1,99 €
Der Llano Estacado, auch Staked Plains, die riesige Staubwüste im Süden der USA. Eine Bande gespenstisch wirkender Raubmörder hat sich hier eingenistet und beraubt Postkutschen. Die Dust Devils halten die kleinen Städte und die spärlichen Siedlungen im Griff der Angst und des Schweigens. Dabei hilft ihnen die Fantasie der Menschen, die aus den maskierten Gestalten inmitten der zahlreichen Staubwirbel der Wüste übernatürliche Wesen macht.
Die Texas Rangers sind bislang an der Aufgabe gescheitert, die Dust Devils zur Strecke zu bringen. Da wendet sich der Gouverneur von Texas an die bekannte Kopfgeldjägerin und Pinkerton-Detektivin Ava Sharp. Das drückende Schweigen aus Angst, das alle Menschen in und um den Llano Estacado im Griff hält, macht ihr die Arbeit nicht leicht. Ob ein herumirrendes Original oder die wilden Comanchen ihr weiterhelfen können?
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 161
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Hetzjagd auf die Llanogeier
Vorschau
Impressum
Hetzjagdauf dieLlanogeier
Der Llano Estacado, die riesige Staubwüste im Süden der USA. Eine Bande gespenstisch wirkender Raubmörder hat sich hier eingenistet und beraubt Postkutschen. Die Dust Devils halten die kleinen Städte und die spärlichen Siedlungen im Griff der Angst und des Schweigens. Dabei hilft ihnen die Fantasie der Menschen, die aus den maskierten Gestalten inmitten der zahlreichen Staubwirbel der Wüste übernatürliche Wesen macht ...
Staubfahnen wehten durch die Straßen von Lubbock. Tumbleweed-Büsche torkelten und taumelten darin, von dem heißen Wind aus dem Llano geblasen. Die Sicht betrug zeitweise nur noch wenige Meter. Die Luft war schwül und kaum atembar, aber für die Town Lubbock war das besonders im Sommer nicht ungewöhnlich.
Im »Sonora Saloon« saßen neben anderen Gästen und zwei Saloongirls drei Texas Ranger, hagere, harte und zähe Burschen, bis an die Zähne bewaffnet, mit tief geschnallten Colts.
Einer fummelte dem Saloongirl Elsie im Ausschnitt herum und betatschte ihre durchaus attraktiven Brüste. Die Brünette hockte auf seinem Schoß.
»Lass das«, sagte die Hübsche im Flitterkleid. »Bei der Hitze und bei dem Staub geht bei mir überhaupt nichts.«
»Wann denn sonst?«, fragte der schnauzbärtige Ranger. »Ich habe Lust auf einen heißen Ritt. So schnell können wir sowieso nicht losreiten, um die Dust Devils zu suchen, diese Banditen. Meine Partner und ich werden ihnen schon einheizen, diesen Bastarden.«
»Passt auf, dass sie euch nicht erwischen«, sagte Elsie und wehrte wieder die Hand des Rangers ab. Diesmal wollte er ihr unter den Rock fassen. »Ich habe doch gesagt ...«
»Keine Lust«, erwiderte der Ranger. »Komm schon, wir gehen hoch auf dein Zimmer. Dann mach einfach die Beine breit. Für deine Lust sorge ich schon.«
Die anderen Saloongäste, zwanzig Mann, und die beiden Partner des scharfen Rangers sahen zu. Die Saloontür war geschlossen, und ein Tuch hing zudem davor, um den Staub abzuhalten. Man hatte alle Ritzen verstopft, so gut es nur ging.
Trotzdem drang der feinkörnige Staub überall ein. Er knirschte zwischen den Zähnen, lagerte sich im Whiskey und in anderen Getränken ab, machte das Atmen zur Qual.
»Komm schon«, drängte der Ranger Jack Arrow. »Die Hitze heizt mich an. Ich platze vor Geilheit.«
Elsie sträubte sich noch ein wenig. Arrows Hand war ihr unter den Rock geglitten. Er tastete, fühlte. Riss weit die Augen auf.
»Du hast ja kein Höschen an!«
»Das ist in der Wäsche«, antwortete sie schlagfertig.
Arrow spürte das Kribbeln ihrer Schamhaare, die Schamlippen, steckte zwei Finger in ihre feuchte Wärme.
»Kommst du jetzt mit hinauf, du Luder, oder soll ich dich gleich hier über den Tisch legen und rannehmen? Glaub nur nicht, dass ich das nicht mache. Ich bin Jack Arrow, der Mann mit dem dicken Hammer, der Stier von Texas. So wie ich kann es keiner.«
»Gib nicht so an, Jack.«
»Ich werde es dir beweisen.«
Der hoch gewachsene Ranger stand auf. Dabei glitt Elsie von seinem Schoß. Als er sie am Arm packte und zur Treppe zum Obergeschoss ziehen wollte, flog die Tür des Saloons auf. Ein wuchtiger Rammstoß mit einem Balken hatte sie aufgesprengt.
Eine Staubwolke quoll herein und vernebelte die Sicht. Die beiden anderen Rangers sprangen auf. Alle drei Texas Rangers griffen zu ihren Waffen.
Aber es war schon zu spät. Noch ehe sie klar sehen konnten und erfassten, was vorging, schälte sich eine unheimliche Gestalt aus dem staubigen Nebel.
Hoch gewachsen, in einen sandfarbenen Staubmantel gehüllt, den Hut tief in die Stirn gezogen, eine sandfarbene Maske mit zwei Augenlöchern darin vorm Gesicht. Der Staubteufel – es war einer der berüchtigten Dust Devils – hielt in den behandschuhten Fäusten je einen langläufigen Buntline Colt.
Beide Waffen krachten und spuckten Feuer. Die Rangers fielen – Jack Arrow wurde in die Stirn getroffen, und seine Augen kippten nach oben weg, als die Kugel ihm das Gehirn zerriss und den Hinterkopf wegfetzte. Die beiden anderen waren ins Herz getroffen.
Das war das Werk einer Sekunde. Drei schnelle, präzise, tödliche Schüsse, deren Knalle kaum voneinander zu unterscheiden waren. Nur ein Ranger konnte noch vor sich in den Boden schießen. Dann lagen sie da.
Der heiße Wind fauchte herein. Ein dürrer Tumbleweed-Busch segelte mit dem Staub in den Saloon.
Elsie schrie gellend auf und schlug die Hände vor den Mund. Entsetzt starrte sie auf die drei Toten, besonders Jack Arrow, der vor ein paar Augenblicken noch so lebendig und lüstern gewesen war. Dessen Hände und Finger sie an den intimsten Stellen gespürt hatte.
Von den anderen im Saloon rührte sich niemand. Wie erstarrt saßen sie da, voller Entsetzen. Der gesichtslose Todesschütze war nicht allein gekommen. Zwei weitere von seiner Art tauchten bei ihm auf, in Staubmäntel gehüllt, die Maske aus Sackleinen vorm Gesicht.
Beide mit jeweils einer Shotgun im Anschlag. Mit ihren Schießeisen konnten die drei Maskierten im Saloon ein Massaker anrichten. Keiner wagte es, auch nur die Hand zu heben oder in die Nähe einer Waffe zu bringen.
»Das war es für heute«, sagte der Mordschütze. »Wir sind die Staubteufel, die Geister des Llano Estacado. Wir lassen uns nicht jagen. Auch von den Rangers nicht. Lasst euch das eine Warnung sein. Wir sind Gespenster, ihr könnt uns nicht töten. Wer es versucht oder sich gegen uns stellt, der stirbt.«
Heiß fauchte der Wind. Es war eine schreckliche, gespenstische Szene. Die Zähne des anderen Saloongirls klapperten wie Kastagnetten. Ein auf dem Stuhl am Tisch sitzender Gast pinkelte sich vor Angst in die Hose. Ein nasser Fleck erschien an seiner Hose und wurde größer.
Der Urin floss ihm in den Stiefel.
»Da macht einer sich nass«, höhnte der Mordschütze. »Wir verschwinden jetzt. Der Sandsturm nimmt uns auf. Merkt euch, was ich gesagt habe. Kein Widerstand gegen die Staubteufel. Ihr wisst von nichts, und ihr seht und hört nichts. Das Llano gehört uns. Bezahlt eure Abgaben, euer Schutzgeld – oder ihr fahrt zur Hölle. Ist das klar, ihr Hunde?«
Sie nickten gehorsam.
»Rührt euch nicht von der Stelle.«
Damit verschwanden die drei, als hätte es sie nie gegeben. Das Saloongirl klapperte immer noch mit den Zähnen. Der Hosenpinkler wagte nicht aufzustehen.
Elsie zitterte über der Leiche des Mannes, der mit ihr hatte Sex hatte haben wollen. Die Zeit dehnte sich endlos lange. Keiner rührte sich im Saloon.
Dann flaute der heiße Wind ab. Die Wetterumschwünge erfolgten in Lubbock und überhaupt im Llano sprunghaft und plötzlich.
Wenn dir das Wetter in Lubbock nicht gefällt, lautete ein geflügeltes Wort, warte eine Stunde. Dann ist es völlig anders.
Der Staub im Saloon senkte sich. Die Wanduhr knarrte und schlug dann die volle Stunde.
Ein Saloongast fragte: »Sind das Menschen, die sich hinter der Maske verbergen, oder Geister?«
»Frag nicht, Adam«, antwortete ihm der Barkeeper. »Ob Mensch oder Teufel, jedenfalls hat die Hölle sie ausgespuckt. Leg dich bloß nicht mit denen an. Du siehst, wie es den drei Rangers ergangen ist, und das waren harte gefährliche Burschen. Wir zahlen unsere Abgaben, dann passiert uns nichts. Gegen die Dust Devils kommt keiner an.«
Ein Saloongast räusperte sich, um die Kehle freizubekommen. Eine Staubschicht lag überall im Saloon und puderte auch die Leichen. Ihr in den Dielenritzen versickerndes Blut war mit Staub gemischt.
»Wen wird die Regierung jetzt schicken?«, fragte der stämmige Mann. »Eine ganze Kompanie Ranger? Die Armee aus Fort Griffin?«
Er irrte sich. Der Gouverneur von Texas hatte nur eine einzelne Person für den brisanten Auftrag ins Auge gefasst: Ava Sharp. Die Kopfgeldjägerin und gelegentliche Pinkerton-Agentin. Eine freischaffende Künstlerin der Menschenjagd und des Todes.
✰
Ava wurde der Engel des Todes genannt, doch sie liebte das Leben. Sie hing sehr daran, vielleicht gerade deshalb, weil sie es ständig aufs Spiel setzte. Sie mochte Sex, gutes, nicht zu fettes Essen und durchaus auch schöne Kleider – obwohl sie sie bei ihren riskanten Jobs selten tragen konnte – sowie eine gepflegte Umgebung.
Musik und Tanz und Eleganz. Guten Wein, Charme und gut aussehende, stramme Männer. Auch schöne Pferde und eine gepflegte Unterhaltung mochte sie – sie konnte sich in allen Kreisen bewegen und vermochte sich hervorragend zu verkleiden und zu tarnen. Sie liebte die Abwechslung und die Gefahr. Ein Leben in festgefahrenen Kreisen und immer an einem Ort konnte sie sich nicht vorstellen.
Sie war in die Gegend des Llanos gekommen, um die Dust Devils zu entlarven und zu jagen, in die Staked Plains, jenes riesige Tafelland im südöstlichen Teil von New Mexico und im nordwestlichen von Texas. 100.000 Quadratkilometer baumlose Halbwüste, von flachen Canyons durchzogen wie Falten im Gesicht eines uralten Mannes. Quadratkilometergroße undurchdringliche Kakteenwälder gab es hier, aber nur wenige Wege und Wasserstellen.
Wenige Creeks und Draws durchzogen das Llano. Sie flossen alle von Westen nach Osten. Manche versickerten unterwegs. In den heißen Monaten waren die Flussläufe ausgetrocknet und wiesen allenfalls an schattigen Stellen ein paar trübe Pfützen auf.
Das öde Llano diente den Comanchen und anderen Indianern als Rückzugsgebiet, wenn die Armee ihnen wieder mal zu sehr auf den Pelz rückte.
Lubbock, Midland, Amarillo und Odessa in Texas sowie Dobbs in New Mexico waren die größten Orte. Davon abgesehen gab es nur ein paar armselige Farmen und kleine Ranches mit mageren, dürren Rindern, an denen selbst die Geier fast verzweifelten. Die Gegend wurde häufig von heißen Stürmen und Tornados heimgesucht. Regen war eine Mangelware, Staubstürme dafür häufig.
Eine Gegend, die eigentlich nur zum Durchreisen gut war, und selbst dabei sollte man sich lieber beeilen. In den letzten paar Jahren hatten sich außer marodierenden Indianern noch die Staubteufel breitgemacht, eine üble Bande von Halsabschneidern, die immer dreister wurde.
Mittlerweile überfielen sie sogar größere Towns, übten blitzartige Überfälle aus und verschwanden dann wie Gespenster in den Weiten des Llanos.
Ihnen war nicht beizukommen. Armeepatrouillen hatten es versucht, aber sie fanden entweder nichts, oder sie gerieten in Hinterhalte und wurden heimtückisch beschossen. Fort Griffin am Mescalero-Steilhang beim Rio Pecos verzeichnete mittlerweile höhere Verluste durch die Staubteufel als in den Kämpfen gegen die Indianer – Comanchen und Apachen.
Beide Stämme beanspruchten das Llano für sich, waren sich jedoch spinnefeind. Die Comanchen waren ein Reitervolk, die Apachen hingegen zähe und ausdauernde Läufer, die Pferde lieber aßen, als sie zu reiten.
Der Kommandant von Fort Griffin weigerte sich mittlerweile, Patrouillen ins Llano zu schicken. Er sorgte mit seinen Blauröcken lieber dafür, dass die Dust Devils und die Indianer in ihrem Gebiet blieben, und sicherte so gut wie möglich die größeren Orte.
Nun war Ava entsendet worden, um hier Ordnung zu schaffen. Sie ging davon aus, dass die Staubteufel Anführer hatten – wenn sie die ausschaltete, war schon mal viel gewonnen. Auch konnte sie dann Informationen liefern, aufgrund deren Armee, Texas Rangers und Aufgebote die bisher unbekannten Stützpunkte und Verstecke der Dust Devils angreifen konnten.
Vorausgesetzt, dass sie überlebte.
Ava begann ihre Nachforschungen in Amarillo in offener Weise. Sie befragte Leute, fahndete, stocherte zunächst noch im Dunklen.
Im Moment erkundete sie den Körper eines Mannes namens Dustin Delgado. Sie hatte ihn in einem Saloon kennen gelernt. Er war groß, schlank und schwarzhaarig, ein fescher, charmanter Typ. Er gab an, Postkutschenfahrer auf einer Linie gewesen zu sein, die das Llano durchquerte.
Er wollte unter vier Augen mit ihr sprechen. Hinter dem Mietstall kamen sie rasch zur Sache. Delgado rückte ihr näher. Seine männliche Ausstrahlung bezirzte die Kopfgeldjägerin. Außerdem hatte sie Sex wieder mal nötig.
Sie war kein Kind von Traurigkeit.
»Willst du mir Informationen geben, oder willst du mich rammeln?«, fragte sie unverblümt.
Er grinste sie mit blinkenden Zahnreihen an, wie ein Raubtier.
»Beides, schöne blonde Ava. Was soll zuerst an der Reihe sein?«
»Sex, nachher sind wir entspannter.«
Das ließ sich Delgado nicht zwei Mal sagen. Er schloss Ava in seine Arme, ihre blonden Locken fielen ihr über die Schultern. Sie küssten sich – sein Mund schmeckte nach Tabak, was Ava nicht sonderlich störte.
Er fasste sie an die Brust und die strammen Hinterbacken. Ihre Hand fand seinen Schritt und was sich darin bereits präsentierte. Die Zärtlichkeiten im Schatten hinter dem Mietstall an dem heißen Nachmittag wurden fordernder, drängender.
Delgado streifte Ava die Weste ab, öffnete ihre Bluse. Feste und pralle Brüste drängten sich ihm entgegen. Er knetete sie, küsste ihren Hals.
Ava lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Die Kleider fielen, soweit es notwendig war. Beide drängte es nach dem Akt. Sie wollten keine Zeit vergeuden, indem nach einem bequemen Bett oder sonst einer besser geeigneten Stelle suchten.
Wo ein Wille war, da war auch ein Weg. Später konnte man es sich bequemer machen. Ava spürte Delgados Hände da, wo es sie reizte. Er ging in die Knie. Sie hatte die Hose bis zu den Knöcheln heruntergestreift und stand mit einem Fuß frei von der Beinkleidung.
Ava spürte den Kopf seines Lustspeers an ihrer nassen Pforte. Sie stöhnte auf, als er ihn in sie schob.
»Ah, Delgado!«
Er rammelte sie im Stehen und stieß, so gut er konnte, hielt inne, bewegte sich wieder. Beide keuchten. Delgado hatte Ava ein Stück angehoben. Er war drahtig und stark, wie sie es mochte.
Ein Draufgänger und ein ganzer Mann.
Beide kamen sie gleichzeitig. Dann lösten sie sich voneinander, verschwitzt und erhitzt. Die Körpersäfte waren geströmt. Beide zogen sich an.
Avas legte ihren Revolvergurt um.
»Was weißt du von den Dust Devils?«, fragte sie nun mit verschleierten Augen. »Du bist ihnen schon begegnet, sagtest du?«
»So ist es. Und mit Mühe und knapper Not entkommen. Es ist lebensgefährlich, von ihnen zu sprechen. Sie haben überall ihre Augen und Ohren. Und sie tauchen unverhofft auch dort auf, wo man sie nicht vermutet.«
»Du machst mich neugierig. Jetzt ist ja wohl kein Spitzel der Dust Devils in der Nähe. Hier sind wir allein, ungestört und sicher. Hoffe ich sehr. Ich habe keine Sexshow abgeben wollen.«
Er grinste. Dann blickte er an ihr vorbei.
»Sieh dort.«
Ava drehte sich um. Ein Trampelpfad mündete auf das unbebaute Grundstück hinter dem Mietstall. Delgado deutete auf einen Schuppen.
»Da, an der Ecke. Links von dem ausgetrockneten Brunnen.«
»Ich sehe nichts.«
Avas Instinkt warnte sie. Und Delgados Schatten, der an ihr vorbeifiel. Er hatte, woher auch immer, ein kurzes Seil in den Händen. Das hielt er an beiden Enden gefasst und warf es ihr über den Kopf. In der Absicht, sie zu erdrosseln.
Ein Knie in den Rücken gestemmt, mit einem kräftigen Druck auf die Gurgel entschwand das Bewusstsein sofort. Dann wurde die Luftröhre blockiert, der Kehlkopf eingedrückt und die Halsschlagader abgeklemmt. Eine Killermethode, die dem Opfer keine Chance ließ.
Ava war aber kein Opfer. Sie brachte die linke Hand zwischen ihren Hals und die Würgeschlinge. Selbst jetzt, vollkommen überrascht, dass ihr leidenschaftlicher Lover sie plötzlich ermorden wollte, schaffte sie das.
Er zog zu, rammte ihr das Knie in den Rücken und keuchte. Sie spürte seinen heißen Atem im Genick. Weniger clever wäre sie schon ein Kind des Todes gewesen.
Mit der rechten Handkante versuchte sie, ihn dort zu treffen, wo es ihm höllisch weh tat. Am Hodensack von dem Teil, das ihr zuvor viel Vergnügen bereitet hatte. Doch das schaffte sie nicht.
Delgado wusste genau, was er tat, und war auf der Hut. Ava traf nur seinen muskulösen Oberschenkel.
»Ich bringe dich um, du Biest!«, stieß er hervor und verdoppelte seine Anstrengungen. Ava zappelte, bäumte sich auf, sträubte sich mit aller Kraft. Doch er wusste, was er tat und wie man killte.
Er zog ihr den Kopf zurück. Seine Muskeln waren stahlhart. Jetzt war nichts mehr mit Liebe und Sex. Nur noch die Lust und die Entschlossenheit, sie zu töten.
Sie stampfte ihm mit dem Absatz nach Kräften auf den Spann. Er zuckte, ließ einen Moment locker. Doch Ava konnte weder die Linke befreien noch die Schlinge loswerden. Der raue Strick schabte an ihrem Hals.
Es gelang ihr, den Rücken zu krümmen. Dadurch hatte sie etwas mehr Luft, denn die wurde knapp. Diesmal schlug sie nicht mit der Handkante, sondern packte mit der freien rechten Hand seine Hoden und quetschte sie mit aller Kraft.
Delgado brüllte auf wie ein Stier.
Ava drückte weiter so fest, wie sie konnte. Mit dem Griff hatte sie schon einmal einen rasenden bärenstarken Indianerhäuptling bezwungen.
Sie kam frei. Delgado ließ den Strick fallen und griff nach dem Messer.
»Ich schlitze dich auf, du Aas!«
Ava traf ihn mit der Knöchelfaust, die beiden vorderen Fingerglieder zurückgebogen, am Adamsapfel. Delgado röchelte, und sein Kopf wurde hochrot. Dennoch warf er das Messer nach Ava. Sie wischte es aus der Luft. Er war angeschlagen.
Rasch bückte sie sich, hob die Klinge auf. Delgado röchelte immer noch und schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Was er hervorkeuchte, war nicht zu verstehen.
Mit zwei Sprüngen war Ava bei und hinter ihm. Sie riss ihm den Arm mit einem schmerzhaften Griff nach hinten und setzte ihm das Messer an die Kehle.
»Stell dich nicht so an. Gerade hast du noch deinen Mann gestanden. Bist du ein Lustmörder? Rammelst du deine Opfer immer, bevor du sie erdrosselst?«
»Nur die, die mir gefallen.«
Er hatte Kaltblütigkeit und Schneid wiedergefunden und konnte auch besser sprechen.
Ava ritzte ihm die Haut an der Kehle. Ein paar Blutstropfen flossen.
»Soll ich dir die Gurgel durchschneiden? Du wolltest mich heimtückisch umbringen mit deinem Strick.«
Den musste er in der Hosentasche oder hinter dem Gürtel gehabt haben. Ava hätte ihm nicht den Hals durchgeschnitten, sie bluffte. Doch er ging von sich selbst aus – und kannte außerdem ihren Ruf als Kopfgeldjägerin.
Er glaubte ihr.
»Du gehörst zu den Dust Devils. Sag mir, wer noch dazugehört und wo ich sie finden kann. Jetzt, oder du stirbst.«
Er zuckte ein wenig, befreien konnte er sich nicht. Auch wagte er keinen Widerstand, dafür saß ihm das Messer zu knapp an der Kehle. Es war scharf genug, um sich damit rasieren zu können – das wusste er, es war ja sein eigenes.
»Von den Dust Devils weiß ich nichts.«
Ava drückte ein wenig mehr zu. Mehr Blut floss – noch war es nur eine leichte Verletzung. In keiner Weise lebensgefährlich.
»Ich sage die Wahrheit!«
Der Schweiß brach ihm aus. Ava merkte, wie sein Hemd feucht wurde. Sie roch den Geruch von altem und neuem Schweiß.
»Ich ... ich gehöre zur Dobbs-Bande. Wir ... wir dachten, du wärst hinter uns her und würdest die Dust Devils nur als Vorwand benutzen. Die Brüder Dobbs sind unter falschem Namen hier bei Amarillo auf einer Farm untergekrochen. Ich bin ein Kumpan von ihnen.«
Ava ging ein ganzer Kronleuchter auf. Sie glaubte nicht, dass Delgado log. Es war zu weit hergeholt. Auf die Dobbs-Bande – drei mörderische Brüder, auf die allesamt ein Kopfgeld stand – hatte sie es gar nicht abgesehen.
Durch Raub- und Banküberfälle in ganz Texas hatten die Dobbs-Brüder es zu einer traurigen Berühmtheit gebracht. Sie schossen gnaden- und rücksichtslos bei ihren Überfällen.
Zuerst kam Jesse James, sagte ein geflügeltes Wort in Texas, der fragte erst und schoss dann. Dann kam Sam Bass, der schoss erst und fragte danach. Jetzt sind die Dobbs-Brüder unterwegs, die fragen überhaupt nicht mehr, die schießen nur noch.
Dann hatte Delgades Mordanschlag also auf einem Irrtum beruht. Den Sex bedauerte sie nicht; sie hatte ihn gewollt und gebraucht. Doch unter solchen Umständen und mit einem solchen Schurken und Verbrecher missfiel es ihr.
Zudem hatte er sie belogen und ausgenutzt – und auch noch umbringen wollen.
Siedend heiß fiel ihr etwas ein.
»Wo sind die Dobbs-Brüder jetzt?«
Sicher sollte er ihnen den Vollzug melden.
»Sie müssten schon da sein ...«
Ava erschrak. Und da waren sie schon, tauchten an der Ecke auf, wohin Delgado vorher gezeigt hatte, um Ava zu bluffen. Sie kamen hinter einer Scheune hervor, neben dem großen Mesquitestrauch am ausgetrockneten Brunnen.