In fernen Zonen - Karl May - E-Book

In fernen Zonen E-Book

Karl May

4,5

Beschreibung

Seit Jahrzehnten stellte sich Karl-May-Lesern, -Sammlern und -Forschern immer wieder die Frage, ob, wann und wohin der berühmte Schriftsteller tatsächlich gereist ist. Dieser Band gibt umfassende Auskunft über Mays wirkliche Weltreisen und einige nicht minder spannende, wenn auch ins Reich der Phantasie gehörige Legenden. Natürlich kommt Karl May selbst zu Wort: Im Tagebuch seiner großen Orientreise von 1899/1900, ergänzt durch Briefe, Gedichte und Entwürfe, die in dieser Zeit entstanden. Der tiefe Eindruck der orientalischen Welt auf Person und Schaffen wird offensichtlich. Die bekannten May-Kenner Ekkehard Bartsch und Hans Wollschläger kommentieren die Notizen des Autors sachkundig und detailreich. Der gleichermaßen versierte Experte Dieter Sudhoff widmet sich in einer aufschlußreichen Dokumentation der USA-Reise von 1908 und ihrer literarischen Verarbeitung im Roman "Winnetous Erben". Das Schürfen in vielen Dokumenten und Briefen förderte eine kleine Sensation zutage: Das Geheimnis der 'fehlenden' vier Wochen am Ende der Amerika-Tour ist gelöst. Lange rätselten May-Biografen, was in jenem Monat geschah und wo der Schriftsteller ihn verbrachte. Dies Buch gibt die überraschende Antwort! Von vielen Spekulationen umgeben waren auch die angeblichen Frühreisen des Erzählers. Ein Essay von Amira Sarkiss stellt die kuriosesten Theorien sowie ihre teilweise erbitterten Verfechter vor und faßt den letzten Stand der realen Erkenntnisse zusammen. Auch wenn die Wahrheit da und dort etwas weniger romantisch ist, als viele glauben wollten - um so amüsanter liest sich dieser Bericht zu einem ganz eigenwilligen Nebenzweig der May-Forschung. Den Abschluß bildet das kurze Nachwort "Detektive" des Mitherausgebers Lothar Schmid. Zahlreiche Abbildungen und Faksimiles von Reisedokumenten und anderen Zeitzeugnissen ergänzen den Band in einmaliger Weise.

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KARL MAY’SGESAMMELTE WERKEBAND 82

IN FERNENZONEN

KARL MAYS WELTREISENORIENT 1899-1900AMERIKA 1908

Herausgegeben von Lothar und Bernhard Schmid© 1999 Karl-May-VerlagISBN 978-3-7802-1582-6

KARL-MAY-VERLAG

BAMBERG • RADEBEUL

Vorwort

KARL MAYS REISEN UND IHRE WIRKLICHKEIT

Dass jemand, der „eine Reise tut“, dann „was erzählen“ könne, war einmal ein geflügeltes Wort – in jenen vergangenen Zeiten freilich, wo der „Herr Urian“ des liebenswürdigen Abendlied-Dichters Matthias Claudius noch ein Begriff war und das Abendland noch keine Last-Minute-Angebote brauchte, um aus der Provinz herauszukommen. „Reisen“ war ein Zauberwort damals, und es hatte so sehr mit „Leben“ zu schaffen, dass es dafür sogar die am häufigsten gebrauchte poetische Metapher stellte; in Karl Mays Spätwerk tritt es dann so noch einmal in die Erscheinung. Tatsächlich hat es seine ganz eigene Kulturgeschichte; sie mag leicht ein Spiegel der Kulturgeschichte selber und ihrer Entwicklung sein. Am Anfang aller Bewegungen ins Ausländische stand das Handel-Treiben – wie die Habgier, gemächlicher der Erwerbssinn, am Anfang aller menschlichen Antriebe steht; wie sie aber wurde es bald schon veredelt durch die Begierde nach geistigem Besitz: nach Erfahrung des Anderen, Erforschung des Fremden. Und schließlich kamen als Lockung die geistlichen Verdienste hinzu, die so zu erwerben waren, denn die Ursprünge der abendländischen Religion lagen im Morgenland, und der Blick richtete sich früh denn weit hinüber auf den Orient; dreihundert Jahre lang bestimmte er sogar eine schlimme politische Bewegung, die so genannten „Kreuzzüge“. Handelswege, Pilgerstraßen und Forschungsbahnen flossen schließlich zusammen, wie die Reisenden auf ihnen zur Personalunion gelangten: Geistliche waren geschickte Kaufleute, Geistliche wie Kaufleute waren geschickt auch die ersten Geo- und Ethnographen. Entsprechend waren im Ansehen, das „der Reisende“ genoss, alle drei Qualitäten vereint und bleibend in seinem Wortsinn gegenwärtig: die Bewunderung vor dem geschäftlichen Erfolg, die Achtung vor der religiösen Sphäre, der Respekt vor der Wissenschaft. Wer reiste, hatte nicht nur „mehr vom Leben“ gesehen, er war geradezu etwas Besseres, ein Auserwählter, ein Mensch von höchstem gesellschaftlichem Prestige.

Zumal wenn er „was erzählen“ konnte. Der erste „Reiseerzähler“ war ohne Frage Herodot, auch er bereits ein Fabulierer, ein Künstler, dem die poetische Wahrheit gleichberechtigt neben der faktischen stand. Künstler von seiner Art gab es dann durch alle Jahrhunderte in wachsender Zahl; das arabische Mittelalter stand mit Ibn Dschubair oder Ibn Batuta den christlichen Chronisten der Kreuzzugszeit in nichts nach. Erst im 18. Jahrhundert aber nahm die Reiseliteratur einen glänzenden Aufschwung, und im 19. erreichte sie ihren Zenit – und überschritt ihn. Als Karl May, auf Schule und Seminar, „Erdkunde“ lernte, gab es noch viele weiße Flecken auf den Landkarten: Die Welt war geheimnisvoller, der Drang, von ihren Geheimnissen zu hören, größer als heute, wo man schon eher wieder weghören möchte. Die Namen der großen Reisebeschreiber waren mithin in aller Munde, von Thümmel angefangen bis zu Fallmerayer und Gregorovius, von Heine zu Chamisso und Kotzebue (nicht August, sondern Otto von), an aller Spitze Alexander von Humboldt, und was dem einen Rohlfs war oder Lepsius, war dem andern Gustav Nachtigal: hoch angesehen sie alle. Mit Wahrscheinlichkeit haben sie alle auch zu Karl Mays früher Lektüre gehört wie zu seiner unmittelbaren Lebensaktualität: In dem Jahr, in dem er Waldheim hinter sich ließ, um seine Laufbahn als Reiseschriftsteller zu beginnen, erschien – und blieb ein Bestseller über fast hundert Jahre – Stanleys Wie ich Livingstone fand, das Buch um jenen abhanden gekommenen Afrika-Forscher (und Missionar), dem seine Reisen dann sogar eine Grabstätte in der Westminsterabtei verschafft hatten. Längst aber waren neben die Reisenden zu Wasser und zu Lande jene anderen getreten, denen es genügte, die Fernen Länder „mit der Seele zu suchen“, die Schreibtischabenteurer, die nicht vergaßen, dass all die vielen sachlichen Nachrichten von Ländern und Menschen als Beschreibungen ja doch „Literatur“ blieben und danach verlangten, Spiel-Sachen der Phantasie zu sein. Karl May, der sich in kurzer Zeit an ihre Spitze schrieb, hatte als Autor und Erfinder homerischer Abenteuergeschichten gewiss wohl Vorläufer – wie Cooper, Gerstäcker, Möllhausen, um nur die bekanntesten zu nennen; aber was ihn abhob von ihnen und ganz für sich stellte, war die so noch nicht gekannte Verbindung der exotischen Schauplätze mit der Memoirenform der Ich-Erzählung. Sie machte seine Bücher von Anfang an unvergleichlich suggestiv, und war sie das Ergebnis durchaus komplexer schreibtechnischer Strategien, so griff sie zugleich doch auch nachhaltig in sein persönliches Lebensgefüge zurück: Ihre Geschichte wurde die seines Vorlebens, hochglänzender Ersatz für jenes andere, das er in so trübem Halbdunkel hatte verbringen müssen. Diese Notwendigkeit, ersonnenes Leben an die Stelle des real erfahrenen zu setzen, entband den hohen künstlerischen Grad an Wirklichkeits-Schein, den er seinen Büchern zu verschaffen suchte und auch immer eindrucksvoller verlieh: Sie war auch der Beweg-Grund für ihn, die exakte Reiseliteratur der Forschung sorgfältig zu studieren, sich anzueignen, in seine ureigenste Lebens-Reise-Erzählung zu überführen.

Aus dem Schmelztiegel von Ich und Nicht-Ich kam so eine Identität, die binnen kurzem Millionen faszinierte. Angesichts der vielen verschiedenen Kräfte, die Mays Schreiben antrieben und heute die Forschung beschäftigen, angesichts der vielen Rollen auch, die er seinem Ich zu spielen aufgab, war die des Weltreisenden anfangs wohl fast nebensächlich, und er dürfte eher verwundert auf die Erfahrung reagiert haben, wie wichtig sie seinen Lesern war. Peter Roseggers Urteil, bereits 1877 ergangen, er halte ihn „für einen vielerfahrenen Mann, der lange Zeit im Orient gelebt haben muss“, ist ihm zwar nicht zu Gesicht gekommen; aber gehört haben dürfte er es ähnlich aus vieler Munde. Ja, vielleicht war er zuerst sogar enttäuscht darüber, dass seine Verschmelzung der Wirklichkeiten nicht als künstlerische Leistung gewürdigt wurde, sondern nur als bestandenes Lebens-Abenteuer. Aber er fügte sich: Er nahm die von ihm erwartete Haltung an, in Tropenanzug und Tropenhelm; er stattete nicht nur sein Helden-Ich, sondern auch sein reales Leben mit abenteuerlichen Legenden aus wie seine Wohnräume mit den Trophäen des Großwildjägers. Und wenn er sich gegenüber all den nun ausbrechenden Exzessen des Personenkults um ihn herum auch immer ein Quäntchen Ironie bewahrte, so gab er, Weltreisender in dreieiniger Gestalt, doch seine Vorstellungen in allem Ernst: Er hatte eigentlich nur der „Lehrer seiner Leser“ sein wollen und musste nun, nach der Ausdrucksweise seines Gegners Cardauns, „Jules Verne und den Apostel Paulus in einer Person darstellen“, denn jene, seine Leser, waren eben nicht nur seine „Kunden“, sondern auch wissbegierig und glaubensstark im Extrem. Nun konnte er es nicht mehr bei dem früher geübten sophistischen Umgang mit der Wahrheit belassen, der ihm ohne Gewissensbisse die Behauptung ermöglichte, er sei inzwischen wieder „in Amerika“ gewesen, weil er ja wirklich in jener Ortschaft seiner sächsischen Heimat gewesen war, die so hieß. Nun lebte er seine Erzählungen fort, unbekümmert ins Virtuelle hinein, und was die Baustoffe der Wirklichkeit nicht bereitstellten, leisteten mühelos ersatzweise die Buchstaben der Wörter. Er hielt Hof, empfing seine Leser, gab auf seinen Fahrten durch Deutschland Massenaudienzen: gefeiert gar nicht so sehr als der große Schriftsteller, der er ja wirklich geworden war, „einer der erfolgreichsten unter allen deutschen Autoren der Gegenwart“, wie die ihm ungewogene Frankfurter Zeitung ihn nannte, sondern als der „Weltläufer“, den die enge deutsche Wirklichkeit nicht hatte halten können, „der Mann, der die ganze Welt bereist hat“, wie der Bayerische Kurier schrieb, „der letzte Vertreter der Romantik des Wilden Westens.“ Was die Zeitung aber mit diesem fast schon nostalgisch anmutenden, wie rückwärts gewandten Blick aussprach, hatte er selbst noch gar nicht wahrgenommen: die Tatsache nämlich, dass seine Rolle längst in die Jahre gekommen und bereits wieder un-wirklich geworden war. Denn die Zeit seines Aufstiegs ins höchste gesellschaftliche Ansehen war jenes Vierteljahrhundert gewesen, in dem sich die Welt rapide wie nie verändert hatte. Die weißen Flecken auf den Karten waren endgültig verschwunden; die neuen Verkehrswege führten überall hin. Es gab bereits den „Tourismus“, das nur noch volkswirtschaftliche Reisen, das kein Prestige mehr verlieh; es gab, kurzum, eine gänzlich neue Wirklichkeit. Und als er nun, verspätet, wirklich aufbrach, um eine Weltreise anzutreten, in den Orient, 1899/1900, zu jedem Abenteuer dabei bereit, stand ihm notwendig ein Schock bevor, und in Meyers Konversationslexikon, das er sonst so gern benutzte, stand ungelesen der Satz, der diesen Schock voraus umschrieb: nämlich dass „heute eine Reise um den ganzen Erdball zu den alltäglichen Vorkommnissen“ gehöre.

Man muss sich klarmachen, in welchem Maß Karl Mays „Image“ bei den Lesern von der Statur des Weltreisenden geprägt war, um das grausame späte Schicksal zu begreifen, das ihm widerfuhr: Nicht die „Entlarvung“ des Kolportage-Autors war dafür entscheidend (die auch weit weniger eine literarische Kritik war als eine spießermoralische), sondern die Enthüllung, dass er „gar nicht gereist“ war. Sie ließ die Aura des Auserwählten um seine Person fast schlagartig erlöschen; sie kostete ihn nicht nur die Freundschaft seiner bürgerlichen Bekannten wie Felbers in Hamburg und Seylers in Deidesheim (und vermutlich noch viele andere Zuneigungen), sondern sein gesamtes öffentliches Ansehen. So perfekt „wirklich“ hatte er geschrieben, dass seine Leistung nun nicht mehr „Kunst“ hieß, sondern „Betrug“. Hatte eine frühe Kritik der 80er Jahre, der wie May der reisende Assyriologe Layard nicht unbekannt geblieben war, sich noch in milder Ironie zu dem Nachweis versucht gefühlt, „dass der phantasievolle Verfasser seine Reisen sogar bis auf Layards Werke ausgedehnt habe“, so sprachen die Gegner Mamroth und Cardauns nun direkt von „Unwahrheit“ und „Lüge“; die Gegnerin Silling giftete sich, als sie fünf Jahre später eine literarische Kritik des Friede-Buches verfassen sollte, in der Hauptsache darüber, dass er „nur eine Täuschung aufrecht erhält und sie in Wirklichkeit verwandelt, dass er nämlich alle geschilderten Heldentaten selbst ausführte“, und wieder fünf Jahre später mühte sich der Gegner Pöllmann um den Nachweis einiger Sachbuch-Plagiate mit einer Verbissenheit, die eigentlich schon damals so lächerlich hätte wirken müssen wie heute. Der „Weltreisende“ war nur ein Rollenspiel gewesen, ein geborgtes Kostüm: das wurde ihm nun mit aberwitzigem Aufwand nachgewiesen, und es gehört zu den ebenso bizarren wie tragischen Zügen seines späten Schicksals, dass es in eben dem Augenblick geschah, wo er selber die Unhaltbarkeit dieser Rolle und dieses Spiels erkannte und aus freien Stücken davon Abschied nahm.

Denn hatte die große Reise in den Orient noch der Beweisführung dienen sollen, der Übertragung des imaginierten Weltläufers in die Wirkliche Welt, so brachte sie Karl May den jähen Einbruch der Wirklichkeit nun in die Welt seiner Imagination. Es war vorbei damit; er würde nie wieder in ihr leben können wie einst. Man muss durchaus bewundernswert nennen, wie er diesen Schock beantwortete. Er suchte nicht mehr nach einem Ersatz für den Weltreisenden, den es nicht mehr gab. Sondern er besann sich darauf, dass die schwere Arbeit, Wirklichkeit herzustellen, ursprünglich ein künstlerisches Ziel gewesen war, gar kein privates, persönliches. Und so wandte er seine Arbeit denn gänzlich der Kunst zu: Er schrieb nun nur noch „figürliche Reiseerzählungen“ – und kam ganz spät darauf, dass er eigentlich nie etwas anderes getan hatte. Darin kann man ihm, in einem sehr übertragenen Sinn, endlich sogar zustimmen: Auch der „Weltläufer“ Karl May war immer „symbolisch“ gemeint gewesen, und sein „Reisen“ kehrte bruchlos in die Lebens-Bedeutung zurück. So wurde denn auch die Amerika-Reise von 1908 mit ganz anderer Zielsetzung angetreten als die in den Orient, wo er sich noch für alle möglichen Abenteuer offen gehalten hatte. Jetzt war er müde, in allen Lebenskräften zermürbt durch die unerhörte Verfolgung, und sollte er auch nur von fern den Gedanken gehegt haben, noch einmal das Exotische als Flucht- und Rettungsfeld zu erproben, so wusste er jedenfalls bald, dass man auch in Amerika nicht mehr „aus der Welt“ sein konnte. Er reiste zum anderen Kontinent hinüber wie ein Bürger in die Spätsommerfrische, und nach kurzer Weile blieb er beschaulich „am Ort“, der nun fast zufällig nur das Clifton House am Niagara war, aber ebenso gut ein Gasthof daheim am Lichtenhainer Wasserfall hätte sein können. Er blieb auch nur kurz in seinem eigentlich doch ureigensten Land – viel kürzer noch, als die Forschung bisher annahm. Dass es seinen Wilden Westen nicht mehr gab, wusste er wohl, und so machte er sich nicht einmal die Mühe, ihn wenigstens geographisch noch aufzusuchen. Hoch zu Ross im Kostüm wie einstens hoch zu Kamel stellt ihn kein Photo mehr vor; die Aufnahmen Klaras, für die Öffentlichkeit bestimmt, zeigen ostentativ einen Mann, der nichts anderes mehr sein will als ein alter Herr in grauem Anzug…

Ein Anlass zum Streiten, gar ein Kriterium für den Rang seines Werks sind die wirklichen Reisen Karl Mays lange nicht mehr. Das „Verzähl’ Er doch weiter, Herr Urian“, Tutti-Refrain seiner Leserschaft seit über hundert Jahren, hat schließlich gelassen alle wahrheitsfanatischen Redensarten von Kritikern und Pädagogen übertönt und zum Schweigen gebracht; sie hatten in einer wieder und wieder veränderten Welt, in der fast jedermann inzwischen, oft schon als Säugling, zu seinen Antipoden gereist ist, keinerlei Chancen. Schon gar nicht hatten sie Chancen vor der Kraft der Kunst. Was eigentlich mindert die Wirklichkeit der lebendigen Prosa vor jener des prosaischen Lebens? Die Literatur lebt länger als das Tatsächliche, das ohne sie überhaupt nur Spreu wäre und Wind, und wo sie Kunst wird, hat sogar die Lüge eine Chance, schön zu sein, ja erhaben. Karl Mays Lebensreise-Erzählungen, einst erlogen, sind inzwischen so wahr geworden, wie nur etwas sein kann; die Geschichte ihres Kunst-Werdens ist das bleibende Thema, das die Nachlebenden weiter beschäftigt. Zu ihr gehören die wirklichen Reisen des Autors als wichtiges Dokument, denn auf ihnen entschieden sich die anderen, unwirklichen in der Folge. Was zu ihnen zusammenzutragen war, ist freilich wenig genug, und mehr als die Oberfläche zeigt es nicht. Aber das ist ja auch in seinen Büchern nicht anders, und man muss Spuren zu lesen verstehen, dort wie hier. Hat man das – auch von ihm selbst – gelernt, so gibt sich vieles von seiner immer rätselhaften Wesensart zu erkennen, am Ende auch dies: wie wenig er, als er wirklich Weltreisender war, der Weltreisende war, den die damalige Wirklichkeit kannte: „Seine Exzellenz der Europäer“, wie er ihn kritisch genug nannte, der Imperialist und Kolonisator, als deren Prototyp sein Ich später noch manchmal so böse verkannt worden ist. Er passte ganz und gar nicht in die damalige Wirklichkeit; – er passte vielleicht in die heutige? Wenn das so ist, so hat er nicht wenig daran mitgewirkt, dass es so ist, und Toleranz und Verständnis für die andersgläubigen und die andersfarbigen Völker verdanken sich in einem Land, dessen Jugend durch Generationen von ihm geprägt wurde, nicht zuletzt den Werbe-Texten dieses großen Schriftstellers, der wahrhaftig „was erzählen“ konnte – und ein wahrer Weltreisender der Phantasie war.

Königsberg, im Frühjahr 1999Hans Wollschläger

bei der 100. Wiederkehr

von Karl Mays Aufbruch in den Orient

KARL MAY UND DIE FRÜHREISENLEGENDEN

Als vor über hundert Jahren ein junger Schriftsteller den Grundstein für seinen späteren Ruhm legte und Helden schuf, die bis heute lebendig geblieben sind, verließ er sich da allein auf seine überreiche Phantasie, oder lag seinen Schilderungen etwa wirklich Erlebtes zugrunde? Ritt Karl Friedrich May, alias Old Shatterhand, alias Kara Ben Nemsi, schon als junger Mann durch Wüste und Prärien, erlebte allerhand Westmann-Abenteuer und schrieb diese dann nieder?

Obwohl sie urkundlich durch nichts belegt werden konnten, wurden drei frühe außereuropäische Reisen Mays lange als einigermaßen wahrscheinlich angenommen. Für viele Karl-May-Leser gehörte der Glaube daran anscheinend so unmittelbar zu ihrer Verehrung des Schriftstellers, dass sie keinen Zweifel zuließen; und das Objekt ihrer Bewunderung, Karl May selber, zeigte kein Interesse daran, das Geheimnis seiner frühen Reisen zu lüften und Licht ins Dunkel bestimmter Lebensabschnitte zu bringen. Allen Anfechtungen zum Trotz betonte er in Gesprächen bis zuletzt, schon als Zwanzigjähriger in Amerika gewesen zu sein.1

Auch in seiner Selbstbiographie Mein Leben und Streben2 spielt May geschickt auf Reiseunternehmungen an, ohne jedoch deren Ziele klar zu benennen: „Ich zog meine Gelder ein und machte eine längere Auslandsreise. Wohin, das will ich im zweiten Band dieses Werkes erzählen…“ In gleicher Weise deutet er die angebliche Reise in die Vereinigten Staaten nur sehr nebulös an: „Ich zerbrach … meine Fesseln und verschwand. Wohin, das beabsichtige ich im zweiten Band … zu berichten.“ Eine Verbindung zu Amerika ergibt sich hier lediglich durch den Ausruf seiner Mutter, die ihm aus Sorge vor einer neuerlichen Verhaftung rät: „‚Schnell wieder fort…! Nach Amerika hinüber!’ … Dann bin ich fortgegangen. Wohin? Die Erinnerung läßt mich im Stich…“

Wenn auch von Karl May nichts Genaueres über sein frühes Unterwegssein zu erfahren war, konnte sich die vage Vermutung jener Reisen zumindest so lange halten, wie es keine sicheren Belege für seine Anwesenheit in Deutschland in den ‚dunklen‘ Zeitabschnitten von Ende 1862 auf 1863, 1864 und Ende 1868 bis Anfang 1869 gab. Erst im Laufe jahrzehntelanger Forschungen tauchten immer mehr Gründe auf, solche Spekulationen abzulehnen.

Die Verbreitung der Legende geht vor allem auf den Diplomingenieur Gustav Urban (1884-1969) zurück, der sich über vierzig Jahre hinweg mit Nachdruck für die Frühreisentheorie einsetzte. Er entwickelte die These, dass Karl May sich schon von Dezember 1862 bis Herbst 1863 in Amerika aufgehalten habe und zwischen September und November 1864 durch die Schweiz, Südfrankreich und Nordafrika gereist sei. Urban stützte sich dabei auf die Erzählungen seines Vaters Carl Traugott Urban (1843-1919), der auf seiner Wanderschaft durch die Schweiz Karl May getroffen haben wollte.

Nachdem Urban 1918 im Band „ICH“ der Gesammelten Werke die Aufforderung des Verlegers Euchar Albrecht Schmid zur Bekanntgabe von Daten über May gelesen hatte, erinnerte er sich an die viele Jahre zurückliegende Erzählung seines Vaters. Bereits 1920 teilte Gustav Urban dem Karl-May-Verlag in einem Brief mit, die beiden Gefährten seien bis Vienne3 zusammengeblieben; von dort sei sein Vater nach Deutschland zurückgekehrt, während Karl May noch bis Marseille weiterwollte. So steht es auch noch in Urbans erstem Aufsatz Karl May ist gereist, der im Karl-May-Jahrbuch 1922 veröffentlicht wurde. Aus diesem Artikel erfährt der Leser, dass Carl Urban 1864 in Zürich auf Karl May traf, der hier Vorträge über Reiseeindrücke aus Amerika und über Geographie hielt. Auf den daran anschließenden gemeinsamen Wanderungen über Luzern, Lausanne, Genf und Lyon bis nach Vienne soll May über seinen Aufenthalt in St. Louis erzählt haben und darüber, wie er bei einem Bahnbau in den Westen mitgearbeitet hatte. Nachdem sich ihre Wege trennten, hat Carl Urban nichts mehr von seinem Reisegefährten gehört.

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