Irgendwas mit Schreiben - Jan Fischer - E-Book

Irgendwas mit Schreiben E-Book

Jan Fischer

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Beschreibung

Sie waren Youtube-Sternchen, Vorband, Museumswärter oder Messeköchin. Sie sind Arztsohn, Volontärin, Comedy-Duo oder Mutter. Über den wahren Berufseinstieg von gelernten Autoren. Mit Beiträgen von Jan Fischer, Florian Kessler, Thomas Klupp, Jan Kuhlbrodt, Stefan Mesch, Alexandra Müller, N.N., Sina Ness, Johannes Schneider, Martin Spieß, Tilman Strasser, Lino Wirag, Mirko Wenig. Mit einem Vorwort über die literarische Lebenskunst von der Hildesheimer Kulturwissenschaftlerin Jacqueline Moschkau. Diese Anthologie blickt in einem breiteren Kontext auf die Biographien und Arbeitsstrategien von Schreibschulabsolventen. Natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Was wird eigentlich aus denen, die an den deutschen Schreibschulen in Hildesheim und Leipzig studieren? Denjenigen, die nicht als Debütanten hochgelobt werden. Denjenigen, die danach oft auch wieder fallen gelassen werden? Wie finden sie einen Berufseinstieg? Mit welchen Hürden und Vorurteilen müssen sie umgehen lernen? Wo werden Schreibende und Schreibenkönnende heute überhaupt noch gebraucht? Eine Aufwertung und Aufklärung zum deutschsprachigen Literaturbetrieb, wie er abseits der Großfeuilletons stattfindet. Denn: Diplomautoren sind überall.

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Jan Fischer (Hg.) Irgendwas mit SchreibenDiplomautoren im Beruf ein mikrotext

Lektorat: Nikola Richter

ePub-Erstellung/Cover: Andrea Nienhaus

Coverfoto: Rainer Sturm/pixelio.de

Covertypo: PTL Attention, Viktor Nübel

www.mikrotext.de – [email protected]

ISBN 978-3-944543-15-4

Alle Rechte vorbehalten.

© mikrotext 2014, Berlin

Jan Fischer (Hg.)

Irgendwas mit SchreibenDiplomautoren im Beruf

Zur literarischen Lebenskunst als eine Renaissance der antiken Philosophie

Von Jacqueline Moschkau

Stellen wir uns vor, wir seien alt, sehr alt – so alt, dass wir behaupten können: Wir haben unser Leben gelebt. Im Sterben liegend werden wir von unseren Kindern oder Enkelkindern gefragt: „Wenn du dein Leben noch einmal leben könntest, würdest du irgendetwas anders machen?“ Das Ziel sollte sein, auf diese Frage – wann immer sie gestellt werden mag – antworten zu können: „Nein, ich würde es genau so noch einmal leben. Das war mein Leben und es war gut so.“

Was ist ein gutes Leben? Nach welchen Kriterien lässt sich ein Leben als ein gelungenes bewerten? Und was kann man tun, damit man das eigene Leben gelungen führen kann? Die Frage danach, womit man zufrieden ist, schwingt hier mit; die Frage nach Erfüllung und Glück – nicht erst rückblickend am Lebensende, sondern schon am Ende eines jeden einzelnen Tages.

So wie Holz das Material des Zimmermanns, Bronze das des Bildhauers ist, so ist das Material der Lebenskunst das Leben jedes Einzelnen. (Epiktet)

Bereits in der Antike war die Lebenskunst ein manifestes Thema der Philosophie. Analog der griechischen Wendung téchnē tou bíou oder auch der lateinischen Variante ars vitae und ars vivendi wurden Techniken der Lebensführung entwickelt. Gut zu leben ist die Kunst der Übung und kein Produkt des Zufalls. Es bedarf, so lehrten es Platon und Aristoteles, die Philosophen der Stoa und der hellenistischen Schulen, geistige Disziplin und Übung. Die philosophische Schule des Epikur strebt in seiner freigeistigen Lebenshaltung nach Glück und Freude am Leben. Ferner beinhaltet sie eine Philosophie der Lebenskunst, die ein Training, eine Ästhetisierung aller Sinne vorsieht, um ein Projekt zu verwirklichen – zum Beispiel das Projekt namens Leben. Körper und Geist werden in eine gute Form gebracht, die zu mehr Lebensqualität führen soll. Als Trainingspraktiken werden Meditation zwecks Innehalten und Nachdenken, Gespräche mit Freunden zwecks Austausch und geistiger Bereicherung, sowie das schriftliche Festhalten von Weisheiten in Notizbüchern (den hypomnemata) zwecks Erinnern und Reflektieren, vorgeschlagen. Sich um sich selbst, seine Seele, die Wahrheit und die Ehre zu sorgen, wurde als ebenso wichtig erachtet wie die Sorge um das materielle Auskommen.

Der Fokus änderte sich mit dem zunehmenden Einfluss der Religion. Die ursprünglich auf ein moralisch gutes Leben orientierte Selbstsorge wurde zum negativ konnotierten Egoismus degradiert. Im religiösen Kontext wird das Leben in jedem Punkt des Tagesplans, körperlich, geistig und spirituell, auf das Dienen für Gott ausgerichtet. Alles Irdische dient einzig dem Ziel, ein gutes Leben im Jenseits, im Paradies zu ermöglichen. Damit dieser Zweck nicht verfehlt wird, übernimmt die Religion die Aufgabe der Lebenskunst und gibt den Menschen jenes Regelwerk für das gute Leben an die Hand: Die zehn Gebote, die Regula Benedicti, die Thora, der Koran und viele mehr erstellen die ersten Handlungsanweisungen für ein gutes Leben.

Doch der Einfluss der Kirche auf die Menschen schwindet. In den späten Nullerjahren des 21. Jahrhunderts flammt das Interesse an einer Philosophie der Lebenskunst zusehends auf – einer praktischen Philosophie, die sich als fragende und in Frage stellende Instanz am Menschen und dessen Bedürfnissen orientiert und lebenspraktische Fragen diskutiert. Was ist das gute Leben? Wie soll ich mein Leben führen? „Nach Lebenskunst fragen diejenigen, für die sich das Leben nicht mehr von selbst versteht, in welcher Kultur und Zeit auch immer. Die Frage bricht vorzugsweise dort auf, wo Traditionen, Konventionen und Normen, und seien es die der Moderne, nicht mehr überzeugend sind und die Individuen sich um sich selbst zu sorgen beginnen“, schreibt Wilhelm Schmid 1998 in seiner „Philosophie der Lebenskunst“.

Doch nicht überall, wo Lebenskunst draufsteht, ist auch Lebenskunst drin. Psychotherapeutische Ratgeber, scheinphilosophisch esoterische Lebensbewältigungsliteratur und quantentheoretische Welterklärungsversuche nutzen den Begriff Lebenskunst für sich und ihr Handlungsanweisungen für ein gutes Leben. Doch Lebenskunst kann niemals normativ wie die Moral, auch nicht präskriptiv wie das Gesetzbuch, sondern nur optativ vorgehen: Allgemeingültige Werturteile über das, was im Leben zählt und was nicht, kann es nicht geben. Verbindliches oder auch nur Allgemeingültiges in Lebenskunstdingen äußern zu wollen, wäre von Anfang an verfehlt. Lebenskunst ist individuell. Es ist der Umgang eines jeden Einzelnen mit eines jeden Einzelnen Leben, Werten und Zielen. Lebenskünstler zu sein heißt, über die eigene Lebensführung nachzudenken. Die Philosophie der Lebenskunst ist eine Anleitung zum Nachdenken, die das orientierungsbedürftige Subjekt in seiner Freiheit der Wahl nicht einschränkt. Eine Technik hierbei ist die Praxis der Reflexion.

Was ist Glück – für mich? Was ist ein freier Mensch – in meinen Augen? Was verleiht – meinem – Leben einen Sinn? Das Individuum fragt in erster Linie aus Sorge um sich selbst. Dem Subjekt obliegt es, verbindliche Regeln und Werte zu (er-) schaffen, welche die Maximen in seinem individuellen Lebensentwurf sein sollen. Lebenskunstphilosophie hat eine beratende, empfehlende Tendenz, ist aber keine Moralethik. Die antike Philosophie der Lebenskunst ist die argumentative Erörterung der Lebenssituation des einzelnen Menschen.

Lebenskunst heißt, Lebenspläne zu schmieden und den Entwurf seiner selbst zu verwirklichen. Was aber bedeutet nun Lebenskunst für Schriftsteller, für Menschen, die ihre Lebensmaxime im Schreiben definiert haben? Die Frage, was mit dem eigenen Leben anzufangen sei, was dem Leben Sinn gebe, stellt sich jemandem, der sich für eine Ausbildung an einer Schreibschule entschlossen hat, nicht mehr in existenzieller Gänze. Literarische Lebenskunst bedeutet: Leben, um zu schreiben.

Dem Dichter also scheint ein Leben zu genügen, das dem Schreiben gewidmet ist. Das Schreiben ist das Wesentliche. Schon in Spitzwegs Gemälde „Der arme Poet“ wird das sichtbar: Der Arbeitsraum ist zugleich der Wohnraum, Lebensraum. Das Zimmer bietet ein Bett zum Ausruhen und Schlafen, Bücher für die notwendige Lektüre – als Inspiration oder auch Vorbild – sind in der Nähe, ebenfalls Feder und Papier. So kann die kreative Phase des Einschlafens oder Aufwachens direkt ins Schreiben übergehen. Das Zimmer ist frei von Ablenkung. Alle Objekte sind auf den Akt des Schreibens ausgerichtet. Es ist ein Mikrosystem der asketischen Konzentration auf das Wesentliche. Leben, um zu schreiben. Und andersrum: Schreiben, um zu leben?

Die geistige Freiheit hängt von materiellen Dingen ab. Die Dichtkunst hängt von der geistigen Freiheit ab. (Virginia Woolf)

Ein Schriftsteller-Dasein ist ebenso wenig wie das literarische Lebenswerk nichts, was man sich als konkretes Ziel setzt und planen kann. Es gibt keine fixen Karrierepunkte, die sich ansteuern und abhaken lassen, keinen allgemeingültigen Ausbildungsweg zum Schriftsteller. Schreibschulen suggerieren das. Doch am Ende des Studiums hat man – einige Ausnahmen hier und da – nicht den fertigen Bestseller, sondern erstmal nur die Urkunde über einen akademischen Abschluss in der Hand. Schreibtechniken, literarische Trends, vielleicht einen praktischen Einblick in die Vielfalt des Literaturbetriebs bieten die Schreibschulen in Leipzig und Hildesheim. Danach beginnt das Fragen und Hinterfragen des Lebens. Wie funktioniert ein Schriftstellerleben? Ist es Berufung oder kann es auch Beruf sein? Womit verdiene ich meine Brötchen, wovon bezahle ich meine Miete? Man brauche, so stellt es Virginia Woolf in ihrem 1929 erschienenen Essay „A Room of One’s Own“ fest, Geld und ein eigenes Zimmer, um schreiben zu können. Die Frage lautet also: Wovon leben, um zu schreiben? Auch heute, das zeigen die Beiträge in diesem Band, ist die Ungewissheit über das finanzielle Auskommen das größte Problem, mit dem Schriftsteller umzugehen haben. Eigenheim, Urlaub, Rente? Feierabend, Wochenende, Freizeitpark? Für manche Schriftsteller ist es schon Luxus, nicht den halben Monat Nudeln pur essen zu müssen. Aber Überleben hin oder her – wenigstens das literarische Werk bahnt sich so seinen Weg? Auch das nicht. Literarische Werke entstehen aus einem – nach Roland Barthes – „physiologischen Drang zu schreiben“ und widersprechen einer klassischen Lebensplanung. Jedoch kann der Drang zu schreiben noch so groß sein – man muss ihm auch Platz einräumen, den Alltag auf das Schreiben ausrichten. Es geht nicht darum, ob man ein Leben als Schriftsteller planen, sondern viel mehr, wie man es organisieren kann.

Es gibt Lebensentwürfe, die das kreative Schaffen auf mehrere Monate im Jahr konzentrieren. Andere verteilen das Schreiben gleichmäßig auf jeden einzelnen Tag und kombinieren es mit einem Halbtagsjob. Wann schreiben? Die zeitliche Organisation ist für ein Schriftstellerleben von grundlegender Bedeutung. In der detaillierten Betrachtung eines Schriftstelleralltags ist oft zu erkennen: Es gibt eine fast atomuhrgenaue Struktur. Arbeitszeiten einzurichten und sich daran zu halten, komme, was wolle, erhöht nicht nur die Wichtigkeit der Schreibarbeit, sondern wirkt auch den Affekten entgegen. Zu müde, zu faul, eine Verabredung oder das Geschirr, das noch gespült werden muss – es sollte keine Ausflüchte, keine Alternativen, nichts Besseres oder Wichtigeres geben als zu schreiben. Thomas Mann, Simone de Beauvoir, Charles Dickens, Haruki Murakami und Philip Roth, um nur einige wenige zu nennen, gehören zu jenen, die ihr Schreiben in zeitlich fixe Alltagsrituale eingebettet haben.

Zudem erfordert die Schreibarbeit eine Entscheidung über das Wo?-Schreiben. Es gibt die Einsiedler in der stillen Dachkammer, die Café-Schreiber inmitten der vorbeirauschenden minimalen Ablenkung durch fremde Menschen, die Büro-Schriftsteller in konzentrierter Atmosphäre mit anderen und sicherlich noch einige mehr. Der Schreibraum lässt sich bis ins kleinste Detail analysieren und zerlegen in funktionale und symbolische Elemente, es ist ein autarkes Mikrosystem, in dem alles auf den Akt des Schreibens ausgerichtet ist.

Weitere zu organisierende Aspekte schließen sich hier an: Wie viel gesellschaftlicher Umgang ist gut und mit wem? Spaziergang oder Extremsport: Was dient der Inspiration und was der Erholung vom Schreiben? Wie viel Lektüre ist notwendig, welche Lektüre ist zuträglich – und in welcher Schreibphase?

Hierbei findet die antike Lebenskunstphilosophie ihre Aktualisierung im Feld der literarischen Lebenskunst: Techniken der Lebensführung, die dem schriftstellerischen Alltag dienen, müssen ebenso entwickelt werden wie Arbeits-, also Schreibtechniken.

Von der Antike bis zur Moderne hat sich die Lebenskunst aus der Tradition des „Erkenne dich selbst“ gelöst und weiterentwickelt zum „Erfinde dich selbst“. Die christliche Religiosität, die Gott als Schöpfer erachtet, wurde abgelöst von der Kreativitätstheorie, die das Geschöpf als seinen eigenen Schöpfer denkt. Lebenskunst in der Tradition Nietzsches Existenzästhetizismus meint Selbsterschaffung und begreift das Leben als (künstlerischen) Herstellungsprozess.

Vielleicht ist eine Philosophie der (literarischen) Lebenskunst die Romantisierung, ja sogar Utopisierung der Theorie. Wohl eher ist es aber der Kompass, der – wenngleich mit zitternder Nadel – die etwaige Richtung in ein bejahenswertes Leben angibt.

Stefan Mesch ist krass drauf

Von Stefan Mesch

100_Ich will „Just Kids“ lesen, Patti Smiths 300-Seiten-Buch über das Leben als Künstlerin. Doch ich kriege nie mehr aus dem Kopf, was sie 2010 bei einer College-Abschlussrede als unbequeme, unheilvolle Prophetin immer : Junge Künstler brauchen einen Zahnarzt. Junge Künstler müssen ALLES tun, für Mundhygiene. Sie dürfen anders denken aber nie die Krankenkasse vernachlässigen, die Rücklagen, Vorsorge, Sicherheitsnetze, die sie mit 50, 60, 70 (oder: schon morgen!) brauchen. Wenn heute jemand „Patti Smith“ sagt, gehe ich ins Badezimmer und seufze. Falle in eine Angststarre die Zahnbürste im Mund.

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