Je stiller der Tod - Mary Ann Fox - E-Book
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Je stiller der Tod E-Book

Mary Ann Fox

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Beschreibung

Mistel, Mord und Marzipan.

Die junge Gärtnerin Mags Blake freut sich auf Weihnachten mit ihrer Familie und auf heimelige Stunden vor dem Kamin. Kurz vor dem Fest möchte ein Fotograf mit seinem Team für ein Magazin Aufnahmen des Gartens machen, den Mags in ein wahres Winterwunderland verwandelt hat. Doch dann bricht ein Schneesturm über Cornwall herein, das Cottage ist eingeschneit. Schöne Bescherung! Mags nimmt es mit Humor – bis sie im Schnee über die Leiche des Fotografen stolpert. Die Polizei wird Stunden brauchen, um zum Cottage zu gelangen. Muss Mags den Mörder unter ihren Gästen suchen?

Ein Schneesturm im malerischen Cornwall – und ein gefährliches Weihnachtsfest für die junge Gärtnerin Mags Blake.

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Seitenzahl: 188

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Über das Buch

Mags liebt Weihnachten, und in diesem Jahr will sie zum ersten Mal mit ihren Freunden im eigenen Cottage feiern – zusammen mit Weihnachtsgans Agatha, die sie davor bewahrt hat, auf dem Menüplan zu landen. Die Plätzchen sind gebacken, das Cottage ist gemütlich dekoriert, denn kurz vor dem Fest hat sich ein Fotograf angekündigt, um für ein Magazin Fotos zu machen. Dann bricht ein Schneesturm über Cornwall herein, Mags und ihre Gäste sind von der Außenwelt abgeschnitten. Sie lädt den Fotografen und sein Team kurzerhand ein, Weihnachten mit ihnen zu feiern. Doch dann stolpert sie im Garten über die Leiche des Fotografen. Die Polizei kommt nicht zu ihnen durch, und so muss Mags selbst nach dem Mörder suchen – mit tatkräftiger Unterstützung von Agatha.

Über Mary Ann Fox

Mary Ann Fox, geboren 1978, verdiente ihr erstes Geld in einer Gärtnerei. Der Liebe wegen ging sie nach England und arbeitete dort als Fremdenführerin, als Deutschlehrerin und dann im Botanischen Garten in Oxford. Sie lebt mittlerweile wieder in Hamburg und träumt von einem eigenen Garten, in dem sie das Meer rauschen hören kann. Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Kriminalromane »Je tiefer man gräbt«, »Je dunkler das Grab«, »Je kälter die Asche«, »Je länger die Nacht«, »Je höher die Flut« und »Je lauter der Sturm« lieferbar.

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Mary Ann Fox

Je stiller der Tod

Ein Cornwall-Krimi

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Informationen zum Buch

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Motto

Prolog

Kapitel 1 — Einige Tage zuvor

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Impressum

Wem dieses Buch gefallen hat, der liest auch gerne...

Every idiot who goes about with ›Merry Christmas‹ upon his lips should be boiled with his own pudding, and buried with a stake of holly through his heart. He should!

Ebenezer Scrooge »Weihnachtsgeschichte« von Charles Dickens

Deck the halls with boughs of holly. Fa-la-la-la-la, la-la-la-la! Tis the season to be jolly. Fa-la-la-la-la, la-la-la-la! Don we now our gay apparel. Fa-la-la-la-la, la-la-la-la! Troll the ancient Yule tide carol. Fa-la-la-la-la, la-la-la-la!

Traditionelles Weihnachtslied

»Holly« bezeichnet im Englischen die Stechpalme, deren Zweige seit Jahrhunderten als Weihnachtsschmuck genutzt werden.

Prolog

Es war nicht einfach für Agatha, mit ihren breiten Füßen und den kurzen Beinen durch dieses komische kalte Zeug zu watscheln. Aber sie hatte ein Ziel vor Augen und würde sich nicht davon abhalten lassen. Seit Wochen versuchten alle, sie aus dem Haus auszuschließen, weg von der Wärme, dem Essen und vor allem weg von der Frau mit der schönen Stimme und dem Geruch nach frischem Gras und Sommer. Aber Agatha würde nicht klein beigeben. Die Hühner waren keine angenehme Gesellschaft, sie pickten und plusterten sich auf und waren so damit beschäftigt, ihre Eier zu legen, dass sie nichts anderes mehr im Kopf hatten.

Eier! Wütend streckte Agatha ihren Hals und kämpfte sich weiter voran. Der Mann hatte ihr Eier ins Nest gelegt. Sie wusste, dass etwas mit diesen Eiern nicht stimmen konnte, sie kamen ja von ihm. Aber trotzdem, Agatha hatte sich auf die Eier setzen müssen. Das lag in ihrer Natur. Vielleicht, vielleicht waren sie ja …

Aber natürlich nicht. Auch nach Stunden war keine Wärme in ihnen zu spüren gewesen, keine Bewegung. Er hatte sie belogen. Menschen wie ihm konnte man nicht vertrauen. Männern konnte man nicht vertrauen. Ein Mann hatte ihre Mutter geholt und dann …

Agatha zischte das weiße Zeug um sie herum an. Sie würde sich nicht aufhalten lassen. Das Schloss am Stall war neu, aber sie hatte einen Weg gefunden.

Menschen! Nein, nicht alle. Sie nicht. Aber der Mann. Die Menschen, die wie er waren, rochen anders und stanken und hatten es verdient, dass sie sie zwackte und kniff.

Einer ihrer Füße rutschte auf der dünnen Eisdecke aus, die von dem weißen Zeug bedeckt war. Sie schlug mit den Flügeln, und feine, weiße Flocken wirbelten im ersten Morgenlicht auf. Das sah schön aus. Sie breitete ihre Flügel aus und beobachtete, wie glitzernde Flocken um sie herum aufstoben. So weiß wie sie. Sie mochte weiße Dinge.

Doch als sie weiterging, leuchtete vor ihr inmitten des Weiß etwas rot auf. Rot war nicht gut. Füchse waren rot. Blut war rot. Sie hielt inne und machte sich bereit zu kämpfen. Keine ihrer Art würde sich kampflos ergeben. Sie würde sich und das Heim verteidigen. Vorsichtig näherte sie sich der Stelle.

Doch was da lag, bewegte sich nicht. Ein Mensch. Weiße Flocken in den Haaren und auf den Wimpern. Ein widerlich saurer Geruch hing in der Luft. Das schöne Weiß hatte sich rund um seinen Kopf rot verfärbt. Sie kniff mit dem Schnabel vorsichtig in die Hand des Menschen, die blau aus dem Weiß und Rot hervorragte. Kalt, tot. Ob der Fuchs den Menschen getötet hatte?

Zischend und schnatternd hüpfte sie über den Körper hinweg, weiter zum Haus. Würde man sie nicht hineinlassen, würde sie so lange Lärm machen, bis jemand öffnete. Sie musste doch auf ihren Menschen aufpassen.

Jetzt erst recht. Agathas Platz war bei ihr. Und niemand würde daran etwas ändern können.

Niemand.

1

Einige Tage zuvor

»Ich weigere mich, eine versnobte Fotografin durch mein Haus laufen zu lassen. Und dann noch an Weihnachten. Nein, nein, nein!«

Mags Blake saß in der Küche ihres Cottages, holte tief Luft und wollte gerade erneut ansetzen, als sie den Fehler machte, in Cynthias Gesicht zu sehen. Cynthia Collins, eine Freundin aus Kindheitstagen und Besitzerin eines der schönsten und größten Gartenfachgeschäfte in Cornwall, hatte große, strahlend hellblaue Augen. Schon zu Schulzeiten hatte sie diese innerhalb von Sekunden von Tränen überschwemmen lassen können und war damit bei Lehrern und den Jungs ziemlich erfolgreich gewesen. Auch Mags merkte, wie sie kurz weich wurde, riss sich dann aber wieder zusammen und schüttelte den Kopf.

»Darauf falle ich nicht rein, Cynthia. Spar dir deine Krokodilstränen für jemand anderen auf. Ich will einfach nicht, dass fremde Leute durch mein Zuhause trampeln.«

Cynthia blinzelte die Tränen weg und richtete sich auf. Innerhalb von Sekunden war sie nun wieder ganz die Geschäftsfrau. Mags musste lächeln. Niemand machte den Fehler, Cynthia zweimal zu unterschätzen.

Vor dem Fenster war der November mit all seinem Regen und Wind in Rosehaven eingezogen und hatte die letzten Blätter endgültig von den Bäumen gerissen. Der Herbst lag hinter ihnen, sonnig und warm wie in einem Bilderbuch war er gewesen. Mags hatte jede freie Sekunde in dem Garten ihres neuen Cottages verbracht und ihn zu neuem Leben erweckt. Wobei erst die nächsten Jahre zeigen würden, ob sie damit erfolgreich gewesen wäre.

Als ihr Mann Sam sie im Mai zu dem leer stehenden Cottage gebracht hatte, war es Liebe auf den ersten Blick gewesen. Und wie durch ein Wunder gehörte es nun ihnen. Nun ja, eigentlich der Bank, der sie den dicken Kredit abgerungen hatten, unter Einsatz von Sams Ersparnissen und mit der Auflage, auch Mags’ Geschäft, den Evergreen Gartenservice in den zum Cottage zugehörigen Nebengebäuden unterzubringen. Aber ihre beiden Namen standen am Briefkasten oben an der Straße. Und Mags’ erklärtes Ziel war es, Haus und Garten mit jedem Handgriff zu etwas ganz Besonderem zu machen.

Die Küche war für ein altes Cottage erstaunlich groß, einer der Vorbesitzer hatte behutsam einige Wände entfernt und so mehr Platz geschaffen. Prunkstück der Küchenzeile war ein großer altmodischer Gasherd, dessen Armaturen kupferfarben glänzten. Was aber nicht eifrigem Putzen zu verdanken war, sondern eher der Tatsache, dass weder Mags noch ihr frisch angetrauter Ehemann Sam sonderlich oft kochten.

Ihnen reichte es völlig, das Gemüse aus dem Garten mit etwas Öl in den Backofen zu schieben und dazu Käse und Brot zu essen. Da das Brot meist frisch aus dem Ofen von Mags’ väterlichem Freund und Vertrauten Jim kam, war es allein schon ein Genuss. Und der Käse kam vom Hof der Stones, die seit Jahr und Tag aus der dicken cornischen Milch einen cremigen Cottage Cheese und einen würzigen Hartkäse herstellten. Schlicht, aber äußerst köstlich. Die vor einigen Jahren plötzlich auflodernde Begeisterung der Touristen für gutes Essen und regionale Produkte hatte viele der kleinen Höfe in Cornwall gerettet. Mags war sehr dankbar dafür, da es dem Dorf Rosehaven, das in einer Bucht am Übergang des Helford River zum Meer lag, neue Perspektiven bot. Und alles, was dafür sorgte, dass vor allem junge Menschen sich wieder ein Leben in Cornwall vorstellen konnten, war gut.

In der Ecke des Raumes stand ein kleiner Bollerofen, den Mags am Morgen angeheizt hatte. Das Cottage verfügte über eine Zentralheizung, und würde es noch einige Grad kälter werden, müssten sie sie auch benutzen. Aber da es draußen trotz Sturm und Regen immer noch über zehn Grad waren, reichte die behagliche Wärme der im Haus verteilten Öfen und des Kamins im Wohnzimmer aus.

Auf dem Küchentisch, dessen Holzplatte die Spuren jahrzehntelanger Nutzung trug, lag ein dickes, in grünes Leder gebundenes Buch. Mags’ Gartenbuch. Bevor Cynthia wie ein Wirbelwind durch die Küchentür hereingestürmt war, war Mags damit beschäftigt gewesen, ihre Notizen des vergangenen Sommers zu übertragen. Gartenbücher hatten eine lange Tradition, die Mags fortzuführen gedachte. Sie vermerkte Grundrisse des Gartens, eigene Zeichnungen, notierte Wetter und Regenmengen. Sie vermerkte, welche Pflanzen sie wann gesetzt hatte, und führte penibel Buch über Erfolge und Misserfolge. Natürlich hatte sie auch mit modernen Methoden die Beschaffenheit und Zusammensetzung des Bodens untersuchen lassen. Zumindest den pH-Wert sollte jeder Gärtner kennen, um dann sinnvoll damit arbeiten zu können. Wobei Mags zugegebenermaßen ein Griff in die Erde, ein Gespür für ihre Konsistenz und ihren Geruch ebenso viel verriet.

Cynthia versuchte es erneut.

»Aber dein Cottage ist perfekt dafür! Deine Möbel, die farbigen Wände und die alten Böden, dazu ein verschneiter Garten mit einem vereisten Bach und schneebedeckte Weiden. Und wenn ich dann noch meine Deko und den phantastischen Baum und …«

»Cynthia! Draußen regnet es. Seit Tagen! Und wir hatten in Cornwall seit Jahren keinen Schnee mehr zu Weihnachten. Mein Garten ist ein einziger Matschhaufen, und im Haus gibt es mehr Baustellen als fertige Räume.«

Mags und Sam waren bei Weitem nicht mit der Renovierung fertig. Sam arbeitete an seiner immer erfolgreicher verlaufenden Karriere als Autor von Kinder- und Jugendbüchern, und Mags’ erfolgreiches Unternehmen, der Evergreen Gartenservice, beanspruchte sie eigentlich durchgehend. Sie hatte sich auf die Neuanlage von Gärten und auf die Pflege der Gärten der unzähligen Ferienhäuser der Region spezialisiert. Außerdem hatte sie zusammen mit dem bekannten Landschaftsarchitekten Gulliver mehrere neue Aufträge an Land gezogen, was phantastisch war, aber noch mehr Arbeit bedeutete. Innerhalb von zwei Jahren war ihr kleines Ein-Frau-Unternehmen auf einen Betrieb mit vier Angestellten und einem Dutzend Aushilfen angewachsen.

»Ach was, das bekommen wir schon hin! Und die Fotografin – die übrigens Lea heißt und die Cousine einer Freundin ist, und zwar überhaupt nicht versnobt, sondern äußerst reizend – kann heutzutage doch eh alles Mögliche anstellen, damit die Bilder hinterher perfekt aussehen.«

Mags war noch nicht überzeugt.

»Ich wohne hier nicht alleine. Sam wird sicherlich …«

Ein Fehler. Sie konnte es an dem Blitzen in Cynthias Augen sehen.

»Oh, mit Sam habe ich schon gesprochen. Er findet die Idee wunderbar und meinte, ein solcher Artikel wäre eine tolle Werbung für ihn und seine Bücher.«

Mags schloss die Augen. Wie konnte ein einzelner Mensch, der so unschuldig aussah wie Cynthia, sie nur innerhalb von Sekunden so umzingeln und überwältigen? Und warum zum Teufel hatte Sam einfach so zugestimmt? Dann dachte sie an Cynthias Trick mit den großen feuchten Augen. Dagegen war ihr Mann sicherlich nicht immun gewesen. Sie hätte ihn vor Cynthia eindringlicher warnen müssen. Verdammt!

»Und für dein Unternehmen ist es ja auch eine tolle Werbung, noch dazu kostenlos. Und ein Honorar bekommst du mit dazu. Sieh es als Weihnachtsbonus.«

»Werbung ist gut, aber …«

Cynthia wusste, dass sie Mags fast am Haken hatte, und zog ihren letzten Trumpf aus der Tasche. Ihre Stimme schnurrte.

»Und ich gebe dir für das gesamte nächste Jahr einen Rabatt im Laden.«

Mags wusste, dass sie verloren hatte. Cynthias Gartengeschäft war für sie so etwas wie die Schokoladenfabrik von Willy Wonka für eine ganze Generation von Kindern. Sie konnte den Pflanzen dort einfach nicht widerstehen.

»Ich will dreißig Prozent. Auf alles!«

»Pffft, in deinen Träumen! Fünf.«

Jetzt war es an Mags, sich zurückzulehnen und ihre Freundin anzulächeln.

»Dann kannst du dir für dein Projekt ein anderes romantisches Cottage suchen.«

»Na gut. Zehn.«

»Fünfzehn – und ich habe bei der Innendekoration des Cottages ein Vetorecht gehen kitschige Engel und alles, was lila ist.«

Cynthia dachte nach und lächelte dann.

»Okay. Fünfzehn Prozent. Und ich werde dir keine lilafarbenen Engel an den Baum hängen. Obwohl …«

Bevor Cynthia ihren Satz zu Ende sprechen konnte, war aus dem Flur ein lautstarkes Poltern zu hören, gefolgt von einem lauten Schnattern und der Stimme eines Mannes, der aus voller Kehle fluchte.

»Oh nein …«

Mags sprang auf.

»Was in aller Welt?«

Cynthia starrte entsetzt auf das weiße Etwas, das mit lautem Schnattern in die Küche geschossen kam, neben Mags stehen blieb und seinen Kopf an ihrem Bein rieb.

»Mags! Wenn dieses … dieses …«

Sam stand atemlos und mit gerötetem Gesicht in der Tür.

»Wenn dieses Monster noch einmal auf mich losgeht, dann landet es umgehend im Backofen.«

»Sie muss ausgebüxt sein.«

»Sie büxt ständig aus, einer ihrer Vorfahren muss Houdini gewesen sein. Aber ich will sie nicht frei im Garten herumlaufen haben. Und hier im Haus schon mal gar nicht. Sie kneift mich. Ständig.«

Er holte Luft.

»An Stellen, an die keine gute Gans ihren Schnabel stecken sollte.«

Wütend starrten sich Gans und Mann an.

»Sie ist verrückt.«

Das wurde von einem weiteren lauten und wütenden Schnattern quittiert. Mags versuchte verzweifelt, ein Grinsen zu unterdrücken, und strich der Gans sanft über den Kopf.

Erst dann bemerkte Sam, dass ein Gast am Küchentisch saß, und Mags beobachtete lächelnd, wie das Gesicht ihres Mannes in Sekundenschnelle rot wurde.

»Oh. Hallo Cynthia.«

»Hallo Sam. Und wen haben wir denn da?«

Mags bückte sich und hob die Gans mit einem leichten Ächzen hoch und setzte sich mit ihr wieder auf den Stuhl am Esstisch.

»Das ist Agatha. Sie mag grundsätzlich keine Männer, und Sam anscheinend am wenigsten von allen.«

»Ah, verstehe.«

Cynthia, die wie Mags auf dem Land groß geworden war und ihre Erfahrungen mit Gänsen hatte, betrachtete die große Gans auf Mags’ Schoß skeptisch.

»Sie ist … eine Weihnachtsgans?«

Mags schüttelte vehement den Kopf, sah aber aus den Augenwinkeln, wie Sam ebenso energisch nickte.

»Ein Geschenk von Jim. Er hat sie uns als junge Gans gebracht, damit wir sie dick und rund füttern können.«

Sam ging vorsichtig, so weit wie möglich von Mags entfernt, durch die Küche zur Teekanne, wurde dabei aber von der Gans angezischt.

»Sie wird so was von unser Weihnachtsbraten!«

»Wird sie nicht!«

Cynthia sah von Sam zu Mags, die die dicke weiße Gans auf ihrem Arm weiter streichelte.

»Ah. Ich sehe, ihr seid euch einig.«

Dann lachte sie.

»Lea, die Fotografin, wird das lieben. Bitte versprecht mir, dass eure Agatha nicht vor Heiligabend geschlachtet wird! Sie wird sich wunderbar auf den Fotos machen. Sicherlich kann ich irgendwo noch einen roten Schal und eine kleine Mütze auftreiben.«

Sam sah Mags erstaunt über den Rand seiner Teetasse hinweg an.

»Fotos? Habe ich etwas verpasst?«

»Oh, schon so spät? Ich muss los, meine Lieben!«

Cynthia griff nach ihrer Handtasche, stand schnell auf und stürmte zur Küchentür.

»Ich sage Lea dann zu und mache alles klar. Ich denke, wenn wir in der Woche vor dem Fest mit der Dekoration beginnen, passt das gut. Ich habe da einige phantastische Ideen …«

Und mit einem letzten Lächeln schob sie sich durch die Küchentür und war verschwunden.

Mags sah ihr nach und dann zu Sam, der immer noch in sicherer Entfernung am Spülstein lehnte.

»Ich glaube, ich bin gerade über den Tisch gezogen worden.«

Dann lachte sie und gab Agatha mit der Nase einen Stups gegen ihren Schnabel.

»Fünfzehn Prozent. Aber bei Gelegenheit werden wir ihr das trotzdem heimzahlen, richtig?«

2

Mags hatte Agatha zurück in ihren provisorischen Stall bei den Hühnern gebracht. Auch die Hühner waren ein Geschenk von Jim gewesen, zum Einzug. Mags mochte die acht Damen, besonders, da sie sie seit ihrem Einzug in den neu gebauten Stall regelmäßig mit Eiern versorgten. Jim hatte den Stall mit einem großen Auslauf versehen, der von Maschendraht umgeben war und die Hühner davon abhielt, in Mags’ Garten auf Erkundungstour zu gehen.

Agatha brauchte wie alle Gänse viel Auslauf und sollte sich eigentlich tagsüber frei im Garten bewegen können – leider führten ihre leidenschaftlichen Attacken gegen Sam und andere männliche Besucher dazu, dass sie immer wieder in ihrem Gehege eingesperrt wurde. Eine alte Badewanne diente als Teichersatz, und nachts konnte Agatha zum Schutz vor den Füchsen in eine kleine Hütte gebracht werden. Wobei die Gans nun mal jede Gelegenheit nutzte, bei Mags zu sein.

»Wie bist du jetzt wieder herausgekommen?«

Mags untersuchte den Zaun nach Lücken, konnte aber keine finden. Dann sah sie sich den Riegel am Tor nachdenklich an.

»Hast du etwa gelernt, den zu öffnen? Das kann aber nicht sein, oder?«

Mags setzte die protestierende Gans zurück in das Gehege und zog die Tür zu. Sorgfältig legte sie den Riegel um und warf Agatha einen strengen Blick zu.

»Du bleibst hier. Sonst macht Sam seine Drohung wirklich wahr. Verstanden?«

Die Gans drehte sich um und watschelte in ihre Hütte. Mags seufzte.

Der Regen hatte ausgesetzt, und die schon niedrig stehende Novembersonne schien auf ihren Garten. Wenn die Fotografin käme, müsste Mags sich einiges einfallen lassen, um aus dem matschigen Braungrau etwas romantisch Weihnachtliches zu zaubern.

Die Wege müssten auf jeden Fall mit frischem Kies bedeckt werden. Wege umrahmten in einem Garten alles. Sie schafften Struktur und waren wie eine Einladung einzutreten. Das Grün der verblühten Stauden, die zurzeit wie gefallene Krieger am Boden lagen, könnte sie zusammenbinden. Das sah schön aus – und war etwas, das Mags sonst aus Zeitgründen meist nicht tat. Unter das vorspringende Reetdach des Cottages würde sie einige Blütendolden und Kräuter zum Trocknen hängen. Die wären dann vielleicht ein Foto wert. Sie könnte aus Efeu und Stechpalmenzweigen kleine traditionelle Kränze winden und an die Zäune binden. Mags lächelte und summte die ersten Zeilen des alten Weihnachtsliedes The Holly and the Ivy. In ihrem Garten wuchs keine Stechpalme, aber sie kannte eine Stelle weiter in Richtung Küste, wo sie sicherlich einige Zweige würde holen können. Oder besser, Cynthia könnte Zweige aus ihrem Laden mitbringen. Die kamen ohnehin von Farmen, und Mags könnte die Zweige mit ihren dunklen Früchten in der Natur für die Vögel und Tiere stehen lassen.

Der Gedanke an die Tiere brachte sie auf weitere Ideen, und suchend ging sie durch den Garten.

Vielleicht könnte sie einige schöne Futterstationen für die Vögel und Eichhörnchen bauen und kleine rote Äpfel, in Fett gegossene Samen, Kerne und Nüsse aufhängen? Hier bei ihr auf dem Land fanden die Tiere anders als in den Städten im Normalfall selbst ausreichend Futter, aber zu Weihnachten wäre das sicherlich in Ordnung. Wenn es wenigstens frieren würde an dem Tag, dann könnte sie Anhänger aus gefrorenem Wasser machen und Hagebutten und andere Früchte einarbeiten. Das hatte sie früher mit ihrem Vater gemacht und die kleinen Kunstwerke dann als Schmuck an die Zweige im Garten gebunden.

An der Zufahrtsstraße standen Pappeln, und Mags hatte gesehen, dass zwischen ihren Ästen viele Misteln wuchsen. Sie würde einige davon abschneiden und ebenfalls mit Bändern zusammenbinden und aufhängen. Rot und grün. Die Farben des Gartens. Natürlich, ein wenig kitschig, aber aus dem gefertigt, was der Garten hergab.

Sam hatte mit ihr zusammen schon vor Wochen am Rande der Wiese einen Haufen aus alten Zweigen, Steinen und Blättern angelegt, in dem Igel und Kröten und anderes Getier besser durch den Winter kommen würden. Sie könnte den Haufen um einige alte Tongefäße ergänzen, bestimmt wäre auch das ein Foto und einen Absatz im Artikel wert. Mags sorgte nicht ganz selbstlos für die Tiere, denn sie wusste, dass sie als Fressfeinde ihre Chance gegen die auch in Cornwall eingeschleppten Nacktschnecken wären. Zusammen mit Agatha bildeten die Kröten und Igel so ihren hauseigenen Schneckenabwehrtrupp: immer bereit, den schleimigen Schädlingen entgegenzutreten.

Aus den Zweigen der alten Weide, die im Mai von einem Sturm entwurzelt worden war, hatte Mags im Westen des Grundstücks einen Totholzzaun aufgebaut, der durch den Abschnitt der Büsche und Hecken immer weiter gewachsen war. Er bot ebenfalls Tieren und Insekten Unterschlupf, war aber vor allem ein guter Schutz gegen den Wind, der von der See aus bis zu ihrem Cottage wehen konnte.

Sie seufzte, als ihr Blick auf die matschigen Beete und den braunen Rasen fiel. Schnee wäre natürlich phantastisch, aber auch völlig unwahrscheinlich.

Sie sollte sich keinen Hoffnungen hingeben und einfach darauf setzen, dass die Fotografin schon wissen würde, was sie tat.

Im Cottage würde sie zusammen mit Cynthia Girlanden aus Immergrün winden und um die Türrahmen und Kamine hängen. Der Kaminsims war aus einem Stück alter Eiche gefertigt und glänzend poliert, er würde genügend Platz für die von Miss Clara aufwendig bestickten Strümpfe bieten.

Miss Clara. Mags spürte, wie all die Sorgen und Ängste der letzten Monate wieder in ihr hochstiegen. Im Frühjahr war bei ihrer Freundin und ehemaligen Vermieterin Krebs diagnostiziert worden. Die Therapie schien angeschlagen zu haben, hatte die sonst so energiegeladenen Frau aber schwer getroffen. Der Gedanke, dass sie sie fast verloren hatte, schnürte ihr die Kehle zu. Das Wissen, dass es nur ein Sieg auf Zeit war, dass der Krebs wiederkommen könnte, machte ihr Angst. Gerade war Miss Clara zu einer Reha in einer Klinik in Bath, sie würde aber Weihnachten bei Mags und Sam im Cottage verbringen.