Jack Slade 879 - Jack Slade - E-Book

Jack Slade 879 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Grover Garrison und die lasterhafte Bitch Jessie beherrschen das Flusssyndikat am Missouri und gehen über Leichen. Der Preisboxer Bill McCoy weigert sich, Garrisons Schiebungen und Machenschaften mitzumachen. Bei der Flusskapitänin Gator Allie findet er Zuflucht und stellt sich mit ihr und ihrer Mannschaft zusammen gegen das mörderische Syndikat. Doch ein Eifersüchtiger in der Mannschaft des Steamboats trachtet ihm wegen der schönen Kapitänin nach dem Leben.

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Seitenzahl: 153

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Tigerin vom Fluss

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Prieto/Norma

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8076-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die Tigerin vom Fluss

Der Ringsprecher kündigte in der vollbesetzten, von Tabakrauch vernebelten »Missouri Hall« den Hauptkampf des Abends an.

»Ladies ’n Gentlemen, und nun, im Kampf um die Schwergewichtsmeisterschaft im Mittleren Westen – Giant Sam Masters, auch Terrible Samson genannt, und Bill McCoy, der Stier von Missouri.«

Größen- und Gewichtsangaben folgten. Bei dem Kampf ging es um eine hohe Börse. In viel größerem Umfang waren Wetten abgeschlossen worden. Ganz vorn am Ring saßen Grover Garrison und Bitch Jessie Ridgefield. Letztere war eine Wucht von einem Weib, ein schwarzhaariger, rassiger Typ mit dunklen Augen. Sie trug ein schulterfreies kurzes Kleid, aus dem ihre festen Brüste fast herausfielen. Der Kleidersaum reichte nur knapp bis auf die Schenkel.

Darunter trug sie ein hauchdünnes Spitzenhöschen. Hätte sie nicht ganz vorn gesessen, würden sich die Männer vor ihr die Hälse verrenkt haben, um einen Blick auf ihre durch den Slip zu erkennende Weiblichkeit zu erhaschen.

Das Kleid schmiegte sich an ihre atemberaubende Figur wie eine zweite Haut. Jessie trug die Haare glatt und zu einer Pagenfrisur. Ihre dunklen Augen waren die Pistolenmündung, in denen heißer Sex lauerte. Sie war etwas über mittelgroß und hatte einen Sexappeal, der selbst einer steinernen Reiterfigur noch einen Ständer bescherte.

Sie war die personifizierte Verlockung und Sünde. Im Strumpfhalter hatte sie einen kleinen Kipplaufrevolver an dem einen Oberschenkel. Am anderen ein Springmesser.

Man sah beides, wenn ihr Rock verrutschte, doch da tat ihrem Reiz keinen Abbruch.

Was sich zwischen den beiden Waffen befand war noch gefährlicher als diese. Ihr Spitzname passte. Bitch bedeutete unter anderem Luder und Biest. Es wurde auch für eine Hure gebraucht. Eine andere wäre tödlich beleidigt gewesen, so benamt zu werden. Bitch Jessie stand zu ihrem Spitznamen und mochte ihn.

Sie hatte schon viele Männer zugrunde gerichtet und ging skrupellos ihren Weg. So war sie bis zur Partnerin des fetten und segelohrigen Glatzkopfs Garrison aufgestiegen. Er dirigierte das Flusssyndikat, die Missouri Motorboat Company. Böse Zungen nannten sie Missouri Murder Company.

Die Bitch kontrollierte das Rotlichtmilieu, aus dem sie emporgestiegen war wie eine giftige Sumpfblüte. Ihre Partnerschaft mit Garrison sah so aus, dass er über ihr stand.

Bitch Jessie war noch jung, Mitte Zwanzig. Sie stammte aus dem Bayous von Louisiana, war eine Cajun. Das sah man ihr an. Jede Pore an ihre atmete Sexappeal. Dabei wirkte sie ungeheuer hochmütig. Hinter den beiden saßen zwei Gunmen und zwei bullige Schläger. Lead Pipe Harry und Bonecrusher John. Bleirohr Harry und Knochenbrecher John. Zusammen waren sie für ein paar Hundert Jahre Zuchthaus oder den Galgen gut. So sahen sie auch aus.

Finster und untersetzt, stämmig und glatzköpfig. Männer, deren bloße Anwesenheit Alarmglocken zum Schrillen brachte.

Außer ihnen war von Jessies und Garrisons Leuten noch Gawk Joe im Saal, Joe der Glotzer oder Glotzaugen Joe. Er war ein Mestize, ein Messerheld und so falsch und verschlagen wie eine 15-Dollar-Note. Mittelgroß und hager, mit Charrojacke, obwohl es arg warm war im Saal saß er auf einem der Ränge.

Sein Gesicht war dunkel. Die Jacke legte er deshalb nicht ab, weil er vierzig Wurfmesser aufgereiht in einer Spezialweste darunter trug. Sie konnte er blitzschnell und zielgenau werfen. Seinen Namen hatte er davon, dass er links ein Schlupflid hatte, es hing ihm halb übers Auge. Sein rechtes Auge war immer zusammengekniffen. Er war keine Schönheit, wahrhaftig nicht.

Vom Aussehen und der Ausstrahlung her erinnerte er an eine Klapperschlange. Nur, dass diese ihre Rassel warnend ertönen ließ, bevor sie zubiss. Gawk Joe warnte nicht.

Die Kämpfer kamen durch den Mittelgang, gefolgt von ihren jeweiligen Managern, den beiden Trainern, Masseuren und Sekundanten. Der Referee befand sich schon bei dem Sprecher im Ring und erwartete sie. Grelle Kerosinscheinwerfer blendeten in den Mittelgang.

Die Kapelle spielte zuerst die Erkennungsmelodie von Giant Sam. »Walk of Glory«, hieß dieses Lied. The Giant war ein Koloss von Mann. Zwei Meter groß, im wahrsten Wortsinn ein Gigant. Um die Leibesmitte herum war er füllig. Wo er hinhaute, da wuchs kein Gras mehr. Er hatte den Kopf kahlgeschoren.

Mit Blumenkohlohren und plattgeschlagener Nase sah er zum Fürchten aus. Er warf seinen Ringmantel seinem Manager zu, einem grauhaarigen, desillusioniert aussehenden Mann, und reckte mit freiem Oberkörper die wuchtigen Arme hoch.

»Hey, hey, hey!«, rief er, während sein Lied gespielt wurde. »Jetzt komme ich, der Schreckliche Samson, der Gigant. Der König des Boxsports, der ungeschlagene Meister der Schwergewichtsklasse. Den Wicht nehme ich auseinander. – Den fresse ich ohne Salz. – Hey, hey, hey.«

Er deutete mit dem klobigen Daumen auf Bill McCoy. Der einiges kleiner als sein Gegner. Und sehr viel leichter. In die Schwergewichtsklasse passte er gerade noch so hinein. Doch wer genauer hinschaute, sah, dass Bill muskulös und wunderbar proportioniert war.

Er bewegte sich leicht und geschmeidig, was man vom Giant nicht sagen konnte. Bill McCoy hatte kein Gramm Fett am Leib. The Giant eine ganze Menge.

Er verließ sich sehr auf sein furchteinflößendes Äußeres, und dass er die letzten Kämpfe alle gewonnen hatte.

Die Melodie wechselte. Die des dunkelhaarigen, für einen Boxer gutaussehenden Stiers von Missouri ertönte. Der Degüello war es, jenes Trompetenstück, das frei übersetzt »Keine Gnade« oder »Kein Pardon« bedeutete. Unter den Klängen des Degüello waren die Soldaten von Santa Anna gegen den Alamo angestürmt und hatten die Verteidiger, die sich verbissen wehrten bis zum letzten Mann umgebracht.

Der Degüello war in den USA kein beliebtes Lied. Bill McCoy hatte ihn vom Veranstalter zudiktiert bekommen, was ihn von vornherein unsympathisch machte. Bill war ein aufstrebender Nachwuchsboxer, der hier gegen den großen Meister antreten durfte. Es war sein erster großer und wichtiger Kampf als Preisboxer.

Weil ihm The Giant mit seinem prahlerischen Geschrei und Getrommel auf den Geist ging tippte ihm Bill auf die Schulter.

The Giant drehte sich zähnefletschend um.

»Fass mich nicht an, du Wurm!«, schrie er.

Bill ging furchtlos mit ihm Tuchfühlung, er wirkte fast zierlich gegen den schwergewichtigen Hünen, und brüllte ihn an: »Hab nicht so ein großes Maul, du Fleischklops! Ich haue dich ko.«

Und in die Zuschauermenge schrie der Stier von Missouri: »Je größer sie sind, desto härter fallen sie.«

Aufbrüllend schlug der Giant nach ihm. Es war ein gewaltiger Schwinger. Wenn er getroffen hätte, würde es schon vor Betreten des Rings übel für Bill ausgesehen haben. Doch er drehte sich elegant weg, duckte sich etwas und donnerte The Giant die Rechte auf die Leber.

Der Hüne war völlig verblüfft, dass er es wagte. Die Zuschauer brüllten, etliche sprangen auf. Der Kampf versprach eine Sensation zu werden. Hier stand kein billiges Fallobst gegen The Giant, sondern ein harter Brocken mit Kampfgeist und Biss.

Bills Trainer und seine Sekundanten rissen ihn zurück und hängten sich an ihn. The Giant wurde von seinen Leuten gebremst.

»Hört auf, der Kampf findet im Boxring statt! Wenn ihr euch hier prügelt, werdet ihr disqualifiziert und nach Hause geschickt!«

»Er hat zuerst nach mir geschlagen!«, rief Bill und zerrte an den Armen, die ihn hielten. »Ihr habt es alle gesehen!«

Er rief die Zuschauer als Zeugen an. Die Halle wurde zum Hexenkessel. Die Zuschauer sprangen auf, trampelten, klatschten und brüllten, dass man meinte, es würde das Dach abdecken. Fast sah es so aus, als ob der Boxkampf im Mittelgang stattfinden würde. Das hätte dann keine Wertung gegeben.

Trainer und Sekundanten klammerten sich an ihren jeweiligen Schützling. Der Referee blies im Ring die Trillerpfeife für Notfälle immer wieder mit solcher Vehemenz, dass sein Kopf knallrot wurde. Saalordner eilten herbei, kräftige Männer, und trennten die Kontrahenten.

The Giant brüllte Zeter und Mord. Spucke flog ihm vom Mund, so erregte er sich.

»Ich bringe ihn um! Bill, ich reiße dir die Leber heraus und verschlinge sie roh! Mach dein Testament, Hundesohn!«

Bill McCoy grinste ihn an.

»Ich haue dich um!«, hielt er dagegen. »Du hässlicher fetter Bär. Ja, hässlich bist du, hässlich, stockhässlich! Deine Mutter brachte sich gleich nach deiner Geburt um, als sie dich sah!«

Das Gebrüll des Giants übertönte alles andere. Er riss sich los. Die Männer, die ihn hielten, wurden weggeschleudert und flogen in die Zuschauerränge. Der Hüne wollte sich auf seinen Gegner stürzen.

Doch der Referee, ein Mann mittleren Alters, mit Hemd und Schleife am Hals, war aus dem Ring gesprungen. Todesmutig stellte er sich dem Rasenden entgegen.

»Halt! Beherrscht euch, tragt eure Differenzen im Ring aus, dort bietet sich euch die Gelegenheit! Reißt euch zusammen! Oder ihr werdet disqualifiziert. – Ruhe, sofort! – Haltet euch an die Regeln, oder ich sage den Kampf ab. – Basta und aus!«

The Giant hielt inne. Disqualifikation war hinter seiner niederen Stirn angekommen. Bill hatte sich sowieso besser im Griff. Er tänzelte auf der Stelle, um seinen Adrenalinspiegel herunterzubringen.

»Okay«, vermeldete er. »Wir tragen es im Ring aus. Dort wirst du schon sehen, du Fettwanst.«

»Noch so eine Bemerkung, und du bist disqualifiziert, McCoy. Was soll das?«

Bill war der Meinung, dass man bei einem Schaukampf auch eine Schau abziehen sollte. Sein Manager, ein magerer, knapp mittelgroßer Mann mit schütterem Haar und tiefen Falten im Gesicht, redete ihm zu.

»Bill, bist du von Sinnen? Reize ihn nicht noch. Du weißt doch, was Sache ist.«

Bill schaute ihn an. Natürlich wusste er das. Er sollte den Kampf verlieren. Es sollte eine ganze Weile gehen, nämlich fünfzehn Runden. Doch dann hatte er sich auf die Bretter zu legen. Das wurmte ihn sehr. Als er die Halle betrat, hatte er die Abmachung für Momente vergessen oder verdrängt.

Jäh war er ernüchtert. Er wollte auf jeden Fall einen guten Kampf liefern.

Nun ging es ab in den Ring. In der Halle kehrte Ruhe ein. Eine gespannte Atmosphäre herrschte. Das ist mal was anderes als die schwerfälligen Klopse, die aufeinander eindreschen, dachten die Zuschauer oder flüsterten es sich zu. Der Stier von Missouri hat Mumm.

Die sündhaft schöne Bitch Jessie wendete sich an Grover Garrison. Der Glatzkopf kaute an seiner Zigarre.

»Das wird mal ein spannender Kampf«, sagte Jessie gedehnt. »Der Junge will Flagge zeigen.«

Sie meinte den Stier von Missouri.

Garrison winkte ab und grinste. Er sprach der Bitch ins Ohr, damit nur sie es hörte.

»Die zeigt er nur, solange er darf. In der 15. ist Ende für ihn. Bis dahin wird der Gigant mit ihm spielen. Wir verdienen eine Menge Geld dabei. Natürlich ist der Kampf geschoben. Die Wetten stehen 1 : 3 gegen den Stier von Missouri.«

»Nur 1 : 3? Wie hast du das hingekriegt? The Giant ist klarer Favorit. Wie soll jemand dieses Monstrum besiegen? Wie kann der Kurs dann nur 1 : 3 sein?«

»Weil ich es so hingedreht habe«, flüsterte Garrison. »Ich ließ Gerüchte streuen, dass Terrible Samson gesundheitlich angeschlagen sei. Und ich setzte 20.000 auf den Stier von Missouri, um die Quote zu drücken.«

»Bist du verrückt? Du hast gegen dich selbst gesetzt? Wie kannst du das machen.«

»Es rechnet sich. Bei einer Quote von 10 : 1 für The Giant hätte ich für jeden Dollar, den ich auf ihn setze, nur zehn Cent bekommen. So erhalte ich das Dreifache. Die Bruchteile wollen wir mal außer Acht lassen. Ich habe 250.000 auf den Giant gesetzt. Das sind rund 83 Tausend und ein paar Zerquetschte Gewinn. Abzüglich 20.000, bleiben 63.000 übrig. Ein sattes Geschäft.«

»Wenn alle mitspielen.«

»Pah«, sagte Garrison nur und blies Rauch in die Luft.

Alle Beteiligten befanden sich im Ring. Der Ringsprecher schrie ihre Namen in die Halle, wobei er sie langgezogen aussprach und die Silben betonte. Er war Spezialist auf seinem Gebiet. Der betonte die Bedeutung des Hauptkampfs, die Vorkämpfe waren vorbei, und stellte Bill McCoy, eigentlich noch ein ziemlich unbeschriebenes Blatt, als erfahrenen und gefährlichen Kämpfer vor.

The Giant war der Lokalmatator. Grover Garrison und die Bitch unterhielten sich ungeniert im allgemeinen Lärm.

»Wenn der Stier von Missouri gewinnt, hast du 250 Riesen in den Sand gesetzt, Grover. Zuzüglich 20.000. – Was ist dann«?

»Das passiert nicht. Eher fließt der Missouri in die andere Richtung. McCoy weiß, was ihm blüht. Das ist eine todsichere Sache.«

»Die Wetter sind auf deine Gerüchte hereingefallen?«

»Du weißt doch, wie abergläubisch die Wetter sind, Jessie. Klar sind sie darauf hereingefallen. Das Wettvolk ist immer hinter jedem Insidertipp her. Beim Pferderennen schleichen ganz Clevere bei den Boxen herum und spitzen die Ohren. Sie drücken sogar noch dem letzten Stallausmister Dollars in die Hand, um Tipps zu erhalten. – Das ist eine sichere Sache, Jessie. McCoy und sein Manager wissen Bescheid. Blinky Bland heißt der mickrige Typ, der ihn managt und mit dem ich den Deal ausgehandelt habe. Eine Lachnummer ist das. Vom Boxsport hat er keine Ahnung. Den habe ich schön über den Tisch gezogen. Er hat seinen Boxer für weit unter dem Preis für den Titelkampf gegen The Giant verkauft. Freilich habe ich daran drehen müssen, um den Kampf um die Missouri-Meisterschaft für McCoy aufstellen zu können. Er hat vorher nur in der Prärie geboxt.«

Unbedeutende Kämpfe an unbedeutenden Orten, hieß das.

»Den kannte hier in St. Louis keine Sau. – Der Boxer und sein Manager sind beide ganz arme Säue. McCoy habe ich für einen Apfel und ein Ei für den Kampf gekriegt. Sonst will sich ja keiner mehr gegen The Giant stellen. – Bland hat bei unseren Verhandlungen einen Anzug angehabt, der war so schäbig, dass die Ärmel ausfransten. Die beiden hausten in einer Absteige am Hafen. Zwischen einem Puff und einer Kaschemme. In dem Loch gehen die Kakerlaken spazieren, und Ratten schauen zum Fenster herein.«

Bitch Jessie kicherte.

»McCoy war bei den Verhandlungen nicht mit dabei«, fuhr Garrison fort. »Ich will keinen Zeugen mehr als unbedingt nötig haben. Aber sein Manager, dem er vertraut und auf den er baut, hat’s ihm gesteckt.«

»Und er hält sich daran?«

»Das will ich wohl meinen. Er kriegt 1.000, sein Manager auch. Das ist für die Zwei eine Menge Geld. Dafür muss McCoy sich nur eine Stunde lang auf die Fresse hauen zu lassen. Er soll 15 Runden gegen The Giant stehen. Dem wiederum habe ich gesagt, er soll ihn so lange auf den Beinen lassen. Dem Publikum muss was geboten werden. Wenn McCoy im Ring eine gute Figur macht, ich habe ihn beim Training in der Gym gesehen, da schaute er gut aus, bringt ihm das Renommee. Dann kann er weiter für mich boxen und beschaffe ich ihm noch andere Kämpfe.«

»Hm. Ich verstehe dein Faible für den Boxsport nicht, Grover Wir haben doch das Flusssyndikat.«

»Ich habe es«, unterbrach Garrison sie. »Du bist nach mir die Nummer Zwei in der Organisation. Du kontrollierst das Rotlichtmilieu und die Amüsierbetriebe. Für das Glücksspiel habe ich Socks Tim, für die Schutzgelderpressung Lead Pipe Harry und Bonecrusher John. Vergiss nicht, wo du hingehörst.«

Socks Tim Gaffry hatte seinen Beinamen, weil er immer in feinster Kleidung auftrat und in jeder Socke einen Tausender stecken hatte. Das würde ihn Glück bringen, meinte er. Bonecrusher John galt als der stärkste Mann von St. Louis. Er war mal in Dodge City verhaftet worden. Da hatte er die beiden Deputies, die das taten, unter den Arm genommen und war mit ihnen weggelaufen.

Um die Ecke stellte er sie hin und warf sie gegen die Wand. Danach hatte er Dodge City verlassen müssen. Wyatt Earp war hinter ihm her, und der ließ sich nicht unter den Arm klemmen. Boxen konnte der Knochenbrecher allerdings nicht, er kannte nur den Straßenkampf.

Bitch Jessie senkte den Blick, um ihre Gefühle nicht zu verraten. Sie war ehrgeizig und wollte mehr sein als eine Obernutte, die andere Nutten und ihr Milieu kontrollierte.

Die Tigerin oder die Königin vom Fluss wäre sie gern gewesen. Diejenige, die alle Flussschiffer in ihrer Hand hatte.

Garrison stand einer illustren Organisation vor.

»1.000 für jeden, das ist doch ein Witz bei dem Kampf, Grover. Was bekommt Giant Sam denn.«

»20.000 kriegt er, das Arschloch. Sein Manager steht bei mir auf der Lohnliste. Der erhält seinen regulären Lohn und ’ne Prämie. Das Geld für die Trainer und Sekundanten, den Referee und den Sprecher und so weiter gehen aus der Veranstaltungskasse. Schließlich bezahlen die Zuschauer Eintritt. Daran verdiene ich auch. – Was willst du? Was fragst du so viel, Pussy? Ich habe schon mal einen Boxer zum Krüppel schlagen lassen, der sich mir widersetzte. Er ist heute ein Pflegefall, mit Hirnschäden und auf einem Auge blind. Er zittert wie Espenlaub. Er wird gefüttert, seine Suppe flößt man ihm löffelweise ein. Einem anderen ließ ich die Knöchel zerschmettern. Nur mal so. Das ist ein hartes Geschäft, und ich habe es in der Hand.«

»So wie das Flusssyndikat.«

»Und alles andere. Ich bin der King und der Größte am Fluss. Vergiss das nie, und denke daran, wo du hingehörst. Du machst, was ich will und wie ich es will. – Der Boxsport und die Wetten sind nun mal mein Hobby.«

»Wenn du meinst, Grover…«

»Den Stier von Missouri und seinen Manager habe ich aus ihrer Absteige herausgeholt und in einem guten Hotel einquartiert, damit sie etwas hermachen. Wie sieht das denn aus, wenn die Presse sie interviewt und sie hausen in so einem Loch? Ich bin eben ein Menschenfreund.«

Garrison gönnte sich einen Schluck aus der versilberten Taschenflasche.

»Willst du auch einen?«, fragte er Bitch Jessie gönnerhaft. »Davon kriegst du Haare auf der Brust.« Er lachte über seinen dummen Witz. »Es ist erstklassiger Bourbon.«

Die Schöne lehnte ab. Sie schaute zum Ring. Mittlerweile waren die Formalitäten vorm Hauptkampf erledigt. Der Referee hatte die Kämpfer belehrt. Trainer und Sekundant befanden sich in der jeweiligen Ringecke. Die Masseure warteten unten am Ring, genauso der Ringarzt und die zwei Manager. Die beiden Kämpfer standen sich gegenüber.

Sie starrten sich an. Der Gong ertönte, der Referee wich zurück. Der Hauptkampf des Abends begann.

Die Musik hatte geendet. Das Publikum saß in erwartungsvoller Stille. Jeder Boxer hatte zwei Leute in seiner Ecke, den Trainer und den Sekundanten. Giant Sams Trainer war ein erfahrener Mann mittleren Alters, sein Sekundant im Boxsport erfahren. Bill McCoys Trainer im Ring war ein älterer Schwarzer, der Sekundant ebenfalls schwarz und ein junger Bursche.

Der Promoter und Veranstalter des Kampfabends sowie Honoratioren aus St. Louis und Umgebung, Flusskapitäne und Reeder, einflussreiche Persönlichkeiten und natürlich die Halbwelt saßen vorne am Ring. Zahlreiche Frauen waren da, ein paar Gesellschaftsdamen, die nach Sensationen gierten und es mochten, wenn Kämpferblut und Schweiß aus dem Ring spritzten. Sowie ein Mehrfaches von ihrer Zahl an Flittchen und herausgeputzten Ladies von zwielichtigem Ruf und lockerer Moral.