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Die Coltredge-Brüder Ben und Hiram haben ihre marode Farm verkauft und wollen Vieh von Missouri nach Kalifornien treiben. Der Trail ist weit und mit vielen Härten gepflastert. Wüsten und Einöden, Banditen und feindliche Indianer, Stampeden und Krankheiten setzen den Brüdern mächtig zu. Was sie noch nicht ahnen: Die größte Gefahr droht ihnen ausgerechnet von der schönen, aber flatterhaften Deliah. Werden die Brüder jetzt zu Rivalen?
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Seitenzahl: 153
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
5000 Meilen quer über den Kontinent
Vorschau
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Domingo / Bassols
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7517-0559-2
www.bastei.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
5000 Meilen quer über den Kontinent
Die Coltredge-Brüder Ben und Hiram träumen von einem besseren Leben und haben ihre marode Farm verkauft. Stattdessen wollen sie Vieh von Missouri nach Kalifornien treiben. Der Trail aber ist weit und mit vielen Härten gepflastert. Wüsten und Einöden, Banditen und feindliche Indianer, Stampeden und Krankheiten setzen den Brüdern mächtig zu. Was sie noch nicht ahnen: Die größte Gefahr droht ihnen ausgerechnet von der schönen, aber flatterhaften Deliah. Werden die Brüder jetzt zu Rivalen?
»Ben, du bist der Größte ... und der Beste ... und der Stärkste. Mach es mir, Ben!«
Ben Coltredge, ein großer, hagerer Mann mit sandfarbenem Haar und über die Mundwinkel herabhängendem Sichelbart, war begeistert. In Abwesenheit ihres Mannes, des Farmers Jeb Tallahassee, besuchte er dessen scharfe junge Frau Sandra. Der Ehemann war mit zweien seiner Farmhands zum Viehmarkt nach Sedalia geritten.
Sie beförderten stattliche Milchkühe, Säue, Hühner und Gänse und Feldfrüchte zum Markt. Die Farm der Tallahassees war die größte im Tal – um ein stattliches zweistöckiges Haupthaus gruppierten sich Nebengebäude. Jeb Tallahassee stank geradezu vor Geld, was man von den Coltredges nicht behaupten konnte.
Ben und sein jüngerer Bruder Hiram waren Hungerleider mit einer Klitsche, auf der sie sich mühsam plagten und die doch nie genug abwarf.
Jetzt widmete sich Ben der üppig gebauten, dunkelhaarigen Sandra. Sie weilten im ehelichen Schlafzimmer im ersten Stock. Es war Juni und heiß. Das Fenster stand offen. Schwüle Luft wehte herein.
Der Mann und die Frau waren nackt. Ben hatte die wilde Sandra schon auf Touren gebracht. Er war voller Begierde. Sein Penis stand wie ein Mast, ein beachtliches Teil und knüppelhart.
Sandras grüne Augen hefteten sich auf dieses Teil, und sie ergriff es, drückte fest zu, was Ben nicht störte, und kraulte ihm die Hoden. Er fasste an ihre festen Brüste, beachtliche Apparate. Sandra hatte einen üppigen dunklen Haarbusch am Unterleib.
Ben griff dorthin, fand die Spalte, massierte die Lustperle der Farmerin und fühlte in ihre Grotte. Sie war feucht. Ben wollte nicht länger warten, Sandra genauso wenig.
Als er sie flachlegen wollte, wehrte sie ab.
»Mach’s mir von hinten, du Bulle. Tief und fest.«
»Oh, ja, ja, ja, ja!«
Sandra kniete nieder, beugte sich vor und präsentierte Ben ihre Spezialitäten. Er schaute sich an, was es zu sehen gab, kam zu einer weiteren Aktion und setzte die Spitze seines Lustspeers an.
Tief drang er in Sandra an und rammelte sie nach allen Regeln der Kunst. Die Farmerin hörte die Englein im Himmel pfeifen und biss vor Lust in das Kissen, um laute Schreie zu unterdrücken. Als Ben endlich mit einem wohligen Aufstöhnen kam, hatte sie einen Dreifach-Orgasmus gehabt.
Ben löste sich von und aus ihr. Sie küssten sich. Ben wischte sein Glied mit einem Tuch ab. Er war voll begeistert von sich und stolz wie ein Hahn, der sich gleich über mehrere Hühner hergemacht hatte.
Sandra lag auf dem Rücken, spreizte und zeigte sich lüstern und lächelte ihn an.
»Das war großartig, Ben.«
»Ja, ich bin gut in Form. Besser als dein fetter Alter. Lass mich nun einen Schluck Wein trinken und ein wenig ausruhen, dann machen wir’s noch einmal.«
»Ja, Bennieboy. Aber lass meinen Mann aus dem Spiel. Er ist nicht verkehrt, aber sexuell genügt er mir nicht.«
Ben kniff ein Auge zu und wandte sich zu dem kleinen runden Tisch um, auf dem eine Karaffe mit Wein und eine mit Wasser standen.
Ben schnupperte genießerisch an der Karaffe.
»Das ist guter Kalifornischer. Süße, ich will ihn aus deiner Spalte lecken, als Vorgeschmack.«
Sandra kicherte. »Du bist ja ein ganz Ausgefuchster, Ben Coltredge. Nur zu, komm her mit dem Wein.«
Ben nahm die Karaffe. Sandra spreizte sich. Ben wollte sie gerade mit Wein dort begießen, wo sich das Objekt seiner Lust befand.
Da flog krachend die Tür auf. Jeb Tallahassee stürmte herein, ein Schrank von einem Mann. Er war zwanzig Jahre älter als seine Frau – es war seine Zweite. Er war etwas übergewichtig, doch bullenstark. Ein Mann, der mit dem Rücken ein Pferd hochheben konnte und dem man nachsagte, er könne einen Stier an den Hörnern packen und umwerfen.
Nur von der Potenz war er nicht so stark. Stiernackig, mit schwellenden Muskeln, geblähtem Hals und zornrot im Gesicht, brüllte er los.
»Du Hurensohn, du Schweinehund! Hab ich es mir doch gedacht. Darum bin ich umgekehrt. Nicht genug, dass du meine Frau vögelst! Du willst meinen besten Wein auch noch wegsaufen und damit irgendwelche Sauereien anstellen.«
Sandra kroch an die Wand zurück und bedeckte ihre Brüste. Sie hielt lieber den Mund.
»Mr. Tallahassee, beruhigen Sie sich. Wir sind doch zivilisierte Menschen. Man kann doch in Ruhe reden.«
»Du Schwein!«
Die Rechte des Bullen schoss vor. Ben versuchte, dem Schlag einen Teil seiner Wucht zu nehmen, indem er den Kopf zurücknahm. Das gelang ihm nicht gut. Es war ein krachender Treffer. Ben flog halb übers Bett und kam auf Sandras Beinen zu liegen.
Hernach hatte er ein paar wacklige Zähne. Er sah Sterne und war völlig benommen. Sandra riss die grünen Augen weit auf. Sie schüttelte nur den Kopf.
»Tu mir nichts, Jebby-Bär. Ich wollte das nicht. Es ... es ist ein Missverständnis. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.«
»Was wohl?«
Ein wüstes Schimpfwort folgte. Sandra kriegte eine gewischt, dass es klatschte. Die Finger ihres Mannes zeichneten sich auf ihrer Wange rot ab. Bens Kleider lagen am Boden. Sein Revolvergurt mit dem schweren Colt hing über der Stuhllehne.
Ben hatte ihn nicht erreichen können. Außerdem hätte er nicht auf Tallahassee schießen wollen. Seine Frau wollte er rammeln, den reichen Farmer erschießen nicht.
Tallahassee packte nun den benommenen Ben. Mit seinen Bärenkräften hob er ihn hoch wie ein Strohbund. Er hielt ihn an einem Bein und wie ein Hund den Hasen am Genick.
Holte Schwung, und ehe es sich Ben versah, flog er in hohem Bogen aus dem Fenster. Tallahassee klopfte sich seine Pranken ab.
»So, Bastard. Das war es. Wer vögeln kann, kann auch fliegen.« Er wendete sich seiner Frau zu. »Jetzt zu dir, Schlampe. Du bist mehr schuld als er. Du hast ihn rangelassen, du Biest. Jetzt kannst du was erleben.«
Sandra schrie gellend auf, als er sie packte.
»Jeb, Jebby-Bär, tu mir nichts. Nein, nein, nein! Au! Oh nein, nein. Au, au. Oh weh!«
Sandra schrie wie am Spieß, als ihr Mann ihr den Hintern versohlte, so fest er konnte.
✰
Ben Coltredge hörte die Luft an den Ohren vorbeipfeifen. Er befand sich im freien Flug. Rasend schnell kam der Boden auf ihn zu. Die Fallhöhe aus dem ersten Stock betrug immerhin dreieinhalb Meter. Der Boden war festgestampft.
Ben reagierte instinktiv. Nackt, wie er war – dürr außerdem, denn ein guter Hahn wird selten fett – fing und rollte er sich beim Aufprall ab. Trotzdem war dieser hart genug. Ben knallte mit der Schulter an eine Tränke.
Es tat so weh, dass ihm die Tränen in die Augen schossen. Er rollte sich auf den Rücken und wartete, dass die Schmerzen aufhörte. Um ihn herum standen ein paar Farmhelfer und Mägde. Sie hatten sich versammelt, als ihr Boss wie eine Donnerwolke heran- und ins Haus stürmte.
Dass Sandra heiße Hosen anhatte, das hatten sie alle gewusst. Doch keiner hatte dem Großfarmer etwas sagen wollen. Damit hätte man anecken können. Bei Sandra, die ihren Gatten – meist jedenfalls – zu nehmen wusste, und ihrem Mann hatte dann die Bettdecke wieder darübergelegen.
Und wer sich weit aus dem Fenster lehnte und den Verräter spielte, der war dann der Dumme. Die Farmerin konnte fies sein.
Besser, man schwieg und gab sich ahnungslos.
Oben im Schlafzimmer schrie Sandra wie am Spieß. Sie brüllte, als ob sie geschlachtet würde. Jeb hatte sie übers Knie gelegt und haute ihr auf den Allerwertesten. Das strengte ihn an, denn Sandra war durchaus kräftig und zappelte.
Jeb musste seine Kräfte aufbieten.
»Das – machst – du – nicht – noch – einmal! Wag es nicht!« Wüste Worte folgten. »Einmal gehst du noch fremd, dann schlag ich dich tot.«
Das würde er so schnell nicht. Die jetzt erfolgenden Schläge auf Sandras Hintern erzeugten keine tödliche Wirkung. Ihr Po wurde jedoch rot wie der eines Pavians.
Inzwischen rappelte sich Ben Coltredge unten auf. Die Mägde starrten ihn an. Er bedeckte sein Gemächt mit den Händen.
»Was starrt ihr denn so? Habt ihr noch nie einen nackten Mann gesehen? Dann wird’s einmal Zeit.« Er fügte hinzu: »Meine Klamotten sind oben, und mein Revolvergurt. Und mein Hut. Und meine Geldbörse.«
»Wie viel ist denn drin?«, fragte ein Knecht.
»Ähm, so um die zwei Dollar.«
»Dafür würde ich nicht raufgehen und noch einmal aus dem Fenster fliegen. Du hättest dir den Hals brechen können, Ben. Sei froh, dass der Boss dich nicht erschlagen oder erschossen hat. Das Recht dazu hätte er gehabt, weil er dich mit seiner Frau in fackranti ... oder wie das heißt ... erwischte. – Hau lieber ab.«
»Ja, Ben«, stimmte eine von den vier Mägden zu. »Schieß in den Wind, und lass dich auf der Tallahassee-Farm nie wieder blicken. Sonst schießt dich der Boss noch über den Haufen und behauptet, du hättest seiner Frau nachgestellt. Damit käme er ohne Strafe durch.«
Ben sah das ein.
Die drei Knechte berieten sich. Es waren kräftige, derbe Burschen.
»Vielleicht sollten wir ihn verprügeln. Dem Boss würde das sicher gefallen. Dann machen wir uns Liebkind bei ihm.«
»Nein, da lass mal lieber die Finger davon. Das ist Ben Coltredge. Der war im Krieg und hat sich hoch ausgezeichnet. Er führt einen schnellen Colt und lässt sich nichts gefallen. Wenn wir den zusammenhauen, dann rächt er sich. Und Ben Coltredge möchte ich nicht zum Feind haben.«
»Das stimmt auch wieder. Verschwinde, Ben Coltredge, sonst wird es bitter für dich.«
»Ja, reib dir nur deine Schulter, gebrochen ist sie wohl nicht. Schade, dass du mit deinem Bummskopf nicht gegen die Ecke des Trogs geprallt bist. Dann wäre er hin.«
»Jetzt hau ab, lass dir das eine Lehre sein, die Frauen anderer Männer in Ruhe zu lassen. So etwas gehört sich nicht. Schon in der Bibel steht geschrieben: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib. Das ist sogar eins der zehn Gebote.«
»Ja, ja. Sind wir hier bei der Sonntagspredigt?« Ben Coltredge stand wankend da. Er horchte nach oben. Sandras Geschrei hatte aufgehört. Es war mucksmäuschenstill. »Es ist so ruhig. Hat Jeb sie umgebracht?«
Gleich ging es wieder los. Jeb Tallahassee hatte nur eine Schlagpause eingelegt. Er haute wieder zu.
»Du Schlampe, du Flittchen, du Aas! Dir werde ich was geben! Mach das nie wieder, hörst du? Nie, nie, nie!«
Sandra jammerte.
»Au, au, Jeb, höre auf. Du schlägst die Nieren kaputt.«
»Im Hintern hast du keine Nieren.«
Ben ging weg. Die Ranchhands und Mägde machten ihm Platz. Ihren Blicken war nichts zu entnehmen. Bens Schulter schmerzte ihn sehr. Er spuckte ein wenig Blut und betastete die Zähne. Drei waren gelockert. Das würde sich wieder geben. Er ging hinters Haus, wo er im Obstgarten an einem krummen Apfelbaum sein Pferd angebunden hatte, wo man es von der Vorderseite aus nicht sehen konnte.
Es war ein Palomino mit weißer Mähne und goldfarbenem Fell, viel zu schade für einen Klitschenfarmer. Doch Ben liebte dieses Pferd – er hatte es aus Mexiko als Kriegsbeute mitgebracht und war sehr stolz darauf.
Rayo hieß dieser prachtvolle Hengst, was auf Englisch Blitz bedeutete. Ben Coltredge hatte am Mexikanisch-Amerikanischen Krieg von 1846 – 1848 teilgenommen. Mit dem alten Zack Taylor – General, später Generalmajor Zachary Taylor – war er ins Feld gezogen und hatte glorreiche Siege mit erfochten, bei Buena Vista, Palo Alto und Monterrey. Sie hatten den Mexikanern unter dem Präsidenten und obersten Heerführer Santa Ana schwer was auf die Kappe gegeben.
Eben jenem Santa Ana, der Jahre zuvor den Alamo unter enormen Verlusten nahm und niemanden von der Besatzung am Leben ließ.
Ben war als Offizier und mit Orden hochdekoriert aus dem Krieg heimgekehrt. Das half ihm im Zivilleben wenig. Davon wuchs sein Getreide nicht besser und gedieh sein Vieh nicht. Berufssoldat hatte er nicht werden worden, obwohl ihm – er war First Lieutenant geworden – eine gute, wenn nicht glänzende Laufbahn offen gestanden hätte.
Vor allem ein sicheres Einkommen, was er so nicht hatte. Bei der Army hungerte keiner, schon gar kein Offizier. Doch die Befehlshierarchie und der Dienst gefielen ihm auf Dauer nicht. Für den Krieg hatte er sich mit Begeisterung gemeldet. Für sein Land und gegen Mexiko. In Friedenszeiten wollte er kein Soldat sein.
Er saß hinterm Haus auf und ritt weg. Nackt, wie er war. Vom Haus hörte er kein Geschrei mehr. Ben ritt in Richtung der Coltredge Farm am Hopper Creek. Zur Klitsche, die er und sein Bruder bewirtschafteten.
Man schrieb das Jahr 1853, und Ben war noch keine achtundzwanzig Jahre alt. Und er und sein zwei Jahre jüngerer Bruder waren mit der ererbten Farm – ihre Eltern waren früh an der Cholera gestorben – inzwischen pleitegegangen. Die Schuldzinsen bei der Bank und die Grundschulden fraßen sie auf. Missernten, Heuschrecken, Meltau und Getreidekäfer, Unwetter, Dürre und Hagel, das kannten sie alles.
Ihr Pech war im County schon sprichwörtlich geworden. Bei den Coltredges wächst alles nach unten, hieß es. Mit ihrer Klitsche, das ist nichts und war nichts und wird nichts.
Leider hatten diejenigen, die das sagten, recht.
✰
Die Sonne stand schon tief, als Ben die Farm erreichte. Als er über die Felder ritt, war ihm klar, dass die Ernte auch heuer mau ausfallen würde. Das Getreide wuchs schlecht, alles andere auch – bis auf die Kartoffeln, aber damit fütterte man in Missouri die Schweine; davon konnte man nicht existieren.
Ben hatte unterwegs einer Vogelscheuche die Jacke ausgezogen. Die sah auch entsprechend aus, aber so kam er wenigstens nicht nackt nach Hause. Sein jüngerer Bruder plagte sich noch auf dem Feld.
Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, als Ben angeritten kam.
»Ah, da kommt ja der hohe Herr Offizier mit dem Tapferkeitsorden, den ihm unser frühzeitig verstorbener voriger Präsident persönlich verlieh. Ich schinde mich ab, und du reitest spazieren. In welchen Hurenhaus hast du denn wieder gesteckt, Bruder?«
»In keinem Hurenhaus, nur bei einem Weib. Hurenhäuser kann ich mir bei den paar Kröten, die wir zur Verfügung haben, nicht leisten, selbst wenn ich das wollte. Ich habe nachgedacht, Bruder.«
»Aha. Und dabei hast du deine Kleider verloren.«
»Das ist eine Geschichte, auf die ich jetzt nicht eingehen will, Bruder.« Ben saß ab. Er führte sein Pferd in den Schatten eines Baums und winkte seinen Bruder herbei, der derbe Kleidung trug und schwere dreckige Schuhe an den Füßen hatte. »Ich habe also nachgedacht. Die Plackerei hier lohnt sich nicht.«
»Ja, was willst du denn sonst machen? In der Lotterie spielen und auf einen Hauptgewinn hoffen? Wir sind arme Schlucker und werden das immer bleiben. Außer der Farm haben wir nichts. Und dafür gibt uns keiner viel. Aber immer noch besser, auf eigenem Grund und Boden zu sitzen, als anderswo Treibgut zu sein.«
Hiram war weizenblond, etwas kleiner als sein Bruder, glattrasiert, mit runderem Gesicht und breiter als Ben gebaut.
»Ja, Hiram, wir sind arme Schlucker. Aber müssen wir das immer bleiben? Wir sollten die Farm aufgeben und dort hingehen, wo es besser als hier ist. In Kalifornien gibt es zwei Ernten im Jahr, Plantagen und Felder. Dort wächst alles wie von selbst.«
Als er den Blick seines Bruders sah, fuhr er fort: »Sieh mich nicht so an, ich will nicht in die Goldfelder. Dort sollen sich andere ihren Frust holen, weil sie nichts finden – die meisten gehen leer aus beim Goldschürfen, machen sich die Nieren und den Rücken kaputt, bezahlen horrende Preise für Lebensmittel und alles. Das möchte ich aber nicht. Eine Farm oder Plantage im Goldenen Kalifornien, das will ich. Und die werden wir haben, wenn wir es geschickt anstellen und mutig sind und unser Schicksal in die Hand nehmen.«
»Nach Kalifornien willst du. Weißt du, wie weit das ist?«
»Well, 5.000 Meilen. Quer über den Kontinent.«
»Weißt du, was alles dazwischen liegt? Zum Schluss noch die Sierra Nevada? Das ist blanker Irrsinn. Dir hat die Sonne zu viel auf den Kopf geschienen. Hast kein Hemd auf dem Hintern und willst nach Kalifornien und dort eine Farm kaufen.«
»Oder eine Plantage, well. Entweder kaufen, oder den Grund und Boden erwerben und selbst etwas aufbauen.«
»So. Farm oder Plantage. Oder auch Grund und Boden. Wovon willst du das bezahlen? Was kriegen wir denn noch für die Farm? Sie gehört sowieso schon zum größten Teil der Bank.«
»Deshalb sollten wir jetzt verkaufen, so lange wir überhaupt noch was rausholen können. Noch eine schlechte Ernte, und die Farm ist weg. Wir sind pleite oder stehen hart am Ruin.«
»Gut. Etwas kriegst du noch. Was willst du damit machen?«
»Vieh kaufen und nach Kalifornien treiben. Das ist jetzt ein Boom. Zurzeit kannst du für in Missouri gekauftes Vieh ein Mehrfaches von dem erzielen, was du hier bezahlt hast. Mit Schafen, Ochsen, Kühen, Mulis und Pferden kannst du einen Riesengewinn machen. Ich weiß, es ist weit, strapaziös, und der Weg ist voller Gefahren und Hindernisse. Mit einer Verlustrate von zehn bis zwanzig Prozent auf dem Trail kannst du rechnen. Aber es rentiert sich immer noch, und es rentiert sich sehr. Viehhändler machen das. Ich habe mich erkundigt.«
»Wir sind aber keine Viehhändler. Wir sind abgewrackte Farmer. Wie stellst du dir das denn vor, Ben? Für das, was wir für die Farm rausschlagen können, kriegen wir keine große Herde. Willst du mit mir zusammen ein paar Dutzend Viecher nach Kalifornien treiben? Für eine größere Herde brauchen wir Kapital, das wir nicht haben, und Helfer. Es muss keine große Mannschaft sein, aber wir können nicht alles allein machen. Wo willst das Geld dafür hernehmen?«
Hiram sah drein, als ob er sagen wollte, damit sei die Sache vom Tisch. Ben sah ihn an. Er zupfte einen Grashalm aus – beide Brüder saßen im Gras – und zerriss ihn.
Die zerlumpte Jacke der Vogelscheuche bedeckte seine Blöße nicht.
Er sagte: »Ich werde Rayo verkaufen. Ich habe ein gutes Angebot von einem Pferdezüchter im Süden, den ich noch aus meiner Armeezeit kenne. Er würde Rayo als Zuchthengst nehmen. Rayo bringt uns eine Menge Geld ein – der Preis ist Verhandlungssache. Ich habe sehr hohe Angebote für den Palomino erhalten.«