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Der Gesuchte heißt Joe Bates und wird wegen Dutzender Verbrechen gesucht. Er ist ein Mörder und Betrüger, der bei dreckigen Geschäften überall große Summen kassiert hat, allein in Chicago mehr als 100.000 Dollar. Zudem hat er mindestens sieben Morde begangen, denn immer hat er sich seiner Verhaftung mit äußerster Brutalität entzogen und wenn er keine andere Wahl gehabt hat, so hat er sich seinen Weg eben auf erbarmungslose Weise frei geschossen.
Vor allem aber scheint Bates ein wahrer Verwandlungskünstler zu sein, ein Chamäleon, das über Dutzende Namen und Identitäten verfügt und. Eben deswegen gibt es auch kein verlässliches Bild von ihm. Dieser Mann ist wie ein glitschiger Fisch, der seinen Jägern immer wieder durchs Netz geht und nicht zu fassen ist.
Doch jetzt ist erneut eine hohe Belohnung auf seinen Kopf ausgesetzt ...
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Seitenzahl: 132
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Alle jagen Bates
Vorschau
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Maroto / Bassols
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7517-0475-5
www.bastei.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
AllejagenBates
In Chicago verkaufte Joe Bates Aktien von Firmen, die niemals existierten, in St. Louis verschacherte er Claims zu Wucherpreisen, auf denen alles andere als Gold zu finden war, und in Wichita verhökerte er Gewehre, die sich schon nach kurzer Zeit als Schrott erwiesen. Bates kassierte Tausende von Dollars, machte sich aber auch unzählige Leute zu Todfeinden.
Von den Opfern seiner Betrügereien gejagt, setzte er sich immer weiter nach Westen ab und verschwand schließlich ganz von der Bildfläche.
Doch jetzt will der Millionär Fred Hitzman ihn nicht länger entkommen lassen und lobt fünfzigtausend Dollar Prämie auf Bates' Kopf aus. Ein Ansporn für viele, den gefährlichsten Mann des Westens zu jagen ...
Es war nach Mitternacht. Doch auch jetzt war die Luft noch warm und weich wie Seide. In den Häusern an der Main Street von Liberty, Texas, waren die Lichter gelöscht, und auch der Saloon war geschlossen.
Timothy Bell war von der Hauptstraße in eine schmale Gasse abgebogen, die zwischen den Wohnhäusern, dann zwischen Schuppen und Corrals entlangführte. Hier hinten, im tiefen Schatten der Mauern, war es stockfinster.
Bell war ein hoch gewachsener Mann mit einem knochigen Gesicht und einem wuchtigen Schädel, um den sich ein Kranz dunkler, lockiger Haare zog. Er ging noch einige Schritte weiter, blieb dann im Schatten eines Schuppen stehen, lauschte und spähte in die Nacht.
Das laute Zirpen der Grillen war zu hören. Es war ein wunderschönes Land hier unten im Südwesten. Ungefähr hundert Schritte entfernt schlängelte sich der Liberty, ein schmaler Creek, durch die Prärie. An seinem Ufer wuchsen hohe Weidenbüsche.
Keine Menschenseele war zu sehen. War Bell einem Märchen aufgesessen? Einer Lüge? Doch der Hinweis im Saloon hatte glaubhaft geklungen. Es hatte keinen Grund gegeben, misstrauisch zu werden.
Enttäuschung stieg in ihm auf. Er hatte sich nur noch einen einzigen Schritt von seinem Ziel entfernt gesehen. Von einem Ziel, dem er seit Jahren nachjagte.
Es ging um mindestens fünfzigtausend Dollar. Er würde reich sein.
Langsam ging er vorwärts, verließ den schützenden Schatten und huschte am Gatter eines Corrals entlang. Am Ende des Gatters blieb er stehen.
»Mister Bates?«, rief er mit halblauter Stimme.
Einzig das Schnauben der Pferde antwortete ihm.
»Mister Bates!«
Bell erreichte einen kleinen Schuppen, einen Unterstand für Cowboys. Er blieb stehen, lauschte wieder.
Nun endlich hörte er ein Geräusch.
Es war ein leises Scharren an der Rückseite des Gebäudes.
Bell lief rasch den Unterstand herum. Doch auch hier war kein Mensch zu sehen.
Da hörte er ein Geräusch hinter sich.
Er wollte sich umdrehen, doch es war schon zu spät. Er spürte, wie etwas Hartes, Dünnes, Tödliches um seinen Hals geworfen und zugezogen wurde. Seine Hände fuhren hoch zu seiner Gurgel, und mit den Fingerspitzen ertastete er eine Drahtschlinge. Der Angreifer stand direkt hinter ihm, hatte ihm den Draht um den Hals geworfen und zog ihn nun mit brutaler Kraft zu.
Bell spürte, wie sein Hals zugeschnürt wurde, sein Atem versagte und keine Luft mehr die Lungen erreichte. Mit verzweifelten Bewegungen versuchte er, die Schlinge zu fassen und von seinem Hals wegzuziehen – ohne jeden Erfolg. Er öffnete den Mund, schnappte hilflos nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen, wollte den Ellbogen nach hinten rammen, stieß jedoch nur ins Leere.
Wie ein blutiger Anfänger war Bell in Joe Bates Falle gelaufen. Die Gier nach dem Geld hatte ihm den Verstand vernebelt.
Er spürte, wie ihm die Luft ausging, wie seine Gurgel und seine Lungen wie Feuer brannten, bemerkte entsetzt, wie alles schwarz vor seinen Augen wurde. Verzweifelt versuchte er, seinen Kopf nach vorn zu werfen, als könne er sich auf diese Weise aus der tödlichen Schlinge befreien. Doch der Draht zog sich nur noch fester um seinen Hals.
Er riss die Arme hoch, warf in panischen Bewegungen den Oberkörper hin und her. Und dann brachen auch schon die Knie unter ihm weg.
Jetzt ging alles sehr schnell. Er hatte das Spiel verloren. Das war das Ende seines Weges. Rings um hin her war alles schwarz, und er hatte den Eindruck, in einen endlos tiefen Schacht zu stürzen. Immer weiter und immer tiefer fiel er abwärts: ins Bodenlose. In die Nacht. In den Tod. Finsternis umgab ihn. Dann endlich sah er vor sich ein weißes und wunderschönes Licht. Er schoss nun auf dieses Licht zu, auf eine wundervolle Verheißung von Ruhe und Frieden. Noch einmal dachte er an seine Kindheit und Jugend drüben in Tennessee und an die Ranch seines Vaters.
Dann war Tim Bell tot.
✰
»Verdammt, er muss in der vergangenen Nacht umgebracht worden sein«, sagte Sheriff Pete Schumer und betrachtete den Toten. Dann sah er Jake Oakley an. »Kennst du ihn?«
Oakley war ein verwittertes, vielleicht sechzig Jahre altes Männlein, dem der Mietstall am Ende der Main Street von Liberty gehörte. Er war gerade zu seinen Corrals gegangen, um nach den Pferden zu sehen, und hatte den Toten entdeckt. Er runzelte die Stirn und spuckte aus. »Dieser Braune gehört ihm.« Er wies auf eines der Tiere in dem Gatter. »Schönes Tier. Hat er erst gestern bei mir untergestellt.«
Schumer nickte. »Was hat er hier draußen gesucht? Wollte er nach seinem Pferd sehen?«
»Mitten in der Nacht? Seinen Sattel hatte er jedenfalls nicht bei sich. Der ist noch im Stall.«
»Ich verstehe.« Sheriff Schumer war ein bulliger Mann mit einem dicken Schmerbauch, über den sich ein schmutziges, kariertes Hemd spannte. Doch seine kleinen, roten Äuglein blickten wach, und er stand in dem Ruf, verdammt schnell mit dem Colt zu sein.
Sein Blick glitt über den Toten: Das war ein kräftiger Mann gewesen, und in seinem Gürtel steckte ein Colt. Um den Hals war eine Schlinge aus dünnem Draht gezogen, mit der erwürgt worden war. Die Haut zeigte schauerliche Würgemale. Das Gesicht war blau angelaufen, Mund und Augen weit aufgerissen. Das war kein schöner Tod gewesen! Der Täter war von hinten gekommen, hatte ihm die Schlinge um den Hals geworfen und ihn erwürgt.
»Er war also noch keine vierundzwanzig Stunden in der Stadt«, sagte der Sheriff fast zu sich selbst.
»Kein gutes Ende«, bestätigte Oakley.
»Nein. Weißt du, was er bei uns wollte?«
»Keine Ahnung«, antwortete der Alte.
»Vielleicht hat er ja was erzählt?«
»Nein, hat er nicht. Ich hatte gestern Nachmittag auch jede Menge zu tun. Warum hat er seinen Colt nicht gezogen?«
»Vermutlich ging alles sehr schnell«, meinte Schumer. »Der Angreifer muss ganz unerwartet gekommen sein. Stell dir mal vor, einer wirft plötzlich von hinten eine Drahtschlinge um deinen Hals. Was würdest du tun?«
»Das wäre eine verfluchte Situation.«
»Ganz genau. Vielleicht hat er mit den Händen versucht, die Schlinge zu lockern. Aber dabei hatte er keinen Erfolg.«
Beide Männer blickten auf den Toten.
»Weißt du, ob er bei Liz abgestiegen ist?«, fragte Schumer. Elizabeth McCarthy gehörte das einzige Hotel in Liberty.
»Kann gut sein. Wo sollte er sonst untergekommen sein?«
»Hast du ihn gestern Abend im Saloon gesehen?«
Der Alte nickte.
»Ich werde mich mal umhören.« Der Sheriff wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Aber zunächst sollte sich Mr. Lawter den Toten ansehen.«
»Gute Idee, Sheriff!«
✰
John Lawter hatte Liberty vor zehn Jahren gegründet. Er besaß eine Ranch am Rande der kleinen Stadt, zugleich war er aber auch als Bürgermeister und Friedensrichter tätig.
Tatsächlich fühlte er sich in seiner Stadt für alles und jedes verantwortlich und zuständig. Niemand wusste so ganz genau, woher er eigentlich gekommen war. Angeblich war er ein ehemaliger Offizier der Konföderierten Armee, der vor den Yankees hatte untertauchen müssen. Jedenfalls hielt er seinen hageren Körper noch immer militärisch straff.
Er war ein hoch gewachsener, kräftiger Mann. Der Blick seiner dunklen Augen war wachsam. Er hatte ein kantiges Kinn, und das Haar an seinen Schläfen war im Lauf der Jahre silbern geworden. Ohne sein beständiges Wirken wäre Liberty niemals zu der Stadt geworden, die sie heute war.
Mit der Spitze eines fein gearbeiteten Stiefels scharrte unruhig im trockenen Staub, während er aus schmalen Augen den Toten betrachtete. Mit dem blau angelaufenen Gesicht und den herausquellenden Augen bot er wahrhaft keinen schönen Anblick.
»Kennen Sie ihn?«, fragte er den Sheriff.
»Er hatte sein Pferd bei Jake untergestellt«, erklärte Schumer.
Oakley nickte.
»Ich habe ihn gestern Abend im Saloon gesehen«, erklärte Lawter. »Er stand am Tresen und trank einen Whisky. Er war wohl noch nicht lange in der Stadt.«
»Nein! Er kam erst gestern hier an.«
»Komische Sache!« Keiner konnte sich daran erinnern, dass in Liberty jemals ein Mann auf eine solch heimtückische Weise ermordet worden war. Hier draußen im Westen ging es fair zu. Wenn es einen Toten gab, dann nur durch eine offene und ehrliche Schießerei auf der Main Street.
»Wir werden mal mit Bill sprechen«, erklärte Lawter. »Vielleicht hat er was aufgeschnappt.«
Bill Lee war Inhaber des Big Liberty Saloons, und es hieß, dass ihm nichts entging, was in seinem Etablissement geschah. »Und wir gehen rüber zu Mrs. McCarthy.«
»Das wollte ich auch schon vorschlagen«, erklärte Schumer. Er wandte sich an Oakley. »Ich denke, wir schaffen den Toten rüber in die Kirche und bahren ihn dort auf.« Er blickte auf den Toten. »In drei Tagen werden wir ihn begraben.«
Der Friedensrichter nickte.
✰
In den vergangenen zehn Jahren war Liberty von einer kleinen Ansiedlung aus vier oder fünf Häusern zu einer ansehnlichen Stadt gewachsen. An die Stelle einfacher Blockhütten waren stattliche Gebäude getreten, mit bunter Farbe angestrichen.
Gut vierzig Häuser reihten sich entlang der Main Street aneinander. Es gab eine Kirche, es gab es den weithin bekannten Big Liberty Saloon und zudem einen großen Store, in dem man alles kaufen konnte, was man hier draußen zum Leben benötigte.
Außerdem gab es Liz McCarthys Hotel, einen Hufschmied und seit zwei Jahren sogar einen Doc, der Mensch und Tier versorgte und von Zahnschmerzen bis zu Durchfall und Knochenbrüchen alle Krankheiten behandelte, die unter dieser Sonne vorkommen.
Abilane lag gut hundert Meilen entfernt, und die Rancher des Countys trieben ihre Rinder dorthin und verkauften sie für gute Dollar an die Schlachthäuser im Norden. Den Leuten ging es nicht schlecht in Liberty.
An diesem Morgen gingen John Lawter und Pete Schumer die Main Street hinunter. Die beiden Männer kannten einander, seit Schumer vor gut fünf Jahren in die Stadt gekommen war.
Der Friedensrichter und Bürgermeister mochte seinen Sheriff: Schumer hatte einen hellen Verstand und konnte gut mit dem Colt umgehen. Vor allem aber war er ein Mann, auf den Lawter sich immer hatte verlassen können. Und der Friedensrichter schätzte Loyalität über alles.
»Haben Sie schon eine Idee, was hinter diesem Mord stecken könnte?«, fragte er.
Schumer schüttelte den Kopf. »Nein.«
Hinter dem großspurigen Namen The Grand Liberty Hotel verbarg sich ein zweistöckiges, rotes Gebäude, in dem den Gästen der Stadt vier Zimmer zur Verfügung standen. Zwei dieser Räume waren an Dauergäste vermietet, während in den beiden anderen Cowboys, Geschäftsleute oder Wunderdoktoren unterkamen, die auf der Durchreise waren.
Liz McCarthy, eine rundliche und rosige Lady von vielleicht sechzig Jahren, war vor vier Jahren mit ihrem Ehemann Jones nach Liberty gekommen und hatte das Hotel eröffnet. Aber vor einem knappen Jahr war Jones gestorben und war Liz zur Witwe geworden.
Unter dem Strich war das gar kein so großer Schaden für sie, denn Jones war dem Whisky ein wenig zu sehr zugetan gewesen und hatte sich alle paar Monate in einen polternden und prügelnden Säufer verwandelt. Nachdem sie ein paar Wochen um ihren Gatten getrauert hatte, blühte Liz regelrecht auf und leitete das Hotel nun mit Tatkraft und Elan.
Schumer unterrichtete sie in raschen Worten über den Toten, den sie gerade draußen bei Corrals gefunden hatten.
Die rosige Lady warf die Hand vor den runden Mund und zog eine erschrockene Miene.
»Das muss Mister Bell sein!«, rief sie, nachdem der Sheriff ihr den Toten beschrieben hatte. »Er war erst gestern Nachmittag angekommen. Ich hatte mich schon gewundert, wo er heute Nacht geblieben war. Hier kann man nachts doch nichts anderes tun als schlafen«, stellte sie mit einem gewissen Bedauern in der Stimme fest.
Sheriff Schumer sah Liz an. Mit den lockigen, blonden Haaren, die sie zu einem Dutt gebunden hatte, mit den rosigen Gesichtszügen und dem üppigen Busen gefiel sie ihm ausnehmend. Vielleicht weil er selbst nicht ganz schlank war, mochte er kräftig gewachsene Frauen. Allerdings hatte sie sich seinen sämtlichen Annäherungsversuchen bislang standhaft widersetzt.
»Dieser Mister Bell ist also seit gestern Abend verschwunden?«, fragte er.
Sie nickte. »Er ist gestern Abend weggegangen und nicht mehr zurückgekommen.«
»Hat er erzählt, was er in unserer schönen Stadt suchte?«
»Wir haben uns ja nur ein oder zwei Mal kurz unterhalten«, erklärte sie. »Bei seiner Ankunft und dann später noch einmal kurz.«
»Und? Was hat er gesagt?«, fragte Lawter.
»Angeblich suchte er nach einem Freund«, erklärte die Hotelbesitzerin. »Nach einem Mann, den er aus dem Bürgerkrieg kannte und dann aber aus den Augen verloren hatte. Es ging wohl um eine Erbschaft.«
»Oh. Diesen Mann vermutete er hier bei uns?« Das Ende des Civil War lag gerade fünfzehn Jahre zurück.
»Jedenfalls in der Gegend westlich von Abilane. Er sagte, sein Freund wäre ein Eigenbrötler. Die großen Städte, die jetzt ja überall entstehen, mochte er nicht. Er mochte den Westen.«
John Lawter nickte. »Wie hoch ist diese Erbschaft?«
»Das hat er mir natürlich nicht erzählt.«
»Was hat er sonst noch über diesen Mann gesagt? Hat er einen Namen genannt?«
»Mr. Bell sprach von einem Joe«, sagte die rosige, blonde Lady. »Oder auch von einem Jake. Sein Freund scheint verschiedene Namen geführt zu haben.«
»Na ja«, meinte Schumer. »Und wie wollte er diesen Joe oder Jake oder sonst was finden?«
Liz McCarthy warf Schumer einen tadelnden Blick zu.
»Ich wiederhole ja nur, was Mister Bell mir erzählt hat«, sagte sie streng. »Er hielt wohl einfach die Augen offen. Er suchte nach einem Mann, der seine Zeit draußen in der Wildnis verbringt und Fremden aus dem Weg geht.«
John Lawters Blick verschleierte sich. Diese Geschichte klang seltsam.
»Ich würde mir gern mal Mr. Bells Zimmer ansehen«, erklärte er. »Vielleicht finden wir in seinen Sachen einen Hinweis.«
»Gern.«
Die Hotelbesitzerin führte die beiden Männer die Treppe hinauf in die erste Etage ihres Hotels, auf der sich die Gästezimmer befanden. Sie öffnete eine der vier Türen, die von dem Flur abgingen, und sie betraten einen relativ großen Raum, dessen Fenster zur Main Street hin blickten. Die Einrichtung bestand aus einem Bett, einem Schrank, einem Tisch und zwei Stühlen. Auf dem Boden lag ein abgetretener Teppich, und an einer der Wände hing ein wuchtiges Ölgemälde, das zwei Rinder vor einem blutroten Sonnenuntergang zeigte.
Ohne Zweifel war dies eines von Liz McCarthys besseren Gästezimmern.
Die Männer ließen ihre Blicke durch den Raum streifen. In der Tat war das Bett nicht benutzt. An einem Haken am Schrank hing ein neuwertiges Gewehr, und auf dem kleinen Nachttisch lag eine alte Ausgabe des Abilene Chronicle.
Sheriff Schumer öffnete die Schranktür. Er entdeckte eine lederne Satteltasche, hob sie auf den Tisch und öffnete sie.
»Sehen wir doch mal nach!«
Die Tasche enthielt vor allem Kleidungsstücke: Hemden zum Wechseln, Socken und Unterwäsche, aber auch einen Colt und mehrere Schachteln Munition. Ein Messer kam zum Vorschein, außerdem Streichhölzer, Nadel und Faden. An der Seite entdeckte der Sheriff schließlich eine lederne Brieftasche. Er nahm sie heraus und öffnete sie. Sie enthielt ein gutes Dutzend Steckbriefe.
»Sehen Sie mal!«, wandte er sich mit verblüffter Stimme an den Friedensrichter.
John Lawter trat näher. Neugierig blätterte er durch die Steckbriefe.
Die meisten Fahndungsaufrufe waren von den Marshals in Dallas, Abilane und Fort Worth ausgestellt. Gesucht wurden Männer, die des Mordes beschuldigt wurden und auf deren Kopf in aller Regel etliche hundert Dollar Belohnung ausgelobt waren.