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Der Galgenrichter Derek Porcas und seine Terror-Marshals beherrschen das Goldland von Montana. Elliott Harper, ein junger Digger, und die schöne Saloon-Queen Shoran Niles geraten in den Sog ihres Terrors. Dem Galgen entgegensehend, scheint es für Elliott keine Hoffnung zu geben. Shoran muss sich entscheiden - für Lee Norris, First Marshal des Richters, oder für Elliott, dessen Rettung ihr eigenes Verderben wäre ...
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Seitenzahl: 153
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Revolver-Ruhm
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: R. Cortella/Bassols
Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-9254-8
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Revolver-Ruhm
Der Galgenrichter Derek Porcas und seine Terror-Marshals beherrschen das Goldland von Montana. Elliott Harper, ein junger Digger, und die schöne Saloon-Queen Shoran Niles geraten in den Sog ihres Terrors. Dem Galgen entgegensehend, scheint es für Elliott keine Hoffnung zu geben. Shoran muss sich entscheiden – für Lee Norris, First Marshal des Richters, oder für Elliott, dessen Rettung ihr eigenes Verderben wäre …
»Das Gallatin County ist ein wilder, gesetzloser Ort, der dringend einer ordnenden harten Hand bedarf«, sagte der Richter Derek Porcas. »Das Goldland muss sicher sein. Wer Gold findet und es unbeschadet aus Montana wegbringen will, dem soll das möglich sein. Meine Marshals und ich stehen dafür.«
Porcas schlug mit dem Hammer auf den Tisch.
»Ich verurteile die drei Angeklagten zum Tod wegen Goldraubs und Mordes. Das Urteil wird morgen bei Sonnenaufgang vollstreckt. Die Verhandlung ist geschlossen.«
»Sir«, sagte der Gerichtsdiener, »einer der Angeklagten ist eine Frau. Wollen Sie wirklich, dass sie gehenkt wird?«
»Hätte ich sie denn sonst verurteilt? Sprechen Sie mit dem Henker, Gerichtsdiener. Er soll dafür sorgen, dass Jeannie Watts Rock eng zusammengebunden wird. Ich will nicht, dass man ihr unter den Rock schauen kann. Unsittlichkeiten dulde ich nicht.«
Der Gerichtsdiener zog ab. Die drei Verurteilten waren erschüttert. Sie hatten gehofft, mit einem milderen Urteil davonzukommen.
Jeannie Watts, eine Blondine mit strammen Brüsten, schrie in den Gerichtssaal: »Aber ich habe doch gar niemanden ermordet! Ich bin unschuldig! Ich kann nichts dazu, dass die zwei Schurken bei mir verkehrten. Ich war nicht eingeweiht. Woher sollte ich denn wissen, dass das Banditen und Goldräuber sind? Dass sie den alten Dixon und andere ermordeten und beraubten?«
»Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen«, sagte der Richter. »Die Beweise sprechen gegen dich. Du liefertest deinen beiden Komplizen Informationen über reiche Goldfunde und Goldgräber, die über den Bozeman Pass wollen. Als Prostituierte und im Saloon hattest du gute Quellen und erkundetest gezielt, was ihr wissen wolltet.«
»Nein, nein! Niemals. Ich … Ron Ronnegan und Joe Dell waren Kunden von mir, nicht mehr und nicht weniger. Ich bin ein Saloongirl und eine Prostituierte, kein sonderlich guter Mensch. Das gestehe ich. Mein einziges Verbrechen besteht darin, dass ich mit beiden im Bett war. Zweimal zu einem flotten Dreier. Doch mit dem Goldraub und Mord habe ich absolut nichts zu tun. Das schwöre ich bei allem, was mir heilig ist.«
»Sie sagt die Wahrheit«, sprachen die beiden in Handschellen vor der Anklagebank stehenden Banditen. »Wir kamen öfter zu ihr, wir sind Stammkunden bei ihr gewesen. Irgendwie eingeweiht haben wir sie nicht. Wir haben auch nur den Raubmord am alten Dixon begangen. Von den anderen Taten, die uns zur Last gelegt werden, wissen wir nichts. Wir können nichts gestehen, was wir nicht taten.«
»Schweigt, ihr verstockten Verbrecher«, sprach der Richter. »Selbst im Angesicht des Todes leugnet ihr noch und verratet nicht, wo ihr die Beute aus mindestens vier anderen Fällen versteckt habt.«
»Wir würden es sagen, wenn wir in diesen Fällen schuldig wären«, jammerte Dell. »Aber das sind wir nicht. Wir haben nur den alten Dixon ermordet, sonst keinen.«
Ronnegan fiel ein: »Wir würden, wären wir schuldig, einen Deal versuchen. Unser Leben gegen die Rückgabe von Beute. Aber weil wir es nicht gewesen sind, außer bei Dixon, können wir’s nicht.«
»Hurensöhne! Ähm, Entschuldigung. Ein solches Wort ist eines Richters mit eigenem Gerichtshof unwürdig. Ihr wollt dieses Weib davonkommen lassen, ihr elenden Schurken. Das Gold des alten Dixon fanden wir bei euch. Dieses Raubmords seid ihr einwandfrei überführt. Ihr wisst genau, dass ich ein harter, gerechter Mann bin. Wegen des Raubmords an Dixon seid ihr des Todes schuldig. Niemals hätte ich mich auf einen Kuhhandel mit euch eingelassen. Nicht einmal eine bessere Henkersmahlzeit wäre euch zugebilligt worden. Deshalb, aus purer Gemeinheit und Niedertracht, leugnet ihr die anderen Verbrechen und verschweigt, wo deren Beute versteckt ist. So soll sie verloren bleiben. Sei’s drum. Ihr müsst hängen. Marshal, weg mit ihnen!«
Der Deputy Marshal Arch Gonolly gehorchte. Er war mittleren Alters, mit schwarzem Vollbart, finster blickend und breit und stämmig gebaut. Er nickte dem Richter und seinem direkten Vorgesetzten, Marshal Lee Norris, zu.
»Los, bewegt euch, ihr Galgenvögel.«
☆
Seit 1862 am Grashopper Creek Gold gefunden wurde und bald danach auch dort, wo später Virginia City aus dem Boden schoss, war der Teufel los. Jetzt, im späten Herbst 1870, war der Goldrausch keineswegs abgeflaut.
Die Verhältnisse waren chaotisch. Das gedachte der Richter Derek Porcas zu ändern. Der Gouverneur des Montana-Territoriums hatte ihm gestattet, in Bozeman einen Gerichtshof einzurichten und dort Recht zu sprechen. Über den Bozeman Pass zogen die Goldsucher, wenn sie Montana verließen, und manche kamen auf diesem Weg ins Land. Dort ballte sich die Kriminalität zusammen, waren Raub und Überfälle an der Tagesordnung.
Wenn es Derek Porcas gelang, diesen neuralgischen Punkt zu befrieden, sollte er weitere Vollmachten erhalten und Oberster Richter von ganz Montana werden. Dann sollte seine Art der Justiz unter seiner Aufsicht überall eingerichtet werden.
Das strebte er an. Porcas war ein Fanatiker und ein Hardliner. Er glaubte nur an drastische Strafen, an ein Gesetz wie aus dem Alten Testament. Auge um Auge, Zahn um Zahn, Leben um Leben oder der neuzeitlichen Justiz adäquat. Um die vierzig war er, groß, mit strengem Gesicht und einem Kinnbart. Ein unnahbarer Mann, vollständig von sich selbst und von seiner Mission überzeugt. Er hatte, bevor er Zivilrichter wurde, als Militärrichter durch drastische Urteile von sich reden gemacht.
Gonolly führte die Verurteilten ab. Jeannie Watts weinte. Ronnegan und Dell waren mürrisch und ergaben sich in ihr Schicksal.
Richter Porcas trat mit dem Gesetzbuch unterm Arm ab.
Sein Deputy Marshal Lee Norris folgte dem Deputy und den Verurteilten. Sie waren gefesselt. Die zahlreichen Zuschauer der Verhandlung verließen durch eine andere Tür den Saal. Sie redeten leise und hatten ihre Kopfbedeckungen in der Hand.
Norris war gut mittelgroß, schlank und drahtig, akkurat gekleidet und hatte einen sorgfältig gestutzten grauen Oberlippenbart. An seiner Kleidung sah man kein Stäubchen. Seine Stiefel glänzten blitzblank. Er arbeitete schon länger mit dem Galgenrichter zusammen.
Den Namen schrie jetzt von der Tür Jeannie Watts. Sie sträubte sich gegen die Männer, die sie in die Zelle zurückführten, die ihre Todeszelle sein sollte.
»Verfluchter Galgenrichter! Verdammt sollst du sein! Du bist schlimmer als die Banditen, die du verurteilst. Du tötest eine Unschuldige. In der Hölle sehen wir uns wieder.«
Richter Porcas beachtete sie nicht. First Marshal Norris warf ihr nur einen kurzen Blick zu. Bloodhound, den Bluthund, nannte man ihn. Der Bluthund des Galgenrichters, ihm treu ergeben. Norris befehligte sieben Deputys, die Terrible Seven, die schrecklichen Sieben, wurden sie genannt.
Vor ihnen zitterten alle Verbrecher. Und nicht nur diese. Sie sollten den Bozeman Pass und das County sichern. Am Pass führten sie Kontrollen durch, und sie wollten genau wissen, wer mit wie viel Gold Montana verließ und wo er es herhatte. Konnte er das nicht erklären, wurde er in Haft genommen und seine Angaben überprüft. So sollte der Flut des Verbrechens Einhalt geboten werden.
Einen Sheriff hatte man im Gallatin County nicht mehr. Das regelten alles der Richter und seine Deputys. Wenn das Modell erfolgreich war, sollte es territoriumsweit eingeführt werden.
☆
Shoran Niles gab sich ihrem Lover Elliott Harper mit Leidenschaft hin. Ihr gehörte der »Nugget Saloon« in Bozeman, Montana, wo Richter Porcas an dem Tag wieder drei Todesurteile gefällt hatte. Die brünette Shoran lag nackt mit dem jungen Goldgräber im Bett. Er suchte sie immer auf, wenn er von seinem Claim wegkonnte und sich amüsieren wollte.
Eigentlich hieß sie Sharon. Doch das war ihr zu einfach. Sie hatte die Vokale vertauscht, Shoran war ihr Künstlername.
Sie war vernarrt in den Digger. Elliott küsste sie, streichelte in dem Zimmer im Obergeschoss des Saloons ihre Brüste. Seine Hand fummelte zwischen ihre Beine und fand die Stelle, die ihn immer wieder aufs Neue faszinierte und von der er nicht genug bekommen konnte.
Shoran umfasste Elliots kräftigen Lustspeer und massierte ihn. Er schob ihre Hand weg.
»Hör auf, sonst komme ich zu schnell.«
Er war voll bei der Sache. Shoran wirkte ihm etwas abwesend. Das war er von ihr nicht gewöhnt. Er spreizte ihre Schenkel, zog ihre Schamlippen auseinander und widmete sich mit Zunge und Lippen ihrer Spalte, reizte ihre Lustperle und war hin und weg. Als er hochschaute, sah Shoran zu einem Punkt an der Decke.
»Woran denkst du, Sweetheart?«
»Nichts. Mach weiter, Schatz.«
Das tat Elliott. Doch er merkte, dass seine Geliebte mit ihren Gedanken abwesend war. Das passte ihm nicht. Er wollte sie genauso erregt und voll auf den Akt konzentriert wie sich. Hart warf er sie auf den Rücken und drang in sie ein, bog ihre Beine zurück und krümmte sie in den Knien, um tief und fest in die weit offene Lustgrotte zu kommen.
»Ich werde dich auf andere Gedanken bringen, du Aas.«
Elliott, ein breitschultriger starker junger Digger mit welligem braunem Haar und Boxernase, verausgabte sich. Er rammelte tief und fest, legte Pausen ein, stieß heftig weiter. Doch Shoran kam nicht so, wie er es gewöhnt war.
Nun gab es Männer, die darauf keine Rücksicht nahmen. Elliott jedoch schon. Als Shorans Orgasmus ausblieb, hielt sich der Digger nicht länger zurück und erlebte seinen.
Er stöhnte und verdrehte die Augen.
Shoran streichelte ihn und sagte: »Das war gut, Schatz.«
»Lüg nicht. Sonst kommst du immer wie die Feuerwehr und bist kaum zu bremsen. Jetzt wirkst du abwesend, liegst da wie ein Brett. Was ist los?«
»Ich muss immer an Jeannie denken. Die Blonde, die bei mir im Saloon arbeitete. Richter Porcas hat sie zum Tod verurteilt. Morgen früh muss sie hängen. Jeannie hat eine Tochter im Osten bei Pflegeeltern. Diese wird nun als Waise aufwachsen, ihr Vater ist unbekannt. Jeannie war leichtsinnig, doch sie ist kein schlechter Mensch. Ehrlich, geradeheraus. Man konnte sich auf sie verlassen und gut mit ihr reden. Jetzt wird sie gehenkt.«
»Well, wenn sie der Richter verurteilt hat … Derek Porcas ist ein harter Hund. Doch du musst zugeben, dass die Verbrechensrate zurückging, seit er am Bozeman Pass Recht spricht.«
»So, tat sie das? Es gibt andere Quellen. Seit anderthalb Jahren ist er hier Richter. Seitdem hat er zwanzig Männer und zwei Frauen zum Tod durch den Strang verurteilt. Morgen früh kommen Jeannie und zwei Banditen dazu. Obwohl Jeannies Schuld ungeklärt ist. Sie schwört, dass sie keine Komplizen und Mitwisserin ist. Die beiden Banditen bestätigen das.«
»Sie wollen sie vor dem Galgen retten. Ganz schlecht sind sie nicht, das ist nobel von ihnen. Die Jury sprach sie aufgrund von Beweisen schuldig. Der Richter hat sie verurteilt. Ronnegan und Dell, die beiden Banditen und Mörder, verkehrten oft bei Jeannie und in deinem Saloon. Gib Acht, dass du nicht ins Visier des Richters gerätst und er deinen Saloon für eine Brutstätte des Verbrechens hält.«
»Unerhört! Mit Verbrechern paktiere ich nicht. Doch meine Kundschaft kann ich mir nicht aussuchen. Und ich kann nicht jedem, der in meinem Saloon einen Whisky trinkt, hinter die Stirn schauen. Kommt mir etwas verdächtig vor, melde ich das. Doch ich muss gestehen, früher, als noch ein Sheriff seines Amtes waltete, fiel es mir leichter. Den Galgenrichter umweht der Hauch des Todes. Sein Marshal und die Deputys werden nicht umsonst die Todes-Marshals genannt. Sie sind schnell mit der Waffe zur Hand. Ich traue ihnen nicht.«
»Es ist nun mal so, wie es ist. Wir müssen uns damit abfinden. Was Jeannie Watts Schuld betrifft, bei ihr wurde ein Säckcken mit Goldstaub gefunden, das Zeugen als Eigentum des ermordeten Diggers Dixon erkannten. Der Saum unten war auf eine spezielle Weise mit rotem Zwirn in Kreuzstichen genäht.«
»In dem Säckcken, das von Zeugen wiedererkannt wurde, befanden sich nur ein paar Unzen Goldstaub. Ein sehr geringer Lohn für eine Mitwisser- und Komplizenschaft. Jeannie bekam es von Ronnegan als Liebeslohn. Angeblich soll Jeannie in meinem Saloon dem Digger um seinen Graubart gegangen sein und ihn ausgehorcht haben. Ja, Jeannie ist eine Hure. Doch eine Mörderin und Mordkomplizin ist sie nicht. Es gibt keinen Grund, sie aufzuhängen.«
»Das sagst du. Die Geschworenen und das Gericht sahen es anders. Richter Porcas hat Jeannie zum Tod verurteilt. Wer ein reines Gewissen hat, braucht Derek Porcas und die Terrible Seven nicht zu fürchten.«
»Du bist naiv.« Shoran seufzte. »Aber auch dir werden eines Tages die Augen aufgehen. Ich billige Jeannies Lebenswandel nicht. Sie hat ihren Körper verkauft. Das käme für mich nicht in Frage. Ich suche mir meine Liebhaber aus, ohne Gefühl geht bei mir nichts.«
»Das weiß ich.«
»Gut. Aber was Richter Porcas wahres Gesicht ist, das weißt du nicht. Eine dämonische Fratze.«
»Jetzt übertreibst du aber. Lass uns von anderen Dingen reden. Du bist schön. Deine Brüste sind wunderbar. Du hast eine herrliche Figur. Ein bildhübsches Gesicht, einen Mund, der zum Küssen einlädt. Strahlende Augen und …«
»Ich weiß, was ich alles habe, Romeo. Und wo und für was es ist. Ich weiß auch, worauf du hinauswillst. Aber das wird heute nichts mehr. Ich will nicht, ich kann nicht … Ich bin nicht in Laune.«
Elliott verbarg seine Enttäuschung. Weibliche Launen waren ihm nicht fremd. Jede Frau hatte ein Recht darauf. Er zwang sich ein Lächeln ab.
»Dann schlafen wir jetzt und kuscheln uns aneinander. Oder willst du noch einmal in den Saloon hinunter?«
»Nein. Leg dich zu mir. Oder schlafe lieber auf dem Boden oder reite zu deinem Claim und zu deinen Partnern. Ich will nicht, ich kann nicht. Versteh, es hat nichts mit dir zu tun. Ich … in mir krampft sich alles zusammen, wenn ich an die arme Jeannie und an den Galgen denke. Ich friere bis ins Mark.«
»Lass mich dich wärmen.«
»Bitte nicht. Lass mich.«
Elliott streckte sich auf dem Bärenfell am Boden aus. Jeannie löschte das Licht. Sie hörten das Stimmengewirr vom Saloon, das Piano. Ab und zu ein Lachen aus einer Frauenkehle. Das Leben ging weiter. Das von Jeannie Watts würde es bald nicht mehr tun.
Shoran lag wach. Auch Elliott fand keinen Schlaf. Er war erregt, seine Erektion hart. Und er war verstimmt, wie jeder Mann, den eine Frau abwies. Weggehen wollte er nicht. Er versuchte auch nicht mehr, zu Shoran ins Bett zu kommen. Er kam sich unnütz und dumm vor.
Verdammter Galgenrichter, dachte er. Du hast mir eine gute Nummer versaut. Wir hätten es noch einmal gemacht. Mindestens. Warum musstest du Jeannie Watts zum Tod verurteilen? Eine Jury hatte sie schuldig gesprochen. Doch dem Willen des Galgenrichters beugte sich jeder, und er sorgte dafür, dass seine Geschworenen die für ihn Richtigen waren.
Er nahm immer einige seiner Deputys mit dazu, weil er meinte, dass sie besonders in der Erkennung von Verbrechern und in Wahrheitsfindung erfahren seien. Auch die Anklage und die Verteidigung besorgten Lee Norris und seine Deputys. Im Sinn einer schnellen Rechtsfindung wäre das, sagte der Richter. Der Gouverneur ließ ihn gewähren. Hauptsache, die Verhältnisse im Goldland stabilisierten sich und der Bozeman Pass und das Gallatin County wurden sicherer.
Nach einer Weile meldete sich Shoran.
»Sei mir nicht böse, Elliott. Darling.«
»Nein«, quälte er sich ab und versuchte, nicht den falschen Ton anzuschlagen und sich mürrisch anzuhören.
»Tust du mir einen Gefallen?«
»Welchen?«
»Gehst du bei Sonnenaufgang mit zu der Hinrichtung? Ich weiß nicht, ob ich das allein durchstehe. Aber ich muss hin. Das bin ich Jeannie schuldig. Sie soll wenigstens ein Gesicht in der Menge sehen, das ihr freundlich gesinnt ist.«
»Ja. Aber dann muss ich zu meinem Claim zurück.«
An den Geräuschen im Bett hörte Elliott, dass Shoran sich vorbeugte. Er tastete im Dunkeln, fand ihr Gesicht. Ihre Lippen berührten sich. Es war ein zarter Kuss.
»Danke«, hauchte Shoran. »Du kannst dich neben mich legen. Aber rühr mich nicht an.«
»Lass mich hier liegen. Ich bin ein hartes Lager gewöhnt und war schon schlechter gebettet. Es ist okay.«
Nach einer Weile schlief Elliott rein. Shoran tat kaum ein Auge zu. Kurz vor Tagesanbruch weckte sie ihren Liebhaber.
☆
Der Tag dämmerte mit Regen und Wind. Grau zog das Wetter über die öden Gebirgszüge der Bridger und Gallatin Range heran. Er schien, als ob die stockfinstere Nacht mit dem Tag rang und ihm nicht weichen wollte. Der Winter stand vor der Tür und drohte mit Blizzards und Schneemassen.
Ein hartes Jahr ging zu Ende. Wer jetzt nicht rasch über den Bozeman Pass zog und Montana verließ, würde es in dem Jahr nicht mehr schaffen. Die Goldfelder, gelobtes Land, das alle verlockte und Fieber der Habsucht hervorrief, lagen westlich und nordwestlich der Bretterbuden- und Blockhüttenstadt Bozeman.
Hier gab es ein paar hundert feste Einwohner, mehrere Herbergen und Saloons, von denen Shoran Niles’ »Nugget Saloon« der größte und schönste war. Auch ein paar Handwerksbetriebe und Geschäfte, die Goldgräberausrüstungen und Proviant sowie Bedarfsmaterial verkauften. Obwohl Bozeman, was feste Einwohner betraf, klein war, hatte es wegen seiner Lage am Pass eine zentrale Bedeutung.
Richter Porcas hatte deshalb hier seinen Gerichtshof errichtet, mit einem festen Steingebäude, auf das er sehr stolz war. Es gab zudem eine Kirche, einen Wagenhof und eine Wells-Fargo-Station.
Von hier aus kontrollierte der Richter den Pass und die Umgebung. Den unteren Teil der Goldfelder. Hier wollte er sein neues Modell einer Countyverwaltung ohne Sheriff, aufgrund der zusammengelegten Judikative und Exekutive, demonstrieren und später zur allgemeinen Verwendung vorschlagen.
Der Gouverneur war dem Hardliner zugeneigt. Von den Pionieren und Goldsuchern befürworteten viele seine harte Gangart.
An diesem frühen Morgen zeigte sie sich wieder einmal.
Der Galgen erhob sich inmitten der kleinen Town vorm Gerichtsgebäude. Es war ein Sechsergalgen mit Fallklappen, bis zu sechs Verurteilte gleichzeitig konnten hingerichtet werden. Die Totenglocke der kleinen Kirche bimmelte blechern. Jeannie Watts, Ronald Ronnegan und Joe Dell wurden von den Deputys des Marshals Norris herbeigeführt.
Zuschauer warteten, sogar drei Kinder dabei. Meist Männer, wenige Frauen. Elliott Harper und Shoran Niles, Letztere in einer Weißfuchs-Pelzjacke, fuhren im Buggy heran. Der junge Digger mit dem markanten Gesicht führte die Zügel des Rappen.
Shoran schauderte es. Sie sah zu, wie Jeannie Watts, die sie gut gekannt hatte, zur Plattform und auf diese geführt wurde. Drei Schlingen schwankten am Querbalken im kalten regenführenden Wind. Ab und zu fauchte eine Böe durchs Tal und die platte Gegend vor dem Pass.
Gruselig war es an dem frühen Morgen. Laternen und windgepeitsche Fackeln brannten. Auf der Galgenplattform stand zudem noch ein Feuerbecken. Seine Flammen bogen sich im Wind.