Intuition für Coachs - Martina Nohl - E-Book

Intuition für Coachs E-Book

Martina Nohl

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Beschreibung

Klassisches Life- und Business-Coaching basiert immer schon auf dem Einsatz intuitiver Methoden. Eine innere Teamarbeit oder die Arbeit mit dem leeren Stuhl oder mit Bodenankern wäre ohne die Intuition aller Beteiligten gar nicht möglich. Dennoch wird Intuition von sehr vielen Coachs noch recht „handgestrickt“ eingesetzt. Mithilfe dieses Werks werden Sie in der Reflexion des Coachingprozesses eine neue Tiefe erreichen können. Sie werden lernen, den Zugang zu unserer Intuition (leichter) zu öffnen, um damit dann intuitiv professioneller handeln zu können und unsere Coachees Intuitionskompetenz als Alltagskompetenz erleben zu lassen, die auch den Transfer der Coachingergebnisse sichert. Die Autorin spannt einen weiten Rahmen an Hintergrundwissen auf und bietet eine umfassende methodische Kompetenzentwicklung in diesem Bereich.

Leserinnen und Lesern stehen eine ganze Reihe buchbegleitender Arbeitsmaterialien zum Download zur Verfügung, die bei der Anwendung der Methoden unterstützen.

Das Buch ist Teil der Reihe "Praxishandbuch Coaching".

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Seitenzahl: 439

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Martina Nohl

Intuition für Coachs

Arbeit mit dem Unterbewussten verstehen, entwickeln und im Coaching einsetzen

© 2023 managerSeminare Verlags GmbH

Endenicher Str. 41, D-53115 Bonn

Tel: 0228-977910

[email protected]

www.managerseminare.de/shop

Der Verlag hat sich bemüht, die Copyright-Inhaber aller verwendeten Zitate, Texte, Abbildungen und Illustrationen zu ermitteln. Sollten wir jemanden übersehen haben, so bitten wir den Copyright-Inhaber, sich mit uns in Verbindung zu setzen.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung vorbehalten.

ISBN: 978-3-98856-305-7

Herausgeber der Edition Training aktuell:

Ralf Muskatewitz, Jürgen Graf, Nicole Bußmann

Lektorat: Sadia Oumohand

Cover: lagsandrew/Depositphotos.com

Illustrationen: Stefanie Diers, Martina Nohl (S. 59, 181, 189, 230, 292)

Ihre Download-Ressourcen

Begleitend zum Buch stehen Ihnen Arbeitshilfen für die persönliche Verwendung zum Download im Internet zur Verfügung. Sie können die Vorlagen jederzeit in hoher Qualität abrufen und einsetzen.

www.managerseminare.de/tmdl/k,43657

Inhalt

Cover

Impressum

Persönliches Vorwort

Einführung

Kapitel 1: Was ist Intuition?

Definition von Intuition

Intuition als zweiter Betriebsmodus

Erscheinungsformen von Intuition

Handlungsbereiche von Intuition

Intuition ergründet, was ist und was sein will

Merkmale von Intuition

Charakteristische Aspekte von Intuition

Intuition als implizites Erfahrungswissen

Vom Kulturerbe zur Intuition als lebensgestaltende Kraft

Praktischer Nutzen der Intuition

Kurze Ideengeschichte des Unbewussten und der Intuition

C. G. Jung und das Unbewusste

Der transrationale Blick auf das Thema Intuition

Intuition im Coaching

Intuition in Coachingausbildungen

Veränderungsprozesse im Coaching benötigen Intuition

Ansatzpunkte von Intuitionsarbeit im Coaching

Intuition ist interaktionell

Ein bisschen Gehirnkunde für Coachs

Gehirn und Geist

Großhirn

Zwischenhirn

Stammhirn

Das Bewusstseinsdreieck

Das untere Selbst

Das mittlere Selbst

Das hohe Selbst

Somatische Marker – das Empfangssystem

Rückmeldungen aus dem emotionalen Erfahrungsgedächtnis

Wie uns somatische Marker in die Irre führen können …

Negativitätstendenz somatischer Marker

Vorübungen mit somatischen Markern

Was im Körper passiert, wenn wir uns entscheiden

Instinkt, Intuition und Inspiration

Instinkt – der archaische Teil unserer Intuition

Instinkt oder Intuition?

Intuition – die Verbindung zum Großen Ganzen

Inspiration – Weisheit aus dem Feld des Wissens

Intuitionsfallen bzw. -verhinderer

Die Intuition arbeitet mit Faustregeln

Fallen des Unterbewussten

Priming-Prozesse stören und desinformieren System 1

Soziale und psychische Faktoren verwirren System 1

Das Dreamteam Intuition und Kognition

Kreativität als Wechselspiel zwischen Kognition und Intuition

Die Stärken von Kognition und Intuition

Der Tanz von Kognition und Intuition im Feld des Wissens

Herzkohärenz als Integration von Kognition und Intuition

Intuition und Kreativität

Die Alpha-Welle

Kreativität, die kleine Schwester der Intuition

Flow als äußere Ausprägung eines intuitiv-kohärenten Zustands

Intuition und Spiritualität

Merkmale einer mystischen, intuitiven Erfahrung

Intuition als Anbindung an das Große Ganze

„Open Mind“ und Meditation

Kapitel 2: Intuition entwickeln

Kommunikationswege und Lernphasen

Alltagsintuition

Phasen des Intuitionstrainings

Sinnesschärfung und Wahrnehmungstraining

Die Sinne schärfen

Sehen im Weitwinkelblick

Die vier inneren Sinne

Übungen, um Ihre Hauptkanäle zu identifizieren

Training und Erweiterung Ihrer inneren Wahrnehmungskanäle

Empfangshaltungen für die Intuitionsarbeit

Demut als Voraussetzung für den Lernprozess

Absichtslose Absicht

Gewahrsein

Meditation als Geistestraining

Gedanken und Intuition unterscheiden

Unterscheidung zwischen intuitiver Stimme und instinkthaftem Reflex

Merkmale intuitiver Botschaften

Wann folge ich meiner Intuition?

Den Boden bereiten

Im Kontakt mit unserem Spüren

Selbstmitgefühl üben

Den richtigen Frequenzbereich finden

Den Rahmen bereiten

Offen werden mit dem 5-Rhythmen-Tanz

Intention setzen und richtige Fragen stellen

Fragen und Zuhören lernen

Die richtigen Fragen stellen

Die Frage als „Fangnetz“

Loslassen und kommen lassen

Sich öffnen und ins Fließen kommen

Vertrauen üben

Der richtige Zeitpunkt für die intuitive Arbeit

Interpretation von intuitiven Rückmeldungen

Die Sprache der Intuition verstehen

Im Dialog mit Ihrer Intuition

Wie interpretiere ich Informationen, mit denen ich nichts anfangen kann?

Interpretation als künstlerischer Akt

Dankbarkeit und Umsetzung

Abschluss einer intuitiven Fragerunde

Von der Inspiration zur Aktion

Absichten setzen

Kapitel 3: Intuition im Coaching

Entwicklung von Intuitionskompetenz

Intuition als professionelle Kompetenz

Lernfelder für Intuition

Einsatzmöglichkeiten von Intuition im Coaching

Wo und wann ist Ihre Intuition im Coaching relevant?

Vertrauen aufbauen und Beziehungen verbessern

Methodische Aktivierung von Intuition

Abgrenzung und Schutz im Coaching

Einstimmung vor dem und im Coaching

Coach-Einstimmung vor dem Coaching

Sich mit Klientinnen einstimmen

Intuition im Coachinggespräch

Intuitives oder inspiriertes Sprechen

Gleichschwebende Aufmerksamkeit

Das Gespräch intuitiv vertiefen

Wahrnehmungen mit Klientinnen teilen

Spiegelneuronen als Resonanzinstrument einsetzen

Fallen im Coachinggespräch auf der Ebene des Unterbewusstseins

Intuition im Online-Coaching

Intuition kompensiert in Teilen die Kanalreduktion im Online-Coaching

Mediennutzung im Online-Coaching

Weiterarbeit mit intuitiven Ergebnissen

Synchronizitäten

Plannend Happenstance

Intuitive Transferübungen à la Carte

Prinzipien der intuitiven Transferübungen

Das Coachingergebnis wird nicht umgesetzt?

Kapitel 4: Intuitive Coachingansätze

Abgrenzung der intuitiven Coachingansätze

Intuitiv, aber nicht konsequent am intuitiven Prozess ausgerichtet

Intuitiv, aber therapeutisch

Intuitiv, aber ohne Ermächtigung der Klientin

Coaching mit der Theorie U

Der U-Prozess mit seinen Phasen im Coaching

Die Feldstruktur der Aufmerksamkeit

Die drei Bewegungen des U-Prozesses

Arbeit an der Schwelle

Presencing im Einzelcoaching als Lernprozess

Die Begegnung des Selbst mit sich selbst

Beispielhafte Methoden (Toolbox von Otto Scharmer)

Coaching mit dem Universellen Prozess

Wildes Denken versus rationales Denken

Herzensqualitäten

Paradigmenwechsel

Ziele im Coaching mit dem Universellen Prozess

Der Universelle Prozess

Der Universelle Prozess im Coaching

Beispielhafte Methoden (nach Christina Kessler)

Generatives Coaching

Schlüsseldynamiken des Generativen Coachings

Das Spiel mit den inneren Landkarten

Die drei Welten des Bewusstseins

Drei Prämissen des Generativen Coachings

Die Wirklichkeitskonstruktion durch Filter

COACH-Zustand und CRASH-Zustand

Der generative Coachingprozess

Methoden aus dem Generativen Coaching

Transformatives Coaching

Schlüsseldynamiken des Transformativen Coachings

Die Grundlage des Transformativen Coachings

Die drei Grundprinzipien des Transformativen Coachings

Konsequenzen der drei Prinzipien im Coaching

Methoden aus dem Transformativen Coaching

Rolle und Haltung des intuitiven Coachs

Haltungen

Rollen

Aufgaben

Kapitel 5: Intuitive Coachingmethoden in Präsenz und online

Intuitive Anliegenklärung

Stressprophylaxe

Glaubenssatzarbeit

Leidenspfeile

Negative Gefühle neutralisieren

Glaubenssatzarbeit mit IntrovisionCoaching

Emotionsarbeit

Emotionen und Gefühle

Focusing

Entscheidungsarbeit

Sie dürfen sich irren!

Visions- und Zielarbeit

Arbeit mit Bildern

Berufliche Orientierung

Intuitive Lebensgestaltung

Merkmale und Vorzüge des intuitiven Lebens

How to Dance the Rhythm of Being – Die 10 Spielregeln des wilden Herzens

Zum guten Schluss

Literatur

Stichwortverzeichnis

Download-Ressourcen

4-Ebenen-Modell der Persönlichkeit

Stereogramm

Artikel zum 5-Rhythmen-Tanz

U-Journaling-Anleitung für das Einzelcoaching

How to Dance the Rhythm of Being

„Ihre Zeit ist begrenzt, also verschwenden Sie sie nicht. Lassen Sie sich nicht von Dogmen in die Falle locken. Lassen Sie nicht zu, dass die Meinung anderer Ihre innere Stimme erstickt. Am wichtigsten ist es, dass Sie den Mut haben, Ihrem Herzen und Ihrer Intuition zu folgen. Alles andere ist nebensächlich.“

Steve Jobs

Persönliches Vorwort

Das Thema Intuition überlassen wir oft verschiedenen esoterischen oder parapsychologischen Schulen, die dann meiner Beobachtung nach auch im Training von Intuition führend sind. Intuition heißt dort allerdings gleich Telepathie, Hellsichtigkeit oder Ähnliches. Hier erfolgt meiner Wahrnehmung nach oft eine irrationale Glorifizierung des Intuitiven, die an ein prärationales Verständnis anknüpft, das nicht mehr zeitgemäß ist. Ich folge in diesem Buch transrationalen Ansätzen, in denen Kognition und Intuition als komplementäre Systeme gesehen werden, deren Zusammenarbeit erst einen neuen Umgang mit den komplexen Herausforderungen unserer Zeit möglich macht.

In anderen Bereichen wird das Thema Intuition hingegen stillschweigend wertgeschätzt und ohne viel Aufhebens in der Praxis ausgebildet. Auch hier erhoffe ich mir in den nächsten Jahren einen offeneren Umgang mit diesen Grundlagen von hoher situationsadäquater Leistungsfähigkeit. Beobachten Sie Sportler im Flow, in ihrer „Zone“, seien es Fußballer, Kampfsportler oder Tänzer. Sie alle verschmelzen durch jahrelanges Training mit dem Augenblick, um in einer Art generischer Wahrnehmung alle Aspekte des Feldes und des Gegenübers wahrzunehmen und die einzigartige Antwort im Moment darauf zu finden, die dann diesen besonderen Grad an Perfektion zeigt, vor dem wir Normalbürger nur Staunen und eine gewisse Art von Ehrfurcht empfinden können.

Das Gleiche passiert in einer besonderen Orchesteraufführung oder bei einem Rockkonzert, wenn einfach alles fließt und selbst das Publikum Teil des großen Ganzen ist und durch seine Aufmerksamkeit und achtsame Haltung seinen Teil zum Gelingen beiträgt. Trainerinnen und Lehrer bestätigen, dass ab einer gewissen Leistungs- und Kunstfertigkeitsstufe Sportlerinnen oder Musiker austauschbar sind. Den Unterschied macht dann nur noch die Intuition, der „Geist“, der sich oft in der Fähigkeit der Hingabe, im Loslassen und Verschmelzen mit dem Moment zeigt. Es ist das absolute Vertrauen, dass der Mensch alles Menschenmögliche getan hat, um sich auf eine Herausforderung vorzubereiten. Im Zusammenspiel mit der Intuition kann dann selbst für die komplexeste Herausforderung die perfekte Lösung im Moment gefunden werden.

Ich durfte bereits vor 25 Jahren in der Begegnung mit der christlichen Mystik und auch im Rahmen meines Theologiestudiums erfahren, dass im mystischen Weg der direkten Erfahrung von Allverbundenheit die Verbindung zwischen allen Religionen liegt. Durch meine Ausbildung bei der Kulturanthropologin Christina Kessler hat sich das Verständnis der universellen Lebensintelligenz, die in allen großen Weisheitstraditionen und in den naturverbundenen indigenen Kulturen zu finden ist, mit dem Wissen um die Mystik verbunden. Hierin liegt ein enormer Schatz, der auch den tragenden Hintergrund für mein neues Verständnis von Coaching bildet und der in den in Kapitel 4 vorgestellten intuitiven Coachingansätzen durchgängig sichtbar wird. Diesen Schatz möchte ich Ihnen hier in ersten Bestandteilen vorstellen. Darüber hinaus fließt er in meine eigenen intuitiven Coachingweiterbildungen wie z.B. den „Essenzcoach“ und den „Creative Coach“ ein.

Intuition setzt Offenheit voraus. Im gestressten Alltag gelingt uns das nicht gut, eher schon in einer Haltung des Spiels. Ich habe diese Form von Offenheit im Improvisationstheater kennengelernt. Hier gibt es ja keine vorbereiteten Stücke, sondern man tritt auf die Bühne und spielt spontan mit, indem das aufgegriffen wird, was zum derzeitigen Zeitpunkt da ist. Auch hier benötigt man Vertrauen und Mut, dass schon etwas kommen wird, mit dem man dann auf der Bühne agieren kann. Denn schon der Weg vom Sitzplatz zur Bühne vernichtet alle vorbereiteten Handlungen oder Ideen, die wir einbringen wollen. Dieses Erleben, dass immer etwas kommt, so verrückt es auch ist, war für mich die Initialzündung, mich mehr mit dem Thema Intuition zu befassen.

Wenn wir unser angeborenes Instrument der Intuition nutzen lernen, haben wir einen inneren Kompass, der uns unseren ureigenen, authentischen Weg zeigt. Lassen Sie uns in diesem Buch gemeinsam herausfinden, wie wir als Coachs dieses wunderbare Instrument, besser noch den Betriebsmodus der Intuition, für unsere Tätigkeit und unser Leben reaktivieren, entwickeln und einsetzen können, um unseren Klientinnen noch besser, noch ergebnisoffener und auch demütiger zu dienen.

Herzlichen Dank, dass Sie sich offen und neugierig mit mir auf diese Entdeckungsreise begeben.

Ihre Martina Nohl

Einführung

„Was wirklich zählt, ist Intuition.“Albert Einstein

Den Zugang zur eigenen Intuition öffnen

Klassisches Life- und Business-Coaching basiert immer schon auf dem Einsatz intuitiver Methoden. Eine innere Teamarbeit oder die Arbeit mit dem leeren Stuhl oder mit Bodenankern wäre ohne Intuition aufseiten des Coachs und der Klientin gar nicht möglich. Dennoch wird Intuition von den meisten Coachs meiner Beobachtung nach sehr „handgestrickt“ eingesetzt. Kompetenzentwicklung in diesem Bereich würde dazu führen, dass wir in der gemeinsamen Reflexion des Coachingprozesses eine neue Tiefe erreichen könnten. Deswegen sollten gerade wir Coachs lernen, den Zugang zu unserer Intuition zu öffnen, um damit dann intuitiv professioneller handeln zu können und unsere Coachees Intuitionskompetenz als Alltagskompetenz erleben zu lassen, die auch den Transfer der Coachingergebnisse sichert.

Ich verstehe Coaching darüber hinaus als gesellschaftliche Keimzelle, als „Sauerteig-Ort“ eines neuen Menschen- und Kulturverständnisses weit über psychologische und Selbstmanagement-Ansätze hinaus. Jede Coachee, die erneut im Coaching den Zugang zu ihren intuitiven Wahrnehmungen für sich findet, kann dies in die Transformationsprozesse unserer Gesellschaft zurücktragen und zwar an genau ihrem ureigenen Platz und auf ihrem individuellen Weg, den sie für sich im Coaching entdeckt und ausgestaltet.

Während der Ukraine-Krieg und die Nachwehen der Corona-Pandemie unsere Gesellschaft mit bisher unabsehbaren Folgen erschüttern, fragen wir uns alle: „Was können wir dazu beitragen, unsere Lebensgrundlagen und damit die Wunder dieser Welt zu bewahren?“, „Was ist unser Beitrag, dass die Menschheit in Frieden miteinander leben kann?“ In diesem Buch lesen Sie einige Ideen, wie unsere Intuition, die angebunden ist an ein Feld universellen Wissens, uns inspirieren kann zu Aktionen für ein anderes, freundliches Miteinander, das das große Ganze im Blick hat. Das Gefühl von ohnmächtiger Hilflosigkeit in einer immer fremder und als feindlich wahrgenommenen Welt wandelt sich in uns durch diese neue Anbindung in die Übernahme unserer Verantwortung als Weltmitgestaltende.

Was Sie erwartet

Thema einordnen

Im umfangreichen Kapitel 1 „Was ist Intuition“ stelle ich Ihnen Intuition als unseren zweiten Betriebsmodus vor, in dem unser Gehirn schon immer arbeitet, was wir nur in den letzten 400 Jahren ausgeblendet haben. Ein kurzer Blick auf das, was Intuition ausmacht, und auf die Ideengeschichte von Intuition und Unbewusstem rahmen die folgende Auseinandersetzung mit Intuition. Ich versuche dabei, den Bogen zu spannen zwischen einigen für uns hier relevanten Erkenntnissen aus den Neurowissenschaften und Denkmodellen aus der Anthropologie und Psychologie – herausgekommen ist zugegebenermaßen ein ganz schöner Spagat. Aber all diese parallel geführten Bruchstücke und Verständnisimpulse führen hoffentlich dank Ihrer Intuition dazu, dass Sie sich ein eigenes inneres Bild des umfassenden Phänomens Intuition machen können.

Intuition trainieren

In Kapitel 2 „Intuition entwickeln“ nehme ich Sie mit in unterschiedliche Aspekte, wie Intuition erfahren und trainiert werden kann. Hier greife ich auf Erkenntnisse aus der Meditationsliteratur, aber auch auf Berichte und Übungen erfahrender Intuitionstrainer zurück. Wenn Sie sich auf den Weg zurück zu einer intuitiven Lebensführung begeben und damit auch Ihr professionelles Leben bereichern wollen, geht es erst einmal um das Wahrnehmen Ihrer intuitiven Kommunikationskanäle, dann um die entsprechende Haltung, um auf Empfang zu gehen. Wenn Sie dann etwas empfangen, sollten Sie die intuitiven Stimmen von anderen Stimmen unterscheiden können und mit Intentionen die Zielrichtung Ihrer intuitiven Kommunikation steuern lernen. Abschließend erfahren Sie, wie Sie interpretativ mit dem, was Sie da empfangen, umgehen lernen und damit in die Umsetzung weitergehen können. Dieser Lernprozess spricht erst einmal Sie als Coach an. Sie können ihn dann aber auch nach einigen Monaten eigenem Lernen und Ihren ausgewerteten Erfahrungen gemeinsam mit Ihren Klientinnen angehen, um diese ebenfalls in ihren intuitiven Fähigkeiten zu stärken.

Intuitionskompetenz aufbauen

Kapitel 3 „Intuition im Coaching“ führt die Erkenntnisse aus Kapitel 1 und 2 weiter ins Coaching. Neben dem Aufbau von Intuitionskompetenz befassen wir uns damit, wo und wann Intuition im Coachinggeschehen hilfreich ist. Sie erfahren, wie Sie sich und Ihre Klientinnen einstimmen, damit intuitive Prozesse zugänglicher und wahrscheinlicher werden. Intuitionseinsatz im Coachinggespräch ist auf vielerlei Ebenen möglich. Weiterhin werfe ich mit Ihnen einen Blick auf Intuition im Online-Coaching und wie Sie Klientinnen ermutigen können, mit den gemeinsam gewonnenen Ergebnissen weiterzugehen.

Intuition im Coaching wirkungsvoll einsetzen

In Kapitel 4 „Intuitive Coachingansätze“ stelle ich Ihnen vier komplexe Coachingansätze vor, die die Arbeit mit Intuition im Coachingprozess verankert haben. Anhand dieser vier Coachingansätze aus ganz unterschiedlichen Disziplinen werden Sie feststellen, dass die Arbeits- und Wirkweise sich dennoch sehr ähnelt. Gewünscht ist, dass Sie durch die Parallelität der Ansätze erneut ein eigenes Prozessverständnis von intuitiver Arbeit erhalten und sich daraus möglicherweise in Ihren Coachingprozessen etwas ganz Eigenes entwickelt. Auch wenn Sie erst einmal nach außen hin nichts verändern, wird sich doch vielleicht durch ein neues Rollen- und Haltungsverständnis, das den intuitiven Coach ausmacht, ein veränderter Blick auf Ihre bisherigen Life- und Business-Coaching-Prozesse ergeben. Deswegen gehe ich zum Abschluss dieses Kapitels ausführlicher auf diesen Wandel im Rollenverständnis ein.

Das Buch wird mit dem Praxiskapitel 5 „Intuitive Coachingmethoden“ beendet, in dem ich einige nach Themen sortierte intuitive Coachingmethoden vorstelle. Gleichzeitig soll es Sie anregen, Ihren bisherigen Methodenkoffer auch einmal nach bereits bekannten Methoden zu durchforsten, um mit diesen nach der Lektüre dieses Buchs möglicherweise auf eine andere und intuitivere Art zu arbeiten. Intuition ist kein „Teilzeitjob“. Wenn Sie sich mit dem Thema Intuition befassen, wird es Auswirkungen auf Ihre komplette Lebenswahrnehmung und -gestaltung haben. Deswegen beende ich dieses Kapitel mit einem Ausblick auf einen qualitativ neuen Lebensstil.

Zum Gendern

Gendern bläht leider einen Text auf und macht ihn weniger lesbar, deswegen verzichte ich auf Anregung des Verlags auf konsequentes Gendern, auch mit Binnen-I oder anderen lustigen Zeichen. Allerdings nehme ich gelegentlich einfach die weibliche Form und die männliche Form ist dann mitgemeint. So, wie das ja umgekehrt sonst immer der Fall ist. Zudem spreche ich durchweg von „dem Coach“ und „der Klientin“. Bitte sehen Sie mir diesen faulen Kompromiss nach.

Download-Ressourcen

Zum Buch finden Sie ergänzende Inhalte, die Sie sich jederzeit aus dem Download-Bereich des Werks laden können. Für diesen Vorgang müssen Sie sich einmalig registrieren. Den Download-Link finden Sie im Impressum.

Kapitel 1

Was ist Intuition?

Im ersten Kapitel finden Sie:

Definition von Intuition

Merkmale von Intuition

Kurze Ideengeschichte des Unbewussten und der Intuition

Intuition im Coaching

Ein bisschen Gehirnkunde für Coachs

Das Bewusstseinsdreieck

Somatische Marker – das Empfangssystem

Instinkt, Intuition und Inspiration

Intuitionsfallen bzw. -verhinderer

Das Dreamteam Intuition und Kognition

Intuition und Kreativität

Intuition und Spiritualität

Beginnen wir damit, das Wortfeld Intuition, aber auch das Phänomen Intuition in diesem Buch einzukreisen. Hier lesen Sie einige Definitionsfacetten, die auch für den Einsatz im Coaching interessant sind:

„Intuition besteht aus Dingen, die wir gelernt haben, ohne dass wir realisiert haben, dass wir sie gelernt haben.“Seymour Epstein

„Praktizierte Intuition ist das ‚Entdecken des Machbaren‘. Das Machbare ist also schon dagewesen, nur noch nicht ‚ent-deckt‘.“Frank H. Sauer

„Die Intuition ist wie das ‚Aaah‘ des Künstlers beim Betrachten des ganzen Bildes.“Hans-Peter Dürr

„Intuition ist Expertenwissen: Experten haben aufgrund ihrer Erfahrung gelernt, alle möglichen Dinge zu sehen, die für andere Menschen unsichtbar sind.“Gary Klein

„Intuition ist die Nase für das Mögliche.“Marie-Luise von Franz

„Die größte Entfernung im Dasein des Menschen ist weder von hier nach dort noch von dort nach hier. Nein, die größte Entfernung im Dasein des Menschen ist von seinem Verstand zu seinem Herzen. Nur wenn er diese Distanz überwindet, lernt er, wie ein Adler zu segeln und seine innere Unermesslichkeit wahrzunehmen.“Angaangaq

Definition von Intuition

Sprachliche Ableitung

Der Sprach- und Kulturphilosoph und Mystiker Roland Ropers erläutert Intuition als Hineinblicken, und zwar in den tiefsten Wesensgrund. Die Anthropologin und Ethnologin Christina Kessler hat Intuition in verschiedenen Kulturen erforscht und definiert: „Intuition gewährt Einblick in das Spiel der unsichtbaren Wirkzusammenhänge und ermöglicht, Atmosphären wahrzunehmen. Zwischen den Worten hört sie das Unausgesprochene; sie riecht, wenn es brenzlig wird; schmeckt, ob etwas stimmig ist oder nicht; und spürt die Qualität von Gegebenheiten, Verhältnissen, Meinungen, Sichtweisen oder Entscheidungen. Oft ist ein solcher Einblick mit dem Impuls nach Veränderung, einer Vorahnung oder gar mit dem Auftauchen einer völlig neuen Idee verbunden. (…) Und sie hat Einsicht in das Potenzial einer Situation – in ihre Ursachen, ihre Zusammenhänge, Chancen, Gefahren und Konsequenzen – weil sie durch den gegenwärtigen Zustand hindurchschaut bis auf den Wesensgrund, der wie ein Spiegel wirkt.“ (Kessler 2002).

Drei Merkmale

Gerd Gigerenzer hat mit seinem Bestseller „Bauchentscheidungen“ das Intuitionsverständnis in Deutschland stark geprägt. Laut ihm weist die Intuition drei Merkmale auf. Er verwendet auch synonym die Begriffe „Ahnung“ oder „Bauchgefühl“:

Sie taucht rasch im Bewusstsein auf.

Gründe für diesen intuitiven Eindruck sind uns nicht bewusst.

Sie ist stark genug, dass wir danach handeln.

Bis die Begriffe Intuition, Unterbewusstsein, Unbewusstes, Bauchgefühl usw. näher definiert worden sind, werde ich sie hier synonym verwenden. Im Abschnitt „Instinkt, Intuition und Inspiration“ (ab S. 72) nehme ich dann erste Abgrenzungsversuche vor, die für das Coaching von Belang sind.

Das Thema Intuition kommt seit etwa drei Jahrzehnten wieder aus seinem Schattendasein hervor und wird in der Psychologie und den Kognitions- und Neurowissenschaften rehabilitiert („Kurze Ideengeschichte des Unbewussten und der Intuition“ ab S. 34). Benachbarte Zeitgeist-Themenbereiche wie Kreativität, Umgang mit Emotionen oder Achtsamkeit greifen immer wieder auf Erklärmodelle aus dem Forschungsumfeld der Intuition zurück. Das Sprechen über und die Integration von Intuition in die bewusste Gestaltung von Seminaren und Coachings wird also langsam wieder salonfähig.

Intuition als zweiter Betriebsmodus

Der intuitive Modus: ein chaotisches Netz

In den meisten psychologischen Erklärungsmodellen für Intuition wird das „diskursive Denken“ – auch als Logik oder Vernunft bezeichnet – immer noch dem intuitiven Denken kontrastiv gegenübergestellt, so etwa in Kahnemanns Differenzierung von schnellem und langsamem Denken. Der Innovationsforscher Gunter Dueck erweitert diese Sichtweise um die Idee zweier verschiedener Betriebsmodi des Gehirns. Er zeichnet das Bild des Verstandes als Expertenfestplatte, auf der Dateien in übersichtlichen Strukturen bereitliegen, die nach vorgefertigten onditionierungen (Programmen) abgerufen werden. Das kann man sich vorstellen wie eine Art Schubladensystem. Wohingegen das Gehirn im intuitiven Modus eher wie ein chaotisches Netz agiert, das die vielfältigsten Informationen in unterschiedlichen Gewichtungen miteinander verbindet und einen schlüssigen, aber nicht begründbaren schnellen Output in Form einer Erkenntnis liefert. (Lesetipp: Wunderbar metaphorisch beschrieben sind unsere verschiedenen Denkmodi im Bilderbuch „Die Schöpfung“ von Helme Heine als Professor Kopf, Rosi Herz und Dick Bauch.)

Ein Lagerhaus von Lernerfahrungen

Auch einer der Väter der Hypnotherapie, Milton Erickson, hat dieses parallele System des Unbewussten vom bewussten Verstand unterschieden. Es unterscheide sich vom bewussten Verstand in Bezug auf seine Prozesse der Aufmerksamkeit, des Lernens und der Reaktionen. Für ihn enthält das Unbewusste ein Reservoir, ein Lagerhaus von Lernerfahrungen und Wissen. Ein Bestandteil sind psychologische, gefühlte, intellektuelle, aber auch viele Sinnes-Informationen, die schon mal bewusst waren oder sogar absichtlich erworben wurden, später jedoch in Vergessenheit geraten und damit aus dem Bewusstsein verschwunden sind. Aber das Unbewusste enthalte auch das unbewusste, gleichsam aussortierte Potenzial der Wachstums- und Entwicklungsphasen eines Kindes. Im Unbewussten liegen damit viele unbekannte und ungenutzte Potenziale, die das Bewusstsein einmal übersehen, ignoriert oder zurückgewiesen hat.

In den letzten Jahren wird in den verschiedenen, die Intuition untersuchenden Disziplinen deutlich, dass es tatsächlich ein Nebeneinander mindestens zweier Funktionsweisen des Geistes gibt. Aber die den beiden Betriebsmodi zugrunde liegenden Prozesse sind derart ineinander verschränkt und beeinflussen sich permanent gegenseitig, dass man inzwischen von einem komplementären, nicht mehr von einem kontrastiven Verhältnis ausgeht.

Manchmal werde ich dennoch in diesem Buch die beiden Seiten kontrastiv darstellen, da das Verständnis dadurch vereinfacht werden kann, immer im Bewusstsein, dass wir beide Betriebsmodi sowieso nicht gänzlich voneinander trennen können. Doch können wir mal dem einen Modus, mal dem anderen Modus eine Art Leitfunktion zuweisen.

Erscheinungsformen von Intuition

Handlungsfelder

Intuition wird in unterschiedlichen Formen und Handlungsfeldern erlebt:

1.Intuition als Handlungswissen: Hier übernimmt bei erfahrenen Fachleuten in komplexen Situationen die Intuition, gleichsam als Autopilotsteuerung, das Handeln. Das ist nur möglich, wenn sich über Jahre ein implizites Erfahrungswissen aufgebaut hat, so beispielsweise beim Einsatz von Rettungssanitäterinnen und Notfallmedizinern.

2.Intuition als handlungsleitendes Körpergefühl: Mittels intelligenter Körperempfindungen, sogenannter somatischer Marker, können in komplexen Entscheidungssituationen schnelle und oft sehr zuverlässige Entscheidungen getroffen werden. Wenn Sie beispielsweise intuitiv abbremsen, nur weil Sie ein sonderbares Bauchgefühl haben, und damit einem Unfall entgehen.

3.Intuition als Geistesblitz: Schon lange sind diese Aha-Effekte oder gar wissenschaftlichen „Heureka“-Durchbrüche in der Kreativitätsforschung als Ergebnis einer Inkubationsphase bekannt. Hier haben Menschen viele Einzelinformationen oft über Jahre in ihr gesamtes Geist-Körper-Seele-System eingespeist und bekommen dann vermeintlich plötzlich eine besondere Lösung ihres Problems präsentiert. Wenn plötzlich eine brillante neue Forschungsfrage, die den Durchbruch liefert, auftaucht oder eine geniale Werbekampagnenidee nach wochenlanger Durststrecke auf dem Tisch liegt.

Alle drei Felder können in der Coachingarbeit relevant sein, auch wenn Feld 2 den größten Anteil der intuitiven Arbeit einnimmt. In längeren kreativen Prozessen und Aufgaben kann aber auch Feld 3 für Klientinnen relevant werden und Feld 1 ist besonders für den Kompetenzaufbau bei Coachs interessant („Entwicklung von Intuitionskompetenz“ ab S. 172).

Intuition im Beratungskontext wird, nach einer Untersuchung des Intuitionsforschers, Coachs und Organisationsentwicklers Markus Hänsel, durch innere Bilder, inneren Dialog, Körperreaktionen, emotionales Erleben, veränderte Bewusstseinszustände (Tunnelblick versus freischwebende Aufmerksamkeit), unwillkürliche Handlungsimpulse und Ähnlichkeitsrelationen zwischen unterschiedlichen Wahrnehmungs- und Gedächtnisinhalten wahrgenommen. Die Wahrnehmungen werden dabei mit Bedeutungen verknüpft, die die Relevanz und Stimmigkeit für den aktuellen Beratungskontext anzeigen (Hänsel, Zeuch und Schweitzer 2002).

Handlungsbereiche von Intuition

Intuition ist nützlich bei ...

Hänsel, Zeuch und Schweitzer sehen Intuition im Arbeitskontext als nützlich bei:

Problemlösung und Entscheidungsfindung

Umgang mit Komplexität

Förderung von Kreativität

Erfassung von Zeitqualitäten (richtiges Timing)

Zukunftsgestaltung und -vision

Gestaltung von Interaktionen und Beziehungen

Wortlose Verständigung und Sinn für das Wesentliche

Willenshandlungen

All diese Bereiche sind auch im Coaching relevant. Wenn sich das Unterbewusstsein eher nonverbal ausdrückt, ist es im Coaching beispielsweise wichtig, auf die Inkongruenzen zwischen verbaler und nonverbaler Kommunikation zu achten. Auch der Unterschied zwischen dem, was jemand sagt und dem, was dann tatsächlich zum Beispiel in der Umsetzung von Coachingergebnissen getan wird, ist aufschlussreich, da hier implizite Motive oder unbewusste und vorbewusste Erlebens- und Verhaltensmuster die Handlungssteuerung übernehmen.

Intuition ergründet, was ist und was sein will

Der Begründer der Transaktionsanalyse, Eric Berne, beschreibt Intuition als das Phänomen, dass sich eine Person nicht nur nicht bewusst sei, wie sie etwas weiß, sondern oft nicht einmal, dass sie etwas weiß. Sie handelt und agiert aber auf eine bestimmte Art und Weise, als ob sie etwas genau wüsste. Er sieht Intuition als „archäopsychisches Phänomen“. Dieses würde vom Erwachsenen-Ich-Zustand beeinträchtigt und auch der Eltern-Ich-Zustand sei der Intuition nicht zuträglich, da logisches sowie „ethisches“ Denken die Wirksamkeit oder auch die Empfangsfähigkeit für die Intuition einschränkten.

Moral und Logik außen vorlassen

Berne empfiehlt dem „intuitiven Kliniker“, was sich auch in Ansätzen auf uns Coachs übertragen lässt, eine klare Trennung zwischen den eigenen Ich-Zuständen zu vollziehen. Sein Anliegen war es, der Intuition wieder mehr Gewicht in der klinischen Arbeit zu geben. Damit die „Archäopsyche“ der Intuition gut arbeiten kann, sollen wir frei beobachten und Daten integrieren, wie es ein kleines Kind tun würde, und sämtliche innere Einmischungen von Moral und Logik erst einmal außen vor lassen. Damit würden auch eigene Interessen und Befindlichkeiten oder ein professioneller Erfolgsdruck ausgeklammert. Diese so gewonnenen Eindrücke werden dann zur weiteren Verarbeitung von der „Neopsyche“ in Sprache übersetzt und der Klientin zur Verfügung gestellt.

Einen Möglichkeitsraum schaffen

Der Systemiker Bernd Schmid ergänzt Bernes Intuitionsbegriff um die Facette des Jung‘schen Intuitionsbegriffs. Dieser bezieht die Intuition nicht nur auf innere und äußere Wahrnehmungen von bereits Vorhandenem, sondern auch auf Potenzielles in Form von noch nicht Vorhandenem und noch nicht sinnlich Wahrnehmbarem. Dieses Potenzielle ist allerdings keine Extrapolation von vergangenen und gegenwärtigen Entwicklungen in die Zukunft. Es umfasst einen Möglichkeitsraum, der sich entwickeln könnte. Schmid beschreibt diesen als Potenzialität, aber nicht als die Summe aller denkbaren Möglichkeiten, sondern als genau die Möglichkeiten, die gerade „in der Luft liegen“ und auf Verwirklichung drängen. Eine weitere Funktion der Intuition beschreibt er in der „inneren Goldwaage“. Hier geht es um das intuitive Erspüren von Sinn, Wert und Bedeutung einer Möglichkeit; ob sich diese für die Klientin als funktional und stimmig erweist. In Therapie und Coaching suchen wir gemeinsam nach genau diesen Möglichkeiten.

Merkmale von Intuition

Die spezielle Arbeitsweise des Unbewussten

Sigmund Freud und seine Nachfolger beschreiben einige Merkmale des Unbewussten:

Zeitlosigkeit: Die Vorgänge des Unbewussten sind zeitlos. Hier gibt es keine Vergangenheit und Zukunft, alles kann auch gleichzeitig passieren.

Realitätsverleugnung: Das Lustprinzip steuert nach Freud unsere „Triebregungen“. Es ignoriert gerne die äußere Realität. Das Unbewusste kann hier also auch Unmögliches wollen.

Psychische Realität: Das Unbewusste unterscheidet nicht zwischen Realität und Vorstellung. Auch eine vorgestellte Krankheit kann demnach psychosomatische Auswirkungen haben.

Widerspruchsfreiheit: Im Unbewussten sind Widersprüche völlig miteinander vereinbar, da es hier keine klassische Logik gibt

Fehlende Negation: Das Unbewusste kennt keine Verneinung bzw. blendet diese aus, da es in konkreten Bildern denkt. Eine Aussage kann daher auf das Gegenteil verweisen. Ein „nicht“ oder die Vorsilbe „Un-“ wird vom Unbewussten einfach ignoriert. Wenn Sie einem Kind beispielsweise sagen „Lass das Glas nicht fallen!“, erhöhen Sie die Wahrscheinlichkeit genau dieser Handlung.

Worte als „Dinge“: Das Unbewusste „denkt“ in Symbolen, behandelt diese aber wie ein konkretes Ding. Beispielsweise können Redensarten im Traum wörtlich in Erscheinung treten, z.B. die Katze im Sack kaufen.

Für Milton Erickson ist das Unbewusste:

Brillant: Das Unbewusste ist laut Erickson viel klüger, weiser und schneller als der bewusste Verstand und hat Zugang zu mehr Informationen.

Achtsam: Das Unbewusste ist nur in der Hinsicht unbewusst, dass der bewusste Verstand ihm gegenüber blind ist. Der unbewusste Geist an sich ist sehr achtsam und reaktionsfähig hinsichtlich aller Geschehnisse und schläft nie! Daher wird auch zwischen zwei Personen auf unbewusster Ebene sehr viel mehr wahrgenommen als auf bewusster Ebene.

Konkret und wörtlich: Erickson beschrieb die unbewusste Wahrnehmung als direkt, unverzerrt und wörtlich. Statt mittels komplexer Interpretationen oder Erklärungen wird die Realität auf der Basis einfacher, konkreter Erfahrungen ohne einen Filter absorbiert. Auf das, was ist, wird direkt und wörtlich reagiert.

Kindlich: Die Art und das Verhalten von Kindern repräsentieren den grundlegenden Charakter des Unbewussten eines Erwachsenen. Kinder leben noch in ungeteilter Verbindung mit ihrem Unbewussten.

Emotional: Nach Erickson haben Emotionen ihren Ursprung im Unbewussten. Als psychophysiologische Reaktionen sind sie eine Spiegelung von unbewussten Gefühlen in Bezug zu erlebten Situationen.

Intersubjektiv/universal: Auch wenn individuelle Unterschiede bezüglich der Inhalte des Unbewussten bestehen, so sind Struktur und Form des Unbewussten zwischen allen Menschen sehr ähnlich (Ryba 2018).

All diese Merkmale müssen in der Arbeit mit dem Unbewussten vor allem in der Interpretation von intuitiven Impulsen berücksichtigt werden und wir werden sie im Praxisteil erneut aufgreifen.

Charakteristische Aspekte von Intuition

Markus Hänsel schlägt in seinen interdisziplinären Forschungsarbeiten zu Intuition vor, den komplexen Begriff der Intuition als Wortfeld zu verstehen, das eine eher übergeordnete Begriffsfamilie darstellt. Das Erleben von Intuition bezeichnet einen im Vorfeld unbewusst verlaufenden mentalen und emotionalen Prozess, der vermeintlich plötzlich eine Wahrnehmung oder eine Erkenntnis ins Bewusstsein bringt. Dieser Vorgang kann nicht willentlich gesteuert werden, sondern entsteht eher in einer empfangenden Haltung. In seinen Forschungsarbeiten schlägt er sechs kennzeichnende Aspekte von Intuition vor, die so ähnlich in allen definierenden Beschreibungen von Intuition auftauchen:

Abb.: Charakteristische Aspekte von Intuition (vgl. Hänsel 2014)

Erlebte Stimmigkeit

Die oft mit dieser Erkenntnis verbundenen Entscheidungen oder Beurteilungen einer Situation werden in höchstem Grad als richtig und stimmig von der Person empfunden und zeichnen sich damit durch eine hohe Evidenzqualität aus. Gleichzeitig gilt diese für die Person erlebte Stimmigkeit nach außen wenig und stößt oft auf Unverständnis. Daher werden Intuitionen oft im Nachhinein rationalisiert. Hänsel verweist dabei auf Studien, die herausfanden, dass Führungskräfte immer intuitiver entscheiden, je höher sie im System angesiedelt sind, ihre Entscheidungen aber im Nachhinein rational begründen müssen, da diese sonst nicht als gültig empfunden werden.

Intuition als implizites Erfahrungswissen

Muster setzt unbewusste Gefühle frei

Unsere Intuition besteht darin, Muster im Fluss unserer Wahrnehmungen zu entdecken, die bestimmte Entscheidungen veranlassen. Diese Muster haben wir irgendwann einmal erlernt. Es ist allerdings Wissen, von dem wir gar nicht wissen, dass wir es wissen. Wird ein bekanntes Muster entdeckt, werden entsprechende mit dem Muster verbundene Gefühle freigesetzt. Diese treten dann meistens gar nicht ins Bewusstsein, gerade dann nicht, wenn es um schnelles Entscheiden geht, sondern wir erleben sie als eine Art Ahnung.

Laut dem MIT-Forscher Pete A. Sanders senden Menschen, Plätze und Objekte ständig Schwingungsmuster aus, und unser Körper ist in der Lage, diese wahrzunehmen und ihre Bedeutung in innere Gefühle umzuwandeln: „Ich habe das Gefühl, dass mit diesem Haus etwas nicht stimmt …“, „… dass es mit diesem Projekt Probleme geben wird“ oder „… Ich muss mal im Kinderzimmer nachschauen, mir ist so unwohl …“ So komprimiert unser Unbewusstes implizite Informationen zu deutlichen Intuitionen.

Berufsgruppen wie Feuerwehrleute, Ärztinnen, Börsenmakler, Rettungssanitäterinnen, Führungskräfte, Profisportler, Fluglotsen oder Pilotinnen sind besonders darauf angewiesen, schnell zu entscheiden und müssen auf ihre Intuition als Mustererkennungssystem zurückgreifen können. Daraus leitet sich auch ab, dass beispielsweise die Intuition eines jungen Assistenzarztes noch nicht so zuverlässig sein kann wie die einer Oberärztin, die deutlich mehr relevante Informationen während ihres Berufslebens in ihr Gedächtnissystem eingespeist hat, auf die sie dann spontan bei schwierigen Entscheidungen zurückgreifen kann.

Vom Kulturerbe zur Intuition als lebensgestaltende Kraft

Die Intuition hat in vielen Weltkulturen und spirituellen Traditionen ihren festen Platz. Beispielsweise stellt der Zen-Buddhismus dem analytischen Denken Intuition und Spontaneität entgegen. Die intuitive innere Stimme war damit schon immer handlungsleitend in vielen Kulturen.

Die Welt vor der Aufklärung hatte in westlichen Kulturen viele willkürliche, intransparente und für den Einzelnen wenig verständliche Züge, sodass oft mit einer Art instinkthaftem Aberglauben reagiert wurde. Auch die Naturreligionen vieler indigener Völker tragen „prärationale Züge“. Es geht nun heute nicht darum, die intuitiven Zugänge in dieser wenig hinterfragten prärationalen Form wiederzubeleben. Auch können und wollen wir nicht mehr hinter die Errungenschaften unserer Gesellschaft zurück, in der wir uns auf Fakten und Sachlichkeit berufen, wenn es um gemeinsame Weltgestaltung geht. Das vermittelt uns zumindest vorübergehend Sicherheit.

Der Zugang zu einer inneren Ordnung

Allerdings gerät diese Sicherheit angesichts multipler Optionen und drängender Weltprobleme seit einigen Jahrzehnten immer mehr ins Wanken. Wir vermissen die Sicherheit, die wir durch ein Gefühl von Eingebettet-Sein in der Welt erleben können, indem wir uns selbst als sinnvollen Teil dieser Welt erleben dürfen. Coach und Impulsgeberin für kulturellen Wandel Vivian Dittmar beschreibt in ihrem Buch „Das innere Navi“ dieses Gefühl als „Zugang zur inneren Ordnung“. In allen intuitiven Ansätzen, die in diesem Buch vorgestellt werden, spielt genau diese Anbindung an das Große Ganze und die daraus abzurufende Weisheit und Sicherheit eine wesentliche Rolle.

„Transrationalität“

Die neue Komplementarität im Umgang mit Intuition und Kognition bildet sich ab in dem Begriff der „Transrationalität“, den der jungianische Psychologe Jerome Bernstein prägte und den der amerikanische Philosoph Ken Wilber populär gemacht hat. Der rationale Zugang zur Welt hat nicht ausgedient, aber nicht alles kann rational erfasst werden. In einem transrationalen Weltbild hat auch die Intuition ihren festen Platz. Eine gut ausgebildete Ratio ist eine wichtige Voraussetzung für einen transrationalen Zugang zur Welt, damit wir nicht erneut in die Prärationalität abgleiten, wie z.B. in „postfaktischen“ Meldungen in den sozialen Medien. Ob die Intuition in den nächsten Jahrzehnten allerdings die leitende Kraft wird, wie Albert Einstein in seinem Zitat propagiert, wird sich zeigen:

„Die Intuition ist ein göttliches Geschenk, der denkende Verstand ein treuer Diener. Es ist paradox, dass wir den Diener verehren und die göttliche Gabe entweihen.“Albert Einstein

Praktischer Nutzen der Intuition

Einige nützliche Auswirkungen

Um den stärkeren Fokus von Intuition im Coaching zu begründen, können Sie Klientinnen einige nützliche Auswirkungen von intuitiver Kompetenzanwendung erläutern:

Intuition erleichtert uns unseren Alltag. Sie hilft bei den kleinsten Entscheidungsprozessen (welchen Pullover ziehe ich heute an, welche Marmelade esse ich) bis hin zu Schutz vor Gefahrensituationen (wenn wir im Straßenverkehr Autos ausweichen oder einem schlecht gelaunten Menschen, der uns in einen Konflikt verwickeln möchte).

Intuition fördert unsere Persönlichkeitsentwicklung. Oft werden wir mit Situationen und Lernmöglichkeiten konfrontiert, die „zufällig“ daherkommen, aber doch mit nächsten Wachstumsschritten zu tun haben. Beispielsweise, wenn Sie eine neue Klientin bekommen, die mit Themen kämpft, mit denen Sie in ähnlicher Form gerade selbst zugange sind. Intuition trägt dazu bei, dass wir uns selbst immer wieder neu und besser kennenlernen, unsere Potenziale entwickeln und in Dialog mit der besten Version unseres Selbst treten können (von vielen Autorinnen auch das „höhere Selbst“ genannt).

Mit Intuition verbessern wir unsere Beziehungen. Wenn wir unsere intuitiven Fähigkeiten erweitern, vertiefen wir unsere Empathie und unsere Kommunikationsfähigkeiten. Wir wissen intuitiv, worauf es ankommt und was unser Gegenüber braucht. Auch die Partnerwahl kann besser gelingen.

Intuition erhöht unsere Lebensqualität. Bei einem intuitiven Leben finden wir zunehmend Möglichkeiten, Herausforderungen leichter zu bewältigen, immer besser in der eigenen Lebensfreude zu bleiben. Die Intuition hilft uns, zu entscheiden, wovon wir mehr wollen und was wir vermeiden sollten, weil es uns nicht guttut.

Die Rückbindung an unsere Intuition steigert unsere kreativen Fähigkeiten. Wir steigen ein in das große Spiel der Schöpfung und werden, jeder auf seine Weise, zu Lebensgestaltern in unterschiedlichen Bereichen. Sei es im Künstlerischen oder dass wir kreative IT-Lösungen finden oder in der Didaktik neue Wege einschlagen.

Intuition hilft uns, in komplexen Zeiten angemessene Lösungen zu finden. Wir können mit ihrer Hilfe den beschleunigten Herausforderungen unserer Zeit gelassener gegenübertreten ohne auszubrennen. Wir wissen dann, wann wir schnell mitspielen wollen und wann es besser für uns ist, aus dem allgemeinen Hamsterrad auszusteigen.

ÜbungMein Vorverständnis von Intuition

Die Journalistin Karin Myria Pickl hat elf Experten, die sie (natürlich intuitiv) aus verschiedenen Disziplinen ausgewählt hat, in ihrem Buch „Weisheit aus dem Bauch“ (2009) elf Fragen gestellt.

Beantworten Sie diese doch einmal selbst, um Ihre Vorannahmen zum Thema Intuition zu erforschen:

Was verstehen Sie unter Intuition?

Gibt es verschiedene Formen von Intuition?

Wie unterscheiden Sie Intuition von anderen Wahrnehmungen wie Instinkten, Gefühlen, Wünschen oder Gedanken?

Hat jeder Mensch Intuition und gibt es Unterschiede, z.B. zwischen Frauen und Männern?

Gibt es eine intuitive Intelligenz?

Lässt sich die Intuition aus Ihrer Sicht wecken, lernen oder trainieren?

Wenn ja, mit welchen Methoden?

Wie lässt sich Intuition im Alltag sinnvoll nutzen?

Was sollte man beachten, um seine Intuition verantwortungsbewusst einsetzen zu können?

Welche besonderen Erfahrungen – gute wie negative – haben Sie im Umgang mit Ihrer Intuition bisher gemacht?

Welchen Stellenwert hat die Intuition für Sie im Leben?

Kurze Ideengeschichte des Unbewussten und der Intuition

„Über 99 Prozent der Menschheitsgeschichte war verzaubert, und der Mensch sah sich selbst als einen dazugehörigen Teil. Die völlige Umkehrung dieser Vorstellung in nur 400 Jahren hat die Kontinuität der menschlichen Erfahrung und die Integrität der menschlichen Psyche zerstört. Sie hat ebenfalls beinahe den Planeten vernichtet. Mir scheint, dass die einzige Hoffnung in einer Wiederverzauberung der Welt liegt.“Morris Berman

Bereits 500 v. Chr. setzten sich die griechischen Philosophen mit dem Dualismus von Verstand und dem Unbewussten bzw. Gefühlen auseinander. In der Renaissance, und noch mehr in der Aufklärung, herrschte dann das Primat des Verstandes. Das Unbewusste war das Überholte, Mittelalterliche, Abergläubische, das mit seinen Dämonen aus dem Untergrund wirkte und von dem der Mensch sich lossagen musste, um ein Homo oeconomicus zu werden. Dieser würde dann endlich seine Entscheidungen mit Kalkül und nutzenmaximiert treffen können.

Ganz anders in der konfuzianischen Tradition in China oder bei vielen indigenen Völkern Amerikas, Lateinamerikas oder in Südseeregionen. Hier gilt es gerade auch bei Führungskräften bis heute als salonfähig „eine Witterung“ zu haben. Das heißt, auch strategische Entscheidungen können intuitiv begründet werden.

Descartes‘ Irrtum

René Descartes, der Begründer der Bewusstseinsphilosophie, war der Meinung, dass es kein Unterbewusstsein gibt, sondern jeder geistige und psychische „Denkvorgang“ bewusst abläuft. „Descartes‘ Irrtum“ führte dazu, dass wir in den letzten 350 Jahren zumindest in der westlichen Kultur den Verstand, die Ratio, stark überbewertet haben. Intuition wurde einige Jahrhunderte lang in unserer Kultur gleichgesetzt mit Irrationalität. Diese deutliche Abwendung vom „Aberglauben“ und irrational begründeter Macht- und damit Deutungshoheit der Kirche im Mittelalter war sicher zeitweilig notwendig.

„Wir haben seit ungefähr 300 Jahren eine Kultur des Misstrauens gegenüber Intuition […] und es wird dadurch gespeist, dass man denkt, man könne alle Probleme durch Nachdenken besser lösen“, erklärt der Intuitionsforscher Gerd Gigerenzer, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin.

Dennoch gilt bis heute in der Wissenschaft, dass nur das Wissen als legitim und abgesichert gilt, das durch wissenschaftliche Verfahren und Methoden für alle reproduzierbare Ergebnisse bringt. In diesem Zuge ist ein großes Misstrauen gegenüber jeder Form von subjektiv vermittelter Innenwahrnehmung entstanden und damit war Intuition als Quelle von Weisheit und Erkenntnis jahrhundertelang zumindest offiziell außen vor. Vernachlässigt wurde dabei allerdings, dass jede Intention und jeder Forschungsansatz einer Wissenschaftlerin den Erkenntnisprozess und sogar die Forschungsergebnisse beeinflusst. Ein weit verbreitetes Beispiel ist der Welle-Teilchen-Dualismus. Je nach Art des Forschungsdesigns zeigen sich hier vermeintlich widersprüchliche Eigenschaften.

Gustav Fechner, der Begründer der Psychophysik, prägte die Metapher vom Bewusstsein als Spitze des Eisbergs und folgte damit den Grundsätzen der rationalistischen Philosophie, die nicht von einem Unbewussten sprechen, sondern eher eine Art Bewusstseinskontinuum postulieren, sodass es verschiedene Klarheitsstufen des Bewusstseins gibt. Auch die Idee des kognitiven Unbewussten, die Gottfried Wilhelm Leibniz Anfang des 18. Jahrhunderts begründete und die sich bis heute in der Kognitionspsychologie wiederfindet, folgt diesen Annahmen.

Erst in der Tradition des „Sturm und Drang“ und später in der Romantik werden wieder Gefühle hervorgehoben und auch „das Irrationale“ darf sich wieder in Texten zeigen. Johann Gottfried Herder prägte das Konzept der „Lebenskraft“, die später in der Romantik als „Unbewusstes“ bezeichnet wurde und als romantisch-vitales Unbewusstes einen wichtigen Übergang zur späteren Vorstellung des Unbewussten im Bereich der Hypnose bildete.

Psychoanalyse Sigmund Freuds

Arthur Schopenhauer stellt dar, dass der Mensch durch seine Triebnatur gesteuert wird, sieht diese Triebnatur aber als bedrohlich an. Auch in der Psychoanalyse Sigmund Freuds wird eben diese Triebkraft als „Libido“ („Es“) bezeichnet, die als sexuell geprägte Liebes- und Lebensenergie unser Verhalten steuert. Unsere Aufgabe sei es, diese mit zunehmender Reife kognitiv zu steuern und mit unserem „Über-Ich“ „im Zaum zu halten“.

Bei Freud werden auch erstmals die Bereiche unbewusst und vorbewusst voneinander abgegrenzt. Die Inhalte, die durch Verdrängung in das System „Unbewusst“ verbannt wurden, werden als das dynamische Unbewusste bezeichnet. Diese können (und sollen) nicht zum Bewusstsein gelangen und sind daher unbewusst im Sinne von nicht bewusstseinsfähig. Hier verbergen sich oft schmerzliche Erfahrungen und Traumata. Die Inhalte des Systems „Vorbewusst“ sind hingegen bewusstseinsfähig, aktuell jedoch nicht präsent und daher unbewusst. Ein Beispiel hierfür wäre der Name eines alten Klassenkameraden, der einem „auf der Zunge liegt“.

Das Vorbewusste entwickelt sich nach Freud in der Kindheit und steht im Spannungsfeld von Triebimpulsen und den Anforderungen der Realität. „Das Leben ist kein Wunschkonzert“, haben wir alle in unserer Kindheit zu hören bekommen. Es hat damit die Funktion, zu integrieren und zu vermitteln und berücksichtigt, anders als das „Unbewusste“, das sogenannte Realitätsprinzip, sprich die Folgen unserer Handlungen in der realen Welt. Oft versagen wir laut Freud unserem Bewusstsein also die direkte Lusterfüllung und muten ihm die Kontrolle von Triebimpulsen zu, um es mittelfristig vor Schmerz zu schützen und die Selbsterhaltung sicherzustellen. Im „Vorbewussten“ laufen daher viele Denkvorgänge ab, welche die Funktion eines „Probehandelns“ haben, um zu schauen, ob eine lustvolle Handlungsidee auch „sicher“ umgesetzt werden kann.

Da das Verständnis des Unterbewussten in diesem Buch stark von den Arbeiten C. G. Jungs geprägt ist, möchte ich Ihnen hier auf Grundlage der Forschungsarbeiten der Wirtschaftspsychologin Alica Ryba für das intuitive Coaching wesentliche Aspekte der Jung‘schen Psychologie zusammenfassen. Viele Praxisansätze und Coachingschulen sind implizit von den Jung’schen Arbeiten geprägt, weswegen man als Coach einige Grundsätze kennen sollte (Ryba 2018).

Exkurs

C. G. Jung und das Unbewusste

„Das Unbewusste des Menschen sieht richtig, auch wenn die bewusste Vernunft blind und machtlos ist.“

C. G. Jung

Bewusstsein versus Unbewusstes

Im „Lexikon der Psychologie“ (Spektrum Akademischer Verlag GmbH Heidelberg 2001) wird „Unterbewusstsein“ als die Bewusstseinsebene bezeichnet, deren Inhalte nicht bewusst sind, die aber durch Reflexion bewusst gemacht werden können. Dies sei der wesentliche Unterschied zum „Unbewussten“, dessen Inhalte durch Selbstreflexion nicht zugänglich seien. Heute werden Unterbewusstsein und Unbewusstes in der Alltagssprache synonym gebraucht. Auch im Jung‘schen Verständnis von Unbewusstem können Teile durch den Dialog zwischen Unbewusstem und Bewusstsein zugänglich gemacht werden. So verwende ich die Begriffe im weiteren Verlauf des Buches ebenfalls synonym.

Abb.: Eisbergmodell der Persönlichkeit nach Sigmund Freud (angelehnt an Ruch/Zimbardo 1974)

C. G. Jungs analytische Psychologie bildet eine der tiefenpsychologischen Schulen neben der Psychoanalyse Sigmund Freuds und der Individualpsychologie Alfred Adlers. Jung erweiterte das Konzept des Unbewussten um kollektive Aspekte. Sein Verständnis des Unbewussten ist geprägt durch zahlreiche ethnologische, religionspsychologische Studien sowie dem Verständnis des Unbewussten aus östlichen Philosophien. Auch einige parapsychologische Phänomene hat er dabei untersucht. Jung hat durch viel Introspektion und „aktive Imaginationen“ auf seinen Reisen, unter anderem zu den Pueblo-Indianern Neu-Mexikos, in die Oasenstädte Nordafrikas und in die Buschsavanne Ostafrikas, eigene Experimente zur Auseinandersetzung mit seinem eigenen Unbewussten durchgeführt und darauf später seine Theorien aufgebaut. Diese Notizen sind zusammengefasst und herausgegeben in seinem berühmten „Roten Buch“, das eigene Illustrationen und kalligraphische Darstellungen enthält. Er nannte es „Liber Novus“.

Laut Jung ist das Bewusstsein mit einem Scheinwerfer zu vergleichen, der in jedem Augenblick nur einen begrenzten Bereich beleuchten kann, alles andere liegt im Dunkeln und ist in diesem Augenblick der Wahrnehmung nicht zugänglich. Das Ich ist für ihn ein Komplex von Vorstellungen, der von hoher Kontinuität und Identität mit sich selbst geprägt ist. Das ist sein Zentrum des Bewusstseinsfeldes, das aber nur einen sehr kleinen Teil der Psyche ausmacht. Diese Vorstellung wird schon im Eisbergmodell Freuds erläutert, bei dem das Bewusstsein auf der weit größeren Scholle des Unbewussten schwimme. Das Ich habe Anteil an beiden Sphären, es verbindet nun Inhalte aus dem Unbewussten und Informationen aus der Außenwelt. Damit prägt Jung die bis heute in den meisten Therapieschulen gültige Unterscheidung zwischen Ich und Selbst, indem das Ich nur das Subjekt des Bewusstseins, das Selbst aber das Subjekt der gesamten, also auch der unbewussten Psyche ist.

Das persönliche und das kollektive Unbewusste

Das Unbewusste unterteilt Jung weiterhin in das persönliche und das kollektive Unbewusste. Ersteres beinhaltet vergessene, verdrängte oder unterschwellig wahrgenommene Inhalte aus der Lebensgeschichte eines Menschen sowie abgespeicherte Gedanken und Gefühle.

Das kollektive Unbewusste hingegen beruhe nicht auf persönlicher Erfahrung, sondern auf Vererbung. Diese Ansicht wird heute durch die Forschungsarbeiten in der Epigenetik gestützt. Kessler erläutert, dass sich nach C. G. Jung die Bildsprache der Seele evolutionär herausgebildet habe, und zwar auf der Instinktebene, indem lebensdienliche Strukturelemente, die für das Überleben der Art von Vorteil waren, ins kollektive Gedächtnis Eingang fanden und damit „vererbt“ wurden.

In einer groß angelegten Studie hatten Jung und seine Mitarbeitenden herausgefunden, dass es ganz bestimmte Symbole, Motive und Bildsequenzen sind, die nicht nur in den Mythen der Völker, sondern auch in den Träumen und in der biografischen Selbstfindung des Menschen immer wieder auftauchen. Diese Symbole bezeichnete er als Archetypen und betrachtet sie als Energiekomplexe mit einer regulativen Wirkung: Sie seien sinnstiftend, mit dem Potenzial, die Gesamtpersönlichkeit ins Lot zu bringen.

Jung sieht Archetypen als einen großen Schatz an uraltem Wissen, um tiefe Zusammenhänge zwischen Gott, Mensch und Kosmos zu verstehen. Er ist der Ansicht, dass diese der eigenen Psyche erschlossen werden sollten. Damit würde dann die Einsamkeit des Individuums aufgehoben und es würde sich wieder eingebettet sehen in den Ablauf der Geschichte als einem ewigen Geschehen.

Persönlichkeitsentwicklung und Individuation

Das Ziel der analytischen Psychologie ist nicht eine symptombezogene Heilung, sondern Persönlichkeitsentwicklung. Die Vereinigung bewusster und unbewusster Inhalte bezeichnet Jung als transzendente Funktion, weil aus ihr in einer Synthese etwas höheres Drittes entsteht. Durch eine schrittweise Annäherung an die psychische Gesamtheit wird der Weg zum eigenen Selbst geebnet. Dabei geht es darum, zu erkennen, wer man tatsächlich ist, in Abgrenzung dazu, wer man sein möchte. Diesen Prozess bezeichnet Jung als Selbstwerdung oder Individuation.

Jung geht davon aus, dass ein Mensch sein Bewusstsein erweitern und den Bereich des persönlichen Unbewussten reduzieren kann. Der von Jung definierte „Schatten“ ist der Gegenspieler der sogenannten Persona. Letztere entspricht einem Teil des bewussten Ichs, der sozusagen als Maske in der Außendarstellung etabliert wird, um den jeweiligen Rollenerwartungen gerecht zu werden. Die Persona, heute auch als Identität in der Psychologie beschrieben, umfasst also eher die sozial erwünschten Eigenschaften und Verhaltensweisen eines Individuums in einem bestimmten soziokulturellen Kontext. Die nicht ins Bild passenden Anteile werden in den unbewussten Schattenbereich verdrängt. Der Schatten stellt also abgespaltene Persönlichkeitsteile dar, die das aktuell handelnde Ich aussortiert hat. Es handelt sich dabei um nicht oder nur wenig gelebte Eigenschaften eines Individuums, die durchaus auch positiv und schöpferisch sein können. Wir können laut Jung den Schatten zum einen durch Projektion auf andere Menschen erkennen, also als das, was uns an anderen beispielsweise stört, und zum anderen durch Figuren im Traum.

Im Individuationsprozess erkennt der Mensch also Schritt für Schritt seine individuellen Anlagen, Fähigkeiten und Möglichkeiten, die er in der Folge zu leben beginnt. Auf diese Weise entwickelt er sich zu dem, „was er wirklich ist“, zu einem einzigartigen Individuum. Es kommt zur „Verselbstung“ oder „Selbstverwirklichung“. Das Selbst ist das Zentrum der Persönlichkeit, das alle gegenläufigen Teile – und damit auch die Schatten – der Persönlichkeit zusammenfasst und vereinigt.

Der transrationale Blick auf das Thema Intuition

Milton Ericksons kooperativer Hypnoseansatz

Nur wenige Jahre später erweitert Milton Erickson für ganze Jahrgänge von Therapeutinnen und Coachs das intuitive praktische Handwerkszeug für den Individuationsprozess C. G. Jungs. Milton Erickson gilt als der bedeutendste Hypnotherapeut des 20. Jahrhunderts. Sein Einfluss auf die Psychotherapie wird von vielen mit dem von Freud verglichen. Während der Vorherrschaft der Psychoanalyse stellte Erickson Maximen wie die Notwendigkeit der Einsicht in unbewusstes Material und das zeitintensive Durcharbeiten vergangener Kindheitserfahrungen infrage. Er wurde laut Ryba zum Wegbereiter für strategische und kurze Ansätze in der Psychotherapie sowie für Familientherapie. Besondere Merkmale von Ericksons kooperativem Hypnoseansatz sind unter anderem seine Patientenzentriertheit, seine Abwendung von einer Pathologisierung, seine Ressourcenorientierung und seine Flexibilität sowie der vermehrte Einsatz von Kreativität. Damit hat er die meisten modernen Coachingansätze maßgeblich beeinflusst. Wie wir sehen werden, ist auch seine Vorgehensweise im Prozess mit vielfachem Einsatz von Intuition verbunden. Weiter hinten im Buch finden Sie ein Beispiel für seinen gleichzeitig kognitiven sowie intuitiven Utilisationsansatz (ab S. 44).

Die Bewusstseinsforschung schreitet mittlerweile in vielen Disziplinen voran. So kommt es nun zunehmend zu einer Rehabilitierung der subjektiven Perspektive. Hänsel verweist beispielsweise auf eine Studie, für die 72 Nobelpreisträger und ihre Teams befragt wurden. 90 Prozent der Befragten gaben an, dass Intuition sowohl im Forschungsprozess als auch bei Generieren von Ergebnissen aus einer sehr diffusen Datenlage eine Rolle spielte. Gerade wenn es um den „Riecher“ für brauchbare Forschungsfragestellungen und die Erstellung weiterführender Hypothesen ging. Auch beim Erstellen innovativer Forschungsdesigns und neuer unkonventioneller Lösungswege, wenn die Forschungsarbeit mit klassischen Methoden ins Stocken kam, stand die Intuition Pate.

„Intuition wirkt auf viele wie ein romantischer Rückfall in längst überwundene vormoderne Denk- und Lebensweisen.“Thomas Gonschior

Es wird in diesem Buch, wie bereits erwähnt, nicht darum gehen, zu einer prärationalen Vorstellung von Intuition im Coaching zurückzukehren. Sondern in einem transrationalen, integralen Verständnis soll es darum gehen, dass Kognition und Intuition als komplementäre Systeme zusammenarbeiten und das Rationale immer auch im Transrationalen mitgenommen wird (Kapitel 1 „Was ist Intuition?“).

Intuition im Coaching

„Intuition kennt jeder, sie ist wie Einatmen und Ausatmen. Aber die Intuition schulen bedeutet, sich wirklich in ihren Dienst zu stellen. Sie ist nicht einfach ‚etwas ‚Nettes‘, sondern ein Dienst und das ist nicht für jeden Menschen bestimmt, nicht jeder wünscht sich das.“Alev Naqiba Kowalzik

In diesem Abschnitt stelle ich vor, welche Rolle Intuition aktuell bereits in Coachingausbildungen spielt. Anhand zweier Modelle versuche ich dann, einige Erweiterungsmöglichkeiten des vertieften oder vermehrten Einsatzes von Intuition im Coaching aufzuzeigen.

Es gibt sehr wenige Arbeiten in der Beratungsforschung, in denen unbewusste und vorbewusste Prozesse im Coachingkontext untersucht werden. So greife ich in diesem Buch auch immer wieder auf mein persönliches Erfahrungswissen und das meiner Coaching- und Weiterbildungskolleginnen zurück, um die Rolle der Intuition im Coaching verständlich zu machen.

Intuition in Coachingausbildungen

In Ausbildungen ist Intuition eher noch unterrepräsentiert

Alicia Ryba hat in ihrer Dissertation „Die Rolle unbewusster und vorbewusst-intuitiver Prozesse im Coaching unter besonderer Berücksichtigung der Persönlichkeitsentwicklung der Klientin“ einige wenige Studien im Themenfeld Coaching und Intuition identifiziert. In einer englischen Studie von Turner (2010) wird die Bedeutung unbewusster Prozesse im Coaching erforscht. Hierbei gaben 89 Prozent der Coachs im Online-Fragebogen an, dass sie unbewusste Prozesse als relevant im Coaching einschätzen, und 68 Prozent waren der Auffassung, dass diese in der Mehrzahl der Dialoge vorkommen.

Nur knapp die Hälfte der befragten Coachs (47%) gab an, dass ihre Ausbildung sie ausreichend auf den Umgang mit unbewussten Prozessen vorbereitet hat. Wenn man bedenkt, dass in Deutschland die meisten Ausbildungen unter dem Etikett des systemischen Ansatzes laufen, der das Unbewusste nicht so stark berücksichtigt, sind die Zahlen hierzulande vermutlich noch geringer. Am besten vorbereitet haben sich Coachs mit langjähriger Erfahrung und einem therapeutischen Hintergrund gefühlt. 69,9 Prozent gaben an, dass sie in ihren Supervisionssitzungen unbewusste Prozesse thematisieren.

Psychotherapeutinnen sind deutlich umfangreicher und länger ausgebildet als Coachs und damit meist besser auf den Umgang mit unbewussten Prozessen vorbereitet. Natürlich gibt es auch hier Unterschiede. In verhaltenstherapeutischen Ausbildungen spielt das Unbewusste beispielsweise eine deutlich untergeordnetere Rolle als in der psychoanalytischen Ausbildung.

Die Arbeit mit unbewussten Prozessen im Coaching erfordert nach Einschätzung von Alicia Ryba einen hohen fachlichen Ausbildungsgrad, der im aktuellen Ausbildungsumfang der Coachingausbildungen (150 bis 200 Std.) nicht gegeben ist. Gerade die Coaching- und Therapieansätze, die das intuitive Arbeiten im Coaching fundieren, sind sehr ausbildungsintensiv. „Was Persönlichkeitsentwicklung betrifft, sollten sich Coachs von der Vorstellung verabschieden, sie könnten mit Reflexionsprozessen allein nachhaltige Veränderungen erzielen“ (Ryba 2018). Ryba empfiehlt zusätzlich zu klassischen systemischen Coachingausbildungen beispielsweise Weiterbildungen in Focusing oder in hypnotherapeutischen Ansätzen, um Klientinnen auch auf der Ebene unbewusster Veränderungsprozesse qualifiziert begleiten zu können. In Kapitel 4 (ab Seite 212) stelle ich vier ausgewählte Coachingansätze vor, die Coachs mit vorhandener Basisausbildung umfangreiches Know-how für das intuitive Coaching vermitteln. Das Erlernen von professioneller intuitiver Kompetenz wird voraussichtlich ein Thema der Coachingausbildungen in den kommenden Jahren werden. Zudem wird durch „Abstimmung mit den Füßen“ – wie wir im Trainingskontext sagen – die Qualität von Coachingprozessen gemessen werden. Sprich, wer bei seiner Klientel intuitive Prozesse im Coaching gut führen kann und in relativ kurzer Zeit zu nachhaltigen Lösungen kommt, der wird auch zahlende Klientinnen haben.

Veränderungsprozesse im Coaching benötigen Intuition

Kognitives Verstehen hilft nur bedingt

Menschen kommen in ein Coaching, weil sie merken, dass sie mit ihren Veränderungsprozessen selbst nicht zurechtkommen. Kognitives Verstehen hilft Klientinnen aber nur bedingt, wenn es um die Veränderung tiefgreifender Erlebens- und Verhaltensmuster geht. Klientinnen sind ja oft gerade durch immer wieder erneutes kognitives Abwägen oder Gedankenspiralen in die Handlungsunfähigkeit gekommen, die sie bewogen hat, sich Unterstützung durch Coaching zu holen. Das heißt, wir müssen im Coaching andere Wege gehen, beispielsweise durch gezielte Aktivierung des limbischen Systems über emotional-körperliche Erfahrungen.

Das Prinzip der Utilisation