Jack Slade 949 - Jack Slade - E-Book

Jack Slade 949 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Bei einem Kaff in Wyoming wird eine skalpierte Leiche gefunden. Wenig später erscheint ein Fremder in der Stadt und fängt an, Fragen zu stellen, in Wunden zu stochern, den Leuten auf die Nerven zu gehen. Denn das Städtchen hat seine dunklen Seiten, auf die niemand gern blicken möchte. Schließlich liegt der Schatten eines machthungrigen Großranchers über allem. Als jedoch auch noch eine Untat im fernen Louisana eine schwarze Rächerin nach Douglas lockt, kocht der Brei aus Vertuschungen und Selbstbetrug über ...


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Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Um Skalp und Leben

Vorschau

Impressum

Um Skalpund Leben

Bei einem Kaff in Wyoming wird eine skalpierte Leiche gefunden. Wenig später erscheint ein Fremder in der Stadt und fängt an, Fragen zu stellen, in Wunden zu stochern, den Leuten auf die Nerven zu gehen. Denn das Städtchen hat seine dunklen Seiten, auf die niemand gern blicken möchte. Schließlich liegt der Schatten eines machthungrigen Großranchers über allem. Als jedoch auch noch eine Untat im fernen Louisana eine schwarze Rächerin nach Douglas lockt, kocht der Brei aus Vertuschungen und Selbstbetrug über ...

Ritch Hennessey grabschte dem Saloongirl Elsie an die Brust und fasste ihr unter den Rock. Das Mädchen kreischte und schlug ihm auf die Finger. Der angetrunkene Ranchersohn schlug sofort zurück.

Er verpasste Elsie eine derartige Ohrfeige, dass sie wegtaumelte und zu Boden stürzte. Der Barkeeper griff ein.

»He, Ritch, das kannst du hier nicht machen! Das geht entschieden zu weit.«

Ritch plusterte sich auf. Er war groß, wunders wie eingebildet, weil er einen reichen und mächtigen Vater hatte, war arrogant, stolz und dumm. Mit seinen dreiundzwanzig Jahren ein stattlicher Bursche, nur eben hohl im Kopf.

»Du hast mir gar nichts zu verbieten, du lausiger Schnapspanscher. Wenn ich dem Girl an die Pussy fassen will, tu ich das. He, Elsie, du nimmst mir den Schlag doch nicht übel? Mir ist nur kurz mal die Hand ausgerutscht. Hey, wir gehen hoch aufs Zimmer, dort nehme ich dich ran. Es lohnt sich für dich. Ich bin ein Gottesgeschenk für die Frauen und in jeder Hinsicht gut bestückt. Da ...« Er deutete zwischen seine Beine. »... und da.«

Er rieb Daumen und Zeigefinger, die Geste des Geldzählens. Ritch wandte sich an seine beiden Begleiter, Cowboys der Crossbow Ranch.

»Ihr könnt zusehen. Vielleicht sogar mitmachen.« Er lachte wiehernd. »Na, Pussy, komm hoch.«

Elsie rieb sich die anschwellende Wange. Ihre Augen funkelten.

»Da mache ich nicht mit«, sagte sie, stand auf und rieb sich weiterhin die Wange. »So nicht. Mach es dir selbst, Little Ritch, oder treib es mit deinen zwei Cowboys. Ich will von dir nichts mehr wissen.«

Ritch – sein Vater war Walt Hennessey, den sie den King nannten und der seinen Schatten über das gesamte Thunder Basin Land warf – fasste es als ein Schimpfwort auf, Little Ritch genannt zu werden. Er sah Elsie böse an, nahm die Whiskyflasche vom Tresen und trank direkt daraus.

»Nenn mich nicht so. Ich bin Ritch Hennessey, der zweibeinige Tiger. Mich weist keine Frau zurück – ich bin der beste Reiter und Schütze im Land! Ist es nicht so?«

Der Saloon war gut besetzt. Ritch sah in die Runde.

»Mach mal halblang, Ritch«, mahnte der Schmied von Douglas. Er trank im Saloon sein Feierabendbier. »Du hast zu viel getrunken.«

»Ich bin stocknüchtern«, behauptete Ritch. »Keiner soll wagen, das Gegenteil zu behaupten, sonst kriegt er eins auf die Fresse oder gleich eine blaue Bohne ins Hemd. Elsie, du gehst mit nach oben. Sofort!«

»Nein«, zischte das Saloongirl. »Dich lasse ich nicht mehr ran, nachdem du mich geschlagen hast. Eher würde ich es mit einem grindigen Navajo treiben.«

Das war der erste Indianerstamm, der ihr in den Sinn kam.

»Das kannst du vergessen.«

Ritch ging zu ihr und packte sie derb am Arm. Seine beiden Kumpane, junge Cowboys, die sich bei ihm einschmeichelten, weil er der Sohn des mächtigsten Ranchers im Land war und sie was davon hatten, traten ihm zur Seite.

Elsie sträubte sich. »Nein. Lass mich los. Nein, habe ich gesagt!«

Der bullige Schmied und andere erhoben sich. Es war immer noch ein frauenarmes Land.

Außerdem tat man einer Frau keine Gewalt an und beleidigte sie nicht, auch nicht, wenn sie ein Saloongirl mit lockerer Moral war. Das vergaß Ritch in seiner Trunkenheit.

»Lass Elsie in Ruhe!«, befahl der Schmied. »Geht – alle drei. Ihr habt genug für heute. Solche Sitten dulden wir in Douglas nicht.«

Er ging auf Ritch zu. Elsie trat diesem ans Schienbein und riss sich los.

»Au!« Ritch regte sich auf. »Klar kommt das Luder mit. Wir legen sie alle drei flach, so wahr ich Ritch Hennessey bin. Das wollen wir doch mal sehen.« Herausfordernd sah er sich um. »Mein Vater kann diesen Drecksschuppen mit allem lebenden und toten Inventar jederzeit aufkaufen. Aus der Westentasche. Dich, O'Toole, und deine lausige Schmiede dazu, du dämlicher irischer Kartoffelfresser. Elsie, komm her!«

»Nein.« Auf Elsies Wange sah man alle fünf Finger von Ritch. Das Saloongirl war so aufgebracht, dass es auf den Boden spie. »Lieber will ich krepieren!«

»Bringt sie mir!«, befahl Ritch seinen beiden Freunden.

Als sie auf Elsie zugingen, stellten sich der Schmied und andere ihnen in den Weg. Der bärenstarke Schmied versetzte einem der Crossbow-Cowboys einen Stoß, dass er zurückflog und erst nach ein paar Metern zum Stillstand kam. Dem anderen drohte O'Toole mit der gewaltigen Faust.

»Soll ich dir eine reinhauen?« Der Cowboy wusste, dass er gegen den Schmied keine Chance hatte. Er wich von sich aus zurück.

Der Schmied näherte sich Ritch. »Wie hast du mich genannt, Bürschchen? Ich werde dir einen Kartoffelfresser geben. Auf der Stelle wirst du dich bei Elsie entschuldigen. Dann verlasst ihr alle drei den Saloon. Wenn ihr nüchtern seid, könnt ihr wiederkommen.«

»Das hast du nicht zu bestimmen«, widersprach Ritch.

»Ich bin auch dieser Meinung«, stimmt der Barkeeper dem Schmied zu.

Ihm gehörte der Saloon nicht, aber er hatte was zu sagen.

Als Ritch zögerte, streckte der Schmied die Faust aus, um ihn am Kragen zu packen. Der Ranchersohn wich sofort zurück und zog seinen Colt.

»Halt! Fass mich nicht an. Mein Vater wird erfahren, was hier geschah.«

»Wird er das?«, antwortete der Schmied. »Sag's ihm nur, deinem Dad. Und deiner Mom auch.« Im Saloon lachten einige. »King Hennessey wird dir mit der Peitsche eins überziehen, wenn er hört, wie du dich besoffen aufführst. Entschuldigst du dich, oder ...« Ungeachtet des Revolvers trat er auf Ritch zu. »Du weißt, dass ich keine Waffe trage. Willst du einen unbewaffneten Mann erschießen? Dann hängen sie dich, egal, wer dein Vater ist.«

Ritch spannte den Hammer, obwohl es ein Double Action Colt war und es nicht nötig gewesen wäre.

»Ich warne dich, O'Toole!«

»Du hast wohl Angst vor einer Tracht Prügel, du Lump. Frauen kannst du schlagen. Versuche es mal mit einem richtigen Mann – mit mir.«

Es knackte. Der Barkeeper hatte die Shotgun unter dem Tresen hervorgeholt. Er konnte damit Ritch und seine beiden Freunde zusammen erwischen. Diese standen unbehaglich dabei. Dass sich alle im Saloon gegen sie stellen würden, damit hatten sie nicht gerechnet.

»Ritch, komm, wir gehen«, sagte der eine.

»Erst entschuldigt er sich«, beharrte starrköpfig der Schmied auf seiner Forderung.

Er nahm Ritch den Revolver weg. Der Ranchersohn traute sich nicht, abzudrücken. Weniger aus Fairness als vielmehr aus Angst, vom Barkeeper weggepustet oder gehängt zu werden. O'Toole warf den Revolver weg.

»Entschuldige dich!« Er drohte Ritch mit der Faust.

Der wandte sich zähneknirschend an Elsie: »Ich ... entschuldige mich. Ich ... habe mich vergessen. Ich ... ich habe nicht zuschlagen wollen.«

»Geschenkt, Ritch«, sagte das Saloongirl. »Zu mir brauchst du nicht mehr zu kommen. Auf Frauenschläger lege ich keinen Wert. Wirf sie raus, Bill.«

Bill hieß der Barkeeper.

»Das habe ich schon«, erwiderte der. »Zahlt eure Zeche und haut ab.«

Ritch warf einen Golddollar auf den Tresen, wo er sich drehte und schließlich liegen blieb.

»Den Rest kannst du behalten. Gib mir 'ne Flasche mit.«

»Von mir aus auch zwei. Aber das kostet extra bei dem, was ihr schon versoffen habt. Und für Elsie dazu.«

Das Saloongirl hatte auf Kosten von Ritch getrunken, hauptsächlich Zuckerwasser oder Limonade, was aber teuer als Cocktail berechnet wurde. Ritch rückte weiteres Geld heraus.

Er erhielt zwei Flaschen Whisky. Einer seiner beiden Begleiter nahm sie in Empfang. Ritch verlangte seinen Colt zurück.

»Den kriegst du, wenn ihr draußen seid«, beschied ihm der Schmied.

Die drei von der Crossbow Ranch zogen beschämt ab. Wie geprügelte Hunde fühlten sie sich. Draußen nahmen sie ihre Pferde vom Hitchrack und saßen auf. Im Saloon hatten sie nur drohende, abweisende Mienen gesehen.

Der Schmied schritt durch die Schwingtür und warf Ritch seinen Revolver zu. Der griff danach, verfehlte ihn aber, weil er betrunken war. Der Revolver fiel auf die Straße.

»Hol ihn mir«, verlangte Ritch von dem Schmied.

Der schüttelte den Kopf. »Hol ihn dir selbst.«

Damit kehrte er in den Saloon zurück. Ritch musste wohl oder übel absitzen. Seine beiden Kumpane hatten auch keine Lust abzusteigen – es war nicht ihr Colt.

Als Ritch seine Waffe aufgehoben und ins die Holster gesteckt hatte, erschien endlich der Sheriff. Ihm war gemeldet worden, was im »Pathfinder Saloon« geschah. Weil es sich um King Hennesseys Sohn handelte und diesem keine Lebensgefahr drohte, ließ der Sheriff den Dingen ihren Lauf. Mit dem King wollte er es sich nicht verderben. Ritch hatte sich übel benommen, zurechtgestutzt hatten ihn andere.

Der dicke Sheriff war damit fein raus. Letztendlich musste er sich doch einmal zeigen, um seinem Amt gerecht zu werden.

Er sagte: »Es ist besser, wenn ihr die Stadt verlasst. Kehr auf die Crossbow Ranch zurück, Ritch.«

»Du jagst uns aus der Stadt!«, giftete Ritch ihn an. »Du gibst uns ein Stadtverbot?«

»Wenn ihr nüchtern seid, könnt ihr wiederkommen. Die Crossbow ist wichtig für Douglas. Doch heute seid ihr nicht mehr willkommen. Es hat genug Ärger gegeben.«

»Du fetter Scheißkerl!«

Der Sheriff überhörte das. Die drei ritten aus der Stadt. Der Sheriff rückte seinen Revolvergurt unterhalb des Bauchs zurecht und kehrte in sein Office zurück. In den Saloon wollte er nicht gehen.

Kurz darauf ließen sich Ritch und seine beiden Kumpane an der Überlandstraße nach Wright und Gillette in nördlicher Richtung unter einer Ulme nieder. Dort tranken sie und redeten über ihren Frust wegen der erlittenen Abfuhr in Douglas.

Es war früher Abend. Die Sonne stand noch für eine Weile über den Horizont. Von Osten her führte die Bahnlinie der Wyoming Central Railway vorbei. Die Abendsonne glitzerte auf den Schienen.

Seit Douglas vor zwei Jahren, 1886, eine Bahnstation geworden war, hatte das vorher kleine Kaff einen enormen Aufschwung genommen. Die Crossbow Ranch profitierte gewaltig davon. Die Bahnlinie führte durch King Hennesseys Land, und er erhielt dafür eine gewaltige Summe.

Außerdem hatte er frühzeitig von dem geplanten Bahnbau erfahren und sich Grundstücke angeeignet und Land erworben, für das er von der Eisenbahngesellschaft und der Regierung eine Menge Geld erhielt. Seitdem war er der King in Wyoming. Vorher war er schon eine Größe gewesen – Big Walt hatte man ihn damals genannt.

Ritch war sein einziger Sohn und sein einziges Kind, nachdem der ältere Bruder Ryan sich bei einem Reitunfall das Genick gebrochen hatte. Ritch war verwöhnt – vorher hatte man ihn, den Zweitgeborenen, nie als Rancherben angesehen und entsprechend erzogen und hart rangenommen.

Jetzt sollte er plötzlich diese Rolle ausfüllen und Schuhe anziehen, die ein paar Nummern zu groß für ihn waren.

Ritchs Mutter lebte noch, doch sie trat kaum in Erscheinung und hatte nichts zu sagen.

Missmutig trank Ritch mit seinen Kumpanen Doug Kitchener und Raoul Gaff. Während die Sonne tiefer sank, wurden sie immer betrunkener und missmutiger. Die Abfuhr, die sie in Douglas erlebt hatten, wurmte sie mächtig. Eine Weile hatten sie sich daran hochgezogen, Rachepläne zu schmieden und sich gegenseitig zu erzählen, was sie dem Saloongirl Elsie, dem Schmied, dem Barkeeper und anderen antun wollten.

Im Suff fassten sie Vorhaben wie Elsie Nase und Ohren abschneiden, sie sonst wie verstümmeln – die Brüste – und anderes mehr. Den Saloon hätten sie gern abgefackelt.

»Wir gehören zur Crossbow Ranch, der größten Ranch in Wyoming!«, tönten die drei und tranken sich fleißig zu. Ihre Sprache wurde verwaschener und undeutlicher. »Wir sind die goschartigen ... großartigen Crossbow-Jungs.«

»Ich hole – hick – die Mannschaft zusammen«, sagte Ritch. »Wir sind eine verschworene Gemeinschaft – hupp – aus Blut und Eisen. Die Crossbow-Mannschaft wird wie ein Schorna... Tornado über Douglas kommen und blutige Rache nehmen.«

Der Schnaps entlockte ihm einen Rülpser.

»Jungs, ich muss pissen. Trinkt nicht alles weg, bis ich wiederkomme.«

Eine Flasche hatten sie geleert, die andere war noch halb voll. Sie waren voll wie die Haubitzen und in gefährlicher Stimmung. Ritch torkelte zu einem Busch und erleichterte sich.

In seiner Trunkenheit war ihm das nicht klar, aber Walt Hennessey, sein Vater, würde nie eine Racheaktion gegen den »Pathfinder Saloon« und bestimmte Personen und schon gar nicht gegen die von ihm unter anderem Namen damals gegründete Stadt Douglas erlauben. Im Gegenteil würde er mit seinem Filius Schlitten fahren, wenn er hörte, was sich abgespielt hatte.

Ritchs Blick schweifte umher, während er urinierte. Verschwommen, undeutlich zunächst sah er einen Reiter auf der Straße. Weit und breit war sonst niemand in der Nähe.

Ritch verstaute sein Teil in der Hose. Er kniff die Augen zusammen um klarer zu sehen. Er täuschte sich nicht.

Er kehrte zu seinen Kumpanen zurück.

»Da kommt einer. Auf dem Weg nach Douglas.«

»Ja, und?«

»Den schauen wir uns mal an. Den knöpfen wir uns vor.«

»Wozu soll das gut sein?«

»Frag nicht, kommt einfach mit.«

Zu dritt gingen sie zur Straße. Da sie nun ein Vorhaben hatten und nicht einfach sinnlos tranken und schwätzten, wurden sie etwas klarer im Kopf. Der Reiter näherte sich. In der Ferne sah man einen dunklen Punkt. Er kam aus derselben Richtung wie der Reiter.

Das war die Postkutsche von Norden her, Streckenabschnitte Gillette, Wright und Douglas. Während die Postkutsche größer wurde, hielten die drei den Reiter an.

Er ritt ein geflecktes Pony, einen Mustang, und hatte einen hochkronigen alten Hut auf, einfache Kleidung und einen Remington im Gürtel. Sein bronzefarbenes Gesicht verriet seine indianische Abstammung. Ein reinblütiger Indianer war er jedoch nicht, sondern ein Mischblut.

Er hatte langes grauschwarzes Haar, dunkle Augen, deren Blick verriet, dass sie viel gesehen hatten, und ein zerfurchtes Gesicht.

»Das ist ein Indianer«, sagte Ritch.

»Ein Halbblut«, sagte Kitchener. »Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer.« Er lachte gehässig. »Und die Halbblute, die nirgendwo hingehören, sind noch übler und schlimmer.«

Gaff stellte sich dem Halbblut in den Weg.

»Halt an! Sofort.«

Der Reiter zügelte sein Pferd.

»Was wollt ihr von mir? Lasst mich vorbei.«

»Zuerst musst du uns Rede und Antwort stehen. Steig ab! Nimm den Hut ab, wenn du mit einem weißen Mann redest.«

Das Halbblut blieb im Sattel. Kitchener zog den Colt.

»Runter vom Gaul, hab ich gesagt! Oder es knallt.«

Der Halbindianer stieg von seinem Mustang. Er wollte keinen Streit mit den Betrunkenen. Hinter ihm kam die Kutsche. Sie war nun schon so groß wie eine Streichholzschachtel zu sehen und näherte sich rasch.

Ritch und Gaff zogen ebenfalls ihre Revolver. Kitchener ging zu dem Halbblut, sicherer auf den Beinen jetzt, und entwaffnete den Mann.

Er warf den Revolver und das große Messer zur Seite.

»Da, ins Gebüsch!«, befahl Ritch.

Sie packten den Halbindianer, der schon älter war, und schubsten und zerrten ihn in die Büsche. Dort blieb er stehen, von der Straße aus war er mit dem Rücken zu sehen. Kitchener hielt ihn den Revolver an den Bauch, sodass er ihn gegen die Kutsche verdeckte.

Die Kutsche mit dem Sechsergespann näherte sich in donnerndem Galopp. Der Kutscher und der Shotgun saßen am Bock. Ritch winkte ihnen zu. Kitchener hielt das Halbblut in Schach, Gaff stand am Rand des Gebüschs und hielt den Revolver so, dass man ihn von der Straße und von der Kutsche aus ebenfalls nicht sehen konnte.

Die Stagecoach hielt nicht an. Es war eine rote Wells Fargo Kutsche mit dem Wells Fargo Emblem an den Türen. Die Insassen blickten nur kurz zur Seite. Der Kutscher wollte den Fahrplan einhalten und Zeit aufholen.

Für ein paar Männer an der Straße, die offensichtlich nicht mitfahren wollten, hielt er nicht an. Sonst wäre er nie vorangekommen.

»Hoyahhh! Hüh! Lauft, ihr Zossen!«

Der Shotgun hob grüßend die Hand, als die Kutsche an Ritch vorbeifuhr. Dann war sie vorbei und zog eine Staubwolke hinter sich her. Kitchener hatte das Halbblut bedroht, damit sich der Mann ruhig verhielt.

»Sonst erschieße ich dich, du Pferdedieb.«

»Ich bin kein Pferdedieb.«

»Wir sagen, du bist einer.«

Während die Kutsche weiterfuhr und sich entfernte, glaubte das Halbblut noch, glimpflich davonzukommen. Kitchener und Gaff führten ihn hinter die Anhöhe, auf der sie zuvor unter der Ulme gesessen hatten. Ritch brachte den Mustang des Halbbluts.

Er band ihn an einem Strauch an. Der Halbindianer stand bei Kitchener und Gaff. Von der Straße aus war er nun nicht mehr zu sehen. Dort kam ohnehin niemand vorbei. Weit dehnte sich das Land unter der sinkenden Sonne.

Die Arme des alten Mannes hingen schlaff herunter.

»Was soll das nun werden?«, fragte er. »Was habt ihr mit mir vor? Ich habe euch nichts getan.«

Die drei schauten sich an. Gaff hatte die halbleere Whiskyflasche mitgebracht.

»Trink mit uns«, verlangte er und reichte sie dem Halbblut.

Der Mann schüttelte den Kopf.

»Ich trinke keinen Alkohol. Ich trinke nie.«

Ritch nahm die Flasche, zog den Korken mit den Zähnen und schüttete dem Halbindianer mit einer raschen Bewegung Whisky ins Gesicht.

»Wenn der Cowboy hier sagt, trink, dann trinkst du. Ist das klar?«

Der Halbindianer schwieg.

»Packt ihn«, befahl Ritch den zwei Cowboys. »Haltet ihn fest. Er hat zu gehorchen.«

Gaff widersprach ihm: »Was willst du den guten Whisky an das dreckige Halbblut vergeuden? Von der halben Flasche wird er sowieso nicht besoffen, wenn du sie ihm einflößt. Den Whisky brauchen wir für den Heimweg.«

»Da hast du auch wieder recht. Was schlägst du vor, Raoul, sollen wir mit ihm machen?«

»Am Baum aufhängen. Ein paarmal hochziehen und wieder runterlassen. Oder wir lassen ihn baumeln. Oder wir schlagen ihn einfach ein wenig zusammen und trampeln auf ihm rum. Ich höre es gern, wenn Knochen knacken.«

Das Halbblut begriff, dass er einen schweren Fehler gemacht hatte, nicht zu schreien, als die Kutsche vorbeifuhr. Doch noch glaubte er, sich aus der Affäre ziehen zu können.

»Was habt ihr davon, wenn ihr mich zusammenschlagt?«, fragte es. »Ich bin ein alter Mann. Macht es euch Spaß, einen alten Mann zu misshandeln? Lasst mich einfach gehen. Vergessen wir das Ganze.«

»Er trinkt nicht«, sagte Ritch, »er wehrt sich nicht. Mit ihm ist nichts anzufangen. Er jammert und fleht und bettelt auch nicht. Der Bastard ist einfach langweilig.«

»Wenn ihr mich erschrecken wolltet, ist euch das gelungen. Lasst uns das jetzt beenden.«

Das Englisch des Halbbluts war fehlerfrei. In den Köpfen des Ranchersohns und der beiden Cowboys rumorten die alkoholischen Nebel. Vielleicht hätten sie ihn dennoch einfach laufen lassen, des Spaßes überdrüssig, der sowieso keiner war.

Doch Ritch fragte: »Wie heißt du?« Er wollte endlich den Namen wissen.

»Navajo Joe.«