Jack Slade 877 - Jack Slade - E-Book

Jack Slade 877 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

John und die Verlorene

John Harper, der achtzehnjährige Sohn armer Landsucher, gerät mit seinem trunksüchtigen Vater in Streit, weil er die kleine Stiefschwester Betty an ein dubioses Ehepaar verkauft hat. Die Auseinandersetzung eskaliert. Sein Vater will ihn mit einer Peitsche schlagen, woraufhin John ihn wegstößt. Der Alte stürzt gegen ein Wagenrad und stirbt an einer Kopfverletzung. Der Sheriff nimmt John fest und will ihn wegen Totschlags vors Gericht bringen, doch John kann entkommen.
Zwölf Jahre später kommt John, Äußerlich stark verändert, in die kleine Stadt Kiowa Grove und nimmt dort ein Job als Leibwächter von Bankier Cavanaugh an. Bald muss er erkennen dass Cavanaugh ein Verbrecher ist, der über Leichen geht. Eine der Personen, die der landgierige Bankier um ihren Besitz bringen will, ist die junge Witwe Betty Collins, die früher Harper hieß und Johns kleine Stiefschwester ist.

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Seitenzahl: 142

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Inhalt

Cover

Impressum

John und die Verlorene

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Maren/S.I.-Europe

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7979-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John und die Verlorene

Der dandyhaft gekleidete Mann mit dem roten Backenbart ließ seinen Blick suchend über das Siedlercamp gleiten, in dem die Armut förmlich zu riechen war. Schließlich blieb er an einem zierlichen Mädchen hängen, das an einem qualmenden Feuer stand und in einem Kessel mit Kohlsuppe rührte. Es hatte blonde Zöpfe und blaue Augen und stand im Begriff, sich körperlich zu entwickeln.

»Wie wär’s mit der Kleinen dort?«, machte er seine Begleiterin auf das Mädchen aufmerksam.

»Zu jung«, sagte die Frau. »Ist noch nichts an ihr dran.«

»Das kann noch werden«, meinte der Dandy. »Ist nur eine Frage der Zeit.«

»Da hast du allerdings recht«, gab die Frau zu. »Auf jeden Fall ist sie ein hübscher Käfer.«

»Der sich bald zu einem Goldkäfer entwickeln wird. Deshalb sollten wir sie ihren Eltern abkaufen. Komm, lass uns ein Angebot machen.«

Das Paar betrat den Lagerplatz der Harpers. So lautete der Name der sich auf Landsuche befindlichen Familie, deren ganzer Besitz ein klappriger Planwagen und etwas Hausrat war. Sie bestand aus Simon Harper, seiner kränkelnden Frau und etlichen Kindern, von denen die blonde Betty die Älteste war.

»Hallo, Leute!«, begann der Mann mit dem Bowlerhut. »Erlaubt, dass wir uns vorstellen. Wir sind die Slaughters und befinden uns gerade auf einer Geschäftsreise. Und weil wir schon hier sind …«

»Was wollt ihr von uns?«, fragte Helen Harper misstrauisch.

Sie war eine verhärmt wirkende Frau. Obwohl erst Mitte dreißig, war sie bereits ziemlich verbraucht. Der schäbige, wenig vorteilhafte Kittel, den sie trug, und ihre strähnigen, stumpf gewordenen Haare ließen sie älter erscheinen, als sie tatsächlich war. Sie hatte einen Ausdruck von Hoffnungslosigkeit im verwelkenden Gesicht, das aber noch die Spuren einstiger Schönheit zeigte. Wie nicht zu übersehen war, hatte sie bereits das nächste Kind im Bauch.

»Wir betreiben in Little Rock ein Warenhaus«, antwortete der Gefragte. »Da wir nicht mehr die Jüngsten sind und selbst keine Kinder haben, könnten wir sehr gut Unterstützung brauchen. Wir sind deshalb auf der Suche nach einem lernfähigen und willigen jungen Mädchen, das uns unter die Arme greift. Nach einem wie diesem hier.« Er zeigte auf Betty, die aufgehört hatte, im Suppenkessel zu rühren. »Wärt ihr bereit, sie uns zu überlassen?«

»Wir würden sie wie unsere eigene Tochter behandeln«, versicherte die Gefährtin des angeblichen Geschäftsmannes. Sie war eine kleine Frau mit Froschbeinen und einem Katzengesicht. »Und sie würde«, fuhr sie fort, »eines Tages alles erben, falls sie unseren Erwartungen entspricht.«

»Außerdem sind wir bereit, eine angemessene Summe als Ablöse zu bezahlen«, ergriff der männliche Teil des Paares wieder das Wort. »Ihr könnt doch sicher etwas Bargeld brauchen?«

»Nein!«, rief Helen Harper scharf. »Wir geben unsere Tochter nicht her! Bitte, gehen Sie! Verschwindet!«

»Halt den Mund, Frau!«, rief da Simon Harper, den die Worte der zwei Fremden aufhorchen ließen. »Sei still und überlass das Reden mir! Ich bin schließlich das Familienoberhaupt.«

Er hatte bis jetzt rauchend beim Wagen gesessen. Nun erhob er sich und kam näher, um die Besucher interessiert zu mustern. Er war ein vierzigjähriger hagerer Mann mit einem hohlwangigen Gesicht und geröteten Augen, die den Trinker verrieten. Seine armselige Kleidung zeigte deutlich die Notlage seiner Familie auf.

»Einen Laden betreibt ihr?«, erkundigte er sich.

»So ist es«, bestätigte Hump Slaughter und nickte. »Für diesen brauchen wir dringend die Mithilfe einer fleißigen jungen Kraft. Ihre Tochter dürfte, wie mir scheint, die nötigen Voraussetzungen mitbringen, also ein geschicktes und anstelliges Mädchen sein.«

»Ja, das ist sie«, bestätigte Simon Harper. »Sie würden mit ihr einen guten Griff machen. Ich kann sie nur empfehlen. Das heißt, eigentlich brauchen wir sie selbst.« Harper legte den Kopf schief und fragte in einem lauernden Ton: »Was würdet ihr für sie denn bieten?«

»Ich gebe Betty nicht her!«, rief Helen, ehe Slaughter entworten konnte. »Nein, ihr bekommt sie nicht! Schert euch fort!«

Doch ihr Mann brachte sie mit barschen Worten zum Verstummen.

»Wer hat hier wohl das Sagen?«, knurrte er. »Ich bin das, denke ich. Verdammt, denke doch vernünftig, Weib. Es wäre gut für uns alle, wenn wir die Göre an einem guten Platz unterbringen und damit von der Schüssel wegkriegen könnten. Ein Maul weniger, das gestopft werden muss. Wir sitzen hier fest, weil wir pleite sind. Die Kinder müssen hungern, und ich muss den schlechtesten Tabak rauchen und habe nur Wasser zu trinken. Es ist wirklich eine Schande. Deshalb sollten wir froh sein, dass es jemanden gibt, der uns aus unserer Notlage befreien möchte. Lass uns also hören, welches Angebot man uns machen will.«

Er wies jeden weiteren Einwand seiner Frau von sich und begann, mit dem ominösen Paar über den Kaufpreis zu verhandeln. Die Person, um die es dabei ging, wurde überhaupt nicht gefragt.

Betty hatte sich in die Arme ihrer weinenden Mutter geflüchtet und verfolgte mit weit aufgerissenen Augen das Geschehen. Sie konnte nicht begreifen, dass sie wie ein Stück Vieh verschachert werden sollte.

Die beiden Männer wurden handelseinig, und ein Geldscheinbündel wechselte den Besitzer. Mit einem Handschlag wurde das schmutzige Geschäft besiegelt.

»Und jetzt komm, Kleine!«, forderte die Frau mit dem Katzengesicht mit falscher Freundlichkeit, als sich Betty von ihrer Mutter und ihren Geschwistern unter Tnänen verabschiedet hatte. »Es wartet ein neues Leben auf dich.«

Schluchzend folgte Betty Harper dem zwielichtigen Paar zu einem am Rande des Siedlercamps abgestellten Kastenwagen.

Als Johnny Harper in das Lager zurückkam, hatte es längst zu dunkeln begonnen. Qualmende Feuer erhellten das kunterbunte Durcheinander aus Planwagen, Ochsenkarren, Zelten und anderen primitiven Behausungen. Die hier lagernden Siedlerfamilien wärmten sich an diesen Feuern und bereiteten ihr Abendessen zu.

Der knapp achtzehnjährige Johnny hatte wieder den ganzen Tag in einem Lagerhaus geschuftet und dabei fünfundsiebzig Cents verdient. Für diesen kargen Lohn hatte er schwere Kisten und Säcke geschleppt und sich Schwielen an den Händen geholt. Aber er war froh, diesen Hilfsjob bekommen zu haben, und wollte ihn auch morgen wieder übernehmen, sofern er ihm nicht von einem anderen Mann weggeschnappt wurde.

Jetzt freute er sich auf ein bescheidenes Abendessen. Glücklich darüber, seine Not leidenden Angehörigen finanziell ein wenig unterstützen zu können, wollte er seiner Mutter das verdiente Geld geben.

An anderen Lagerplätzen vorbei gelangte er zu dem der Harpers. Das Erste, was ihm hier auffiel, war das am Wagen festgebundene Pferd. Es war ohne Zweifel der dunkelbraune Wallach, den sein Vater erst vor wenigen Tagen verkauft hatte, weil man dringend Geld für Lebensmittel und Arznei für die Mutter brauchte. Viel zu billig musste der Vater ihn hergeben, denn dieser Halsabschneider von Pferdehändler, der zugleich auch Pfandleiher war, hatte die Notlage der Harpers weidlich ausgenützt.

Nun war der Wallach plötzlich wieder da – und dieser Umstand gab Johnny vorerst ein Rätsel auf.

Das Nächste, was ihm ungewöhnlich erschien, war die gedrückte Stimmung seiner Angehörigen. Alle hüllten sich in ungewohntes Schweigen. Sogar Bobby und Kate, die jüngeren Geschwister, waren an diesem Abend sehr still.

Das bekümmerte Gesicht der Mutter war Johnny zwar gewöhnt, doch sie wirkte an diesem Abend noch depressiver als sonst. Irgendetwas schien sie schwer zu belasten. Mit hängenden Schultern stand sie am Feuer und teilte das Essen aus.

In der Hoffnung, ihre Stimmung etwas verbessern zu können, holte Johnny das verdiente Geld aus der Tasche und reichte es der Frau.

»Hier, Mam«, sagte er dabei. »Damit kannst du etwas zu essen kaufen.«

Doch Helen konnte gar nicht so schnell zugreifen, als Simon, der sich mit zwei raschen Schritten genähert hatte, bereits gierig die Hand ausstreckte.

»Her damit!«, verlangte er und wollte sich die Münzen schnappen.

Doch Johnny verwehrte ihm den Zugriff, indem er seine Hand rechtzeitig zurückzog.

»Nein!«, sagte er entschieden. »Das Geld ist nicht für dich. Oder glaubst du, ich habe von früh bis spät gerackert, damit du dir Schnaps kaufen kannst? Für wie blöd hältst du mich eigentlich?«

Simons Gesicht verzerrte sich zu einer wütenden Grimasse.

»Du frecher Rotzlöffel, wie redest du mit mir?«, knurrte er. »Nimm dich bloß in Acht, oder es setzt was!« Er drohte zwar, versuchte aber nicht mehr, an das Geld zu kommen, sondern zog sich murrend zum Wagen zurück.

Johnny steckte die paar Münzen seiner Mutter in die Schürzentasche und schaute sich dann forschend um.

»Wo ist denn Betty?«, fragte er.

»Sie ist nicht mehr bei uns«, antwortete Helen mit fast tonloser Stimme.

»Nicht mehr bei uns? Was soll das heißen?«, rief Johnny bestürzt.

»Es heißt, dass sie uns verlassen hat. Dein Vater hat sie verkauft.«

»Das ist nicht wahr!« Der junge Bursche wurde unter der Sonnenbräune blass.

»Doch«, erwiderte die Frau. »In diesen Zeiten ist alles möglich. Aber er soll es dir selber erklären«, fügte sie mit einer Kopfbewegung in Simons Richtung hinzu.

»Es war ein notwendiger Schritt, uns von Betty zu trennen«, sagte daraufhin Simon. »Sie ist inzwischen alt genug, um selbst für ihren Unterhalt zu sorgen. Sie muss uns nicht mehr zur Last fallen. Ein begütertes Ehepaar hat sich für sie interessiert und gab uns eine Entschädigung dafür, dass sie Betty mitnehmen durften. Ich konnte mit dem Geld unser Pferd zurückkaufen. Dadurch bekommen wir die Möglichkeit, endlich weiterzuziehen. Wenn das gute Wetter weiter anhält, können wir noch vor dem Wintereinbruch Oklahoma erreichen, wo es noch immer freies Land zum Siedeln gibt.«

Johnny nahm den Sinn der letzten Worte nicht mehr auf. Sie wehten einfach an seinen Ohren vorbei. Er begriff nur, dass seine Schwester wie eine Sklavin an fremde Leute verkauft worden war. Fassungslos schüttelte er den Kopf.

»Wie konntest du das nur zulassen, Mam?«, wandte er sich mit einem anklagenden Blick an seine Mutter.

Die Frau zuckte hilflos die Schultern und blieb die Antwort schuldig. Johnny begriff, dass sie zu schwach gewesen war, diese schreckliche Sache zu verhindern. Allein seinen Vater traf die Schuld. In seiner rücksichtslosen Art hatte er über das weitere Schicksal von Betty entschieden.

»Ich verstehe«, murmelte er. »Du konntest dich nicht durchsetzen. Vater hat dich gezwungen, diesem Handel zuzustimmen. Dieser Mistkerl!«

»Was höre ich da?«, rief Simon und nahm wieder eine drohende Haltung ein. »Sag das noch mal!«

Johnny blickte seinem Erzeuger furchtlos in die Augen. Nein, er duckte sich nicht vor ihm. Seine Stimme drückte all seine Abneigung aus, als er seine Worte laut und deutlich wiederholte:

»Ich sagte, dass du ein Mistkerl bist. Ja, das bist du! Aber nicht nur das. Du bist ein verkommener Säufer, bist schuld an unserem Unglück. Denn hättest du nicht ständig alles Geld, das du in die Hände bekamst, vertrunken, würden wir jetzt anders dastehen und wären nicht in diesem Kaff hängen geblieben. Du bist wirklich das Letzte!«

Simon Harpers vom Alkoholmissbrauch gezeichnetes Gesicht verdüsterte sich mit jedem Wort, das ihm sein Sohn an den Kopf warf, immer mehr. Sein Mund klappte auf und wieder zu. Anstatt laut loszubrüllen, fuhr er herum und riss die Peitsche aus der Halterung hinter dem Fahrersitz des Planwagens. Schon im nächsten Moment begann er damit unter wüsten Beschimpfungen auf seinen Sohn einzuschlagen.

»Du frecher Halunke!«, schrie er. »Wie kannst du es wagen, in einem solchen Ton mit mir zu reden? Na warte, dir werde ich es zeigen!«

Wutentbrannt holte er weit aus und ließ das Peitschenleder mit aller Kraft auf Johnny niedersausen. Er hatte jede Beherrschung verloren. Die Peitschenschnur wickelte sich wie eine Schlange um Johnnys Körper und brannte wie Feuer auf seiner Haut, die jetzt wohl aufgeplatzt wäre, hätte Johnny kein Hemd angehabt.

Er zuckte unter jedem Hieb zusammen. Als Simon ein viertes Mal zuschlug, konnte Johnny die Peitschenschnur mit der linken Hand abfangen. Heftig zog er daran und riss seinen Vater mit einem Ruck an sich heran, entwand ihm die Peitsche und schleuderte sie fort.

Noch vor einem Jahr wäre er seinem Vater körperlich unterlegen gewesen. Doch inzwischen war Johnny der Stärkere. Er hatte im vergangenen Jahr harte Muskeln bekommen und somit an Kraft deutlich zugelegt, während Simon, durch häufigen Alkoholkonsum geschädigt, mit seinem Abbau begonnen hatte.

Johnny nützte diesen Vorteil aber nur insofern aus, dass er den Vater daran hinderte, weiter zuzuschlagen. Am liebsten hätte er ihn jetzt seine Fäuste spüren lassen, doch er beherrschte sich und versetzte dem Älteren lediglich einen heftigen Stoß.

Simon Harper taumelte nach hinten, wobei er mit den Armen ruderte. Aber es gelang ihm nicht, sich wieder zu fangen. Nach wenigen Schritten, die er rückwärts taumelte, stolperte er über seine eigenen Füße, verlor dadurch gänzlich den Halt und stürzte gegen das rechte Hinterrad des Prärieschoners, wobei er mit dem Kopf gegen den eisernen Radreifen prallte. Das hielt sein Schädel nicht aus.

Ein hässliches Geräusch ertönte. Simon rutschte zu Boden und blieb, mit dem Rücken zum Wagenrad, auf der Erde hocken, rührte sich von diesem Moment an nicht mehr. Seine glasig werdenden Augen blickten starr in die Ferne, während von seinem Hinterkopf das Blut herabströmte.

Johnny überkam der Schreck, als er seinen Vater so sah. Jäh begriff er, dass soeben etwas Schreckliches, nicht mehr Gutzumachendes passiert war. Er wechselte einen betroffenen Blick mit seiner ebenfalls höchst erschrockenen Mutter.

Auch einige Lagernachbarn waren Zeugen des Streits zwischen Vater und Sohn geworden, und sie kamen jetzt herüber, um das Resultat der Auseinandersetzung zu sehen. Sie untersuchten Simon Harper, sahen die klaffende Wunde an seinem Hinterkopf und stellten fest, dass sein Herz nicht mehr schlug.

»Er ist tot«, sagte einer der Männer mit belegter Stimme. »Du hast deinen Vater umgebracht, Junge.«

»Das – das wollte ich nicht«, stammelte Johnny.

»Trotzdem hast du ihn auf dem Gewissen. Ich werde den Sheriff verständigen.«

Johnny landete im Jail der kleinen Stadt. Blade Ruxton, der bullige Gesetzeshüter von Pine Bluff, sperrte ihn nach Feststellung des Tatbestandes in eine enge Zelle und teilte ihm lapidar mit, dass er sich wegen Totschlags vor Gericht würde verantworten müssen.

Wie die Sache ausgehen würde, stand in den Sternen. Jedesfalls musste Johnny damit rechnen, für längere Zeit gesiebte Luft zu atmen. Schließlich hatte er im Streit seinen Vater getötet, und es gab keinen Anwalt, der ihn verteidigen würde, weil dafür das nötige Geld fehlte. Daher würde alles vom Ermessen eines Richters abhängen, ob sein junges Leben verpfuscht war oder ob es noch eine Chance für ihn gab.

Johnny Harper war ein dunkelhaariger Bursche, dem der erste Bart zu sprießen begann. Er hatte braune Augen und war etwas über mittelgroß. Doch wegen seines jugendlichen Alters war damit zu rechnen, dass er noch wachsen würde. Breitschultrig und muskulös war er schon jetzt, und er bewegte sich so leicht und geschmeidig wie ein Indianer.

Jetzt saß er im Gefängnis ein. Er bedauerte zutiefst, dass es so weit gekommen war, bedauerte das vor allem wegen seiner Mutter, die nun ihren Mann verloren hatte. Simon Harper wer zwar ein hemmungsloser Trinker gewesen, der stets alles Geld verjubelt hatte, aber eben doch ihr Ehemann und der Vater ihrer jüngsten Kinder, die sie nun ganz allein würde durchbringen müssen.

Doch Johnny wollte sich nicht auspeitschen lassen. Diese grausame und nicht gerechtfertigte Züchtigung konnte er nicht hinnehmen. Dagegen hatte er sich wehren müssen. Leider war es dabei zu einem großen Unglück gekommen.

Simon war Johnnys richtiger Vater. Helen hingegen war nur seine Stiefmutter. Bei ihr handelte es sich um Bettys leibliche Mutter, während Simon ihr Stiefvater war.

Johnny und Betty waren also nur Stiefgeschwister. Doch er liebte sie wie eine eigene Schwester.

Nun war das Mädchen von Simon einfach verkauft worden. Genau genommen hatte er Betty gegen ein Pferd eingetauscht.

Dabei wäre es gar nicht nötig gewesen, sich von dem Wallach zu trennen. Um das zu vermeiden, hätte Simon nur irgendeine Arbeit annehmen müssen, als sie nach Pine Bluff kamen und hier in finanzielle Schwierigkeiten gerieten. Doch Simons erster Weg hatte in eine Kneipe geführt, in welcher er die letzten Ersparnisse versoff. Ohne Pferd hatte man aber nicht weiterfahren können. Man war in diesem Nest im westlichen Arkansas gestrandet wie ein Schiff auf einer Sandbank.

Jetzt, nach der verhängnisvollen Auseinandersetzung mit seinem Vater, war die Katastrophe perfekt. Jetzt war Johnny eingesperrt und würde vielleicht zu einer langen Haftstrafe verurteilt werden.

Würde ihn die Mutter hier im Gefängnis besuchen?

Johnny hoffte es sehr, wartete aber vergebens auf sie. Als er den Sheriff am Tag nach seiner Verhaftung nach ihr fragte, musste er erfahren, dass Helen die Stadt mit dem Rest ihrer Familie unbekannten Zieles verlassen hatte.

Dass sie verschwunden war, ohne nochmals mit ihm zu sprechen, konnte nur bedeuten, dass sie ihm nicht verzieh, was er getan hatte. Johnny hatte sie zur Witwe gemacht, hatte ihr den Ehemann genommen. Das war nach dem Verlust ihrer älteren Tochter wohl zu viel für sie gewesen.

Schon am frühen Morgen dieses Tages war sie, nachdem sie ihren Mann beerdigt hatte, mit Sack und Pack aufgebrochen, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Vermutlich war sie nach Oklahoma unterwegs.

Johnny traf ihr Verhalten sehr. Er war ein hübscher Bursche, der, was die Frau von Sheriff Ruxton betraf, nicht nur ihr Mitleid erregte, sondern ihr auch aus einem anderen Grund ins Auge stach. Sie brachte ihm das Essen in die Zelle und zeigte sich dabei sehr freundlich.