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Der Bandolero El Águila, Schrecken ganzer Landstriche, raubt die schöne Georgia. Ihr Vater Big John Tanner und ihr Verlobter Mitch Donnerty führen ein Himmelfahrtskommando, um das Mädchen zu befreien. Doch es ist nichts so, wie es scheint. Die schöne Georgia hat den Teufel im Leib ...
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Seitenzahl: 149
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Die Wildeste unter Tausend
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Benavente
Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-9637-9
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Die Wildeste unter Tausend
Der Bandolero El Águila, Schrecken ganzer Landstriche, raubt die schöne Georgia. Ihr Vater Big John Tanner und ihr Verlobter Mitch Donnerty führen ein Himmelfahrtskommando, um das Mädchen zu befreien. Dabei merken sie zu spät, dass nichts so ist, wie es scheint. Die schöne Georgia hat den Teufel im Leib …
Schüsse. Schreie.
»Die Herde geht durch!«
Mitchell Donnerty wurde jäh aus seinen schönsten Minuten und seiner Lieblingstätigkeit gerissen. Der junge Rancher hatte lange mit Georgia bei den Cowboys am Campfeuer gesessen, dem Gitarrenspiel von Sweeney Cubbs und dessen schwermütigen Weisen zugehört und sich unterhalten. Dann hatten sie die nötige Bettschwere gehabt, und Mitch war etwas abseits von der Bränder-Crew mit Georgia unter die Decke gekrochen.
Sie war seine Verlobte, und sie waren heiß aufeinander. Den Tag zu beenden, ohne Sex gehabt zu haben, war für sie undenkbar. Damit es nicht auffiel, hatte Mitch sich hinter die blonde, blauäugige Georgia gelegt. Sie sah aus wie die personifizierte Unschuld. Manchmal wirkte sie sogar naiv, was ihr nicht jeder abkaufte.
Mitch, dunkelhaarig, mit dunklen Augen und athletisch-schlank, ein strammer Mann und ein schmuckes Mannsbild, hatte an ihr herumgefummelt, um sie geil zu machen, und als sie den Po an ihn presste, seinen steifen Lustspeer in ihre Pussy gesteckt.
Er bewegte sich langsam, zögerte den Orgasmus hinaus. Dann heftiger. Er drückte Georgias Brüste und spürte, wie ihre Vagina seinen Hammer fest umschloss.
Gerade wollte er kommen, da brach die Hölle los. Ein Longhornstier rannte aufgescheucht durch das niedergebrannte Lagerfeuer. Nach allen Seiten stoben die Funken und flogen brennende Holzstücke.
»Arriba! Gebt es den Hunden!«, ertönte es auf Mexikanisch.
Hufe donnerten. Mitch Donnerty, noch mit hartem, feuchtem Penis und in Gedanken bis kurz zuvor ganz woanders gewesen, schnappte sich seine Winchester. Er hatte sein Glied aus Georgia herausgerissen und spähte in die dunkle Nacht von Südtexas.
Wenige Sterne leuchteten. Ein Dunstschleier lag über dem Camp von sechs Mann, die Jährlinge und Mavericks brandmarken sollten. Mitch und Georgia waren die Nummern Sieben und Acht in der Crew auf der Westweide der Nueces Ranch.
Reiter galoppierten umher. Mitch hörte die Stimme des Vormanns.
»Wir werden überfallen! Bandoleros, Banditen! Geht in Deckung. Verdammt, was ist mit der Herdenwache? Schlafen die beiden? He, Jungs, wo seid ihr?«
»Die Wachen sind tot!«, rief eine Stimme mit mexikanischem Akzent. »Rührt euch nicht, ihr Hunde, oder wir machen euch alle!«
Der Vormann der Crew fluchte, während die Viehdiebe die mehrhundertköpfige Herde davontrieben. Der Vormann wusste nicht, was er tun sollte. Weder kannte er die Anzahl der Gegner, noch wusste er genau, wo sie waren.
Mitch übernahm das Kommando.
»Alles hört auf mein Kommando! Zu mir, Jungs, zu mir! Aber haltet die Köpfe unten.«
Der Stier, der durch das Feuer gerannt war, raste davon. Die Rinder brüllten, Hufe trommelten. Der Boden zitterte, als die Herde durchging, zielgerecht in Stampede versetzt und davongetrieben. Der Vormann und drei Cowboys hasteten geduckt zu Mitch Donnerty.
Georgia Tanner raffte eine Decke um ihre Schultern und verhüllte ihre Klassefigur. Mitch fuhr in Hose und Stiefel.
»Sie stehlen die Rinder meines Vaters!«, rief Georgia. »Greift die Banditen an. Verfluchte Mexikaner, sie dürfen uns nicht entkommen.«
Mitch sammelte die Männer. Sie unterwarfen sich seinem Kommando, obwohl es nicht seine Brändercrew war und er mit Georgia auf ihre Einladung hin nur auf Besuch zum Camp geritten war. Pferde rannten wiehernd davon. Die Remuda war aufgelöst, von den Mexikanern weggetrieben.
Wie konnte das nur passieren?, fragte sich Mitch. Doch es war sinnlos, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Das kostete nur Zeit.
Er teilte die Cowboys ein. Georgia befahl er, an Ort und Stelle zu bleiben.
»Du gehst da rüber und versteckst dich im Busch bei dem Felsen. Da hast du meinen Colt.«
»Ich habe selbst einen.«
»Auch gut.« Die Winchester hätte Mitch sonst genügt. »Wenn dir einer von den Mexen zu nahe kommt, erschieß ihn. Wir werden sehen, was wir tun können.«
»Das wird verdammt schwierig ohne Pferde«, wendete einer der Cowboys ein. »Die Mexikaner haben uns kalt erwischt.«
Schon entfernten sich die Viehdiebe mit der Herde.
»Dann fangt Pferde ein!«, kommandierte Mitch. »Reitet ungesattelt, wenn es sein muss. Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
»Meinst du, dass es eine gute Idee ist, zu fünft hinter den Viehdieben herzureiten?«, fragte der Vormann. »Wenn sie schlau sind, lassen sie ein paar Männer zurück, um ihren Rückzug zu decken. Denen reiten wir genau vor die Flinte.«
»Weißt du was Besseres, verdammt? Wir können sie nicht einfach mit der Herde davonkommen lassen. Das sind Big John Tanners Rinder, und ich bin sein zukünftiger Schwiegersohn. Los geht’s. Fangt Pferde ein, und dann hinterher! Wir sind Texaner, und ein Tejano wiegt fünf Mexikaner auf.«
»Ist das so?«, fragte der Vormann gallig. »Okay, hinterher.«
Georgia wollte nicht zurückbleiben.
»Ich kann reiten und schießen!«, begehrte sie auf. »Ich will mitkommen.«
»Nein.« Ihr Verlobter verwehrte es ihr. »Es ist zu gefährlich. Dein Vater reißt mir den Kopf ab, wenn dich eine Kugel trifft. Zieh dich an, geh hinüber zum Felsen. Sofort.«
»Du hast mir gar nichts zu sagen!«, fauchte ihn Georgia an.
Ihre blauen Augen funkelten. Mitch kannte ihren Sturkopf und ihre Launen. Georgia war ein Sexkätzchen, aber eins mit Krallen. Die einzige und verwöhnte Tochter des Großranchers Big John Tanner, die meinte, sie könnte sich alles erlauben.
Er musste es anders versuchen. Der hochgewachsene junge Rancher zog seine Verlobte an sich und drückte sie. Er blickte ihr in die Augen.
»Georgia, Darling, bitte! Nimm doch Vernunft an. Die Bandoleros sichern sich vielleicht ab und lassen eine Nachhut zurück. Wir sind raue Männer, wir kennen die Gefahr.«
»Kenne ich sie nicht? Bin ich dumm oder ein Kind?«
»Nein, Darling, nein. Doch wenn du mitreitest, tun wir alles, um dich zu beschützen. Das hält uns auf, macht uns schwach. Am besten hilfst du uns, wenn du hier in Sicherheit bleibst. Entscheide dich. Die Cowboys rennen schon, um Pferde einzufangen. Die Viehdiebe haben einen Vorsprung. Er vergrößert sich ständig. Die Verfolgung ist Männersache. Ich bitte dich, bleib.«
Zart und flüchtig küsste er Georgia.
»Das hört sich schon besser an. Okay, ich bin einverstanden. Jetzt spute dich, die Bandoleros warten nicht.«
Mitch fürchtete, dass einige von ihnen genau das taten und im Hinterhalt lagen.
»Zeigt es ihnen. Und pass auf dich auf, Mitch. In Kürze wollen wir Hochzeit halten.«
»Das werden wir. Keine Sorge.«
Trotz aller Eile und Gefahr umarmte Mitch Georgia. Sie waren ein Liebespaar. Er griff unter der sie umhüllenden Decke an ihren strammen Po und mit der anderen Hand zwischen ihre Beine. An die Stelle, die ihn am meisten faszinierte. Georgia kicherte.
»Denkst du immer nur an das eine?« Sie fasste ihn an die Hoden. Nur kurz. »Reite, Cowboy! Beeil dich. Sei auf der Hut.«
Rasch zog sich Mitch an, während Georgia splitternackt – die Decke hatten sie fallen gelassen – mit ihren Kleidern unter dem Arm und dem Colt in der Hand hinüber zum Felsen ging. Die andern waren schon fort. Undeutlich sah Mitch in der Dunkelheit ihren schwingenden Po. Er riss seinen Blick los, schnappte sich seinen Sattel und den Revolvergurt und lief zu der Stelle, wo die Cowboys bereits vier Pferde eingefangen hatten.
Er hatte nun anderes im Sinn als Sex. So reizvoll das mit Georgia auch war.
☆
Kurz darauf ritten die Cowboys aus dem Camp. Sie fanden nur einen der beiden getöteten Herdenwächter, einen dunklen, verkrümmten Schatten, von Rinderhufen zudem noch in den Boden gestampft.
Kurz hielten die vier Reiter mit dem Vormann an der Spitze bei der Leiche an. Sie schauten auf sie nieder. Wacky Kid, das Verrückte Kid, der Jüngste der Mannschaft, wollte absitzen und den Toten untersuchen.
»Bleib im Sattel«, herrschte ihn Sean Bastert an, der Vormann.
Bastert schrieb sich und klang sehr ähnlich wie Bastard, obwohl der Vormann seinen Nachnamen immer betont und artikuliert aussprach. Der Name hatte ihm schon viel Ärger bereitet.
»Sam ist tot. Was spielt das für eine Rolle, ob er erschossen, erschlagen oder mit einem Wurfmesser erledigt wurde? Wir müssen der Herde folgen.«
Sie ritten weiter. Mitch Donnerty holte auf. Er hatte sich die Zeit gelassen, das von ihm eingefangene Pferd sorgfältig zu satteln. Von den vier Reitern vor ihm saßen zwei auf ungesattelten Pferden. Eine Weile konnte das jeder Cowboy. Doch bei längeren Ritten und schwierigen Reitmanövern war es kritisch.
Weit vor sich sahen die dahinpreschenden Reiter undeutlich als dunkle Masse die Herde. Und im spärlichen Mond- und Sternenlicht, das durch die Wolken sickerte, auch deren Treiber.
Reiter mit großen Hüten, breitrandigen und spitzkronigen Sombreros. Es mussten mindestens ein halbes Dutzend sein.
»Das sind sie, die Greaser!«, rief Sean Bastert. »Gebt es ihnen, wir erledigen sie! Das sind wir Roy und Sam schuldig.«
»Langsam, Vormann!«, rief Mitch, der herangaloppiert war. »Es könnte ein Hinterhalt sein. So einfach werden sich die Bandoleros nicht fassen lassen.«
»Ach was! Haltet die Waffen bereit. Wenn sich ein Mex zeigt, schießt oder reitet ihn über den Haufen. Sie trauen uns nicht zu, dass wir sie verfolgen.«
»Vorhin hast du es anders gesehen.«
»Jetzt sehe ich es so. Sie wollen fort, zum Rio Bravo. Es sind nur eine Handvoll. Schau nur, wie rasend schnell sie die Herde treiben.«
Die fünf Mann hielten an.
»Nein!«, rief Mitch. »Das ist mir verdächtig. Wir schlagen einen Bogen und folgen in einigem Abstand. Das ist sicherer. Erst bei Tageslicht greifen wir an. Dann haben wir gute Sicht.«
»Bist du verrückt? Keinen Mumm, keinen Schneid. Los, vorwärts, Männer. Wir packen sie, so schnell es geht, und holen uns die Rinder zurück. Sonst erhalten die Banditen am Ende noch Verstärkung.«
»Ich verbiete es. Ich bin Big Johns zukünftiger Schwiegersohn.«
»Und ich bin sein jetziger Vormann. Ich führe das Kommando über die Mannschaft. Nur weil du Georgias Stecher … ähm, Verlobter bist, hast du hier noch lange nichts zu befehlen.«
Mitch wusste, dass der stattliche Vormann, der Hufeisen mit den bloßen Händen verbiegen konnte, selbst ein Auge auf die schöne Georgia Tanner geworfen hatte. Und dass er es ihm neidete, sie für sich gewonnen zu haben.
»Bastert, ich warne dich dringend.«
»Wie hast du mich genannt? Bastard? Du eingebildeter Affe.«
Mitch beherrschte sich mühsam. Er war sich nicht bewusst, den Nachnamen des Vormanns absichtlich falsch ausgesprochen zu haben.
»Wir wollen uns jetzt nicht streiten und dabei auch noch Zeit verlieren«, wiegelte er ab. »Ich warne dringend davor, spornstreichs weiterzureiten. Das halte ich für einen schweren Fehler.«
»Leck mich! Mir nach, Männer!«
Und schon ritten der Vormann und die drei NR-Reiter – Nueces Ranch Cowboys – hinter der Herde her. Ein paar Meilen hatten sie sie schon verfolgt. Mitch folgte ihnen zähneknirschend, die Winchester in der Hand. Er war das Pferd nicht gewöhnt, auf dem er saß. Doch er konnte jedes Pferd reiten.
Bastert und die anderen waren vor ihm. Sie holten zur Herde auf. Da knallte es von rechts und links aus den Adobesträuchern und hinter einem niedrigen breitästigen Baum. Zwei, drei Reiter stürzten vom Pferd. Sean Bastert war einer von ihnen.
Der vierte Cowboy ließ sich aus dem Sattel fallen. Mitch sah an der Art, wie er wegkippte, dass er nicht getroffen war. Der junge Rancher – er hatte eine eigene Ranch – zügelte sein Pferd. Er saß ab, gerade noch rechtzeitig. Kugeln pfiffen über den leeren Sattel weg. Wieder blitzte und krachte es.
Mitchs Pferd ging durch. Mit Winchester und Colt bewaffnet, huschte er geduckt voran und suchte im Schatten Deckung. Er feuerte dorthin, wo er Mündungsfeuer gesehen hatte. Ein Aufschrei ertönte.
Mitch wechselte sofort die Stellung. Nun wurde hin und her geschossen. Mitch und der NR-Cowboy, der sich zuvor aus dem Sattel geschmissen hatte, wechselten Kugeln mit den Mexikanern. Wie viele im Hinterhalt lagen, wussten die beiden nicht.
Auch die Bandoleros wechselten die Stellung. Während die Herde sich weiter entfernte, dauerte die Schießerei ein. Seit Mitch seinen Treffer erzielt hatte, war niemand mehr getroffen worden.
Nun mischte sich in der Nacht ein weiterer Schütze auf der Seite Mitchs und des NR-Cowboys ein. Am Klang erkannte Mitch Sean Basterts Gewehr. Der Vormann hatte sich, im Gegensatz zu seiner vorherigen Unbesonnenheit, an die im Hinterhalt liegenden Bandoleros herangepirscht.
Zwei Schreie erklangen. Ob beides Todesschreie waren, konnte Mitch nicht feststellen.
Doch er hörte den grimmigen Ausruf des Vormanns, den der säuselnde Nachtwind herantrug.
»Ha, du Hund! Dich kriege ich auch noch.«
Das misslang. Hufschlag ertönte; der letzte im Hinterhalt liegende Bandolero preschte davon und folgte seinen Kameraden und der Bande. Als klar war, dass niemand mehr lauerte, trafen sich Mitch, der Vormann und Wacky Kid. Letzterer hinkte, er hatte sich leicht verletzt, als er sich vom Pferd warf.
Die drei Männer hielten die Waffen schussbereit.
»Ich dachte, du wärst aus dem Sattel geschossen worden,«, sagte Mitch zu dem Vormann.
»Nein. Bin runtergeflogen, als ich den Gaul herumriss. Ich hatte zu schnell gesattelt.«
Der Sattelgurt hatte nachgegeben. Er war nicht fest genug angezogen gewesen. Der Dorn der Schnalle rutschte aus dem Loch im Gurt. Bastert hatte Glück gehabt, sonst wäre er nämlich getroffen worden. Mitch sagte ihm das.
Bastert war es peinlich, dass er als Vormann und als Reiter versagt hatte. Er kaute an seinem Grimm und seiner Verlegenheit.
»Was machen wir jetzt?«
Handzahm stellte er Mitch diese Frage, nachdem er ihm vorher jedes Recht zum Kommando untersagt und nicht auf ihn gehört hatte.
»Nach den zwei Gefallenen schauen.«
Sie fanden die beiden Cowboys, den einen mit einem Loch in der Stirn, den anderen mit zwei Kugeln in der Brust. Tot.
Erschüttert ritten die drei Männer zum Camp zurück. Ihre Pferde hatten sie diesmal nicht verloren. Zwei waren weggelaufen, während Mitchs Brauner an Ort und Stelle blieb. Das Pferd des Vormanns kam zurück, als er nach ihm pfiff und rief. Wacky Kids ebenfalls. Mitch fand zudem zwei Bandoleropferde.
Über deren Rücken legten sie die beiden toten Mannschaftskameraden. Wacky Kid führte die Pferde mit ihrer traurigen Last am Zügel. Zwei Pferde hatten sie gewonnen – ein schlechter Ersatz für die verlorene Herde, vier Tote und die entflohenen Remudapferde der Cowboys.
Ein sehr schlechter Ersatz. Mitch hatte ein mulmiges Gefühl im Magen. Er fragte sich, was er Georgia Tanner sagen sollte, wenn er ihr wieder unter die Augen trat. Und vor allem Big John, der für Versager nichts übrig hatte und Fehler selten verzieh.
Allenfalls einmal konnte man sich bei ihm einen einzelnen Ausrutscher erlauben. Dann war man erledigt.
Die Männer passten auf, während sie zurückritten. Der Schreck war ihnen in die Glieder gefahren. Sie schauten immer wieder zurück und in die Umgebung, ob ihnen nicht noch irgendwelche Bandoleros folgten.
Das war nicht der Fall. Sie erreichten das Camp. Ein paar zurückgekehrte Pferde liefen dort umher. Ein verirrter Longhornstier, den die Herde verloren hatte, brüllte.
Mitch rief nach Georgia. Als sie nicht antwortete, schaute er sich um. Wachsende Panik ergriff ihn und die beiden anderen. Sie suchten alles ab, sie riefen, sie pfiffen. Doch Georgia meldete sich nicht und war nirgends zu finden.
»Wo kann sie nur sein?«, fragte Mitch. Ratlos schauten die drei sich an. »Es wird ihr doch nichts passiert sein?«
Sean Bastert brummelte und kaute an dem Satz herum, den er sich nicht auszusprechen getraute. Mitch wurde es zu bunt.
»Sag es, Vormann. Druckse nicht herum. Was denkst du?«
»Ich denke … ich fürchte, es ist dasselbe, was du auch denkst, Mitch.«
»Yeah. Georgia wurde entführt. Die Bandoleros haben sie geholt. Der Raub der Herde von ein paar hundert Rindern war ein Ablenkungsmanöver und ein Zusatzgeschäft. Der Überfall galt in erster Linie Georgia.«
Eine Weile schwiegen sie. Der Halbmond trat zwischen den düsteren Wolken hervor und goss bleiches Licht über die trostlose Szene. Wacky Kid schwieg. Er war der Jüngste der Mannschaft, und er wusste, wann er den Mund zu halten hatte.
»Yeah«, knurrte der Vormann. »Danach sieht es aus. Doch woher wussten die Bastarde, dass Georgia mit dir auf der Weide ist, Cimarron-Rancher?«
Damit war Mitch gemeint.
»Es muss ihnen jemand verraten haben«, platzte Wacky Kid heraus. »Dann wäre das …«
»Ein Rachefeldzug gegen Big John Tanner, der mit harter Hand das Gebiet an der Grenze unter Kontrolle hält und schon mehr als einen Viehdieb und Bandolero aufhängen ließ.«
Sean Bastert und Wacky Kid schauten Mitch Donnerty an, der das gesagt hatte.
»Wenn es so ist …« Bastert kaute an seinem Schnauzbart, ehe er weitersprach. »… dann ist ein großer Hai über die Grenze gekommen. Mit Big John wagt sich sonst keiner anzulegen. Wer mag das wohl sein? Big John hat sich im Lauf der Jahre viele Feinde gemacht. Letztes Jahr ließ er Amadeo Aguilar aufhängen. Den kleinen Bruder von Tomaso Aguilar, den sie in Anlehnung seines Namens El Águila – den Adler – nennen. El Águilas kleiner Bruder hatte Big John Vieh gestohlen. Er drohte ihm die Rache seines großen Bruders an, als er gefasst wurde und den Strick schon um den Hals hatte. Ich war dabei.«
Nach einem Moment fuhr er fort: »Big John lachte ihn aus und zog ihm mit der Peitsche eins über. >Damit du weißt, was ich von deiner Drohung halte.< Dann schlug Ron Kehoy dem Pferd auf die Kruppe, und es lief los. Das Genick des kleinen Adlers brach nicht sofort. Er zappelte sich an dem Strick zu Tode.«
Bastert ereiferte sich.
»Blaurot wurde sein Gesicht, die Zunge kam ihm heraus, die Augen quollen vor. Ich bin wirklich nicht zimperlich, doch so sollte keiner sterben. Amadeo nässte sich im Todeskampf die Hose und bekotete sich. Es war – einfach scheußlich. Sicher hat El Águila erfahren, wie sein kleiner Bruder starb. Diese Mexikaner haben es sehr mit der Familienzugehörigkeit und –ehre. Ich fürchte, El Águila hat sich Georgia geholt, um Rache zu nehmen. Damit trifft er Big John an seiner empfindlichsten Stelle. Georgia ist sein einziges Kind. Er liebt sie über alles.«