Immun gegen Probleme, Stress und Krisen - Sebastian Mauritz - E-Book

Immun gegen Probleme, Stress und Krisen E-Book

Sebastian Mauritz

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Beschreibung

Probleme, Stress und Krisen gehören zu unserem Alltag und werden sich niemals daraus verbannen lassen. Immer wieder werden wir im Laufe unseres Lebens mit Situationen konfrontiert, die uns emotional, manchmal sogar existenziell vor Herausforderungen stellen und uns dabei gleichzeitig jedes Mal die Chance bieten, unsere Selbstwirksamkeit zu trainieren und unser Leben aus einer positiven Haltung heraus, bejahend und selbstgesteuert in die eigenen Hände zu nehmen. Dazu ist es notwendig, zu verstehen, wie Menschen überhaupt "funktionieren". Warum reagieren wir auf Reize in einer bestimmten Art und Weise? Welche Gefühlsprozesse entstehen in uns und was machen diese scheinbar mit uns? Sebastian Mauritz nimmt Sie in diesem charmant illustrierten Buch mit auf eine spannende Reise zu unseren Emotionen. Er zeigt unsere wichtigsten Emotionen auf und erklärt, wie sie wirken. Denn wenn wir uns dessen bewusst sind, haben wir den ersten Schritt hin zu einem selbstbestimmten Leben bereits unternommen. So gelingt es uns, den Krisen-Code zu knacken und unser neues Wissen auf mögliche Ereignisse in der Zukunft anzuwenden. Auf diese Weise können wir uns gegen Probleme, Stress und Krisen immunisieren und lernen mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen. Was macht ein Problem zu einem Problem? Wodurch entsteht Stress? Und was löst eine Krise aus? Mauritz geht diesen potenziell gesundheitsschädigenden Faktoren auf den Grund und erklärt anhand von zahlreichen Beispielen und Geschichten praxisnah und umsetzungsorientiert, wie wir lernen, Probleme und Stress besser in den Griff zu bekommen, damit daraus gar nicht erst handfeste Krisen entstehen. Selbsttests und Trainingseinheiten helfen Ihnen dabei, Ihre Selbststeuerung zu verbessern und ein selbstbestimmtes, resilientes Leben zu führen.

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SEBASTIAN MAURITZ

IMMUN

GEGEN PROBLEME, STRESS UND KRISEN

Wie unser Leben gelingen kann

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft.

Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-908-2

ISBN epub: 978-3-95623-844-4

Lektorat: Anja Hilgarth, Herzogenaurach

Umschlaggestaltung: Stephanie Böhme, Strategische Konzeption und Design, Neuwied

Illustrationen: Dylan Sara

Autorenfoto: Mirko Phla

Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de

© 2019 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-book basiert auf dem 2019 erschienenen Buchtitel "Immun gegen Probleme, Stress und Krisen" von Sebastian Mauritz, ©2019 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

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Inhalt

Einleitung

1. Wie wir »funktionieren«: die Mechanismen der Problem-, Stress- und Krisenentstehung

Unsere Wahrnehmung

Wie nehmen wir uns selbst wahr?

Durch welche »Brille« nehmen wir die Welt wahr?

Wer sagt uns, wie die Welt ist?

Wie wirklich ist denn nun die Wirklichkeit?

Unser Körper

Wenn Mund und Körper eine Sprache sprechen

Die Macht der Ja-Haltung

Unser Denken

»Wie denke ich das?«

Das Denken in Ursache und Wirkung

Das Innen beeinflusst das Außen

Das Seitenmodell

Unsere Sprache

Den Dingen einen schönen Namen geben

Wörter aktivieren Bilder im Kopf

Kein Problem ist auch ein Problem

Nominalisierungen frieren Prozesse ein

Exkurs: Der Zusammenhang zwischen dem zweiten, dritten und vierten Bereich, wie Menschen »funktionieren«

Jetzt geht es in die Welt

Ins Tun kommen

Soziale Unterstützung finden

Den Kontext gestalten

Zusammenfassung

2.Immungegen Probleme

Der Beginn des Problems: Irritationen

Von der Irritation zur Handlungsfähigkeit

Die ProblemWerkstatt

Problemdefinition

Bauanleitung für ein Problem

Wenn das Lösen von Problemen zum Problem wird

Emotionen

Emotionsdefinition

Emotionen unter der Lupe

Angst•Ärger•Überraschung•Ekel•Verachtung•Trauer•Freude•Scham•Verlegenheit•Schuld•Verantwortung•Interesse•Wertschätzung•Stolz•Dankbarkeit•Mitgefühl

Weitere Zustände von Menschen

Problemtrance•Achtsamkeit•Schmerz

3.Immungegen Stress

Guter oder schlechter Stress

Das StressGym

Station 1 – Wie wir bei Stress reagieren

Station 2 – Was Sie antreibt

Station 3 – Stress anders bewerten

Station 4 – Positive Emotionen

Station 5 – Analyse des persönlichen Stressfasses

Station 6 – Umgang mit Irritationen

Station 7 – Die Gefühlsfernbedienung zurückholen

Station 8 – Regeneration und Immunisierung

Trainings-Checkliste

4.Immungegen Krisen

Was ist eigentlich eine Krise?

Allgemeine Krisendefinitionen

Arten von Krisen

Krisen und Stressverarbeitung

Krisenerleben

Gefahr und Chance

Idee der Immunisierung

Soll man Krise sagen oder nicht?

Der Weg in die Krise

Die Problemtrance

Der Selbstvorwurf

Der Fremdvorwurf

Die Erwartungshaltung

Die Loyalität

Das innere Schrumpfen

Geht nicht …

Drei Zusatz-Faktoren für Krisen

Der Weg durch die Krise

Ihre persönliche Heldenreise

Die Phasen einer Krise

Wie man Krisen lebt, erlebt und überlebt

Das KrisenLabor

Die Konstruktion der Zukunft

Baukasten für Krisen

Hilfreiche Haltungen

Krisen »spielen«

5. Die vier Entscheidungen des Lebens

Love it!

Leave it!

Change it!

Accept it!

Meta-accept it!

Zwischenbilanz

Die fünfte Entscheidung

Wer nicht handelt, wird behandelt

Umgang mit Zwickmühlen

Hierarchie

Exkurs: Meine irritierenden Entscheidungshilfen

6. Ideen für den eigenen Weg

10 Leitsätze für den Umgang mit Problemen, Stress und Krisen

Beipackzettel fürs Leben

Schlusswort

Danke und Quellen

Literaturverzeichnis

Der Autor

Einleitung

Was soll dieser Buchtitel? Immun zu sein gegen Stress, Probleme und Krisen – das geht doch gar nicht. Wir sind doch Menschen, und als solche haben wir nun mal Stress, die Probleme kommen von allein und Krisen sind fester Bestandteil unseres Lebens, nur wann sie auftreten, ist ungewiss.

Dieser Meinung sind sicherlich viele von uns, und doch begegnen wir hin und wieder Menschen, denen scheinbar nichts etwas anhaben kann, die offenbar »unverwundbar« sind. Diese Menschen, so lernen wir voller Sehnsucht, sind resilient, und die Literatur über Resilienz füllt mittlerweile meterweise die Regale in der Ratgeber-Abteilung der Buchhandlungen. Was aber macht diese Menschen so besonders? Was unterscheidet sie von den anderen? Wie kommt es, dass Probleme, Stress und Krisen scheinbar an ihnen abprallen?

Die Betonung liegt auf »scheinbar«: Sie scheinen immun, zumindest von außen betrachtet. Auch sie setzen sich mit den Widrigkeiten des Lebens auseinander, doch sie gehen anders damit um als andere.

Ein schönes Beispiel, dass wir bei scheinbar »immunen« Menschen einfach nur nicht alles sehen, gibt Johannes Haushofer in seinem »Lebenslauf des Scheiterns«, mithilfe der Lieblingssuchmaschine im Internet zu finden unter »Johannes Haushofers CV of failures«. Mit nur 36 Jahren wurde der Deutsche bereits Professor an der renommierten US-amerikanischen Princeton University. Er, dem scheinbar alles mühelos zuflog und -fliegt, veröffentlicht hier eine Liste all der Dinge, die in seinem Leben bislang nicht geklappt haben, und macht deutlich, dass der Glanz der Erfolge diese lange Liste seiner »fails« einfach nur komplett überstrahlt. Die Momente, in denen er gescheitert ist, rücken in den Hintergrund. Rückschläge hat er zuhauf zu verzeichnen. Er sieht sie nur nicht als solche an und geht dementsprechend offen mit ihnen um.

Die Art und Weise, wie er mit Problemen, Stress und Krisen umgeht, macht ihn also »immuner«. Erreicht er dabei jemals eine völlige Immunität? Ich glaube nicht, zum Glück. Wenn ja, dann wäre das mit Erleuchtung oder Übermenschlichkeit gleichzusetzen. Mir geht es in diesem Buch um einen »immuneren« und zugleich gesunden Umgang mit den Phänomenen des Alltags. Mir liegt auch daran, mit Ihnen meinen alles bestimmenden Leitsatz für ein gelingendes Leben zu teilen. Er lautet:

»Was immer du tust, tue es aus einem guten Zustand heraus!«

Warum? Weil wir aus einem guten Zustand heraus die besten Entscheidungen treffen und den größten Zugang zu unseren Ressourcen und Kompetenzen haben. Handeln wir aus einem Defizit, einem Affekt oder einer Gefühlswallung heraus, so wird die Entscheidung in den Auswirkungen immer schlechter sein. Nur aus einem guten Zustand heraus können Sie mit Problemen, Stress und Krisen flexibel und gestärkt umgehen.

Meinen Leitsatz werden Sie an mehreren Stellen im Buch wiederentdecken – Wiederholung schafft Vertiefung und ist zugleich die Mutter der Weisheit.

Was aber brauchen Sie für diesen Prozess der Immunisierung? Wie läuft dieser ab? Das verrate ich Ihnen in diesem Buch. Das erste Kapitel führt Sie in die Grundlagen der Psychologie ein und erklärt Ihnen, wie Menschen »funktionieren«. Nur wenn wir uns selbst verstehen, können wir verhindern, dass wir mit schöner Regelmäßigkeit auf Probleme, Stress und Krisen zusteuern.

Die Kapitel 2 bis 4 beschäftigen sich mit Grundlagen, Umgangsstrategien und natürlich der Immunisierung gegen Probleme, Stress und Krisen; unter anderem arbeiten Sie hier in der ProblemWerkstatt, absolvieren ein Workout im StressGym und besuchen das KrisenLabor, um dort aus möglichen Krisen der Zukunft schon heute zu lernen.

Ein Muster, das Sie in diesen Kapiteln begleiten wird, ist das Bewusstmachen unbewusster Prozesse, die zu Problemen, Stress und Krisen führen. Die nächsten Schritte sind dann neue und andere Muster, die mehr Immunität ermöglichen. Im letzten Schritt, der Übung und vielleicht auch ein wenig Zeit braucht, folgt dann die Automatisierung dieser neuen Muster im Denken, Fühlen und Handeln.

In Kapitel 5 teile ich mit Ihnen die vier (bzw. fünf) Entscheidungen des Lebens, bevor ich Ihnen noch zehn Leitsätze und einen Beipackzettel für Ihr Leben mit auf den Weg gebe.

Wichtig ist mir, dass dieses Buch weder als Rezept gegen alles verstanden wird noch als ein Versprechen, dass das Leben danach frei von Problemen, Stress und Krisen ist. Sie werden nach der Lektüre aber sicherlich immuner gegen diese sein! Wenn es der Problemgott mit Ihnen gut gemeint hat oder Sie gerade mal wieder ein Krisenabonnement bei der Lotterie des Lebens gewonnen haben, dann genießen Sie einfach meine Ideen und Tipps und wenden Sie sie direkt an.

Und: Bitte lesen Sie auf jeden Fall auch den Anhang mit meinem »Danke«. Dankbarkeit ist eines der wichtigsten Dinge im Leben! Ebenso sind die Inhalte natürlich nicht von mir erfunden – ich habe sie lediglich zusammengetragen, verbunden und zum Teil weitergedacht. Dennoch bin ich nur ein Zwerg auf den Schultern von Riesinnen und Riesen der Psychologie, des Coachings und Trainings, der Methodik und Didaktik sowie des systemischen Denkens und gelungenen Lebens.

1. Wie wir »funktionieren«: die Mechanismen der Problem-, Stress- und Krisenentstehung

Wenn man immun gegen Probleme, Stress und Krisen sein möchte, dann kann ein Grundwissen über die eigene Psyche sehr helfen. Denn nicht wenige Menschen verwechseln sich mit Maschinen. Sie sagen Dinge wie »Ich funktioniere nicht mehr richtig« und pflegen damit ihr sogenanntes »mechanistisches Denken«. Das hat leider seit der Industrialisierung zugenommen und zeigt ungünstige Auswirkungen. Maschinen kann man reparieren, Menschen hingegen heilen immer nur durch die eigene Selbstheilungskraft. Wenn es bei Maschinen Probleme gibt, dann hat das meistens eine Ursache mit einer bestimmten Wirkung. Bei Menschen entstehen Probleme nicht aus einem bestimmten Grund, sondern meistens aus verschiedensten Wechselwirkungen. Den Unterschied zwischen dem Ursache-Wirkungs-Denken bei Maschinen und dem Denken in Wechselwirkungen illustriert folgendes Beispiel:

Nehmen wir mal an, Sie haben vor sich einen Stein und einen Hund. Dann treten Sie den Stein. Das tut vielleicht ein wenig weh, je nach Größe des Steins und Stärke des Trittes. Sie können die Wirkung auf den Stein aber genau vorhersagen und berechnen, was passiert. Ursache und Wirkung sind klar und vorhersagbar. Dann treten Sie den Hund. Bevor Sie jetzt das Buch zur Seite legen: Ich würde niemals einen Hund treten, ich liebe Hunde – das ist ein reines Gedankenspiel. Eins ist klar, der Hund als lebendiges Wesen ist in seiner Reaktion nicht zu 100 Prozent voraussagbar. Er kann sitzen bleiben, weglaufen, Sie beißen, bellen, sich hinlegen.

Genauso ist es auch bei Menschen. Die Reaktion auf Reize der Umwelt ist nur eingeschränkt vorhersagbar. Es gibt gewisse Wahrscheinlichkeiten, und wenn wir eine bestimmte Reaktion oft »geübt« haben, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass wir diese wiederholen. Das Gehirn arbeitet hier wunderbar komplexitätsreduzierend. Das heißt, es bildet Muster, vereinfacht die Vielfalt der Welt und wir eignen uns ein Verhaltensrepertoire im Umgang mit den Reizen der Welt an. So stecken wir Menschen schnell mal in Schubladen, reagieren auf bestimmte Reize mit ungünstigen Auswirkungen und steuern mit schöner Regelmäßigkeit auf Probleme, Stress und Krisen zu. Immunität setzt hier Flexibilität voraus, besonders im Kontakt mit Stress und Problemen. Das heißt, es geht darum, das eigene Verhalten zu kennen, zu verstehen, ggf. zu verändern und dadurch mehr Selbstwirksamkeit zu gewinnen.

Der erste Schritt ist hierbei, sich die folgenden Aspekte anzuschauen, die bei der Reaktion auf Probleme, Stress und Krisen eine Rolle spielen. Sie dienen als Sortierhilfe und unterstützen beim Prozess der Immunisierung. Das Wissen um psychologische Mechanismen der Problemerzeugung, Stress- und Krisenentstehung wird hierbei durch die Grundlagen menschlicher Psychologie ergänzt.

Unsere Wahrnehmung

Eine Frage hat mich vor Jahren sehr nachdenklich gemacht. Sie lautete: »Wie nimmst du wahr?« Die Antwort schien mir sehr banal – mit den Augen, den Ohren, dem Tastsinn und so weiter. Hätte es dann aber nicht heißen müssen: »Womit bzw. mit welchen Sinnesorganen nimmst du wahr?« Die Frage wurde, wahrscheinlich wegen meines irritierten Gesichtsausdruckes, noch mal präzisiert. Es ging um die Struktur meiner Wahrnehmung, wonach ich schaue bzw. welche »Brille« im Sinne von Wahrnehmungsfilter ich trage.

Was folgte, war eine Reihe kleiner Experimente, die den Zugang zu meiner Wahrnehmung seither grundlegend verändert haben. Die Qualität des Zugangs zur Welt steigert man über die Bewusstheit der eigenen Wahrnehmung. Das tolle an Wahrnehmung ist: Man kann sie trainieren. Das ist übrigens gleich der erste Schritt hin zu mehr Immunisierung gegen Probleme, Stress und Krisen.

Damit Sie erleben, wie wir unsere Wahrnehmung erweitern, verringern oder steuern können, möchte ich Sie zu einem kleinen Experiment einladen. Hierzu biete ich Ihnen drei kleine Reisen an, die Sie, wo auch immer Sie sind, stehend, sitzend oder liegend, ohne weiteres Gepäck antreten können. Lesen Sie sich bitte einfach erst die Beschreibung für jedes Experiment durch … Viel Vergnügen und beste Erkenntnisse!

Experiment: Die Fernglas-Reise

Die erste Reise erfordert es, dass Sie ein Auge schließen und mit den anderen beiden Händen eine Art Fernglas machen, welches Sie vor das noch geöffnete Auge halten. Dann schauen Sie mal im Raum herum. Stehen Sie auch mal auf und versuchen Sie, ein wenig auf und ab zu gehen. Bitte seien Sie dabei achtsam und vorsichtig. Halten Sie bitte nach einer Minute inne.

Folgende Fragen dienen zur Auswertung dieser ersten kleinen Reise:

•Achten Sie mal auf Ihren Atem – wie atmen Sie? Flach oder tief, in den Brust- oder in den Bauchbereich?

•Sind Sie eher entspannt oder gestresst?

•Wie schnell konnten Sie sich bewegen?

•Wie war Ihr Denken? Dachten Sie eher »Wow, so viele freie Wege« oder »Hoffentlich stolpere ich nicht«?

•Wie haben Sie sich gefühlt? Sicher oder unsicher?

Vielleicht machen Sie sich eine mentale Notiz? Das war übrigens die anstrengendste Reise – versprochen. Ab jetzt wird es leichter.

Experiment: Die Panorama-Reise

Machen Sie bei dieser Reise mal Ihren Fokus ganz weit. Suchen Sie sich einen Punkt im Raum und schauen Sie, während Sie diesen Punkt wahrnehmen, wie weit Sie Ihr Sichtfeld nach rechts und links erweitern können – blicken Sie nach wie vor auf den Punkt. So erweitern Sie vielleicht auch noch Ihr Sichtfeld nach oben und unten – ganz weit, so, als würden Sie sich ein Alpenpanorama anschauen. Der Bereich um die Augen wird dabei in der Regel »weich« und entspannt. Dies nennt man »visuelles Defokussieren«, es ist das Gegenteil von dem Fokussieren, das Sie gerade in der Fernglas-Reise erlebt haben. Bereit für die Panorama-Reise? Sehr gut, los geht es.

Bewegen Sie sich jetzt im Raum umher mit diesem weiten Blick. Ein wenig hin und her, vielleicht der gleiche Weg wie eben mit dem Fernglas. In der Regel fokussieren wir auf einzelne Dinge, bleiben an ihnen mit dem Blick »hängen«. Das können Sie bemerken und einfach wieder den Fokus erweitern … und nach ungefähr einer Minute merken Sie einen Effekt.

Kommen wir zur Wertschöpfung der zweiten Reise:

•Wie ist es jetzt? Wie atmen Sie jetzt?

•Wie entspannt oder gestresst erleben Sie sich jetzt?

•Wie schnell konnten Sie sich bewegen?

•Was ist der Unterschied zur Fernglas-Reise?

•Ist es jetzt besser, schlechter, gleich oder anders?

Wenn Sie am Wochenende in einer vollen Fußgängerzone unterwegs sind, dann können Sie mal den Unterschied ausprobieren zwischen beiden Arten der Wahrnehmung. Mit der sehr fokussierten Wahrnehmung kommen Sie wahrscheinlich langsamer voran als mit der defokussierten. Ziel ist hier nicht, nur das eine oder nur das andere zu machen. Der Sinn dieser Übung liegt darin, das Grundprinzip von Wahrnehmung zu verstehen, das auch bei Problemen und Stress aktiv wird. Sie kennen vielleicht den berühmten Tunnelblick auf Probleme – eine verengte und defizitorientierte Form der Wahrnehmung.

Experiment: Die rote Reise

Nun die dritte und letzte Reise, die sogenannte »rote« Reise. Bei dieser Reise geht es darum, durch den Raum zu schauen oder sich zu bewegen. Dabei wiederholen Sie bitte das Wort »rot«. Entweder sagen Sie es innerlich oder auch laut. Vielleicht denken Sie auch lediglich an etwas Rotes.

Kommen wir zur Wertschöpfung der dritten und letzten Wahrnehmungs-Reise:

•Was ist Ihnen aufgefallen?

•Haben Sie mehr rote Dinge gesehen?

•Sind Ihnen andere Dinge aufgefallen?

•Wurde Ihnen vielleicht auch warm oder wurden Sie sogar aggressiv?

Dazu noch eine Bonusfrage:

•Haben Sie eben etwas Blaues gesehen?

Die Auswertung und Erklärung der drei Reisen kommt jetzt:

Bei der ersten Reise konnten Sie erleben, wie sich unsere Wahrnehmung verändert, wenn wir sehr fokussiert sind. In der Regel ist der gefühlte Stresslevel hier höher als bei der Panorama-Reise. Bei dieser spreche ich von einer Defokussierung – der Fokus ist sehr weit. Wichtig fürs Erste war jetzt, die Erfahrung zu machen, wie sich die Wahrnehmung der Welt verändert bei den beiden ersten Reisen.

Es geht hier nicht um besser oder schlechter, es geht um das Prinzip, dass bei einer verengten Wahrnehmung oftmals ein starker Fokus auf etwas eintritt. Das kann hilfreich sein, wenn man sich sehr auf ein Thema konzentriert, nur eine Aufgabe erledigt oder unbeirrt auf ein Ziel hinarbeitet. Leider haben Probleme eine sehr stark fokussierende Wirkung auf uns, was aus evolutionsbiologischer Sicht sehr hilfreich war. Wenn es irgendwo eine Gefahr gab, half es wenig, sich an der unberührten Natur zu erfreuen. Sicherlich gab es damals Menschen, die dann auch mal weggeschaut haben, diese hatten leider in der Fortpflanzung weniger Chancen, weil sie mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit als Säbelzahntiger-Snack endeten.

»Defokussieren«, das heißt, den Fokus wieder zu erweitern, und ist auch eine Art und Weise, wie Spitzensportler sich im Wettkampf bewegen und gezielt auf diesen hintrainieren. In Bezug auf Probleme geht es darum, sich nicht vom Problem absorbieren, hypnotisieren oder einnehmen zu lassen. Wegschauen hingegen hilft meistens auch nur kurz. Ein balancierter Blick aufs Problem und mögliche Lösungen hilft bei einer – auch wenn das Wort etwas überstrapaziert wurde in den letzten Jahren – ganzheitlichen Betrachtungsweise.

Bei der roten Reise wird Ihnen vielleicht aufgefallen sein, dass Sie von den roten Dingen in Ihrer Umgebung förmlich »angesprungen« wurden oder dass Sie sie auch nur einfach bewusster wahrgenommen haben. Das funktioniert auch mit jeder anderen Farb-Reise – die entsprechende Farbe nehmen wir automatisch häufiger wahr als vorher. Wie ging es Ihnen mit der Bonusfrage? Wie viele blaue Dinge haben Sie auf der roten Reise gesehen? Übertragen auf andere Bereiche könnte das auch heißen, dass wir bestimmte Dinge nicht oder viel weniger sehen, wenn wir nur nach einer bestimmten Sache Ausschau halten.

Bleiben wir noch einen Moment bei den Farben. Wollten Sie sich schon mal ein rotes Auto kaufen? Es muss nicht unbedingt ein rotes sein, irgendeine bestimmte Farbe und vielleicht eine bestimmte Marke reichen schon. Und wenn Sie dann die Entscheidung getroffen haben, dann sehen Sie auf einmal in der ganzen Stadt rote Autos fahren, oder auch die bestimmte Marke Ihrer Wahl. Sie werden wahrscheinlich auch sagen, dass die mit Sicherheit vorher nicht da waren. Oder Sie kennen jemanden, der schwanger ist. Es wird über Schwangerschaft gesprochen und Sie freuen sich beim ersten Gespräch noch, dass endlich mal jemand ein Baby bekommt – weil es ja in ganz Deutschland gefühlt keine Babys gibt. So war es zumindest einmal in meiner Wahrnehmung. Dann hat mir eine Bekannte erzählt, wie viele ihrer Freundinnen auch schwanger sind. Ab diesem Zeitpunkt war für mich auf einmal ganz Deutschland schwanger – auch das Fernsehen, die Zeitungen und alles um mich herum hatte nur noch mit Schwangerschaft zu tun. Das war vor dem Gespräch definitiv anders, oder?

Woran liegt das? Wie funktioniert unsere Wahrnehmung? Wenn ich über Wahrnehmung nachdenke, dann fallen mir zwei wichtige Bereiche ein. Der eine sind unsere Sinneskanäle – Sehen, Hören, Fühlen, Riechen, Schmecken oder auch abgekürzt VAKOG (visuell, auditiv, kinästhetisch, olfaktorisch, gustatorisch) – zusammen mit der Art und Weise, wie wir unsere Aufmerksamkeit fokussieren. Der zweite Bereich sind die Wahrnehmungsfilter, zu denen ich gleich noch komme.

Wie sehr uns unsere Sinne täuschen können, merken wir besonders dann, wenn wir einem Zauberer zuschauen. Diese Sinnestäuschung ist so wunderbar und teilweise atemberaubend, dass diese Meister der Illusion nicht ohne Grund viel gefeiert und bejubelt werden. Als Fakten zur Wahrnehmung finde ich beeindruckend, dass wir weniger als ein Prozent des elektromagnetischen Spektrums sehen und weniger als ein Prozent des akustischen Spektrums hören. Und während Sie diesen Text lesen, nehmen Sie die Welt um sich herum vielleicht auch wahr, als würde sie feststehen. Vielleicht auch dann, wenn Sie in einem Zug sitzen und gerade nicht aus dem Fenster schauen. Tatsache ist, dass wir gerade jetzt mit 220 Kilometern pro Sekunde (!) durch das Weltall rasen und uns dabei auch noch um uns selbst drehen.

Zurück auf den festen Boden der scheinbaren Tatsachen. Wahrnehmung ist wichtig und das Wissen um die Streiche, die uns unsere Biologie und auch Psychologie manchmal spielen, entscheidet, ob wir eher zu Stress-, Problem- oder Krisenerleben neigen oder nicht. Beides kann durch die Kenntnis von den Prozessen der Wahrnehmung beeinflusst werden.

Wie nehmen wir uns selbst wahr?

Besonders nützlich für den Umgang mit Stress, Problemen und Krisen ist der Abgleich, wie man sich selbst wahrnimmt und wie einen andere wahrnehmen – das Selbstbild und das Fremdbild. Wenn wir etwas über uns erfahren wollen, dann haben wir immer als Erstes unsere eigene Einschätzung. Sich selbst gut einzuschätzen und Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen reflektieren zu können, hilft, sich nicht zu viel und auch nicht zu wenig zuzumuten. Wenn Sie dann noch andere Menschen fragen: »Wie nimmst du mich, mein Handeln, meine Arbeit, meine Kleidung … wahr?«, dann erhalten Sie eine weitere wichtige Perspektive. Bleibt die Frage, wen man um dieses Feedback bitten sollte. Für mich sind es meine wohlmeinenden Freunde, von denen ich die besten Rückmeldungen bekomme. Oder im professionellen Kontext meine Coach und meine Faszien-Therapeutin. Beide besuche ich regelmäßig, und ja, auch als Coach und Trainer ist das nicht nur ganz nett, auch mal selbst Klient zu sein, ich kann mich so auch sehr gut mit mir und meinem Denken, meinen Emotionen und meinem Verhalten beschäftigen. Wichtig zu erinnern ist hier, dass auch die Meinungen und Sichtweisen anderer keine absolute Wahrheit darstellen, sondern immer nur eine weitere, subjektive Wahrnehmung sind.

Durch welche »Brille« nehmen wir die Welt wahr?

Der zweite wichtige Bereich für unsere Wahrnehmung sind die sogenannten Filter. Hier kann man auch von metaphorischen »Brillen« sprechen. Eine grundsätzliche Frage in diesem Bereich ist für mich: Mit welcher Brille betrachte ich die Welt – sprich, nach was halte ich bewusst oder meistens unbewusst Ausschau? Wie Sie vielleicht in Bezug auf die rote Reise erlebt haben, gibt es zum Beispiel den Filter »rotes Auto« oder im anderen Fall »Schwangere bzw. Babys«. Genauso haben wir, wenn wir verliebt sind, die rosarote Brille auf und nehmen alles auf der Welt als wunderbar wahr – rosarot eben. Dass das aufgrund unserer herrlichen körpereigenen Drogen passiert, merken wir erst dann, wenn wir von anderen auf unsere leicht verschobene Wahrnehmung angesprochen werden. So hat der neue Partner einer guten Freundin in ihren Erzählungen viele Elemente von George Clooney in jungen und sehr trainierten Jahren. Mir bleibt zumindest diese Sichtweise auch bei genauerem Hinsehen noch verschlossen.

Filter sind tief in uns verwurzelte Grundprogramme, die unser Überleben sichern.

Es gibt Wahrnehmungsfilter, die angeboren sind, und solche, die wir gelernt haben. Sie sind tief in uns verwurzelte Grundprogramme, die unser Überleben sichern. Ein starker Filter ist Interesse. Wenn wir uns für ein Thema interessieren, dann nehmen wir mehr von dem wahr, wofür wir uns interessieren. Sei es in einem Buch, einem Seminar oder auch dem alltäglichen Leben. So kann man sich auch immer fragen: Was interessiert mich? Und wenn mich etwas interessiert, investiere ich dann genug Zeit, um mich damit zu beschäftigen? Vielleicht können Sie sogar auf diese Weise ganz bewusst einen Filter etablieren. So in etwa funktioniert das Prinzip aus »Bestellungen beim Universum« von Bärbel Mohr, wobei mir auch schon erklärt wurde, dass da noch viel mehr dahintersteckt. Wer es nicht kennt – ein schönes kleines Buch. Es geht darum, dass man sich zum Beispiel einen Parkplatz »bestellt«. Hierbei stellt man sich vor, den Parkplatz zu finden, den man gerade im Moment oder auch vielleicht erst später braucht. Mit dem bisher Gelesenen sagen Sie jetzt sicher: »Das ist doch auch ein Wahrnehmungsfilter!« Genau – der Filter lautet »Parkplatz«. Damit wird die Wahrscheinlichkeit höher, dass Sie einen freien Platz entdecken. Fahren Sie mit dem Gedanken in die Stadt, dass Sie wieder keinen Parkplatz finden, dann »bestellen« Sie eher, dass alles voll ist – zumindest in Ihrer subjektiven Wahrnehmung.

Wer sagt uns, wie die Welt ist?

Ich frage mich immer wieder: Wie ist eigentlich die Welt? Gut, böse, fröhlich, voller Probleme, Stress und Krisen oder in einer guten Balance zwischen Wohlbefinden und Lernchancen, Anspannung und Entspannung? Wenn ich diese Frage anderen Menschen stelle, dann sind die Antworten sehr vielfältig. Eine Antwort, die ich in letzter Zeit sehr oft gehört habe, lautet: »Hast du in den Nachrichten gesehen, dass …?« Was folgt, sind mal wieder schlechte Nachrichten unterschiedlichster Qualität. Gute Nachrichten scheinen für viele Menschen nicht so interessant zu sein.

So schaffen die Medien immer wieder Wahrnehmungsfilter – oftmals auch, wenn wir es gar nicht wollen. Da gibt es immer wieder Themen, die gerade »aktuell« sind und die bei uns im Fokus landen. Das heißt nicht, dass das gut oder schlecht ist – das heißt nur, dass unsere Wahrnehmung von den Dingen beeinflusst wird, mit denen wir mehr zu tun haben. Dabei wird jedes subjektive Erleben durch die Fokussierung von Aufmerksamkeit erzeugt. Ein enger Freund von mir ist ein gutes Beispiel für die Auswirkungen dieser Aufmerksamkeitsfokussierung. Er hat alle möglichen Nachrichten-Apps mit Benachrichtigungsfunktionen, die sich immer dann melden, wenn auf der Welt etwas Schlimmes passiert. Er wacht regelmäßig nachts auf und schaut sich dann erst mal an, was in den Stunden seines Schlafens alles passiert ist. Und leider passiert bei knapp acht Milliarden Menschen immer etwas Schlimmes. Was glauben Sie, in welcher Welt lebt mein Freund? Wie, glauben Sie, antwortet er mir, wenn ich ihn frage, wie er die Welt sieht? Ich für meinen Teil schaue wenig bis gar keine schlechten Nachrichten, weil ich mich auf den Bereich konzentriere, den ich aktiv verändern kann – mein näheres Umfeld. Das heißt nicht, dass mir das Leid der Welt egal ist. Das heißt nur, dass ich meine Wahrnehmung auf die Bereiche der Welt lege, die für mich auch aktiv handelnd in meinem Umfeld veränderbar sind. Die unterschiedlichsten Kulturen, globalen Strukturen, Zusammenhänge und Wechselwirkungen betrachte ich hingegen mit großem Interesse. Die verhaltensinteressanten Geschichten von Herrn Trump gönne ich mir aber lediglich durch den Filter amerikanischer Late-Shows mit Stephen Colbert, Trevor Noah und John Oliver.

»Was ich suche, werde ich auch finden« – so lautet eine spirituelle Weisheit. Die Frage, die sich hier schnell stellt, ist: Suche ich das für mich »Richtige« und suche ich an der richtigen Stelle? Natürlich kann man etwas im Hellen suchen, weil es dort leichter ist, etwas zu sehen. Wenn man es aber im Dunkeln verloren hat, wird keine Anstrengung der Welt helfen, es zu finden.

Wenn man heutzutage einen Partner sucht, dann gibt es allerlei Wege und Möglichkeiten. Gerade Online-Portale bieten auch ganz spezielle Suchfilter zu Vorlieben, Entfernung, Größe, Haarfarbe, Hobbys etc. an. So werden die eigenen Filter zu Suchfiltern des Portals und mit der Datenbank an möglichen Partnern abgeglichen. Der wirklich interessante Filter hier ist der allgemeine Beziehungsfilter.

Wonach schauen Singles? Manche nach einem Partner, oft hört man aber auch – und jetzt Achtung, es kommt ein Wahrnehmungsfilter – nach einer Beziehung. Wenn der Wunsch eines Menschen lautet: »Ich hätte gerne eine Beziehung«, dann wird »Beziehung« jetzt zu dem Filter, mit dem man die Welt wahrnimmt. Was sieht man logischerweise häufiger? Richtig, Pärchen in einer Beziehung. Klüger ist hier tatsächlich die Frage, auf wen man sich denn beziehen möchte. Dann kann das Finden des Partners beginnen, der mit auf den Lebensweg kommen soll. Bleibt die Frage offen, ob sich bei diesem einen Single, der sich in der Werbung verliebt, auch das Gegenüber verliebt oder ob es ein Akt reiner Selbstliebe ist. Die Werbung könnte dann lauten: Ich habe mich auf der Suche nach einem Partner selbst gefunden – Selbstliebe geht auch ohne Singlebörse. Ich jedenfalls wünsche allen Menschen eine gute Beziehungsgestaltung – erst mal mit sich selbst und gerne auch mit anderen.

Wie wirklich ist denn nun die Wirklichkeit?

Wahrnehmen heißt ja auch »etwas für wahr nehmen« und somit dass wir denken, wenn wir etwas sehen, hören, fühlen, riechen oder schmecken, dass es wahr ist. Dabei wird aber nur ein Bruchteil der Reize, die unsere Sinnesorgane aufnehmen, für unsere Wirklichkeitskonstruktion genutzt. Anders wären auch Wahrnehmungsfehler und viele andere Phänomene nicht zu erklären. Das liegt daran, dass Menschen, um sich ein Bild der Welt zu machen und ihre eigene subjektive Wirklichkeit zu konstruieren, nur maximal 17 Prozent der tatsächlich wahrgenommenen Informationen aus der Umwelt nutzen, mindestens 83 Prozent werden durch interne Rückkopplungsschleifen, gelernte Muster, Erwartungen oder Vorerfahrungen hinzukonstruiert. Man könnte hier fragen, wozu das gut ist. Da sich kaum etwas Sinnloses evolutionär durchgesetzt hat, findet man hier auch eine plausible Erklärung: Schnelligkeit. Früher konnten wir nur dadurch überleben, dass wir schnell reagierten. Langes Meditieren über einen plötzlich auftauchenden Säbelzahntiger und seinen transzendentalen Sinn im Kosmos führten im Angesicht dieser Gefahr lediglich dazu, dass man die eigene Chance, sich fortzupflanzen, deutlich verringerte.

So verwechselte man dann aber auch schon mal einen Ast, der auf dem eigenen Weg lag, mit einer Schlange – gute Verhaltens-Reaktions-Muster waren damals wie auch heute ein Überlebensgarant.

Für die Immunisierung gegen Probleme, Stress und Krisen wird an dieser Stelle schon eins klar: Wir brauchen einen bewussten Umgang mit der Wahrnehmung und allen weiteren Mechanismen, wie Menschen »funktionieren«, damit wir uns optimal immunisieren können. Wie das geht? Erst mal sollten Sie bewusster wahrnehmen und verstehen, was passiert. Nachdem Sie dann für sich reflektiert haben, ob das zum gewünschten Ergebnis führt, können Sie auf neue Arten die Welt wahrnehmen, diese umsetzen und üben. So entstehen hilfreiche Muster und erlebte Selbstwirksamkeit, die in einer größeren Immunisierung mündet.

Wenn Sie sich gerade denken: »Was will der Autor mit diesen Symbolen sagen?«, dann legen Sie den Kopf doch mal leicht nach links und dann nach rechts. Welche Betrachtungsweise ist für Sie gerade die richtige?

Dazu gibt es eine schöne alte Geschichte, in der drei Blinde in einem Raum sind. Sie beschreiben, was sie erfühlen. Der erste sagt: »Es ist wie ein Baumstamm«, der zweite meint: »Nein, es ist eher wie ein Seil«, worauf der dritte erwidert: »Ihr habt beide keine Ahnung – es ist eher wie ein gummiartiges Blatt.« Sie fangen an, sich zu streiten, wer von ihnen recht hat. Beschrieben haben sie alle das Gleiche – einen Elefanten. Zugegeben, diese Geschichte ist vielleicht ein bisschen zu weit hergeholt, aber so oder so ähnlich entstehen weltweit jeden Tag Millionen von Missverständnissen und Streits um die eine Wahrheit. Ich möchte Ihnen eine Idee davon vermitteln, dass es bei knapp acht Milliarden Menschen mindestens genauso viele Sichtweisen gibt. Mit vielen Gemeinsamkeiten, gleichen Konzepten und dem, worauf man sich geeinigt hat. Außerdem gibt es interessante Unterschiede, die, wenn sie für den einzelnen Menschen emotional relevant sind, zu Konflikten führen können.

Experiment: Wo lächelt es denn überall?

Als kleines, vergnügliches Experiment könnten Sie zum Beispiel mal durch Ihre Stadt gehen oder auch bei der Arbeit schauen, wie viele Menschen lächeln und es gut mit Ihnen meinen. Vergessen Sie hierbei bitte nicht, dass viele Menschen eine sehr eigene Art haben zu zeigen, dass sie es gut mit Ihnen meinen. Manche drücken die eigene Liebe, Wertschätzung und Dankbarkeit auch eher etwas holprig aus. Viele lächeln auch leider eher nach innen oder nach unten. Vielleicht halten Sie mal ein paar Tage danach Ausschau und prüfen dann für sich, ob sich Ihre Wahrnehmung der Welt verändert.

Unser Körper

»Was immer du tust, tue es aus einem guten Zustand heraus« ist der Grundsatz für Ihre Immunisierung. Der gute Zustand fängt bei der eigenen Physiologie, dem Zustand unseres Körpers, an. Gut mit Wasser, Nahrung, Schlaf und Bewegung versorgt, haben wir eine gute Grundlage, um den Problemen, dem Stress und den Krisen des Lebens entgegenzutreten.

Ich möchte Sie wieder zu einem kleinen Experiment einladen, denn über Erlebtes spricht es sich leichter als über Vorgestelltes. Die reale Erfahrung und etwas selbst herauszufinden ist die einfachste, nachhaltigste und schnellste Art zu lernen.

Experiment: Ja und Nein

Schütteln Sie mal den Kopf, so wie Sie es bei einem »Nein« tun … genau, von links nach rechts und wieder nach links. Jetzt sagen Sie bitte mal, während Sie dies tun: »Ja« – mehrmals. Wie fühlt sich das an?

Gleich hinterher die Gegenprobe: Nicken und lächeln Sie bitte mal … Kopf nach oben und unten und wieder nach oben … und jetzt sagen Sie nach ein paarmal Nicken »Nein«. Wie geht es Ihnen damit?

Vielleicht noch ein zweites kleines Experiment, das Ihr gefühltes Verstehen noch mehr erweitern wird:

Experiment: Kongruenz

Legen Sie mal den Kopf auf die Brust und lassen Sie die Schultern hängen. Vielleicht sinken Sie auch noch ein wenig in sich zusammen. Jetzt sagen Sie bitte mal: »Mir geht es super – die Energie strahlt nur so aus mir heraus.«

Nun setzen oder stellen Sie sich aufrecht hin, lächeln und atmen Sie tief in den Bauch – kraftvoll und entspannt. Vielleicht nehmen Sie auch noch die Arme mit dazu, strecken sie zur Decke oder zum Himmel, vielleicht sogar mit geballten Fäusten. Nun sagen Sie: »Mir geht es richtig dreckig, ich habe ein Problem!« … Und, wie war das?

Die Rückmeldungen, die ich zu diesen kleinen Übungen bekomme, sind in der Regel sehr eindeutig. Zusammengefasst höre immer wieder so etwas wie »Fühlt sich nicht richtig an«, »Geht nicht« oder »Das ist inkongruent«. Das Gesagte passt nicht zu dem, was der Körper ausdrückt.

Wenn Mund und Körper eine Sprache sprechen

Was ich hieran so bemerkenswert finde, ist, dass wir trotz dieses gefühlten Verständnisses fast immer Worten mehr Glauben schenken als dem, was die Haltung bzw. Körpersprache von uns oder anderen sagt. Erforscht hat diesen Zusammenhang der iranisch-amerikanische Psychologe Albert Mehrabian, der nonverbale Elemente in der menschlichen Kommunikation in Abhängigkeit vom emotionalen Empfinden gesetzt hat. Daraus entwickelte er die sogenannte »7-38-55-Regel«: Ist eine Botschaft widersprüchlich in Bezug auf das eigene Empfinden, dann werden 7 Prozent durch den sprachlichen Inhalt, 38 Prozent durch den stimmlichen und 55 Prozent durch den mimischen Ausdruck bestimmt. Einfacher ausgedrückt: Passen das Verbale und das Nonverbale zueinander, dann empfinden wir Menschen und ihre Aussagen als kongruent. Sowohl bei uns als auch bei anderen. Das ist nicht neu und die Frage, was das mit Problemen und Stress zu tun hat, ist berechtigt. Nebenbei bemerkt höre ich immer mit den Ohren und den Augen zu – nur so höre ich alles, was mein Gegenüber kommuniziert.