Immer wieder samstags: reloadet - Don Both - E-Book

Immer wieder samstags: reloadet E-Book

Don Both

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Beschreibung

Mia Engel ist immer noch jung, nicht die Schlankste und stammt nach wie vor aus ärmlichen Verhältnissen. Das ist aber auch schon alles, was beim Alten geblieben ist. Denn ihr persönlicher Sexgott hat nicht nur die Schönheit hinter der Fassade der unsicheren Frau wahrgenommen, sondern ist Mia-Baby regelrecht verfallen. Endlich hat Tristan sich eingestanden, dass es wichtigere Dinge gibt als oberflächliche Attraktivität. Während die beiden darin schwelgen, ihren sexuellen Horizont stetig zu erweitern, braut sich Ärger zusammen, und zwar in Form von Tristans Ex Eva Eber sowie Mias Vater. Eine Hürde nach der anderen schiebt sich den beiden in den Weg und es wird immer unmöglicher, diese zu meistern. Werden sie es schaffen, gemeinsam am Ziel anzukommen, oder zerbrechen? Zweiter Teil des Bestsellers, in einer Neuauflage!

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IMMER WIEDER SAMSTAGS

RELOADED

TRISTAN & MIA 2

DON BOTH

Immer wieder samstags

reloaded

Teil 2

Deutsche Neuauflage 2023 © Don Both

Coverdesign: Marie Grasshoff

Buchsatz: XOXO – Dress up your Books (Daphne Bühner)

Alle Rechte vorbehalten!

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages. Personen und Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Dieser Roman wurde unter Berücksichtigung der neuen deutschen Rechtschreibung verfasst, lektoriert und korrigiert.

Erschienen in der:

A.P.P.-Verlags GmbH

Loch 1305

9128 Walzenhausen

Schweiz

Kontakt: facebook.com/DonBothAutorin

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INHALT

Wie alles begann …

Verdammt sei die Nettigkeit

Forderungen

Der Frust mit der Liebe

Der Frust mit der Lust und das Glück mit der Liebe

Mein Mädchen, meine Brüder und ich

Zuhause bei Tristan Wrangler

Mein Mädchen und seine Wünsche

Die Hölle hat einen Namen

Stärke und Schwäche

Endlich ein Leben

Frühstück bei Tristan

Wrangler Clan

Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft

Tristan das Arschloch

Spring über deinen Schatten

Mein Mädchen ist mein Mädchen

Der Anfang vom Ende

Epilog

Danksagung

Über Don Both

Bücher von Don Both

WIE ALLES BEGANN …

Mia Engel, siebzehn Jahre jung, mollig, überzeugte Brillenträgerin, aus ärmlichen Verhältnissen kommend, oder kurz der Truthahn genannt, ist der Inbegriff eines unbeliebten Teenagers. Als würde dies noch nicht reichen, ist sie seit der ersten Klasse unsterblich in Aufreißer und absoluten Obermacho Tristan ´sexy´ Wrangler verliebt – natürlich ohne jegliche Erwiderung des arroganten Gottes. Durch einen alkoholverursachten Unfall findet dieser sich eines Morgens mit dem Truthahn in seinen Armen wieder, was für sein kostbares Image den absoluten Super-Gau bedeutet.

´Immer wieder samstags´ merkt er aber, dass Mia, obwohl sie nicht dem perfekten Supermodelbild entspricht, welches er im Bett normalerweise bevorzugt, andere Qualitäten besitzt und darüber hinaus auch die Macht, ihn ganz ohne Vorsatz um den hormongebeutelten Verstand zu bringen …

Ganz ohne etwas zu verlangen, verändert sie ihn, schleicht sich in sein Herz und nimmt es gefangen. Tristan (obwohl er es versucht) kann sich nicht mehr wehren … Er lässt seine Mauern fallen und sieht ein, dass sein Mädchen alles ist, was er nie gesucht hat, aber immer brauchte. Doch eines Samstags geschieht das Unabwendbare. Von den innigen Gefühlen und ein wenig Alkohol geleitet, verlieren sich die beiden völlig ineinander – seelisch sowie körperlich – vor der gesamten Schule. Tristan zieht die Notbremse, stößt Mia-Baby von sich und versucht, sie vor dem größten Übel zu bewahren – sich selbst …

* * *

»Du musst mich loslassen, Mia-Baby. Du musst aufhören, dich zwanghaft auf mich zu konzentrieren. Es gibt auch andere Dinge im Leben eines siebzehnjährigen Mädchens als ein sexbesessener Typ, der ein Arschloch ist.«

Hilflos schüttelte ich den Kopf, aber realisierte gleichzeitig, dass ich verloren hatte. Jede Faser schrie nach ihm, versuchte, sich an ihn zu ketten, ihn niemals gehen zu lassen, war bis zum Zerreißen gespannt. Bleischwer lastete die Unabänderlichkeit seiner Worte in dem abgeschotteten Raum des Wagens. Ich konnte ihn nicht überzeugen, wollte ihn nie einengen, nichts von ihm verlangen, also durfte ich es nicht komplizierter machen, als es war, auch wenn es mir das Herz brach. »Heißt das... es ist … aus?« Wie ich es schaffte, diese Frage zu formulieren und ihm damit mein Einverständnis gab, mich zu verlassen, diesen Traum endgültig zu beenden, würde mir immer ein Rätsel bleiben. Tristan presste die vollen Lippen aufeinander und nickte knapp. Seine Finger zitterten und zeigten noch mals eine Gefühlsregung, ansonsten wirkte er versteinert. Als er seine Hand fortzog, war es nicht nur der Verlust seiner Berührung, nein, die Wärme verschwand und wurde durch die eisige Kälte ersetzt, die Tristan fortwährend abzustrahlen schien. Alles andere von ihm war schon zu weit weg, unerreichbar. Sämtliches Blut wich aus meinem Gesicht, kalter Schweiß brach aus und ich wollte nur noch in der Leere versinken.

»Mia …«, krächzte er und ein letztes Mal kehrte er zu mir zurück. Sein Schmerz war deutlich hörbar. Eine Qual, die er selber herbeigeführt hatte. Ein letztes Aufbäumen einer noch nicht komplett gebrochenen Seite brachte endlich die Wut zum Vorschein, die ich bereits herbeigesehnt hatte, die sich aber bisher nicht einstellen wollte. Er hatte kein Recht, Schmerz zu empfinden oder verletzt zu sein! Er hatte doch alles zerstört, hatte mir das Messer tief ins Herz gejagt! »Ich hasse dich!« Meine Aggression brach sich Bahn, aktivierte letzte Kraftreserven, die ich nutzte, um gegen seine harte Brust zu schlagen. Geschockt über mich selber, handgreiflich geworden zu sein, stoppte ich, riss die Tür auf und stolperte ins Freie. Keinen Augenblick länger hielt ich es neben ihm aus! Als Abschied trat ich mit voller Wucht gegen die Tür, drehte mich wortlos um und stürzte in Richtung meines Hauses. Mein Zorn verpuffte genauso schnell, wie er gekommen war, und hinterließ gähnende Leere, in der es nur Verzweiflung gab, die so schwer wog, dass ich sie nur gedämpft wahrnahm. Genauso gedämpft wie die Splitter meines gebrochenen Herzens, die sich durch meine Eingeweide fraßen.

Mit quietschenden Reifen brauste er davon, und mit jedem Meter, den sich Tristan von mir entfernte, wurde ich stärker in die Vergangenheit der letzten Jahre katapultiert. Allein und einsam, nur dass es diesmal richtig wehtat. Ich hatte geliebt und verloren. Er hatte mich geliebt und dennoch von sich gestoßen. Mit Licht war er in mein Leben gestürmt, um es dann voller Dunkelheit zu verlassen. Wo lag darin der Sinn?

Erschöpft fiel ich auf die Knie, schlug die Hände vor das Gesicht und schüttelte meinen Kopf. Die Tränen erhielten neuen Antrieb, quollen ungehindert aus meinen Augen, um zwischen meinen Fingern hindurch, stetig auf den kalten dunklen Steinboden zu fallen. Meine Energie war verbraucht. War alles nur ein Märchen? Das Zusammensein mit meinem Helden mit den dreckigen Gedanken und dem knallroten Audi konnte nicht echt gewesen sein. So viel Glück wurde mir noch nie zuteil. Aber war es denn Glück, wenn man in den Himmel gehoben wurde, um danach unweigerlich dermaßen hart aufzuschlagen, dass einem vor Trauer die Luft zum Atmen fehlte? Ich wusste es nicht. Ich wusste gar nichts mehr. Nur in einem war ich mir restlos sicher: Von diesem Verlust konnte ich mich unmöglich erholen. Niemals.

Ende Teil eins …

VERDAMMT SEI DIE NETTIGKEIT

TRISTAN ›SAD‹ WRANGLER

Ich konnte einfach nicht schlafen, und das schon seit Tagen.

Immer, wenn ich meine angestrengten Augen schloss, wartete da etwas auf mich: ihr Gesicht. Es verfolgte mich überall hin, hatte sich förmlich hinter meine Lider gebrannt und wollte partout nicht verschwinden. Dabei war es ebenso wunderschön wie in meiner Erinnerung, nur dass es jetzt tränenüberströmt und von Qualen verzerrt wirkte.

* * *

Nach meiner Heimkehr an diesem verfickten Samstagabend hatte ich die fetteste Tüte geraucht, die die Welt je gesehen hatte, nur um mich zu beruhigen. Denn ganz ehrlich: Ich war ein nervliches Wrack und froh, dass ich die Fahrt überhaupt geschafft hatte, so sehr, wie ich zitterte. Selten war ich so durcheinander gewesen – oder gar ein so großer Wichser. Und das sollte echt was heißen! Wie hatte ich nur mein Mädchen so demütigen und sie in einem derart intimen, verletzlichen Moment fremden Blicken aussetzen können?

Inzwischen war offiziell, dass damit alles nur noch schlimmer geworden war. Durch mich, logisch, genauso, wie es Mia prophezeit hatte.

Die anderen würden sich nicht nur das Maul über sie zerreißen, sondern sie komplett zerfetzen. Tristan Wrangler, der mitten auf der Abschlussparty vor allen Schülern den Truthahn knallt. Ein ziemlich brisantes Thema, das deren Münder und Gedanken nicht sobald loslassen würde.

Wie konnte der Penner da oben oder irgendein ähnlicher Wichser nur so verschissen sadistisch sein? Hatte sie nicht schon genug Probleme? Musste ich da auch noch ihr Leben ruinieren – mit meiner dreckigen Klappe, meinem unersättlichen Ficker und dem größenwahnsinnigen Charakter?

Kurzum: Fuck!

Als der Joint vernichtet war, hörte ich Musik. Wie immer ohrenbetäubend laut …

Doch nach einigen Minuten raste mein Vater wie ein wilder Stier in den Raum. Es war mitten in der Nacht und er – unglaublich – wollte wohl schlafen. Motzend drehte ich den Regler herunter, riss mir die Kleidung vom Leib und warf mich auf mein Bett.

* * *

Und jetzt lag ich hier. Auf dem Rücken, mit hinter dem Kopf verschränkten Armen und betrachtete das Einzige, was mich in Situationen wie diesen, in denen alles Drunter und Drüber ging, wirklich entspannte: mein Bild.

Genau genommen handelte es sich um die Zeichnung meiner Lichtung, auf der ich damals fast täglich gewesen war, nachdem mein Dasein so mir nichts, dir nichts zerstört wurde, als meine Mutter sich umgebracht hatte. Dort gab es alles, was man zum Relaxen brauchte: viele Bäume, deren Laub leise in der Brise rauschte, sattes, weiches Gras, den frischen Geruch von Pilzen, Tannen und ein kleines Bächlein, dessen Plätschern effektiver beruhigte als jede Meditations-CD.

Ich liebte diesen Ort. Er war mein heiligstes Heiligtum – neben meinem Bett. Deswegen konnte ich es nicht glauben, als damals in der Schule einfach so ein Gemälde davon hing.Und hierbei ging es nicht einfach nur um ein Kunstwerk. Es strahlte genau das aus, was ich fühlte, wenn ich diese Zuflucht besuchte: Ruhe, Frieden, Geborgenheit. Beinahe wie Mia.

Ähnlich wie sie war es nämlich fucking perfekt. Jeder Grashalm, jedes blasse Wölkchen und jedes Blättchen schien mit Liebe zum Detail festgehalten. Man hätte es fast mit einem Foto verwechseln können und ich wollte so gerne erfahren, von wem dieses Wunder stammte. Doch die Lehrer schwiegen sich schmunzelnd aus – Arschkrapfen!

Nun sah ich mich wie üblich auf der großen Wurzel direkt über dem Bach sitzen. So musste ich die kilometerweite Wanderung nicht auf mich nehmen, um meinen Frieden zu finden, sondern konnte hier chillen und einfach nur die Zeichnung anschauen. Dieses Mal vermisste ich allerdings etwas neben mir auf diesem Holzgebilde der Natur: Mia Engel.

Seufzend vergrub ich die Finger in meinen Haaren, fuhr tief ausatmend über mein Gesicht und legte eine Hand auf meine Brust. Genau dorthin, wo es so verschissen schmerzte.

Ab jetzt würde sie in jeder Sekunde fehlen. Inzwischen wusste ich nämlich, was sie mir bedeutete: alles. Das würde immer so sein. Ganz klar. Sie konnte sich meiner ewigen Liebe sicher sein, ebenso dem Beschützerinstinkt ihr gegenüber. Dabei spielte es keine Rolle, dass ich alles versuchte, um einen Schlussstrich zu ziehen. Sie war mein Mädchen … für immer …

Und nicht nur das. Sie entsprach der Frau meines Lebens. Vergöttert und verehrt – bis in die Unendlichkeit –, jedoch auch zu gut für diese Welt. Zu gut, um auf einem beschissenen Baumstamm vor den anderen durchgefickt zu werden wie eine billige Nutte.

»Fuck!« Bei der Erinnerung an ihren Blick, als ihr klar geworden war, wo wir uns befanden und was wir getan hatten, zog sich mein Magen heftig zusammen.

Zunächst checkte ich die Möglichkeiten ab, den Partygästen die Schuld in die Schuhe zu schieben. Leider funktionierte das nicht so einfach. Wie denn auch? Was hatten sie schon getan, außer mich zu nerven?

Dann gab es da meine großen Brüder und deren Schlampen, die mich nicht mit Mia in Ruhe ließen und ständig die Wahrheit erfahren wollten, um sie anschließend gegen mich zu verwenden, mich bloßzustellen und mein Mädchen fertigzumachen … Wie man es jedoch drehte und wendete, selbst Tom und Phil konnte ich für meinen Mist nicht zur Verantwortung ziehen. Schließlich hatten sie nicht vor meinen Augen den heißesten Tanz hingelegt, den ich je sah, und nicht danach meinen Ficker in Mias Pussy gesteckt. Wäre ja auch echt eklig …

Ich gab noch nicht auf, versuchte immer zwanghafter, ein Opfer zu finden, um es für die Geschehnisse an den Pranger zu stellen. Ich konnte doch nicht wirklich so dermaßen schlecht sein, oder? Als Erstes war da selbstverständlich … Mia … Klar! Letzten Endes war der gesamte geile Scheiß zwischen uns abgelaufen und mein Ficker in ihrer Pussy gewesen … und was hatte der gejubelt und gejauchzt! Der Penner bereute übrigens nichts, wie üblich. Die Katastrophe war für den ein Freudentanz gewesen.

Aber genau das war doch auch ihr Ziel. Mia kannte mich gut – zu gut. Begonnen bei ihrer Ankündigung, dass sie keinen verdammten Slip trug. Ohne Umschweife, einfach so. Dazu mein Wissen, dass sie jederzeit bereit für mich war. Sogar im Schlaf lechzte sie geradezu nach mir, wie sie mir vor ein paar Wochen eindrucksvoll bewiesen hatte.

Yeah, dann war da natürlich sie an sich: ihre Art, ihre Ausstrahlung, die bedingungslose Liebe zu mir. Manchmal fühlte es sich an, als müsse ich platzen. Ich verwandelte mich in einen liebeskranken Zombie, mein Körper übernahm das Denken und sorgte stets dafür, dass meine Begierden in die Tat umgesetzt wurden. Wollte ich mich also mit dieser wundervollen Person komplett vereinen, tat ich es eben. Nur gut, dass ich dabei nicht so wirkte wie die sabbernden, verschleimten Untoten in den Filmen. Denn das wäre ziemlich unsexy. Auf jeden Fall war Mia Engel unschuldig, wie üblich.

Wäre ich ein dummer Scheißer, hätte ich sie verantwortlich gemacht, eben weil sie mit diesem manipulativen Mist zwischen uns begonnen hatte.

Meine Beobachtungsgabe war scharf und so etwas wie Einfühlungsvermögen, wenn es um andere Menschen ging, besaß ich sehr wohl. Instinktiv wusste ich, was gewisse Gesten und Ausdrücke bedeuteten und ahnte meist, was die Leute in meiner Nähe dachten. Das stellte im Boxring einen meiner Vorteile dar. Und das Leben ist ja bekanntlich genau jener in groß, mit unzähligen Gegnern, die es zu besiegen gilt. Man sollte sie zu Boden befördern, bevor sie einen verletzen können. Daher hatte ich schon früh gelernt, ihre Schwächen und Stärken zu erkennen und mein Auftreten anzupassen, um sie damit zu manipulieren. Darin war ich perfekt und sie hatte von mir gelernt – leider.

Besonders meisterhaft verstand ich es jedoch, Frauen zu beglücken. Mir war klar, was sie wollten, schließlich hatte ich Hobelschlunzen mit Genuss studiert – von innen und außen sowie von hinten und von vorne, aber auch von der Seite … Mein Mädchen verhielt sich keineswegs wie ihre Tittengenossinnen, eben weil es nicht so aufgewachsen war wie ein durchschnittlicher Teenager. Öffnete sie sich jedoch, wurde sie leicht durchschaubar. Einmal hinter die Fassade gelangt, konnte man gar nicht anders, als sich in sie zu verlieben.

An diesem berüchtigten Samstagabend war ich davon überzeugt gewesen, dass sie mich nicht abweisen würde. Ihre Gedanken drehten sich nur um mich, genauso wie meine nur um sie. Wir spiegelten sozusagen gegenseitig unsere Gefühle wider.

In dem Moment schien es so klar. So richtig … Mia wollte mich, ich sie. Ganz fucking einfach!

Nach dieser kurzen Zeit puren Glücks war aber alles so fucking kompliziert geworden. Ich hatte meine Lider geöffnet, die bisher fest zusammengekniffen gewesen waren, und wurde geradewegs mit dem absolut fassungslosen Blick meines Bärenbruders Phil konfrontiert.

Niemanden sonst sah ich mehr an. Seine Miene reichte, um mir die Tragweite dieses Desasters zu verdeutlichen. Jetzt war es offiziell:

Tristan Wrangler würde wieder Scheiße fressen.

Verdammt! Raus! Ich musste hier weg. Sofort! Und mein Mädchen gehörte natürlich ebenfalls aus der Gefahrenzone gebracht. Also stand ich einfach so auf, wie wir waren, und marschierte mit ihr davon. Dabei war ich ziemlich froh, dass meine Hose nicht unter meinem Arsch baumelte und dass sie ein Kleid trug, welches das Wichtigste verdeckte. Wirklich schnell erreichten wir das Auto, und logischerweise verstaute ich sie erst mal in meinem Baby Nummer zwei. Dann stieg ich ein, ließ den Wagen an und trat gleich das Gaspedal bis zum Boden. So, wie ich zu ihr nach Hause raste, jagten die Gedanken durch meinen Kopf. Meine Ideen gingen nur blöderweise ausnahmslos in eine fatale Richtung.

Du kleiner Wichser bist nicht gut genug für dieses Mädchen. Du wirst sie niemals glücklich machen und ihr das bieten, was sie verdient, sondern sie zerstören und ihr Leben noch schlimmer werden lassen, als es ohne dich schon war …

Denk nur ein verficktes Mal nicht an dich!

Hast du dir nicht geschworen, sie immer vor allem Leid zu bewahren? Sie zu schützen? Ja! Und das wirst du jetzt auch tun, gottverdammte Scheiße! Du setzt dem ein Ende und verteidigst sie vor dem größten Übel: dir selbst …

Und als wir innerhalb von fünfzehn Minuten an dem hässlichen Plattenbau ankamen, wusste ich, was zu tun war.

Ich hatte sie verlassen und mich getötet. Yeah, wirklich cool! Aus Glückseligkeit wurde tiefe Trauer. Bei ihr war es dasselbe. Die großen offenen Augen verloren jeden Glanz, wurden stumpf und leer, als sie realisierte, dass ich sie zurückwies. Das war doch nicht möglich! Es war falsch, falsch, falsch!

Ihr zu sagen, sie würde einen anderen finden, ätzte wie Säure in meinen Adern. Mein Körper begann zu zittern, bei der Vorstellung von ihr in den Armen irgendeines Wichsers. Mein Befehl an sie, mich zu vergessen, fühlte sich an, als würde ich mich eigenhändig strangulieren.

Als sie mich anflehte, bei ihr zu bleiben, mir entgegenhauchte, dass sie mich liebte, es für sie nie jemand anderes geben konnte und wir zusammengehörten, schrie mein Herz, dass sie recht hatte. Mia-Baby machte mich wieder mal so schrecklich schwach. Nur deshalb holte ich mir zum Schluss, was ich so dringend brauchte. Den Kontakt zu ihr. Ich berührte ihre weiche Wange und hämmerte mir dabei ein, dass dies das Ende war. Mein Entschluss stand fest, und ich wusste, dass sie es in meiner Mimik sah. Genau aus diesem Grund klammerte sie sich mit ihrem gesamten Sein an mich, wollte – konnte – mich nicht gehen lassen. Ein letztes Mal ihre zarte Haut spüren, ein letztes Mal in ihr wunderschönes Karamell eintauchen. Noch einmal gab ich nach …

Verzweifelt küsste sie meine Handfläche, überflutete sie förmlich mit Tränen und Schmerz. Und ich wollte nichts weiter, als sie in meine Arme ziehen, ihr klar machen, dass alles gut werden, ich sie niemals verlassen, und dass sie immer in meinem Herzen bleiben würde – selbst das war leider verboten.

Also baute ich sie erneut auf – jene Mauer, die ich jahrelang mit mir herumgetragen und die Mia Engel eingerissen hatte. Es tat physisch weh, mich vor ihr abzuschotten, aber ich schaffte es. Und danach … gingen das Leuchten, die Liebe und die Freude. Allein blieb ich in einem dunklen, leeren Raum zurück, in dem ich nur das Geräusch meines Atems und meines plumpen Herzschlages hörte.

Sie fragte mich, ob es aus sei, und die Worte brachten mich beinahe um. Sprechen war nicht länger möglich, aus Angst, dass ein einziger Ton die massive Wand zusammenbrechen lassen würde. Stattdessen nickte ich und entzog mich ihr. Taten mussten reichen, zu mehr war ich nicht fähig.

Was ich daraufhin in ihrem Gesicht erkannte, verfolgte mich bis heute: absolute Hoffnungslosigkeit.

Fuck! Ich hielt es kaum aus, mein Mia-Baby so zu sehen, hatte ich mir doch geschworen, sie nie wieder unglücklich zu machen. Fast knickte ich ein, alles in mir summte und vibrierte, der Putz bröckelte … verschissene Tränen brannten in meinen Augen. Aber dann – Gott sei Dank – kam ihr Hass! Und das war auch gut so, ich hatte es nicht anders verdient.

So einen Gefühlskrüppel wie mich sollte man besser nicht lieben. Hass war genau das Richtige, denn er machte es um so vieles leichter für sie. Das war das Wichtigste.

* * *

Trotzdem … Irgendetwas war immer noch verdammt falsch. Ich musste mit ihr zusammen sein, ohne sie funktionierte gar nichts mehr.

Das war mir innerhalb der letzten Tage klar geworden. Außerdem kehrte mein Egoismus in vollem Maße zurück, die Demütigung verblasste, die Erinnerung an die Geschehnisse dieses Samstags wurde fleckig.

Ihre weichen Lippen, ihre zärtlichen Hände auf meinem Körper, ihr losgelöstes Lachen, ihr hingebungsvolles Stöhnen – das würde ich nie vergessen!

Doch um bei ihr zu sein – ohne sie zu zerstören! –, musste ich mich ändern. Wie ich das anstellen wollte? Keine Ahnung!

Aber ich wusste jemanden, der nicht halb so ahnungslos war … Weil sie beide Personen kannte: mich und mein Mädchen.

Ich blickte auf die Uhr und angelte nach dem Handy, das sich am Boden neben meinem Heiligtum befand. Es war drei in der Früh. Sonntagmorgen, eine Woche nach dem Overkill. Sie war bestimmt wach und lag wahrscheinlich im Kingsize Bett meines Bruders. Genau der, der auch alles mit angesehen hatte … mich … in Mia, und der mich dafür ebenso fertigmachen würde wie Phil. Ich schluckte schwer und starrte das Telefon an.

Konnte ich es wagen?

Als ich mich durch meine letzten Anrufe scrollte, um Hexenschwesters Nummer zu wählen, erschrak ich mich fast zu Tode, weil es laut an meiner Tür klopfte.

»Fuck, Dad!«, rief ich wütend und sprang auf die Beine. Es war mir scheißegal, dass ich nur Shorts trug. Wenn es nach mir ginge, würde ich den ganzen Tag nackt herumlaufen. Wäre sowieso viel gemütlicher, seine Eier baumeln zu lassen.

Allerdings stoppte ich in der Bewegung, als ich ein leises, weibliches Kichern durch das Holz hörte, und riss kurz darauf fast die Klinke ab, weil ich mit Wucht daran zog. Mein Herz raste, blieb jedoch vor Enttäuschung beinahe stehen, als ich Vivis Glubschis bemerkte. Eine winzig kleine Sekunde hatte ich nämlich gehofft, mein Mädchen wäre da und würde mir einfach so verzeihen, wie sonst auch.

Ich war angepisst, obwohl ich Pumuckl eben anklingeln wollte und der mir mit seinem Auftauchen einige Arbeitsschritte abgenommen hatte. Ein schwarzes, mit Spitze besetztes, knappes Nachthemd hüllte sie ein, aber das interessierte mich einen Scheiß.

»Was machst du hier?«, fuhr ich sie an. Innerlich stöhnte ich entnervt über mich und meine unnötig ruppige Art.

»Ja, ich hab dich auch lieb, Tris. Schön, dass wir das geklärt haben. Und jetzt hab ich wirklich ein schlechtes Gewissen wegen dem, was passiert ist. Deshalb bin ich hier.« An meiner nackten Brust schob sie mich ins Zimmer und durchquerte es, um ihren mickrigen Hintern direkt auf meine Decke zu pflanzen! War das Weib nicht mehr ganz dicht?

»Geh sofort da runter!«, stieß ich knurrend hervor. Ich stand immer noch wie ein Idiot rum, und ihre Augen weiteten sich. Als ihr klar wurde, welchen Fehler sie soeben begangen hatte, sprang sie auf die dünnen Stelzen und tänzelte reumütig zum Sessel vor meinem Schreibtisch.

»Sorry, hab‘s vergessen … Dein Heiligtum ist ja nur für Mia reserviert«, murmelte sie leicht verlegen.

Fuck! Der Name! Es tat weh! »Was willst du?«, erkundigte ich mich erneut, diesmal gelangweilt und schloss leise die Tür, während ich mit einer Hand durch meine mit Gel verklebten Haare strich. Und neeeein, das Gel war nicht eine Woche alt! Niemals! Ich war doch so ein selbstverliebter, verdammt eitler Scheißer … na gut … es war schon sieben Tage alt! Auf diese Art hielt ich es zurzeit mit meiner gesamten Körperpflege, sie fand nämlich faktisch nicht statt!

»Sicher nicht mit dir ficken!« Ähm, was? Um was ging es? Ach ja, was sie hier wollte …

»Natürlich nicht!« Mit halb zugekniffenen Lidern schlenderte ich zu meinem Bett, um mich selbst auf mein allerheiligstes Heiligtum zu setzen. Ich lehnte mich auf die Arme zurück und legte den Kopf etwas schief.

»Tristan Wrangler, du bist ein Idiot!«

»Ich weiß«, erwiderte ich ungerührt, denn das war mir vollkommen bewusst.

»Es war absolut falsch, sie vor allen zu ficken.«

»Ach echt?«

»Sie hat es ehrlich nicht leicht.«

»Wirklich!« Ich war immer erstaunter.

Vivi rollte mit den Augen. »Du musst dich ändern!«, platzte es plötzlich aus ihr heraus und ihre Arme flogen nach oben.

»Ich weiß.« Was sollte ich sonst sagen? Dieses Mal stockte sie und starrte mich an.

»Du weißt?«

»Ja.« Ich zuckte mit den Schultern.

»Oh!« Das klang verwundert und sie tippte sich gedankenverloren gegen die Unterlippe. »Also … das ist einfacher, als ich dachte. Du weißt, dass du sie menschenunwürdig behandelt hast?«

Dieser Ausdruck ließ mich erschaudern und »Hm« brummen.

»Wow!« Ihr ehrfürchtiges Fixieren wurde stetig penetranter. Ich beobachtete währenddessen die wahnsinnig interessanten Bäume vor dem Fenster, fühlte ihren Blick aber trotzdem. Als ich sie schließlich anvisierte, fuhr sie zusammen.

»Und das war es schon? Wow? Du weißt doch sonst immer über alles Bescheid. Machst komische Pläne und mischst dich überall ein und hier übst du dich in verschissenem Minimalismus? Ein verdammtes Wow?«, ätzte ich.

Sie grinste. »Nicht wirklich.«

»Und?«

Das war der Startschuss zu Größerem. Hätte ich bloß meine Klappe gehalten. »Du solltest dringend lernen, die Leute um dich herum zu achten, und zwar so, wie sie sind.« Ich schloss entnervt die Lider, denn das war mir bereits bekannt. »Schau! Du musst damit aufhören!«

»Womit?«

»Mit deiner überheblichen Art! Du bist nicht der König der Welt und schon gar nicht der Beste in allem!«

»Stell dir vor, das weiß ich auch!«, knurrte ich.

»Aber du versuchst ständig, deine Schwächen mit angeblicher Stärke zu überspielen«, stellte sie fest.

»Okay, du Superhyperpsychotante, was hat der Scheiß jetzt mit Mia zu tun?«

»Ganz einfach! Es wird Zeit, dass du die Menschen überhaupt würdigst, um Mia respektieren zu können.« Ich wollte ausrufen, dass ich Mia sehr wohl respektierte. Allerdings musste ich mir eingestehen, dass ich sie in diesem Fall nicht so gefickt hätte, also schnaubte ich ziemlich tief und strich mit beiden Händen durch meine Haare. Ihre Logik klang logisch. Okay …

»Sei mal nett, Tristan. Wer Nettigkeit sät, wird Nettigkeit ernten. Glaub mir.« Aufmunternd und total in ihrer Therapeutentour gefangen, schmunzelte sie mich an.

»Schön! Dann bin ich eben nett!« Ich rotzte das Wort hervor, als wäre es verflucht, und sie lachte.

»Gut. Sag was Freundliches zu mir«, forderte sie wieder ernst und ich verzog beinahe schmerzhaft das Gesicht. »Mach schon. Das ist deine erste Übung am lebenden Objekt. Je öfter du dich liebenswürdig aufführst, umso leichter wird es dir fallen«, versprach sie.

Ich konnte mir das Augenverdrehen nicht verkneifen, aber schließlich dachte ich mir: Scheiß drauf!

»Du scheinst ja eigentlich ganz … in Ordnung zu sein«, murmelte ich etwas zaghaft und überlegte angestrengt, was ich noch sagen sollte. »Und du … bist für die Menschen da, wie so eine kleine Mutter Theresa in Hexenform.« Sie kicherte. »Du magst mein Mädchen, allein deswegen bist du einigermaßen cool, okay?« Der letzte Satz kam schneller als die vorhergegangenen und hörte sich ein wenig aggressiv an.

Sie strahlte. »Siehst du, das war doch gar nicht so schlimm! Und jetzt kommt die Nettigkeit zurück: Ich mag dich nämlich auch. Du bist ehrlich und nimmst kein Blatt vor den Mund, und tief in dir drinnen schlägt dein Herz am richtigen Fleck …«, trällerte sie fröhlich und ich schnaubte.

»Wär ja schlimm, wenn´s im Arsch schlagen würde«, hakte ich murmelnd ab. »Und morgen? Da muss ich nach der Schule das beschissene Interview mit ihr führen. Ich hab sie die gesamte Woche nicht gesehen …«

»Ich weiß.« Sie funkelte mich plötzlich so seltsam an, dass ich unwillkürlich die Luft anhielt. Vivi plante bereits wieder. Oh fuck, auf was hatte ich mich hier nur verfickt noch mal eingelassen?

»Du wirst während des Interviews der perfekte Gentleman sein, ihr die Jacke abnehmen, den Stuhl zurechtrücken, dich zurücklehnen, und Tristan, du machst sie nicht an!«

Total angeekelt musterte ich sie. »Du hast da anscheinend was nicht kapiert.« Meine kleine Göttin anzumachen, geschah ganz von selbst. Dagegen war ich absolut machtlos!

»Nein!« Mit ihrem erhobenen manikürten Zeigefinger fuchtelte sie vor meiner Nase herum. »Du hast was nicht verstanden! Du sollst sie wie eine Lady behandeln. Glaubst du, das bringst du zustande? Wenn du nämlich wirklich nicht mal dazu fähig bist, kannst du sie vergessen. Sie ist kein Objekt … keine Taschenmuschi, die du jederzeit zu deiner Befriedigung benutzen darfst, so wie es dir passt. Sie besitzt auch Gefühle und Bedürfnisse, und im Moment denkt sie, sie könne dich nur durch Sex halten. Das ist doch nicht richtig, oder? Du liebst mehr an ihr als nur ihren Körper, nicht wahr?«, fragte sie fast flehend.

»Natürlich«, stöhnte ich schwer. »Ich liebe alles an ihr.« Womit ich es zum ersten Mal in meinem Leben ausgesprochen hatte. Einfach so … und das, ohne vom verdammten Blitz getroffen zu werden und auf der Stelle tot umzufallen.

Vivi lächelte sanft. »Dann kümmere dich endlich um alles. Um ihre physischen Wünsche, aber auch um ihre geistigen. Somit wird sie lernen, dir nicht nur im Bett zu vertrauen, das ist es nämlich, was du willst. Also glaubst du, das schaffst du?«

»Ich denke schon …«, antwortete ich leicht entnervt. Sie blickte mich skeptisch an und verschränkte ihre Ärmchen vor der Brust.

»Glaubst du das echt, oder tust du nur so?«

»Ja, Mann!« Nun war ich wirklich pissig. Ich hoffte, sie würde nicht noch mal fragen, denn ansonsten hätte ich meine Nettigkeitsregeln kaum, dass sie festgelegt waren, sofort verletzen müssen.

»Gut!« Vivi grinste breit und stand auf. »Ich denke, ich werde mal wieder hochgehen. Tom ist bestimmt mit dem Kotzen fertig«

»Der Idiot säuft viel mehr, als gut für ihn wäre.«.

»Wenigstens tut er das nur samstags …«

Samstags … Diese Samstage hatten es ehrlich in sich. Ich seufzte, als ich an Tom und seine Reaktion auf meinen entblößenden Fick mit Mia Engel dachte. Bis jetzt hatte ich ihm, so wie allen anderen Lebewesen mit Erfolg aus dem Weg gehen können.

»Was sagt er eigentlich dazu?«, erkundigte ich mich tonlos und fühlte mich unwohl. Komischerweise verzog sich ihr Gesicht nicht auf die Art, wie ich vermutet hatte. Sie wirkte statt besorgt eher amüsiert.

»Frag ihn selbst!«

»Hä?« Wie auf Befehl klopfte es und ich erschrak mich beinahe zu Tode – schon wieder. Kein Wunder, ich war ja auch gnadenlos übermüdet. Vivi musterte ich äußerst misstrauisch. Wie hatte sie wissen können, dass es gleich klopfen würde?

Meine Mimik sprach wohl Bände, denn sie schwang gestresst eine Hand. »Ich habe vielleicht seine Schritte gehört, du kleiner Dödel!«, lachte sie und Tom polterte – wie ich nur mit Shorts bekleidet –, energisch ins Zimmer. Er schwankte nicht allzu sehr, hatte sich demnach ausgereihert und durfte somit meinen Tempel betreten.

»Was machst du hier?«, fragte er Vivi mit vorwurfsvoll gerunzelten Brauen, schnappte ihre schmale Taille, zog sie besitzergreifend an sich und pflanzte einen Kuss auf die fuchsroten kurzen Strähnen. Kichernd schlang sie ihre Arme um seine Hüften. Was sollte sie schon halb nackt mitten in der Nacht bei mir tun? Sie gab mir Psychogeheimtipps!

»Ich unterhalte mich nur ein bisschen mit deinem kleinen Bruder.« Sie zwinkerte mir zu; der Saftsack visierte mich mit verengten Augen an und löste sich von Vivi. Flüchtig kam ich mir vor, als wäre ich wieder vier und er sechs (oder scheiße acht?). Bereit, mich zusammenschlagen zu lassen, weil ich mich nicht wehren konnte.

Gleich würde er ihn loslassen, den Bombenzerstörungsspruch. Ich hielt vorsichtshalber den Atem an und wartete: Los! Sag es! Sag was Schlechtes über mein Mädchen, dann können wir loslegen!

Aber er legte die Stirn in Falten, verringerte die Distanz zwischen uns, kam plötzlich auf mich zu, packte mich an den Schultern und drückte mich an seine Brust. Direkt in den dichten Pelz, der dort genauso blond schimmerte wie das Haar auf seinem Kopf und mir in mein Riechorgan stach. Ich starrte sein entblößtes Fleisch an und wusste nicht, ob ich ihn angeekelt von mir stoßen oder vor Erleichterung heulen sollte. Denn das war wirklich nicht die Reaktion, die ich nach der Ex-Truthahn-Enthüllung erwartet hatte.

»Äh … Tommy?« Verwirrt linste ich zu Vivi, die grinsend ihre Nase krauszog, und sich meinen Regalen zuwandte.

»Oh Tris … Du musst dich nach der phänomenalen Scheiße echt ins Zeug legen, Alter«, murmelte er.

»Was?« Ich rückte von ihm ab und nahm diesmal ihn an den Schultern, um ihn mit einer Bewegung neben mir aufs Bett zu befördern. »Was zum Fuck willst du damit sagen?«

Leicht verschleiert sah er mich an. »Weißt du eigentlich, wie du sie am Samstag gefickt hast?«, erkundigte er sich leise. Entsetzt wartete ich, bis er weitersprechen würde, denn offenbar meinte er diese Frage verdammt ernst.

»Verdammt tief?«, riet ich unsicher, als von ihm nichts mehr kam.

Er lachte verhalten, doch dann wuschelte er mir plötzlich durch die Haare. Also er versuchte es. Da war nur leider eindeutig zu viel Uralt-Gel. Seine Finger verfingen sich und er riss sie fluchend und umständlich aus meiner dichten, sagenumwobenen, dunkelbraunen Masse, was scheiße wehtat. Ich widerstand dem Drang, ihm seine verschissenen ungeschickten Wurstfinger abzuhacken.

»Du benimmst dich manchmal wie ein kompletter Idiot!«, begann er schließlich, als er seine Hände irgendwann befreit hatte. »Aber trotzdem bist du mein kleiner Bruder. Ich liebe dich …« entsetzt blinzelte ich ihn an: Es war ihm wirklich ernst. Fest erwiderte er meinen Blick. Grünbraun in Blau. »Glaubst du etwa, ich bin total blöd? Ich habe miterlebt, wie du dich die letzten Wochen verändert hast. Weißt du, dass du neuerdings so häufig lächelst wie damals, als Mum noch da war? Als es uns noch gut ging?« Dass er das jetzt so deutlich machte, schockte mich. Wir redeten nie über sie, und weswegen unser Leben so im Arsch war.

»Du bist glücklich, weil du sie liebst! Und du hast sie auch mit Liebe ge … fuck, nein, das war kein Ficken … das war Lieben, Alter. Ich hätte nie geglaubt, dass du so was überhaupt kannst. Es ist alles so intim zwischen dir und Mia, jeder einzelne Moment. Wenn man euch zusammen beobachtet, kommt man sich vor, als würde man ein altes Ehepaar durch ihr Wohnzimmerfenster bespannen. Du hast sie echt geliebt. Nur verdammt noch mal am falschen Ort, du riesengroßer, schwanzgesteuerter Depp!«

Damit stieß er mit den Fingerspitzen rügend gegen meinen verfluchten Schädel, und ich griff mir mit gespitzten Lippen an die Stirn.

Tom lachte erneut. »Man könnte meinen, du wärst fünf und ich hätte deinen Bagger geklaut.«

Bei der Erinnerung schmollte ich sogar noch mehr. »Den Gelben?«

»Welcher Bagger ist nicht gelb?«

Grinsend zuckte ich die Schultern. Aber es gab Wichtigeres: »Also findest du es nicht … abgedreht? Ich und … Mia?«

»Mann, spinnst du? Ich finde es höchstens abgedreht, dass sie es geschafft hat, dir die Idiotie auszutreiben oder besser gesagt, auszuficken.«

»Hmm, das hat sie wohl …«

»Baby, du hast gute Arbeit geleistet. Deine Gehirnwäsche hat eins a gewirkt. Er kann denken!«, verkündete Tom seiner Freundin, die übrigens während der gesamten Zeit die Musik in meinem CD-Rack inspiziert hatte, als wäre sie gar nicht anwesend.

»Ich weiß«, betonte sie nonchalant.

»Ihr seid so bescheuert«, grummelte ich vor mich hin, achtete jedoch darauf, dass sie es ja hörten. Die Idioten lachten nur lauter und ich verdrehte die Augen. Aber dann fiel mir wieder die Tragödie ein, und ich seufzte tief.

»Das wird schon! Sie liebt dich, du liebst sie! Du fickst sie gerne, sie lässt sich gerne von dir ficken …« Erfreut schlug Tom mir auf den Rücken und ich funkelte ihn einschüchternd an. So hatte er nicht über mein verdammtes Mädchen zu sprechen! Er konnte sich immer noch nicht alles erlauben, auch wenn er mein großer Bruder war, der soeben bedingungslos meine Gefühle akzeptiert hatte und mich nicht wegen meiner Schwäche für Mia-Baby fertigmachte.

»Ohhhh, Tristan ist bööööse!« Tom tat, als würde er sich vor Angst schütteln und erhob sich. »Wir sollten schleunigst verschwinden, bevor er seinen Schlagring auspackt … und das ist kein Scherz.

Er hat einem Typen, so einem aufgepumpten Vollhonk namens Paul, mal damit die Zähne aus der Fresse gehauen, weil er gegen ein Auto gepinkelt hat, das neben seinem Audi stand, und dieser ein paar physikalisch nachweisbare Spritzer hätte abbekommen können. Das muss er sich aber abgewöhnen, denn auf so was steht seine Mia überhaupt nicht.« Er nahm die Hand der lachenden Minihexe und zwinkerte mir spitzbübisch zu, während er sie aus dem Zimmer zog.

»Der Penner hatte es nicht anders verdient«, brummte ich gelangweilt.

Fuck! Diese ganze Nettigkeitstour ließ mich schon jetzt wie ein Weichei erscheinen! Wo war nur meine geniale, grandiose, geile, heiße, absolut fantastische Einschüchterungstaktik geblieben?

Wo waren meine Mauern? Ach ja … Mia hatte sie eingerissen, die Frau, die ich liebte.

Morgen würde ich sie wiedersehen und versuchen, sie zurückzugewinnen – auf ehrlichem Wege, ohne ständig mit ihr zu spielen.

Ich würde daran arbeiten, ein besserer Mensch zu werden. Für sie …

FORDERUNGEN

MIA ›NOT HERSELF‹ ENGEL

Wie konnte es eigentlich so weit kommen? Das fragte ich mich unentwegt. Ich überlegte auch, was ich hätte anders machen können, an diesem verheerenden Samstagabend, an diesem Lagerfeuer, auf diesem Baumstamm, mit Tristan sexy Wrangler in mir und der halben Schule um mich herum.

Ihn zurückzuweisen wäre eine Möglichkeit gewesen; er hätte bei dem kleinsten Mucks von mir sofort aufgehört. Aber ich begehrte ihn in dem Moment mindestens genauso sehr wie er mich.

Ehrlich gesagt hatte ich nicht mehr viel von meiner Umgebung mitgekriegt. Abgesehen von dem Glühen seiner grünbraunen Augen, dem Gefühl seiner Wunder vollbringenden Hände auf meinem Körper, den vollen Lippen auf meinen und der talentierten Zunge, die meine massierte.

In dem Augenblick war es vollkommen richtig. Danach … war allerdings meine ganze Welt zusammengebrochen. All die Sicherheit und das Glück – in den letzten Monaten hart erarbeitet – hatten mich verlassen. Tristan hatte mich verlassen.

Mein Tristan, dieser perfekte, wunderschöne, junge Mann, dem ich seit der ersten Klasse verfallen war und von dem ich nie geglaubt hätte, dass er jemals dazu in der Lage sein könnte, mich den unbedeutenden, unerwünschten Truthahn zu lieben. Und der es dennoch getan hatte.

Mittlerweile entsprach dies eher der Vergangenheit, denn inzwischen wollte er mich nicht mehr. Und ich musste diese Tatsache akzeptieren.

Die restliche Woche verbrachte ich damit, mich irgendwie mit der neuen Realität abzufinden. Ich lag mit Stanley, meinem schwarzen Chihuahua, in den Armen auf dem Bett und heulte mich jede Nacht in den Schlaf. Die Tränen weigerten sich schlichtweg, einfach zu versiegen.

Er war weg!

Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, sobald mir mit der Kraft eines Vulkanausbruchs bewusst wurde, dass Tristan und ich nicht länger ein Paar waren. Dass ich ihn nie wieder anfassen und küssen durfte. Kaum überschwemmten diese Gedanken meinen Geist, kam es mir vor, als würde ich bei lebendigem Leibe in gleißender Lava ertrinken.

Die Liebe meines Lebens. Ich hatte sie gehabt und verloren. Das war das Allerschlimmste …

Darüber hinaus gab es weniger schreckliche Faktoren, die mir dennoch stark zu schaffen machten.

Beispielsweise, dass all die anderen gesehen und gehört hatten, wie wir miteinander schliefen. Am liebsten wäre ich nie mehr zur Schule gegangen, so unendlich peinlich war mir das Vorgefallene.

Zu allem Überfluss war Tristan nicht da, hielt sich konsequent vom Unterricht fern. Das Bedürfnis ihn anzurufen, kam in mir hoch, nur der Mut fehlte am Ende. Was, wenn ich ihn tatsächlich nie wiedersehen würde?

Vivi meinte, ich solle ihm Zeit lassen, aber ich vermisste ihn so schrecklich. Selbst nach sieben Tagen quälte ich mich ohne eine winzige Verbesserung und hatte so langsam das Gefühl, dass es nie wieder aufhören würde. Als könnte ich ihn jemals vergessen.

* * *

Am Morgen nach einer furchtbar langen Woche konnte ich meinen Anblick im Spiegel immer noch nicht ertragen und mied ihn, wo es nur ging. Mir war klar, dass mein Aussehen einer Katastrophe gleichkam. Also band ich meine wirren, braunblonden Haare blind zu einem Pferdeschwanz zusammen, putzte mir die Zähne, wusch mein Gesicht, schlüpfte in eine schlabbernde Jeans und einen zu weiten beigefarbenen Pullover und machte mich unwillig auf den Weg ins Grauen. Es war wirklich grauenhaft. Das Wetter tat sein Übriges. Der Himmel war dunkel verhangen, passend zu meiner Stimmung, und es nieselte.

Pitschnass kam ich in der Schule an und schloss mein Fahrrad an den Ständern an. Auch heute lag sämtliche Aufmerksamkeit auf mir, was seit Neuestem beinahe normal war. Ich vernahm fast das Tuscheln, das wie ein Wespenschwarm um mich herum schwirrte, spürte zudem, wie mich die Mädchen voller Neid scannten, auf der Suche nach Fehlern, über die sie sich ordentlich das Maul zerreißen konnten. Lange suchen mussten sie dafür nicht.

Mit gesenktem Kopf bahnte ich mir den Weg den Pausenhof entlang und bekam zunehmend ernsthaft Probleme, vernünftig Luft zu holen. Erst, als ich mich auf meinen Platz im Klassenzimmer fallen ließ, gelang es mir, einigermaßen durchzuatmen.

Tristan hatte ich weder getroffen noch ihn in der Menge ausgemacht. Vielleicht war es auch besser so, sein Anblick hätte mir vermutlich den Rest gegeben und mich in Tränen ausbrechen lassen. Was hatte ich jetzt noch von ihm zu erwarten? Durfte ich denn auf etwas hoffen? Die Tatsache, im Ungewissen zu sein, machte mir echt Angst.

* * *

Nur äußerst langsam verging der Unterricht. Einerseits begrüßte ich es, andererseits war es ein Fluch. Denn heute würde ich ihn garantiert wiedersehen, das stand fest. Zum ersten Mal seit …

Der Termin für das Interview, das er für die Schülerzeitung schreiben musste, stand noch an und fand in der Aula statt. Nur wie sollte ich das überleben, wie mich verhalten, wenn wir uns begegneten? Tristan Wrangler in meiner Nähe zu wissen, ohne ihn berühren zu dürfen? Unmöglich!

Nach wie vor spielte er die Hauptrolle in all meinen Gedanken und Träumen, meine Liebe zu ihm war ungebrochen. Gleichzeitig war Tristan allerdings so unberechenbar. Selten nahm er etwas ernst, daher konnte ich nicht einschätzen, ob er überhaupt erscheinen würde. Weder die Aussicht, ihm gegenüberzustehen noch die Möglichkeit, dass er mich versetzte, ließ einen Hoffnungsschimmer in mir gedeihen. Beides würde mich mit Sicherheit tiefer in das mittlerweile schon bekannte dunkle Loch stoßen, in dem ich mich befand, seit er mit mir Schluss gemacht hatte. Allein daran zu denken, tat wahnsinnig weh.

Als das Klingeln das Ende der letzten Stunde einläutete, blieb ich so lange sitzen, bis alle den Raum verlassen hatten. Ich wollte niemanden auf dem Gelände begegnen, um weiterhin die Anfeindungen ertragen zu müssen oder die anzüglichen Blicke der Jungs, die mich in ihrer Fantasie auszogen. Ich dankte Gott dafür, dass die Sportlehrerin heute krank war.

Als ich das Geschichtsbuch in meiner Tasche verstaute, vernahm ich ein auffälliges Räuspern und realisierte erst jetzt, dass mir meine Ruhe doch nicht gegönnt wurde. Fragend blickte ich auf, geradewegs in große dunkelblaue Augen, betont mit dickem Kajal, Mascara und glitzerndem lila Lidschatten. Eva Eber.

Das bedeutete nichts Gutes!

Kalter Schweiß brach mir aus jeder Pore. Und das nervöse Flattern in meinem Magen, das ich bereits den ganzen Tag wegen des bevorstehenden Treffens mit Tristan verspürte, nahm zu.

Mit ihrem rosa blinkenden Smartphone kam sie auf mich zugestöckelt, lächelte falsch und hob eine dünn gezupfte Braue, während sie einen Knopf des Telefons drückte. Ich runzelte die Stirn, denn es gelang mir anfangs nicht wirklich zu erfassen, was ich da hörte. Aber dann … sämtliches Blut wich aus meinem Gesicht, meine Lider riss ich vor Schock weit auf und keuchte. Durch den leeren Klassenraum hallte es: mein Stöhnen. Süffisant grinsend beobachtete sie die Veränderung meiner Mimik. Die sichtliche Genugtuung unterstrich ihre Hinterlistigkeit. Eva hatte unsere Nummer am Samstag gefilmt!

Konnte mein Leben noch schlimmer werden? Eindeutig!

Ich wollte schreien, weglaufen, sie angreifen, ihr das dämliche Handy aus der Hand schlagen, mich irgendwo verkriechen. Möglichst alles auf einmal, doch in der Realität erstarrte ich nur.

Nein, nein, nein! Bitte nicht!

»Hmm, obwohl du so fett bist, fickt er dich so … So hat er es noch nie mit mir gemacht … Wie er dich festhält …« Nachdenklich musterte sie den Mitschnitt, um mich anschließend unverwandt anzusehen. Ihre Miene war eiskalt und so hasserfüllt, dass ich erschauderte.

»Ich weiß nicht, was er an dir findet, oder wieso er gerade dich so behandelt! Wirklich nicht.« Abwertend glitt ihr Blick über mich, und ich fühlte mich entblößt, geradezu nackt. »Was willst du von mir Eva?«, flüsterte ich irgendwann, ohne das Selbstbewusstsein lauter zu sprechen, da meine Stimme fast brach. Ihr widerlich hohes Lachen drang schmerzhaft in meine Ohren.

»Nur das, was jede andere an dieser Schule auch will, du kleine dumme Kuh! Und ich war so nah dran … als ich den Dreier mit Valerie und ihm hatte. Aber dann kamst du dahergeschwabbelt!«, spie sie mir verächtlich entgegen, und ich zog die Brauen hoch. Mir kam in den Sinn, wie Tristan mit ihr umging, sie immer wieder in Verlegenheit brachte und sogar in der Turnhalle wegen mir zusammengestaucht hatte. Wie konnte sie ihn noch wollen? Ihn, der sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit demütigte? Gleichzeitig musste ich mir eingestehen, dass ich mich genauso verhalten hatte. Würdelos hatte ich ihm hinterher geschmachtet, so wie Valerie und Eva.

Doch inzwischen hatte sich alles verändert; ich konnte wenigstens mit Gewissheit behaupten, dass ich ihm wirklich etwas bedeutet hatte. Etwas, das Eva nie tun könnte.

Plötzlich überkam mich Ekel vor der alten Mia und dem Mädchen vor mir.

»Schau mich nicht so an! Du verstehst es nicht! Ich liebe ihn!« Tatsächlich mischten sich Emotionen in ihren herablassenden Ton. Sie klang verletzlich, und ich hatte fast Mitleid mit ihr. Aber nur fast, denn in Wahrheit liebte sie Tristan nicht. Vielleicht himmelte sie die äußere Hülle an, das, was er präsentierte, jedoch nicht den Menschen dahinter. Jene Person, die sie nicht kannte, und auch nie kennenlernen würde.

»Ich würde alles für ihn tun!« Oh Gott, ihre Aussage erinnerte stark an mich. »Wirklich … alles, weißt du …« Den Film hatte sie zum Glück ausgestellt, dennoch wackelte sie mit ihrem Telefon vor meiner Nase herum, sodass die Kunststeine darauf glitzerten. »Ich könnte das hier sogar deinem Vater zuspielen! Was meinst du, wird er wohl sagen?«, säuselte sie.

»Das kannst du nicht machen!«, warf ich panisch ein; sie grinste nur breiter. Allein die Vorstellung von Harald, der das Video sah … Nein, das musste ich verhindern! »Keine Angst, Mia. Ich werde es natürlich für mich behalten. Unter einer klitzekleinen Bedingung …«

»Ich soll mich von ihm fernhalten«, unterbrach ich sie reglos; es war ja nicht schwer zu erraten, worauf dieser Mist abzielte. Verbissen konzentrierte ich mich auf die Maserung des Tisches vor mir. »Mir scheint, du bist doch nicht so blöd, wie du aussiehst. Du hast recht. Keine Dates. Keine Küsse. Kein Sex. Du lässt ihn komplett links liegen.«

»Aber ich muss ein Interview mit ihm führen!« Geschlagen stellte ich den Blickkontakt wieder her.

»Kannst du ja, allerdings ohne ihn anzumachen und ihm deine …« Sie fuchtelte mit einem Finger vor mir herum, »Riesentitten ins Gesicht zu klatschen.« Mit einem Nicken signalisierte ich ihr, dass ich verstanden hatte. Momentan war es unmöglich, nur eine Silbe herauszubringen.

»Gut.« Sie schien zufrieden und ich widmete mich weiter dem Möbelstück, indem ich imaginäre Linien miteinander verband, immer darauf hoffend, dass sie endlich ging. Denn mir einzureden, dass dies nur ein Traum war, schaffte ich nicht. Nicht mehr. Ich wollte in Ruhe und vor allen Dingen allein zusammenbrechen.

Im Augenwinkel beobachtete ich, wie Eva das Handy in der Hosentasche ihrer knappen Jeans verstaute, und flehte innerlich, dass sie sich beeilte. Mit einer erstaunlich grazilen Drehung auf ihren hohen Schuhen hatte sie sich schon abgewandt, und Hoffnung keimte auf. Kurzfristig überlegte sie es sich jedoch anders, vollführte den nächsten an Akrobatik erinnernden Schwung, näherte sich mir erneut und drohte: »Und vergiss nicht! Wenn du ihn irgendwie anmachst, dann landet das hier schneller bei deinem Vater, als Tristan dich ficken kann!« Dann hob sie ihre Hand, als wäre nichts gewesen. Und bevor ich ausweichen konnte, tätschelte sie mein Haar wie einem braven Hund, um anschließend arschwackelnd aus dem Raum zu tänzeln. Mit dem Geräusch der zufallenden Tür ließ ich meinen Tränen freien Lauf und vergrub den Kopf in der Ellenbogenbeuge meiner auf dem Tisch befindlichen Arme, sodass meine Stirn die harte Holzplatte unter mir berührte. Wiederholt stieß ich dagegen, einfach um mich von diesem Irrsinn abzulenken, der die letzten Tage von mir Besitz ergriffen hatte. Tristan war längst verloren und ich komplett auf mich gestellt. Zwar könnte ich zu ihm gehen und von Evas Plan erzählen, aber entweder er erklärte mir, dass ich mit meinem Kram von nun an alleine klarzukommen hatte oder er flippte dermaßen aus, dass sie ihres Lebens nicht mehr sicher sein würde. Die Folgen wären katastrophal. Womöglich müsste er die Schule verlassen, während es dem Miststück trotzdem irgendwie gelang, meinem Erzeuger das Video zukommen zu lassen. Was für mich im Klartext bedeutete, dass ich abgeschoben wurde.

Harald – besagter Erzeuger – drohte mir seit Jahren damit, mich zu meinem Onkel Patrick zu schicken, sollte ich nicht so spuren, wie er es wollte. Ein paar Mal hatte ich den Kerl bereits getroffen. Mir wurde heute noch übel bei dem Gedanken an dessen eisblaue Augen, die mich boshaft musterten, geradezu durchleuchteten. Sein herzliches Lächeln wirkte wie die schlechte Karikatur eines durch und durch sadistischen Mannes, der Frauen wie Abschaum behandelte. Das Risiko, zu ihm verbannt zu werden, konnte ich nicht eingehen, unter keinen Umständen!

Also beschloss ich, Tristan nicht einzuweihen, schon weil ich eine weitere Demütigung nicht aushalten würde. Ich war mit meinen Kräften am Ende. Im Grunde wollte ich mich irgendwo einrollen und schlafen. Mich in eine Traumwelt flüchten, wo alles angenehm und friedlich war, nicht so kalt und dunkel wie mein Leben. Dennoch kam ich nicht umhin, mich zu fragen, warum ich und er nicht einfach ein ganz normales Liebespaar sein durften. So viel Glück war mir zuteilgeworden, als wir zusammengekommen waren.

Aber mit ihm hatte mich auch die Gunst des Schicksals verlassen. Nun schien meine glückliche Welt wie ein Kartenhaus einzustürzen, um alles Positive, was mir noch geblieben war, zu begraben.

Die laut tickende Uhr über der Tafel erinnerte daran, dass ich mich wieder der Gegenwart stellen musste. Genug mit dem Selbstmitleid und der Heulerei! Die Konfrontation mit Tristan würde mich ausreichend fordern, um diese Erpressung für einen kurzen Moment halbwegs zu vergessen. Die Schluchzer ebbten ab, und ich wischte mir die Tränenrückstände von den Wangen. Ein wenig kühles Wasser und er würde nicht mitbekommen, dass ich geheult hatte. Vorausgesetzt es interessierte ihn überhaupt. Schwerfällig erhob ich mich, verließ gerade das Klassenzimmer und war auf dem Weg zu den Waschräumen, als ich gegen eine harte, bekannte Brust stieß.

»Ups!«, entkam ihm. Er packte mich an den Oberarmen, als ich taumelte und fast das Gleichgewicht verlor. Immer war er da, um mich aufzufangen. Gleichzeitig fühlte ich seinen eindringlichen Blick auf mir, während ich den Boden fixierte – in der verzweifelten Hoffnung, man könnte mir so die tief greifende Traurigkeit nicht ansehen.

Ach, wem machte ich was vor? Das Glück ist eine Hure, die mich verlassen hat, dachte ich ungewohnt zynisch. Natürlich bemerkte er meine geröteten Augen und mein nach dem Weinen grundsätzlich fleckiges Gesicht. »Wer war das?«, blaffte er und ich wich vor ihm zurück.

»Wir sollten jetzt das Interview führen, dann muss ich heim«, versuchte ich abzulenken und vermied es weiterhin, ihn anzuschauen. Bestimmt entzog ich mich seinem Griff und wollte an ihm vorbei. Doch sein langer, muskulöser Arm hinderte mich daran. Mich an die Wand drängend kesselte er mich ein, die Hände links und rechts von meinem Kopf platziert, und lehnte seine Stirn an meine. Dieser Duft, die Wärme, seine Nähe … Ich war wie berauscht und ein Seufzen löste sich von meinen Lippen. Ungewollt, jedoch auch ohne die Chance, es zu verhindern, lud sich dieses Knistern, diese magische Energie zwischen uns auf. Gänsehautschauer rieselten meinen Rücken hinab – ich war völlig bewegungsunfähig.

»Bist du meinetwegen so fertig? Wegen Samstag?«, hauchte er mit ungewohnt rauer Stimme; sein Atem streichelte meine Haut wie seine Aufmerksamkeit meine Seele. Tristans Anwesenheit benebelte meinen Verstand. Tief in mir gab es allerdings jenen dunklen Punkt, der nicht von ihm eingenommen wurde und der unaufhörlich Evas Worte wiedergab – wie in Endlosschleife gefangen. Dieser abwertende, drohende Tonfall rüttelte mich wach, ließ mich erkennen, wo wir uns befanden und wie verfänglich diese Situation womöglich auf Außenstehende wirkte. »Nein.« Ich schluckte mühsam und versuchte, seinen großen Körper wegzustoßen. Ein wenig Distanz zu erschaffen, die es mir ermöglichte, wieder logisch zu denken. Aber er hielt mich mühelos an Ort und Stelle.

»Hat dich irgendwer blöd angemacht, Mia? Sag es mir! Ich will nicht, dass du wegen mir fertiggemacht wirst, okay? Egal, was mit uns ist. Ich lasse verfickt noch mal nicht mehr zu, dass sie dir was antun!«

Kurz wollte ich schwach werden, mich an ihn drängen, seinen dargebotenen Schutz annehmen und ihm alles beichten. Begonnen bei meinen Gefühlen, wie sehr er mich verletzt hatte, ich ihn aber dennoch von ganzem Herzen liebte. Dass die Welt trist und farblos ohne ihn war, bis hin zu Evas Erpressung, die mein Leben noch schlimmer machen konnte, als es bereits war. Am Ende brachte ich nichts hervor. Rein gar nichts, abgesehen von … »Nein, Tristan …« Meine Beine nahmen die Konsistenz von Wackelpudding an, und ich hatte die Befürchtung, dass sie demnächst nachgeben würden. Denn er kannte mich gut und durchschaute meine Lüge wahrscheinlich.

»Es war falsch, wie ich reagiert habe und falsch, gleich aufzugeben. Es tut mir leid …«, wechselte er abrupt das Thema und klang bedeutend heiserer. »Alles … außer das hier:« Langsam beugte er sein wunderschönes Gesicht zu mir hinab, streichelte mit der Nasenspitze meine. Und ich badete in seinem heißen Atem, der mich einhüllte, mir Frieden schenkte, bis er mit seinen Lippen hauchzart, fast schon fragend, über meine glitt. Ab diesem Moment lief ich auf Autopilot. Alles war vergessen. Ich krallte mich in sein graues Shirt und zog ihn an mich. Zu sehr hatte ich mich nach seiner Nähe gesehnt … Ich wollte sie auskosten, wenigstens ein einziges Mal. Es war nur eine Ausnahme, ein letzter Kuss zum Entwöhnen. Leider, oder besser gesagt Gott sei Dank, stolperte ich wieder ins Hier und Jetzt. Ich erfasste das Verbotene an unserem Kontakt und schob ihn kraftvoll von mir, um anschließend sofort unter seinem Arm durchzuschlüpfen. Viel zu überrumpelt protestierte er nicht. »Es ist zu spät … Bringen wir einfach das Interview hinter uns.« Tonlos reihte ich diese Worte aneinander, von denen mir nicht klar war, wen sie mehr verletzten. Ihn oder mich. Aber ich konnte, nein, durfte in diese sinnlosen Überlegungen keine Kraft verschwenden. Die brauchte ich, um einen Abstand zu schaffen, mit dem es mir gelang, diese Scharade aufrechtzuerhalten.

Absichtlich vermied ich es, mich auf den Weg zur Aula umzudrehen, wollte den Schmerz meiner Zurückweisung nicht in seiner Miene lesen. Tristan weiterhin nicht beachtend kam ich endlich an und sah zu allem Überfluss Tom Wrangler an einem der Pulte sitzen. Obwohl, vielleicht war das sogar gut. Ansonsten befand sich niemand im Saal.

Außer Puste ließ ich mich auf den erstbesten Stuhl ihm gegenüber fallen, als auch schon mein `Verfolger` neben mir Platz nahm. Ein kurzer visueller Ausflug in seine Richtung verriet mir, was ich wissen musste. Tristan war sauer. Sich zu mir wendend stützte er einen Ellbogen auf dem Tisch und ignorierte seinen Bruder dabei total. »Was soll das heißen, es ist zu spät? Spinnst du?«, erkundigte er sich aufgebracht, und ich seufzte. Warum war mir nicht gleich aufgegangen, dass er diese Sache nicht auf sich beruhen lassen würde? Wann gab er jemals einfach so nach? Nur, wie sollte ich ihm begreiflich machen, dass ich ihn nicht mehr wollte, wenngleich es eine eiskalte Lüge war?

»Es soll heißen, dass du ein Arschloch bist!«, rotzte ich ihm wagemutig entgegen. Tom holte scharf Luft. Ohne den Kopf zu heben, starrte ich krampfhaft vor mich hin, um nicht zu ihm zu sehen. Er würde mich durchschauen, ganz sicher. Und dann?

»Uhhh!«, kommentierte Tom, während Tristan mich mit seinem Blick durchbohrte. Es tat fast körperlich weh, weil ich seinen Schock beinahe spüren konnte. Gleichzeitig schämte ich mich zutiefst. Nur blieb mir leider keine Wahl.

Ein abfälliges Schnaufen neben mir ließ mich wankelmütig werden und mich doch auf ihn konzentrieren. Das Grün-Braun funkelte angriffslustig und sein Ausdruck verhärtete sich. Diese unbeschreibliche Wut fesselte mich, feuerte meine Angst an, die mich möglicherweise nie wieder verlassen würde, und hinderte mich daran, mich abzuwenden. Hoffentlich glaubwürdig setzte ich eine unbeteiligte Miene auf.

»So wollen Sie es, Miss Angel? Auf die Vorwurfstour? Gerne! Also … Du hast mich gereizt. Du wolltest es ebenso wie ich und hättest jederzeit sagen können, dass ich, verfickte Scheiße noch mal, aufhören soll. Aber du wolltest von mir gefickt werden! Ich hab dir lediglich einen verfluchten Gefallen getan!«

Das war ja wohl die Höhe! Der Typ klang wie ein verdammter Samariter. Ja, verdammt. Selbst das Fluchen in Gedanken war wohltuend! »Ja und!«, schrie ich plötzlich los.

»Du hast mich systematisch gefügig gemacht mit deinen Fähigkeiten und deinem … deinem … Scheiß-Ficker! Du bist einschüchternd schön und dazu gefährlich talentiert.

Du weißt exakt, wie du mich berühren musst, damit ich weder ein noch aus weiß! Und dir ist bekannt, dass dir keine Frau widerstehen kann und dass ich dir sowieso vollkommen verfallen bin! Also tu verdammt noch mal nicht so, als wärst du an dem Mist unschuldig!« Mit wilden Blicken fixierten wir uns, während er knurrend konterte. »Anders herum ist es doch dasselbe! Ich kann dir auch nicht widerstehen, verdammte Scheiße!«

Unsere Fäuste waren geballt und wir keuchten um die Wette, bis ich an Tom dachte, der uns mit offenem Mund anstarrte. Das war ernüchternd, also schüttelte ich flüchtig den Kopf, um mich zu sortieren.

»Jetzt führen wir das verschissene Interview und dann lass mich in Ruhe, Tristan! Das bringt nichts«, murmelte ich. Irritiert beobachteten mich beide, schätzungsweise, weil ich inzwischen hörbar fluchte. Toms künstliches Husten mündete in einem Glucksen, was von einem mürrischen Grunzen neben mir zum Schweigen gebracht wurde.

»Fein!«, knurrte Mister Angepisst und knallte einen Block auf den Tisch, den er förmlich aus seiner Schultasche gerissen hatte. Mit dem passenden Stift in der Hand legte er ohne weitere Verzögerung los. »Wo wurdest du geboren?«, fragte er superknapp und kalt.

»Hier!«, antwortete ich ebenso eisig.

»In dieser Aula, oder was?«, erwiderte er ätzend, und ich wollte ihm die Zunge rausstrecken.

»Ja! Direkt auf diesem Pult!«

»Was sind deine gottverschissenen Hobbys, außer mich fertigzumachen?«

»Mich von dir ficken zu lassen!«, keifte ich, worauf er nur sein Gesicht verzog, es aber aufschrieb. »Lernst du oft?«

»Nein!«

»Wie oft?«

»Gar nicht!«

»Trotzdem nur Einser?«

»Ja!«

»Ein verdammtes Genie, hm?«

»Scheint so.«

»Gleich und Gleich gesellt sich gern«, warf Tom freundlich ein.

Ich verdrehte theatralisch die Augen und dann ging es in ähnlichem Ton weiter. Wie ein Tennismatch knallten wir uns Fragen und Antworten um die Ohren. »Was ist dein Lieblingsfach?«

»Biologie!«

»War ja klar … Lieblingsfarbe?«

»Rot!«

»Lieblingsmusik?«

»Alternative und Rock!«

»Lieblingssport?« Hier strauchelte er und musterte mich eindringlich. Ohne eine Entgegnung meinerseits abzuwarten, schrieb er: Ficken mit Tristan Wrangler. Wir verkniffen uns ein Schmunzeln.

»Lieblingsgericht?« Diesmal klang er weicher.

»Lasagne und Antipasti.«

»Was wirst du tun, sobald du mit der Schule fertig bist?« Unvermittelt schien er besorgt, und ich realisierte erst jetzt, dass er es wirklich wissen wollte. Mir wurde warm im Bauch. »Ich werde Künstlerin.« Trotzig hob ich das Kinn, als er in der Bewegung innehielt, um mich fordernd anzusehen. »Und ich ziehe nicht weg«, zerstreute ich seine unausgesprochenen Ängste.

»Ich hätte dich sowieso nicht weggelassen«, stellte er trocken fest und notierte es. Mit vorgetäuschtem Stolz verschränkte ich die Arme vor der Brust, obwohl meine Gliedmaßen die Stabilität einer Qualle besaßen.

Tom hingegen, der die ganze Zeit unserem Duell lauschte, prustete plötzlich los, woraufhin wir ihn böse anfunkelten. »Läuft das ständig so zwischen euch ab? Wenn ja, dann will ich öfter dabei sein; ihr seid wirklich lustig!«, amüsierte er sich schulterzuckend.

»Das ist nicht witzig!«, motzten wir gleichzeitig und blitzten uns aus schmalen Augen an. Einerseits völlig lächerlich, andererseits war es uns tatsächlich bitterernst. »Okay, okay, ich bin still!« Tom grinste noch immer und lehnte sich entspannt zurück, als säße er im Kino. In Erwartung, dass die Vorstellung weiterging. Nur das Popcorn, Cola und die 3-D-Brille fehlten.

Tristan und ich blendeten ihn aus und nahmen einander weiterhin Maß, versuchten, den Gegner einzuschätzen und zu ergründen, was in ihm vorging. Mit einem Seufzen gab er schließlich auf und fuhr sich erschöpft mit beiden Händen durch sein wunderbares, dunkles Haar. »Wieso bist du so, Baby?«, platzte es aus ihm heraus.

»Weil es vorbei ist. Schon vergessen?«

»Fuck!« Sein Fluch wurde untermalt vom Geräusch des Stiftes, der seinen Fingern entglitt und auf dem Tisch landete. Verzweifelt malträtierte er erneut seine Strähnen. »Meinst du das echt ernst?« Das hörte sich verdammt resigniert an, obgleich etwas Hoffnung mitschwang.

»Du wolltest es so …«, nickte ich und bevorzugte es, meiner Umgebung mehr Aufmerksamkeit zu schenken als ihm. Ich ertrug es einfach nicht und fühlte mich miserabel, ihn wiederholt zu verletzen. Leider gab es keinen anderen Ausweg. Lieber lebte ich mit der Konsequenz, ihm kurzfristig wehzutun, anstatt ihm womöglich dauerhaft das Leben zu ruinieren, weil sein Temperament mit ihm durchging, sobald ich ihm den gesamten Mist beichtete.

»Nein, tut sie nicht«, ergriff Tom wieder das Wort, und ich blinzelte ihn giftig an. Entschuldigend hob Blondie die Hände. »Hey, ich habe vor, Psychologie zu studieren und mich ausreichend mit der Materie beschäftigt, um mich vorzubereiten. Also kannst du mir so schnell nichts vormachen. Mein Bruder muss ehrlich blöd sein, wenn er dir diesen Scheiß abkauft. Von wegen aus! Sieh dir mal deine Körperhaltung an! Du krabbelst ja fast auf seinen Schoß«, faselte er auf mich ein, erreichte jedoch nur, dass ich ertappt auf meine Unterlippe biss.