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Eine mörderische Lady bringt auf den großen Mississippi-Schaufelraddampfern reiche Männer um und beerbt sie. Die Pinkerton Detektei wird eingeschaltet und schickt ihren besten Mann - Cole Harvey. Der besonders bei Frauen sehr umtriebige Detektiv hat in St. Louis und auf dem Fluss alle Hände voll zu tun, um sich seiner Gegner zu erwehren. Dirty Sue, wie sie genannt wird, hat mächtige Verbündete. Es geht um Millionen. Cole schwebt ständig in Lebensgefahr. Als er zuletzt mit der Mörderin auf Tuchfühlung geht, erlebt er eine böse Überraschung ...
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Seitenzahl: 149
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Skrupellose Dirty Sue
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Maroto/Bassols
Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-9256-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Skrupellose Dirty Sue
Eine mörderische Lady bringt auf den großen Mississippi-Schaufelraddampfern reiche Männer um und beerbt sie. Die Pinkerton Detektei wird eingeschaltet und schickt ihren besten Mann – Cole Harvey. Der besonders bei Frauen sehr umtriebige Detektiv hat in St. Louis und auf dem Fluss alle Hände voll zu tun, um sich seiner Gegner zu erwehren. Dirty Sue, wie sie genannt wird, hat mächtige Verbündete. Es geht um Millionen.
Cole schwebt ständig in Lebensgefahr. Als er zuletzt mit der Mörderin auf Tuchfühlung geht, erlebt er eine böse Überraschung …
Paul J. Abrams’ Hochzeitsnacht auf der »River Belle« verlief anders als erwartet. In Davenport, Iowa, hatte er die schöne Louise Vanderville geheiratet, die Frau seiner Träume.
Der etwas korpulente Mittvierziger war verwitwet, die Frauen hatten es ihm nie leicht gemacht. Der Frauentyp par excellence war er nicht.
Groß war er, schwergewichtig, mit Bauch, wenn auch keinem sehr dicken, dazu am Körper stark behaart. Dafür hatte er eine Glatze. Das Gesicht zierte ein martialischer Schnurrbart mit gezwirbelten Enden.
Er war ein Sägewerksbesitzer oben am Yellowstone. Ein grobschlächtiger Mann, bei Frauen etwas unbeholfen. Als Holzfäller hatte er angefangen, das merkte man ihm heute noch an. In der Gesellschaft von Männern fühlte er sich wohler als in der von Frauen, in einem rohen Saloon wohler als in einem noblen Salon.
Bei Frauen hantierte er im Bett mit seinen groben Pfoten eher ungeschickt. Von den erogenen Zonen und Reizpunkten des weiblichen Körpers wusste er nichts. Er hatte schon sehr jung geheiratet, eine Frau, die sexuell nicht mehr von ihm erwartete als kurze und schnelle Akte, bei denen er oben lag und sie unten.
Dann hob er ihr jeweils das Nachthemd an und drang in sie ein. Von einem Vorspiel hielt er nichts, er wusste nicht mal, was das war – unnützer, sündiger Zeitvertreib für Perverse, nichts für richtige Männer.
Mit seiner verstorbenen Frau hatte er in kurzen und schnellen Akten, die nicht mal fünf Minuten dauerten und in den letzten Jahren fast gar nicht mehr stattfanden, drei Kinder gezeugt. Sie waren nun schon erwachsen, der Holzfabrikant war dreifacher Großvater. Seine beiden ältesten Söhne, sechsundzwanzig und siebenundzwanzig, hatten ihm die Schiffsreise geschenkt, als er ihnen Prokura in seinem Betrieb gab.
Er reiste nach New Orleans, wo er Mund und Augen weit aufsperrte, als er sah, wie es da zuging. Der Hafen, das Treiben, der Südstaatenakzent, schöne und elegant gekleidete Frauen, Männer, die zu ihnen passten. Leider auch viel Gesindel.
Paul Abrams wusste sich jedoch zu wehren. Ein paar Mal ging er zu Huren und nahm manche davon auch an Bord des Schiffs, für das seine Familie ihm die Passage besorgt hatte, in Anspruch. Elegante Liebesdienerinnen und Kokotten reisten gern auf den prachtvoll ausgestatteten Schaufelraddampfern mit vier oder fünf Decks.
»Pride of Louisiana«, »Mississippi Queen«, »Natchez« und andere klangvolle Namen trugen sie. Einschließlich Besatzung befanden sich mehrere Hundert Menschen an Bord. In der Messe wurde von erlesenem Porzellan mit silbernem Tafelgeschirr gespeist. Es gab Bars und Salons und Gesellschaftsräume, deren Pracht den biederen ehemaligen Holzfäller blendete.
Er fühlte sich fehl am Platz in der prachtvollen Umgebung. Von Holz und vom Holzverkauf, seinem Geschäft, verstand er etwas. Was in den Salons geredet wurde, war ihm fremd. Schon der nasale Ton, in dem man sprach, gefiel ihm nicht. Dumm war er nicht. Er wusste sehr wohl, dass er bäurisch und wie ein Hinterwäldler wirkte. Ein Paul Bunyan mit fünf Daumen an jeder Hand und ungeschliffenen Manieren.
Daheim in Montana, wo er Goldsucher und Unternehmer en gros belieferte, hatte er die nie gebraucht, oder seine waren gut genug gewesen. In Holzfällerlagern fand er sich gut zurecht. Mit den rauen Westlern in seiner Heimat kam er gut klar. Da galt »Ein Mann, ein Wort« – Geschäfte wurden per Handschlag abgeschlossen, und wehe, es hielt sich jemand nicht dran.
Abrams hatte fünf Sägewerke und lieferte Holz und auch Möbel. Holz in allen Variationen, wie man es im Nordwesten brauchte. Er war steinreich, mehrfacher Millionär. Am wohlsten fühlte er sich bei seiner Arbeit, mit Geschäftspartnern und den Holzfällern. Er konnte immer noch mit der blanken Faust einen Zimmermannsnagel durch eine Eichenholzplatte treiben, eine Flasche Whisky auf einen Zug leeren und danach in den Sattel steigen, als ob nichts wäre.
An Bord der »River Belle« waren solche Qualitäten jedoch nicht gefragt. Etwas Respekt hatte er erworben, indem er einem Falschspieler, der ihn abzocken wollte, mit einem Faustschlag den Kiefer brach und ihn dann eigenhändig vom Oberdeck über Bord in den breiten Strom warf.
Als er gefragt wurde, was wäre, wenn der Mann nicht schwimmen könnte, hatte er geantwortet: »Dann soll er’s lernen.«
Es war an Bord bekannt, dass Abrams reich war. Er gab gute, jedoch nicht üppige Trinkgelder. Er trank und speiste vom Besten, weil seine Kinder ihm eingeschärft und ihm das Versprechen abgenommen hatten, das zu tun. Den Delikatessen vermochte er nicht viel abzugewinnen. Hummer und Krabbensuppe und all so ein Zeug, französische Küche mit, seiner Meinung nach, viel zu kleinen Portionen.
Französisch standen sie auch noch auf der Speisekarte. Da mochte ein Schwein wissen, worum es sich handelte. Ein gutes Steak mit Bohnen wäre Abrams allemal lieber gewesen. Oder Frijoles, die auch im Nordwesten gern verzehrt wurden. Kräftige Bohnensuppe mit Pansen und Speck. Doch das gab es auf dem Salondampfer nicht.
Hätte er es nicht seinen Kindern versprochen – er war schon mit achtzehn zum ersten Mal Vater geworden –, dann hätte er die Schifffahrt abgebrochen und wäre mit der Bahn und mit der Postkutsche nach Hause gefahren. Da konnte man die Füße weit von sich strecken, ungeniert rülpsen, den Hosenbund öffnen, wenn er nach dem Essen spannte, und brauchte sich nicht zum Dinner umzuziehen.
Der Kapitän war ein näselnder Fatzke mit der Uniform der Schifffahrtsgesellschaft und parfümiertem Bart. »S’il vous plaît, Monsieur« und ähnlich redete er Abrams an. Er hatte ihm jedoch freundlich die Brücke gezeigt und war immer sehr höflich zu ihm. Die Reederei hatte dem Kapitän gesteckt, dass Abrams ein sehr reicher Mann und wichtiger Kunde sei.
So hatte der Holzfabrikant Landausflüge unternommen und war hofiert worden. Es handelte sich um eine Kreuzfahrt. Die »River Belle« und die anderen Schiffe von der Mississippi & Missouri Cruise Line beförderten zudem Post und Gebrauchsgüter und alle möglichen Waren. Der Hauptzweck der MMC, wie sie kurz genannt wurde, war jedoch die Passagierschifffahrt, und zwar als Vergnügungs- und Bildungsreise.
Bei den gehobenen Ständen und den Reichen war es Mode, den Mississippi und den Missouri hinauf und hinunter zu fahren. Da sah man die Ufer und Sehenswürdigkeiten. Häufig wurde an lohnenden Orten angelegt und erfolgten Landgänge. Es war sozusagen ein Touristikunternehmen mit dem Nebenzweck der Beförderung.
Von Billings nach New Orleans war Paul J. Abrams mit der Postkutsche und Bahn gereist, was ihm nichts ausmachte. Auf dem Wasserweg bis New Orleans und wieder zurück hätte zu lange gedauert, so lange wollte sich der Holzmagnat von seiner Heimat und seinen Geschäften nicht fernhalten. In New Orleans im Hotel gefiel es ihm nicht – zu Hause, da war er jemand, eine Größe, ein angesehener Mann.
In New Orleans ging er unter, da kannte ihn keiner. An Bord der »River Belle« hatte es ihm zunächst auch nicht gefallen. Bis Minneapolis wollte oder sollte er mitfahren, ein Erlebnis fürs ganze Leben, wie man ihm versprach. Dann mit Kutsche und auf der Schiene wieder nach Billings, wo gern schon gewesen wäre.
Er schickte seinen Kindern Telegramme und Postkarten, letzteres eine neuere Erfindung und seiner Ansicht nach Blödsinn. Darin schrieb er, wo er gewesen war und was er gegessen hatte. Und dass er froh und glücklich sei, die Reise unternehmen zu können, was gelogen war.
Doch er dachte sich, er könne seinen Horizont erweitern, dafür wäre die Kreuzfahrt gut. Über Holz konnte er sich an Bord nicht viel unterhalten, obwohl man ihm höflich zuhörte. Ein Unternehmer aus seiner Branche war mit an Bord, doch der hatte sich auf Palisander spezialisiert. Mit Palisander konnte man Puffs und irgendwelche Etablissements ausstatten, die kein Mensch brauchte.
Mit Bauholz und Möbeln hatte das nichts zu tun. Als Abrams das deutlich sagte, war er bei den noblen Gentlemen und Ladies unten durch. Er langweilte sich – am Ufer war mal jene Stadt, dann eine andere. So interessant war das nicht.
Am Bord wurde abends getanzt – es gab eine gute Kapelle. Abrams besaß die tänzerischen Fähigkeiten eines Bären. Er blieb dem Tanzparkett lieber fern, es sei denn, er wurde bei der Damenwahl aufgefordert. Dann war es kein Vergnügen.
Schon bald gefiel es ihm an Bord gar nicht mehr. Er absolvierte die Kreuzfahrt seinen Kindern zuliebe. Er überlegte schon, ob er abends in die Mannschaftslogis gehen und dort mit den Heizern und Matrosen Karten spielen sollte. Dann legte die »River Belle« bei einer Südstaaten-Plantage an, die man besichtigen wollte, ein nobles Herrenhaus, in dem Robert E. Lee sich eine Weile aufgehalten hatte.
Der Bürgerkrieg lag fünfundzwanzig Jahre zurück. Mit der Plantage »Magnolia Gardens« sollte die Geschichte des Südens und seine Pracht und sein Prunk dargestellt werden. Paul J. Abrams hatte die Baumwollbarone des Südens seit jeher für Nichtsnutze und Faulenzer gehalten, die nur durch den Fleiß ihrer Sklaven existierten und den lieben langen Tag mit Pferderennen und Wetten und dergleichen zubrachten. Die ihre hübschen Sklavinnen schwängerten und dann nicht mal für die Bälger aufkamen, sie gar noch verkauften.
Am Bürgerkrieg hatte Abrams nicht teilgenommen. Er war mit der Holzfabrikation beschäftigt gewesen. Er hatte jedoch Kriegsanleihen gezeichnet, weil das patriotisch war und zudem Gewinn einbrachte. Dass der Norden gewinnen würde, war ihm klar gewesen.
Abrams stolzierte also durch die weitläufigen Räume des Herrenhauses und sah sich die Sklavenquartiere und alles an, was es zu sehen gab. Als er hörte, dass die ehemals stolzen Plantagenbesitzer im Verwalterhaus lebten und sich nur über Wasser hielten, indem sie die Führungen über ihr Gelände genehmigten, wunderte es ihn nicht.
»Die Schwarzen pflücken nur noch gegen Bezahlung«, erklärte die Reiseleitung der Gruppe. »Das können sich die Montemaros …« So hieß die Besitzerfamilie. »… nicht leisten.«
»Und warum pflücken sie ihre Baumwolle nicht selbst und bringen sie auf den Markt?«, fragte Abrams.
»Das ist nicht standesgemäß für sie. Dafür würden sie in ihrer Gesellschaftsschicht geächtet.«
»Zu blöd zum Baumwollzupfen«, brummte Abrams. »Lieber fressen sie nichts. Ein schöner Stolz ist das, die Baumwolle verrotten zu lassen.«
»Sie verrottet nicht. Yankee-Unternehmer pflücken sie mit bezahlten Arbeitern. Das sind keine Sklaven …« Der Reiseleiter der Gruppe flüsterte Abrams ins Ohr. »… aber denen ging es besser. Die Yankees zahlen nur einen Hungerlohn. Zudem knöpfen sie den Arbeitern für ihr Quartier in den früheren Sklavenhütten einen horrenden Preis ab. Die Schwarzen haben dort für umsonst gewohnt. Satt zu essen hatten sie auch. Aber verraten Sie nicht, dass ich das gesagt habe. Die Kriegsgewinnler sind überall.«
Was er da hörte, bestätigte Abrams Meinung über den Süden und seine Aristokratie. Er schob sich einen dicken Priem in die Backe, kaute, spuckte und kehrte, als die Besichtigung zu Ende war, auf das Schiff zurück. Zuletzt hatte der Plantagenbesitzer aus altem Südstaatengeschlecht die Gäste zu Punsch und einem Büffet geladen, das die MMC bezahlte.
Seine Frau hatte auf dem Klavier gespielt, irgendetwas von einem Mozart aus Wien, wo immer das sein mochte. Abrams hatte den Namen zuerst als Moe Zart verstanden, war jedoch eines Besseren belehrt worden. Er vermochte der Klimperei wenig abzugewinnen. Der Punsch schmeckte ihm auch nicht.
Jedoch spendierte der distinguierte bankrotte Plantagenbesitzer ihm einen alten Bourbon, als er ihm einen Schein zusteckte. Gegen einen Double Eagle, einen Golddollar, erhielt der Fabrikant eine ganze Flasche. Die verbarg er unterm Jackett.
Mr. Montemaro haschte nach dem Geld, so flink, wie ein Frosch mit der Zunge eine Fliege wegschnappte. Wahrscheinlich wäre er auch durch einen Reifen gesprungen, hätte Abrams ihm dafür einen weiteren Double Eagle gegeben.
Von der Hitze benommen, kehrte Abrams mit der Gruppe zum Schiff zurück; er trug Westernkleidung und hatte wie stets einen Revolver am Gürtel. Schwül war es im Mississippi Delta immer. Da sah er eine Kalesche unter den hohen Bäumen an der Anlegestelle halten.
Eine Frau ging an Bord. Sie war schlank, trug ein langes Kleid und war offensichtlich eine Dame. Ein Schleier war an dem eleganten Hut befestigt, den sie aufhatte, und bedeckte das Gesicht. Sie lüftete ihn, als die Gruppe kam. Ihr Blick fiel auf Abrams mit Hut und Revolver.
Sie hatte ein liebreizendes, bildschönes Gesicht – zarte Züge, tiefblaue Augen, einen üppigen, herzförmigen Mund. Ihr Alter war schwer zu schätzen. Dreißig konnte sie noch nicht sein. Sie war wunderschön, das Schönste, was Abrams je gesehen hatte.
Ihre Haut wies einen gesunden Teint auf. Ihre Zähne waren perlweiß und makellos. Abrams verschluckte fast seinen Kautabak, als sie ihn ansprach.
»Würden Sie mir bitte helfen, meine Koffer an Bord zu bringen? Sie sehen aus wie ein Gentleman.«
Ihre Stimme klang melodisch und passte zu ihrer Erscheinung. Abrams schluckte, stotterte, besann sich auf seine Manieren, zog den Hut und sagte, das würde er gern. Er packte die beiden größten Gepäckstücke und trug sie die Gangway hoch.
Er fragte sich nie, weshalb die Schöne nicht einen Matrosen oder Steward zum Gepäcktragen genommen hatte. Er war geblendet von ihrem Anblick. So lernte er Louise Vanderville kennen. Es war ein abgekartetes Spiel.
☆
Die schöne Louise tauchte von nun an ständig in Abrams Nähe auf. Das fiel sogar ihm auf, der geschäftlich in seinem Fach gerissen war, im Hinblick auf Frauen aber unbedarft.
Louise schaute ihm tief in die Augen und sagte: »Das ist Schicksal. Du bist ein starker und attraktiver Mann. Eine allein reisende Frau braucht an Bord eines solchen Schiffs einen Beschützer. Es sind eine Menge Halunken und Hallodris an Bord.«
Abrams war der schönen Louise natürlich gern zu Diensten. Er begleitete sie in die Salons, an Deck und in die Freizeiträume. Auch bei den Landgängen und Ausflügen wich er ihr nicht von der Seite. Er erlebte ihr bezauberndes Wesen, war ihr gern behilflich – »Als Frau bin ich ja so unpraktisch, in geschäftlichen Dingen absolut unerfahren. Von Politik habe ich keine Ahnung!« – und genoss ihre Gesellschaft.
Es schmeichelte ihm, sich mit einer so schönen Frau zu zeigen. Auf dem Sonnendeck rückte er ihr den Liegestuhl und den Sonnenschirm zurecht. In der Messe saß er an ihrem Tisch. Sie hörte ihm zu und lachte, wenn er einen Scherz machte, ganz egal, wie abgedroschen dieser war.
In einer lauen Sonnennacht auf dem Achterdeck kamen sie sich näher. Unter ihnen rauschte das Schaufelrad und wirbelte das Wasser auf.
Louise schaute den großen schweren Mann im leichten Sommeranzug an.
»Ich bin aufgewühlt wie dieses Wasser«, sagte sie, während die Ufer des Ol’ Man River an ihnen vorbeiglitten. Manchmal sah man Lichter, oder eine Flussinsel, dicht bewaldet, wurde umfahren.
»Wovon?«, fragte der Holzfabrikant dümmlich.
Er hatte bisher grade mal Louises Hand berührt. Ein Draufgänger bei ihr war er nicht – er hatte sich jeweils an der Kabinentür von ihr verabschiedet, ohne zu fragen, ob er noch auf einen Drink hereindürfte. Zu viel hatte sie ihm von der Schlechtigkeit der Männer erzählt, dass ihre Familie sie schofel behandelte, ihre beiden viel älteren Brüder sie unterdrückten.
Angeblich betrieben diese ein Transportunternehmen in Baton Rouge und hatten außerdem noch eine Kartonnagefabrik. Sie wäre ledig, hatte Louise gesagt, nach einer schweren Enttäuschung hätte sie sich von den Männern ferngehalten. Durch die Blume hatte sie angedeutet, dass jüngere und gleichaltrige Männer sie langweilten.
Ältere, reifere Männer mit Lebenserfahrung, vor allem wenn sie ehrlich zu ihr seien und einen guten Charakter hätten, würden ihr gefallen. Abrams hatte in seiner Arglosigkeit nicht kapiert, dass das genau auf ihn passte.
»Wovon?«, fragte er wieder.
»Weißt du das nicht?« seufzte Louise und sank ihm in die Arme.
Abrams umarmte sie. Sie trug ein schulterfreies, tief ausgeschnittenes Kleid. Rubinrot. Es betonte ihre Figur und die Wespentaille. Geschnürt war sie nicht. Abrams roch ihr Parfüm. Er spürte ihre Wärme und Nähe, die Verlockung des Weibes.
Ihre Lippen fanden sich. Louise presste sich an ihn.
»Bring mich in meine Kabine. Hier draußen ist mir zu kühl.«
Diesmal verabschiedete sich Abrams nicht an der Tür. Er setzte sich jedoch brav an den kleinen Tisch.
Eine Plattenspieldose stand in der Ecke auf einem niedrigen Aufsatz; ein solches Gerät war noch nicht lange im Handel. Der Federmotor musste aufgezogen werden. Das Gehäuse bestand aus Walnuss. Louises Kabine entsprach der Luxusklasse, ein Zeichen, dass sie wohlhabend war. Ein schmales Bett, das jetzt zugehängt war, bildete die Ausstattung, zusammen mit Teppichen und Daguerreotypien an den Wänden.
Eine Waschecke, sogar eine Toilette fand man hinter einer schmalen Tür. Abrams hatte ebenfalls eine solche Kabine; seine war größer. Das Bullauge stand offen. Die Kabine war zwölf Quadratmeter groß, alles auf engstem Raum, doch geschmackvoll eingerichtet.
Louise schenkte Abrams aus der Karaffe ein. Sie entzündete Räucherstäbchen und Kerzen und löschte die Petroleumlampe. Dann zog sie den Plattenspieler auf, der eine Viertelstunde Musik in passabler Klangqualität erzeugen konnte. Eine zarte Melodie erklang. Abrams war hin und weg.
Er fragte höflich, ob er die Jacke ausziehen dürfte, was ihm gestattet wurde. Das tat er, dann saß er wieder da, steif und mit dem Glas in der Hand. Louise stellte sich vor ihn. Einen solch schwer herumzukriegenden Tölpel hatte sie selten erlebt.
»Tanz mit mir«, hauchte sie.
Federleicht lag sie in seinen Armen. Er bewegte sich schwerfällig, doch ohne ihr auf die Füße zu treten.
»Du starker Mann«, hauchte Louise.
Sie presste sich mit dem Unterleib gegen ihn und spürte, dass er eine Erektion hatte. Sie rieb sich an ihm, bog den Kopf zurück. Endlich fielen bei ihm die Hemmungen. Ein Mann war er ja immerhin.