Jack Slade 975 - Jack Slade - E-Book

Jack Slade 975 E-Book

Jack Slade

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Brüder Josh und Nate Price haben sich aus Abenteuerlust dem berüchtigten Outlaw Butch "The Skull" Mellow angeschlossen. Während Nate Gefallen am Leben eines Gesetzlosen findet, hat Josh bald genug und kehrt reumütig auf die Ranch seines Vaters zurück.
Sechs Jahre später jedoch holt ihn die Vergangenheit ein. Nate wird schwer verwundet von Mellow auf die Ranch gebracht. Als die Banditen ihn nach seiner Genesung abholen wollen, kommt es zu einem Blutbad, dem auch der alte Charles Price zum Opfer fällt. Josh nimmt die Verfolgung seines Bruders auf. Er will den letzten Wunsch seines Vaters erfüllen und Nate dem Gesetz übergeben ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 148

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Die letzte Kugel ist für dich, Bruder!

Vorschau

Impressum

Die letzteKugel ist fürdich, Bruder!

Die Brüder Josh und Nate Price haben sich aus Abenteuerlust dem berüchtigten Outlaw Butch »The Skull« Mellow angeschlossen. Während Nate Gefallen am Leben eines Gesetzlosen findet, hat Josh bald genug und kehrt reumütig auf die Ranch seines Vaters zurück.

Sechs Jahre später jedoch holt ihn die Vergangenheit ein. Nate wird schwer verwundet von Mellow auf die Ranch gebracht. Als die Banditen ihn nach seiner Genesung abholen wollen, kommt es zu einem Blutbad, dem auch der alte Charles Price zum Opfer fällt. Josh nimmt die Verfolgung seines Bruders auf. Er will den letzten Wunsch seines Vaters erfüllen und Nate dem Gesetz übergeben ...

Die Frau war tot. Sie lag auf der Seite, und das Blut aus der Wunde an ihrer Schläfe sickerte nur langsam in den staubtrockenen Boden ein, weswegen sich unter ihrem Kopf eine rote Lache gebildet hatte.

Josh Price bemerkte, dass er die blutige Pfütze nicht zu lange anstarren durfte, weil ihm sonst übel wurde. Was nicht daran lag, dass er zum ersten Mal eine Leiche gesehen hätte, aber noch keine so junge und hübsche wie diese Lady. Und nie schien ein Tod sinnloser gewesen zu sein.

Aus dem Augenwinkel sah er schaudernd zu Butch »The Skull« Mellow hinüber, der grinsend dastand, flankiert von den anderen Outlaws. Den Spitznamen hatte er, weil sein Gesicht der Fratze eines Totenkopfs glich. Die blasse Haut spannte sich derart straff über Wangenknochen, Stirn und Kinn, dass es niemanden gewundert hätte, wenn sie eines Tages gerissen wäre wie ein alter Lederbeutel. Seine Augen traten beängstigend weit hervor, was den unheimlichen Anblick noch verstärkte.

Neben seiner toten Ehefrau kniete der Farmer, der in dieser Sekunde den Kopf hob. Seine und Joshs Blicke trafen sich. Angesichts der überwältigenden Verzweiflung, die von dem Mann ausging, fühlte Josh eine Welle von Scham über sich hinwegrollen. Hinter dem Unglücklichen ragte die Umzäunung seiner Farm in den wolkenlosen Himmel empor. Das Anwesen war klein und armselig und bestand aus nicht viel mehr als einer Hütte mit einem winzigen Stall und ein paar Feldern. Jeder Schwachkopf musste sofort erkennen, dass es hier außer ein paar Rüben und Zwiebeln nichts zu holen war.

Nur war »The Skull« der Meinung, dass es immer etwas zu holen gab. Das war eine richtig fixe Idee von ihm.

»Irgendwo ist immer was«, pflegte er zu sagen. Und: »Kleinvieh macht auch Mist.«

Der Farmer war ein dürrer, schielender Bursche mit Halbglatze, der mindestens einmal im Leben riesiges Glück gehabt hatte, nämlich, als er seine künftige Gattin kennengelernt hatte. Mit ihren dunklen, glatten Haaren, die ihr über die schmalen Schultern fielen, dem feingeschnittenen Gesicht und den großen braunen Augen war sie eine Schönheit gewesen. Josh wäre jede Wette eingegangen, dass sie sich den Mann, mit dem sie ihr Leben verbringen wollte, unter zahlreichen Kandidaten hatte aussuchen können. Und er dankte im Stillen dem Herrn, dass Mellow nicht auf die Idee gekommen war, etwas mit ihr anzustellen, bevor er sie niedergeknallt hatte.

Neben dem Farmer kniete das Kind. Ein kleines Mädchen, etwa sechs Jahre alt. Sein zierlicher Körper steckte in einem schlichten blauen Kleid. Sein Haar hatte dieselbe Farbe wie das der toten Mutter. Im Gesicht der Kleinen stand eine Mischung aus Verwirrung und Unglaube. Als könne sie nicht begreifen, was gerade geschehen war und dass ihre Mommy sie nie wieder in den Arm nehmen würde. Josh schätzte, dass das auch besser so war.

Mellow trat einen Schritt vor, hob sein Schießeisen und richtete es auf den Farmer, der daraufhin zurückzuckte, auf die Füße sprang und die zitternden Hände hob. Sein Mund öffnete und schloss sich, doch er brachte keinen Ton raus. Sein Blick wanderte erneut zu Josh, als spürte er, dass er in ihm jemanden gefunden hatte, der nicht guthieß, was sich hier gerade abspielte. Nur konnte ihm Josh nicht helfen. Er war ein einzelner Mann, und die anderen waren insgesamt sieben und zu verroht, als dass sie das Schicksal dieser Familie auch nur im Geringsten berührt hätte. Was zu seinem tiefen Entsetzen auch für seinen Bruder Nate zu gelten schien.

Was hatten sie getan? Was hatte sie bloß geritten, sich hierauf einzulassen?

Anfangs war alles ein großes Abenteuer gewesen, sogar der Banküberfall, keine drei Wochen, nachdem sie sich Mellow angeschlossen hatten. Es hatte eine Schießerei gegeben, bei der es einen Deputy übel erwischt hatte. Jedenfalls hatte er geblutet wie ein Schwein, als Josh in einem Höllentempo an ihm vorbeigeritten war. Damals hatte er gedacht, dass so etwas nun einmal zum Leben eines Outlaws gehörte.

Aber nicht das. Du lieber Himmel, nicht so etwas!

»Okay, Mister Farmer«, durchbrachen Mellows Worte die Stille. »Ich schätze, du hast kapiert, dass ich es ernst meine. Zum letzten Mal, was gibt's bei euch zu holen und wo ist es?«

Der Farmer sah zu seinem Kind, dann erwiderte er Mellows Blick. Er versuchte, keine Angst zu zeigen, womit er kläglich scheiterte. Die Furcht leuchtete ihm geradezu aus den Augen.

»Ich hab's Ihnen gesagt, wir haben nichts«, antwortete er mit dünner Stimme. »Sehen Sie sich um. Sieht das hier so aus, als wäre ich ein verdammter Rinderbaron? Sieht das hier aus, als würde ich nachts auf einer Matratze voller Goldmünzen schlafen und mir den Arsch mit Dollarscheinen abwischen, du elender Scheißkerl?«

Die letzten Worte hatte er Mellow förmlich entgegengespien. Wenn er eine Waffe gehabt hätte, hätte er sie jetzt gezogen, überlegte Josh, egal, wie viele Kanonen auf ihn gerichtet waren. Doch der Farmer war unbewaffnet und damit von Anfang an völlig chancenlos gewesen. Was die Angelegenheit gewissermaßen noch schlimmer machte.

»Du nennst mich einen Scheißkerl?«, knurrte Mellow. Jedes Wort war wie ein Stück Eis, das zwischen seinen Lippen hervorschoss.

Josh wollte die Augen schließen und brachte es nicht fertig.

In der Stille des Sommermorgens krachte der Schuss überlaut. Ein roter Fleck erschien in Höhe des Herzens auf dem schmutziggrauen Hemd des Farmers. Wie von einem mächtigen Schlag getroffen, wurde er von den Füßen gerissen und landete auf dem Rücken.

Das Kind blickte auf. Seine Augen waren blau wie Wasser und kalt wie ein Gebirgsbach im tiefsten Winter.

»Warum hast du meine Eltern getötet?«, fragte die Kleine Mellow und erhob sich. Dabei klang sie so ruhig, als hätte sie ihn darum gebeten, ihr einen Apfel zu pflücken, weil die Äste so hoch hingen, dass sie nicht drankam.

Die feinen Härchen auf Joshs Unterarmen richteten sich auf.

Mellow grunzte. »Weil sie Scheißer waren, die es verdient hatten«, antwortete er barsch.

Sie blinzelte. »Ich glaube, du bist das, was mein Dad ein widerwärtiges, dreckiges Schwein genannt hätte«, erwiderte sie, und ihr Tonfall war weiter so ruhig und seltsam teilnahmslos, dass Josh beinahe schwindelig wurde. Er hätte es besser aushalten können, wenn sie geschrien und geweint hätte, was eine erwartbare und normale Reaktion gewesen wäre. Aber den Gefallen tat sie ihm nicht. Sie blieb auf diese grauenvolle Weise ruhig.

Mellow zuckte zusammen, als hätte sie ihm ins Gesicht geschlagen. Obwohl er mit Beschimpfungen um sich zu werfen pflegte, wenn ihm danach war, konnte er es schwer ertragen, wenn er selbst beleidigt wurde.

»Und ich glaube, dass aus dir mal eine miese Hure wird«, zischte er. »Nur gibt es schon viel zu viele miese Huren auf dieser Welt.«

Der Lauf seiner Waffe hob sich nur leicht. Wieder fiel ein Schuss. Die Kugel traf das Mädchen mitten in die Stirn und warf es zurück. Es landete fast genau in der Mitte zwischen seinen toten Eltern.

Josh konnte seinen Blick nicht von dem Kind losreißen, und er ahnte bereits, dass ihn diese Geschichte in seinen Träumen verfolgen würde, für eine lange Zeit oder sogar für immer.

Dann musste er sich übergeben.

Am Abend saß er abseits von den anderen, die sich wie üblich betranken sowie Kriegsgeschichten und dreckige Witze austauschten. Seine Blicke bohrten sich in die Dunkelheit. Vor seinem inneren Auge sah er wieder und wieder das Mädchen, wie es auf dem kargen Boden aufschlug und dabei eine kleine Staubwolke aufwirbelte.

Eine Bewegung neben ihm. Nate hatte sich unbemerkt herangeschlichen und hielt ihm eine Flasche hin. Josh roch den Alkohol und schüttelte den Kopf. Obwohl ihm der Whiskey sonst ein entspanntes Wohlgefühl bescherte – jedenfalls, solange er es nicht übertrieb –, bekam er heute keinen Tropfen über die Lippen. Es ging einfach nicht.

»Das war eine harte Sache«, sagte Nate.

Beinahe hätte Josh aufgelacht. Eine harte Sache? Ein Ritt durch die Wüste war eine harte Sache. Ganz allein ein Haus zu bauen war eine harte Sache. Seine Familie mit dem Anbau von Gemüse durchs Leben zu bringen, war eine harte Sache. Das von vorhin war dagegen bloß eine elende Schweinerei gewesen. Am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte Nate ein paar Ohrfeigen verpasst, damit er die Augen aufmachte und erkannte, in welche Gesellschaft sie geraten waren. Doch er fühlte sich wie gelähmt.

»Du darfst nicht so empfindsam sein, Bruderherz«, fuhr Nate fort. Dem lallenden Ton nach hatte er mehr als nur einen guten Schluck intus. »Wir oder die. Darum geht's. Um nichts anderes. Sicher, der Bursche hat tatsächlich nichts Nennenswertes besessen, von den drei mageren Hühnern im Stall mal abgesehen. Aber auch diese Viecher hatten einen Wert, und das heißt, dass er uns belogen hat. So etwas dürfen wir uns nicht gefallen lassen. Wenn wir einfach abgezogen wären, hätte sich die Geschichte herumgesprochen, und die Leute hätten den Respekt vor uns verloren, was das Allerschlimmste ist, was passieren kann. Denn wenn sie den Respekt verlieren, fangen sie an, sich zu wehren, und dann wird's düster für uns. Die Furcht vor dem, was wir ihnen antun könnten, hält sie davon ab, auf uns zu ballern.«

Als Josh nicht antwortete, klopfte ihm Nate auf die Schultern und kehrte zu den anderen zurück.

Und Josh Price traf eine Entscheidung.

Sechs Jahre später.

Josh Price' erklärter Lieblingsplatz war der Schaukelstuhl auf der Veranda des Haupthauses. Erschöpft von der stundenlangen Arbeit auf der Ranch seines Vaters saß er jetzt darin und betrachtete den Sonnenuntergang. Einem glühendroten Ball gleich sank die Sonne am Horizont langsam tiefer. Dabei strich Josh ein sanfter, kühler Wind über das Gesicht, ein Vorbote des nahenden Herbstes.

Er griff nach dem Glas Limonade, das Abigale Tomlin, ihre Köchin, vor ein paar Minuten auf dem kleinen Tischchen neben ihm abgestellt hatte. Die Eiswürfel darin klirrten leise, als er das Glas mit einem Zug beinahe leerte. Die Limonade war süß und erfrischend, zudem schmeckte sie köstlich.

Während er zusah, wie sich der Himmel rot und röter färbte, dachte Josh über Abigale nach. Die meisten Cowboys auf der Ranch nannten sie die dralle Blonde, womit sie ihr seiner Meinung nach Unrecht taten. Sie war eben bloß etwas kräftiger als die mageren Huren in Valmont, der nur eine knappe Stunde entfernten Stadt, in der die Männer ihre freien Abende zu verbringen pflegten. Abigale war dreiunddreißig und damit sieben Jahre älter als er. Sie hatte lange, weizenblonde Haare, die sie meistens zu einem Pferdeschwanz gebunden trug. Eigentlich immer, wenn er es recht überlegte. Tatsächlich konnte er sich nicht erinnern, sie schon einmal mit offenen Haaren gesehen zu haben.

Er stellte sich vor, wie ihr einzelne Strähnen davon über die nackten Schultern fielen, verdrängte das Bild jedoch sofort wieder. Es war ein offenes Geheimnis, dass Abigale weit mehr tat, als für die beiden Price-Männer und ihre Arbeiter die Mahlzeiten zuzubereiten. Genauer gesagt war sie zuweilen noch zugange, wenn alle anderen schliefen, und zwar nicht in der Küche, sondern im Bett des über dreißig Jahre älteren Charles Price. Josh hätte gerne gewusst, ob er sie dafür bezahlte, doch er hätte das niemals zu fragen gewagt, weder sie selbst noch seinen alten Herrn. Allen auf der Ranch war klar, dass dieses Thema tabu war.

Was gleichzeitig bedeutete, dass kein anderer Mann auch nur versuchen durfte, bei der attraktiven Köchin zu landen. Josh fand das durchaus bedauerlich. Er war seit jeher von ihr fasziniert und hätte gerne herausgefunden, ob sie auch gewisse andere Dinge so gut beherrschte, wie sie Essen zubereitete.

Zumal er davon überzeugt war, dass sie eine Schwäche für ihn hatte. Warum sonst hatte sie sich mit solcher Entschiedenheit für ihn eingesetzt, als er vor sechs Jahren niedergeschlagen und reumütig auf die Ranch zurückgekehrt war? Charles Price, bis zum Kragen voll mit Verbitterung über seine verlorenen Söhne, hatte ihn wieder fortschicken wollen, und es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte ihn in seinem Zorn niedergeschlagen. Es war Abigale gewesen, die ihm in den Arm gefallen war.

»Er ist jung und dumm, Charles«, hatte sie gesagt. Was übrigens das erste und einzige Mal gewesen war, dass sie ihn vor anderen mit seinem Vornamen angesprochen hatte. »Er hat nur ein paar Wochen mit diesen Kerlen verbracht, und er bereut es zutiefst. Das tust du doch, Josh, nicht wahr?«

Und wie er es bereute.

Sein Vater hatte schließlich eingelenkt, wenn auch unter zwei Bedingungen. Die erste lautete, dass Josh ihm niemals etwas über seine Zeit bei den Banditen erzählen durfte. Der alte Mann wollte nichts davon hören. Josh hätte ihm gerne anvertraut, was für eine entsetzliche Geschichte er erlebt hatte, doch er akzeptierte das. Die zweite Bedingung erschien ihm einfacher: Nates Name sollte auf der Ranch nicht mehr genannt werden.

Sein Bruder war ihm in dieser kurzen Zeit bei den Outlaws fremd geworden. Oder hatte er ihn nie wirklich gekannt? Bis heute verstand er nicht, wie Nate nach diesem Vorfall einfach so hatte weitermachen können.

Trotzdem war er tief in Joshs Herzen noch immer sein Bruder und sein bester Freund, und an manchen Tagen vermisste er ihn sogar. In der Regel versuchte er jedoch, nicht an ihn zu denken.

Unmöglich war es ihm dagegen, das kleine Mädchen zu vergessen. Wie er befürchtet hatte, erschien es ihm Nacht für Nacht in seinen Träumen. Dann starrte es ihn aus toten Augen an, das Gesicht bleich, die Wunde auf der Stirn blutverkrustet. »Warum hast du mir nicht geholfen?« fragte es vorwurfsvoll, und das war stets der Moment, in dem er aufwachte, meistens gegen vier Uhr früh. In der Regel blieb er eine halbe Stunde wach, bevor er erneut in einen unruhigen Schlaf fiel.

An manchen Tagen fühlte er sich furchtbar müde.

»Josh, das Essen ist fertig.«

Abigales Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Sie stand direkt neben ihm und blickte aus ihren haselnussbraunen Augen auf ihn herab.

Er erwiderte ihr Lächeln. »Was gibt es heute Gutes?«

»Rindereintopf mit Kartoffeln.«

»Aaah, mein Leibgericht.«

»Ich weiß, Josh. Komm rein, bevor es kalt wird. Dein Vater wird jeden Moment unten sein.«

Gerade, als er aufgestanden war, bemerkte er eine Bewegung am Horizont. Neugierig kniff er die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Er zählte acht Reiter, die sich zügig der Ranch näherten. Eines der Pferde schien etwas hinter sich herzuziehen. Sah aus wie eine Trage.

»Abigale, sag Vater Bescheid«, befahl er, und dann war er bereits unterwegs, um ein paar Männer zusammenzurufen.

Kaum zwei Minuten später bildeten sie ein fünfköpfiges Empfangskomitee. Charles Price stand neben ihm, seine alte Sharp Rifle in der Hand. Auch die drei Cowboys waren bewaffnet, nur Josh selbst hatte keine Zeit mehr gehabt, den Waffengurt aus seinem Zimmer im ersten Stock zu holen. Die Reiter waren bis auf dreißig Yards heran. Aufgrund des Dämmerlichts konnte er erst jetzt ihre Gesichter erkennen.

»Heilige Scheiß!e«, entfuhr es ihm.

Der Mann in ihrer Mitte war unverkennbar Butch »The Skull« Mellow. Joshs Magen krampfte sich zusammen. Er hatte gehofft, diesem Kerl nie wieder begegnen zu müssen. Nachdem er auf die Ranch zurückgekehrt war, hatte er eine Weile befürchtet, Mellow könnte ihm nachstellen. Diese Angst hatte sich zum Glück als unbegründet erwiesen.

Bis heute.

»Das ist er«, raunte er seinem Vater zu, der sofort begriff und das Gewehr durchlud.

Wenige Schritte vor ihnen zügelten die Ankömmlinge ihre Pferde. Eines der Tiere zog tatsächlich eine Trage, auf der ein Körper lag.

Überrascht stellte Josh fest, dass sich eine Frau unter ihnen befand. Sie trug Jeans und eine weiße Bluse, und langes, schwarzes Haar umrahmte ihr blasses, scharf geschnittenes Gesicht, in dem dunkle Augen funkelten. Wie die anderen hatte sie einen Waffengurt um ihre Hüfte geschnallt. Von den Männern erkannte er vier wieder, »The Skull« eingeschlossen.

Sein Bruder war nicht dabei. Ob es ihn erwischt hatte? Der Gedanke versetzte ihm einen leichten Stich im Herzen.

»Sieh an, da ist er ja«, ergriff Mellow das Wort und grinste sein Totenkopf-Grinsen. »Wir haben uns lange nicht gesehen, Josh. Du hattest es ziemlich eilig, von uns wegzukommen. Hast dich nicht mal verabschiedet. Ganz schön unhöflich, dass muss ich dir schon vorwerfen.«

»Was wollen Sie?«, bellte Charles Price.

Mellow warf ihm einen abschätzigen Blick zu. »Wer ist der alte Knabe, Josh? Dein Vater?«

»Ja, das ist er«, antwortete Josh mit fester Stimme. »Ich wiederhole die Frage für ihn. Was willst du hier?«

»Wir haben einen Verwundeten bei uns. Ich möchte, dass er auf eurer Ranch gesund gepflegt wird, bis wir ihn wieder abholen. Soweit ich da informiert bin, ist eure Köchin auch als Krankenschwester gut zu gebrauchen.«

»Kommt nicht in Frage«, grollte Charles Price und schüttelte so heftig den Kopf, dass seine wenigen verbliebenen weißen Haare aufgewirbelt wurden. »Auf dieser Ranch ist kein Platz für Kerle wie euch.«

Mellow spuckte aus. »Wir werden sehen. Timmy!«

Der Angesprochene trieb sein Pferd mit der Trage zwei Schritte nach vorn und dann zur Seite, sodass sie sehen konnten, wer darauf lag.

Es war Nate.

Sein Gesicht war bleich, die Augen hatte er geschlossen. Schweißnass klebte ihm das strohblonde Haar am Kopf. Ein blutdurchtränkter Verband war um seine linke Schulter und um die Brust gewickelt.

»Er hat bei einer Schießerei was abgekriegt«, erklärte Mellow. »Zu seinem Glück ist die Kugel glatt durchgegangen, aber die Wunde muss versorgt werden, und in dem Zustand können wir ihn nicht mit uns rumschleppen. Wir haben nämlich noch was vor.«

Wieder verzog er das Gesicht zu diesem unheimlichen Grinsen.