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Ava Sharp, während eines Tornados im Vanderville County in Indiana geboren, war schon immer wild, ungestüm und nicht zu halten. Sie lernte früh reiten, schießen und auch sonst alles, was man zum Überleben braucht.
Selbst die härtesten Kerle haben vor ihr Respekt, denn mittlerweile jagt Ava als Kopfgeldjägerin und Pinkerton-Detektivin Verbrecher und Banditen. Als der junge Lance Ackerman sie jedoch beauftragen will, herauszufinden, wer seinen Vater entführt hat, lehnt Ava zunächst ab. Aber als er nachts, mühsam auf Krücken gestützt, an ihre Zimmertür klopft, ändert sie sie ihre Meinung ...
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Seitenzahl: 153
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Eine skrupellose Gesellschaft
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: J.A. Benavente
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9952-3
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
EineskrupelloseGesellschaft
Ava Sharp, während eines Tornados im Vanderville County in Indiana geboren, war schon immer wild, ungestüm und nicht zu halten. Sie lernte früh reiten, schießen und auch sonst alles, was man zum Überleben braucht.
Selbst die härtesten Kerle haben vor ihr Respekt, denn mittlerweile verfolgt Ava als Kopfgeldjägerin und Pinkerton-Detektivin Verbrecher und Banditen. Als der junge Lance Ackerman sie jedoch beauftragen will, herauszufinden, wer seinen Vater entführt hat, lehnt Ava zunächst ab. Aber als er nachts, mühsam auf Krücken gestützt, an ihre Zimmertür klopft, ändert sie sie ihre Meinung …
Ava wurde ein paar Jahre vor Ausbruch des Bürgerkriegs im Vanderville County in Indiana geboren. Während eines Tornados von bis dahin noch nie erlebter Stärke, der eine ganze Stadt in der Nähe zerstörte und mit mörderischer Gewalt über die Farm ihrer Eltern hinwegfegte. Der Farmer Ethan Sharp hatte gewusst, dass er sich in einem von Tornados gefährdeten Gebiet ansiedelte.
Es war ihm bekannt, dass ein solcher drohte. Doch weil niemand voraussagen konnte, welchen Weg genau der Wirbelsturm nehmen würde, zeigte er sich zuversichtlich.
Er machte die Farm sturmfest, für alle Fälle, verrammelte Fenster und Türen, vernagelte den Stall und die Scheune und blickte nach Westen. Dort ballten sich Wolken zusammen.
»Ihr geht besser in den Keller«, sagte er zu seiner hochschwangeren Frau und legte ihr liebevoll die Hand auf die Schulter. »Ich bleibe hier oben. Ich muss mir ansehen, was geschieht.«
»Du meinst, der Tornado könnte über die Farm wegbrausen?«
»Es wäre möglich. Doch habt keine Sorge. Im Keller seid ihr sicher. Das Haus ist fest gebaut.«
»Dann können wir oben bleiben. Ich vertraue auf Gott.«
»Tu das, meine Liebe. Dennoch vernachlässige die Vorsicht nicht. Der Herr hilft denen, die selbst das ihre tun.«
Sharon, im einfachen Leinenkleid, das ihr hochschwangerer Leib wölbte, die Sonnenschute auf dem Kopf, nickte ihrem Mann zu.
»Ich werde beten«, versprach sie. »Pass auf dich auf, Ethan.«
»Klar.«
»Komm zu uns in den Keller, falls der Herr uns nicht verschont.«
Ethan Sharp nickte. Er war achtundzwanzig Jahre alt, rothaarig, knochig und groß. Einfach und derb gekleidet. Er sah seine Frau, die den achtjährigen Sohn und die vierjährige Tochter an den Händen führte, im Haus verschwinden. Es war aus rotem Backstein erbaut und wie das ganze Anwesen sehr gepflegt. Ein Schmuckstück unter den Farmen.
Ethan Sharp blickte zu den Kühen auf der Weide hinüber. Die Zeit reichte nicht, um sie in den Stall zu treiben. Und wenn der Tornado tatsächlich über die Farm brauste, waren sie im Stall nicht sicherer als auf der Weide. Der Wirbelsturm konnte den Stall mitsamt den Kühen abräumen.
Das Pferd auf der Koppel war unruhig. Es wieherte, warf den Kopf hin und her und lief umher. Auch die Kühe gebärdeten sich anders als sonst. Der Hofhund hatte sich verkrochen, und die Hühner waren im Stall, obwohl es noch nicht einmal Mittag war.
Der Luftdruck war niedrig. Es summte in den Ohren des Farmers. Sein Trommelfell schmerzte. Er betrachtete die schwarzen Wolken, den gewundenen, brausenden Rüssel des Tornados, der den Boden berührte. Erde und Trümmerteile saugte er auf, zerstörte, was ihm in den Weg geriet.
Schon wollte der Farmer aufatmen. Da änderte der Tornado urplötzlich die Richtung. Rasend schnell brauste er auf die Farm zu. Ethan Sharp blieb keine Zeit mehr, sich ins Haus zu flüchten, geschweige denn, in den Keller zu gelangen. Er warf sich in eine Bodenmulde und krallte sich an den Graswurzeln fest.
Es sauste und brauste, der Sturm orgelte. Mit rasender Geschwindigkeit fegte er heran und über die Farm weg. Ethan Hawke rutschte das Herz in die Hose. Er war den Naturgewalten ausgelieferte. Der Rüssel des Tornados fegte wirbelnd über die Kuhweide.
Sharp glaubte es nicht, vielmehr, er wollte es nicht glauben. Seine Kühe, deren Brüllen im Windgebraus unterging, wurden vom Boden emporgerissen und mit Erdbrocken, Gras und vom Tornado aufgesaugten Trümmerteilen umhergewirbelt. Die entfesselten Luftmassen trugen die schweren Tiere wie Luftballons.
Der Ackergaul was aus der Koppel ausgebrochen und rannte mit einer Geschwindigkeit davon, die man dem Kaltblut nicht zugetraut hätte. Der Farmer sah ihn in der dunklen Tornadotrombe verschwinden. Er gab jede Hoffnung auf, sein Vieh lebend wiederzusehen.
Er zitterte. Sein Herz hämmerte. Fliegende Kühe hatte er noch nie gesehen, obwohl er ein Teilnehmer des amerikanisch-mexikanischen Kriegs von 46 – 48 war und schon viel erlebt hatte. Nun sah er manchmal eine Kuh in der Luft, mit aufgerissenem Maul, panisch entsetzten Augen und steil aufgestelltem Schwanz. Mit den Hufen versuchte sie vergeblich, festen Grund zu erreichen.
Dann verhüllte die Dunkelheit der Tornadotrombe mit den umherwirbelnden Teilen das Bild. Der Sturm erreichte die Farm. Ethan Hawke, der kein Feigling war, pisste sich in die Hose. Er hatte im Krieg Sturmangriffe im gegnerischen Feuer mitgemacht, aber so etwas wie dieser Tornado war ihm noch nie passiert.
Er kniff die Pobacken zusammen, damit ihm nicht auch dort ein Malheur passierte. Seine Zähne klapperten. Er betete bibbernd, obwohl sonst seine Gattin die Fromme in der Familie war.
»Heilige Mutter Gottes, Jesus Christus! Steht uns bei, alle Heiligen!«
Dann erwischte der Tornadorüssel den Farmer und seine Farm mit voller Wucht. Er war nicht mal mehr Zeit zum Beten. Sharp glaubte, er würde zerrissen. Der Sturm zerfetzte seine Kleider, fast nackt blieb er zurück. Er krallte sich in die Erde und war überzeugt, sein letztes Stündlein hätte geschlagen.
Kreatürliche Angst erfüllte ihn bis in die letzte Körperfaser. Er biss sich sogar mit den Zähnen an einer Grassode fest. Das hätte ihm alles nichts geholfen. Doch der unberechenbare Tornado, eine Laune des Sturms oder der Natur, erwischte den Farmer nicht mit der vollen Gewalt seiner Luftmassen.
Saugte ihn nicht in sich ein. Sharp wünschte sich, in ein Mauseloch kriechen zu können. Selbst eine Maus zu sein. Es orgelte und brauste. Er sah nicht mehr, was um ihn herum vorging. Er krallte sich nur noch fest. Sein ganzer Körper schmerzte. Bis in die Eingeweide, von denen er meinte, sie würden ihm aus dem Leib gerissen. Und sein Kopf würde explodieren.
Seine sämtlichen Todsünden oder das, was er dafür hielt, fielen ihm ein. Die beiden Mexikaner, die er im Krieg erschossen hatte, weil sie seinen besten Freund töteten. Sie hatten sich schon ergeben und ihre Waffen weggeworfen. Er hatte sie trotzdem getötet.
Anderes noch. Der Farmer konnte später nicht sagen, wie lange es dauerte, bis der Tornado die Farm hinter sich hatte. Ihm kam es wie eine Ewigkeit vor. Es brauste und orgelte, die Luft zerrte an ihm. Er glaubte, sogar die Haare würden ihm ausgerissen.
Dann wurde es ruhiger. Die rasende Naturgewalt entfernte sich. Sharp begriff es zuerst nicht. Er konnte wieder frei und besser atmen. Das unkontrollierte Zittern hörte auf. Er war am ganzen Körper verkrampft. Ungläubig sah er über Trümmer hinweg den Tornado davonziehen.
Sharp fasste es nicht. Der Tornado hatte sein Haus zerstört, ja, das gesamte Anwesen. Der massive Backsteinbau war vernichtet, das Dach abgetragen. Türen und Fenster herausgerissen. Von den Mauern stand nur noch die Hälfte. Die gesamte Inneneinrichtung des Farmhauses war verstreut und zerstört.
Als ob dort gesprengt worden sei. Sharp dachte an seine Familie. Er stand auf und spürte einen stechenden Schmerz in der linken Wade. Später sollte er feststellen, dass er sich derart fest in den Boden gekrallt und auf diesen gepresst hatte, dass er einen Muskelriss erlitt.
Er hinkte in sein zerstörtes Haus. Weiter weg brauste der Tornado, und sein Rüssel entfernte sich. Er nahm Wassermassen vom nahen See auf und verteilte sie in der Umgebung.
Kurz darauf fiel die dunkle Wolke in sich zusammen. Der Sturmwirbel löste sich auf. Das Ganze hatte, wie Augenzeugen berichteten, eine Stunde gedauert, während der Tornado meilenweit über das Land brauste und dabei eine Schneise der Zerstörung und des Todes hinterließ. Wie die Faust Gottes hatte er gewütet.
Auf dem Gelände der Sharp-Farm hatte der Tornado noch keine drei Minuten gewütet. Die hatten es in sich gehabt.
Ethan Sharp sorgte sich um seine Frau und die Kinder im Keller. Der Kellerzugang war mit Trümmern von Möbeln und Hausrat übersät und verschüttet.
»Sharon!«, rief der Farmer. »Louise! Johnboy! Lebt ihr noch?«
Dann hörte der Farmer ein krähendes Stimmchen, das er zuvor noch nie auf seiner Farm vernommen hatte. Er starrte. Er lauschte. Ein Neugeborenes schrie. Sharp vergaß seine Schmerzen. Er wühlte und warf die Trümmer weg, öffnete die Luke und schaute hinab in den Keller. Eine Ölfunzel gab ein trübes Licht.
Seine beiden Kinder schauten zu Ethan Sharp hoch. Und da, auf dem Strohsack, lag seine Frau. Mit verschwitztem Gesicht, klatschnass vor Schweiß am gesamten Körper. Sie sah sehr erschöpft aus, jedoch auch glücklich.
In ihren Armen hielt sie ein in Sackleinen gewickeltes Bündel. Anderer Stoff war nicht greifbar gewesen. Sharp ahnte mehr, als dass er es sah, ein knallrotes, verschrumpeltes Gesicht. Nach dem mühsamen Weg durch den Geburtskanal war es deformiert, was sich noch geben würde.
Nach wie vor war es von Fruchtschmiere bedeckt.
»Was …?«, stammelte der Farmer. »Wie …?«
Seine Frau lächelte ihn an. Sie hob ihm das Kind entgegen.
»Das ist Ava«, sagte sie. »Deine Tochter. Sie ist zu früh gekommen, aber ich glaube, sie ist wohlauf. Jedenfalls ist alles dran, was dazugehört, und ein kräftiges Organ hat sie auch.«
Ethan Sharp zitterten die Knie. Er musste sich auf den Boden setzen. Sein Kind war geboren, mitten im großen Sturm und der Zerstörung der Farm. Seine Lieben lebten, es war noch eins dazugekommen. Die frühe Geburt führte Ethan Sharp auf den Sturm zurück, auf die seelische Belastung seiner Frau.
Es war eine sehr schnelle Geburt gewesen. Sharp hörte seine neugeborene Tochter schreien, als ob sie zornig sei, dass sie so früh und abrupt den Mutterleib hatte verlassen müssen.
Sharon Sharp sagte: »Sitz nicht herum und halt Maulaffen feil, Mann. Hilf mir lieber. Die Nabelschnur habe ich schon durchtrennt, doch die Nachgeburt steht noch aus. Die Kinder sollen raus aus dem Keller; was jetzt noch kommt, ist nichts für sie. Wie sieht’s denn oben aus?«
»Schlecht«, hatte Ethan Sharp sagen wollen. Doch das schluckte er hinunter. Stattdessen sagte er: »Nicht so schlimm. Alles gut. Das bauen wir wieder auf. Louise, Johnboy, kommt raus aus dem Keller. Holt Wasser. Sofort.«
Die beiden Kinder stiegen die Holztreppe hoch. Im Keller war alles unversehrt. Das Eingemachte stand noch auf den Regalen. Das Pökelfleisch hing am Haken in der Wand. Der Farmer stieg zu seiner Frau hinab.
Er sah das Baby an.
»Sie sucht schon die Brust«, sagte Sharon. »Was soll man dazu sagen? Mitten im Sturm kommt sie zur Welt, konnte dessen Ende nicht abwarten. Was soll denn mal aus ihr werden, wenn sie mitten in so einem Ereignis geboren wird?«
»Hast du denn vorher keine Wehen gespürt?«
»Doch.«
»Warum hast du nichts gesagt?«
»Ich wollte dich nicht in Panik versetzen, Ethan. Und ich dachte, es würde noch eine Weile dauern. Dass es so schnell geht, hätte ich nicht gedacht.«
Ethan Hawke vergaß seine nasse Hose und alles andere. Er tat, was noch zu tun war, und half seiner Frau. Sie sagte ihm, dass Louise und Johnboy sehr tapfer gewesen waren.
»Sie standen mir bei, so gut sie das konnten. Keins von den beiden verlor die Nerven. Wir können stolz auf sie sein.«
»Und auf Ava.«
Den Namen hatten sie ausgesucht. Ava, wenn es ein Mädchen wurde, bei einem Jungen hätte er Adam geheißen.
»Bist du enttäuscht, dass es ein Mädchen ist?«
»Wie sollte ich denn? Sie ist wunderschön.«
☆
So kam Ava zur Welt, vier Wochen zu früh, aber wohlauf und ohne Komplikationen. Als Baby und auch später nannten die Familie und andere sie Stormy. Später wollte sie diesen Namen nicht mehr. Die Farm wurde wiederaufgebaut. Ava wuchs heran. Sie war ein echter Wildfang, und ihre Eltern sagten, sie hätte die Natur des Tornados übernommen, in dessen Verlauf sie zur Welt gekommen war.
Sie lernte reiten, noch ehe sie gehen konnte. Sie ritt und schoss wie der Teufel, auf der benachbarten Ranch lernte sie alles. Sie war sehr frühreif. Früh schon verließ sie sie Familie und die elterliche Farm. Dort wurde es ihr zu eng.
Sie war wie der Tornado, ungestüm und nicht zu halten.
Und sie machte sich einen Namen im Westen. Ihre Familie sah sie nur äußerst selten.
☆
Jahre später …
Nogales, ein Kaff direkt an der Grenze von Arizona zu Sonora. Heiß wehte der Wüstenwind und trieb Staubfahnen und Thumbleweed-Büsche durch die verwaisten Straßen. Nur ein dürrer räudiger Hund schlich mit eingezogenem Schwanz über die Hauptstraße. Kein Mensch zeigte sich auf der Straße. Es war die Zeit der Siesta, und in Nogales hielten sich alle daran.
Von Norden her näherte sich ein einzelner, einsamer Reiter, von Staub gepudert, genau wie sein Pferd, den Hut mit den Silberscheiben am Band tief ins Gesicht gezogen. Der Reiter trug einen Poncho. Im Sattelschuh hatte er einen Karabiner stecken, durch eine Hülle vor dem Staub geschützt.
Der Reiter erreichte die ersten Häuser. Wer ihn aus der Ferne sah, wurde optisch getäuscht. Es schien, als ob das Pferd durch eine Wasserfläche lief, in der seine Beine teils nicht zu erkennen waren. Ursache dafür waren die heißen, flimmernden Luftschichten, die über dem Boden waberten.
Die Glocke am Turm der noch aus der Spanierzeit stammenden Kirche schlug einmal. Der Glöckner versah seinen Dienst. Der Reiter – tatsächlich eine Reiterin, Ava Sharp – tippte sich an die Hutkrempe, als sie an der Kirche und dem Friedhof vorbeiritt.
Sie war nicht besonders fromm, doch sie grüßte die Toten. Manchmal, bei allem, was sie so sah und erlebte, fragte sie sich, ob sie nicht besser dran waren als viele Lebende.
Ava kam aus Tucson und wollte zum Sheriff. Brad Murray war das, ein harter Knochen. Er wurde zu beiden Seiten der Grenze gefürchtet und zeigte Bandoleros und Banditen gleichermaßen die Zähne. Die Lage an der Grenze, an der Hauptdurchgangslinie von den USA nach Mexiko, konnte er nicht befrieden.
Das Wasser in einem großen Kessel hörte nicht auf zu kochen, auch wenn man eine harte Hand hineinsteckte.
Ava sah von weitem, wie vier Bandoleros auf der Plaza die Köpfe zusammensteckten. Drei waren abgerissene Halunken in schmutzigen Leinenanzügen, wagenradgroßen Sombreros und mit sich über der Brust kreuzenden Patronengurten, stoppelbärtig und mit großen Sporen.
Die durften nicht fehlen. Bei dem Vierten handelte es sich um einen großen, beleibten Mexikaner – schon auf die Entfernung wirkte er sehr wichtigtuerisch und von sich überzeugt. Er war besser gekleidet, mit einer tressenbesetzten roten Prunkjacke und einem goldfarbenen Band um den Hut.
Er gab den drei anderen Anweisungen. Es musste ihr Anführer sein. Er begleitete seine Worte mit fuchtelnden Gesten.
Etwas abseits stand neben dem Brunnen auf der Plaza – den eine Engelsfigur zierte – ein älterer Amerikaner. Er war sauber gekleidet, doch sichtlich niedergeschlagen. Er duckte sich wie ein Kaninchen im Angesicht des Wolfs, der es gleich beim Genick packen wollte.
Ava wollte in die Seitengasse abbiegen. Vor ihr bahnte sich etwas an, und es war nichts Gutes. Bei solchen Typen konnte das nicht sein. Ava trieb ihr Pferd in eine Seitengasse, band es an einem Zaun an und zog den Karabiner aus dem Scabbard. Sie lief hinter den Häusern und Schuppen herum zur Plaza, um das Banditenquartett zu belauschen.
Bisher war sie nicht bemerkt worden, wurde jedenfalls nicht als Gefahr wahrgenommen.
Sie kletterte über einen Zaun, lief über einen Hinterhof und erreichte dann die Plaza. Da blieb sie vor einem Hotel stehen und hielt Ausschau. Sie hörte die quäkende Stimme des großen dicken Banditenbosses.
Er rief den Americano heran.
»Olé, du weißt, was du zu tun hast, Alter. Du gehst jetzt zum Sheriff und lockst ihn aus seinem Bau. Jammere ihm was vor, dass Bandoleros dein Rancho überfallen haben und es mit deiner Frau, deinen Töchtern und mit den Söhnen treiben. Von mir aus auch mit dem Vieh.«
Die drei schäbig gekleideten Bandoleros lachten. Nach wie vor wehte der heiße Wind. Staubwolken trieben durch die Town. Thumbleweedbüsche flogen durch die Luft und rollten über den Boden.
Der Wind heulte und säuselte.
Der Bandolerojefe überschrie ihn.
»Egal, was du sagst, Rancher. Brad Murray muss rauskommen. Ihr vier legt euch auf die Lauer. Kesselt ihn ein, verteilt euch. Dann knallt ihn ab wie einen tollen Hund.«
»Willst du das nicht selbst erledigen, Jefe?«
»Nein. Wozu? Mir reicht es, wenn er tot ist. Nachher pisse ich auf seine Leiche.« Streng schaute er den zitternden Kleinrancher an. »Wehe, wenn du mich enttäuschst. Dann werden deine Angehörigen es büßen. Ich und meine Männer fallen über sie her. Nachher schlitzen wir ihnen die Bäuche auf und werfen sie ins Feuer deiner Ranch, wenn wir sie niederbrennen. Dich schleifen wir am Lasso zu Tode. Hast du mich verstanden, du Hund?«
»Ja, El Guapo. Großer Bandit. Schrecken des Grenzlands. Ich tue alles, was ihr von mir verlangt. Aber werdet ihr mich und meine Leute und die Ranch hinterher wirklich verschonen?«
»Willst du mich einer Lüge zeihen? Bastardo! Du hast mein Wort.«
Das war nicht so viel wert wie ein Rinderfurz. El Guapo! Ava wusste, wen sie da vor sich hatte, den übelsten Bastard des Grenzlands. Er trat dem Kleinrancher zwischen die Beine. Als der sich krümmte, schlug er ihm ins Genick, dass er zu Boden ging, schlug ihm ins Gesicht und zerrte ihn an den Haaren wieder hoch.
Der Kleinrancher blutete aus der Nase. Seine Unterlippe war aufgeplatzt. El Guapo spuckte ihm ins Gesicht.
»So, jetzt sieht es echter aus. Los jetzt, lauf zum Sheriff. Sag ihm, du hättest entkommen können. Wir wären auf deinem Rancho dabei, zu saufen und zu toben, und hätten nicht mehr alle beisammen.«
Er stieß ihn weg. El Guapo hatte von vier Männern gesprochen, die den harten Brad Murray erledigen sollten. Ava sah aber nur drei Mann bei ihm. Wo war der vierte? Die Kopfgeldjägerin umklammerte ihre Winchester. Sie war bereit, es mit El Guapo und den drei Halunken bei ihm aufzunehmen. Oder sollte sie besser Brad Murray warnen?
Sie überlegte noch. Vor allem wollte sie wissen, wo der vierte Mann war. Beim Sheriff's Office, dachte sie. Er passte dort auf, dass Brad Murray sich nicht verdünnisierte.