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Jack Slade

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Beschreibung

Der Westen bebt: Dreizehn Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs dringt das Eisenbahnnetz immer tiefer in die ungezähmte Weite des amerikanischen Westens vor. Zwei mächtige Gesellschaften, die ATSF- und die DRG-Railway, kämpfen um den begehrten Raton Pass - den einzigen wirtschaftlich sinnvollen Weg durch die schroffen Berge der Sangre de Cristo Range. Bei der DRG-Railway übernimmt ein skrupelloser neuer Bahnmarshal das Kommando: Saint Gavrin, ein Satanist, der die chinesischen Gleisarbeiter bis an ihre Grenzen ausbeutet. Auf der anderen Seite steht Leroy King, der charismatische Marshal der ATSF. Ein Mann, der sich trotz der Härte des Westens seinen moralischen Grundsätzen verpflichtet fühlt. Mit jedem Kilometer, den die Schienen die Berge näher rücken, wächst die Feindschaft zwischen den Rivalen. Die Spannungen eskalieren, und ein bleihaltiger Showdown scheint unvermeidlich ...


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Seitenzahl: 155

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Leroys Schienenkrieg

Vorschau

Impressum

Leroys Schienenkrieg

Der Westen bebt: Dreizehn Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs dringt das Eisenbahnnetz immer tiefer in die ungezähmte Weite des amerikanischen Westens vor. Zwei mächtige Gesellschaften, die ATSF- und die DRG-Railway, kämpfen um den begehrten Raton Pass – den einzigen wirtschaftlich sinnvollen Weg durch die schroffen Berge der Sangre de Cristo Range.

Bei der DRG-Railway übernimmt ein skrupelloser neuer Bahnmarshal das Kommando: Saint Gavrin, ein Satanist, der die chinesischen Gleisarbeiter bis an ihre Grenzen ausbeutet. Auf der anderen Seite steht Leroy King, der charismatische Marshal der ATSF. Ein Mann, der sich trotz der Härte des Westens seinen moralischen Grundsätzen verpflichtet fühlt.

Mit jedem Kilometer, den die Schienen den Bergen näher rücken, wächst die Feindschaft zwischen den Rivalen. Die Spannungen eskalieren, und ein bleihaltiger Showdown scheint unvermeidlich.

Als dann auch noch die Tochter des Bauleiters der ATSF entführt wird, geraten die Ereignisse außer Kontrolle ...

»Da ruht er nun im Leib der Mutter Erde, zur letzten Ruhe haben wir ihn gebettet. Gott sei seiner Seele gnädig.«

Der Prediger des Camps am Ende des Schienenstrangs der Atchinson, Topeka and Santa Fé Railway sprach diese salbungsvollen Worte. Ein Schienenleger der ATSF-Railway war in der glühenden Hitze des früh hereingebrochenen Sommers einem Hitzschlag erlegen. Die ATSF und die Denver & Rio Grande Railway – DRG – lieferten sich ein Wettrennen um den Zugang nach New Mexico.

Es wurde mit allen Mitteln ausgetragen.

»Will noch jemand ein paar Worte zum Gedenken an unseren Freund und Kameraden Alec Cordwell sagen?«, fragte der Prediger.

Er hoffte, das würde nicht geschehen. Ihm wurde es heiß in seinem schwarzen Gehrock mit dem engen Kragen. Er wollte die Beerdigung neben dem Schienenstrang rasch hinter sich bringen. Auch die Schienenleger und sonstigen Arbeiter und Angestellten der ATSF wollten keine weiteren salbungsvollen Worte hören.

Genauso wenig der Bahnmarshal, Leroy King, auch als Colt King bekannt, die harte Faust, welche die ungebärdigen sauf- und rauflustigen Arbeiter im Zaum hielt. Doch eine Frau trat vor, schwarz gekleidet, jedoch stark geschminkt, mit üppigem Busen und schon jenseits der Jugendjahre.

Das war Harriet Elsworth, die Madame, die das einschlägige Rotlicht-Etablissement in der zum Raton Pass hinstrebenden Railway Town betrieb.

»Ich will etwas sagen!«, rief sie laut, und es interessierte sie nicht, dass die Trauergäste murrten. »Alec Cordwell verdient einen Nachruf. Er soll nicht einfach verscharrt werden. Du hättest dir ein paar lobende Worte des Gedenkens für ihn einfallen lassen können, Prediger. Aber du hast es eilig, du willst raus aus der Hitze, in den Saloon, dir die Kehle befeuchten. Und hinterher schleichst du dich wieder durch den Seiteneingang zu meinen Girls, denen du manches abverlangst, was nicht in der Bibel steht.«

Der Prediger räusperte sich.

»Verleumdung!«, rief er.

Doch wer ihn näher kannte, der glaubte ihm nicht.

»Lasst Madame Harriet reden!«, rief ein bärtiger Vorarbeiter. »Unser Kamerad hat einen würdigen Nachruf verdient.«

Harriet Elsworth stellte sich in Positur.

»Alec Cordwell war ein fleißiger Arbeiter!«, rief sie. »Er drückte sich nicht und war immer pünktlich. Er betrank sich nur einmal in Monat. Wenn er mein Etablissement aufsuchte, kam er immer frisch gewaschen, was man nicht von jedem hier sagen kann. Er verlangte meinen Girls keine Perversitäten ab und behandelte sie immer freundlich und mit Respekt. Auch feilschte er nicht um den Preis, sondern hatte das Geld jeweils schon abgezählt.«

Die Bordellbetreiberin holte tief Atem.

»Daran sollten sich manche von den haarigen Böcken hier ein Beispiel nehmen.«

Gemurmel lief durch die Reihen – die Arbeiter waren allesamt zur Beerdigung ihres Kameraden erschienen. Ein paar Ausrufe wurden laut.

»Ruhe sanft und in Frieden!«, rief die Bordellbetreiberin. »Wir werden dich menschlich vermissen, mein guter Alec. Nicht nur dein Geld.«

Damit trat sie ans offene Grab, ergriff die langstielige Schaufel und warf eine Handvoll Erde auf den in Leinen gewickelten Leichnam. Einen Sarg sparte sich die ATSF. Als sie abtrat, folgten ihr zunächst ihre Girls, eine nach der anderen. Viele davon weinten, das war so Sitte bei ihnen.

Die Arbeiter folgten. Leroy King hielt sich zurück. Er wusste nicht recht, was er von der Aufzählung der Tugenden des Verstorbenen halten sollte. Schließlich reihte er sich in die Schlange ein und erwies dem Verstorbenen die letzte Ehre.

Die Arbeiter entfernten sich schwatzend. Es war Vormittag. Nach der Beerdigung und der Mittagspause sollte weitergearbeitet werden. Der Schienenstrang näherte sich der zu den Rocky Mountains gehörenden Sangre de Cristo Range und dem Raton Pass. Mit Hochdruck wurde gearbeitet; fünf Meilen am Tag wuchs der Schienenstrang, zweigleisig und mit einem stabilen Gleisbett.

Mehrere Bautrupps schufteten. Zuerst kamen die Trasseure, die den Boden vorbereiteten und die Trasse errichteten. Dann wurde das Gleisbett mit Schotter aufgeschüttet – das Ochsenwagen heranschafften.

Ihnen folgten die Schwellen- und Schienenleger. Die Arbeiter waren meistens Iren, alles beinharte Burschen. General Jack Basehart war der Bauleiter, ein drahtiger Terrier von Mann, mit reichlich Grau in seinem rostroten Haar. Er hatte sich im Bürgerkrieg – der vor dreizehn Jahren endete – auf Seite des Nordens ausgezeichnet.

Basehart wandte sich dann der Privatwirtschaft zu, Führungsqualitäten besaß er ohne Zweifel. Von ihm ging die Rede, er hätte tausend Schienenleger im Griff und den gesamten technischen Stab, nur seine bildhübsche Tochter Lorena nicht.

Sie hatte sich angekündigt und wollte bald beim Bautrupp eintreffen. Sie wollte den Bahnbau ganz vorn miterleben.

Der Leitende Ingenieur war Harvey Randler, ein Yankee, wie er im Buch stand. Er hielt sich immer kerzengerade, als hätte er einen Ladestock verschluckt, man behauptete, er könnte selbst im Hochsommer Eiswasser spucken.

Er war jedoch technisch ein erstklassiger Fachmann. Ihm konnte keiner was vormachen. Der Eisenbahnkönig Theodore ›Ted‹ Gould und sein Stab verlangten Höchstleistungen. Die Konkurrenz, die DRG, und die Aktionäre und Geldgeber saßen ihnen im Nacken.

Von Norden her baute die DRG mit Hochdruck, um die ATSF zu übertrumpfen. Sie lag mit ihren chinesischen Schienenlegern und Arbeitern – die Vorarbeiter und leitenden Kräfte waren allesamt Weiße – kaum hinter der ATSF zurück.

Nur eine Eisenbahngesellschaft konnte über den Raton Pass. Die andere würde pleitegehen, vom Kapitalismus vernichtet und vom Wettbewerb gefressen. Leroy King war sich dessen bewusst, auch des Umstands, dass die härteste Phase der Auseinandersetzung noch bevorstand.

Nach der Beisetzung Cordwells, dieses musterhaften Mannes, der immer ordentlich gewaschen und höflich im Bordell angetreten war, ritt Marshal King nach Nordwesten, dem Camp und dem Schienenkopf der Konkurrenzgesellschaft DRG entgegen. Er trabte auf seinem grauen Wallach Ghost durch die Buckelprärie und hielt dann auf einer Hügelkuppe.

Von da aus sah er den Schienenkopf der Denver & Rio Grande Railway. Dort schufteten die chinesischen Schienenleger unter glühender Sonne. Wie blaue Ameisen sahen sie aus der Ferne aus, mit runden Reisstrohhüten, jeder mit einem langem Zopf auf dem Rücken. An den Füßen trugen sie geflochtene Sandalen.

Mit Unfallsicherheit hatte das nichts zu tun. Die Ansprüche der Chinesen an Sicherheit und Komfort waren minimal.

Bei den Iren und paar andersstämmigen Arbeitern in General Baseharts Camp verhielt es sich anders. Sie trugen derbe Drillich- oder Leinenkleidung, schufteten jedoch in der Hitze oft auch mit freiem Oberkörper, was die Chinesen nie taten.

Die Iren hatten derbe, massive Sicherheitsschuhe und trugen breitkrempige Hüte. Sie verlangten und erhielten mehr Lohn und konnten sich einiges leisten.

Die Chinesen bei der Denver & Rio Grande Railway waren wie Vieh untergebracht, in Baracken zusammengepfercht. Was sie an Essen erhielten, hätten Baseharts Iren als Fraß bezeichnet und die Feldküche zusammengeschlagen.

Die Iren soffen wie die Löcher und rauften gern. Während der knochenharten Arbeit kauten viele der chinesischen Schienenleger Opium, um die Fron besser oder überhaupt zu ertragen. In ihrer wenigen Freizeit und nach Schichtende rauchten die Chinesen das Opium.

Die Details konnte King auf die Entfernung nicht erkennen, doch er wusste, dass es so war.

Er wartete im Sattel. Bald sah er einen einzelnen Reiter auf einem löwengelben Pferd durch die mit vereinzelten Büschen bewachsene Prärie traben. Der große, schlanke und drahtige Eisenbahnmarshal richtete sich im Sattel auf.

Dort ritt sein Kollege heran, Willem DeVries, Eisenbahnmarshal der DRG. Leroy sah ihn nicht als Konkurrenten; sie konnten sich gut verständigen. Willem DeVries war holländischer Abstammung, breitschultrig, hatte strohblondes, am Schädeldach schon schütter werdendes Haar und war untersetzt. Man kannte ihn unter dem Namen Dutch Will oder Dutch Willem. Er hörte auf beides. Er hatte einen Fransenbart um ein rundes Gesicht. Damit wirkte er gutmütiger, als er war. Er war ein fairer, harter und anständiger Mann.

Leroy war größer als er und hatte dunkles, langes Haar. Er trug einen Oberlippen- und einen Soul Patch, einen dreieckigen Bartstreifen unter der Oberlippe. Der ATSF-Marshal wirkte kühn und verwegen, clever und eloquent, DeVries dagegen hart wie ein Rammbock, unbeirrbar und stur.

Was er sich einmal in den Kopf gesetzt hatte, davon war er nicht abzubringen. Die beiden Männer begrüßten sich.

Sie achteten sich.

»Hey, Will, bei euch geht es voran«, sagte Leroy. »Ihr seid weiter, als ich gedacht hatte. Du hast dein Camp und die Belegschaft gut im Griff und kannst zufrieden sein. Deine Chinesen sind friedlich, solange sie ihren Lohn, ihr Essen und ihr Opium erhalten. Wenn ich dagegen an meine Iren denke ...«

»Ich will's dir gleich sagen, Leroy: Du wirst dich an einen neuen Marshal bei der DRG gewöhnen müssen. Mich haben sie nämlich gefeuert.«

»Wie das? Ich dachte, man ist mit dir zufrieden.«

»Das dachte ich auch, bis ich eines Besseren belehrt wurde. Gestern erhielt ich die Kündigung – fristlos. Tricky Dick Dickson, einer der drei großen Bosse, kam persönlich damit. Meinen Nachfolger brachte er mit.«

»Hey, das sind Neuigkeiten! Ich erhielt Nachricht, dass ein Salonzug im Camp der DRG eingetroffen sei, und fragte mich, wer damit kam.«

»Jetzt weißt du es. Wer meine Ablöse ist, wird dich nicht freuen.«

»Sag es.«

»Saint Gavrin, der Sohn des Teufels, wie er genannt wird, oder auch der Chinesenkiller. Er betet den Teufel an. Seine drei Helfer, die Helldogs, sind mit ihm gekommen. Sie werden seine Deputys.«

Leroy war geschockt. Das waren üble Neuigkeiten.

»Mit denen müsst ihr auch noch rechnen. Die großen Drei von der DRG wollen die ATSF mit allen Mitteln aus dem Rennen werfen. Am Raton Pass entscheidet sich das. Es sind nur noch vierzig Meilen dorthin. Wer zuerst über den Pass kommt mit seiner Bahnlinie, der hat gewonnen. Das ist gerade mal eine Woche Bauzeit – die entscheidende Woche.«

»Das weiß ich. Und du wurdest gefeuert, weil du die Chinesen nicht hart genug rannimmst? Obwohl die armen Teufel sich schon schinden, mit miserablem Lohn, unter schlechten Verhältnissen, dass ihnen das Blut unter den Fingernägeln vorkommt.«

»So ist es. Ich wäre zu lasch, sagte der Bauleiter, Jay Hendricks, das fette Schwein – jetzt und hier bei dir brauche ich kein Blatt mehr vor den Mund zu nehmen. Von ihm aus hätten die Chinesen überhaupt keine Ruhepausen mehr. Es ist ihm egal, wie viele von ihnen beim Bahnbau draufgehen – wir haben schon viele begraben. Die Aufseher sind grausam und peitschen aus den Chinesen heraus, was sie nur können. Die Chinesen erhalten reichlich Opium, was mir schon immer ein Dorn im Auge war. Sie werden mit Absicht abhängig gemacht – den Bossen der DRG und ihren Kreaturen ist das egal. Die Arbeiter müssen schuften bis zum Umfallen. Wenn sie die Bahnlinie gebaut haben, wenn sie den Raton Pass überwunden und Santa Fé und weiter den Rio Grande erreicht haben, und sobald die Bosse ihren Reibach gemacht haben, kann nach ihnen die Sintflut kommen.«

DeVries spuckte aus.

»Es tut mir leid, dass ich den Job annahm und bei der DRG den Vertrag unterschrieb. Als ich merkte, wie der Büffel hier läuft, hätte ich lieber heute als morgen hingeschmissen, aber ich war vertraglich gebunden. Mit Konventionalstrafe und allem Drum und Dran. Hätte ich den Vertrag nicht eingehalten, wäre ich erledigt gewesen – finanziell und auch sonst. Tricky Dick und seine Kompagnons kennen da keine Gnade.«

DeVries atmete tief durch. Er wirkte befreit.

»Jetzt sieht es anders aus – ich wurde gefeuert, weil ich aufbegehrte und aneckte, beim Bauleiter, den Aufsehern und den Bossen. Mann, bin ich froh, dass sie mich feuerten! So bin ich raus aus der Sache. Mein Lohn wurde bis zum Rest des Monats ausbezahlt, eine Abfindung erhielt ich noch. Das habe ich in der Tasche. Eigentlich wollte ich schon weg sein, aber ich wollte unser heutiges Treffen einhalten. Die Gesellschaften, für die wir arbeiten, sind Konkurrenten. Wir beide jedoch achten und respektieren uns und haben kein Problem miteinander.«

»So ist es. Du willst also aus der Gegend verschwinden, Will?«

»Ich wüsste nicht, was mich hier noch halten sollte. Bei der DRG ist jetzt die Hölle los. Saint Gavrin und seine drei Höllenhunde werden den Chinesen einheizen, dass ihnen das Wasser im Hintern kocht. Die Aufseher, die ich immer bremste, sind voll dabei. Der Bahnbau geht dann schneller voran. Die DRG will um jeden Preis gewinnen und die ATSF aus dem Feld schlagen.«

Er machte eine kurze Pause und fügte hinzu: »Ich habe immer die Gesetze der Menschlichkeit geachtet, auch oder gerade bei den Chinesen, die viele nicht als richtige Menschen ansehen.«

»Du bist ein anständiger Kerl, Willem. Hör zu, ich habe eine Idee. Die DRG hat nun einen Marshal und drei Deputys. Ich habe keinen Stellvertreter. Die Iren machen es einem nicht leicht; sie sind sauf- und rauflustig und begehren gern auf. Die Situation zwischen der ATSF und der DRG spitzt sich zu – wer weiß, was noch alles kommt. Ich könnte einen Deputy gebrauchen. Du hättest dann einen feinen Job, bei einer guten Gesellschaft. Bei der ATSF ist man nicht zimperlich, aber Unmenschen und Halunken findest du dort nicht.«

Listig schaute er DeVries an.

»Wie ich das sehe, bist du der DRG nicht grün. Mit denen hast du noch ein Hühnchen zu rupfen. Das könntest du, wenn du mein Deputy würdest. Das heißt, wenn es dir nichts ausmacht, der zweite Mann nach mir zu sein.«

»Damit kann ich leben. Gib mir deine Hand, topp, ich schlage ein.«

DeVries streckte ihm die Hand entgegen. Leroy King schlug ein.

»Bei uns wird auch viel verlangt von den Arbeitern«, sagte er. »Der General ist ein scharfer Hund – ein Kommisskopf, wenn du mich fragst. Aber er ist kein Unmensch und verheizt seine Männer nicht. Das hat er schon im Krieg nicht getan, und beim Bahnbau fängt er auch nicht damit an.«

»Bist du sicher, dass er mich nimmt?«

»Wenn ich ihm die neue Lage schildere, jederzeit. Außerdem bürge ich für dich, Willem.«

»Nenn mich Will, ich bin Amerikaner wie du.«

Leroy grinste.

»Wann fange ich an?«, fragte DeVries.

»Du hast grade angefangen. Reite ins Camp und hole dein Zeug, ich warte auf dich. Dann reiten wir rüber ins Camp der ATSF, und ich stelle dich dort vor. Mit der Bezahlung wirst du zufrieden sein. 250 Dollar im Monat. Fünfzig weniger als ich.«

DeVries pfiff durch die Zähne.

»Das ist mehr, als ich bei der DRG erhielt – diese Halsabschneider haben mir 200 gegeben. Mehr als fünffacher Cowboylohn, sagten sie und taten so, als ob sie mir einen Gefallen erwiesen. Bei Saint und seinen Höllenhunden werden sie mehr ausspucken müssen – wesentlich mehr, wie ich diese Bastarde einschätze. Aber für die Großen Drei in der Chefetage geht es um alles. Da ist das Sparen am Marshalsgehalt ein Muss.«

»Genug geredet«, sagte Leroy. »Reite zum Camp und hol deine Sachen. Ich warte ein Stück vom Lager der DRG entfernt.«

Leroy war sehr angetan, einen erstklassigen Mann als Deputy gewonnen zu haben, auf den er sich absolut verlassen konnte. Er ritt mit DeVries ein Stück dem Schienenkopf und dem Camp der DRG entgegen. Die Chinesen wuselten wie die Ameisen. Die Trasse wurde planiert, Schotter aufgeschüttet, die Eisenbahnschwellen auf den Schotter verlegt und die Schienen von Waggons und Wagen herbeigebracht und festgenagelt.

Zweigleisig ging es, wie bei der ATSF. Leroy sah die Aufseher bei den Schienenlegern und den Zubringern reiten. Die Aufseher und Vorarbeiter waren allesamt Weiße. Schwer bewaffnet, mit Peitschen und Knüppeln ausgerüstet. Sie gebrauchten sie rücksichtslos.

Ihnen konnte es nicht schnell genug gehen. Brutal schlugen sie zu. Leroy sah, wie ein Chinese unter den Knüppel- und Peitschenhieben zweier Aufseher zusammenbrach.

Der ATSF-Marshal hielt hinter einem Busch, er wollte nicht gesehen werden. Doch dann konnte er nicht mehr zuschauen und ritt schnurstracks zum Schienenkopf und den Prüglern.

»Halt, das reicht!« Von den chinesischen Arbeitern wagte keiner einzugreifen oder auch nur ein Widerwort zu äußern. Sie unterbrachen ihre Arbeit nicht. »Lasst den Mann in Ruhe! Er braucht ärztliche Hilfe.«

»Ach was, der ist nur faul und will sich vor der Arbeit drücken, das Schlitzauge! Das werden wir ihm austreiben.«

»Indem ihr ihn totschlagt?«

»Der übersteht das schon, diese Chinks sind zäh. Wer bist du denn, was willst du hier? Du bist der Marshal der Konkurrenz, wo sie ihre Arbeiter mit Samthandschuhen anfassen! Hau bloß ab und rede uns nicht in unseren Job rein, sonst wird es ungemütlich für dich. Hier weht jetzt ein anderer Wind. DeVries wurde gefeuert.«

Leroy verzog keine Miene und verriet nicht, dass er das schon wusste. Die beiden Aufseher waren brutale unrasierte Burschen. Gemeinheit und Rücksichtslosigkeit standen ihnen ins Gesicht geschrieben. Sie trugen jeder einen Colt am Gürtel und waren mit doppelläufigen Schrotflinten ausgerüstet.

Mit Sicherheit hatten sie Buckshot geladen, womit man einen Mann in Stücke schießen konnte.

Der eine spuckte Leroy Kautabaksaft hart am Kopf vorbei. Willem DeVries befand sich im Camp. Von ihm war noch nichts zu sehen. Doch andere Aufseher wurden aufmerksam. Diese üble Blase hielt zusammen. Willem DeVries hatte sie bisher gebremst, was nun wegfiel.

Vom Camp näherten sich zwei Reiter dem Schienenkopf mit den Materialstapeln im Gelände und den wuselnden, schuftenden Arbeitern. Die Chinesen wagten nicht, ihre Arbeit zu unterbrechen.

Leroy erkannte den vordersten Reiter auch auf diese Entfernung an seiner schwarzen Kleidung. Saint war das, ein berüchtigter Revolvermann, Killer und eine üble Gestalt. Selbst bei den Schurken im Westen war er noch berüchtigt. Der zweite Mann musste einer von den drei Helldogs sein, auch nicht besser als Saint.

Die beiden Aufseher vor Leroy grinsten ihn herausfordernd an.

»Na, King Colt, hast du die Hosen voll?«

Der Tabakkauer spuckte wieder an Leroy vorbei. Der explodierte. Er stieß einen wilden Pumaschrei aus. Sein Grauschimmel war dressiert, doch die Gäule der Aufseher gerieten in Panik. Sie bäumten sich auf und bockten, verunsichert von dem täuschend echten Pumaschrei.

Ein Aufseher wurde abgeworfen. Der andere, der Spucker, hielt sich mit Mühe im Sattel. Er verschluckte seinen Priem und fing an zu husten und zu würgen.

Leroy machte es hart. Er ritt zu ihm, riss ihn von dem noch immer bockenden Pferd und schleuderte ihn zu Boden. Die beiden Pferde gingen durch.

Der Aufseher, der zuerst am Boden gelandet war, rappelte sich auf. Er schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden und seine Knochen zu sortieren, und tastete nach seinem Colt.

Den hatte er bei dem Sturz verloren. Leroy stützte sich auf das Sattelhorn und schaute ihn lässig an.