutete in die entsprechende Richtung. »Und hier vorne sind die Offizierskabinen. Also meine eigene, die des ersten Offiziers und die des ersten Heizers. Und sollte ich eines Tages einen Steuermann einstellen, wohnt der ebenfalls hier. Solange ich ihn mir jedoch nicht leisten kann, muss ich den Dampfer selbst steuern. Die Arbeiter schlafen im Frachtraum. Dort ist dir der Zutritt verboten.«
Leah nickte und fragte sich, ob der Mann nicht ein wenig übertrieb.
Er führte sie an der linken Seite des Schiffes entlang. Leah genoss den weiten Ausblick von hier oben. Hinter dem matschigen Uferweg erstreckte sich die Stadt mit ihren Gebäuden den Hügel hinauf. Einzelne Backsteinbauten ragten zwischen Holzhäusern und Hütten auf. Leah konnte gleich mehrere Baustellen entdecken, an denen neue Unterkünfte und Fabriken entstanden. Ihr Bauch kribbelte. Diese Stadt veränderte sich, sie war dabei, zu wachsen. Das ganze Land wuchs, neue Gebiete wurden entdeckt, und Leah wollte dabei sein, sie wollte so vieles sehen und erleben, vom Fortschritt profitieren, und heute hatte sie den ersten Schritt gewagt. Das Boot schwankte leicht unter ihnen, und sie fragte sich, wie es sich wohl anfühlte, wenn das Dampfschiff losfuhr.
»Das hier ist deine Kabine«, sagte der Kapitän, als sie vor einer Tür in der Mitte des Bootes standen. »Und gleich nebenan liegt die Hauptkajüte. Dort kannst du dich tagsüber aufhalten, sämtliche Mahlzeiten werden hier eingenommen.«
Plötzlich wurde Leah bewusst, dass sie keinen Cent besaß, mit dem sie diese Fahrt bezahlen konnte. Sie räusperte sich. »Sir, ich fürchte, es liegt ein Missverständnis vor. Da ich leider kein Geld habe, kann ich mir diese Reise nicht leisten.«
Er schüttelte lächelnd den Kopf. »Das ist mir schon klar.«
»Danke, Mr …« Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie seinen Namen nicht kannte.
»Rogers«, sagte er. »Henry Rogers. Und wie ist dein Name?«
Leah schluckte. Konnte sie ihm trauen? Sie beschloss, es nicht darauf ankommen zu lassen. »Jennie Smith.«
Er runzelte die Stirn. »Smith?«
Leah nickte. »Viele Leute heißen so.«
»Nun gut, ich werde nicht weiter nachfragen. Du bist auf der Flucht vor deinem Ehemann, und ich nehme an, dass du gute Gründe dafür hast.«
Er öffnete die Tür zu ihrer Kabine, und Leah betrat den engen Raum, in dem eine schmale Pritsche und ein Schemel standen. An der Wand war das Gestell für eine einfache Waschschüssel angebracht, daneben gab es eine ebenfalls in die Holzwand geschraubte Halterung für den Wasserkrug. Durch ein schmales Bullauge über der Tür fiel nur wenig Tageslicht. Aber Leah war zufrieden. Hier konnte sie schlafen, mehr brauchte sie nicht. Und wenn sie daran dachte, dass die Arbeiter sich im Frachtraum zwischen den Kisten ihr Nachtlager bauen mussten, kam ihr diese Unterkunft geradezu luxuriös vor.
»Wir legen in einer Stunde ab«, erklärte Kapitän Rogers. »Und wundere dich nicht – um nach St. Louis zu gelangen, müssen wir zuerst noch einmal nach Pittsburgh zurück.«
Leah sah ihn erschrocken an. Sie hatte keine Ahnung, wo St. Louis lag. Sie kannte bislang nur das Allegheny County und die Stadt Pittsburgh und letztere auch nur oberflächlich, obwohl sie in den vergangenen Monaten mit ihrem Mann dort gelebt hatte. Sie hatte gar nicht darüber nachgedacht, dass sie zurück nach Pittsburgh fahren müssten, um dann dem Flusslauf nach St. Louis folgen zu können. Was aber, wenn das nur ein Vorwand des Kapitäns war, um sie wieder nach Hause zu bringen?
»Ich gebe dir mein Wort, dass ich dich nicht in Pittsburgh rauswerfe«, versicherte Mr Rogers, der ihre Zweifel offenbar spürte. »Wir werden dort nicht einmal anhalten.«
Einen Moment lang zögerte Leah. Noch hatte sie die Möglichkeit, die Yankton zu verlassen. Aber wenn der Mann die Wahrheit sagte und ihr wirklich helfen wollte, wäre das hier tatsächlich eine gute Gelegenheit, weit von Pittsburgh fortzukommen. Leah hatte kein Ziel, sie wollte nur ihrem langweiligen Leben als Ehefrau entkommen, und eine Schifffahrt wäre ein guter Anfang. Vor der Hochzeit hatte sie sich das Leben als Gattin eines angesehenen Arztes aufregend und lebendig vorgestellt, doch die Wirklichkeit hatte sie schnell eingeholt. Ein langweiliger Tag hatte sich an den anderen gereiht, während vor ihrer Tür das Leben tobte. Begierig hatte sie sich auf die Zeitungen gestürzt, die Gerald achtlos auf dem Tisch liegen ließ. Sie hatte von Goldgräberstätten und neu erschlossenen Gebieten gelesen. Vom Vormarsch der Eisenbahn, neuen Berufen, die entstanden, Entdeckern, die in die Welt aufbrachen. Und sie saß zu Hause, mit dem langweiligsten Mann der Welt und zwei Dienstmädchen, die ihr sämtliche Arbeit abnahmen. Leah hatte gewusst, dass sie so nicht weitermachen konnte. Das war nicht, was sie sich erhofft, wovon sie geträumt hatte. Sie brauchte den Nervenkitzel, das Abenteuer. Und hier auf dem Dampfschiff sollte alles beginnen.
»Mr Rogers! Captain?«, rief sie ihm nach. Er hatte sich einige Schritte entfernt, drehte sich jetzt aber um und sah sie fragend an.
Leah warf ihre Tasche in die Kabine. »Warum tun Sie das für mich?«
Er musterte sie einen Moment lang schweigend. »Ich weiß es nicht.« Wieder schien er nachzudenken, ehe er fortfuhr: »Ich war mir ziemlich sicher, dass du, wenn ich dich deinem Schicksal überließe, ein übles Ende nehmen würdest. Ich habe selbst eine Tochter, nicht viel jünger als du, und ich würde mir wünschen, dass sie in einer ähnlichen Situation wie deiner ebenfalls Hilfe erhalten würde.«
»Danke, Sir«, sagte Leah leise, die die Worte des Mannes berührt hatten. Noch nie hatte sich jemand solche Gedanken um sie gemacht. Ihre Eltern waren froh gewesen, als Leah aus dem Haus war, und davor hatten sie in ihr nur eine willkommene Arbeitskraft gesehen. Und Gerald Fries, ihr Ehemann, hatte sie als schmückendes Beiwerk betrachtet, sie aber nie ernst genommen. Kein Wunder, denn Leah war ihm keine ebenbürtige Partnerin gewesen, sie hatte in der Sonntagsschule gerade mal Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt. Außerdem war er den ganzen Tag mit seinen Patienten beschäftigt, traf sich mit Kollegen oder untersuchte Organe im Hospital. Wenn er dann müde nach Hause kam und Leah ihm von den neuesten Entwicklungen im Westen erzählen wollte, über die sie so viel in der Zeitung gelesen hatte, winkte er ab oder schlief im Sessel ein.
Der Kapitän nickte ihr zu und stieg dann über die Treppe ins Ruderhaus hinauf. Als er merkte, dass Leah im folgte, drehte er sich zu ihr um. »Hier oben hast du nichts zu suchen. Das Ruderhaus dürfen nur ich und ein paar ausgewählte Mannschaftsmitglieder betreten.«
»Ich möchte Ihnen irgendwie danken, vielleicht haben Sie ja eine Aufgabe für mich?« Leah ließ sich nicht abhalten und sprang nach ihm auf die Schiffsbrücke. Hier gab es kein Geländer, und ihr wurde ein wenig mulmig, als sie auf das Wasser des Flusses tief unten hinabsah.
»Du bist eine Frau«, brummte er, »fast noch ein Mädchen. Was solltest du mir schon helfen können?«
»Ich möchte lernen, dieses Dampfschiff zu steuern«, sagte Leah aus einem Impuls heraus, als sie das Steuerrad in der Kabine sah. »Sie sagten doch eben, dass Sie einen Steuermann gebrauchen können.«
Leah rechnete damit, dass er sie auslachen würde, doch er sah sie nur ernst an. »Es ist schwer, ein Dampfschiff zu steuern. Man muss den Fluss ganz genau kennen, jede Sandbank und jede Untiefe. Bevor du ein Schiff übernehmen kannst, musst du die Strecke viele Male gefahren sein.«
»In Ordnung«, erwiderte Leah, überrascht darüber, dass er sie ernst nahm und ihr tatsächlich zutraute, das Handwerk zu erlernen. »Das werde ich tun. Ich begleite Sie, bis ich genügend Erfahrung gesammelt habe.«
»Nun, darüber reden wir später.« Er warf ihr einen Blick zu, der deutlich machte, dass er starke Zweifel daran hegte, ob Leah wirklich so lange auf seinem Dampfer bleiben würde, bis sie ihn steuern konnte. »Jetzt geh bitte hinunter, wir legen bald ab, und ich möchte dich lieber in Sicherheit wissen.«
»Ja, Sir«, antwortete Leah, der ebenfalls nicht ganz wohl bei dem Gedanken daran war, beim Ablegen des Dampfers hier oben auf dem Dach zu stehen, ohne eine Reling, um sich daran festzuhalten. Sie wollte sich gerade auf den Weg machen, als ihr noch etwas einfiel. »Wo ist Ihre Tochter jetzt?«
Mr Rogers strich sich über den Dreitagebart und ließ den Blick in die Ferne wandern. »Bei ihrer Mutter in Louisville. Während ich im Bürgerkrieg gekämpft habe, hat sie sich einen anderen Mann genommen. Angeblich dachte sie, ich wäre gefallen.«
»Das tut mir leid, Sir«, sagte Leah schnell und dachte, wie dumm seine Frau sein musste. Denn Henry Rogers war ein attraktiver Mann und führte ein aufregendes Leben. »Waren Sie vor dem Krieg auch schon Flussschiffer?«
»Oh ja.« Er nickte.
Das Leben auf einem Dampfschiff musste aufregend sein, viel aufregender als das einer Hausfrau, die den ganzen Tag darauf wartete, dass ihr Mann von der Arbeit zurückkam. Leah stellte sich ein Leben an Mr Rogers’ Seite vor. Er sah viel besser aus als der langweilige Doktor Gerald Fries. Sie betrachtete den Kapitän mit neuem Interesse. Er war zwar um einiges älter als sie selbst, aber seine Muskeln zeichneten sich deutlich unter dem Hemd ab, und seine blauen Augen hatten sie von der ersten Sekunde an eingenommen. Vielleicht würde sie in seinen Armen ja die Erfüllung und das Abenteuer finden, nach dem sie bei Gerald Fries vergeblich gesucht hatte.
Nachdenklich stieg sie die Treppe hinunter, um von der Reling vor ihrer Kajüte aus das Ablegemanöver zu beobachten. Bevor der Dampfer Fahrt aufnahm, wurden die Kessel angeheizt. Lautes Dröhnen ertönte, Rauch stieg aus den zwei Schornsteinen auf. Das Schaufelrad begann sich zu drehen, und dann fuhren sie los. Jetzt konnte Leah das vorbeiziehende Flussufer betrachten und den Fahrtwind im Gesicht spüren. Fasziniert lief sie zum Bug und schaute auf den vor ihr liegenden Monongahela River. Und plötzlich überkam sie das lang vermisste Gefühl von Freiheit und Abenteuer. Sie ließ ihren Blick über den breiten Fluss schweifen, die Wasseroberfläche glitzerte verheißungsvoll in der Frühlingssonne. Am Ufer standen Fischreiher, die nach Beute Ausschau hielten. Als sich ein elegant gekleidetes Ehepaar zu ihr gesellte, nickte Leah den beiden kurz zu und ging zurück in ihre Kabine. Sie musste vorsichtig sein und wollte sich nicht in ein Gespräch verwickeln lassen, zumindest nicht, solange sie Pittsburgh noch vor sich hatte. Vielleicht sollte sie sich irgendwo verstecken, bis sie an ihrer Heimatstadt vorbeigefahren waren, denn sie hatte nach wie vor Bedenken, dass Mr Rogers sie dort bei den Behörden abliefern könnte. Ob er ihr Geheimnis tatsächlich für sich behalten würde? Einerseits konnte sie sich nicht vorstellen, dass er so gemein war, andererseits war seine Hilfsbereitschaft wirklich verdächtig. Möglicherweise erhoffte er sich eine Gefälligkeit von Leah – die sie ihm gern gewähren würde –, oder er spielte ihr diese Freundlichkeit nur vor, um sie in Pittsburgh doch der Hafenpolizei auszuliefern. Aber wenn Leah sich jetzt vorsichtshalber irgendwo auf dem Heckraddampfer verstecken würde, würde das ihre Auslieferung nur verzögern, denn der Platz auf diesem Boot war begrenzt, sodass man sie früher oder später mit Sicherheit aufspüren würde.
Leah beschloss, sich abzusichern. Statt in ihrer Kabine die Geschehnisse untätig abzuwarten, konnte sie auch ebenso gut nach oben gehen und den Kapitän im Auge behalten. Zumal sie sich für Mr Rogers und seine Arbeit auf dem Dampfschiff ja sehr interessierte. Also verließ sie die enge Kajüte und machte sich auf den Weg ins Ruderhaus auf dem Dach.
Als sie den engen Raum betrat, verzog Henry Rogers missbilligend das Gesicht.
»Was machst du hier, Jennie?«, fragte er, und Leah brauchte einen Moment, bis ihr einfiel, dass sie ihm ja einen falschen Namen genannt hatte.
»Ich fühle mich einsam«, antwortete sie und sah sich im Ruderhaus um. Hinter dem Kapitän standen zwei Stühle und ein Tisch, auf dem einige Fernrohre und Dokumente lagen, die Leah nicht zuordnen konnte.
»Geh wieder nach unten«, sagte er und drehte sich nach vorn, den Blick wachsam auf den Fluss gerichtet.
Leah setzte sich auf einen der Stühle und betrachtete ein dickes Buch vor ihr auf dem Tisch.
»Was ist das?«, fragte sie.
»Das ist das Logbuch, darin notiere ich sämtliche Vorkommnisse an Bord.« Mr Rogers bewegte das riesige Steuerrad.
Von hier aus konnte Leah die beiden langen Schornsteine des Dampfers sehen, aus denen Rauch aufstieg. Sie wusste bereits, dass sich die Kessel zum Befeuern der Dampfmaschine ganz unten im Boot befanden.
»Fahren Sie immer dieselben Strecken?«, fragte Leah, während sie mit der Hand über das aufgeschlagene Heft strich. Lesen konnte sie nur sehr wenig davon.
»Das kommt auf die Aufträge an, die ich erhalte. Ich bin mein eigener Herr, bei keiner Gesellschaft angestellt. Das bedeutet, dass ich alle Einnahmen behalten kann. Aber es ist nicht ganz einfach, an Aufträge zu gelangen. Eine Gesellschaft ist meistens bekannter und wird von verschiedenen Seiten beauftragt.« Er hielt inne, um den Kurs des Bootes leicht zu korrigieren, denn in der Ferne tauchten die Schornsteine eines anderen Dampfers auf. »Aus diesem Grund habe ich mir einen Missouri-Dampfer zugelegt. Dieser Fluss ist schwer zu befahren, aber die Fahrten lohnen sich, auch wenn sie gefährlich sind. Glücklicherweise habe ich diese Fracht für St. Louis bekommen, dort muss ich mir dann etwas Neues suchen.«
»Von St. Louis aus wollen Sie also auf den Missouri?«, fragte Leah, die nur grobe geografische Kenntnisse hatte.
Der Kapitän nickte.
»Darf ich Sie begleiten?« Leah stand auf. Sie hatte bislang nur so wenig von der Welt kennengelernt, den Kontinent über seine Flüsse zu erfahren, schien ihr verlockend. Und schließlich war sie aus diesem Grund ja auch ausgerissen. Sie wollte so viel mehr erleben als die beengte Welt des langweiligen Doktor Gerald Fries. Henry Rogers schien ihr das Schicksal über den Weg geschickt zu haben. Er steckte voller Abenteuer und würde Jennie genau das bieten können, nach dem sie sich sehnte.
»Ich weiß nicht …« Mr Rogers zögerte. Er drehte sich zu Leah um. »Ich habe dich mitgenommen, weil ich dich vor den Flussschiffern und Arbeitern schützen wollte. Aber ich kann dich nicht ewig umsonst hier mitfahren lassen. Ich hatte eigentlich vor, dich irgendwo abzusetzen, wo sich jemand deiner annimmt. Vielleicht bei einer Missionarsstation, oder wir finden jemanden, der dich im Haushalt braucht oder …«
»Ich könnte mich an Bord nützlich machen«, schlug Leah schnell vor.
Mr Rogers lachte leise auf. »Und wie? Möchtest du den Heizkessel nachfüllen, an den Holzlagerplätzen neue Stämme an Bord schleppen? Fracht verladen?« Er schüttelte den Kopf.
»Ich möchte als Ihre Helferin arbeiten. Ich könnte Kommandos weitergeben, Ihnen Tee holen, Ihre Kajüte aufräumen …«
»Das kann ich schon selbst«, unterbrach er sie.
»Ich tue alles, was Sie von mir wünschen«, fügte sie hinzu und trat dicht neben ihn. Mr Rogers war gut einen Kopf größer als sie. Daher reckte sie sich, um ihm ins Ohr zu flüstern: »Wirklich alles.«
»Jennie«, seufzte er. »Ich habe dich mitgenommen, um dich genau davor zu bewahren. Ich will nicht, dass du dich verkaufen musst, auch nicht an mich.«
Leah zuckte mit den Schultern. »Ich tue es gern, ich mag Sie.«
Wieder schüttelte er den Kopf, aber Leah konnte sehen, dass er sich geschmeichelt fühlte. »Du könntest meine Tochter sein.«
»Und?« Sie schmiegte sich sanft an seinen Oberarm. Zum ersten Mal war sie ihm so nah, dass sie seinen angenehmen Geruch von Tabak, Seife und Schweiß wahrnehmen konnte. Es war der Geruch von harter Arbeit.
Henry Rogers stieß sie nicht von sich, was Leah als einen ersten Erfolg wertete. Allerdings bat er sie nach wenigen Sekunden, ihm das Fernrohr zu reichen. Leah musste sich also von ihm lösen, um das lange Gerät vom Tisch zu holen.
Nachdem er eine Weile hindurchgesehen und den Fahrweg vor ihnen überprüft hatte, gab er es ihr zurück. »Wir fahren gleich durch Pittsburgh. Wenn du nicht gesehen werden willst, solltest du in deine Kajüte gehen.«
»Oh, ja«, sagte Leah und befolgte seinen Rat.
Als sie nach einer Stunde wieder zu Mr Rogers nach oben kam, hatten sie Pittsburgh hinter sich gelassen. Bei ihm im Ruderhaus war ein Mann mit braunem Bart und zerschlissenem Hemd.