Jack Slade 901 - Jack Slade - E-Book

Jack Slade 901 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Am 22. April 1889 wird das Oklahoma-Territorium zur Besiedelung freigegeben. Das große Rennen um Land und Macht beginnt. Jeder weiß: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
Redliche Farmer und gierige Spekulanten geben sich ein Stelldichein, und innerhalb von Sekunden können aus guten Freunden erbitterte Feinde werden ...

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Seitenzahl: 151

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Oklahoma Land Run

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Enric/Bassols

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9258-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Oklahoma Land Run

Am 22. April 1889 wird das Oklahoma-Territorium zur Besiedelung freigegeben. Das große Rennen um Land und Macht beginnt. Jeder weiß: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

Redliche Farmer und gierige Spekulanten geben sich ein Stelldichein, und innerhalb von Sekunden können aus guten Freunden erbitterte Feinde werden …

»Da reitet er, der Hurensohn, der verdammte Marshal«, knurrte John Silverhorn, der Bandit, und legte die Winchester an. »Soll ich ihn umlegen?«

»Was dachtest du denn, wozu wir hier sind?«, entgegnete Jim Cloud, sein Komplize. »Verpasse ihm eine, diesem Bastard! Dann sind wir ihn los und erhalten die Prämie.«

Silverhorn visierte den Marshal durchs Zielfernrohr an. Er und Cloud kauerten hinter einem Gebüsch am Cimarron River. Der US-Marshal ritt heran, stolz und hochgewachsen, ein Mann wie gemalt. Er hatte eine graue Jacke an, auf der sein Abzeichen blinkte.

Silverhorn ging an den Druckpunkt. Er sah die Brust und das Abzeichen des Marshals auf dem grauen Hengst übergroß. Das Letztere visierte er an. Fahr zur Hölle, du Bastard, dachte er.

Er hasste die Gesetzesvertreter allesamt. Er verdankte ihnen ein paar Jahre gesiebte Luft, und einmal war er nur knapp am Galgen vorbeigekommen.

Er sah das Abzeichen im Fadenkreuz seiner Weitschuss-Winchester. Genau in dem Moment, als er abdrückte, summte eine Fliege am Objektiv vorbei. Der Schuss krachte donnernd. Einen Moment fürchtete Silverhorn, vorbeigeschossen zu haben.

Aber der Marshal warf die Arme hoch und fiel mit einem gellenden Schrei, den man bis zu den beiden Killern im Busch hörte, aus dem Sattel. Er blieb reglos liegen.

»Den habe ich erwischt«, freute sich Silverhorn. »Dem hab ich’s gegeben. Komm, gehen wir hin und leeren ihm seine Taschen. Diese Marshals kriegen ein gutes Gehalt. Von dem, was er eingesteckt hat, gehe ich ins Bordell und leiste mir eine gute Mahlzeit und eine Pulle Whisky. Dir gebe ich etwas ab, Jimmie.«

»Wieso etwas ab?« Cloud regte sich auf. »Ich war mit dabei. Mir steht die Hälfte zu. Außerdem brauche ich neue Stiefel. Wenn seine mir passen, nehme ich sie.«

»Die Stiefel kannst du von mir aus haben. Aber ich habe den Hund erschossen. Deshalb gehört, was er bei sich trägt, mir. Es reicht, dass wir uns die Prämie teilen. Wobei ich auch davon mehr verlangen könnte.«

»Du kannst den Hals nie voll genug bekommen, John, und bescheißt deine Kameraden. Ein Kameradenschwein bist du, das sage ich dir.«

»Willst du mit mir Streit anfangen? Du weißt genau, dass ich mit dem Colt schneller bin und härtere Fäuste habe.«

»Davon bin ich nicht überzeugt.«

»Dann probiere es aus.«

Während sie so redeten, hatten sich die beiden Halunken dem im Gras auf dem Bauch Liegenden genähert. Sein Pferd stand ein Stück entfernt und schnaubte, um den Reiter zu warnen. Darauf war es dressiert, ob er es nun noch hörte oder nicht.

Silverhorn hatte durchgeladen. Er zielte mit der Winchester auf den Liegenden, obwohl er glaubte, es sei nicht mehr nötig. Cloud zog seinen Revolver. Er hielt ihn in der Rechten und wollte den Marshal mit dem Fuß umdrehen.

Das ging nicht. Der Mann war zu schwer. Cloud steckte den Colt weg und wollte den Marshal mit beiden Händen anpacken und umdrehen. Da brüllte dieser auf und drehte sich blitzartig um, den Revolver in der Faust. Er hatte sich schwer gemacht.

Er trat Cloud die Beine weg und schoss Silverhorn, der erschrak und einen Moment zu spät abdrückte, in die Schulter. Der bärtige Bandit schrie auf, ließ das Gewehr fallen und hielt sich die getroffene Schulter.

Cloud saß auf seinem Hinterteil und wollte den Colt ziehen. Zu spät. Schon stand der US-Marshal David Lee Kline auf den Beinen und zielte auf ihn.

»Wag es nicht, du Schuft, oder ich schieße dir den Kopf weg!«

Cloud hob die Arme.

»Nicht schießen, Marshal«, bettelte er jämmerlich. »Er hat geschossen, nicht ich.«

»Aber du warst dabei und bist mitschuldig. Hoch mit dir, Hände hoch! Alle zwei. Ihr seid festgenommen.«

Silverhorn sagte, dass er verletzt sei und seinen rechten Arm nicht heben könnte. Daraufhin ließ David Lee ihn mit links abschnallen und den linken Arm heben. Auch Cloud schnallte ab.

Er knirschte mit den Zähnen.

»Jetzt hast du schon ein Zielfernrohr und schießt noch immer vorbei«, giftete er. »Was bist du doch für eine Pfeife.«

»Das kann jedem passieren. In dem Moment, als ich abdrückte, ist eine Fliege vorn am Glas vorbeigesummt. Was kann ich denn dazu? Du hättest den Revolver in einer Hand behalten können, als du dich zu ihm bücktest.«

»Haltet das Maul, alle beide. Ich bringe euch zum Sammelpunkt. Spätestens wenn der Land Run vorbei ist, werdet ihr hängen.«

Die beiden Heckenschützen ließen die Köpfe hängen. Sie hofften gerade noch auf einen Deal, wenn sie ihren Auftraggeber verrieten. Aber auch das war ungewiss. Das Gesetz sah drastische Strafen vor. Die Frontier-Justiz war hart. Kurz darauf saßen sie entwaffnet im Sattel. Ihre Pferde hatten sie in der Nähe gehabt.

Der Marshal war unverletzt. David Lee wusste, dass er eine Menge Glück gehabt hatte. Das Schicksal hatte ihn noch einmal verschont. Beim nächsten Mal konnte es anders laufen. Immer nur Glück hatte keiner. Und er hatte einen gefährlichen Job.

Silverhorns Wunde war verbunden. Der Marshal und seine beiden Gefangenen ritten nach Westen, in Richtung Texas, der Grenze zu. Zu dem Sammelpunkt, an dem sich um die 50.000 Menschen drängten, unter Aufsicht der Armee. Man schrieb den 15. April 1889.

Am 22. April Punkt zwölf Uhr mittags sollte der Startschuss für die Landnahme der Hälfte des bisherigen Indianerterritoriums von Oklahoma fallen. Die Fünf Zivilisierten, wie die Stämme der Cherokee, Chickasaw, Choctaw, Creeks und Seminolen genannt wurden, hatten auf der Geheiß der US-Regierung das Gebiet räumen müssen, um es zur Besiedlung für die Weißen und Nicht-Indigene freizugeben. Auch für Bestrebungen, die sich schon lange angebahnt hatten.

Den Indianern würde der Rest des Landes genügen, meinten die Weißen. Jetzt ballte sich eine brodelnde Masse zusammen und wartete auf den Startschuss. Die Indianer waren abgezogen, das hatte die Armee mit Waffengewalt kontrolliert.

Nicht alle warteten auf den Startschuss. Etliche ganz Schlaue hatten sich schon vorher über die Demarkationslinie geschlichen und auf dem Oklahoma Territorium gutes Land abgesteckt. Landhaie, von denen Proud Dorson der größte und gierigste war, hatten die Finger im Spiel. Denn später würde das Land verkauft und gehandelt werden.

Es war einiges im Gang. US-Marshal David Lee Kline und seine sechs Deputy Marshals, ein Klacks bei der Menschenmenge und dem riesigen Gelände, waren beauftragt, das Gesetz durchzusetzen. Ein undankbarer, gefährlicher Job.

David Lee und seine Männer hatten alle Hände voll zu tun, um die vorzeitigen illegalen Landnahmen zu verhindern. Brandgefährlich war der Job obendrein. David Lee und die Deputys standen vor einer schier unlösbaren Aufgabe. Nicht jeder Sooner, wie man die vorzeitig Eingeschlichenen nannte, wollte gutwillig weichen oder zeigte sich einsichtig.

Es gab Debatten. Notfalls mussten die Sooner mit Waffengewalt zurückgebracht werden. In einem Fall, als einer gar nicht hatte weichen wollen – »Dann erschieß mich doch, Marshal!« –, hatte David Lee ihn zusammen mit einem Deputy fesseln und über die Grenze auf texanisches Gebiet zurückbringen müssen. Ihn und seinen Sohn.

Die Frau war jammernd zurückgeblieben. Die bereits abgesteckte Parzelle war damit hinfällig. Manche Sooner hatten sich bereits Grundstücke laut dem Heimstättengesetz abgesteckt.

Andere lauerten verborgen, um gleich vor Ort zu sein, wenn die Kanone in ein paar Tagen losdonnerte und der offizielle Land Run begann. Zwei Millionen Morgen wurden freigegeben, 8.094 Quadratkilometer.

Das Heimstättengesetz von 1862 berechtigte jeden erwachsenen Amerikaner, Grundstücke von bis zu 160 Morgen für sich in Besitz zu nehmen. Vorausgesetzt, er lebte auf dem Land und bewirtschaftete und verbesserte es. Dafür waren bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, wie die Errichtung eines Hauses und Ackerbau oder Viehzucht.

Am 22. April würde ein Riesenrun beginnen. Der Teufel war los, und er lauerte im Detail und in Gestalt von verschiedenen brutalen und unersättlichen Menschen.

Als Marshal Kline mit seinen beiden Gefangenen antrabte, sah er das große Lager schon aus der Entfernung. Zigtausend Menschen ballten sich zusammen. Der Hauptsammelpunkt – es gab noch ein paar kleinere versprengte Points – lag in der flachen Prärie an einem Seitenfluss des North Canadian.

Es war ein Gewirr von hastig aufgestellten Zelten und Baracken, die man verlassen würde, wenn der Startschuss fiel. Ungeheuer viele Wagen standen umher, vom kleinen Farmwagen bis zum Prärieschoner, der vorausreitenden Landnehmern später folgen sollte. Pferde- und Rinderherden tummelten sich auf der Weide. Auch Mulis. Ein Summen und Brummen lag in der Luft, der Geräuschpegel der vielen Menschen.

Es roch nach dem Rauch von Kochfeuern und nach Essen und Pferd und Schweiß. Auch nach den Latrinen, denn so viele Menschen erzeugten eine Menge Abfall und Müll und Dreck. Für die Entsorgung fühlte sich keiner zuständig. In ein paar Tagen war man sowieso weg, neuen Horizonten und einem anderen, hoffentlich besseren Leben entgegen.

Gescheiterte und verkrachte Existenzen gehörten genauso zu den Landnehmern wie biedere fleißige Farmer. Ein Texas-Rancher war mit einer tausendköpfigen Herde und einem Dutzend Cowboys da, um Land in Besitz zu nehmen. Hardeman Derek McCoy. Er meinte, jeder seiner Cowboys oder zumindest ein Teil davon könnte eine Heimstätte besetzen. Dann hätte man schon mal genug für eine Ranch unterer Mittelgröße, den Rest würde er sich dann schon besorgen.

McCoy war nicht wählerisch in seinen Mitteln.

Die Armee, welche die Aufsicht und den Grenzschutz innehatte, hatte ihre Zelte abseits des Sammelpunkts aufgeschlagen. Die Soldaten unter dem Kommando eines Colonels stolzierten umher. Speziell für den Sammelpunkt und die kleineren Points gab es einen Lagersheriff, Horace »Greener« Greely. Den Spitznamen hatte er von der Greener-Shotgun, die er immer bei sich trug.

Auch er hatte ein paar Deputys. David Lee und seine Deputy Marshals waren für das neu zu besiedelnde Gebiet zuständig, zumindest während des Land Runs. Alles rüstete sich.

Die Sooner, welche sich bereits jenseits der Demarkationsliste befanden, machten ein paar Prozent aus. Fünf bis maximal acht, wie David Lee schätzte. Eher weniger. Doch die machten ihm gerade genug zu schaffen.

Er ritt mit seinen Gefangenen durch das wüste Camp. Alles war wild durcheinander. Eine Unmenge Menschen aller Couleur. Man fand hier provisorische Saloons, ein Zelt- und ein Barackenbordell und ein paar Wagen, die von den Vertreterinnen des ältesten Gewerbes der Welt für ihre Zwecke benutzt wurden. Ferner Spielhöllen und ein paar Gambler und Diebe.

Nicht jeder hier war ein redlicher Farmer. David Lee wurde immer wieder gegrüßt an diesem Nachmittag. Die Sonne schien, Wolkenberge zogen am Himmel und ließen Lücken frei. Über allem lag eine summende Spannung.

David Lee hörte Orchestrion-Musik von Young Deirdre Youngs Zeltsaloon, in dem die Puppen tanzten und sich gegen Entgelt auf den Rücken legten. Nicht vor aller Augen. Das riesige Zelt, einem Festzelt ähnlich, war abgeteilt. Es hatte eine Bühne, eine Tanzdiele, einen Ausschank und eine Imbisstheke und einiges mehr.

David Lee kannte Deirdre Young schon lange und gut. Er war achtundzwanzig, sie ungefähr gleichaltrig. Er dunkelhaarig, hochgewachsen, schnauzbärtig, lachend und kühn. Sie um die dreißig, rothaarig, mit einer Bombenfigur, eine eiskalte Geschäftsfrau mit nur wenigen Schwachpunkten.

Einer davon war der Marshal, an dem hatte sie einen Narren gefressen. Später wollte ihr David Lee einen Besuch abstatten.

Er erwiderte die Grüße.

»Bist du angeln gewesen, Marshal?«, rief ihm ein Banjo spielender Ire zu und unterbrach sein Spiel. »Was für zwei böse Hechte hast du denn gefangen?«

»Das sind zwei miese Barsche«, rief David Lee zurück. »Die salzen wir ein.«

Gelächter antwortete. Der Ire spielte weiter. Die Stimmung war gut. Zu tun gab es am Sammelpunkt wenig. Die Menschen, denen Tag für Tag neue und weitere zuströmten, rüsteten sich für den großen Tag und den Startschuss.

Der Marshall ritt zum Office des Lagersheriffs. Er traf Greely selbst an. Greely hatte den Posten nur für ein paar stressige Wochen.

Er saß vor seinem Barackenoffice und erledigte Schreibarbeiten im Freien. Greely war ein etwas über mittelgroßer, früh ergrauter Mann. Schlank und so hart wie ein Kavalleriedegen. An seiner Kleidung hafteten kein Stäubchen und kein Fleck. Ein Mann von raschen Entschlüssen, die er kompromisslos durchsetzte, immer stramm im Sinn des Gesetzes.

Das war seine Art. Er stand auf, dabei hielt er sich kerzengerade, wie mit einem Gewehrlauf als Rückgrat.

»Hallo, David Lee«, grüßte er Kline. »Wen bringst du mir da?«

David Lee schilderte ihm, was geschehen war.

»Was soll ich mit den beiden? Mein Jail ist schon voll. Bring sie zum Colonel.«

»Die Armee nimmt keine Zivilgefangenen. Das ist ja das Problem. Du wirst dich der zwei annehmen müssen. Wenn du keinen Platz für sie hast, wirf andere raus. Oder grabe ein Erdloch und stecke sie rein.«

»Löcher lasse ich nicht graben. Ich werde eine Baracke räumen lassen, für meine Zwecke.«

»Das wird den Bewohnern nicht gefallen.«

»Das ist nicht mein Problem, was ihnen gefällt und was nicht. Ich bin der Sheriff, ich muss in diesem brodelnden Haufen für Recht und Ordnung sorgen. Sie werden schon einen anderen Platz finden. Wie heißen deine beiden Gefangenen?«

»Das haben sie mir nicht gesagt.«

»Wer ist ihr Auftraggeber?«

»Das wüsste ich auch gern. Ich bin ja nun einigen auf die Füße getreten; sie reichen vom Landhai Proud Dorson über den raubeinigen Rancher Hardeman McCoy, der meint, sich das halbe neue Territorium einsacken zu können, bis hin zu drei Dutzend uneinsichtigen Soonern, die frühzeitig über die Grenze gingen. Mein Leben verdanke ich einer Fliege, die zur für mich richtigen Zeit am Objektiv der Zielfernrohr-Winchester vorbeisummte, die hier an meinem Sattel hängt. Der Gent mit dem Loch in der Schulter hatte damit auf mich angelegt.«

Greely verzog keine Miene. Er lachte nie. Allenfalls verzog er mal die Mundwinkel, wenn andere sich vor Lachen ausschütten wollten.

»Lass mir die beiden hier. Ich werde schon herauskriegen, wer ihr Auftraggeber ist.«

»Wie?«, fragte David Lee.

»Ich habe meine Mittel und Wege. Reite weiter, David Lee. Für heute hast du genug getan. Eine Woche noch bis zum Startschuss, dann herrscht hier eine selige Ruhe. Ich wünschte, es wäre schon so weit.«

»Das wünschen wir alle. Ein neues Territorium wird erschlossen. Das ist ein historischer Augenblick.«

Einer von Greelys Deputys war hinzugetreten. Er hatte das gesagt.

David Lee neckte ihn: »Du solltest Zeitungsartikel schreiben. Den Stil dazu hast du. Neues Land, blühende Wiesen und Äcker, glückliche Menschen und was du alles so schwätzt.«

»Vielleicht tue ich das«, antwortete ihm der Deputy todernst. »Die Presse ist schon vor Ort. Der Land Run wird dokumentiert und fotografiert. Wir haben zwei Druckerpressen auf Wagen im Camp, dazu eine Menge Papier. Hier ist alles perfekt und wartet nur auf den Startschuss. Neue Städte werden aus dem Boden schießen – die Namen sind schon bekannt. Oklahoma City, Guthrie, Tulsa, Alva, Kingfisher. In ein paar Tagen kennst du die Gegend dort nicht wieder. Das ist schon alles geplant und vorbereitet.«

David Lee nickte. Auf dem Papier und in den Köpfen stand vieles fest. Rasantes Wachstum würde in den vorher bestimmten Zentren einsetzen. Der Run geplant, auch wenn er hektisch und heftig sein würde, fiebrig und rasant. Ein blindes Chaos, in dem sich niemand orientieren konnte, war es nicht. Schon seit Jahren, Jahrzehnten, gab es Bestrebungen, einen Großteil des bisherigen Indianerterritoriums in Besitz zu nehmen.

Jetzt war die Frucht reif und wurde gepflückt. Und auch die Pläne für die Landnahme und Besiedlung standen.

David Lee ritt davon, durch das weitläufige Camp. Er schaute sich alles an, wo er vorbeikam. Am North Canadian wurde Wäsche gewaschen und gebleicht. Damit waren Frauen beschäftigt. Vor einem Zeltsaloon würfelte man. David Lee sah Mexikaner, die Land in Besitz nehmen wollten, auch einige Schwarze und Mischlinge.

Sogar ein paar Chinesen waren im Camp. Ob sie nun Parzellen abstecken oder in den neuen Städten Geschäfte betreiben wollten, wusste der Marshal nicht. An einem Imbisstand aß er ein paar Pfannkuchen. Ein hübsches Girl backte und verkaufte sie. Sie war neu.

Eine Schwarze, die gut zwei Zentner wog, half ihr.

»Ich bin Lucy Evers«, sagte das Girl. »Ich will im neuen Territory ein Restaurant eröffnen. Dort wo sich Kojote und Antilope Gute Nacht sagten und grade mal ein paar Indianer umherstreiften, wird es bald Städte geben. Wir sind in einem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und das ist ein neuer Teil davon. Es muss nicht immer Tingeltangel sein, womit ein Girl Geld verdient.«

»Hast du keinen Mann?«, fragte David Lee.

»Was geht dich das an, Marshal? Und warum redest du mit mir, als hätten wir schon zusammen Kühe gehütet? Etwas Respekt bitte ich mir aus.«

Die Kleine gefiel David Lee. Mittelgroß, kess, mit großem Busen, blond, mit Stupsnase und nicht auf den Mund gefallen.

»Wozu soll ich denn einen Mann brauchen?«

»Ich wüsste schon was.«

»Werde nicht frech, Marshal. Auch wenn du einen Stern trägst. Damit solltest du anderen Vorbild sein und keine losen Reden führen. Ich bin ein anständiges Girl und eine selbständige Geschäftsfrau. Merke dir das.«

»Ich entschuldige mich in aller Form. Es tut mir leid. Sollten Sie Schwierigkeiten haben, Miss, wenden sie sich jederzeit an mich. Wenn der Land Run vorbei ist, geht es erst richtig los in dem neuen Territorium. Dann habe ich als State Marshal eine Menge zu tun. Das wird eine wilde Zeit.«

»Aber auch eine schöne. Etwas Neues entsteht. Die Geburt eines neuen Territoriums.«

»Geburten sind immer mit Wehen verbunden.«

»Sie müssen es wissen, Marshal. Bestimmt haben Sie viele gehabt.«

Was für ein Schandmaul, dachte der Marshal. Die Kleine, sie konnte kaum zwanzig sein, gefiel ihm immer besser. Allerdings amüsierte sie ihn mehr, als dass er sie begehrt hätte. Er grinste.

»Schon gut. Geben Sie mir noch einen Pfannkuchen. Mit Preiselbeeren.«

Er erhielt ihn, zwinkerte Lucy zu und aß. Sie wurde rot. Offenbar gefiel ihr der stattliche Marshal.

Sie wendete sich rasch ab und hantierte am Herd.