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Jack Slade 876 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Netty erbt ein Bordell

Netty Stites, eine höhere Tochter aus Boston, reist nach Deadwood, um dort das Erbe ihrer Tante Hilly anzutreten. Sie hat keine Ahnung, dass es sich um ein Bordell handelt. Mit dem Spieler Flash Dancer zusammen gerät sie in haarsträubende Situationen. Und am Ziel angelangt ist es keineswegs vorbei ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Netty erbt ein Bordell

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Maren/S.I.-Europe

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7978-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Netty erbt ein Bordell

Flash Dancer saß dem bärtigen Treckführer am Ufer des North Platte River gegenüber. George Dunbarry hatte schlechte Karten, und er war dem ausgebufften Spieler nicht gewachsen. Münzen und Geldscheine stapelten sich auf der Kiste, die den Männern als Tisch diente. Sie saßen auf Hockern und Baumstümpfen.

Fünf Mann waren es. Drei gehörten zum Treck. Einer war Flash Dancer, der Fünfte ein Captain von Fort Laramie, wo der Treck lagerte und sich die Siedlung befand. Abend war es, die Sonne ging unter.

Dunbarry haute die Karten auf die Kiste.

»Ein Flush!«, triumphierte er. »Das kannst du nicht schlagen, du Kartenhai. Her mit dem Zaster. Ich gewinne alles zurück, was du mir abgeluchst hast.«

Schon streckte er triumphierend die Hände aus. Er hatte fünf Karten in Herz hingelegt. Doch nicht in der Reihenfolge.

»Einen Moment!«, sagte der Spieler. »Hier ist ein Full House.«

Er legte drei Asse und zwei Könige auf den Tisch. Das schlug den Flush. Dunbarry fluchte.

»Das geht nicht mit rechten Dingen zu!«, schnauzte er den hochgewachsenen, dunkelhaarigen Spieler mit dem schmal ausrasierten Oberlippenbart an. Dancer trug die Berufskleidung eines Gamblers, gefälteltes Hemd, Weste, Uhrkette und enge Hose. Er hatte einen Colt Thunderer an der Seite. »Keiner kann dauernd gewinnen.«

»Ich habe nicht dauernd gewonnen. Ich bin mehrmals ausgestiegen, auch habe ich schon verloren. Wir spielen seit heute Morgen. Ich muss sagen, Dunbarry, ich habe schon bessere Pokerspieler als Sie einer sind erlebt.«

Dunbarry hielt sich für einen guten Pokerspieler. Er wollte unbedingt gewinnen. Schließlich war er ein harter Mann und einer der besten Treckführer auf dem Oregon Trail.

Mit zitternden Händen sah er zu, wie sein Gegenüber wieder den Gewinn einstrich.

»Ich habe nichts mehr, was ich setzen kann«, sagte er. »Doch ich spüre es im Urin, dass meine Glückssträhne anfängt. Ich muss und ich werde gewinnen.«

»Die Karten lassen sich nicht zwingen«, sagte Flash gleichmütig. »Hören Sie auf, Dunbarry. Am Spieltisch sind Sie mir nicht gewachsen.«

»Das wollen wir sehen. – Dancer, bist du ein Mann oder ein Sprüchebeutel? Riskierst du es noch einmal? Diesmal gewinne ich, das schwöre ich dir.«

»Was wollen Sie setzen, Dunbarry? Ihre Stiefel? Ihr Pferd? Oder das Hemd und die Hose? Bedaure, dafür kann ich Ihnen nichts geben. – Das Spiel ist aus. Es ist genug für heute.«

»Schluss ist dann, wenn ich es sage, Dancer. Du musst mir Revanche geben.«

Der Spieler seufzte und sprach wie mit einem starrsinnigen Kind.

»Was wollen Sie denn noch setzen, Dunbarry? Sagen Sie es mir.«

»Wir spielen um alles. Du setzt, was du gewonnen hast, Dancer. Und ich…«

»Was? Haben Sie einen Goldbarren im Schuh?«

»Spotte nicht. – Rosalie, komm her.«

Der Treckführer rief laut. Hinter einem der Wagen, die in der Nähe standen, kam ein rassiges Weib hervor. Etwas über mittelgroß, mit einem hübschen, feingeschnittenen Gesicht, weizenblond und mit einer erstklassigen Figur. Das sah man selbst in dem einfachen Kleid.

Rosalies Hüften schwangen. Sie hatte pralle, feste Brüste und einen üppigen, sinnlichen Mund.

»Stell dich da hin, Rosalie. Dreh dich, damit der Gent dich bewundern kann.«

Rosalie, höchstens Mitte Zwanzig, tat, wie ihr geheißen. Die Männer schauten auf ihre prallen Pobacken, die Brüste und auf das, von dem sie nichts erkennen konnten, von dem sie aber wussten, dass es da war. Die magische Spalte zwischen den Schenkeln.

Die Spieler schluckten.

Als Rosalie wieder ruhig stand, ihr schönes Gesicht mit den grünen Augen unter dem blonden Haar war ungerührt, sagte Dunbarry: »Ich setze Rosalie, mein Weib. Du kannst sie für eine Nacht haben, Gambler, wenn du gewinnst.«

»Das kannst du nicht machen, George!«, rief einer der Spieler vom Treck. »Das ist Kuppelei, und es gehört sich nicht.«

»Ich sage, ich setze Rosalie. Eine Nacht mit ihr. Bist du ein Mann oder kneifst du, Spieler?«

»Ich habe schon mal eine Remuda Maultiere gewonnen«, sagte Flash. »Eine Frau noch nie. Sind Sie sicher, dass Sie das machen wollen, Dunbarry?«

»Ganz sicher. Reizt sie dich nicht? Juckt es dich nicht? Rosalie ist das schönste und heißeste Weib auf hundert, ach, was sage ich, tausend Meilen im Umkreis.«

Flash widersprach nicht. Er mischte die Karten, die er schon hatte wegpacken wollen, fächerte sie auseinander. Faltete das Blatt wieder zusammen.

Dann fragte er: »Was meinen Sie dazu, Mrs. Dunbarry?«

»Ach, wir sind nicht verheiratet. George nennt mich sein Weib, seine Frau. Gesetzlich getraut sind wir nicht. – Wieviel hast du denn verloren, George?«

»Achthundert Dollar.«

»Achthundert Dollar! Das ist mal ein Preis für eine Nacht, vielmehr ein Einsatz. Was liegt denn da insgesamt auf dem Tisch?«

»Dreitausend und etwas«, sagte der Spieler. »Ich habe hübsch abgesahnt. Mein Spielkapital liegt mit dabei. Und was ich von den anderen Gents gewann. Aber ich denke, wir sollten das mit Ihnen als Einsatz lassen. Um Menschen und Sex spiele ich nicht.«

»Feigling!«

Dunbarry schlug auf die Kiste. Alles, was darauf lag, sprang hoch. Rosalie lächelte verlockend.

»Sind Sie ein Spieler, Mister, oder sind Sie es nicht? Sind Sie kein Mann, der den Stier bei den Hörnern packt? Oder eine Frau bei den Brüsten? – Gefalle ich Ihnen nicht?«

»Doch, schon.«

Der glatzköpfige Captain, ansonsten ein schneidiger Mann, und die zwei anderen Mitspieler murmelten miteinander. Doch sie hielten sich aus der Sache heraus.

»Dann wagen Sie es doch.« Rosalie wiegte sich verlockend in den Hüften. Sie schaute Dancer verführerisch an. »George kann gewinnen. Ich werde die Karten mischen. – Nur der Ordnung halber. – Ich gebe für drei Runden. Ich bin die Kartenqueen.«

Flash schaute sie an. Wie eine Kartenkünstlerin, welche die Karten gezielt mischen und zuteilen konnte, sah sie nicht aus.

Flash zuckte die Achseln.

»Warum nicht. Dreitausend Dollar sind noch viel zu wenig als Einsatz für eine so schöne Frau.«

Rosalie lächelte ihm zu. Das Kompliment gefiel ihr. Ein Spieler stand auf. Rosalie setzte sich. Sie mischte die Karten. Flash schob alles an Geld in die Mitte der Kiste, was er hatte. Dunbarry schaute die Karten an wie ein Verdurstender das rettende Wasser.

Die schöne Blonde teilte aus. Sie musste eine Abenteurerin sein. Flash fragte sich, wie ein Zausel wie Dunbarry zu einer so schönen Frau kam. Das Schicksal ging seltsame Wege.

Das Spiel begann. Flash kaufte zwei Mal. Dunbarry behielt sein Blatt. Er gewann.

»Haha!«, rief er. »Deine Glückssträhne ist zu Ende. Jetzt gewinne ich. Rosalie bringt mir Glück.«

»Vielleicht.«

Das nächste Spiel gewann Flash. Nun ging es ums Ganze. Dunbarrys Hände zitterten, als er die Karten nahm. Es ging schnell, zu erhöhen brauchte man nicht.

Dunbarry hatte drei Könige. Flash legte drei Asse hin. Der Treckführer wurde bleich. Er nagte an seiner Unterlippe.

»So geht das nicht. Rosalie, komm zu mir.«

»Warum sollte ich? Spielschulden sind Ehrenschulden, George.«

»Verfluchtes Weib! Verdammter Kartenhai. Du spielst falsch, Dancer.«

»Dancer hat nicht betrogen«, sagte der Captain. »Ich habe ihm genau auf die Finger gesehen, und ich verstehe etwas davon. Er spielte ehrlich und fair.«

»Nein.«

Der Treckführer sprang auf und riss den Revolver hervor. Flash schüttelte kurz die Hand. Dann lag ein Derringer darin. Der Schuss blitzte und krachte. In den Arm geschossen ließ Dunbarry den Revolver fallen. Er wurde blass.

»Ich habe noch eine zweite Kugel in meinem Derringer«, warnte ihn Flash. »Versuch nichts mehr, Dunbarry. Auch ihr anderen nicht. Und da ist noch mein Colt.«

Mit den Worten zog er den 44er Thunderer mit dem Hirschhorngriff. Jetzt stand er auf, ein großer, geschmeidiger Mann. Der kleine Derringer in seiner Faust rauchte.

Der Schuss war gehört worden. Vom Treck liefen Männer und Frauen herbei. Die Spieler standen da wie erstarrt. Der Captain hob seine Hände und zeigte die leeren Handflächen.

»Sie haben gewonnen, Dancer. Sehr moralisch ist es jedoch nicht, wenn Sie den Wettgewinn in Anspruch nehmen.«

Flash steckte den Derringer weg. Mit dem einen Schuss, den er noch aufwies, nutzte er ihm nicht viel. Er griff nach Rosalies Hand und zog sie zu sich her.

»Wozu spiele ich denn, wenn ich den Gewinn verschmähe? Nimm, was du kriegen kannst, sage ich immer. Später gibt es nichts mehr. – Lady, packen Sie das Geld in meinen Hut. Und dann gehen wir.«

»Wohin?«

»Das sage ich dir. Das wird eine heiße Nacht.«

Damit ging Flash. Die Frau zog er mit. Dunbarry starrte ihnen nach. Die Kugel hatte ihn in den Oberarm getroffen und den Knochen verletzt. Es schmerzte heftig. Doch er konnte froh sein, dass er noch lebte. Der Spieler und die schöne Blonde verschwanden im Schein der untergehenden Sonne aus dem Gesichtsfeld der anderen.

Keiner folgte ihnen. Dunbarry wurde es schlecht von dem Schmerz und den Schock. Er setzte sich nieder.

»Ich war felsenfest überzeugt, dass ich diesmal gewinne«, stammelte er. »Und Rosalie… wie kann sie mir sowas antun?«

»Jetzt werde mal nicht komisch, George Dunbarry«, schnarrte der Captain. »Du hast sie als Einsatz gebracht. Das war deine Idee. Jetzt stehe dazu.«

Dunbarry wurde weggeführt, um ihn zu verarzten. Die Kugel steckte in seinem Muskelfleisch. Der Feldscher vom Fort würde sie ihm herausholen müssen. In Zukunft würde es Dunbarry als Treckführer schwer haben. Seine Spielleidenschaft und dass er sogar seine Frau setzte brachten ihn in Verruf.

Mittlerweile hatte Dancer die Hütte am Rand der Siedlung unterhalb des auf einer Anhöhe errichteten Forts erreicht. Seit General Custer mit der gesamten 7. Kavallerie am 25. Juni des vergangenen Jahres den Schmetteräxten der Sioux zum Opfer gefallen war, hatte sich viel getan. Die Sioux und Cheyennes waren schon im Herbst jenes Jahres von den Heersäulen der US-Armee unter den Generälen Sheridan, Belknap und Crook vernichtend geschlagen. Die Black Hills gehörten damit nominell nicht mehr den Indianern. Dorthin wollte Flash Dancer, wie er sich nannte – in Fort Laramie hatte er eine Zwischenstation eingelegt.

In der einfach eingerichteten, doch ordentlichen und sauberen Hütte stand der Spieler Rosalie gegenüber.

»Was jetzt?«, fragte er.

»Was willst du denn? Komm her, kassiere deinen Spielgewinn.«

Flash zog Rosalie an sich. Er küsste sie, seine Zunge glitt in ihren Mund. Er fasste sie mit einer Hand am Po und mit der anderen an die Brust. Rosalie drängte sich an ihn. Sie spürte, wie sich sein Lustspeer erhob. Ihr Unterleib wurde heiß, ihre Pussy feucht.

Sie küssten sich, fassten sich an, reizten sich, putschten sich gegenseitig auf. Flash knöpfte das Kleid der Blonden auf. Sie öffnete seinen Gürtel und seine Hose. Die Kleider fielen, die erhitzten Körper drängten sich gegeneinander.

Rosalies Brüste waren fast zu groß im Verhältnis zu ihrem schlanken Körper. Sie war zwischen den Beinen rasiert, was anständige Frauen in der Zeit nicht waren. Flash streichelte und drückte ihre Brust, saugte in ihren Nippeln.

Glitt mit einer Hand tiefer, fand die Spalte mit den Schamlippen und steckte erst einen und dann zwei Finger in ihre Lustgrotte hinein. Sie war nass und zart. Er rieb ihre Lustperle, fand den G-Punkt in Rosalies Grotte.

Sie wurde immer hitziger. Schon lagen die beiden auf dem Bett. Rosalie umfasste den Lustspeer des Spielers und spielte mit seinen Hoden. Flashs Finger bewegten sich in ihr.

Flash merkte, dass sie mehr als bereit war, und drang in sie ein. Ihre Pussy war eng, doch nicht zu eng, und er stieß, hielt nach einer Weile inne, fing wieder an. Rosalie stöhnte und schrie und zuckte im Orgasmus. Der Spieler machte weiter.

»Ah, ja, mach’s mir. Du kannst das so gut.«

Flash bewegte sich in der Lustgrotte, bis er sich nicht mehr zurückhalten konnte und seinen Saft in die Blonde hineinspritzte. Dann lagen sie nebeneinander. Nach kurzer Zeit lutschte und küsste sich Rosalie an seinem sehnigen Körper hinunter und nahm seinen Speer in den Mund.

Sie saugte und lutschte gierig, bis er sich wieder erhob. Diesmal ritt sie verkehrt herum, mit dem Rücken zu seinem Gesicht sitzend, auf dem Spieler. Sie stieß mit dem Becken auf und nieder. Der stramme Pint des Spielers hämmerte in sie hinein. Wieder kam sie. Flash schob sie von sich, glitt aus ihr heraus und nahm sie von hinten.

Er stieß kräftig und fest in die heiße Grotte. Packte Rosalies Pobacken und drückte sie. Griff ihr dann an die Brust und rammelte, als er kommen wollte, mit aller Kraft. Rosalie schrie auf.

Dann lagen sie nebeneinander.

»Du bist ein heißer Stecher.« Rosalie knabberte an Flashs Brustwarzen. »Wohin willst du von Fort Laramie aus?«

»Nach Deadwood. In die Black Hills.«

»Ich weiß, wo Deadwood liegt. Die Heiligen Berge der Lakota gehören jetzt auch offiziell den Weißen. Deadwood quillt über von Gold.«

»Ja, dort wird Gold gefunden. Es ist eine Boomtown. Dort herrschen raue Sitten. Letztes Jahr wurde Wild Bill Hickok dort erschossen.«

»Hinterrücks, ich weiß. Das ist überall herum. Den Mörder hat man gehenkt, was den Wilden Bill nicht wieder lebendig macht. Ihn hätte ich gern mal kennengelernt.«

»So wie mich?«

»Warum nicht? Ich bin eine Glücksritterin, immer auf der Suche nach dem Topf Gold am Ende des Regenbogens. Von Dunbarry wollte ich sowieso weg. Dass er mich als Einsatz beim Pokerspiel brachte war das Tüpfelchen auf dem I. – Er kann mich mal kreuzweise. Nimm dich in Acht vor ihm, er ist rachsüchtig.«

Nach einer Weile fragte sie dann: »Nimmst du mich mit nach Deadwood?«

»Warum nicht? Ich finde, wir passen zusammen. Jetzt komm her. Die Nacht ist noch lang.«

Rosalie lachte gurrend und voller Verlangen. Sie kam ihm entgegen.

An diesem Abend spielte sich weit entfernt in Boston an der Ostküste etwas ab. Netty Stites saß mit ihrer Familie am Abendbrottisch. Die Stites wohnen im zweiten Stock eines mehrstöckigen Hauses in der Webster Street, einer Wohngegend mittleren Ranges. Sie waren eine gediegene Familie der Mittelschicht, nicht reich und auch nicht arm.

Der Vater war ein mittlerer Beamter, die Mutter verdiente als Näherin zu dem knapp bemessenen Familienbudget dazu. Die 19jährige Netty war die Zweitälteste in der Familie, ihr Bruder William III, so genannt, weil sein Vater und Großvater als Familienoberhäupter schon diesen Vornamen gehabt hatten, war ein jüngeres, doch genaues Abbild seines gestrengen bigotten Vaters. Netty – ihr Name war eine Ableitung und Kurzform von Antoinette – hatte zwei jüngere Schwestern.

Außer diesen saß noch die unverheiratete Tante Heather am Abendbrottisch, mittelgroß und füllig war sie. Mit vorzeitig ergrautem Haar und dunkler Kleidung. Sie neigte dazu, in Ohnmacht zu fallen. Ihre Hauptinteressen galten der Handarbeit, dem Kirchenchor, in dem sie mit brüchigem Falsett jeden Sonntag zur Messe sang und ihrem Kater Mortimer, einem fetten, unerzogenen Vieh.

Es gab Sauerbraten, Klöße und Rotkraut. Vater Stites, backenbärtig und mit Ärmelschonern, sprach das Tischgebet. Als er es beendet, teilte die Mutter das Essen aus.

Netty war der Rebell in der Familie. Sie verfügte über eine gute Schulbildung, sie war an einer von Nonnen geleiteten Schule für höhere Töchter gewesen. Sie war über mittelgroß und mittelmäßig hübsch, was bedeutete, sie hätte mehr aus sich machen können. Doch Putz, Make-up und Schnickschnack waren bei den Stites verpönt.

Sie hatte brünettes Haar. Sie trug es mit einem Knoten im Nacken. Ihr graues Kleid verdeckte die Reize ihrer Figur eher, als dass es sie betonte.

Nach dem Essen, das schweigend eingenommen wurde, wendete sich Netty an ihren gestrengen, backenbärtigen Vater.

»Was ist mit der Erbschaft von Tante Hilly? Darf ich sie antreten, oder darf ich es nicht?«

William Stites II räusperte sich.

»Hilary hat der Familie Schande bereitet«, sagte er. »Als junges Mädchen frönte sie schon einem… hm, unziemlichen Lebenswandel. Rauchend und trinkend in einer offenen Kutsche wurde sie gesehen. Es heißt, dass sie sich von einem älteren Mann aushalten ließ.«

»Empörend«, pflichtete die unverheiratete Tante ihrem Bruder bei. »Ich bin fast in Ohnmacht gefallen, als ich davon hörte.«

»Dann muss es schon eine Weile her sein«, sagte Netty trocken. »In den letzten Jahren fällst du ja ständig in Ohnmacht, Tante Heather, nicht nur fast.«

Tante Heather wohnte oben im Haus, das einem reichen Investor gehörte, mit ihrem Kater in einer Dachkammer. Sie war eine alte Jungfer und zimperlich. William Stites II räusperte sich.

»Hilly verschwand schon vor zwanzig Jahren. Wir haben nie wieder etwas von ihr gehört, bis dieser Brief aus Deadwood kam. Er wurde vom dortigen Sheriff an einen hiesigen Notar weitergeleitet. Auf verschlungenen Wegen. Ein Wunder, dass er überhaupt ankam. Dieser Wilde Westen muss eine ganz wüste Gegend sein. Indianer, Banditen, ungehobelte Kerle, die sich gegenseitig bei jeder sich bietenden Gelegenheit totschießen. Das sieht Hilly ähnlich, dass sie sich dorthin wendete. In Deadwood ist sie zuletzt gewesen.«

»Woher weißt du, dass sie erst zuletzt in Deadwood gewesen ist und nicht schon länger?«, fragte Netty.

Ihr Vater bedachte sie mit einem strafenden Blick. Er schätzte es nicht, wenn sie vorlaut war.

»Deadwood ist erst zwei Jahre alt«, sagte er. »Vorher gab es dort nur ein Zeltlager von Goldsuchern. Doch jetzt leben schon an die 7.000 Menschen in der Totholz-Schlucht. Goldgräber, Glückritter, ein paar Frauen von zweifelhaftem Ruf, mit denen unsereins nicht zusammen gesehen werden möchte. Alles Gesindel und Gelichter. Von da kann nichts Gutes kommen. Im ›Scriber’s Monthly‹, das wir regelmäßig beziehen, stand ein Artikel. Der Reporter schrieb wörtlich, er habe noch nie so viele verhärtete und brutal aussehende Männer an einem Ort gesehen.«

»War er selbst dort, oder hat er das nur gehört?«, fragte Netty.

Ihr Vater räusperte sich.

»Er war dort. ›Scriber’s Monthly‹ ist ein seriöses Magazin mit Berichten aus aller Welt. Hilly ist nun dort untergekommen. Der Ort schoss aus dem Boden wie ein giftiger wuchernder Pilz. Ich möchte nicht wissen, was Helens Schwester dort trieb.«

William Stites II rieb seiner Gattin, einer grauen Maus, wenn es je eine gegeben hatte, gern unter die Nase, dass Hilary ihre Schwester war. Seine Frau duckte sich. Sie wagte nie ein Widerwort gegen ihren Gatten.

»Jedenfalls hatte sie einen Besitz dort«, sagte Netty. »Eine Liegenschaft mit Namen ›Hillys Hall‹ und weitere Werte, wie in dem Brief stand und der Notar uns eröffnete. Tante Hilly, die ich nie kennenlernte, war eine reiche Frau.«

»Eine Sünderin und eine Schande für ihre Familie und auch für uns, die Stites, die durch die Ehe mit deiner Mutter mit ihr verwandt wurden ist sie gewesen«, meldete sich Tante Heather. »Ich kann mich noch gut von früher an diese ordinäre Person mit den blondgefärbten Haaren erinnern. Gerade mal vierzig Jahre ist sie alt geworden. – Der Herr straft die Sünder, die Gerechten segnet er und lässt sie ein hohes Alter erreichen.«

Netty schaute die Tante an. Diese war 48 und sah weit älter aus. Eine Matrone war sie, mit vielen Marotten.

»Ob sich das immer lohnt?« Netty konnte ihre flinke Zunge nicht bezähmen. »Wenn ich dich so anschaue, Tante Heather.«

Die Matrone erbleichte.