1,99 €
Der Rodeoreiter Curly Sween weigert sich, an üblen Machenschaften teilzunehmen und sich bestechen zu lassen. Beim großen Rodeo in San Antonio legt er sich deshalb mit einer Mafia von Schiebern und Wettbetrügern an. Sein Konkurrent Chad "Sonny" Cranton, der nur scheinbar ein sonniges Gemüt hat, will ihn mit unlauteren Mitteln ausschalten. Nur die schöne Rodeo-Queen Libby Levine hält zu ihm, auch als Curly unter Mordverdacht gerät ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 153
Veröffentlichungsjahr: 2021
Cover
Impressum
Sein letztes Rodeo
Vorschau
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
© 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Jordi / Bassols
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7517-0820-3
www.bastei.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Sein letztes Rodeo
Der Rodeoreiter Curly Sween weigert sich, an üblen Machenschaften teilzunehmen und sich bestechen zu lassen. Beim großen Rodeo in San Antonio legt er sich deshalb mit einer Mafia von Schiebern und Wettbetrügern an.
Sein Konkurrent Chad »Sonny« Cranton, der nur scheinbar ein sonniges Gemüt hat, will ihn mit unlauteren Mitteln ausschalten. Nur die schöne Rodeo-Queen Libby Levine hält zu ihm, auch als Curly unter Mordverdacht gerät ...
»He, was willst du, du mickriger Gockel?«, fuhr der stadtbekannte Hüne und Schläger Crap Owland den einen Kopf kleineren Rodeoreiter Monty Delgado an. »Deine Schwester ist eine Hure in El Paso, deine Familie frisst Dreck. Du kannst unseren Champ Paul Balderson niemals schlagen. Er wird der Gesamtsieger beim diesjährigen Rodeo. Er wird der King of the Cowboys von Lubbock. Du wirst es nicht.«
Delgado begriff, dass er arg in der Klemme steckte. Das Rodeo dauerte nun schon zwei Tage, der Abschlusstag stand bevor.
Delgado hatte sich beim Bronco Busting und Bull Riding, dem Bull Wrestling, dem Calf Roping und in den Wurfdisziplinen hervorragend geschlagen. Am letzten Tag sollte es den Ausscheidungskampf der Rodeo Champs geben.
Es ging um sehr hohe Preisgelder – und es ging um den Ruhm. Ganz Texas war im Rodeofieber. Es war die Attraktion und das Volksfest, das Spektakel schlechthin.
Delgado hatte in seinem Quartier am Wettkampfplatz keine Ruhe gefunden. Dort stand ein eigenes Dorf für die Rodeoteilnehmer und ihren Tross. Er hatte sich noch ein wenig in der Stadt umsehen und ein paar alkoholfreie Drinks genehmigen wollen. So war er in den »Lone Star Saloon« am Blackwater Draw geraten. Das hätte er lieber vermieden.
Die Rodeo Stars hatten ihre Anhängerschaft. Es gab bestimmte Lokale, welche die Fans der jeweiligen Matadore frequentierten. Wenn man für einen anderen Rodeo Star war, blieb man den Lokalen der gegnerischen Fangruppen lieber fern.
Delgado, der kleine Teufelskerl, hatte das missachtet. Er meinte, als Rodeoteilnehmer stünde er über den ungeschriebenen Regeln der Fangruppen. Crap Owland gehörte einer solchen Sauf- und Raufgruppe an. Er war ein Mann, der wenig von ehrlicher, harter Arbeit hielt, von einem Zechgelage oder einer zünftigen Rauferei umso mehr.
Mehrfach schon war er mit dem Gesetz in Konflikt geraten.
Delgado, den er im vollbesetzten Saloon stellte – auch vor dem Saloon und am Bach standen Tische –, erschien ihm als leichtes Opfer. Angetrunken, wie er war, wollte sich der Schläger profilieren und meinte außerdem, sich bei dem Lokalmatador Balderson und dessen Anhängern Liebkind machen zu können.
»Ich schlage dich ungespitzt in den Boden, du Wicht!«, dröhnte er und baute sich vor Delgado auf. »Du wirst morgen nicht in den Sattel steigen, du schmieriger Greaser!«
»Lass ihn in Ruhe, Crap«, nuschelte der Barkeeper um den kalten Zigarrenstummel im Mund herum. »Morgen wird es sich entscheiden, wer King of the Cowboys wird. Möge der Bessere gewinnen.«
»Du hältst du dich da raus!«, rief das Großmaul. »Oder ich begrabe dich hinter dem Tresen. Delgado, du Furz, deine Mutter ist eine syphilitische ...«
Das konnte Delgado nicht hinnehmen. Ob er allein und fünfzehn brutale Schläger gegen sich hatte oder nicht, das spielte keine Rolle. Er musste kämpfen, musste zeigen, dass er ein Mann war, und wenn es sein Leben kostete.
Er explodierte förmlich, stützte sich mit den Ellbogen hinten am Tresen ab und trat Owland, als dieser gegen ihn vorrückte, mit den Absätzen seiner hochhackigen Stiefel voll gegen die Brust. Den Schläger warf es zurück. Er wurde von ein paar seiner Freunde aufgefangen, schüttelte sich kurz und rannte auf Delgado los.
Der sprang auf den Tresen und trat dem anstürmenden Bullen voll ins Gesicht. Owland wog fast einen Zentner mehr als der kleine, sehnig-dünne und geschmeidige Rodeo Star.
Er meinte, ihn zerquetschen zu können. Doch der schmächtig wirkende Mexikaner war schnell wie der Blitz. Er bestand nur aus Sehnen und Muskeln. Owland entgleisten mehrere Gesichtszüge.
Delgado schnappte sich den Hammer, mit dem die Bierfässer angeschlagen wurden. Der walrossbärtige Barkeeper stand mit offenem Mund dabei. Der Rodeo Reiter haute Owland voll auf die Birne.
Man hörte es im gesamten großen Lokal. Owland stand stocksteif da. Er verdrehte die Augen, als ob er sich selbst ins Gehirn sehen wollte. Dann fiel er um wie ein Baum.
Wutgebrüll gellte auf.
»Was erlaubt sich der Greaser? Solchen wie ihm sollte man verbieten, sich mit US-Weißen messen zu dürfen!«
»Er hat sich das falsche Lokal ausgesucht. Dem brechen wir alle Knochen!«
»Der reitet kein Rodeo mehr, dieser Angeber!«
»Ich fürchte, er hat unseren guten Crap erschlagen!«
Delgado, der auf dem Tresen stand, wiegelte ab.
»Euer guter Crap hat den Stunk angefangen. Meine Familie kann ich nicht so beleidigen lassen, schon gar nicht mi Madrecita ...« Mein Mütterchen. – »... die in Ehren drüben in Sonora lebt und acht Kindern das Leben geschenkt hat. Sie darf keiner anrühren.«
»Auf ihn!«
Die Meute rückte vor, stiernackige Kerle, fünfzehn Mann. Unbeteiligte und alle, die sich heraushalten wollten, wichen zurück. Stimmen der Vernunft verhallten ungehört. Es ging im großen Saloon zur Sache.
Ein paar Saloongirls und Besucherinnen kreischten. Beim Rodeo gingen auch Frauen in den Saloon.
Delgado verschanzte sich hinter der Bar und schmiss mit Flaschen. Er traf mehrfach, und er warf und hart und gut. Doch damit konnte er die Meute nicht stoppen. Wie wildgewordene Stiere rannten sie an.
Delgado haute mit Flaschen drein. Als er dann sah, dass er so nicht weiterkam, und da er zudem fürchtete, dass man ihn totschlagen wollte, riss er die abgesägte Shotgun des Barkeepers unter dem Tresen hervor. Der Rodeo Star war zerrauft und zerzaust. Er hatte ein paar Fausthiebe einstecken müssen, keinen schweren Treffer. Sein Haar war wirr.
Sie hatten versucht, ihn über den Tresen zu ziehen. Zwei Gegner kamen um diesen herum. Einer hielt ein abgebrochenes Tischbein in den Fäusten. Crap Owland, der diesen Spektakel zu verantworten hatte, hockte am Boden.
Tot war er nicht.
Ein fanatisches Saloongirl keifte: »Schlagt den Mexikaner tot!«
Der Barkeeper war zurückgewichen. Er hielt sich heraus.
Die Meute stoppte vor der Doppelmündung der Shotgun. Die aufgebrachten Männer geiferten Delgado an. Sie lauerten darauf, dass er eine Schwäche zeigte.
»Wag es nicht zu schießen!«, drohte ein Rotschopf. »Auch wir sind bewaffnet. Wenn du abdrückst, schießen wir dich in Stücke. Wirf die Flinte weg, dann kommst du mit einer Tracht Prügel davon, an die du allerdings denken sollst.«
»Wer's glaubt«, hielt Delgado dagegen. »Lasst mich durch, lasst mich rausgehen. Ich bin Rodeoteilnehmer und will morgen wieder in den Sattel steigen. Dann sehen wir schon, ob euer Champ Balderson der Bessere ist. Oder ob Curley Sween besser abschneidet als ich. Ihr wollt euch doch nicht das spannende Finale versauen, Männer!«
Im Hintergrund wurde gelacht.
»Du nimmst nicht daran teil, du Hund. Waffe weg – oder schieß!«
Mit der Flinte hatte Delgado die Angreifer zurückgetrieben. Jetzt rückten sie vor, finster entschlossen. Wenn Delgado mit der Flinte den Schrot in die Menge pfefferte, würde er mehrere treffen. Doch tödlich war seine Schrotladung auf diese Entfernung nicht.
Von vorn und von der Seite rückten sie an. Aus dem Augenwinkel sah Delgado, der einen seiner Gala-Rodeo-Anzüge trug, wie ein Ordner auf der Empore oben mit dem Gewehr auf ihn anlegte.
Der Mann mit dem Bowlerhut zielte mit der Winchester auf ihn. Auf die Entfernung konnte Delgado ihn nicht mit einem Schrotschuss außer Gefecht setzen. Er wusste, jetzt war er dran.
Der Ordner, ein Rausschmeißer und grober Klotz, rief: »Lass die Gun fallen, Hundesohn! Oder es knallt.«
»Ja«, riefen andere zu ihm hinauf. »Aber triff ihn nicht tödlich. Wir wollen unseren Spaß mit ihm haben. Wir schleifen ihn am Lasso durch alle Straßen und rund um den Rodeoplatz.«
Zustimmende Rufe erschollen. Delgado schluckte. Er kam sich klein und verloren vor. Sollte er die abgesägte Greener fallen lassen und hoffen, dass er irgendwie am Leben blieb? Oder sollte er die Gun abfeuern und mit seinem Leben abschließen?
Ein Toter gewinnt kein Rodeo, schoss es ihm durch den Kopf. Und: So kann es gehen. Mal kurz an die frische Luft gegangen, sich umsehen wollen – und in so eine Lage geraten.
Der Winchestermann auf der Empore rief: »Ich zähle bis drei. Dann knallt es. Eins, zwei ...«
Ein Schuss krachte aus dem Hintergrund.
»Drei«, sagte eine sonore Männerstimme. »Ende der Vorstellung. Jetzt greife ich ein – Curly Sween, der beste Rodeoreiter von Texas und überall. Halt die Shotgun fest, Monty, und komm her zu mir. Das wollen wir sehen, ob die Bande da es mit uns zwei Teufelskerlen aufnehmen kann.«
Der Mann grinste. »Ja, glotzt nur, ich bin Curly Sween. Ich werde morgen das Rodeo gewinnen und der Erste sein. Curly Sween fordert euch heraus. Wer sterben will, legt sich mit mir an.«
✰
Es waren kühne Worte, die ein kühner, verwegener Mann sprach. Da stand er, denn der Lärm im »Lone Star Saloon« und das Geschrei hatten ihn angelockt. Als er begriff, was Sache war, sprang er vom Pferd, band es an und stürmte in den Saloon.
Er drängte sich zwischen die Gaffer. Einen Colt hatte er, zwei weitere Schießeisen entriss er im Vorbeigehen Männern, an denen sich er sich vorbeischob. Jetzt stand er da, in jeder Hand einen Revolver, einen dritten im Hosenbund.
Curly Sween, knapp sechs Fuß groß, hager wie ein Peitschenstiel, dunkelhaarig, mit scharfgeschnittenem Gesicht. Er trug prachtvolle Cowboykleidung mit Bat Wing Chaps und eine weiße, mit Fransen und Conchos aufwändig verzierte Wildlederweste.
Als Rodeo-Ass war er im Showgeschäft. Er musste den Zuschauern auch optisch etwas bieten und seiner Championrolle gerecht werden.
Er hatte dem Ordner in den Arm geschossen. Die Winchester war herabgefallen. Der Verwundete hielt sich den Arm und fluchte und stöhnte. Blut tropfte zwischen seinen Fingern hervor.
»Das hast du dir selbst zuzuschreiben«, wies ihn Curly zurecht. »Sei froh, dass ich dir nicht den dummen Kopf weggeschossen habe. Monty, worauf wartest du noch?«
Monty Delgado grinste breit wie ein Honigkuchenpferd. Seine Ohren bekamen Besuch von den Mundwinkeln. Er kam hinterm Tresen vor, erleichterte die beiden Schläger, die ihn von der Seite hatten packen wollen, um ihre Schießeisen – er war als einer der wenigen ohne Revolver unterwegs gewesen – und ließ die Shotgun fallen. Man machte ihm Platz.
Alle wichen zurück und starrten ihn und Curly Sween an. Das Blatt hatte sich gründlich gewendet. Delgado kam an Owland vorbei, der mit blutigem Gesicht am Boden hockte. Auf seinem kahlgeschorenen Vierkantschädel wuchs eine große Beule.
»Was hast du von meiner Mutter und meiner Schwester gesagt?«, fauchte Delgado ihn an.
»N-n-nichts. Ich nehme alles zurück und entschuldige mich in aller Form. Für morgen beim Rodeo wünsche ich dir viel Glück und den ersten Preis.«
»Lass das Paul Balderson nicht hören, den örtlichen Champion. Ich danke dir für die guten Wünsche, mein Freund. Der Schlag mit dem Holzhammer auf den Kopf war nicht böse gemeint. Ich wollte nur deine Denkvorgänge ein wenig anregen.«
Damit ging der kleine Rodeo Champ zu seinem Helfer und Retter. Er nickte ihm zu; ausführlich bedanken konnte er sich später. Die Gäste des Saloons, männliche und weibliche, und die Saloongirls sahen die beiden Rodeo Champs an. Sie waren Konkurrenten und doch beide vom selben Schlag, obwohl unterschiedlich groß.
Das Blut des angeschossenen Saalordners tropfte von der Empore herunter. Seine Knie gaben nach. Er setzte sich hin.
Als Curly und Monty den Saloon verließen, fragte dessen Besitzer, der ebenfalls anwesend war: »Und wer bezahlt mir den Schaden?«
»Der, der ihn angefangen hat«, antwortete Monty. »Und diejenigen, die auf mich losgingen und mich tot oder zum Krüppel schlagen wollten. Ich habe mich nur gewehrt.«
Draußen legten Curly und Monty jeder einen Arm um die Schultern des andern.
»Ich werde dir nie vergessen, dass du mir beigesprungen bist, Curly. Obwohl wir scharfe Konkurrenten sind. Wäre ich zusammengeschlagen worden, hättest du mich vom Hals gehabt. Uns trennen nur wenige Punkte.«
»Kleiner, wofür hältst du mich? Auf die Weise will ich den Preis nicht gewinnen. Wir beide und Paul Balderson, dieser Grinser, tragen das fair unter uns aus. Den ersten, zweiten und dritten Platz bei dem Lubbock Rodeo, einem der größten von Texas. Möge der Bessere gewinnen, also ich.«
»Genauso sehe ich das auch. Deshalb werde ich ganz oben auf dem Treppchen stehen.« Das war der Siegerpodest. »Aber den zweiten Platz lasse ich dir immerhin. Alle drei erste Rangplätze kann ich nicht belegen.«
Das Ego des kleines Mannes war ungeheuer. Das galt jedoch für alle Rodeo Stars. Der Jubel der Menge, die Wettkampfatmosphäre, der Wunsch, besonders zu sein und sich dafür zu zerreißen, das alles berauschte und prägte sie.
Einen bescheidenen Rodeo Champ fand man seltener als eine Jungfrau im Rotlichtmilieu von El Paso. Beide Männer waren sehr aufgekratzt, hatten sie doch wieder einmal gezeigt, wer sie waren. Keiner griff sie mehr an. Beide hatten ihr Pferd, prächtige Rösser, am Hitchrack stehen.
Ein Rodeo Star ging höchst selten zu Fuß. Selbst kürzeste Entfernungen legte er im Sattel zurück. Sein Pferd war zumindest, wenn er zu einem Rodeo in der Stadt weilte, entsprechend geschmückt. Monty reckte sich auf die Zehenspitzen und tuschelte Curly ins Ohr.
»Tatsache?«, fragte der. »Du willst mich im Mexikanerviertel zu zwei heißen Señoritas mitnehmen, wie du vereinbart hast? Schaffst du die Girls nicht allein?«
»Ich bin in allen Sätteln zu Hause, Hombre«, prahlte der Mexikaner. »Doch in dem Fall bin ich bereit, mit dir zu teilen. Oder hast du eine andere dringende Verabredung?«
»Mit einem weiblichen Fan? Ja, da wüsste ich Möglichkeiten. Doch in diesem Fall begleite ich dich. Mal sehen, wer mehr leistet und besser abschneidet.«
Lachend gingen sie zu ihren Pferden. Curly ritt einen prächtigen Braunen mit einer Blesse und weißen Strümpfen, hell gefärbt bis zum ersten Beingelenk. Monty saß auf einem verrückt gefleckten Pinto. Curlys Sattel und Zaumzeug waren schon prachtvoll anzusehen.
Doch Montys stellte ihn weit in den Schatten. Sein Sattel glänzte und war mit Ziselierungen versehen. Conchos und Silberplättchen sowie Halbedelsteine prangten am Zaumzeug des Pintos. Zudem klingelten kleine Glöckchen und kündigten den Reiter schon von weitem an.
Monty Delgado war nicht zu übersehen. Seine geringe Körpergröße machte er durch Äußerlichkeiten und sein Auftreten weg. Dennoch war er ein feiner Kerl, fair, furchtlos und ein guter Kamerad.
Der Sheriff und ein Deputy ritten heran, als die beiden Rodeoreiter gerade wegreiten wollten. Man hatte die Gesetzeshüter verständigt, aber sie kamen zu spät, um noch etwas auszurichten – wäre das überhaupt nötig gewesen.
»Was war los im >Lone Star Saloon<?«, fragte der Sheriff.
Die beiden schilderten es ihm. Es gab Zeugen, und obwohl Crap Owland und ein paar seiner Krakeeler-Freunde dagegen anschrien, war die Sachlage klar. Der Sheriff wies Owland zurecht.
»Halt die Klappe. Ein Wort noch, und ich sperre dich ein. Du bist ein Unruhestifter und ein Tunichtgut durch und durch. Ich habe genug von dir.«
»Aber«, protestierte der Raufbold, »wir sind angegriffen worden! Delgado hat mich provoziert, mir ins Gesicht getreten und mich niedergeschlagen.«
Die beiden Freunde, die sie geworden waren, blieben im Sattel. Der Sheriff war abgesessen.
»Grade habe ich es anders gehört«, sagte er zu Owland, dessen Nase schief stand und dessen Gesicht verschwollen und gezeichnet war. »Monty Delgado, ein Männlein von nicht mal einem Meter sechzig und hundertzwanzig Pfund, ist über dich und deine Kumpane hergefallen, behauptest du. Gegen zwei Dutzend Mann? Das soll ich glauben?«
»Diese Mexikaner sind heimtückisch. Und aufbrausend. Delgado ist durchgedreht. Er brach den Streit vom Zaun.«
»Jetzt reicht es. Du kommst mit, Owland. Den letzten Tag und Abschluss des Rodeos wirst du nicht als freier Mann erleben. Ich sperre dich ein. Du hast schon genug Ärger gemacht. Das Maß ist voll. Du gehst eine Woche in den Bau, aber bilde dir nicht ein, dass du dich darin ausruhen kannst. Du wirst Arbeitsdienst leisten. Nach dem Rodeo müssen die Tribünen abgebaut werden, und es ist allerhand wegzuräumen. Wenn das getan ist, kannst Gehsteige fegen, Latrinen ausleeren und den Inhalt entsorgen. Dann lernst du einmal, was Arbeit ist. Ihr beiden könnt losreiten.«
Als sie wegritten, dem Mexikanerviertel zu, hörten Curly und Monty hinter sich Owland protestieren und jammern.
»Sheriff, das können sie mir nicht antun! Ich habe nichts getan.«
»Du hast nie was getan, Owland. Nur seltsamerweise gibt es deinetwegen immer Probleme und Stunk. Den Schaden im Saloon bezahlen deine Freunde und du. Kein Widerwort mehr, sonst fällt die Strafe noch härter aus.«
Lachend bogen die beiden Freunde in eine Seitengasse ab. Sie ritten über die Brücke am Blackwater Draw und erreichten das Mexikanerviertel. Monty nahm die klingenden Schellen vom Zaumzeug ab. Er legte den Zeigefinger auf die Lippen.
»Pst, wir müssen diskret sein, Curly. Wir dürfen die Schwestern Ordonez nicht kompromittieren. Sie sind beide verlobt, doch einem Seitensprung mit einem Rodeo Champ meines Status nicht abgeneigt. Ihre Verlobten feiern Fiesta während des Rodeos. Sie saufen, dass ihnen der Pulque und Wein zu den Ohren herauslaufen. Ihre Novias, ihre Bräute vernachlässigen sie. Da muss ich doch einspringen.«
»Wie hast du die beiden denn kennengelernt?«
»Backstage, hinter den Ställen und Gattern.«
Dort schauten sich die Fans und Neugierige gern um, um die Luft des Rodeozirkus zu schnuppern. Zum Anfang und am Ende des dreitägigen großen Rodeos gab es je eine glanzvolle Parade. Die Wettkämpfe fanden unter begeisterter Anteilnahme des Publikums in einer Arena statt – Bronco Busting, Calf Roping, Lassowerfen, Bull Wrestling und all das.
Manchmal fand außerdem noch ein Kutschenrennen statt. Gaukler und Feuerschlucker traten im Rahmenprogramm auf. Kostümierte Cheerleader-Girls, die bei dem Rodeozirkus eine Menge Bein zeigten, wirbelten mit ihren Federbüschen und verrenkten sich.
Blaskapellen und aufwändig geschmückte Wagen und Kutschen durchzogen bei der Anfangs- und Schlussparade die Straßen. Es war ein Ausnahmezustand, man wollte und durfte sich amüsieren und die Pause vom Alltag genießen. Zurückhaltung und gesellschaftliche Regeln waren für die Zeit des Rodeos außer Kraft gesetzt.
Es gab Tanzveranstaltungen und Abendshows zusätzlich zu den Rodeowettkämpfen. Besucher kamen von weither und ließen eine Menge Geld in der Stadt. Die Städte in Texas und anderswo wetteiferten darum, das größte und beste Rodeo zu gestalten, und trieben die Preisgelder für die Rodeoteilnehmer hoch. Es war ein wildes und wirbeliges Geschäft und eines mit Risiken.
Manch einer hatte sich schon bei den Wettkämpfen das Genick gebrochen oder bleibende Schäden davongetragen. Ein Rodeo Cowboy ohne Knochenbrüche, den gab es nicht.