Immer wieder Sonntags... - Anne Wockenfuß - E-Book

Immer wieder Sonntags... E-Book

Anne Wockenfuß

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Beschreibung

Van Valentine, CEO der V&V GmbH, kehrte als erfolgreicher Firmeninhaber in seine Heimat nach Bautzen zurück. Er kaufte sich das Barockschloss in Neschwitz und hätte glücklicher nicht sein können. Doch zeitgleich mit seiner Rückkehr in die Heimat, begann eine regelrechte Mordserie. Alle Opfer waren Täter in einem früheren Vergewaltigungsdelikt. Kriminalhauptkommissar Anthony Slade war der führende Ermittler in den Mordfällen und er war sich sicher, dass Valentine hinter all dem steckte. Nur leider war dem Kerl nichts nachzuweisen! Jan Zimmermann, Rechtsreferendar seit einem Jahr, drei Monate und acht Tage und eingesetzter Pflichtverteidiger von Van Valentine, stellte auf eigene Faust Nachforschungen an, um zu beweisen, dass sein Mandant unschuldig war. Und es stellte sich die Frage: Wie viele Opfer gab es neben Valentine noch in dem damaligen Vergewaltigungsdelikt? Sowohl Zimmermann als auch Slade waren sich einig: Wenn sie die weiteren Opfer ausfindig machen konnten, hatten sie auch den Täter der Mordserie!

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Kapitel I

Van Valentine seufzte entnervt auf, als er das Telefonat beendete. Müde lehnte er sich zurück und schloss für einen Moment die Augen. So eben hatte er eine Schadensersatzforderung eines seiner Kunden abwenden können. Und das auch nur, weil es sich herausstellte, dass ein Mitarbeiter von seinem Kunden Mist gebaut hatte.

Tief atmete Van durch. Er war der oberste Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der V&V GmbH. Er zählte nun 32 Jahre und war seit über zehn Jahren im Geschäft. Er hatte seine Firma beim Pokern gewonnen und sich anschließend in den Allerwertesten gebissen, da diese Firma hochverschuldet gewesen war. Allerdings hatte Van sich nicht unterkriegen lassen und fing an die Firma zu sanieren. Und ja, in der Anfangszeit hatte er sogar noch nebenbei diverse Aushilfsjob gehabt, um zu überleben.

Fünf lange und harte Jahre hatte die Sanierung gedauert und nun konnte Valentine sich entspannt zurücklehnen. Er hatte expandiert und war schließlich der oberste Geschäftsführer eines weltweiten Imperiums. Und dabei konnte man nicht so recht sagen welchen Bereich die V&V GmbH abdeckte. Denn Valentines Firma machte irgendwie alles. Allerdings waren die Hauptstandbeine zu einem der Boten- und Kurierdienst, die Herstellung von Plüschtieren sowie ein nominierter Edel-Escort-Service. Es wurde sogar gemunkelt, dass einige der angesagtesten Nobelclubs des Landes zu Valentine gehörte, doch dieser schwieg sich aus und man konnte ihm leider nichts negatives nachweisen.

Auch waren immer wieder Gerüchte im Umlauf, dass Valentines Firma Drogenkuriere stellte. Nur dies nachzuweisen war ebenfalls schier unmöglich! Vans Weste schien blütenrein.

Ein letztes Mal atmete Valentine tief durch und schaute dann auf seine Rolex. Es war neun Uhr abends. Zeit für Feierabend! So fuhr er seinen PC herunter, räumte seinen Arbeitsplatz auf und die Akten wieder an ihren Platz und warf sich seinen langen Ledermantel über. Er richtete schnell seine langen schwarzen Haare, die er in einen festen Pferdeschwanz vereinigt hatte und zog sich schließlich noch seine weichen Lederhandschuhe an.

Langsam verließ er sein Büro und schritt durch die langen, leeren Gänge des Altbaus. Als er schließlich den Empfangsbereich im Erdgeschoss betrat, stockte er minimal und seine graublauen Augen weiteten sich.

Am Empfangstresen, der über Nacht von einem privaten Security-Mitarbeiter besetzt war, standen drei Herren. Einer in zivil und zwei in Uniform. Van überlegte kurz, ob er auf den Absatz kehrt machen sollte, da er wusste, dass es je nachdem eine sehr lange Nacht werden würde. Doch da wurde ihm die Entscheidung auch schon abgenommen, als sich die smaragdgrünen Augen seines ach so geliebten Lieblingskriminalhauptkommissars auf ihn richteten. Tief atmete Van also durch und ging nun mit festem Schritt auf seinen Lieblingspolizisten zu.

„Ich wünsche einen guten Abend, Slade... Wie kann ich behilflich sein?“, fragte der Geschäftsführer kühl, aber neutral.

Anthony Slade, Kriminalhauptkommissar, musterte sein Gegenüber und lächelte freundlich. Seit fast fünf Jahren versuchte er Valentine hinter Gitter zu bekommen. Doch irgendwie schaffte der Kerl es immer wieder zu entkommen!

„Ich wünsche ebenfalls einen guten Abend, Valentine!“, antwortete er ruhig und freundlich. „Unten an der Schleuse bei der alten Wasserkunst im Spreetal wurde eine Leiche gefunden.“

Van hob gelangweilt eine Augenbraue. „Ist wieder einer von der Friedensbrücke gesprungen? Gut für die Anwohner, da brauchen sie den Dreck nicht wegzumachen“, meinte er ruhig. „Und nein, ich habe niemanden entlassen und somit einen Grund für Selbstmord gegeben!“

Slade verengte minimal seine Augen. „Nein, kein Selbstmord. Genickschuss. Nachdem der arme Teufel wohl einmal durch die Hölle gefoltert wurde und wieder zurück“, erklärte er bereitwillig. Nun stockte Van und musterte Slade mit funkelnden Augen. „Wollen Sie mir etwa erklären, dass ich darin mit involviert wäre? Ihnen ist schon bewusst, dass dies auf falsche Verdächtigung hinausläuft!“, grollte er warnend.

Fast schon amüsiert hob Slade nun seinerseits eine Augenbraue. Wurde der große Valentine etwa nervös? Wie süß war das denn?

„Keine Sorge, Sie werden nicht verdächtigt. Allerdings bin ich wegen einer anderen Sache hier“, meinte der Kriminalhauptkommissar nun leicht amüsiert und holte gemütlich ein Schreiben aus seiner Tasche. „Sie werden der Steuerhinterziehung verdächtigt und ich werde Sie hiermit vorläufig festnehmen. Kommen Sie freiwillig mit oder muss ich Ihnen Handschellen anlegen?“

Van Valentine entglitten die Gesichtszüge, als er den Vorwurf hörte. Das war doch ein schlechter Witz?! Fast schon grob riss er Slade den Haftbefehl aus der Hand und las ihn sich durch. Der war hieb- und stichfest. Leider. Da konnte man nichts machen. Er gab den Haftbefehl wieder zurück und lief murrend los. „Ich komme freiwillig mit...“

Slade lachte nun warm auf. Das ging ja schnell! Nun hieß es, Valentine in die Zelle bringen und dann Feierabend! Besser konnte doch ein Freitagabend gar nicht laufen!

Kapitel II

Jan blickte von seinem PC auf und schaute auf die Uhr. Upps! Er war spät dran! Nur zögernd speicherte er sein PC-Spiel ab und beendete es. Dann sprang er auf, hetzte durch seine kleine Ein-Raum-Wohnung, um sich Schuhe anzuziehen, nach einer Jacke zu greifen sowie nach Handy und den Autoschlüsseln und schon rauschte er aus seiner Wohnung. In Rekordzeit war er die Treppen der vier Etagen hinunter gehechtet und schon riss er schwungvoll die Tür seines kleinen Fiat Puntos auf.

Er startete den Motor, schaltete das Radio ein, steckte den USB-Stick an den entsprechenden Anschluss und schon hämmerte äußerst brutal Rammstein aus den hoffnungslos überlasteten Lautsprechern des kleinen Wagens.

Jan Zimmermann war stolze 25 Jahre jung, hatte Jura studiert und sehr erfolgreich sein erstes Staatsexamen bestanden. Nun war er seit einem Jahr, drei Monaten und exakt sieben Tagen in seinem Rechtsreferendariat und ihn machte die Arbeit wirklich Spaß. Er wollte unbedingt Richter werden, da er die Hoffnung hatte, durch faire Prozesse die Schuldigen hinter Gittern zu bekommen und somit die Welt ein Stück besser zu machen. Sein Mentor im Referendariat war der Jugendrichter Hergot.

Ja, Jan konnte es kaum erwarten, sein Referendariat zu beenden und sich dem zweiten Staatsexamen zu stellen, damit er endlich Richter werden konnte!

Laut die Texte von Rammstein mitgröhlend, fuhr Jan die Autobahn entlang und schaffte es noch relativ rechtzeitig bei seinen Eltern anzukommen. Natürlich durfte er sich zu aller erst eine Predigt anhören, dass er nicht die Musik so laut aufdrehen sollte. Dann wurde beanstandet, dass er nur in einem weitem Trainingsanzug gekommen war und sich nicht ordentlicher angezogen hatte. Leise murrend ließ Jan alles über sich ergehen, da er wusste, er konnte daran eh nichts ändern.

Als er es endlich geschafft hatte, sich ins Haus zu kämpfen, wurde er erst einmal von dem Hund begrüßt und natürlich ging Jan mit ihm auch direkt eine Runde spazieren – wenn er denn schon einmal da war. Und natürlich genoss der junge Mann es auch mit dem Hund Gassi zu gehen. Konnte er sich ja in seiner kleinen Wohnung kein Tier halten. Außerdem waren seine Arbeitszeiten so ziemlich alles, nur nicht regelmäßig!

Nach einem fast einstündigen Spaziergang wurde Jan gerügt, dass er so lange weg war und das Essen kalt werden würde und endlich saß die Familie am gedeckten Mittagstisch. Und das war der Moment, warum der junge Mann immer wieder in den Schoß seiner Familie zurückkam.

Gesättigt lehnte sich Jan zurück und lachte gerade über einen Scherz von seinem Papa, als plötzlich sein Handy klingelte. Der junge Mann runzelte verwirrt die Stirn und griff nach dem Telefon um zu stocken, als er die Nummer von seinem Mentor auf dem Display erkannte. Sofort sprang er vom Tisch auf und ging in das Wohnzimmer, als er das Telefonat annahm. Denn wenn Richter Hergot ihn anrief, kam dies in der Regel einem halben Weltuntergang gleich.

„Ja, hallo Richter Hergot. Was ist los?“, wollte Jan direkt wissen und ein leises Lachen nach einem kurzem Stocken erklang. „Hallo Herr Zimmermann, ich hoffe, ich störe nicht?“ Jan schüttelte leicht den Kopf. „Naja, ich bin gerade bei meinen Eltern Mittag essen“, erklärte er ruhig.

„Oh, das tut mir Leid, dann grüßen Sie bitte Ihre Elten von mir. Es ist nur folgendes: Es wurde an mich herangetreten, ob ich jemand wüsste, der gegebenenfalls als Pflichtverteidiger agieren könnte. Der Mandant hatte zwar eigene Anwälte, doch diese weigerten sich das Mandat zu übernehmen und sämtliche anderen Anwälte, die als Pflichtverteidiger in Frage kämen, konnten die entsprechende Zeit nicht aufbringen und da dachte ich an Sie, Herr Zimmermann. Sie sind doch nun seit über 15 Monate Rechtsreferendar und so könnten Sie doch rein rechtlich gesehen die Verteidigung übernehmen.“

Jan stockte kurz. Das war ja einfach nur genial! Das war DIE Chance schlechthin. Auch wenn er nicht einsah, warum er einen Verbrecher verteidigen sollte, so war er sich bewusst, dass dies einfach mit dazu gehörte. Außerdem würde die Wahrheit schon rauskommen, wenn sein zukünftiger Mandant unschuldig war.

„Worum geht es, wenn ich fragen darf?“, wollte er dann noch wissen. „Steuerhinterziehung. Eigentlich eine ganz simple Sache. Da Valentine mit dem Finanzamt quasi verheiratet ist, wird es sich schnell klären, dass er unschuldig ist. Allerdings benötigt er dennoch einen Rechtsbeistand, da U-Haft erlassen wurde.“

Jan stutzte. „Valentine? Sie reden von VAN Valentine? Geschäftsführer der V&V GmbH?“ Der Jugendrichter lachte leise auf. „Ja, genau von dem reden wir.“ - „Na dann wird das in maximal drei Tagen erledigt sein! Valentine wird alles nachgesagt, aber kein Falschspiel bei den Steuern!“ - „Meine Worte, Herr Zimmermann. Nehmen Sie das Mandat an?“ - „Bleibt mir eine andere Wahl?“, lachte Jan frech. „Nein. Dann werde ich Sie als Pflichtverteidiger durchgeben und dann würde ich Ihnen empfehlen sich unverzüglich in die JVA Bautzen zu begeben, um mit Herrn Valentine zu reden.“ - „Sie können sich auf mich verlassen!“, sagte Jan mit fester Stimme, verabschiedete sich und legte auf.

Tief atmete der junge Mann durch. Das war harter Tobak! Dann grinste er breit, steckte sein Handy wieder weg und ging in die Küche. Er würde jetzt erst einmal noch einen angenehmen Sonntag mit seinen Eltern verbringen.

Kapitel III

Van Valentine saß auf seinem Bett und starrte gedankenverloren auf die Wand ihm gegenüber. Er fühlte sich dreckig und irgendwie komplett gelinkt.

Für ihn war es mehr als nur ein Schock gewesen, als er am Samstagmorgen dem Haftrichter vorgeführt wurde und dieser entschied, dass Valentine in U-Haft sollte. Dieser Umstand hatte zur Folge, dass er nun einen Verteidiger brauchte und sich nicht mehr selbst verteidigen durfte. Soweit so gut. Nur weigerten sich seine Anwälte das Mandat zu übernehmen. Und nun musste er doch tatsächlich auf einen Pflichtverteidiger zurückgreifen! Und laut seinen Informationen hätte sein ernannter Pflichtverteidiger schon am gestrigen Tag hier aufschlagen sollen!

Valentine war sauer. Richtig sauer! Er wollte gar nicht wissen, was für einen Amateur man ihm zur Seite gestellt hatte!

Jan grinste siegesgewiss, als er die JVA betrat. Er fühlte sich mehr als nur vorbereitet. Als er gestern Abend nach Hause gefahren war, hatte er sich noch mit seinem großen Gesetzbuch hingesetzt und sich einige hilfreiche Paragraphen rausgesucht, die er brauchen würde, um Valentine aus der U-Haft zu bekommen. Er hatte sich auch den Haftbefehl und den Beschluss zur U-Haft durchgelesen und ja, er war sich mehr als nur sicher, dass er Valentine gleich direkt mitnehmen konnte! Das würde so ein Kinderspiel werden!

Geduldig füllte er sämtliche Formulare aus, ließ seine Tasche mitsamt Inhalt kontrollieren und sich ebenfalls. Er beantragte dann auch direkt mit dem Haftrichter zu sprechen und schließlich ließ sich Jan durch die Gänge der JVA führen.

Van horchte auf, als er die Schritte auf dem Gang hörte. Er wurde nervös. Ja, er war noch keine 72 Stunden im Gefängnis und hatte schon direkt begriffen, wie es hier ablief und vor allem, dass es richtige Arschlöcher beim Aufsichtspersonal gab.

Er hörte Stimmen und konnte drei Leute unterscheiden und diese blieben vor seiner Zellentür stehen. Langsam erhob sich der Geschäftsführer und blickte abwartend zur Tür.

Schlüssel rasselten, es klickte ein paar Mal und da wurde die Zelle geöffnet. „Herr Valentine, Ihr Anwalt ist da. Bitten folgen Sie uns“, sprach die Aufsichtsperson und trat bei Seite.

Van schluckte leicht und trat aus der Zelle. Sofort wurde er von den zwei anderen Beamten in die Mitte genommen und diese führten ihn direkt schweigend durch den Gefängnistrakt bis er in ein kleines Zimmer gesetzt wurde, wo er nun wartete.

Wie lange Valentine wartete, wusste er nicht. Er brodelte so voller Wut über seine erzwungene Machtlosigkeit und schmiedete Rachepläne, dass Tage hätte vergehen können und er hätte es nicht bemerkt. Doch plötzlich wurde seine Aufmerksamkeit auf die Zimmertür gelenkt, die so eben aufgeschlossen wurde. Die Tür öffnete sich und eintrat... ein Kind! Mit einer großen Aktentasche. Dieses Kind trat freudestrahlend auf Valentine zu und reichte ihm direkt die Hand. „Hallo Herr Valentine. Ich bin Jan Zimmermann, Ihr Verteidiger!“, stellte sich Jan sogleich vor.

Wie betäubt, ungläubig und zu keinem Gedanken fähig, schlug Van in die ihm gebotenen Hand ein und nickte nur still, während er sich ein „Erfreut“ von den Lippen zwang.

Noch immer fassungslos beobachtete Valentine nun, wie dieser Jan sich abwandte, die Aktentasche öffnete und anfing Dokumente und Unterlagen auf den kleinen Tisch auszubreiten. Dann holte er noch fein säuberlich eine kleine Federmappe aus der Tasche und setzte sich hin. Fragend blickte er schließlich zu Van auf. „Wollen Sie sich nicht setzen?“

Van Valentine atmete tief durch und setzte sich schließlich an den Tisch. „Sie sind aber kein Rechtsanwalt, oder?“, fragte er dann leise sein Gegenüber. Jan grinste breit. „Nein. Ich bin Rechtsreferendar und seit etwas über 15 Monate im Referendariat“, erklärte er stolz.

Der Geschäftsführer schluckte trocken. „Und Sie wissen, was Sie zu tun haben?“, wollte er misstrauisch wissen, woraufhin er von seinem Verteidiger verwirrt angeschaut wurde. „Ja, natürlich! Wir werden Sie jetzt aus der U-Haft rausholen und dann klipp und klar zeigen, dass der Vorwurf der Steuerhinterziehung totaler Schwachsinn ist!“

Valentine musterte diesen Zimmermann skeptisch. Irgendwie konnte er der ganzen Sache nicht so Recht trauen... Verdammt, man hatte ihm ein Kind an die Seite gestellt!

„Wie alt sind sie?“, wollte er dann wissen und wieder grinste Jan breit. „Ich bin 25 Jahre!“ Und das war der Moment, wo sich Van Valentine bereits auf dem Schafott sah.

Sein Verteidiger hatte so ehrliche, unschuldige braune Augen, die sanft leuchteten. Jan strahlte die Naivität eines Kleinkindes aus und schien komplett unbedarft. Er war gerade mal dem Kindesalter entwachsen und hatte noch nicht einmal ansatzweise Erfahrungen in dem, was er da eigentlich tun sollte und Van war sich sicher, Jan wusste noch nicht einmal, wie es in der weiten Welt überhaupt zuging!

Fast schon verzweifelt strich sich Valentine mit einer Hand durch seine Haare und blickte direkt auf, als die Zimmertür aufging und Richter Hiller eintrat. Dieser stockte ganz kurz, als er den schon beinahe flehenden Blick des Geschäftsführers sah und ließ dann seine Augen zu dessen Verteidiger wandern und er musste sich ein Schmunzeln verkneifen. Valentine könnte ihm ja beinahe leid tun!

Jan erhob sich direkt, als Richter Hiller eintrat und strahlte ihn freundlich an. „Guten Tag. Ich bin Jan Zimmermann, Herr Valentines Verteidiger“, stellte er sich vor und reichte die Hand. Hiller blickte amüsiert auf die ihm gebotene Hand und schlug mit einem festen Händedruck ein. „Freut mich. Hiller. Haftrichter. Bitte nehmen Sie doch wieder Platz und erläutern mir, warum Sie Einspruch eingereicht haben, die U-Haft betreffend.“

Valentine hob erstaunt seine Augenbrauen, als er das hörte. Zimmermann hatte bereits förmlich Einspruch eingereicht? Nicht schlecht. Er fing an zu glauben, dass dieses Kind doch wusste, was es tat. Doch als Jan sich wieder setzte und anfing sich nervös zu räuspern und schließlich sehr unbeholfen noch einmal nachfragte, WARUM der Haftrichter sich für die U-Haft entschieden hatte, revidierte Van direkt seine aufkommende Meinung und schob die Sache mit dem Einspruch einfach nur auf das Anfängerglück.

Hiller schmunzelte nun offen amüsiert über die sich hier vorfindende Situation. Diesem Zimmermann wurde jetzt erst bewusst, wie ernst das alles war und er die Verantwortung über alles trug, was nun passierte und war dementsprechend nervös. Schließlich wollte er ja keinen Fehler machen. Hiller verstand dies sehr gut. Zimmermann war nicht der erste Verteidiger, der zum aller ersten Mal Pflichtverteidiger war, mit dem der Richter es zu tun hatte. Er fand es nur immer wieder faszinierend, dass auch Anwälte, die schon jahrelang Berufspraxis besaßen, bei ihrem ersten Fall als Pflichtverteidiger so nervös waren wie eben der junge Mann neben ihm am Tisch.

---ENDE DER LESEPROBE---