1,99 €
Nach einer Familientragödie sucht Joe Miller als Mountain Man und Trapper die Einsamkeit in der Wildnis. Als er eines Tages mit Fellen aus British Columbia in die USA zurückkehren möchte, lauern ihm in den Bergen Banditen auf, die das Geschäft mit den Fellen durchaus gern übernehmen würden.
Es sieht nicht gut aus für Joe, als plötzlich eine Gruppe Indianer auftaucht und ihm das Leben rettet. In der nächsten Zeit scheint es, als würden sich die Dinge für den Trapper zum Guten neigen, aber der Banditenhauptmann mit dem bezeichnenden Spitznamen "Devil" plant weiterhin seine Untaten im amerikanisch-kanadischen Grenzgebiet, und Joe und seine indianische Freundin Sooray sehen sich bald mit der größten Herausforderung ihrer beider Leben konfrontiert ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 125
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Wenn der Blizzard tobt
Vorschau
Impressum
Wenn der Blizzard tobt
Nach einer Familientragödie sucht Joe Miller als Mountain Man und Trapper die Einsamkeit in der Wildnis. Als er eines Tages mit Fellen aus British Columbia in die USA zurückkehren möchte, lauern ihm in den Bergen Banditen auf, die das Geschäft mit den Fellen durchaus gern übernehmen würden.
Es sieht nicht gut aus für Joe, bis plötzlich eine Gruppe Indianer auftaucht und ihm das Leben rettet. In der nächsten Zeit scheint es, als würden sich die Dinge für den Trapper zum Guten neigen, aber der Banditenhauptmann mit dem bezeichnenden Spitznamen »Devil« plant weiterhin seine Untaten im amerikanisch-kanadischen Grenzgebiet, und Joe und seine indianische Freundin Sooray sehen sich bald mit der größten Herausforderung ihrer beider Leben konfrontiert ...
Wie lange kann ich es hier wohl noch aushalten?, fragte er sich.
Sobald er seine Pelzkappe auch nur einen Inch über die Kante des Felsens schob, hinter dem er Deckung gefunden hatte, folgte umgehend eine ganze Salve von Schüssen.
Und noch immer rätselte Joe Miller, wie viele Gegner ihm eigentlich ans Leder wollten, und vor allem auch, warum.
Er war aus dem Norden British Columbias gekommen und wollte über die Grenze, um in Three Forks seine Felle zu verkaufen und endlich wieder einmal einen guten Whiskey zu genießen.
Vier Monate war er auf Jagd gewesen und hatte in dieser Zeit bis auf ein paar Indianer niemanden zu Gesicht bekommen, und selbst die nur aus der Ferne. Es mussten Nez Percé gewesen sein, die wenigen von ihnen, die es bis nach British Columbia geschafft hatten.
Über Monate hatte der Stamm unter der Führung von Häuptling Chief Joseph die US-Kavallerie zum Narren gehalten und war den Soldaten immer wieder entwischt. Schließlich aber hatten die Pferdesoldaten die Roten doch noch gestellt.
Lediglich ein paar Dutzend Nez Percé hatten es über die Grenze nach British Columbia geschafft, während der Großteil des Stammes in ein Reservat in Oklahoma verbannt worden war.
All dies fiel Joe nun wieder ein, während er hinter diesem verdammten Felsen lag und befürchten musste, zum Sieb geschossen zu werden, von wem auch immer.
Was aber konnten diese Kerle überhaupt von ihm wollen?
Gut, die beiden Packpferde waren voll beladen mit Fellen. Da würde also schon ein ordentliches Sümmchen zusammenkommen.
Andererseits aber schätzte er, dass es sich um sechs, sieben Männer handelte, die ihn hier ordentlich mit Blei eindeckten. Für den Einzelnen würde also nicht allzu viel herausspringen. Warum aber sollte jemand dann das Risiko eingehen, sich im ungünstigsten Fall selbst eine Kugel einzufangen?
Mindestens die Hälfte der Felle war für ihn ohnehin schon verloren. Die Mistkerle hatten eins der beiden Packpferde zusammengeschossen, und das andere würde die doppelte Ladung kaum tragen können. Er würde die Hälfte der Felle zurücklassen müssen – immer vorausgesetzt, dass ihm überhaupt die Flucht gelang.
Plötzlich nahm er ein Geräusch zu seiner Rechten wahr und sah, dass ein Mann in etwa zwanzig Yards Entfernung auf ihn anlegte.
Sich zur Seite rollen, die Winchester hochreißen und durchziehen – all das war eine einzige fließende Bewegung, und beinahe noch im selben Moment brach der Kerl mit einem gellenden Todesschrei zusammen.
Glück gehabt!
Umso heftiger aber jagte nun wieder Salve um Salve auf Miller zu. Die meisten Kugeln fing der Felsbrocken vor ihm ab. Die Geschosse aber, die über ihn hinwegsurrten, hämmerten gegen die Felswand hinter ihm, und er musste höllisch aufpassen, damit er von keinem Querschläger erwischt wurde.
Dass er es nun mit einem Mann weniger zu tun hatte, half kaum.
Drei von dieser Sorte, die konnte er vielleicht in Schach halten. Aber fünf oder sechs? Nein, keine Chance!
Der einzige Grund, weshalb sich diese Hunde noch nicht dazu entschieden hatten, seine Deckung zu stürmen, war vermutlich die ziemlich hohe Wahrscheinlichkeit, dass er zwei oder drei von ihnen wohl auf die letzte Reise mitnahm.
Mittlerweile war es dunkel geworden.
Bestimmt schon drei Stunden lag er hier, und es hatte nicht den Anschein, als würden die Kerle von ihm ablassen wollen.
Er wusste, dass sie in der Dunkelheit kommen würden, also war seine einzige Chance, selbst auch auf die tiefe Dunkelheit zu setzen, die ihm der wolkenverhangene Himmel bescherte.
Als er aber seinem Gaul und dem verbliebenen Packpferd einige Stofffetzen um die Hufe wickeln wollte, um die Geräusche so gering wie möglich zu halten, entdeckte er die Bescherung: auch das zweite Packpferd war getroffen worden, an der rechten Hinterhand. Jede Bewegung schien dem Tier höllische Schmerzen zu bereiten.
Wahrscheinlich hatte es sich einen Querschläger eingefangen, so wie auch ihn wohl bald einer erwischen würde.
Verdammt, dachte er, vier Monate Arbeit für nichts! Er würde bestenfalls sein nacktes Leben retten können, und selbst da hatte er längst gehörige Zweifel.
✰
Er dachte jetzt an seine Frau und seine Tochter. Daran, wie es überhaupt dazu gekommen war, dass er nun hier in der Klemme saß und sich über den Verlust der Felle ärgerte.
Felle! Das hätte ihm einer mal vor fünf Jahren sagen sollen, dass er, mittlerweile beinahe selbst schon ein Wilder, von Tauschgeschäften mit Indianern und vom Verkauf von Tierhäuten leben würde!
Dass er manchmal wochenlang keinen Menschen traf und allenfalls mit sich selbst reden konnte.
Dass er unter freiem Himmel schlief ... und dass er schon des Öfteren getötet hatte, um zu überleben.
Joe Miller hatte nicht immer so gelebt, er war nicht schon immer ein Mountain Man gewesen. Mountain Men – so nannte man die Männer, die alleine durch die Wälder und über die Berge zogen und vom Verkauf von Fellen lebten.
Nein, Joe hatte einst eine kleine Ranch gehabt – in Nevada, ganz in der Nähe des Lake Tahoe.
Eine wunderbare Gegend. Eine, in der es einem an nichts mangelte und wo er und seine Familie glücklich gewesen waren.
Dann aber, vor etwas mehr als fünf Jahren, war das Unglück über sie hereingebrochen. Und bis heute wusste er noch immer nicht, was damals eigentlich genau geschehen war.
In jener Unglücksnacht wurde er von den Angstschreien der Tiere plötzlich aus dem Schlaf gerissen. Die Scheune brannte da bereits lichterloh.
Blitzschnell weckte er seine Frau und den Jungen.
»Raus! Nur raus hier!«, schrie er, da die Flammen mittlerweile auch auf das Haus übergegriffen hatten.
Plötzlich aber war es stockdunkel um ihn herum geworden.
Und als er wieder aufwachte – es musste wohl eine ganze Zeit vergangen sein, da vom Haus und von der Scheune nur noch ein paar schwellende Balken übrig waren –, da war er allein. Ganz allein.
Ob einer dieser Balken ihn niedergeworfen hatte, konnte er nicht mit Gewissheit sagen. Aber so oder ähnlich musste wohl so gewesen sein, denn sein Schädel schien jeden Augenblick explodieren zu wollen.
Und als er sich an die besonders stark schmerzende Stelle fasste, spürte er warmes Blut an den Fingern.
Wie ein Wahnsinniger wühlte er nun in den Trümmern und der Asche nach Frau und Kind, verbrannte sich fürchterlich die Hände, wenn er einen Balken anheben musste, und hustete sich dabei fast die Lunge aus dem Leib.
Finden aber konnte er die beiden zunächst nicht.
Schließlich lief er zum Stall hinüber. Zuerst hatte er die aufgeblähten Kadaver der Pferde und der vier Rinder gesehen, dann aber erblickte er inmitten dieses Fegefeuers aus Glut, Rauch und Asche zwei verschmorte Körper, die einmal Menschen gewesen sein mussten.
Ein nicht enden wollender Schmerzensschrei brach aus ihm heraus, und es dauerte eine ganze Zeit lang, bis er den Mut fasste, sich den beiden Leichen zu nähern.
Natürlich handelte es sich um seine Frau und um den Jungen.
Auch wenn er in den entstellten Gesichtern der beiden kaum noch seine Liebsten erkannte, so identifizierte er Mary doch an dem, was einmal ihr Ehering gewesen war.
Und Pete erkannte er daran, dass dem Jungen an der linken Hand ein Finger fehlte.
Den hatte er sich einige Jahre zuvor so fürchterlich gequetscht, dass Joe keine andere Möglichkeit gesehen hatte, als den Finger mittels eines Bowiemessers zu amputieren.
Natürlich hatte Joe sich seitdem bestimmt tausendmal gefragt, wie und warum das Feuer ausgebrochen war. Und wie waren Mary und Pete umgekommen? Hatten sie das Feuer vor ihm entdeckt und die Tiere retten wollen? Warum hatten sie ihn dann nicht geweckt?
Antworten hatte er bis heute keine finden können.
Er hatte seine Familie beerdigt und daran gedacht, ihr zu folgen. Den metallenen Geschmack des Laufs seines Colts hatte er schon im Mund gespürt.
Aber er war noch nie vor einer Prüfung, die ihm das Leben auferlegte, davongelaufen. Und selbst dieser, der härtesten, die ihm das Leben je abverlangt hatte, hatte er sich nicht entziehen können.
So hatte er das verlassen, was einmal ihr gemeinsames Heim gewesen war, und dabei gewusst, dass er nie mehr zurückkehren würde.
Ganz bewusst hatte er dann die Einsamkeit gewählt, denn Menschen um sich herum konnte er nicht mehr ertragen.
Er hatte sich auf den Weg nach Norden gemacht, ohne einen Hauch von Ahnung, wie er in der Wildnis überleben sollte.
Irgendwann, gegen Ende des ersten Monats, wurde er auf der Jagd von einem mächtigen Grizzly überrascht, der ihm mit einem Prankenschlag die linke Seite des Oberkörpers aufriss und ein paar Rippen brach.
Mary, Pete, jetzt komme ich zu euch, dachte er in diesem Moment, und es war ein schöner Gedanke.
Dann musste er ohnmächtig geworden sein.
Als er irgendwann wieder zu Bewusstsein kam, lag er auf einem Strohsack, wohl in einer Hütte, und neben einer Feuerstelle stand ein Mann.
Das Alter des Mannes kam Joe damals undefinierbar vor, denn einerseits bewegte er sich fließend, wie ein jüngerer Mann, andererseits aber gaben ihm der ungepflegte Bart und die wirren, langen Haare das Aussehen eines alten Waldschrats.
Tatsächlich war der Mann, der sich Grizzly Jack nannte, damals schon um die 60 gewesen, wusste es aber selbst nicht mehr genau. Auch er hatte sich irgendwann aus der Zivilisation verabschiedet, was aber wohl schon deutlich mehr als ein halbes Leben zurücklag. Und auch er hatte einst erst lernen müssen, hier draußen zu überleben.
Später war Grizzly Jack zu einer Art Legende geworden unter den Mountain Men, den frei wie die Vögel lebenden Männern der Berge.
Eine Legende, die Joe das Leben gerettet hatte. Mit bloßen Fäusten und bewaffnet nur mit einem Bowiemesser hatte Jack ihn damals aus den Klauen des Grizzlys gerissen.
Mehr als viereinhalb Jahre war das nun her. Alles, was er heute wusste und konnte, hatte Jack ihm beigebracht. Eine Schule fürs Leben hier draußen war das gewesen, sodass Joe sich heute ohne Anmaßung selbst einen Mountain Man nennen konnte.
Ein Jahr nach ihrem Zusammentreffen war Grizzly Jack gestorben. Er war auf einem gefrorenen See unterwegs gewesen, dessen Eis an einer Stelle aber keinen Mann tragen konnte.
Jack brach ein, und nur sein Schreien rettete ihn dieses Mal noch, weil Joe auf ihn aufmerksam wurde und ihn an einem Seil aus dem eiskalten Wasser zog. Aber der Alte hatte sich eine Lungenentzündung zugezogen und war trotz Joes Pflege zwei Wochen später verstorben.
Von da an war Joe wieder auf sich allein gestellt. Mit den Kenntnissen jedoch – die ihm früher gefehlt hatten – fand er sich zurecht und fand auch immer mehr Gefallen am Leben in der Wildnis.
Manchmal begegnete er wochenlang keinem menschlichen Wesen, was ihn aber nicht störte. Und allmählich entwickelte er so etwas wie eine gewisse Zufriedenheit und schloss einen, wenn vielleicht auch etwas brüchigen Frieden mit seinem Schicksal.
Er ging nach Montana ins Gebiet des Yellowstone River und baute sich dort ein einfaches Blockhaus. Dort lebte er von der Jagd auf Biber etc. und tauschte die Felle in einer der wenigen Handelsstationen gegen die wichtigsten Lebensmittel wie Salz, Whiskey und auch schon einmal ein paar Dosen Pfirsiche.
Mehr brauchte er nicht, zumal es selbst in diesen kleinen Ansiedlungen stets einige Frauen gab, die sich verkauften. Anfangs schämte er sich und fühlte sich jedes Mal, als hätte er Mary betrogen. Das aber gab sich nach einiger Zeit, und er konnte nun, zumindest für den Augenblick, den Körper einer Frau wieder genießen.
Ohnehin waren diese Besuche sehr selten, denn die meiste Zeit war er auf Jagd. Eine Jagd, die ihn bisweilen auch über die Grenze nach British Columbia führte, ins Land der Rotröcke, der berittenen kanadischen Polizei im Dienste der englischen Krone.
All das, ein Großteil seines Lebens, war ihm nun in wenigen Minuten durch den Kopf geschossen, während er auf ein Wunder wartete, von dem er ahnte, dass es nicht kommen würde.
In zwei Stunden würde es hell werden. Wenn er überhaupt noch eine Chance haben wollte, hier wegzukommen, musste er sich nun sein Reittier schnappen und einfach drauflospreschen; alles in der Hoffnung, die Kerle hätten am Lagerfeuer so viel gesoffen, dass sie nicht mehr richtig zielen konnten.
Dann aber geschah das, was er niemals erwartet hätte. Das Wunder trat ein!
✰
Plötzlich gellte ein Schmerzensschrei auf! Einer, den er sofort als Todesschrei eines Mannes identifizierte. Aber was war geschehen? Schließlich hatte er ja nicht geschossen, und er hatte auch keinen anderen Schuss gehört.
Waren die Kerle mittlerweile so besoffen, dass sie sich gegenseitig mit dem Messer umbrachten? Die Antwort kam schneller, als er sich einen weiteren Gedanken machen konnte.
Denn im nächsten Augenblick schrie einer der Kerle: »Rote! Das sind Rote! Benny ist von einem Pfeil erwischt worden!«
Indianer!, schoss es Joe durch den Kopf.
Dann brach ein Kugelhagel los, der aber anscheinend nicht ihm galt. Offensichtlich schossen die Banditen blindlings in die Nacht, in der Hoffnung, vielleicht doch jemanden zu treffen.
Plötzlich der nächste Todesschrei!
»Du Idiot«, rief jetzt einer der Männer. »Du hast Buck getroffen! Du hast ihn abgeknallt!«
Und der Gescholtene schrie zurück: »Das war ein Versehen, das wollte ich doch nicht! Ein Versehen ... ein Versehen!«
Joe überlegte, wie viele Gangster es jetzt wohl noch waren.
Einen hatte er bereits erledigt, zwei waren offensichtlich von den Indianern getötet worden und ein weiterer von den eigenen Leuten. Falls es zunächst also vielleicht sieben Mann gewesen waren, hatte er es nun nur noch mit drei Männern zu tun.
Das ist gewiss zu schaffen, dachte er, zumal mit der Hilfe der Roten.
Nicht eine Sekunde hatte Joe bis jetzt darüber nachgedacht, warum ihm die Indianer eigentlich halfen. Oder war das vielleicht gar keine Hilfe?
Vielleicht gingen sie einfach nur systematisch vor und wollten zunächst die Gruppe ausschalten, von der mehr Gefahr ausging als von ihm. Ihn würden sie dann im Anschluss und im Handumdrehen erledigen.
Da wäre es wohl besser gewesen, die Dreckskerle hätten mich erschossen, dachte er.
Ein Ende, das ihm jetzt allemal angenehmer schien, als von den Indianern gefangen und später gemartert zu werden.
Schon im nächsten Augenblick aber zeigte sich, dass die Option, von den Gangstern kurz und möglichst schmerzlos getötet zu werden, keine mehr war. Denn in das Geschrei mischten sich nun auch aufgeregtes Wiehern der Pferde und das Stakkato der Hufe auf dem Felsplateau. Die Kerle oder die von ihnen, die noch lebten, flohen!
Jo überprüfte, ob seine Winchester und sein Colt bereit waren, denn kampflos wollte er sich den Roten nicht ausliefern. Munition hatte er noch reichlich, und vielleicht waren es gar nicht so viele Krieger, wie er zunächst befürchtet hatte. Vielleicht gab es also für ihn doch noch eine Chance.