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Ausgerechnet während der langen Wochen, die er selbst als Patient im Sanatorium verbringen musste, hat Doc Holliday eins gelernt: das Pokern. Im Kartenspiel ist er noch hundertmal besser, als er es als Zahnarzt jemals war. Und so beschließt er, nach seiner Genesung weiter als Spieler umherziehen und sein zweites Leben zu genießen. Es lockt ihn das Abenteuer!
In Denver findet er alles, was er braucht: schöne Frauen und Pokerpartien ohne Limit. Sofort steht er im Mittelpunkt des Geschehens. Nur dem Big Boss und Townhai Hawke ist der Doc ein Dorn im Auge. Männer, die niemals verlieren, kann er hier nicht brauchen!
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Seitenzahl: 155
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Poker mit zwei Colts
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Bosch Penalva / Bassols
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9641-6
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Poker mit zwei Colts
Ausgerechnet während der langen Wochen, die er selbst als Patient im Sanatorium verbringen musste, hat Doc Holliday eins gelernt: das Pokern. Im Kartenspiel ist er noch hundertmal besser, als er es als Zahnarzt jemals war. Und so beschließt er, nach seiner Genesung weiter als Spieler umherziehen und sein zweites Leben zu genießen. Es lockt ihn das Abenteuer!
In Denver findet er alles, was er braucht: schöne Frauen und Pokerpartien ohne Limit. Sofort steht er im Mittelpunkt des Geschehens. Nur dem Big Boss und Townhai Hawke ist der Doc ein Dorn im Auge. Männer, die niemals verlieren, kann er hier nicht brauchen!
»Sie sind gesund, Mr. Holliday. Herzlichen Glückwunsch. Sie können entlassen werden.«
John Henry Holliday, zu dem Zeitpunkt erst fünfundzwanzig Jahre alt, ein approbierter Zahnarzt, konnte es nicht fassen. Er erkundigte sich bei dem Chefarzt des Tuberkulose-Sanatoriums in Tucson, Arizona, ob das auch wirklich stimmte.
Dr. Chester H. Wyman versicherte es dem hochgewachsenen, hageren, dunkelhaarigen jungen Mann. Wyman war backenbärtig, glatzköpfig, untersetzt und mittleren Alters. Er trug einen weißen Kittel, hatte ein Stethoskop umhängen und zeigte meist einen traurigen Dackelblick. Der rührte daher, dass er schon viel Not, Tod und Elend gesehen hatte, und dass die meisten Patienten, die zu ihm kamen, starben.
Den traurigen Blick wurde er jetzt nicht los.
»Ich bin mir sicher, Doc. Wenn Sie es wünschen, kann ich Sie noch einmal abhören. Aber die Untersuchungsergebnisse sind eindeutig. Ihre Tuberkulose ist ausgeheilt.«
Doc Holliday trieb es die Tränen in die Augen. Er fühlte sich um vieles stärker, zum Bäume ausreißen. Dem Tod von der Schippe gesprungen. Er konnte weggehen von dem Ort, wo die Hoffnung ein äußerst seltener Artikel war und wo ausgezehrte Gestalten sich dem Tod entgegenhusteten und Blut und Lungengewebsstücke spuckten.
Während Dr. Wyman ihm noch medizinische Erklärungen gab, überdachte Holliday kurz sein Leben. Am 14. August 1852 in Griffin in Georgia geboren, hatte er das Philadelphia College of Dental Surgery in der gleichnamigen Stadt besucht. Er war hochintelligent, fleißig und strebsam. Am 8. März 1872, mit nicht einmal einundzwanzig Jahren, hatte er den Doktortitel auf dem Gebiet der Zahnheilkunde erworben.
Als Bester seines Jahrgangs. Man sagte ihm eine glänzende Karriere voraus. In Atlanta eröffnete er eine Zahnarztpraxis, die gleich glänzend lief. Ein älterer Kollege, der sich zur Ruhe setzte, hatte ihm seine Praxisräume und die Einrichtung überlassen. Holliday sollte sie abbezahlen, was er für eine leichte Aufgabe hielt.
Er war ein strahlender, glänzender junger Mann, galt als ein begehrter Junggeselle und in den ersten Kreisen von Atlanta als gute Partie. Er meinte, sein Baum würde in den Himmel wachsen, und die Welt läge ihm zu Füßen. Dann kam der Hammer. Bei ihm wurde TB festgestellt – Husten mit Auswurf und Nachtschweiß hatte er schon eine Weile gehabt, doch die Anzeichen verdrängt.
Absichtlich ignoriert. Seine Mutter war an TB gestorben, als er 15 Jahre alt gewesen war. Ihn graute davor, dasselbe Schicksal zu erleiden. Das Hinsiechen der Mutter hatte sich dem heranwachsenden Jungen tief eingeprägt.
Als er sein Leiden nicht mehr ignorieren konnte, ließ er sich untersuchen und gewann Klarheit. Er stürzte in einen tiefen Abgrund. Mit einem Schlag war alles weg, was er erstrebt hatte, hinfällig, ausgelöscht. Er sah den Tod vor Augen, was freilich jahrelang, viele Jahre noch dauern konnte.
Leidend, mal besser, mal schlechter. John Henry Holliday gab seine Praxis auf, löste seine Verlobung mit einer Südstaatenschönen aus bester Familie und ging in den Westen. Er wurde zum Spieler, trank viel – volltrunken wurde er allerdings nie –, trieb sich in Saloons und Spielhöllen herum, auch auf den prächtigen Mississippi-Dampfern, und lebte vom Glücksspiel.
Mal war er oben, gewann eine Menge Geld, lebte aus dem Vollen, mal war er knapp bei Kasse oder pleite. Zudem errang einen Ruf als Revolverschütze. Er war eiskalt, todesverachtend, er zog schnell, und vor allem hatte er stählerne Nerven.
Mit Frauen erlebte er einiges. Trotz seiner Krankheit gingen sie ihm nicht aus dem Weg. Der hochgewachsene, aschblonde Mann mit dem geschwungenen Schnurrbart und dem sensiblen Mund, der akkuraten Frisur, dem gut geschnittenen Gesicht und vor allem den dunklen, magisch-hypnotisierenden Augen zog die Weiblichkeit auf morbide Weise in seinen Bann.
Seine dunklen, intensiv blickenden Augen kamen von der Krankheit. Er wollte leben, er raffte sein Leben; die Spanne, die ihm blieb, wollte er ausnutzen. Er zündete seine Kerze an beiden Enden an.
Wie viele Schwindsüchtige trieb ihn Rastlosigkeit an. Er machte die Nacht zum Tag, Schlaf brauchte er kaum. Bis er in Denver, Colorado, einer Silberboom-Stadt, einen Zusammenbruch erlitt. Seine Cousine Mattie Holliday, eine Nonne, pflegte ihn. Dafür ließ sie sich von ihrem Orden freistellen.
Beide waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht, schien es. Doch vielleicht hatten sie mehr gemeinsam, als mancher dachte. Die Nonne bewog ihren Cousin, sich noch einmal eine Chance zu geben. Sie redete ihm zu, wenn er ein Glücksspieler sei, solle er die Partie um sein Leben spielen. Mit dem Schicksal pokern.
Das reizte den jungen Doc. Vor allem wegen Mattie und weil er es zudem wissen wollte, suchte er ein renommiertes Sanatorium in Tucson, Arizona auf. Dort wurde er behandelt, die trockene Luft im Südwesten war für die Krankheit gut.
Die Therapie schlug gut an. Nach vier Monaten erklärten die Ärzte Doc Holliday für geheilt. Sein Zusammenbruch in Denver wäre mehr nervöser Art gewesen. Die Krankheit würde nicht weiter fortschreiten. Dann kam endgültig die frohe Botschaft.
Doc Holliday wollte es zuerst gar nicht glauben. Doch die Untersuchungsergebnisse lauteten positiv für die Gesundheit, negativ für die TB. Doc Holliday war außer sich – er jubilierte, er vollführte Luftsprünge.
Immer wieder schüttelte er dem Chefarzt Chester H. Wyman die Hand.
»Bin ich endgültig geheilt?«, fragte er.
Wyman wiegte den Kopf hin und her.
»Sie müssen auf Ihre Gesundheit Rücksicht nehmen. Sich schonen, übermäßige Anstrengungen meiden. Führen Sie ein ruhiges und geruhsames Leben. Kein Tabak, verräucherte Räume meiden. Wenig Alkohol. Viel Bewegung an frischer Luft und gesundes und vitaminreiches Essen. Dann können Sie hundert Jahre alt werden.«
»Wer will mit Rohkost und ohne Abwechslung denn schon hundert werden? Sex soll ich wohl auch noch meiden?«
»Mr. Holliday, ich weiß, dass Sie drei unserer Schwestern verführt haben. Außerdem haben Sie Ihr Zimmer in eine Pokerhöhle verwandelt und frönten auch anderswo im Haus und in Tucson dem Glücksspiel.«
»Well, von irgendetwas musste ich Ihre horrenden Kosten bezahlen. Ich bin kein Cattle King, kein Eisenbahnkönig, ich besitze auch keine Gold- oder Silbermine. Noch habe ich jemanden in meiner Verwandtschaft, der finanziell für mich einspringen würde. Also musste ich zusehen, wo ich blieb. Die Mitspieler waren allesamt keine Armutsopfer. Außerdem, mitnehmen können sie sowieso nichts. Sie sind schwer krank. Das letzte Hemd hat keine Taschen. Ich habe immer fair und ehrlich gespielt. Ohne Tricks und ohne gezinkte Karten.«
»Das glaube ich Ihnen, Mr. Holliday. Dennoch haben Sie sich Feinde gemacht und unserem Sanatorium einen schlechten Ruf angehängt.«
»Das würde ich nicht so sehen, Doktor. Außerdem ist das jetzt vorbei. Ich bin gesund. Hurra! Ich reise ab. Ich werde Sie überall in den höchsten Tönen loben.«
»Tun Sie das, Mr. Holliday. Tun Sie das. Dennoch möchte ich Ihnen eine baldige Abreise nahelegen. Ein paar der Gentlemen, denen Sie eine Menge Geld abknöpften, sind gar nicht erbaut. Ich hörte munkeln, man trachte Ihnen sogar nach dem Leben.«
»Zounds. Wer sollte das sein?«
»Well, eigentlich dürfte ich Ihnen das nicht sagen. Doch weil Sie es sind und ich Sympathie für Sie hege, nenne ich Namen. Doch von mir haben Sie sie nicht.«
»Ehrensache. Dieses Gespräch hat nie stattgefunden.«
»Bill Hanratty, Bo Wilkes und Mike Costenoga.«
»Was? Wie? Hanratty, dieser Hornochse mit lauter Daumen als Fingern, dessen Familie in Texas eine Riesenranch gehört? Der mich immer wieder animierte, ich solle mit ihm spielen? Er wolle beim Pokern von mir lernen. Doch das ist aussichtslos. Eher bringe ich einem Longhornstier Bluffen bei als dem Hanratty.«
Doc fuhr fort: »Bo Wilkes, Inhaber einer Anwaltskanzlei in Chattanooga. Ein Winkeladvokat, wenn es je einen gab. Bei ihm muss man die Finger nachzählen, wenn man ihm die Hand gibt, und selbst wenn man ihn mit einer Kanone abschießt, würde er noch einen krummen Kurs einschlagen. Beim Kartenspiel hat er immer wieder betrügen wollen. Wilkes ist steinreich. Er und seine Kompagnons vertreten nur Eisenbahnkönige, die Hochfinanz und dergleichen. Ihre Methoden sind übel. Wenn es um die Interessen ihrer Klienten geht, schrecken sie vor nichts zurück.«
»Das mag sein. Ich betrachte sie einzig und allein vom ärztlichen Standpunkt. Doch einen haben Sie noch vergessen.«
»Mike Costenoga, die schleimigste aller schleimigen Kröten. Er ist Teilhaber einer Bergwerksgesellschaft, er schwimmt in Geld. Ihre Arbeiter beuten er und seine Kompagnons schamlos aus. Die Sicherheitsmaßnahmen in ihren Stollen sind mangelhaft, die Arbeitsbedingungen katastrophal. Es gibt immer wieder Grubenunglücke bei ihnen.«
»Und mit solchen Männern haben Sie sich an den Spieltisch gesetzt, Mr. Holliday.«
»Von Chorknaben, Sonntagspredigern und Priestern kann ich nichts gewinnen. Sie spielen um Cent, wenn überhaupt. Wenn man ein Spieler ist, dann muss man sich an die großen Fische halten. Das ist nicht risikolos.«
Dr. Wyman legte dem jungen Mann die Hand auf den Arm.
Väterlich mahnte er: »Doc, Mr. Holliday, ich rate Ihnen dringend, ändern Sie Ihr Leben. Was für ein Leben führt denn ein Spieler? Von den Karten abhängig, immer vom Absturz bedroht. Ständig in Gefahr. Sie sind doch ein erstklassiger Zahnarzt. Eröffnen Sie wieder eine Praxis. In Tucson könnte ich Ihnen eine Möglichkeit eröffnen. Üben Sie Ihren Beruf aus. Sie waren der Beste Ihres Jahrgangs an der Universität. Sie haben schon praktiziert und hatten gute Erfolge.«
»Das war nur ein Dreivierteljahr. Dann kam die Diagnose.«
»Verlängern Sie diese Zeit. Vergeuden Sie sich, Ihr Studium, Ihre Ausbildung nicht. Sie wollen doch gar kein Kartenspieler sein. Gute Zahnärzte sind sehr gefragt. Sie können viel Geld verdienen und vor allem leidenden Menschen helfen. Es gibt eine Menge Quacksalber, während Sie ein erstklassiger Dentist sind.«
»Das war ich. Das ist Jahre her. Seitdem habe ich keine Zahnzange, keinen Dentalhaken, keine Fräse und keinen Bohrer mehr angefasst. Ich bin aus der Übung.«
»Das lernen Sie rasch wieder. Innerhalb kurzer Zeit sind Sie in dem Beruf wieder drin. Hören Sie auf mich. Kehren Sie um, junger Doc. Es wäre schade um Sie. Gesünder ist es auch, wenn Sie als Zahnarzt arbeiten. Das ist solide und nicht vom Glück abhängig.«
Doc Holliday schaute den um einen Dreiviertelkopf kleineren Lungenfacharzt an. Beide waren sie Fachmediziner. Das verband sie. Sonst nicht viel.
»Ich werde es mir überlegen, Dr. Wyman. Ich danke Ihnen für Ihre Behandlung und für Ihren Rat. Heute noch reise ich ab. Danke auch für Ihr Angebot, mir bei der Eröffnung einer Praxis in Tucson zu helfen. Doch in Tucson will ich nicht bleiben. Das ist ein Provinznest.«
»Wie Sie meinen, Doc. Ich wünsche Ihnen alles Gute, und bleiben Sie gesund. Und tun Sie das Richtige.«
Doc Holliday nickte ihm zu und verließ das Büro des Chefarztes.
☆
Holliday ging zu seinem Zimmer, das er allein für sich hatte. Auf dem Korridor im 1. Stock des Gebäudetrakts begegnete ihm die hübsche Krankenschwester Myrtle Chisholm, nicht verwandt oder verschwägert mit dem berühmten, vor ein paar Jahren verstorbenen Trailboss. Myrtle war dunkelhaarig und scharf. Sie hatte eine gute Figur und sah in ihrer Schwesterntracht mit dem Häubchen hinreißend aus.
Doc Holliday hatte seine Reisetasche und den Koffer im Gepäcklager geholt. Myrtle rollte die blauen Augen.
»Sie verlassen uns, Doc?«
»Ja. Ich bin gesund. Kerngesund, Yippie! Dem Tod von der Schippe gesprungen. Ich kann es noch gar nicht fassen. Das Leben wurde mir neu geschenkt.« Er strahlte.
»Sie reisen sofort ab?«
»Ja, ich will keinen Tag, keine Stunde, nicht mal eine Minute länger im Sanatorium bleiben. Ich hatte mich auf den Tod vorbereitet und schon mit dem Leben abgeschlossen.«
Er hatte wenig Hoffnung gehabt und sich aufgegeben, als ihn seine Cousine nach dem Zusammenbruch bewog, das Lungensanatorium aufzusuchen. Für ihn war das eine Sterbeklinik. Nur wenige verließen sie lebend. Der Pneumothorax, wobei man künstlich dafür sorgte, dass Luft in den Pleuralspalt in der Brusthöhle eindringen konnte, war hier ein übliches Behandlungsverfahren.
Dabei wurde ein Röhrchen im Brustkorb eingesetzt. Zur Entlastung der kranken Lunge.
Beim Atmen entstanden hierbei pfeifende Geräusche. Daher rührte die Redensart »aus dem letzten Loch pfeifen«.
Doc Holliday war diese Methode erspart geblieben. Im Sanatorium hatte er viel Not und Elend gesehen. Dreiviertel- und Fasttote. Und Tote, wenn man sie abtransportierte, ausgemergelte, von der Krankheit gezeichnete Gestalten, die ihr Leid hinter sich hatten.
»Einerseits kann ich das verstehen«, sagte die Krankenschwester. »Andererseits …« Sie himmelte ihn an. »Können Sie nicht noch bis morgen bleiben?«
Sie rückte ihm näher, griff ihm in den Schritt.
»Ich habe Nachtschicht. Wir könnten die Nacht zusammen verbringen.«
Ihr Dienst ließ ihr Zeit. Der Doc gefiel ihr sehr. Sie hatten schon heiße Sexabenteuer gehabt. Myrtle war eine Wilde und wusste einen attraktiven Mann und einen strammen Penis sehr zu schätzen.
Holliday schob sie ein Stück weit zurück.
»Tut mir leid, Myrtle, mich hält es hier nicht länger. Die Wände erdrücken mich. Die ganze Atmosphäre ist scheußlich. Ich reise sofort ab. Die Kutsche ist schon bestellt.«
Der Buggy eines Transportdienstes würde den Doc abholen und zum Bahnhof bringen. Nicht mal in Tucson wollte er bleiben.
»Oh.« Myrtle verdrehte die Augen. Sie rieb sich mit ihren Kurven an ihm. »Lass uns in dein Zimmer gehen. Ich will dir den Abschied versüßen. So viel Zeit muss sein.«
Sie spitzte die Lippen, ließ ihre Zunge spielen. Holliday wusste, was sie meinte. Er ließ sich von ihr in das Zimmer ziehen.
»Bevor ich mich schlagen lasse …«
Dort angelangt, öffnete sie seine Hose und streifte sie herunter. Sie küssten sich, Holliday griff Myrtle an die strammen Pobacken und an die Brust. Er zog ihr den Schwesternkittel aus und öffnete ihre Bluse. Stramme Brüste drängten sich ihm entgegen.
Myrtle ging in die Knie und nahm Hollidays bestes Stück in den Mund. Er knetete ihre Brüste. Myrtle saugte und lutschte und leckte. Für den Doc ging die Post ab.
Die Krankenschwester katapultierte ihn in einen Himmel der Lust. Sie behielt seinen Saft im Mund als er kam. Holliday atmete heftig. Für ihn gingen die Lichter des klaren Verstands wieder an. Er kehrte in die Realität zurück, kraulte Myrtles Haar. Sie kniete immer noch, schaute zu ihm auf. Er streichelte ihre Wange.
»Das war verdammt gut. Du bist eine echte Künstlerin, süße Myrtle.«
In dem Moment räusperte sich jemand an der Tür. Das Paar hatte bei seiner Tätigkeit nicht bemerkt, dass jemand eingetreten war. Ein Mann mittleren Alters, mit schwarzem Anzug, weißem Hemd und Priesterkragen. Es war der katholische Pfarrer, welcher die Anstalt betreute.
Father O’Brien, der Seelenhirte.
»O Himmel, was ist das?«, entfuhr es ihm. »Sodom und Gomorrha, Sünde und Schande. Was muss ich sehen?«
Myrtle gab einen leisen Schrei von sich und bedeckte die Brust mit den Händen. Sie verschluckte sich vor Schreck an dem Samenerguss des Docs, den sie hatte ausspeien wollen, und hustete heftig.
Holliday zog ohne Eile die Hose hoch.
»Sie müssen das nicht sehen, Father O’Brien«, sagte er in abweisendem Ton. »Was fällt Ihnen ein, ungebeten hereinzukommen, ohne anzuklopfen?« Er klopfte Myrtle auf den Rücken. »Besser so, meine Liebe?«
Myrtle erholte sich allmählich und hörte zu husten auf. Sie konnte jedoch noch nicht sprechen und hatte Tränen in den Augen. Normalerweise schluckte sie nicht.
»Aber ich habe geklopft«, sagte Father O'Brien.
Das hatten die zwei überhört.
»Trotzdem, wenn keiner ›Come in‹ ruft, bleiben Sie draußen. Es gibt eine Intimsphäre. Die stören Sie ganz erheblich. Und, weil Sie gefragt haben, das war ein Cunnilingus, was Sie gesehen haben. So lautet das lateinische Wort dafür. Was wollen Sie überhaupt?«
»Mich von Ihnen verabschieden, Doc Holliday. Ich hörte, dass Sie uns verlassen. Gesund und geheilt. Den Segen des Herrn wollte ich Ihnen mit auf den Weg geben. Und Ihnen auftragen, Ihrer Cousine Mutter Annunziata meine besten Grüße zu bestellen.«
»Mattie. Das werde ich ausrichten. Danke auch für den Segen.« Hollidays Cousine, die Nonne, hatte bei ihrem Eintritt in den Orden einen neuen Namen erhalten. Für den Doc blieb sie Mattie. »Und jetzt gehen Sie, Himmelslotse. Und lassen Sie es sich nicht einfallen, Schwester Myrtle Schwierigkeiten zu bereiten. Schweigen Sie wie ein Grab über das, was Sie sahen. Betrachten Sie es als Beichtgeheimnis. Oder ich komme zurück, mein Guter, und dann werde ich Sie ins Gebet nehmen!«
Holliday legte die Hand auf die Hüfte, wo er sonst immer den Colt trug. Im Sanatorium führte er ihn nicht mit. Die Waffe lag im Schrank.
»Aber … Sie werden sich doch nicht an einem Diener Gottes vergreifen, Doc Holliday.«
»Probieren Sie es nicht aus. Und jetzt gehen Sie bitte. Ihres geistlichen Beistands bedarf ich nicht.«
»Wir alle bedürfen des Herrn.«
»Nicht hier und nicht jetzt. Kümmern Sie sich um andere Schäfchen. Ich werde so weitermachen wie die Jahre zuvor – jetzt kerngesund allerdings.«
Doc Holliday hatte bisher selbst noch nicht gewusst, dass er weiter als Spieler umherziehen wollte. Rastlos und unstet, immer mit Risiko, dem Teufel eine lange Nase zeigen, von dessen Gebetbuch, dem Kartenspiel, er lebte. Er hatte von einem Leben gekostet, das ihn mehr faszinierte, als Zähne zu behandeln und zu ziehen. Es faszinierte ihn mehr, sein Glück am Spieltisch zu erproben und immer neue Abenteuer zu erleben.
Der Westen war groß. Es gab viele Goldrauschstädte, auch solche mit Silberboom und Cattle Cities, in denen es wild und heiß zuging. Wo wilde Cowboys am Ende des Trails durch die Straßen galoppierten und alles auf den Kopf stellten. Wo Banditen und zwielichtige Elemente sich tummelten, die Vergnügungsindustrie boomte und die Nacht zum Tag gemacht wurde.
Wo der Colt das Gesetz war, der Dollar rollte und Sheriffs und Marshals ihre Last und Mühe hatten, halbwegs für Gesetz und Ordnung zu sorgen. Mit der Transkontinental-Eisenbahn konnte der Doc unterwegs sein, wo es luxuriöse Abteile fürs Glücksspiel gab, auf den Salonschiffen des Mississippi und anderswo.
Es lockte das Abenteuer. Doc war ihm verfallen.
Er lachte. »Es hat mich gefreut, Father. Leben Sie wohl.«
»Ich werde für Sie beten. Für Ihr Seelenheil. Ich sehe schon, die Krankheit hat Sie nicht geläutert.«
»Jeder Mann hat sein Schicksal und geht seinen Weg. Ihrer ist zu allernächst durch die Tür.«
Der Priester verabschiedete sich mit einem knappen Nicken. Myrtle nickte abweisend und kühl zurück. Sie hatte sich wieder erholt vom Verschlucken.
Als sich die Tür schloss, sagte Doc Holliday: »Von ihm hast du nichts zu befürchten, Myrtle. Er wird dich nicht bei der Anstaltsleitung anschwärzen.«