Jack Slade 991 - Jack Slade - E-Book

Jack Slade 991 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Im Bürgerkrieg schickt der Geheimdienst der Nordstaaten zwei Männer für eine Sabotageaktion hinter die feindlichen Linien: die Yankee-Zwillinge. Jamie und Teddy gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Indem sie sich als ein einzelner Mann ausgeben, gelingt ihnen zunächst die Täuschung der Bevölkerung ...


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Seitenzahl: 143

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Gejagt von Freund und Feind

Vorschau

Impressum

Gejagt vonFreund und Feind

Die Zwillingsbrüder Teddy und Jamie Marlowe halten im Grunde nicht viel vom suspekten Beruf des Spions, aber der Oberbefehlshaber der Nordstaaten, General Grant, braucht sie, um eine Brücke zu sprengen, damit die Brigade von Colonel Grierson, unbelästigt von Verfolgern, nach Louisiana entkommen kann.

Die Brüder Marlowe sind gerissen und verstehen es, ihre unglaubliche Ähnlichkeit auszunutzen, um hinter die feindliche Linie vorzudringen. Doch ihr Trick droht aufzufliegen, als eine schöne Südstaaten-Lady ihre Bruderschaft auf eine harte Probe stellt.

Kann Colonel Griersons Brigade noch über die Brücke galoppieren, ehe diese zu Abertausenden Holzsplittern explodiert? Und werden es beide Brüder überleben, dass sie sich diesmal beinahe selbst austricksen?

Der Lauf der Muskete bewegte sich unruhig zwischen zwei Zielen hin und her. Denn der Mann, der den Finger am Abzug hatte, konnte sich einfach nicht entscheiden, auf wen er anlegen sollte. Die beiden Reiter sahen absolut identisch aus.

Der Wachtposten schüttelte den Kopf, als müsste er erst seine Augen zurechtrücken.

»Vorsicht mit der Kanone, Corporal«, warnte der Reiter auf der rechten Seite freundlich, aber bestimmt.

»So etwas kann leicht losgehen, Sir.« Der Reiter zur Linken war das perfekte Spiegelbild des anderen.

Die Marlowe-Brüder hatten den letzten Vorposten der Unionsarmee erreicht. Der Wachtposten in der blauen Uniform hatte das Bajonett auf der Enfield P1853 aufgepflanzt, mit dem er nervös hin- und her fuchtelte. Ihm war befohlen, an der Südspitze von Tennessee Ausschau zu halten. Er erwartete den Feind von vorne. Dass zwei Reiter wie aus dem Nichts hinter ihm auftauchen, damit hatte er nicht gerechnet.

»Dann solltet Ihr euch nicht so von hinten anschleichen«, knurrte der Wächter, ohne jedoch den Lauf zu senken. »Wenn ihr nicht aus Versehen erschossen werden wollt!«

Die beiden Reiter trugen Zivilkleidung. Ihre Gewehre steckten unbenutzt im Futteral an ihren Sätteln. Von ihnen schien keine Gefahr auszugehen. Sie legten sogar eine freundliche Art an den Tag. Der Posten nahm den Finger vom Abzug und hob den Lauf in den Abendhimmel.

Hätten die zwei nicht unterschiedliche Hüte getragen, dann hätten sie sich geglichen wie ein Ei dem anderen. Endlich dämmerte dem verdatterten Soldaten, dass er Zwillinge vor sich hatte.

Die Marlowe-Brüder waren die Reaktion gewohnt. Viele Menschen reagierten verdutzt, wenn sie nebeneinander auftauchten. Zwillinge sah man eben nicht jeden Tag.

»Wir stehen auf derselben Seite«, sagte der Mann, der einen weißen Filzhut mit zerdrückter Krone trug.

»Wir sind Soldaten der Unionsarmee, von der 6th Illinois, stationiert in La Grange«, doppelte der andere Mann nach, der seinem Gefährten wie ein Echo zu folgen schien. Auf seinem Kopf saß ein Hutschmuck, der das Augenmerk auf sich zog. Schwarz, und ins Hutband hatte der Träger eine kecke Feder gesteckt.

»Ihr seht mir nicht gerade nach Kavalleristen aus. Bestenfalls seid ihr Deserteure. Warum seid ihr nicht in Uniform?« Der Posten kam seiner Pflicht nach, argwöhnisch zu sein. Hinter ihm, im Norden, lagerten die Truppen der Unionsarmee. Im Süden vor ihm vermutete man die Vorposten der Südstaatler. Er bewachte ein unbewohntes Terrain. Das Niemandsland des Krieges. Solange die Front sich nicht verschob.

»Wir haben einen Passierschein.«

»Ist es in Ordnung, wenn ich in meine Tasche greife, Freund?«

Der Mann mit dem auffälligen Hut hob die Hand vom Sattelhorn und machte eine vorsichtige Geste, in seine Jacke greifen zu wollen.

Der Wachtposten deutete mit einer Bewegung des Bajonetts an, dass er dies langsam tun sollte.

Der Mann faltete ein Papier auseinander, das einen sehr offiziellen Eindruck machte. Dann beugte er sich höflich aus dem Sattel, damit der Soldat leichter danach greifen konnte. Ebenso höflich fragte er nicht danach, ob der Mann lesen konnte. Das Dokument trug das Siegel des War Department, des Hauptquartiers der Unionsarmee. Auch ein Analphabet würde es erkennen.

Der Wachtposten stellte seine Enfield auf ihren Kolben, um sich das Papier genauer anzusehen. Langsam wie ein Schüler der ersten Klasse las er die Worte. »Dem Träger dieses Dokuments ist erlaubt, alle Linien der Unionsarmee ohne Behinderung oder Ausweispflicht zu durchqueren.«

Er machte große Augen, als er die Unterschrift neben dem Siegel las. »Gezeichnet, Ulysses S. Grant, General Union Army.«

Jamie Marlowe streckte die Hand nach dem Dokument aus, um es dem Soldaten sogleich wieder abzunehmen und sorgfältig zusammenzufalten.

Der Wachtposten wiederholte den Namen des Unterzeichnenden. Am liebsten hätte er sich mit dem Bajonett am Hinterkopf gekratzt.

»Wir möchten Sie außerdem bitten, niemandem im Lager zu berichten, dass wir die Linien passiert haben«, sagte Teddy Marlowe. Er war der ältere der beiden Brüder. Wenn auch nur um drei Minuten.

»Am besten, Sie vergessen ganz, dass Sie uns gesehen haben«, sagte sein jüngerer Bruder Jamie, während er seinem Pferd mit einem leichten Flankendruck zu verstehen gab, dass es nun antraben sollte. Es gab nichts mehr zu besprechen.

Der Soldat hatte seine Überraschung noch immer nicht überwunden. Erst taucht ein Zwillingspaar wie aus dem Nichts in seinem Rücken auf. Und dann besagte ein von Grant persönlich signiertes Papier, dass die beiden mir nichts, dir nichts, das Niemandsland überqueren durften. In Richtung Feind!

»Wenn ihr mir die Frage erlaubt, Gentlemen«, sagte er, während nun auch Teddy sein Pferd sanft an ihm vorbeitrieb, »wohin wollt ihr eigentlich? Vor uns liegt nichts, außer der ganzen verdammten Rebellenarmee!«

»General Grant würde es uns nie verzeihen, wenn wir sein Geheimnis verraten«, sagte einer der Männer, die sich rasch in südlicher Richtung entfernten. Der Wächter konnte schon nicht mehr unterscheiden, welcher von beiden gesprochen hatte, denn selbst ihre Stimmen klangen absolut identisch.

Sie verbrachten die Nacht in einem Wäldchen, das sie vor dem kalten Aprilwind schützte, und sie unterließen es, ein Feuer anzuzünden. Ihr Ziel war die Ortschaft Magnolia, die weit hinter den feindlichen Linien und mehrere Tagesritte entfernt lag.

Ihr Auftrag kam von ganz oben, aber natürlich hatten sie nie persönlich mit General Grant, der ihren Passierschein ausgestellt hatte, eine Zigarre geraucht. Sie waren sich sogar ziemlich sicher, dass Grant ihren Namen noch nie gehört hatte. Ihr General konnte ja nicht jeden Soldaten, der unter seinem Befehl stand, namentlich kennen.

Nein, sie hatten ihre Instruktionen direkt von ihrem vorgesetzten Offizier erhalten, dem Kommandanten der sechsten Illinois, Benjamin Grierson. Zwei Jahre schon gehörten sie diesem ruhmreichen Kavalleriekorps an. Man zählte die Marlowe-Brüder dort zu den besten Reitern, da sie praktisch im Sattel geboren waren, und sie waren ganz passable Schützen. Nicht deswegen jedoch waren sie für diesen Geheimauftrag ausgewählt worden.

Ihre ungewöhnliche Ähnlichkeit könnte ihnen einen entscheidenden Vorteil verschaffen. Zwei Männer, die sich als einzelne Person ausgeben konnten.

Selbst nach zwei Jahren hatten ihre Kameraden der 6. Illinois es nie geschafft, die Marlowes auseinanderzuhalten. Was zu manchem Missverständnis geführt, aber immer auch für gute Stimmung gesorgt hatte. Schon beim Anmustern war es zur ersten Verwechslung gekommen. Teddy hatte seine Unterschrift geleistet und war weggetreten, um seine Uniform zu fassen. Gleich nach ihm stand Jamie in der Reihe der Freiwilligen.

»Was, zum Henker ...!«, bellte der Sergeant, als er von seinem Schreibtisch hochsah. »Dich habe ich doch eben schon angemustert!«

In dieser Nacht vermissten sie ihre Kameraden, die um diese Zeit bestimmt in geheizten Zelten lagen und Karten spielten. Sie vermissten die Gemeinschaft der Kampfgefährten. Es war überhaupt das erste Mal, dass die beiden Brüder wieder unter sich waren, das erste Mal, seit sie von daheim fortgezogen waren.

»Erklär's mir noch mal«, fragte Jamie seinen älteren Bruder, »weshalb haben wir uns hierfür freiwillig gemeldet?«

Auch Teddys Zähne klapperten. Sie hatten sich gemeinsam unter ihre Pferdedecken zur Nacht gebettet und Hosen und Jacken anbehalten. Die Pferde waren in unmittelbarer Nähe angehobbelt.

»Wir haben uns nicht freiwillig gemeldet, Jamie.«

Ihnen war befohlen worden, sich freiwillig zu melden. Etwas anderes wäre auch gar nicht in Frage gekommen. Die Marlowe-Zwillinge waren die Richtigen. Obwohl sie, als sie anmusterten, sich nie hätten träumen lassen, dass sie im Dienst von Präsident Lincoln Spione werden würden. Statt der blauen Uniformjacken, die sie mit Stolz getragen hatten, waren sie nun in Zivil. Was nichts anderes bedeutete, als dass man sie als Spione erschießen konnte. Für Spione galten nicht die üblichen Regulationen für Kriegsgefangene.

»Corporal Marlowe, Trooper Marlowe!« So hatte der Sergeant sie zum Rapport gerufen. Wenigstens durch ihren unterschiedlichen Rang konnte die Truppe sie auseinanderhalten. Teddy stand in der Militärhierarchie eine Stufe höher als sein jüngerer Bruder. Wenn auch nur eine sehr geringe.

So meldeten sie sich beim Kommandanten des 6. Illinois.

»Corporal Marlowe und Trooper Marlowe zur Stelle, Sir!«

»Teddy, Jamie. Ich weiß zwar nicht, wer wer ist, aber traut ihr zwei euch eine knifflige Sache zu?«

Die Mutter Marlowe hatte keine Dummköpfe erzogen. Teddy und Jamie ahnten gleich, dass ihr Befehlshaber sie nicht auf diese informelle Weise fragen würde, wenn diese »knifflige Sache« nicht auch ein lebensgefährliches Risiko mit sich brachte.

Natürlich hatten sie trotzdem Ja gesagt, nachdem er ihnen die ganze Sache auseinandergesetzt hatte. Abzusprechen brauchten die zwei sich nicht.

»Ja, Sir«, meldeten sie sich wie mit einer Stimme »freiwillig« für die geheime Kommandosache.

Als sie nun in diesem Wäldchen an der Grenze zu Mississippi frierend nebeneinander unter ihrer dünnen Decke lagen und hofften, dass die Sonne bald aufgehen würde, da erinnerte sie das daran, wie sie als kleine Jungs in einem Bett unter einer Decke schliefen.

Die Marlowes galten seit dem Tag ihrer Geburt als unzertrennlich. In dieser kalten Nacht konnten sie noch nicht ahnen, dass die Schwierigkeiten, die vor ihnen lagen, ihre Bruderschaft auf eine harte Probe stellen würden.

Das Frühstück bestand aus Dörrfleisch und einem kalten Schluck aus der Wasserflasche. Ihre frierenden Muskeln waren noch nicht warm geworden, als sie sich in den Sattel schwangen, aber sie wussten, dass sie sich bald warmgezittert haben würden. Teddy schob ein Stück Kautabak in seine Wange. Das Kauen von Priem war ein Laster, das ihn von Jamie unterschied. Der Jüngere der beiden hielt sich an selbstgedrehte Zigaretten. Im Moment jedoch wäre er auch mit kaltem Tabak zufrieden gewesen. Der Zigarettentabak war ihm schon gestern ausgegangen.

Mit gebotener Vorsicht ritten sie weiter in südliche Richtung. Sie ließen die Stadt Ripley zu ihrer Linken und umgingen später am Nachmittag auch die Ortschaft New Albany. Sie wollten so viel Distanz wie möglich zwischen sich und die eigene Truppe in La Grange bringen, bevor sie sich irgendwelchen Südstaatlern zeigten.

In ihren Sätteln steckten Spencer Repetiergewehre, die sich in den ersten beiden Kriegsjahren als zuverlässige Begleiter erwiesen hatten. Die Faustfeuerwaffen trugen sie in den Gürtel gesteckt. Es waren keine Holster aufzutreiben, und die Pistolentaschen der Nordstaatenarmee wären doch etwas zu auffällig gewesen. Das störte die Marlowes nicht. Von frühester Jugend an hatten sie Pistolen im Hosenbund getragen, obwohl das gefährlich sein konnte, wenn man einen Schuss schnell abgeben wollte und die Waffe aus dem Gürtel riss, während man unvorsichtigerweise schon den Hahn spannte. Die Brüder ließen darum stets den Hahn auf einer leeren Kammer ruhen.

Teddy trug einen M1848 Dragoon Revolver, eine schwere Waffe, die von Kavalleristen manchmal in einem Holster am Sattelhorn getragen wurde, während Jamie sich mit einem Colt M1860 Armee-Revolver bewaffnet hatte. Beide Revolver waren noch unerprobt. Der Quartiermeister hatte sie ihnen für diese Aufgabe ausgehändigt.

Insgeheim fragten die Marlowes sich, was ihre Bewaffnung gegen eine Übermacht von Rebellen ausrichten würde, wenn man sie enttarnte. Wahrscheinlich nicht viel, aber jedenfalls würden sie noch ein Höllenspektakel veranstalten.

»Das Sechste wird sich nun bald zum Abmarsch bereit machen«, meinte Jamie. Die rote Feder in seiner Hutschnur schwankte im auffrischenden Wind wie ein Wetterhahn.

Die beiden Reiter hatten sieben Tage Vorsprung. Ihre Truppe lag in La Grange, hinter der Grenze zu Tennessee. 1700 Männer waren dort auf Brigadestärke zusammengezogen worden. Neben ihrer eigenen Abteilung, der 6th Illinois, standen auch die 7th Illinois und die zweite Iowa Cavalry nun unter dem Befehl von Colonel Benjamin Grierson. Der Plan war einer der waghalsigsten, der bisher in diesem blutigen Bürgerkrieg ausgeheckt worden war. Griersons Brigade sollte von La Grange aus die feindlichen Linien durchdringen und weit hinunter in Mississippi bis nach Newton Station vorstoßen. Dort sollte er eine Bahnlinie und kriegswichtiges Material zerstören.

»Grierson setzt die Brigade am 17. April in Marsch«, bestätigte Teddy.

»Dann wird unser Steckbrief wohl bald überall in Tennessee verteilt worden sein.«

Das quittierte Teddy mit einem grimmigen Nicken. Dass sie wegen Desertation zur Verhaftung ausgeschrieben worden waren, war Teil des Plans.

»Ich frage mich, was Mutter denkt, wenn sie den Steckbrief sieht.«

Teddy ließ sich mit der Antwort Zeit. Er ritt voraus, und als er sich eine Antwort überlegt hatte, drehte er sich zu seinem Bruder um, wobei das Sattelleder unter seinem Gewicht knarrte. Er spuckte einen Schwall flüssigen Kautabaks zur Seite.

»Erstens liest Mum keine Steckbriefe.«

Teddy wischte sich mit dem Handschuh eine braune Spur vom Kinn. Dann trieb er sein Pferd erneut an.

»Und zweitens?«, wollte Jamie schließlich wissen.

Teddy hielt erneut. »Und zweitens würde sie sich keinen Deut darum scheren. Sie wüsste ganz genau, dass keiner von uns desertiert – schon gar nicht allein –, sondern dass mehr dahintersteckt.«

»Na, hoffen wir, dass die Rebellen nicht so clever sind wie Mum.«

Am Mittag des nächsten Tages erreichten sie einen Geländekamm. Zu ihren Füßen lag Pontotoc. Eine Kleinstadt im Staat Mississippi, deren Sympathien dem Süden gehörten.

»Das dürfte die letzte Siedlung sein, bevor wir auf konföderierte Truppen treffen«, hatte Teddy sich ausgerechnet.

»Letzte Gelegenheit für eine warme Mahlzeit und einen guten Schluck«, doppelte sein Bruder nach, »unter anderen Annehmlichkeiten, auf die wir verzichten mussten.«

»Und eine gute Gelegenheit auszuprobieren, ob wir irgendwie auffallen oder ob man uns unsere Geschichte abkauft.«

Sie zwinkerten sich zu. Ohne ein weiteres Wort der Verständigung lenkten sie ihre Pferde zurück hinter die Anhöhe, wo sie von Pontotoc aus nicht gesehen werden konnten. Sie schlugen einen weiten Bogen ostwärts. So würden sie nicht aus Norden in die Stadt einreiten, und falls jemand Fragen zu ihrer Herkunft stellte, dann wollten sie den Namen einer Stadt weiter im Osten angeben, die sie auf der Karte ausgemacht hatten.

Eine Meile vor der Stadtgrenze stiegen sie ab. Sie klopften sich den Staub der Reise aus den Kleidern und rasierten sich mit kaltem Wasser aus der Trinkflasche. Sie wollten nicht den Anschein erwecken, dass sie bereits tagelang unterwegs waren. Falls man ihnen eine lange Reise ansah, dann konnte man sich auch fragen, von wo sie aufgebrochen waren.

»Das ist mein Rasiermesser«, stellte Teddy fest, als Jamie in dessen Satteltasche danach griff. »Wann wirst du dir endlich ein eigenes besorgen?«

Jamie prüfte die Schneide mit dem Daumen und kritisierte dessen Stumpfheit. »Du musst es besser schärfen, alter Junge.«

»Für deinen Flaum wird das schon genügen«, lachte Teddy.

Sie rieben den Pferden den Schweiß von den Flanken. Niemand durfte ahnen, dass sie der Voraustrupp von 1700 Mann unter Griersons Befehl waren, der in wenigen Tagen, am 17. April, über den Süden herfallen würde. Wenn sie Verdacht erregten, gefährdete das die ganze Mission. Und dennoch brannten die Marlowe-Brüder darauf, ihre Verkleidung zu erproben und dieses Risiko einzugehen. In mancher Hinsicht waren sie noch immer wie die kleinen Jungen, die gemeinsam auf der Farm in Peoria in Illinois aufgewachsen waren.

»Ein Steak, Herr Wirt, aber gut durchgebraten!«

Der Wirt des »Goldenen Truthahns« steckte seinen Glatzkopf durch den Schnurvorhang, der den Gästeraum von der Küche trennte. Es war erst später Nachmittag, und der neue Gast war der einzige im Raum, abgesehen von dem Köter, der neben dem Ofen schlief. Der Mann nahm sich einen Stuhl und warf einen weißen, fleckigen Stetson auf den Tisch.

Der Wirt nickte verstehend, doch bevor er den Kopf zurückziehen konnte, rief der Gast – er mochte um die zwanzig oder einundzwanzig Jahre alt sein – ihm noch nach: »Und wenn Sie schon dabei sind, stellen Sie auch noch eine Flasche Whiskey dazu! Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn das alles rasch vonstattenginge!«

Ganz schön forsch, dachte der Wirt, aber er machte sich daran, die Bestellung auszuführen. Er hatte den Raum gut geheizt, selbst wenn keine Gäste da waren, und der bullernde Holzofen in der Ecke verbreitete angenehme Wärme. Er schichtete immer reichlich Brennholz neben dem Ofen auf, damit die Gäste auch selbst nachlegen konnten. Durch den Spalt im Schnurvorhang konnte der Wirt sehen, wie der Bursche seine vor Kälte knackenden Gelenke ausstreckte.

Der Gast drehte sich mit dem Tabak, den er vorhin im Gemischtwarenladen mit anderen Vorräten erstanden hatte, eine Zigarette.

Der Wirt brachte ihm den verlangten Schnaps an den Tisch.

»Kalt draußen, was?«, fragte er aufmerksam, als er eine unetikettierte Flasche und ein Glas auf den Tisch stellte.

Sein Gast stellte das nicht in Abrede.

»Von weit her gekommen?«, wollte der Wirt wissen, während er die Pulle mit dem Selbstgebrannten umständlich entkorkte.

»Weit genug, um mächtigen Durst zu haben«, sagte sein Gast nur und wies mit seinem Kinn auf die Flasche, aus der noch immer kein Schnaps in sein Glas floss.

»Unterwegs irgendwelche Yankees gesehen? Rebellen vielleicht?«

Pontotoc war sich noch nicht ganz sicher, welcher Seite es zufallen würde. Sie konnten genauso gut von der Unionsarmee eingenommen werden, darum war es schon richtig, sich nach beiden Seiten abzusichern.

»Bei Gott, Herr Wirt, Sie verstehen es, einem den Appetit zu verderben! Yankees? Und Rebellen? Teufel, nein! Würde ich sonst seelenruhig hier sitzen und bei Ihnen ein Beefsteak bestellen, statt sofort zum Telegrafenamt zu rennen und die Nachricht zu verbreiten?«

»Da haben Sie auch wieder recht, mein Junge!«, lachte der glatzköpfige Wirt schallend. Er gab sich mit der Antwort zufrieden und ließ endlich bernsteinfarbenen Whiskey ins Glas gluckern.

Sein durstiger Gast schluckte beinahe schon, ehe der Wirt eingeschenkt hatte.

»Aaah!«