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Mit auf dem Rücken gefesselten Händen sitzt der zum Tode verurteilte Clay Morris auf seinem Pferd und lässt seinen Blick über die versammelte Menge gleiten. Viele sid gekommen, um an seiner Hinrichtung teilzunehmen. Doch in dem Moment, als der Sheriff das Urteil vollstrecken will, nähert sich in vollem Galopp eine Reiterin dem Galgenbaum und unterbricht die Amtshandlung mit den Worten: "Diese Hinrichtung findet nicht statt! Ich verlange, dass Sie Clay Morris freilassen! Sollten Sie sich weigern, muss ich Sie leider erschießen!"
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Seitenzahl: 135
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Auf der Flucht mit Nancy Fox
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Almazan/Bassols
Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-9257-9
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www.bastei.de
Auf der Flucht mit Nancy Fox
Mit auf dem Rücken gefesselten Händen sitzt der zum Tode verurteilte Clay Morris auf seinem Pferd und lässt seinen Blick über die versammelte Menge gleiten. Viele sind gekommen, um an seiner Hinrichtung teilzunehmen.
Doch in dem Moment, als der Sheriff das Urteil vollstrecken will, nähert sich in vollem Galopp eine Reiterin dem Galgenbaum und unterbricht die Amtshandlung mit den Worten: »Diese Hinrichtung findet nicht statt! Ich verlange, dass Sie Clay Morris freilassen! Sollten Sie sich weigern, muss ich Sie leider erschießen!«
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»Hast du einen letzten Wunsch, Morris?«, fragte Horace Brubaker, der Sheriff von Brightwater.
»Ich möchte noch etwas sagen«, antwortete Clay Morris. Mit auf den Rücken gefesselten Händen saß der zum Tod Verurteilte auf seinem Pferd und ließ seinen Blick jetzt über die versammelte Menge gleiten. Nicht nur Männer wollten an seiner Hinrichtung teilnehmen, sondern auch etliche Frauen. Letztere hatten alle blasse Gesichter, einige hatten sogar Tränen in den Augen.
»Nur zu!«, knurrte der bärbeißige Gesetzeshüter. »Sag, was du zu sagen hast!«
»All right!« Clay Morris nickte, wobei die um seinen Hals liegende Hanfschlinge unangenehm auf seiner Haut kratzte. Er wirkte sehr gefasst. Mit ruhig klingender Stimme sprach er in die gespannte Stille: »Ich möchte nicht von dieser Welt scheiden, ohne mit allen meinen Mitmenschen Frieden zu schließen. Vor allem möchte ich mich bei jenen Frauen bedanken, die so freundlich waren, mir ihre Gunst zu erweisen. Sie mögen mich nie vergessen.«
Seinen Worten folgte eine betretene, fast unheilvolle Stille. Alles erstarrte. Der Einschlag einer Bombe hätte keine stärkere Wirkung haben können als jene paar Worte aus dem Mund des Verurteilten.
Eine volle Minute lang hörte man nur nervöses Hüsteln und das Hufescharren des unruhig gewordenen Pferdes, auf dem der Delinquent saß.
Dann fragte Brubaker, indem er Morris scharf musterte: »Wer sind diese Frauen?«
Da begann der Verurteilte trotz der ernsten Situation, in der er sich befand, zu lächeln.
»Das werde ich Ihnen nicht verraten«, sagte er. »Der Kavalier genießt und schweigt.«
Sheriff Brubaker fluchte. Zwischen ihm und anderen Männern wurden fragende Blicke ausgetauscht. Einige hatten rote Gesichter bekommen, andere waren blass geworden. Offenbar fühlten sich einige Bürger betroffen.
»Er will es nicht sagen. Deshalb sollten wir die Hinrichtung verschieben, schätze ich«, sagte der schwergewichtige Cole Wardlow. Er war der Bürgermeister der kleinen Stadt. »Zwecks der Wahrheitsfindung, meine ich.«
»Das befürworte ich auch«, sagte ein anderer Bürger.
»Nein!«, rief ein Dritter. »Ich bin dafür, dass wir den Kerl unverzüglich aufhängen. Er will mit seiner infamen Behauptung, mit der er Frauen unserer Stadt der Untreue bezichtigt, doch nur einen Aufschub erreichen. Der Broncobuster muss baumeln – und zwar sofort! Lasst euch nur nicht bluffen von diesem Verleumder!«
»In Ordnung!« Brubakers hartes Gesicht bekam einen entschlossenen Zug. Energisch schob er des eckige Kinn nach vorn.
Doch in dem Moment, als er Morris’ Rehbraunen mit einem kräftigen Handschlag auf die rechte Hinterbacke antreiben wollte, näherte sich in vollem Galopp ein Reiter dem am östlichen Ortsrand aufragenden Galgenbaum – einer uralten Eiche mit knorrigen Ästen. Um den untersten Ast war das Lasso geschlungen, dessen Schlinge Clay Morris den Tod bringen sollte.
Jetzt aber kam dieser Reiter herangestürmt. Er war maskiert und hielt in der rechten Faust einen schussbereiten Colt, den er drohend auf die Anwesenden richtete. Mit der Linken führte er die Zügel seines Pintos.
»Halt!«, schrie er, während er wie ein Sturmwind heranjagte. »Wartet mit dem Hängen!«
Seine Stimme klang nicht besonders männlich. Er war wohl noch sehr jung und trug Cowboykleidung, die seine schlanke Gestalt umhüllte. Ein breitkrempiger Stetson beschattete sein Gesicht, das bis zu den Augen hinter einem roten Halstuch verborgen war.
Der Sheriff fluchte ärgerlich. Nur widerwillig ließ er seine zum Schlag erhobene Rechte sinken und blickte dem so unerwartet aufgetauchten Reiter mit zusammengekniffenen Augen entgegen, versuchte dabei zu erkennen, um wen es sich handelte. Der Fremde zügelte nun jäh das Pferd, das sich aufbäumte und mit den Hinterhufen gegen den Boden stemmte, sodass Sand und Erde in die Höhe wirbelten.
»He, was soll das?«, rief Brubaker ungehalten. »Warum stören Sie eine Amtshandlung?«
»Ich meine es ernst«, antwortete der Unbekannte. »Diese Hinrichtung findet nicht statt! Ich verlange, dass Sie Clay Morris unverzüglich freilassen! Sollten Sie sich weigern, muss ich Sie leider erschießen! Los, schnallen Sie Ihren Gürtel ab!«
Brubaker begriff, dass der Unbekannte nicht bluffte. Und da er nicht lebensmüde war, beschloss er, jetzt nicht den Helden zu spielen. Mit finsterer Miene befolgte er den erhaltenen Befehl. Er ließ den Waffengurt zu Boden fallen. Danach trieb er sein Pferd ein Stück zur Seite.
»Na schön«, brummte er. »Sie haben gewonnen. Aber was Sie jetzt machen, wird Ihnen noch leidtun.«
»Lassen Sie das meine Sorge sein, Sheriff«, versetzte der Maskierte. Mit einem Schenkeldruck trieb er seinen Pinto an den Galgenbaum heran, zog mit der Linken ein Messer aus dem Gürtel und durchtrennte, während er die Anwesenden mit dem Revolver in Schach hielt, mit einem einzigen scharfen Schnitt Clays Handfesseln.
Die Lassoschlinge konnte sich der Broncobuster nun selbst vom Hals nehmen. Mit einem Ausdruck grenzenloser Erleichterung im von der Sonne gebräunten Gesicht streifte er sie ab. Dann massierte er sekundenlang seine von der langen Fesselung fast taub gewordenen Handgelenke.
Obwohl einige der anwesenden Männer Waffen bei sich trugen, wagte es keiner von ihnen, danach zu greifen. Wie erstarrt verharrten sie und verfolgten den Ablauf des Geschehens.
Die weiblichen Zuschauer hatte eine seltsame Erregung erfasst. Sie beobachteten die Szene wie im Fieber.
»Und jetzt los, Mister!«, rief der Maskierte Clay zu. »Wer uns nachschießt, sei verdammt!«
Er wartete auf keine Antwort, sondern riss das Pferd am Zügel herum und trieb es mit einem scharfen Zuruf an.
Clay Morris folgte ihm auf seinem Rehbraunen, bearbeitete dessen Flanken mit den Stiefelabsätzen. Er tat es wie in Trance, denn er konnte noch nicht fassen, plötzlich wieder ein freier Mensch zu sein. Er musste sich auf die neue Situation erst einstellen.
Noch war er aber nicht in Sicherheit. Jeden Augenblick konnte ein Schuss fallen, konnte er von einer Kugel in den Rücken getroffen werden. Denn so einfach wollte man ihn sicher nicht entkommen lassen. Er rechnete regelrecht damit, aus dem Sattel geschossen zu werden.
Doch nichts dergleichen geschah. Niemand schien im Moment fähig zu sein, ihnen nachzuschießen. Das überraschende Handeln des Maskierten hatte eine Art Lähmung bei denen hervorgerufen, die unter der Galgeneiche zurückblieben.
Ungehindert jagten Clay und sein Befreier weiter und erreichten bald offenes Gelände. Der Maskierte, der vorausritt, schien den Fluchtweg genau geplant zu haben. Eine dichte Gebüschgruppe schob sich zwischen sie und die Zurückbleibenden und gab ihnen Deckung.
Als schließlich der erste Schuss krachte, hatten sie schon das Ufer des an der Stadt vorbeifließenden Creeks erreicht, und sie folgten ihm nun in scharfem Tempo flussaufwärts. Das ihnen nachgeschickte Blei blieb wirkungslos, es fetzte nur Zweige und Blätter von den Büschen.
☆
Als sie eine Meile zurückgelegt hatten, bog der Maskierte vom Weg ab und trieb seinen Pinto die Böschung zum Creek hinunter. Die Pferdehufe patschten im hoch aufspritzenden Wasser.
»Folge mir!«, rief er, nachdem er sich kurz nach seinem Begleiter umgesehen hatte. Dann zog er sein Pferd an den Zügeln herum und ritt im Bachbett in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren.
Clay Morris, noch immer ganz benommen von den sich überstürzenden Ereignissen, ritt dem Maskierten nach, ohne groß zu überlegen. Immer wieder musste er sich im Sattel ducken, um tiefhängendem Astwerk auszuweichen, das von den Uferbüschen in den Creek reichte und diesen beschattete.
Als sie fast eine halbe Meile im knietiefen Wasser zurückgeritten waren, lenkte der Unbekannte den Pinto auf eine mit hohen Weiden bewachsene Sandbank, die sich in der Flussmitte dahinzog. Clay folgte ihm und ging ebenfalls hinter dem Gebüsch in Deckung.
»Hier warten wir«, hörte er ihn wieder mit heller Stimme sagen. »Halte deinem Pferd die Nüstern zu, damit es nicht wiehert, wenn sie kommen!«
»In Ordnung.« Clay musterte seinen Retter forschend. »He, wer bist du?«
Doch er bekam keine Antwort. Locker im Sattel sitzend, spähte der Maskierte durch die Büsche zum Ufer hinüber, dem sie gefolgt waren. Das graugrüne Blattwerk verbarg die beiden Reiter völlig.
Da tauchten bereits die ersten Verfolger auf. Trommelnder Hufschlag kündigte sie an. Ihre genaue Zahl war aber nicht zu erkennen, denn das Ufergebüsch nahm die freie Sicht. Dem Hufschlag nach zu schließen, mussten es aber mindestens ein halbes Dutzend sein.
Clay und sein Befreier verhielten sich völlig still und warteten gespannt ab. Wenig später jagte der Trupp, ohne die beiden zu bemerken, über ihren Köpfen an ihnen vorbei und entfernte sich flussaufwärts. Eine wütend klingende Stimme, welche die Verfolger zu größerem Tempo antrieb, verlor sich wie der abklingende Hufschlag in der Ferne.
Zwei Nachzügler jagten noch vorbei, dann entfernte sich der Lärm und verebbte in nördlicher Richtung.
»Sie glauben wohl, dass wir in die Breaks wollen«, sagte der Maskierte mit sichtlicher Genugtuung. »Mit meinem Trick habe ich sie also täuschen können.«
Im nächsten Moment lüftete er sein Halstuch und zeigte nun sein Gesicht. Es war das Gesicht eines hübschen, etwa zwanzigjährigen Mädchens mit haselnussbraunen Augen und brünettem Haar. Sie kam Clay sofort bekannt vor.
»Du bist das?«, entfuhr es ihm überrascht.
»Ja, ich bin es«, antwortete seine Retterin und zeigte lachend ihre schneeweißen Zähne. »Es freut mich, dass ich dich vor dem Galgen bewahren konnte. Du hast doch nichts abgekriegt, als auf uns geschossen wurde?«
»Nein, ich bin zum Glück heil geblieben«, erwiderte Clay. »Eine Kugel ist allerdings ganz dicht an mir vorbeigeflogen. Ich habe noch jetzt das Pfeifen im Ohr. Du bist Nancy Fox, nicht wahr?«
»Erraten!« Sie lachte wieder. »Schön, dass du mich wiedererkennst. Es ist schon eine Weile her, dass wir uns das letzte Mal begegnet sind.«
»Stimmt. Damals hast du mir beim Tanzen – es war zu Thanksgiving – einen Korb gegeben. Warum hast du mich befreit?«
»Vielleicht gehöre ich zu denen, die nicht an deine Schuld glauben. Nein, du bist kein Mörder. Du hast es nicht nötig, einen Mann zu erschießen, ohne ihm eine Chance zur Verteidigung zu geben.«
»Es freut mich, dass du eine so gute Meinung von mir hast«, entgegnete Clay. »Ich habe Herb Rudleigh in Notwehr erschossen. Aber der Richter sah das leider anders.«
Erneut musterte er das Mädchen, ließ seinen Blick forschend über ihre schlanke, jedoch gut proportionierte Gestalt gleiten. Sie war so biegsam wie eine Gerte und wirkte kerngesund. Ihr reizvolles Gesicht besaß eine frische Farbe und strahlte eine innere Kraft und Lebensfreude aus. Zudem verriet es Übermut und einen Hang zum Leichtsinn.
Für Clay Morris war sie ein weibliches Wunderwerk, und er spürte sofort ihre erotische Ausstrahlung. Sicher konnte sie mit Leichtigkeit Männer um den Finger wickeln.
»Du bist meinetwegen ein großes Risiko eingegangen«, rügte er sie. »Warum nur? Kannst du mir das erklären?«
Nancy lächelte geheimnisvoll. »Vielleicht gibt es noch eine andere Erklärung als die, dass ich dich für unschuldig halte. Aber denke jetzt nicht darüber nach, sondern freue dich lieber, dass du noch am Leben bist.«
»Das tue ich doch. Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll. Ich stehe tief in deiner Schuld. Aber wie soll es jetzt weitergehen?«
»Wir reiten zu Old Tims Ranch«, antwortete Nancy mit Bestimmtheit. »Dort wirst du dich erst mal von dem ausgestandenen Schrecken erholen und dich ein wenig von mir verwöhnen lassen.«
Sie lächelte ihn bei ihren letzten Worten freizügig an. Ihre ausdrucksvollen Augen leuchteten dabei verheißungsvoll.
Sie verließen die Sandbank und kehrten auf ihren Pferden ans Ufer zurück. Dann ritten sie durch das hügelige Gelände nach Süden. Clay fragte sich, welche Überraschung seine Retterin wohl noch auf Lager hatte.
☆
Was Nancy als Ranch bezeichnet hatte, war ein armseliges Anwesen in einem verborgenen Hügeltal. Ihr Onkel hatte hier bis zu seinem Tod Maultiere gezüchtet, von denen jetzt aber nur noch wenige in einem verwitterten Stangenkorral standen.
Das kleine Wohnhaus sah verfallen aus, und auch alles Übrige war desolat. Es fehlten mehrere Dachschindeln, andere hingen lose herunter und auch ein Fenster war zerbrochen. Die Haustür hing schief in den Angeln, und auf dem von Unkraut überwucherten Hof lag allerlei rostiges Gerät herum.
»Kein erfreulicher Anblick, was?«, fragte Nancy, als sie vor dem Gebäude von den Pferden stiegen. »Zum Glück sieht es drinnen im Haus etwas besser aus, dafür habe ich gesorgt.«
Wortlos band Clay seinen Rehbraunen am Pferdebalken fest. Er ließ ihn absichtlich gesattelt, um im Falle einer Gefahr rasch fliehen zu können.
»Hier bist du sicher, denke ich«, sagte Nancy, die seine Bedenken zu erraten schien. »Jedenfalls für die nächste Zeit. Man wird dich nicht hier, sondern in den Breaks suchen.«
Mit den Breaks meinte sie eine trostlose Steinwüste im Norden des kargen Hügellandes. Wer sich dort versteckte, war nur schwer aufzufinden. Die Gegner glaubten wohl, dass auch Clay und seine Befreierin nun dort waren.
»Komm ins Haus!«, forderte sie ihn auf und trat vor ihm ein.
Im Inneren sah es tatsächlich besser aus. Man merkte sofort, dass hier ein weibliches Wesen für Ordnung und Sauberkeit sorgte. Die Einrichtung war zwar dürftig, aber zweckmäßig, und sie strahlte eine gemütliche Atmosphäre aus.
»Nimm Platz!«, sagte Nancy mit einer einladenden Handbewegung zum selbstgebauten Tisch hin. »Und mach es dir bequem. Ich werde uns etwas zu essen machen. Du hast doch Hunger?«
»Und ob!« Er setzte sich und streckte die langen Beine von sich. Er war ein großer Mann mit scharf geschnittenen Gesichtszügen, breiten Schultern und einer sehnigen Gestalt. Seine Nase war gerade, sein Blick war offen. Ein dunkler Schnurrbart zierte die Oberlippe und machte ihn etwas älter, als er wirklich war. Dreißig würde er erst in drei Jahren sein.
Nancy legte, bevor sie sich am Herd zu schaffen machte, erst ihre ziemlich weite Jacke ab, mit der sie die weiblichen Formen kaschiert hatte. Jetzt waren ihre gut entwickelten Brüste nicht mehr zu übersehen. Spitz und hart drückten sie gegen den Stoff ihrer Baumwollbluse und wippten bei jeder Bewegung ihrer Besitzerin leicht auf und ab.
Als Nancy auch ihren Hut abnahm, quoll eine Fülle matt glänzender Haare hervor, die ihr fächerförmig bis auf die Schultern fielen. Es war eine wahre Pracht, die sie nur mit Mühe hatte verbergen können.
»Auch Kaffee werde ich machen«, verkündete sie.
Clay schaute ihr zu, wie sie sechs Eier in eine Pfanne schlug und darin mit etwas Mehl verrührte. Jede ihrer Bewegungen war zielstrebig. Nancy wirkte sehr selbstsicher, und sie schien genau zu wissen, welchen Eindruck sie auf Männer machte. Ihr knackiges Hinterteil war eine Augenweide.
Sie saßen dann zusammen am Tisch und tranken schwarzen Kaffee. Und während sie es sich schmecken ließen, lächelte das Mädchen Clay immer wieder über den Tisch hinweg an.
Es war ein Lächeln, das ihn geradezu verzauberte. Alles kam ihm irgendwie unwirklich vor, nach dem, was er in den letzten Stunden und Tagen erlebt hatte.
»Ich werde mich jetzt umziehen«, sagte Nancy, als sie beide gesättigt waren. »Nimm doch inzwischen auf dem Sofa Platz.«
Es handelte sich um ein abgewetztes Büffelledermöbel, das gegenüber dem Eingang an der mit Jagdtrophäen geschmückten Wand stand. Clay ließ sich darauf nieder, während Nancy im angrenzenden Zimmer der zweiräumigen Hütte verschwand. Lächelnd zog sie die Tür hinter sich zu, ließ sie aber angelehnt.
Clay seufzte zufrieden und kämpfte gegen eine plötzliche Müdigkeit an. Nur schwer konnte er ein Gähnen unterdrücken. Aus begreiflichen Gründen hatte er letzte Nacht kaum geschlafen. Seine bevorstehende Hinrichtung vor Augen, hatte er einfach keine Ruhe finden können.
Doch es war alles anders gekommen. Er war noch am Leben, weil ein unerschrockenes Mädchen ihn vor dem Hängen gerettet hatte. Es war einfach unglaublich.
Schläfrig geworden, schloss er die Augen und ließ die Gedanken an sich vorüberziehen. Dabei wäre er beinahe eingeschlafen.
Da drangen leichte Schritte an sein Ohr, und eine vorwurfsvoll klingende Stimme sagte: »He, du wirst doch jetzt nicht pennen?«