Jack Slade 990 - Jack Slade - E-Book

Jack Slade 990 E-Book

Jack Slade

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Zustände in Deadwood sind rau. Goldgräber und Leute, die ihnen das frisch geschürfte Gold wieder aus den Taschen ziehen, bestimmen das Geschehen. Als Sheriff bemüht sich Bill Hickok mehr um die Gunst der Damen als um echte Ordnungstätigkeit. Das ändert sich, als er sich schließlich, moralisch unter Druck gesetzt, gezwungen sieht, die Saloonchefin und Zuhälterin in Gewahrsam zu nehmen, die man "Devil‘s Grandma" nennt. Alsbald pfeifen in Deadwood und auf den Claims der Goldsucher Bleikugeln durch die Luft und halten grimmige Ernte.


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 163

Veröffentlichungsjahr: 2023

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Mord in der Goldschlucht

Vorschau

Impressum

Mord in der Goldschlucht

Deadwood, die Goldgräberstadt in den Black Hills, zu Beginn ihres hektischen Aufstiegs. Jane Burke, die später unter dem Namen Calamity Jane bekannt werden soll, macht sich auf den weiten Weg dorthin, um ihren Schwarm Wild Bill Hickok zu treffen. Doch schon unterwegs hat sie eine Begegnung, mit der sie ihren späteren Ruf als Revolverheldin begründet. Plötzlich sind Coltschüsse mehr gefragt als Küsse!

Die Kutsche rumpelte durch die Black Hills. Es hatte mächtig gewittert und gedonnert. Der Weg war aufgeweicht, die Luft kalt und feucht. Plötzlich, gerade als die Kutsche aus dem Hohlweg fuhr und sich die Steigung hochmühte, knallte ein Schuss.

Zwei Maskierte sprangen zwischen den Tannen hervor. Der eine war mit zwei Colts bewaffnet, die er im Anschlag hatte, der andere mit einer Winchester.

Straßenräuber, Banditen, finstere, verwegene Gestalten mit einem nervösen Abzugsfinger, denen ein Menschenleben nichts galt.

»Halt!«, brüllte der eine Bandit. »Oder wir schießen euch vom Bock!«

Aus dem Wald rief eine Stimme: »Ihr da drin in der Kutsche, ich durchlöchere sie wie ein Sieb! Werft eure Waffen raus und steigt aus! Wenn ihr am Leben bleiben wollt, dann tut, was ich sage!«

Raues Gelächter erscholl. Die drei Wegelagerer hatten sich Mut angetrunken. Es war nicht ihr erster Überfall, und für sie war das Ganze ein rauer Spaß.

Kutscher und Shotgun reckten die Hände gen Himmel, an dem die Wolkendecke aufgerissen war. Die Sonne schien hell und warm und ließ Dunst aus den Wäldern aufsteigen.

Der Shotgun und der Kutscher wehrten sich nicht. Zu beiden Seiten der Kutsche flogen Revolver und ein Gewehr durch das offene Fenster. Sechs Passagiere stiegen aus, fünf Männer und eine Frau, jedenfalls ein weibliches Wesen.

Sehr weiblich sah sie nicht aus, mager, mittelgroß, in Männerkleidung und mit karottenrotem, unvorteilhaft frisiertem Haar. Keine Schönheit, eher das, was böse Zungen einen Besen nannten. Sie hatte einen Revolver getragen, was das leere Holster an ihrem Gürtel bewies.

Die Männer waren vier Goldsucher auf dem Weg nach Deadwood und ein kleiner, magerer Mann im schwarzen Anzug und mit Melone auf dem Kopf. Das war ein Schnapsvertreter. In Deadwood wurde allerhand weggesoffen, da lohnte sich eine Reise für einen Handelsvertreter.

Der kleine Kerl schlotterte. »Nicht schießen!«, flehte er die Banditen an. »Ich gebe euch freiwillig meine Brieftasche, die Taschenuhr und den Musterkoffer. Meinen Ehering lasst mir bitte.«

»Halt's Maul! Wertsachen abliefern. Schnell, oder wir helfen nach.«

Der Kutscher arretierte die Wagenbremse. Er und sein Shotgun kletterten vom Bock. Auch sie hatten sich ihrer Waffen entledigt. Im Nu waren die Männer und die Frau ausgeraubt.

Die beiden Banditen am Weg steckten die Beute in einen Sack. Den schweren Musterkoffer mit Schnaps stellten sie auf den Weg, um ihn mitzunehmen.

»Das war's für heute!«, sagte der Wortführer. Der dritte Mann steckte noch immer im Wald. »Oder, wenn ich es mir so recht überlege ... Du da ...« Er sah die magere Frau an. »... mich juckt es mächtig in der Hose. Ich hätte es wieder mal nötig.«

Die Passagiere, der Kutscher und der Shotgun standen am Weg in einer Reihe, sichtlich eingeschüchtert. Die beiden Banditen hatten die Guns schussbereit. Auch der unsichtbare Dritte im Wald hatte sie im Visier.

Der Wortführer – von seinem Gesicht sah man zwischen Hutkrempe und Halstuchmaske nur die Augen – ging zu der jungen Frau. Er grabschte sie an der Brust.

»Kaum was dran«, sagte er. »Egal, worauf es ankommt, ist da. Das hat jede.«

»Diesen Besen willst du vergewaltigen?«, fragte der andere. »Mit dem, das wir erbeutet haben, können wir uns hübsche dralle Huren nehmen. In der Deadwood Gulch gibt es genug. Was willst du mit diesem dürren Gestell?«

»Was wohl? Soll ich dir eine Zeichnung machen? Bei der kriege ich es umsonst.«

»Pass bloß aus, dass du dir keinen Splitter einfängst.«

»Du musst nicht mitmachen«, sagte der Sprecher. »Bleib hier und halt die Männer in Schach. Dich nehme ich mit in den Wald.« Er zerrte die junge Frau am Arm mit zu den Tannen. »Bist du dabei?«, rief er dem im Wald versteckten Mann zu.

»Klar«, antwortete der.

Der Bandit verschwand mit der Frau zwischen den Bäumen.

»Das arme Girl«, sagte einer der Passagiere. »Von Banditen geschändet. Wir können nichts tun.«

Die Männer blickten in zwei Revolvermündungen. Der Bandit mit den Schießeisen verstand sich auf sein Handwerk.

»Das arme Girl«, wiederholte der Goldsucher noch einmal.

»Die armen Banditen«, entgegnete der Kutscher. »Das ist Calamity Jane.«

Es dauerte nicht lange, da knallte im Wald ein Schuss. Danach regte sich zuerst mal nichts mehr. Der Bandit am Weg stutzte. Doch er konnte nicht weg.

»Was ist los?«, fragte er. »Calamity Jane. Den Namen habe ich schon mal gehört.«

Dann stolperten seine beiden Kumpane aus dem Wald. Der eine presste die Hand auf die Schusswunde im rechten Oberarm. Sein Gesicht war von Schmerzen verzerrt, sein Ärmel blutig. Der andere sah auch nicht gerade fröhlich aus. Er ging seltsam, als ob er arge Schmerzen in den Hoden hätte.

Stelzbeinig, wie auf rohen Eiern.

Bewaffnet waren die beiden nicht mehr. Ihre Schießeisen, zwei Colts, hatte die magere junge Frau hinter ihnen. Sie hielt sie in Schach. Die Banditen hatten die Masken abgenommen und waren barhäuptig. Der eine war noch sehr jung und fahlblond, der andere ein bulliger Typ mit schwarzem Bartgestrüpp.

Das war der mit der Winchester im Wald gewesen. Ein Arm war zerschossen.

Die junge Frau sagte zu dem dritten Banditen am Weg, der die Kutschenbesatzung in Schach hielt: »Revolver weg, oder ich schieße dich nieder.«

Der Bandit staunte. »Wie hast du das geschafft, du Kröte?«

»Das war eine meiner leichtesten Übungen. Lass fallen!«

Der Bandit versuchte es. Die Frau schoss schneller als er. Schwer getroffen sank er nieder.

»Ladet ihn auf«, sagte die magere Frau mit dem karottenroten Haar. »Er lebt noch. Vielleicht überlebt er es. Fesselt die beiden Halunken. Wir nehmen sie mit nach Deadwood, wo der Richter über sie urteilen soll.«

»Dieses versoffene Wrack?«, fragte der Kutscher skeptisch.

»Ist er Richter oder nicht?«, hielt ihm Jane entgegen. »Außerdem ist doch Wild Bill Hickok dort Sheriff.«

»Der ist auch nicht viel besser. Ein Taugenichts und Tunichtgut, der sich auf seinem Revolverruhm ausruht. Liegt den ganzen Tag auf den Weibern oder treibt sich in den Saloons rum und zockt. Um Recht und Ordnung ist es in Deadwood schlecht bestellt. Alle sind nur auf das Gold aus. Was willst du denn dort, Calamity Jane?«

»Du kennst mich, Kutscher?«

»Ich habe dich einmal in Cheyenne bei der Arbeit gesehen, Jane. Als du die Cassidy-Bande zur Strecke brachtest, die Züge der Union Pacific beraubt hatten. Zwei Mann hast du umgelegt und den dritten verfolgt und mit dem Lasso gefangen und zurückgebracht. Er wurde zu zwanzig Jahren Zuchthaus verurteilt. Du erhieltest eine Belohnung. Damals, vor anderthalb Jahr, hast du für die Eisenbahn gearbeitet. Was willst du hier in den Black Hills?«

»Mir die Gegend ansehen, die gute Bergluft genießen. Vielleicht gehe ich auf Goldsuche. Vor allem treibt mich die Neugier her.«

Die Männer musterten Jane. Ihren Namen hatten sie schon gehört. Calamity Jane, Katastrophen-Jane. Mit bürgerlichem Namen Martha Jane Cannary Burke. Sie war eine Berühmtheit, allerdings nicht auf derselben Rangstufe wie Wild Bill Hickok und Buffalo Bill und Jesse James, der zu dieser Zeit – 1875 – mit seiner Bande Schlagzeilen machte.

Calamity Jane war die einzige nennenswerte Revolverheldin des Westens, die es bisher gegeben hatte. Sie war früh von zu Hause weggegangen und hatte sich als Postkutschenfahrerin, Armeescout, Eisenbahndetektivin und einiges andere verdingt. Frauen standen nicht viele Laufbahnen offen.

Sie konnten Hausfrau und Mutter sein, Farmerin oder Heimstätterin, allenfalls – so sie ohne einen Mann an ihrer Seite durchs Leben gingen – Saloongirl oder Prostituierte. Ansonsten oblag ihnen die Rolle als Gattin und als Anhängsel eines Mannes. Wählen durften sie nicht, auch sonst war ihnen einiges verwehrt.

Das Korsett, das sie einschränkte und ihnen bestimmte Rollen auferlegte, war eng. Da gab es die mutige Pionierfrau, die Soldatenfrau, Ranchers- oder Cowboygattin und anderes in dieser Art.

Selten oder nie ohne Mann, sobald sie in heiratsfähigem Alter waren. Jane war aus diesen Zwängen ausgebrochen. Die Regeln der Gesellschaft scherten sie nicht.

Sie wollte frei sein und unabhängig, leben wie ein Mann.

»Was seht ihr mich so an?«, fragte sie die sie angaffenden Männer. »Noch nie eine Frau in Hosen gesehen?«

»So eine nicht«, sagte einer der Reisenden. »Du bist noch sehr jung.«

»Stört dich das?«

»Ich habe mir dich älter, größer und stärker vorgestellt. Also kräftiger. Wenn ich dich so betrachte, geht es mir kaum in den Kopf, dass du Calamity Jane sein sollst. Bist du sicher, dass du nicht nur eine Namensvetterin dieser bekannten Revolverheldin bist?«

»Hast du Dreck in den Ohren?«, fragte Jane derb. »Du hast doch gehört, was der Kutscher sagte. Wer soll ich sonst sein? Wie viele Calamity Janes gibt es denn?«

Der Fahrgast blickte auf den Banditen, den sie niedergeschossen hatte. Er war immer noch skeptisch.

Er fragte die beiden anderen Banditen: »Wie hat sie euch denn erledigt? Wie schaffte sie das?«

»Frag mich was Angenehmeres«, sagte der fahlblonde Junge. Er stöhnte und presste die Hände zwischen die Beine. »Das ist kein Girl und keine Frau – das ist eine Wildkatze. Wir wollten sie ... ihr, äh, Gewalt antun.«

»Du kannst ruhig rammeln sagen«, sprach Jane dazwischen.

Sie nahm kein Blatt vor den Mund.

»Wir meinten, ein leichtes Opfer zu haben. Weib ist Weib, auch wenn sie keine Schönheit ist. Sie explodierte förmlich, als ich sie niederwerfen wollte um ihr die Beine zu spreizen. Sie krallte mir voll in die Augen.«

Diese tränten noch stark. Der junge Bandit blinzelte ständig.

»Trat mir mit aller Kraft zwischen die Beine. Ich weiß nicht, ob ich da je wieder heil werde.«

»Wenn nicht, ist's nicht schade«, fuhr Jane dazwischen. »Dann kannst du wenigstens keine mehr vergewaltigen. Und so was wie du muss sich nicht fortpflanzen können.«

Sie hatte ein Schandmaul und Haare auf den Zähnen. Rauchte, trank und fluchte wie ein Mann und konnte sich in einer rauen Umgebung behaupten. Ihre zartere Seite zeigte sie selten. In den Kreisen, in denen sie üblicherweise verkehrte, wäre ihr das als Schwäche ausgelegt worden.

Und doch zog sie eine geheime, romantische, bisher unerfüllte Liebe nach Deadwood. Deren Objekt war Wild Bill Hickok, der bisher davon noch gar nichts wusste.

Der fahlblonde Bandit wagte nicht, Jane auch nur scharf anzusehen.

»Sie entriss mir meinen Colt und zerschoss Bear Tom den Arm, als er auf sie anlegte. Yeah, jetzt hat sie uns am Wickel. Ihr habt uns – wir sind Gefangene. Wir haben uns bitter in diesem Karottenkopf getäuscht.«

»Wenn du mich nochmal Karottenkopf nennst, gibt es was aufs Maul«, giftete Jane. »Los doch, ich will noch heute nach Deadwood kommen! Ladet die Kerle ein.«

»Das wird verdammt eng in der Kutsche«, wendete ein Passagier ein.

»Na und? Wenn es dir nicht passt, kannst du zu Fuß gehen. Los, Kutscher, macht zu. Die Goldschlucht wartet auf uns.«

Der von Jane niedergeschossene Mann wurde auf den Boden der Kutsche gelegt. Er bekam eine Decke als Unterlage. Er war ohne Bewusstsein. Seine beiden Kumpane erhielten die Hände auf den Rücken gefesselt, auch der mit dem zerschossenen Arm.

Der Fahlblonde fand noch zwischen Jane und den Männern in der für sechs Passagiere vorgesehenen Abbott & Downing Postkutsche Platz. Er war ein dürrer Hecht. Sein klotziger schwarzbärtiger Kumpan hockte sich zu dem Schwerverletzten auf den Boden.

Los ging die Fahrt mit dem Sechsergespann. Es war sehr eng. Die Kutsche rumpelte und holperte. Der Kutscher sang laut und falsch. Die Waffen hatte man eingesammelt.

So ging es weiter durch die mit Kiefern und Fichten und Tannen stark bewaldeten Black Hills mit ihren kristallklaren Bächen und Seen. Wild- und waldreich waren diese Berge. Den Lakotas und Cheyenne und anderen Stämmen galten sie als heilig.

Am Mount Rushmore, wie ihn die Weißen nannten, holten sie den Ton für ihre Kalumets. Auch anderen Orten und Plätzen hatten die Weißen schon ihre Namen gegeben. Sie unterschieden sich teils völlig von den indianischen.

Der Black Elk Peak im Süden des Gebirgszugs, die höchste Erhebung in diesem Vorgebirge der Rocky Mountains, hieß wie bei den Indianern: Berg des Schwarzen Elchs. Den See des Lachenden Wassers – wegen der darin gluckernden Quellen – hatte die Weißen jedoch Horsethief Lake getauft, den Pferdediebsee.

Nach einem Pferdedieb, der hier aufgehängt worden war.

1868 beim großen pompösen Pow wow von Roten und Weißen in Laramie waren die Black Hills vertraglich »auf ewige Zeiten« den Indianern zugesprochen worden. Weiße durften sie nicht einmal betreten, stand in dem Vertrag geschrieben.

Er war nicht das Papier wert, auf dem er geschrieben war. Die ewigen Zeiten endeten sechs Jahre später, 1864, als General Custer mit einer Expedition in die Black Hills zog, um diese zu erkunden. Die Black Hills sollten kartographisch erfasst werden. Die US-Regierung wollte wissen, wie es dort aussah – was es zu holen gab.

Der Bombenschlag war, als Custers Expedition in der Bergen Gold fand. Der schneidige Kommandierende der 7. Kavallerie befand sich zu dem Zeitpunkt immer noch auf dem Zenit seiner Laufbahn.

Gold lockte, und es hatte eine ungeheure Anziehungskraft. Die Regierung überlegte, dass es nicht gut sei, den Lakota und anderen die Black Hills zu überlassen, wenn man dort Gold und andere Bodenschätze fand.

Man wollte die Indianer dazu bewegen, einer Ratifizierung des Vertrags von Laramie zuzustimmen und die Black Hills an die Weißen abzutreten. Sie weigerten sich, ihre heiligen Berge herzugeben. Nun wurde verhandelt.

Das wusste Jane, doch die große Politik interessierte sie wenig. Daran ändern konnte sie sowieso nichts. Die Regierung entschied, und selbst wenn sie viel Mist baute, war es doch die Regierung.

Bisher hielten die Indianer zähneknirschend still. Jedenfalls was die großen Häuptlinge und die Hauptmacht der roten Stämme betraf. Goldsucher strömten ins Land. Der Goldrausch der Schwarzen Berge boomte hoch.

Bisher wurde hauptsächlich in der Deadwood-Schlucht Gold gefunden. Auch anderswo in den Bergen wühlten und wuschen die Goldsucher Gold aus dem Boden und aus den Bächen. Das war Placer-Gold, lose Goldstücke, teils sogar größere Klumpen, auch Goldstaub.

Irgendwo musste es Hartgesteinschichten geben, aus denen das Placer-Gold im Lauf von Äonen erodiert war. Weggeschwemmt oder durch Erdbewegungen fortgetragen. Diese Schichten, die einen Bergbau erforderten, hatte bisher noch keiner gefunden.

Denjenigen, die in der Deadwood Gulch und anderswo in den Black Hills wuschen und gruben, ging es um das schnelle Gold, über Nacht reich zu werden. Gelegentlich gingen die Indianer gegen die Goldsucher vor. Wehe dem, der allein angetroffen wurde, oder den kleinen Camps.

In großen Maßstab kämpften die Rothäute noch nicht. Die Armee stand bei Fuß. Den Goldsuchern gebot man keinen Einhalt. Ein massives Vorgehen der Lakota und anderer gegen sie hätte einen Krieg verursacht. Die Indianer, nominell im Recht, was die Black Hills betraf, waren gegen die Goldgier der Weißen machtlos. Den Rothäuten bedeutete das Gelbe Metall nichts.

Sie konnten nicht verstehen, weshalb die Weißen so versessen auf dieses Metall waren, das zu weich war, um es vernünftig zu verarbeiten.

Vor diesem Hintergrund reiste Jane nach Deadwood. Am Abend traf sie dort mit der Kutsche ein und wurde triumphal begrüßt. Ein Meldereiter von der letzten Station vor Deadwood war vorausgeritten.

Auf dem schwierigen Weg war er schneller als das Sechsergespann. Jane sah im Mond- und Sternenlicht alle möglichen Leute, hauptsächlich Männer, Goldsucher und solche, die von diesen profitierten. Nur den, den sie suchte, erblickte sie nicht: Wild Bill Hickok.

Jane wurde als Heldin gefeiert, weil sie den Überfall vereitelt und drei üble Banditen zur Strecke gebracht hatte. Der, den sie anschoss, war unterwegs gestorben. Jane betrübte das nicht – sie war keine wüste Schießerin und tötete nicht zum Spaß, aber sie hatte sich und ihr Leben verteidigt, schließlich wollte sie sich nicht vergewaltigen lassen.

Es freute sie nicht, dass wieder ein Mensch von ihrer Hand starb. Doch große Gewissensbisse hatte sie darum nicht.

Man trug sie auf den Schultern die schlammige Straße entlang, beiderseits gesäumt von Häusern und Geschäften und mit Claims und Placers dazwischen. Hochrufe erschallten.

Jane ließ sich bei einem Boardinghouse absetzen. Es nannte sich prahlerisch ›Golden Star‹. Nachdem ihr der Inhaber eidesstattlich versichert hatte, sie würde sich bei ihm weder Flöhe holen, noch gäbe es Wanzen in der Bretterbude, sank sie todmüde in dem einfach eingerichteten Zimmer auf den Strohsack nieder.

Jetzt war sie erst einmal allein. Sie atmete auf. Sie war in Deadwood und harrte der Dinge, die hier auf sie zukommen sollten. Von der Butterfield Overland, die hier den Personen- und Leichtfrachtverkehr versah und die eine Niederlassung in Deadwood hatte, würde sie eine Belohnung erhalten.

1.000 Dollar, das war immerhin was. Damit kam sie erst mal über die Runden. Die Preise waren sehr hoch in Deadwood.

Außerdem sollte sie noch die Banditenpferde erhalten. Die von Jane überwältigten Banditen hatten verraten, wo die Tiere standen. Die Kutsche war weitergefahren. Von der Überlandstation aus würde man die Pferde holen.

Eins wollte sie behalten, zwei an die Transportlinie oder anderweitig verkaufen.

Die beiden Banditen, die lebend ankamen, steckten im Gefängnis. Der Tote befand sich beim Sargtischler. Er sollte einen einfachen Sarg aus Fichtenbrettern erhalten und in die Erde gesenkt werden. Mit den Friedhöfen von Deadwood war es eine besondere Sache.

Es gab schon den dritten Friedhof in kurzer Zeit. Die beiden ersten waren aufgegeben und umverlegt worden, weil Goldsucher auch da nicht zurückschreckten. So viele Leichen gab es noch nicht. Einige davon hatte man jeweils umgebettet, andere nicht. So geschah es immer wieder, dass Goldsucher statt Gold Leichen fanden.

Verwest bis auf die Knochen waren sie noch nicht. Wer so einen Fund machte, dem schmeckte sein Essen drei Tage nicht mehr.

Genau war die Bevölkerung von Deadwood nicht erfasst. Zuerst waren tausend Mann gekommen, nachdem Custer von den Goldfunden Laut gab. Der Bescheidenste war er nie. Mittlerweile, nach einem Jahr, mochte es die drei- oder vierfache Zahl sein.

Und es wurden immer mehr. Goldsucher, Geschäftemacher, Abenteurer, Schurken, Halunken, redliche und unredliche Leute. Frauen – fast ausschließlich Saloonflittchen oder vom horizontalen Gewerbe, was meist keinen großen Unterschied machte. Verwaltung gab es keine; nur das Rudimentärste wurde geklärt.

Man schloss sich in Gruppen und Interessengemeinschaften zusammen. Der Staat war noch außen vor – schließlich gehörten die Black Hills nominell den Indianern.

Einen Richter und einen Sheriff hatte man in Deadwood eingesetzt. Anders ging es nicht. Der Sheriff war dem Goldgräberrat Rechenschaft schuldig. Der Richter desgleichen.

Man hatte genau die zwei Richtigen für die Jobs gefunden ...

In ihrer Unterkunft zog Jane Stiefel und Oberbekleidung aus. Sie hatte nur eine Teppichtuchtasche mit Ersatzwäsche, Munition und ein paar Kleinigkeiten für den täglichen Bedarf bei sich. Sie wusch sich in der Waschschüssel auf der Kommode und schaute in den halbblinden, fleckigen Spiegel.

Eine Schönheit war sie nicht, das wusste sie. Es hatte sie noch nie gestört. Sie meinte sogar, allzu viel Schönheit könnte für eine Frau hinderlich sein und ihr zum Nachteil gereichen. Mit 14 war sie von daheim weggegangen und hatte seitdem viel erlebt.

Ihre geringe Attraktivität war insofern von Vorteil gewesen, dass die Männer nicht scharenweise hinter ihr waren. Manche schon, doch derer konnte sie sich erwehren, wenn sie zu aufdringlich wurden.

Sie war jetzt zwanzig Jahre alt – die sechs Jahre, seit sie von daheim fortging, zählten doppelt und dreifach. Wie sie diese überstanden hatte und was sie dabei alles erlebte, war ein Kapitel für sich. Sie war kein naives Mädchen mehr.

Sex hatte sie bisher nie als sonderlich wichtig empfunden. Jetzt jedoch sah es anders aus – sie sehnte sich nach einem Mann, nach einem ganz bestimmten.

Das war Wild Bill Hickok, derzeit Sheriff von Deadwood. Wo die Liebe hinfällt, da bleibt sie liegen. Jane hatte in Abilene ein großes Ölgemälde von Wild Bill gesehen, das man dort Souvenirsammlern verkaufte. In Serie.